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Titel - MVGDB
212
Název:
Bürgerlicher Landbesitz im 14. Jahrhundert. Schluss, MVGBD 40
Autor:
Lippert, Julius
Rok vydání:
1902
Místo vydání:
Praha, Wien
Česká národní bibliografie:
Počet stran celkem:
44
Obsah:
- 169: Titel Landbesitz
- 212: Titel - MVGDB
upravit
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Aittheilungen des Pereines für Gesthichls der Deulsthen in Böhmen. Redigirt von Dr. J. Horřiřku und Dr. O. Wsber. Vierzigster Jahrgang. 2. Heft. 1901. Bürgerlicher Landbesitz im 14. Jahrhundert. Zur Ständefrage jener Zeit. Von Julins Cippert. (Schluß.) Auffallend ist in Grätz die Aemtercumulation des Erbrichters Raphael, mit Kosenamen Rafus genannt. Durch seine Stiftungen, die allen Grätzer Kirchen galten, durch die im gemeinsamen Patronatsbesitz angedeutete Verwandtschaft mit Grätzer Bürgerfamilien und uicht zuletzt durch das ihm noch 1412 in der bischöflichen Kanzlei zugebilligte Prädicat „providus“ erscheint Rafus zweifellos als Bürger, ist aber nichts desto- weniger gleichzeitig Burggraf von Pottenstein.1) Indem er noch 1429 als „Erbrichter“ mit seinem Sohne Georg beim Consistorium in Zittau eine Präsentation für das Vorstadtspital ausübt, muß er — damals vielleicht schon Exulant — katholisch geblieben sein. Die Rückkehr nach Grätz aber blieb ihm wohl abgeschnitten, denn wir treffen ihn 1431 als Vicehauptmann in Glatz.2) Um diese Zeit nennt er sich von Chotělitz. einem Rittersitze bei Dimokur.3) Plotiště bei Gräz, nach welchem sich die verwandte Familie eines Bürgers Ottiko nannte,4) ist das Dorf, in welchem ehedem das ansehnliche Freigut des Erbrichters lag. 1) 1. cf. 1407, 233; 1412, 51; 1415, 175. 2) 1. cf. 1429, 148, 152; 1431, 173. 3) 1. cf. 1431, 173. 4) 1. cf. 1405, 148; 1407, 233. Mittheilungen. 40. Jahrgang. 2. Heft. 12
Aittheilungen des Pereines für Gesthichls der Deulsthen in Böhmen. Redigirt von Dr. J. Horřiřku und Dr. O. Wsber. Vierzigster Jahrgang. 2. Heft. 1901. Bürgerlicher Landbesitz im 14. Jahrhundert. Zur Ständefrage jener Zeit. Von Julins Cippert. (Schluß.) Auffallend ist in Grätz die Aemtercumulation des Erbrichters Raphael, mit Kosenamen Rafus genannt. Durch seine Stiftungen, die allen Grätzer Kirchen galten, durch die im gemeinsamen Patronatsbesitz angedeutete Verwandtschaft mit Grätzer Bürgerfamilien und uicht zuletzt durch das ihm noch 1412 in der bischöflichen Kanzlei zugebilligte Prädicat „providus“ erscheint Rafus zweifellos als Bürger, ist aber nichts desto- weniger gleichzeitig Burggraf von Pottenstein.1) Indem er noch 1429 als „Erbrichter“ mit seinem Sohne Georg beim Consistorium in Zittau eine Präsentation für das Vorstadtspital ausübt, muß er — damals vielleicht schon Exulant — katholisch geblieben sein. Die Rückkehr nach Grätz aber blieb ihm wohl abgeschnitten, denn wir treffen ihn 1431 als Vicehauptmann in Glatz.2) Um diese Zeit nennt er sich von Chotělitz. einem Rittersitze bei Dimokur.3) Plotiště bei Gräz, nach welchem sich die verwandte Familie eines Bürgers Ottiko nannte,4) ist das Dorf, in welchem ehedem das ansehnliche Freigut des Erbrichters lag. 1) 1. cf. 1407, 233; 1412, 51; 1415, 175. 2) 1. cf. 1429, 148, 152; 1431, 173. 3) 1. cf. 1431, 173. 4) 1. cf. 1405, 148; 1407, 233. Mittheilungen. 40. Jahrgang. 2. Heft. 12
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170 — Nikolaus Politzer besaß allodiale Landgüter in Rosběřitz und Předměřitz, Nikolaus Plačitzer ein Allod in Wšechlap.1) Die Bürger- familie Roß ist Patronin in Semonitz auf der Herrschaft Smiřitz. Indem sich aber ein Peško de Bělena (Běloun) und ein Peško de Neznešow, die sich als clientes bezeichnen, in das Patronat theilen, dürften in ihnen Familienmitglieder zu erkennen sein, die sich dem Verwaltungsdienste widmeten. Eine andere Familie präsentirte für Wšestar.2) In welcher Weise eine Bürgerfamilie mit Hronow und eine andere mit Podolšan in Beziehung stand, ist nicht zu bestimmen. Von Alt-Trautenau (Altstadt) aus war ein Hinz Stimflini Patron in Közelsdorf (Goezlerivilla) auf der Herrschaft Schurz.3) Aber nur nach dem Namen erkennen wir den ehemaligen Bürger, der nach seinem Prädicate famosus Besitzer in Altstadt gewesen sein dürfte. Johannes Prußnitzer — nach Deutsch-Prausnitz benannt? —, der Erb- richter in Jaroměř um 1423 übte das Patronatsrecht in Holohlaw, das jetzt zur Herrschaft Smiřitz gehört.4) — Wir wenden uns nun dem nordwestlichen Theile des Landes zu. Indem wir Prager Bürgerfamilien mit Erfolg nach dem Richteramte in Schlan und anderwärts, selbst auf Dörfern streben sahen, fällt es uns nicht auf. in Franciscus Peslins, dem Erbrichter von Saaz um die Mitte des 14. Jahrhundertes, den Vertreter einer Familie anzutreffen, die wir nach ihren Patronatsverbindungen in Prag als eine ursprünglich Prager Familie ansprechen können. Wenn jener Franz, des Peslin Sohn, von Saaz aus Patronatsrechte bei der alten Bürgerkirche S. Niklas aus dem Hühnermarkte zu Prag ausübt, liegt jener Schluß näher als die Annahme, daß er als Saazer Bürger zu einer Stiftung in der frenden Stadt gelangt wäre.5) Der nachmalige Erbrichter Ulrich Cachborii besaß das Dorf Kněžic (Knöschitz) und ließ die Holzkirche daselbst in Stein umbanen.s) Ein Sohn des Bürgers Martin von Eger neunt sich Johann von Litschkau und spricht von „seiner“ Kirche und einigen Hufen im nahen Dorfe Liebeschitz.7) Die Bürger Henslin Schadernicht von Popitz 1) 1. erect. IV, 1392, 390; V, 1399, 513. 2) 1. cf. 1366, 73. 3) 1. cf. 1402, 68. 4) 1. cf. 1423, 38. 5) 1. cf. 1361, 163. 6) 1. erect. V, 1392, 554. 7) 1. erect. I, 1359, 14.
170 — Nikolaus Politzer besaß allodiale Landgüter in Rosběřitz und Předměřitz, Nikolaus Plačitzer ein Allod in Wšechlap.1) Die Bürger- familie Roß ist Patronin in Semonitz auf der Herrschaft Smiřitz. Indem sich aber ein Peško de Bělena (Běloun) und ein Peško de Neznešow, die sich als clientes bezeichnen, in das Patronat theilen, dürften in ihnen Familienmitglieder zu erkennen sein, die sich dem Verwaltungsdienste widmeten. Eine andere Familie präsentirte für Wšestar.2) In welcher Weise eine Bürgerfamilie mit Hronow und eine andere mit Podolšan in Beziehung stand, ist nicht zu bestimmen. Von Alt-Trautenau (Altstadt) aus war ein Hinz Stimflini Patron in Közelsdorf (Goezlerivilla) auf der Herrschaft Schurz.3) Aber nur nach dem Namen erkennen wir den ehemaligen Bürger, der nach seinem Prädicate famosus Besitzer in Altstadt gewesen sein dürfte. Johannes Prußnitzer — nach Deutsch-Prausnitz benannt? —, der Erb- richter in Jaroměř um 1423 übte das Patronatsrecht in Holohlaw, das jetzt zur Herrschaft Smiřitz gehört.4) — Wir wenden uns nun dem nordwestlichen Theile des Landes zu. Indem wir Prager Bürgerfamilien mit Erfolg nach dem Richteramte in Schlan und anderwärts, selbst auf Dörfern streben sahen, fällt es uns nicht auf. in Franciscus Peslins, dem Erbrichter von Saaz um die Mitte des 14. Jahrhundertes, den Vertreter einer Familie anzutreffen, die wir nach ihren Patronatsverbindungen in Prag als eine ursprünglich Prager Familie ansprechen können. Wenn jener Franz, des Peslin Sohn, von Saaz aus Patronatsrechte bei der alten Bürgerkirche S. Niklas aus dem Hühnermarkte zu Prag ausübt, liegt jener Schluß näher als die Annahme, daß er als Saazer Bürger zu einer Stiftung in der frenden Stadt gelangt wäre.5) Der nachmalige Erbrichter Ulrich Cachborii besaß das Dorf Kněžic (Knöschitz) und ließ die Holzkirche daselbst in Stein umbanen.s) Ein Sohn des Bürgers Martin von Eger neunt sich Johann von Litschkau und spricht von „seiner“ Kirche und einigen Hufen im nahen Dorfe Liebeschitz.7) Die Bürger Henslin Schadernicht von Popitz 1) 1. erect. IV, 1392, 390; V, 1399, 513. 2) 1. cf. 1366, 73. 3) 1. cf. 1402, 68. 4) 1. cf. 1423, 38. 5) 1. cf. 1361, 163. 6) 1. erect. V, 1392, 554. 7) 1. erect. I, 1359, 14.
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171 und Ottiko Ruß von Lassowitz standen in junkerlichem Dieust in diesen Dörfern. Auf dem Wege, auf dem wir einzelne Prager Bürger bemüht sahen, durch Locirungsarbeit in bestimmten Dörfern freie Grundstücke zu er- werben, hatten sich anch Saazer Bürger schon frühzeitig auf dem offenen Lande festzusetzen gewußt. In solcher Weise hatten 1282 Saazer Bürger das Dorf Stankowitz und den Sinipf „na blatině“, der heute in Hopfenland umgewandelt erscheint, vom Stifte Strahow,1) in gleicher Weise etwas später das Dorf Schinau vom Kloster Waldsassen übernommen.2) Im Dorfe Straupitz war der Besitz strittig zwischen demselben Stifte und Saazer Bürgern. Der genannte Stadtrichter Ulrich Czachborii ist gegen Ende des Jahrhunderts in Besitze des vordem in Erbpacht auf- getheilten Dorfes Knöschitz.3) In gleichem Verhältnisse standen Saazer Bürger zu den Dörfern Čeraditz und Kosatitz und in unbestimmterer Form zu Wedelitz, Laschowitz, Rudig, Maschau, Flöhau, Perutz, Černitz und Liquitz. Die Patronate von Saazer Bürgern — Berthold, Kuuzmann, Wenzel, Martin Piterkauf — über die Vorstadtkirchen S. Prokop und S. Wenzel lassen auf älteren Grundbesitz daselbst schließen.4) Auch Frana, gen. Nagel, der das Saazer Gericht im Jahre 1371 kauste, ist ein Prager Bürger, der wie üblich sein Geld in solchen Unter nehmungen anlegte. Wenn wir dann um 1379 in Saaz einen Richter unter der Bezeichnung Frana Peslini Mathiae antreffen,5) so ist das wohl dieselbe Person. Aber anch Frana (Lesefehler: Frank) „natus Peslini militis de Zaaz“, welcher im Patronatsverhältnisse zu S. Niklas in Prag stand, ist gewiß derselbe,6) den wir sonst im Herrschaftsver- hältnisse zu dem Rittersitze Byseň auf der jetzigen Herrschaft Smečna antreffen.7) Er war als Bürger von Prag ausgegangen und kehrte von Saaz als „Ritter“ zurück. Die Bürger Jaklin der Reiche, Thomas Burghards, Nikolaus und Koblenzer besaßen das Patronat über das Dorf Mlinars) und gleiche 1) Emler R. II, 1282, 1225. 2) Schlesinger, Stadtbuch von Saaz 1291, 6; 1295, 6. 3) Vergl. Socialgeschichte II, 213 f. 4) 1. conf. 1376, 50, 80. 5) 1. cf. IV, 1379, 105. 6) 1. cf. 1369, 6. 7) 1. cf. IV, 1379, 105. 8) 1. cf. 1386, 182; 1390, 164. 12*
171 und Ottiko Ruß von Lassowitz standen in junkerlichem Dieust in diesen Dörfern. Auf dem Wege, auf dem wir einzelne Prager Bürger bemüht sahen, durch Locirungsarbeit in bestimmten Dörfern freie Grundstücke zu er- werben, hatten sich anch Saazer Bürger schon frühzeitig auf dem offenen Lande festzusetzen gewußt. In solcher Weise hatten 1282 Saazer Bürger das Dorf Stankowitz und den Sinipf „na blatině“, der heute in Hopfenland umgewandelt erscheint, vom Stifte Strahow,1) in gleicher Weise etwas später das Dorf Schinau vom Kloster Waldsassen übernommen.2) Im Dorfe Straupitz war der Besitz strittig zwischen demselben Stifte und Saazer Bürgern. Der genannte Stadtrichter Ulrich Czachborii ist gegen Ende des Jahrhunderts in Besitze des vordem in Erbpacht auf- getheilten Dorfes Knöschitz.3) In gleichem Verhältnisse standen Saazer Bürger zu den Dörfern Čeraditz und Kosatitz und in unbestimmterer Form zu Wedelitz, Laschowitz, Rudig, Maschau, Flöhau, Perutz, Černitz und Liquitz. Die Patronate von Saazer Bürgern — Berthold, Kuuzmann, Wenzel, Martin Piterkauf — über die Vorstadtkirchen S. Prokop und S. Wenzel lassen auf älteren Grundbesitz daselbst schließen.4) Auch Frana, gen. Nagel, der das Saazer Gericht im Jahre 1371 kauste, ist ein Prager Bürger, der wie üblich sein Geld in solchen Unter nehmungen anlegte. Wenn wir dann um 1379 in Saaz einen Richter unter der Bezeichnung Frana Peslini Mathiae antreffen,5) so ist das wohl dieselbe Person. Aber anch Frana (Lesefehler: Frank) „natus Peslini militis de Zaaz“, welcher im Patronatsverhältnisse zu S. Niklas in Prag stand, ist gewiß derselbe,6) den wir sonst im Herrschaftsver- hältnisse zu dem Rittersitze Byseň auf der jetzigen Herrschaft Smečna antreffen.7) Er war als Bürger von Prag ausgegangen und kehrte von Saaz als „Ritter“ zurück. Die Bürger Jaklin der Reiche, Thomas Burghards, Nikolaus und Koblenzer besaßen das Patronat über das Dorf Mlinars) und gleiche 1) Emler R. II, 1282, 1225. 2) Schlesinger, Stadtbuch von Saaz 1291, 6; 1295, 6. 3) Vergl. Socialgeschichte II, 213 f. 4) 1. conf. 1376, 50, 80. 5) 1. cf. IV, 1379, 105. 6) 1. cf. 1369, 6. 7) 1. cf. IV, 1379, 105. 8) 1. cf. 1386, 182; 1390, 164. 12*
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172 — Rechte, die der genannte Koblenzer auf dem Rittersitze Holletitz übte, deuten auf gleiche Besitzbeziehungen zu diesem Dorfe.1) Seine wohl aus der Verwandtschaft genommenen Beamten nennen sich clientes de Holedec;2) einer davon von Weletic, das sonach auch in den Bereich des Bürger- besitzes gehört zu haben scheint. Im Herrschajtsbesitze lösten einander ein Nikolaus Gollenstern (1407) und Martin Gilbenerz (1410) ab. wenn das nicht uur wechselnde Spitznamen der Koblenzer waren. Die Familie mit dent Beinamen Schadernicht ist vielfach als Saazer Bürgerfamilie bezeugt; doch aber sehen wir sie gleich anderen auf der Staffel des Besitzes sich ins Junkerliche versteigen. Ein Henslin Schadernicht übt noch im bürgerlichen Kleide des „honestus“ mit Otto- Ruß die Rechte eines Altarstifters in der Saazer Stadtkirche; dieser Ruß ist also als Mitstifter wahrscheinlich ein bürgerlicher Verwandter;3) aber als Lehensmaun von Kopitz zieht er es vor, sich den Junkertitel beizulegen und bald4) nennt er sich auch nur als Saazer — obwohl es keinen Sinn hat — einen „cliens de Sacz, alias de Kopic“ und während er den Hausnamen durch Beifügung von „genanut“ etwas tiefer schraubt, läßt er sich den „famosus“ nicht entgehen. Zu Beginn des neuen Jahr- hunderts sitzt so der Junker schon als Ritter — armiger — auf seinem Schlosse Litschkau und verfügt von da, wie schon angeführt, über das Kirchdorf Liebeschitz. Er heißt nun auch Henslin, genanut Schadernicht von Litschkau.5) Ein Prokop von Rudig — bereits Wroutecký genannt — übte das Patronat über das Dorf Strahu,6) Martin Piterkauf aber über Zuscha in der Postelberger Gegend.7) Ein gleiches Recht besaß derselbe Bürger zusammen mit einem zweiten, der sich nach der Ritterfeste Kvitz (Chřič) im Rakonitzer Kreise zubenaunte, über das Rittergut Hraidisch (Hradiště). Auch über Turtsch in der Saazer Gegend verfügte in der- selben Weise ein durch das Prädicat providus als Bürger gekennzeichneter Heinrich von Neudek, genannt Plik;s) ob er aber gerade ein Saazer Bürger war, ist nicht bestimmbar. 1) 1. cf. 1404, 114. 2) 1. cf. 1401, 50. 3) 1. cf. 1397, p. 287. 4) 1. cf. 1392, 131; 153. 5) 1. cf. 1401, 3; 1403, 91; 1406, 191. 6) 1. cf. 1411, 38. 7) 1. cf. 1417, 215. 8) 1. cf. 1371, 42.
172 — Rechte, die der genannte Koblenzer auf dem Rittersitze Holletitz übte, deuten auf gleiche Besitzbeziehungen zu diesem Dorfe.1) Seine wohl aus der Verwandtschaft genommenen Beamten nennen sich clientes de Holedec;2) einer davon von Weletic, das sonach auch in den Bereich des Bürger- besitzes gehört zu haben scheint. Im Herrschajtsbesitze lösten einander ein Nikolaus Gollenstern (1407) und Martin Gilbenerz (1410) ab. wenn das nicht uur wechselnde Spitznamen der Koblenzer waren. Die Familie mit dent Beinamen Schadernicht ist vielfach als Saazer Bürgerfamilie bezeugt; doch aber sehen wir sie gleich anderen auf der Staffel des Besitzes sich ins Junkerliche versteigen. Ein Henslin Schadernicht übt noch im bürgerlichen Kleide des „honestus“ mit Otto- Ruß die Rechte eines Altarstifters in der Saazer Stadtkirche; dieser Ruß ist also als Mitstifter wahrscheinlich ein bürgerlicher Verwandter;3) aber als Lehensmaun von Kopitz zieht er es vor, sich den Junkertitel beizulegen und bald4) nennt er sich auch nur als Saazer — obwohl es keinen Sinn hat — einen „cliens de Sacz, alias de Kopic“ und während er den Hausnamen durch Beifügung von „genanut“ etwas tiefer schraubt, läßt er sich den „famosus“ nicht entgehen. Zu Beginn des neuen Jahr- hunderts sitzt so der Junker schon als Ritter — armiger — auf seinem Schlosse Litschkau und verfügt von da, wie schon angeführt, über das Kirchdorf Liebeschitz. Er heißt nun auch Henslin, genanut Schadernicht von Litschkau.5) Ein Prokop von Rudig — bereits Wroutecký genannt — übte das Patronat über das Dorf Strahu,6) Martin Piterkauf aber über Zuscha in der Postelberger Gegend.7) Ein gleiches Recht besaß derselbe Bürger zusammen mit einem zweiten, der sich nach der Ritterfeste Kvitz (Chřič) im Rakonitzer Kreise zubenaunte, über das Rittergut Hraidisch (Hradiště). Auch über Turtsch in der Saazer Gegend verfügte in der- selben Weise ein durch das Prädicat providus als Bürger gekennzeichneter Heinrich von Neudek, genannt Plik;s) ob er aber gerade ein Saazer Bürger war, ist nicht bestimmbar. 1) 1. cf. 1404, 114. 2) 1. cf. 1401, 50. 3) 1. cf. 1397, p. 287. 4) 1. cf. 1392, 131; 153. 5) 1. cf. 1401, 3; 1403, 91; 1406, 191. 6) 1. cf. 1411, 38. 7) 1. cf. 1417, 215. 8) 1. cf. 1371, 42.
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173 — Die Stadt Laun betreffend beschränken wir uns auf die An- gabe,1) daß die Bürger daselbst in Besitzverhältnissen zu Gründen in Citolib, Dobroměritz, Černčin, Worasitz, Weberschau, Rannay, Sterkowitz, Hoblik u. a. standen. Die zahlreichen Landerwerbungen der Bürger von Leitmeritz erfolgten großen Theils in der schon mehrfach besprochenen Weise der Location, indem die unternehmenden Bürger kaufweise Herrschafts- und Stistsgrund zur Neubesiedlung übernahmen und so neben anderen Vortheilen die dem Locator gewährten Freihufen erwarben; aber auch auf directerem Wege. In ersterer Art gewann schon 1248 der Bürger Hertwig die Gerichtsfreihufen von Lobositz. Die Bürger der von Ottokar II. geschaffenen „Neustadt“ Leitmeritz erhielten zum Ersatz für Schoßgrund die Dörfer Ruschowan, Polep, Webruz und Schwařenitz. Wie bei Saaz schufen die Bürger der älteren Stadt aus dem benachbarten Bruchlande „blata“ durch Auftheilung ein nachmals berühmt gewordenes Hopfenland, die „Platte“ und aus den Lehnen der Rodebeule (Radobil) Weinberge. Johann, Sohn Herbarts, emphi- teutisirte das Dorf Keblitz; ein Bürger Ludolf mußte sich als nach¬ maliger „Vogt“ derselben Aufgabe in Budin entledigt haben, ein anderer in Prosmik an der Elbe. Die Brüder Ludolf und Her- manu übernahmen einen Theil des damaligen Dorfes Kyskow (Gießhof). Deutsch-Kopist erscheint als Neugründung solcher Art, und Bürger von Leitmeritz waren Besitzer in Kopist, Bauschowitz, Pistian und Mlikojed. Die betreffenden Bürger nannten sich nach den ersten drei der angeführten Dörfer. Ein Bürger Heinrich, gen. König, übernahm vom Leitmeritzer Dompropste das eutferntere — in der Richtung gegen Leipa gelegene — Dorf Altthein zur Emphitentisirung. Bürger Siegfried erwarb meliorationsfähige Gründe in Schüttenitz, Bürger Nikolaus von Bautzen ist in Šiřowitz Wirthschaftsleiter des Klosters S. Georg. Konojed unweit Auscha gehört einem der ersten Erbrichter von Leit- meritz, und es ist kein Grund vorhanden, in ihm nicht den Begründer der noch öfter zu erwähnenden Junkerfamilie „von Konojed“ zu sehen. Ein anschließendes Colonisationsgebiet erstreckt sich über Graber (Krawar) und Johnsdorf hinaus und reicht an die Unternehmungen bei Leipa und Gabel heran.2) Die Bürgerfamilie „von Kopist“ (Copicz) ist die Stifterin des Niklaskirchleins in den Weinbergen am Radobil. Die Brüder Johann, 1) S. Socialgeschichte II, 210. 2) Belege in Socialgeschichte 11, 177 ff.
173 — Die Stadt Laun betreffend beschränken wir uns auf die An- gabe,1) daß die Bürger daselbst in Besitzverhältnissen zu Gründen in Citolib, Dobroměritz, Černčin, Worasitz, Weberschau, Rannay, Sterkowitz, Hoblik u. a. standen. Die zahlreichen Landerwerbungen der Bürger von Leitmeritz erfolgten großen Theils in der schon mehrfach besprochenen Weise der Location, indem die unternehmenden Bürger kaufweise Herrschafts- und Stistsgrund zur Neubesiedlung übernahmen und so neben anderen Vortheilen die dem Locator gewährten Freihufen erwarben; aber auch auf directerem Wege. In ersterer Art gewann schon 1248 der Bürger Hertwig die Gerichtsfreihufen von Lobositz. Die Bürger der von Ottokar II. geschaffenen „Neustadt“ Leitmeritz erhielten zum Ersatz für Schoßgrund die Dörfer Ruschowan, Polep, Webruz und Schwařenitz. Wie bei Saaz schufen die Bürger der älteren Stadt aus dem benachbarten Bruchlande „blata“ durch Auftheilung ein nachmals berühmt gewordenes Hopfenland, die „Platte“ und aus den Lehnen der Rodebeule (Radobil) Weinberge. Johann, Sohn Herbarts, emphi- teutisirte das Dorf Keblitz; ein Bürger Ludolf mußte sich als nach¬ maliger „Vogt“ derselben Aufgabe in Budin entledigt haben, ein anderer in Prosmik an der Elbe. Die Brüder Ludolf und Her- manu übernahmen einen Theil des damaligen Dorfes Kyskow (Gießhof). Deutsch-Kopist erscheint als Neugründung solcher Art, und Bürger von Leitmeritz waren Besitzer in Kopist, Bauschowitz, Pistian und Mlikojed. Die betreffenden Bürger nannten sich nach den ersten drei der angeführten Dörfer. Ein Bürger Heinrich, gen. König, übernahm vom Leitmeritzer Dompropste das eutferntere — in der Richtung gegen Leipa gelegene — Dorf Altthein zur Emphitentisirung. Bürger Siegfried erwarb meliorationsfähige Gründe in Schüttenitz, Bürger Nikolaus von Bautzen ist in Šiřowitz Wirthschaftsleiter des Klosters S. Georg. Konojed unweit Auscha gehört einem der ersten Erbrichter von Leit- meritz, und es ist kein Grund vorhanden, in ihm nicht den Begründer der noch öfter zu erwähnenden Junkerfamilie „von Konojed“ zu sehen. Ein anschließendes Colonisationsgebiet erstreckt sich über Graber (Krawar) und Johnsdorf hinaus und reicht an die Unternehmungen bei Leipa und Gabel heran.2) Die Bürgerfamilie „von Kopist“ (Copicz) ist die Stifterin des Niklaskirchleins in den Weinbergen am Radobil. Die Brüder Johann, 1) S. Socialgeschichte II, 210. 2) Belege in Socialgeschichte 11, 177 ff.
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174 — Hilprand und Paul präsentiren 1358 einen Augehörigen — Andreas Hilprandi — als Caplan daselbst.1) Ein Bürger Lawol besaß mit mehreren Verwandten gemeinschaftlich Antheile an den Dörfern Wocken und Kopist. Jene Verwaudten waren drei Brüder, die sich als junker- liche Beamie — armigeri — nach den Dörfern Ručnitz, Mirschowitz und Boreč benannten, wo sie eben ihre Dienststellen haben mochten. Es ließe sich an sich gewiß auch annehmen, daß einer aus dieser Familie, jener Lawol, Bürger geworden sei; viel wahrscheinlicher aber bleibt es, daß umgekehrt eine gliederreichere Familie für jüngere Söhue Dienst stellungen bei nachbarlichen Herrschaften suchte und so eine Junkerschaft begründet wurde. Wir mußten in unserem Falle dieser Möglichkeit den Vorzug geben, weil es so erklärbarer wird, daß alle diese in verschiedenen Gegenden zerstreuten Brüder sich in einer Familienstiftung in der städtischen Hauptkirche zusammenfanden,2) während ihnen doch sonst andere Kirchen näher gelegen wären. Ein echtes Bürgerdorf war das nahegelegene, uur durch die Elbe von der Stadt getrennte Mlikojed (Mlekowid). Ende des 14. Jahr- hunderts treffen wir als Kirchenpatrone daselbst die Bürger Franz, gen. Ruthard und Albert Neugrüner.3) Vordem (1363) war der Bürger Kunzmann als Patron aufgetreten,4) später derselbe in Gemeinschaft mit Franz Ruthards,5) dann wieder dieser mit Johann von Pirna (Pernerii).6) Unter letzterem Orte ist uicht nothwendig die jetzt sächsische Stadt zu verstehen, sondern die Bezeichnung kann sich auch anf das längst verschwundene Dorf gleichen Namens nächst dem jetzigen Bahnhofe Leit- meritz beziehen. Auf Johann folgte im Patronate Martin, gen. Haus- kranz.7) Wieder später präsentirte der Bürger Peter Pichl, von dessen Amtsführung die Husitensage so Grausames zu erzählen wußte. Wenigstens erscheint damit die Existenz der Persönlichkeit nachgewiesen.s) Die Bürger Nicolaus und Sigismund besaßen die Herrschaft in den Dörfern Kolleben, Tschersing und dem entfernteren Neudörfel.9) 1) 1. erect. I, 1360, 22; 1. conf. 1358, 63. 2) 1. erect. III, 1390, 320 f. 3) 1. cf. 1397, 288, 308. 4) 1. cf. 1363, 24. 5) 1. cf. IV, 1374, 7. 6) 1. cf. 1389, 205. 7) 1. cf. 1402, 84. 8) 1. ef. 1421, 1. 9) 1. erect. V, 1407, 745.
174 — Hilprand und Paul präsentiren 1358 einen Augehörigen — Andreas Hilprandi — als Caplan daselbst.1) Ein Bürger Lawol besaß mit mehreren Verwandten gemeinschaftlich Antheile an den Dörfern Wocken und Kopist. Jene Verwaudten waren drei Brüder, die sich als junker- liche Beamie — armigeri — nach den Dörfern Ručnitz, Mirschowitz und Boreč benannten, wo sie eben ihre Dienststellen haben mochten. Es ließe sich an sich gewiß auch annehmen, daß einer aus dieser Familie, jener Lawol, Bürger geworden sei; viel wahrscheinlicher aber bleibt es, daß umgekehrt eine gliederreichere Familie für jüngere Söhue Dienst stellungen bei nachbarlichen Herrschaften suchte und so eine Junkerschaft begründet wurde. Wir mußten in unserem Falle dieser Möglichkeit den Vorzug geben, weil es so erklärbarer wird, daß alle diese in verschiedenen Gegenden zerstreuten Brüder sich in einer Familienstiftung in der städtischen Hauptkirche zusammenfanden,2) während ihnen doch sonst andere Kirchen näher gelegen wären. Ein echtes Bürgerdorf war das nahegelegene, uur durch die Elbe von der Stadt getrennte Mlikojed (Mlekowid). Ende des 14. Jahr- hunderts treffen wir als Kirchenpatrone daselbst die Bürger Franz, gen. Ruthard und Albert Neugrüner.3) Vordem (1363) war der Bürger Kunzmann als Patron aufgetreten,4) später derselbe in Gemeinschaft mit Franz Ruthards,5) dann wieder dieser mit Johann von Pirna (Pernerii).6) Unter letzterem Orte ist uicht nothwendig die jetzt sächsische Stadt zu verstehen, sondern die Bezeichnung kann sich auch anf das längst verschwundene Dorf gleichen Namens nächst dem jetzigen Bahnhofe Leit- meritz beziehen. Auf Johann folgte im Patronate Martin, gen. Haus- kranz.7) Wieder später präsentirte der Bürger Peter Pichl, von dessen Amtsführung die Husitensage so Grausames zu erzählen wußte. Wenigstens erscheint damit die Existenz der Persönlichkeit nachgewiesen.s) Die Bürger Nicolaus und Sigismund besaßen die Herrschaft in den Dörfern Kolleben, Tschersing und dem entfernteren Neudörfel.9) 1) 1. erect. I, 1360, 22; 1. conf. 1358, 63. 2) 1. erect. III, 1390, 320 f. 3) 1. cf. 1397, 288, 308. 4) 1. cf. 1363, 24. 5) 1. cf. IV, 1374, 7. 6) 1. cf. 1389, 205. 7) 1. cf. 1402, 84. 8) 1. ef. 1421, 1. 9) 1. erect. V, 1407, 745.
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175 — Wir haben nun schon so viele wohlbezeugte Fälle vor uns gesehen, in denen nachmals recht adelsstolze Junker und Ritterfamilien ans der Bürgerschaft hervorgegangen waren, daß unser Urtheil in Fällen minder fester Beurkundung sich nicht von vornherein gegen die gleiche Annahme sträuben muß. Zwei Geschlechter in der Nachbarschaft von Leitmeritz ragen besonders als solche hervor, welche irgendwie im Bürgerthume fußend nachmals im Stande des Junkerthums und Adels durch glückliche Dienst= und Erwerbsverhältuisse zu einer Bedeutung kamen, die ihre Herkunft in einer Weise verdunkelte, daß wir ohne die vorangeführten Analogien kaum auf ihre Spur geleitet würden. Das ist die schon genannte Familie von Konojed und die der Kappler. Von beiden ist gewiß, daß sie auf der Staffel des Richteramtes von Leitmeritz emporgestiegen sind, und von beiden — wenn man von der üblichen Rückdatirung alles Gewordenen absieht — mehr als unwahrscheinlich, daß sie aus auderen Kreisen als aus denen des Altbürgerthums zu jener Staffel gelaugt seien. Wenn sich nun noch dazu zeigen wird, daß sich auch noch die späteren Nachkommen beider Familien einer Verwandtschaft unter einander bewußt waren, so wird sich uns Leitmeritz nur umso mehr als der gemeinsame Ausgangspunkt beider aufdrängen. Mathias von Konojed war schon um 1319 Erbrichter von Leitmeritz,1) oder zweifellos richtiger gesagt, der damalige Erbrichter Mathias von Leitmeritz war Besitzer des zwischen Leitmeritz und Auscha inmitten eines alten Colonisations- und Locationsgebietes von bürgerlichen Unternehmern gelegenen Gutes Konojed. Es ist vielleicht auch nicht ganz zufällig, daß uns dieser Erbrichter bei seiner ersten Nennung ganz bürgerlich unter dem prädicatlosen Namen Mathias entgegentritt und daß er erst bei seiner zweiten Nennung im Jahre 1331 den Beinamen von Konojed führt. Daß sich schon damals der Heimische mit deutschen Gerichtsformen soweit vertraut gemacht hätte, daß er auf solche Stellungen in den Städten speculirt hätte, scheint uns ausgeschlossen. Lag dieses Konojed in der Richtung der agrarischen Unternehmungen der Bürgerschaft, so lernen wir es auch thatsächlich wieder als einen Stütz-- punkt solcher lennen. Schou ein Menschenalter später sind die Brüder Kunšo (Konrad) und Johann von Konojed in Besitze des Kirchen- patronats und sonach wohl auch der Herrschaft über das entferntere Dorf Lobecz (Lobes).2) Letzterer Johann ist wohl derselbe Ješko, welcher 1) Emler Reg. III, 131, 223; 1331, 676. 2) 1. cf. 1360, 118; 1362, 170.
175 — Wir haben nun schon so viele wohlbezeugte Fälle vor uns gesehen, in denen nachmals recht adelsstolze Junker und Ritterfamilien ans der Bürgerschaft hervorgegangen waren, daß unser Urtheil in Fällen minder fester Beurkundung sich nicht von vornherein gegen die gleiche Annahme sträuben muß. Zwei Geschlechter in der Nachbarschaft von Leitmeritz ragen besonders als solche hervor, welche irgendwie im Bürgerthume fußend nachmals im Stande des Junkerthums und Adels durch glückliche Dienst= und Erwerbsverhältuisse zu einer Bedeutung kamen, die ihre Herkunft in einer Weise verdunkelte, daß wir ohne die vorangeführten Analogien kaum auf ihre Spur geleitet würden. Das ist die schon genannte Familie von Konojed und die der Kappler. Von beiden ist gewiß, daß sie auf der Staffel des Richteramtes von Leitmeritz emporgestiegen sind, und von beiden — wenn man von der üblichen Rückdatirung alles Gewordenen absieht — mehr als unwahrscheinlich, daß sie aus auderen Kreisen als aus denen des Altbürgerthums zu jener Staffel gelaugt seien. Wenn sich nun noch dazu zeigen wird, daß sich auch noch die späteren Nachkommen beider Familien einer Verwandtschaft unter einander bewußt waren, so wird sich uns Leitmeritz nur umso mehr als der gemeinsame Ausgangspunkt beider aufdrängen. Mathias von Konojed war schon um 1319 Erbrichter von Leitmeritz,1) oder zweifellos richtiger gesagt, der damalige Erbrichter Mathias von Leitmeritz war Besitzer des zwischen Leitmeritz und Auscha inmitten eines alten Colonisations- und Locationsgebietes von bürgerlichen Unternehmern gelegenen Gutes Konojed. Es ist vielleicht auch nicht ganz zufällig, daß uns dieser Erbrichter bei seiner ersten Nennung ganz bürgerlich unter dem prädicatlosen Namen Mathias entgegentritt und daß er erst bei seiner zweiten Nennung im Jahre 1331 den Beinamen von Konojed führt. Daß sich schon damals der Heimische mit deutschen Gerichtsformen soweit vertraut gemacht hätte, daß er auf solche Stellungen in den Städten speculirt hätte, scheint uns ausgeschlossen. Lag dieses Konojed in der Richtung der agrarischen Unternehmungen der Bürgerschaft, so lernen wir es auch thatsächlich wieder als einen Stütz-- punkt solcher lennen. Schou ein Menschenalter später sind die Brüder Kunšo (Konrad) und Johann von Konojed in Besitze des Kirchen- patronats und sonach wohl auch der Herrschaft über das entferntere Dorf Lobecz (Lobes).2) Letzterer Johann ist wohl derselbe Ješko, welcher 1) Emler Reg. III, 131, 223; 1331, 676. 2) 1. cf. 1360, 118; 1362, 170.
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176 — 1375 die Mühle „Treskowský“ unterhalb Leipa kaufte,1) und etwas später mit dem armiger Ješko von Tichlowitz — dem hohen Herrn auf Sperlingstein — gemeinschaftlich das Patronat von Munkern (Mun- kařow) ausübt.2) Indem Munkern wohl schon wie heute zur Herrschaft Konojed gehörte, so darf man immerhin auch die Junker vom Sperling stein und von Tichlowitz als einen Zweig des Konojeder Stammes be- trachten. Nach der entgegengesetzten Richtung hin stand gegen Ende des Jahrhunderts das Kirchdorf Sobenitz — zwischen Leitmeritz und Konojed — in derselben Verbindung mit letzterem, wobei, wie in manchen anderen Fällen, nicht ansgeschlossen bleibt, daß es sich nur um ein Vasallen verhältniß etwa gegenüber einer geistlichen Oberherrschaft handeln konnte.3) Andererseits sehen wir die von Konojed in einer ähnlichen, auf Verwandtschaftsverhältnisse hindentenden Beziehung zu der im Gebiete des linkselbischen Mittelgebirges weitverzweigten und begüterten Familie von Skalka, die wir wieder als einen Zweig der Kappler'schen kennen lernen werden. Ein Peter von Konojed und Čenko, gen. von Klin- genstein theilen mit den drei Brüdern Rüdiger, Peter und Erhard von Skalka, die außerdem in Sutom und Tschochau (Rechlowitz) ihre Patronate besitzen, die Collatur in Oberliebich (Libchavia) bei Leipa.4) Dieser Cenko von Klingenstein saß um iene Zeit anf dem Gute Langenau (Skalice) bei Leipa (Haida) und theilte mit jenem Peter von Konojed und Rüdiger von Skalka oder Tschochau das Patronat von Wolfers- dorf auf dem nachmaligen Gute Politz.5) Als Vierter befand sich damals noch ein Předbor in der Compagnie, der auf der Ronburg bei Drum saß. In derselben Vereinigung erscheinen etwas später die Brüder Rüdiger und Erhard von Skalka mit einem Johann von Konojed und Junker — armiger — Hinko von Pihl, welche in dem genannten Langenau das Patronatsrecht üben.6) Die Patronate von Sobenitz und Oberliebig hält die Familie Konojed, der jetzt das Prädicat famosus und die Be- zeichnung armiger nicht mehr versagt wird, noch im 15. Jahrhunderte fest.7) Andererseits erscheint wieder ein Peter von Konojed zugleich mit Peter von Chanow (Khan im Saazer Kreise) als Patron von Weiß 1) 1. erect. I, 1375, 110. 2) 1. cf. IV, 1379, 104; 1385, 174. 3) 1. cf. 1385, 171. 4) 1. cf. 1386, 177, 186. 5) 1. cf. 1387, 193; 1389, 205. 6) 1. cf. 1406, 181. 7) l. ef. 1409, 279; 1410, 4; 1415, 160; 1416, 214.
176 — 1375 die Mühle „Treskowský“ unterhalb Leipa kaufte,1) und etwas später mit dem armiger Ješko von Tichlowitz — dem hohen Herrn auf Sperlingstein — gemeinschaftlich das Patronat von Munkern (Mun- kařow) ausübt.2) Indem Munkern wohl schon wie heute zur Herrschaft Konojed gehörte, so darf man immerhin auch die Junker vom Sperling stein und von Tichlowitz als einen Zweig des Konojeder Stammes be- trachten. Nach der entgegengesetzten Richtung hin stand gegen Ende des Jahrhunderts das Kirchdorf Sobenitz — zwischen Leitmeritz und Konojed — in derselben Verbindung mit letzterem, wobei, wie in manchen anderen Fällen, nicht ansgeschlossen bleibt, daß es sich nur um ein Vasallen verhältniß etwa gegenüber einer geistlichen Oberherrschaft handeln konnte.3) Andererseits sehen wir die von Konojed in einer ähnlichen, auf Verwandtschaftsverhältnisse hindentenden Beziehung zu der im Gebiete des linkselbischen Mittelgebirges weitverzweigten und begüterten Familie von Skalka, die wir wieder als einen Zweig der Kappler'schen kennen lernen werden. Ein Peter von Konojed und Čenko, gen. von Klin- genstein theilen mit den drei Brüdern Rüdiger, Peter und Erhard von Skalka, die außerdem in Sutom und Tschochau (Rechlowitz) ihre Patronate besitzen, die Collatur in Oberliebich (Libchavia) bei Leipa.4) Dieser Cenko von Klingenstein saß um iene Zeit anf dem Gute Langenau (Skalice) bei Leipa (Haida) und theilte mit jenem Peter von Konojed und Rüdiger von Skalka oder Tschochau das Patronat von Wolfers- dorf auf dem nachmaligen Gute Politz.5) Als Vierter befand sich damals noch ein Předbor in der Compagnie, der auf der Ronburg bei Drum saß. In derselben Vereinigung erscheinen etwas später die Brüder Rüdiger und Erhard von Skalka mit einem Johann von Konojed und Junker — armiger — Hinko von Pihl, welche in dem genannten Langenau das Patronatsrecht üben.6) Die Patronate von Sobenitz und Oberliebig hält die Familie Konojed, der jetzt das Prädicat famosus und die Be- zeichnung armiger nicht mehr versagt wird, noch im 15. Jahrhunderte fest.7) Andererseits erscheint wieder ein Peter von Konojed zugleich mit Peter von Chanow (Khan im Saazer Kreise) als Patron von Weiß 1) 1. erect. I, 1375, 110. 2) 1. cf. IV, 1379, 104; 1385, 174. 3) 1. cf. 1385, 171. 4) 1. cf. 1386, 177, 186. 5) 1. cf. 1387, 193; 1389, 205. 6) 1. cf. 1406, 181. 7) l. ef. 1409, 279; 1410, 4; 1415, 160; 1416, 214.
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177 kirchen (Kostelec), zur nachmaligen Herrschaft Auscha-Liebeschitz gehörig.1) Ein mitbetheiligter Patron neunt sich daselbst von Tauberwitz bei Großaujezd. Die Schicksale der Familie während der Husitenstürme, die ja auch über diese Gegend niedergingen, sind uns unbekannt. Die Familie scheint katholisch geblieben zu sein, denn wir finden im Jahre 1423 Peter von Konojed in ritterlichen Diensten weit weg von seinem Gute in Ver- theidigung der Feste eines Nikolaus, genannt Stybycz in der Breslauer Diöcese.2) Von da aus präsentirt er dem katholischen Consistorium in Zittan einen Pfarrer für Sobenitz. Nach Konojed nannte sich fortan eine Familie, die ihren nächsten Stammsitz in Sellnitz (Zlenic) bei Bilin hatte.3) Ob sie die Erbin jener, oder als fremd durch die nenen Ver- hältnisse in den Besitz gelangt war, ist unbekannt. Ein hochemporgekommenes Geschlecht ist das der Kappler — dies die ursprüngliche und zweifellos richtige Namensform. Ohne zu viel zu behaupten, darf man sagen: die Wahrscheinlichkeit seiner bürgerlichen Herkunft ift an sich mindestens ebenso groß, wie die jeder anderen, und die Inzichten für jene erscheinen bei genauerer Prüfung größer, als die jür die bisher landesübliche und auch von uns übernommene Annahme4) altheimischen Wladykenstandes. Diese Ansicht wird keineswegs stichhaltiger dadurch, daß5) ein von 1341 ab beurkundeter Pešek (Peter) als Ahne des Hauses angeführt wird. Wir finden diesen Pešek allerdings als nach¬ barlichen Zeugen auf einer Lobositz betreffenden Urkunde vom Jahre 1341 mit dem Zunamen des angrenzenden Gutes Zulewitz bezeichnet.5) Ans dem Anhange der Regesten7) könnten wir jetzt diesem Ahn noch einen Urahn voransetzen, der seinen Namen fast 100 Jahre früher aus ähn- lichem Anlasse als Nachbarzeuge auf eine solche Urkunde setzen ließ. Es war ein „Paulik de Sulwicz“ mit seinem Bruder „Stephan de Benesicz“ (vielleicht für Lenešitz). Beide Namen im Sinne des Gebrauchs jener Zeit — 13. und 14. Jahrhundert! — besagen aber nicht mehr, als daß damals die zeitweiligen Besitzer beider Dörfer diese Personennamen führten. Daß „von Sulowitz“ noch keine Familienbezeichnung war, besagt ja der zweite Bruder, der sich wieder nach dem Orte seines Aufenthaltes oder 1) 1. cf. 1412, 56. 2) 1. cf. 1423, 48. 3) 1. ef 1434, 237. 4) Socialgesch. II, 175. 5) Siehe Ottův slovník naučný, Artikel Kaplíř. 6) Eml. R. IV., (1341) 379. 7) Eml. R. IV. (1251), 811.
177 kirchen (Kostelec), zur nachmaligen Herrschaft Auscha-Liebeschitz gehörig.1) Ein mitbetheiligter Patron neunt sich daselbst von Tauberwitz bei Großaujezd. Die Schicksale der Familie während der Husitenstürme, die ja auch über diese Gegend niedergingen, sind uns unbekannt. Die Familie scheint katholisch geblieben zu sein, denn wir finden im Jahre 1423 Peter von Konojed in ritterlichen Diensten weit weg von seinem Gute in Ver- theidigung der Feste eines Nikolaus, genannt Stybycz in der Breslauer Diöcese.2) Von da aus präsentirt er dem katholischen Consistorium in Zittan einen Pfarrer für Sobenitz. Nach Konojed nannte sich fortan eine Familie, die ihren nächsten Stammsitz in Sellnitz (Zlenic) bei Bilin hatte.3) Ob sie die Erbin jener, oder als fremd durch die nenen Ver- hältnisse in den Besitz gelangt war, ist unbekannt. Ein hochemporgekommenes Geschlecht ist das der Kappler — dies die ursprüngliche und zweifellos richtige Namensform. Ohne zu viel zu behaupten, darf man sagen: die Wahrscheinlichkeit seiner bürgerlichen Herkunft ift an sich mindestens ebenso groß, wie die jeder anderen, und die Inzichten für jene erscheinen bei genauerer Prüfung größer, als die jür die bisher landesübliche und auch von uns übernommene Annahme4) altheimischen Wladykenstandes. Diese Ansicht wird keineswegs stichhaltiger dadurch, daß5) ein von 1341 ab beurkundeter Pešek (Peter) als Ahne des Hauses angeführt wird. Wir finden diesen Pešek allerdings als nach¬ barlichen Zeugen auf einer Lobositz betreffenden Urkunde vom Jahre 1341 mit dem Zunamen des angrenzenden Gutes Zulewitz bezeichnet.5) Ans dem Anhange der Regesten7) könnten wir jetzt diesem Ahn noch einen Urahn voransetzen, der seinen Namen fast 100 Jahre früher aus ähn- lichem Anlasse als Nachbarzeuge auf eine solche Urkunde setzen ließ. Es war ein „Paulik de Sulwicz“ mit seinem Bruder „Stephan de Benesicz“ (vielleicht für Lenešitz). Beide Namen im Sinne des Gebrauchs jener Zeit — 13. und 14. Jahrhundert! — besagen aber nicht mehr, als daß damals die zeitweiligen Besitzer beider Dörfer diese Personennamen führten. Daß „von Sulowitz“ noch keine Familienbezeichnung war, besagt ja der zweite Bruder, der sich wieder nach dem Orte seines Aufenthaltes oder 1) 1. cf. 1412, 56. 2) 1. cf. 1423, 48. 3) 1. ef 1434, 237. 4) Socialgesch. II, 175. 5) Siehe Ottův slovník naučný, Artikel Kaplíř. 6) Eml. R. IV., (1341) 379. 7) Eml. R. IV. (1251), 811.
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178 — Besitzes uannte. Erst der Beiname Kappler bezeichnet eine Familien- beziehung; den führen aber die damaligen Besitzer oder Vasallen von Sulowitz nicht. Für unsere Familie aber ist dieser Beiname wesentlich, zu dem in un- bestimmbarer Zeit der „von Sulowitz“ hinzutrat. Es ist nur fraglich, ob ein Zweig einer Bürgerfamilie in Leitmeritz im Laufe der Zeit in den Besitz von Sulowitz gelangte, wie wir Aehnliches in so vielen Fällen nachgewiesen haben, oder ob umgekehrt, was an sich auch möglich ist, ein Wladyke, der sich bereits nach seinem Besitze „von Sulowitz“ nannte, der Bürgerschaft etwa durch Einkauf in das Stadtrichteramt sich näherte. Es hätte dann erst nachträglich der Name Kappler, der ganz zweifellos deutschen und bürgerlichen Ursprungs ist, dem Sulowitzer angehängt sein können. In der That erkaufte die Familie Kappler von Sulowitz unter Wenzel IV. die Erbrichterei in Leitmeritz; es läßt sich aber leicht zeigen, daß gerade der Name Kappler weit älter ist als dieses Ereigniß, und anderseits beweist eine Urkunde von 1407,1) daß die Familie schon vordem nicht nur in Leitmeritz wohnend sondern auch daselbst mit Grund- besitz ansässig gewesen sei. Ein Hanusch Kappler bekennt in dieser Urkunde, daß uicht nur er, sondern auch seine „Vorfahren“ — in der Mehrzahl! — nicht verpflichtet, aber gewohnt gewesen seien, jährlich den vollen Zehent von ihrem Grunde dem Dominicanerkloster zu S. Michael in Leitmeritz zu widmen und daß er jetzt sich und seine Erben verpjlichte, den vollen Zehent geschütteten Korns von seinen zwei Höfen für alle Zeit zu leisten. Unter dieser Mehrzahl der Vorfahren kann sinn- gemäß nicht jener Konrad verstanden sein, der kaum 30 Jahre vorher für sich und seine Brüder, deren einer dieser Hanusch selbst war, die Richterei erworben hatte, aber auch nicht beider Vater allein, sondern doch wenigstens dieser und dessen Vater, und die Naturalgiebigkeit von „geschüttetem Korn“ kann doch nur auf ein in der Nähe gelegenes Grundstilck bezogen werden, sonst würde sie nach der Sitte der Zeit in Geldzins abgelöst worden sein. Es liegt darum nichts so nahe, als in der Familie mit dem deutsch¬ bürgerlichen Namen und den allernächsten Beziehungen zur Stadt Leit meritz eine Altbürgerfamilie zu erkennen, deren Vermögensverhältuisse ihr gestatteten, gleich den Vettern von Konojed und zahlreichen anderen ein Landgut, in diesem Falle das Dorf Sulowitz, sei es von jenem Paul oder Peter oder einem Dritten zu erwerben und sich schließlich in die Erbrichterschaft einzukaufen. 1) 1. erect. V, 1407, p. 752.
178 — Besitzes uannte. Erst der Beiname Kappler bezeichnet eine Familien- beziehung; den führen aber die damaligen Besitzer oder Vasallen von Sulowitz nicht. Für unsere Familie aber ist dieser Beiname wesentlich, zu dem in un- bestimmbarer Zeit der „von Sulowitz“ hinzutrat. Es ist nur fraglich, ob ein Zweig einer Bürgerfamilie in Leitmeritz im Laufe der Zeit in den Besitz von Sulowitz gelangte, wie wir Aehnliches in so vielen Fällen nachgewiesen haben, oder ob umgekehrt, was an sich auch möglich ist, ein Wladyke, der sich bereits nach seinem Besitze „von Sulowitz“ nannte, der Bürgerschaft etwa durch Einkauf in das Stadtrichteramt sich näherte. Es hätte dann erst nachträglich der Name Kappler, der ganz zweifellos deutschen und bürgerlichen Ursprungs ist, dem Sulowitzer angehängt sein können. In der That erkaufte die Familie Kappler von Sulowitz unter Wenzel IV. die Erbrichterei in Leitmeritz; es läßt sich aber leicht zeigen, daß gerade der Name Kappler weit älter ist als dieses Ereigniß, und anderseits beweist eine Urkunde von 1407,1) daß die Familie schon vordem nicht nur in Leitmeritz wohnend sondern auch daselbst mit Grund- besitz ansässig gewesen sei. Ein Hanusch Kappler bekennt in dieser Urkunde, daß uicht nur er, sondern auch seine „Vorfahren“ — in der Mehrzahl! — nicht verpflichtet, aber gewohnt gewesen seien, jährlich den vollen Zehent von ihrem Grunde dem Dominicanerkloster zu S. Michael in Leitmeritz zu widmen und daß er jetzt sich und seine Erben verpjlichte, den vollen Zehent geschütteten Korns von seinen zwei Höfen für alle Zeit zu leisten. Unter dieser Mehrzahl der Vorfahren kann sinn- gemäß nicht jener Konrad verstanden sein, der kaum 30 Jahre vorher für sich und seine Brüder, deren einer dieser Hanusch selbst war, die Richterei erworben hatte, aber auch nicht beider Vater allein, sondern doch wenigstens dieser und dessen Vater, und die Naturalgiebigkeit von „geschüttetem Korn“ kann doch nur auf ein in der Nähe gelegenes Grundstilck bezogen werden, sonst würde sie nach der Sitte der Zeit in Geldzins abgelöst worden sein. Es liegt darum nichts so nahe, als in der Familie mit dem deutsch¬ bürgerlichen Namen und den allernächsten Beziehungen zur Stadt Leit meritz eine Altbürgerfamilie zu erkennen, deren Vermögensverhältuisse ihr gestatteten, gleich den Vettern von Konojed und zahlreichen anderen ein Landgut, in diesem Falle das Dorf Sulowitz, sei es von jenem Paul oder Peter oder einem Dritten zu erwerben und sich schließlich in die Erbrichterschaft einzukaufen. 1) 1. erect. V, 1407, p. 752.
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179 — Während alle Analogien, deren wir nun schon so viele anführen konuten, auf dieses Verhältniß hinweisen, widerspricht dem nichts von Allem, was wir an urkundlichem Material über die Geschichte des glück- lichen Geschlechtes besitzen. Der dentsche Name war allerdings nicht in Leitmeritz allein gebräuchlich; auch unter den damals deutschen Bürgern von Rakonitz finden wir als Schöffen einen Jaklin Kappler bezeugt,1) ohne daß wir gezwungen wären, auf ein Verwandtschaftsband zu schließen. Daß der bürgerliche Stand unter König Johann, Karl IV. und Wenzel IV. kein Hinderniß für die Erreichung von Hofäntern war, braucht kaum mehr erwähnt zu werden. Ju solchen Stellungen befand sich ein Mitglied unserer Familie bereits, als die Prager Stadtbücher Anlaß fanden, dessen Namen aufzuzeichnen.2) Sie kennen aber nur den Geschlechtsnamen Kappler, ohne seines Besitzes zu erwähnen. In einem Falle sprechen sie von dem Münzmeister Kappler, indem sie eines Hanses ehemaligen Besitzer nennen, der durch den Münzmeister Kappler verurtheilt worden war. Das andere Mal be- zeichnen sie ein großes Haus mit einem Thurme und zwei Weinbergen gegenüber dem Emauskloster, das der königliche Büchsenmeister damals dem Vertrauten des Königs, Kappler — erga Caplerium familiarem domini regis — abgekauft hatte. Wir treffen hier den eigentlichen Be- gründer des Glanzes des Hauses mit Namen Konrad oder Kunat als Güustling in der Nähe des besonders bürgerfreundlichen Königs Wenzel IV., der ihn um 1382 zu seinem Vicehofrichter erhoben hatte. In diesem Wirkungskreise war es ihm leicht möglich, auch seine Brüder mit emporzuheben. Er that das, indem er die königliche Be- willigung erreichte, für sich und letztere — Hans und Jarke Kappler — die heimatliche Erbrichterei in Leitmeritz anzukanfen.3) In Leitmeritz hatte das Hans der Kappler in der S. Michaelskirche sein altes Familienseelgeräth, das, wie wir gezeigt haben, weit über die Zeit der Erwerbung des Richteramtes zurückreichen mußte. Wie alt diese Beziehungen waren, das deutet auch die Sage an, daß der Gründer des Klosters selbst, Bischof Bernhard — um 1236! — ein geborener Kappler gewesen sei.4) Enthält diese Sage auch keinen geschichtlichen Kern, so finden wir doch bei der außerordentlichen Pietät, 1) 1. erect. II, 1399, 186; III, 1377, 286. 2) Základy 1387, n. 279; 1388, n. 14, č. 432 c. 3) Čelakovský, Codex II, p. 758, 777. 4) Frind, Kirchengeschichte II, 274 x.
179 — Während alle Analogien, deren wir nun schon so viele anführen konuten, auf dieses Verhältniß hinweisen, widerspricht dem nichts von Allem, was wir an urkundlichem Material über die Geschichte des glück- lichen Geschlechtes besitzen. Der dentsche Name war allerdings nicht in Leitmeritz allein gebräuchlich; auch unter den damals deutschen Bürgern von Rakonitz finden wir als Schöffen einen Jaklin Kappler bezeugt,1) ohne daß wir gezwungen wären, auf ein Verwandtschaftsband zu schließen. Daß der bürgerliche Stand unter König Johann, Karl IV. und Wenzel IV. kein Hinderniß für die Erreichung von Hofäntern war, braucht kaum mehr erwähnt zu werden. Ju solchen Stellungen befand sich ein Mitglied unserer Familie bereits, als die Prager Stadtbücher Anlaß fanden, dessen Namen aufzuzeichnen.2) Sie kennen aber nur den Geschlechtsnamen Kappler, ohne seines Besitzes zu erwähnen. In einem Falle sprechen sie von dem Münzmeister Kappler, indem sie eines Hanses ehemaligen Besitzer nennen, der durch den Münzmeister Kappler verurtheilt worden war. Das andere Mal be- zeichnen sie ein großes Haus mit einem Thurme und zwei Weinbergen gegenüber dem Emauskloster, das der königliche Büchsenmeister damals dem Vertrauten des Königs, Kappler — erga Caplerium familiarem domini regis — abgekauft hatte. Wir treffen hier den eigentlichen Be- gründer des Glanzes des Hauses mit Namen Konrad oder Kunat als Güustling in der Nähe des besonders bürgerfreundlichen Königs Wenzel IV., der ihn um 1382 zu seinem Vicehofrichter erhoben hatte. In diesem Wirkungskreise war es ihm leicht möglich, auch seine Brüder mit emporzuheben. Er that das, indem er die königliche Be- willigung erreichte, für sich und letztere — Hans und Jarke Kappler — die heimatliche Erbrichterei in Leitmeritz anzukanfen.3) In Leitmeritz hatte das Hans der Kappler in der S. Michaelskirche sein altes Familienseelgeräth, das, wie wir gezeigt haben, weit über die Zeit der Erwerbung des Richteramtes zurückreichen mußte. Wie alt diese Beziehungen waren, das deutet auch die Sage an, daß der Gründer des Klosters selbst, Bischof Bernhard — um 1236! — ein geborener Kappler gewesen sei.4) Enthält diese Sage auch keinen geschichtlichen Kern, so finden wir doch bei der außerordentlichen Pietät, 1) 1. erect. II, 1399, 186; III, 1377, 286. 2) Základy 1387, n. 279; 1388, n. 14, č. 432 c. 3) Čelakovský, Codex II, p. 758, 777. 4) Frind, Kirchengeschichte II, 274 x.
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180 mit welcher die Familie bis in die spätesten Zeiten hienauf an jenem Familienstifte festhielt, ihre Entstehung recht begreiflich. Als die Zeit jedoch, in welcher es gelang, den bürgerlichen Erwerb gegen einen agrarisch-junkerlichen erfolgreich auszutauschen, scheint die Johanns und Karls, in welcher Aehnliches im ganzen Lande vorging, recht annehmbar. Welcher der von Hanusch erwähnten Vorfahren den ersten Schritt durch die Erwerbung von Sulowitz that, wissen wir uicht; doch war derjenige, welcher — soweit uns die Urkunden jetzt vorliegen — um 1364 als der erste den betreffenden Beinamen führte, ebenfalls ein Konrad. Auf ihu sind mindestens die ersten weiteren Erwerbungen zurückzuführen, die sich nachmals über den größeren Theil des linkselbischen Mittelgebirges und rechtsseitig bis über Leipa hinaus erstrecken sollten. Diese zweite Staffel ist das Kirchdorf SoIan bei Třiblitz, dessen Patronat Konrad bereits 1364 inne hatte.1) Er wird danit für den Begründer eines Solaner Zweiges des Hauses Kappler gehalten. Nahe Verwandte uannten sich nach dem Dorfe Žichow (Schichhof) bei Meronitz, ein anderer wohnte in Třiblitz. Auch der damalige Pfarrer von Solan, ein Konrad, dürfte ebenfalls ein Kappler gewesen sein. In welchem Verwandtschaftsverhältnisse nun dieser ältere Konrad zu dem zuerst genannten stand, wissen wir nicht. Diesen jüngeren lernen wir zuerst um 1373 in Junkerdiensten — der Zeitgleichung nach — eines Herrn von Michelsberg als dessen Burggrafen auf Scharfenstein bei Bensen und in Ausübung des Patronatsrechtes über Rosendorf eben- daselbst kennen.2) Vielleicht erfolgte gerade durch diesen Lehensherrn die nachmals für das Haus so erfolgreiche Annäherung an den Hof. Auffallend ist, daß während der vorgenannte Zweig um diese Zeit schon das Prädicat „miles“ für seine Glieder beansprucht, unser Burg- graf auch als solcher nur das bürgerliche Prädicat discretus führt. Im Hofdienste und als Günstling König Wenzels gewann er, wie schon erwähnt, Stellungen, die, so hoch sie auch sein mögen — Vicehofrichter, Oberstmünzmeister, Oberstlandschreiber — doch auch in zahlreichen anderen Fällen Männern von bürgerlicher Herkuuft zugänglich waren. Nur dürfte die Art derselben darauf hindeuten, daß er in seiner Jugend mehr lite- rarischen Unterricht genossen habe, als sonst die Voraussetzung für den Junkerdienst war; vielleicht hatte die junge Universität in Prag den Bürgersohu dahin gelockt. 1) 1. cf. 1364, 38, 1372, 87. 2) 1. ef. IV, 1373, 2; 1. erect. II. 1381, 186.
180 mit welcher die Familie bis in die spätesten Zeiten hienauf an jenem Familienstifte festhielt, ihre Entstehung recht begreiflich. Als die Zeit jedoch, in welcher es gelang, den bürgerlichen Erwerb gegen einen agrarisch-junkerlichen erfolgreich auszutauschen, scheint die Johanns und Karls, in welcher Aehnliches im ganzen Lande vorging, recht annehmbar. Welcher der von Hanusch erwähnten Vorfahren den ersten Schritt durch die Erwerbung von Sulowitz that, wissen wir uicht; doch war derjenige, welcher — soweit uns die Urkunden jetzt vorliegen — um 1364 als der erste den betreffenden Beinamen führte, ebenfalls ein Konrad. Auf ihu sind mindestens die ersten weiteren Erwerbungen zurückzuführen, die sich nachmals über den größeren Theil des linkselbischen Mittelgebirges und rechtsseitig bis über Leipa hinaus erstrecken sollten. Diese zweite Staffel ist das Kirchdorf SoIan bei Třiblitz, dessen Patronat Konrad bereits 1364 inne hatte.1) Er wird danit für den Begründer eines Solaner Zweiges des Hauses Kappler gehalten. Nahe Verwandte uannten sich nach dem Dorfe Žichow (Schichhof) bei Meronitz, ein anderer wohnte in Třiblitz. Auch der damalige Pfarrer von Solan, ein Konrad, dürfte ebenfalls ein Kappler gewesen sein. In welchem Verwandtschaftsverhältnisse nun dieser ältere Konrad zu dem zuerst genannten stand, wissen wir nicht. Diesen jüngeren lernen wir zuerst um 1373 in Junkerdiensten — der Zeitgleichung nach — eines Herrn von Michelsberg als dessen Burggrafen auf Scharfenstein bei Bensen und in Ausübung des Patronatsrechtes über Rosendorf eben- daselbst kennen.2) Vielleicht erfolgte gerade durch diesen Lehensherrn die nachmals für das Haus so erfolgreiche Annäherung an den Hof. Auffallend ist, daß während der vorgenannte Zweig um diese Zeit schon das Prädicat „miles“ für seine Glieder beansprucht, unser Burg- graf auch als solcher nur das bürgerliche Prädicat discretus führt. Im Hofdienste und als Günstling König Wenzels gewann er, wie schon erwähnt, Stellungen, die, so hoch sie auch sein mögen — Vicehofrichter, Oberstmünzmeister, Oberstlandschreiber — doch auch in zahlreichen anderen Fällen Männern von bürgerlicher Herkuuft zugänglich waren. Nur dürfte die Art derselben darauf hindeuten, daß er in seiner Jugend mehr lite- rarischen Unterricht genossen habe, als sonst die Voraussetzung für den Junkerdienst war; vielleicht hatte die junge Universität in Prag den Bürgersohu dahin gelockt. 1) 1. cf. 1364, 38, 1372, 87. 2) 1. ef. IV, 1373, 2; 1. erect. II. 1381, 186.
Strana 181
181 Als uenen Besitz dieses Kourad lernen wir das uahe bei Sulowitz. gelegene Čižkowitz kennen, in dessen Patronat sich aber noch vier Brüder von Wchinitz mit drei Brüdern Kappler theilten.1) Als nach- mals Johann Pomuk eine zweite Präsentation für dieselbe Kirche ein- tragen ließ, wurde dem Münzmeister der Titel nobilis nicht mehr versagt.2) Konrad erlebte das ueue Jahrhundert nicht. Sein Bruder, der genannte Hanusch, stiftete dem Begründer des Aufschwunges seines Hauses aus Dankbarkeit einen Aliar zu S. Veit in Prag, und die Witwe widmete ihr Haus auf dem Hradschiner Marktplatze einem zu gründenden Nonnen- stifte.3) Die drei Brüder zusammen hatten außer der Familienstiftung zu Leitmeritz auch die Klosterkirche zu Teplitz reichlich bedacht.4) Hanusch verfolgte die Laufbahn seines Bruders weiter und gewaun von König Wenzel, jedenfalls noch vor 1405 vielleicht nur lehensweise Burg und Gut Winterberg im Böhmerwalde, die wir schon vordem in den Händen eines Münzmeisters getroffen. Er hieß uun auch bald armiger, bald nobilis. Judem er die neue Kirche des Städtchens daselbst bestiftete, zog er außer dem zugehörigen Kundratitz auch Šiřowitz mit Zinsungen heran, während er audererseits das gewonnene Cižkowitz festhielt.5) Wie er zu einem Antheile an Siřowitz, das von altersher dem Stifte S. Georg anf dem Hradschin gehörte, kommen konnte, ist uur zu errathen. Ein drittes Gebiet der Besitzungen der überlebenden Brüder Hanuš und Jarke, von dem wir uicht wissen, in welche Zeit seine Erwerbung fiel, lag ienseits des Erzgebirges zwischen den Kulmer Pässen und Pirna. Damals gehörte die Gegend zu Böhmen. Hier besaßen die Brüder Oelsen und Ottendorf, südlich und uördlich von Gottleuba. In Ottendorf hatte Jarke um 1400 seinen ständigen Sitz und war mit dort ansässigen Familien verschwägert. Seine Söhne waren Peter und Hanusch.6) Hanuschs Sohn Johannes verblieb im Besitze von Winterberg7) und, wie es scheint, der Gunst des Königs. Er übte auch weiter sein Patronatsrecht in Šiřowitz wie in Čižkowitz.8) Dann sehen wir ihn um 9) 1424 und später im Besitze der königlichen Burg Koštial bei Trebnitz,) 1) l. cf. IV, 1379, 105. 2) 1. cf. 1389, 169. 3) 1. erect. V, 1400, 532; Základy 1402, 1406 h, 134 č, 185e. 4) 1. erect. III, 1389, 328. 5) 1. erect. IV, 1405, 648 f. 6) 1. erect. V, 1400, 631; 1413, 80. 7) 1. cf. 1414, 133. 8) 1. ef. 1415, 170; 1416, 203. 9) 1. cf. 1824, 87; 1434, 236.
181 Als uenen Besitz dieses Kourad lernen wir das uahe bei Sulowitz. gelegene Čižkowitz kennen, in dessen Patronat sich aber noch vier Brüder von Wchinitz mit drei Brüdern Kappler theilten.1) Als nach- mals Johann Pomuk eine zweite Präsentation für dieselbe Kirche ein- tragen ließ, wurde dem Münzmeister der Titel nobilis nicht mehr versagt.2) Konrad erlebte das ueue Jahrhundert nicht. Sein Bruder, der genannte Hanusch, stiftete dem Begründer des Aufschwunges seines Hauses aus Dankbarkeit einen Aliar zu S. Veit in Prag, und die Witwe widmete ihr Haus auf dem Hradschiner Marktplatze einem zu gründenden Nonnen- stifte.3) Die drei Brüder zusammen hatten außer der Familienstiftung zu Leitmeritz auch die Klosterkirche zu Teplitz reichlich bedacht.4) Hanusch verfolgte die Laufbahn seines Bruders weiter und gewaun von König Wenzel, jedenfalls noch vor 1405 vielleicht nur lehensweise Burg und Gut Winterberg im Böhmerwalde, die wir schon vordem in den Händen eines Münzmeisters getroffen. Er hieß uun auch bald armiger, bald nobilis. Judem er die neue Kirche des Städtchens daselbst bestiftete, zog er außer dem zugehörigen Kundratitz auch Šiřowitz mit Zinsungen heran, während er audererseits das gewonnene Cižkowitz festhielt.5) Wie er zu einem Antheile an Siřowitz, das von altersher dem Stifte S. Georg anf dem Hradschin gehörte, kommen konnte, ist uur zu errathen. Ein drittes Gebiet der Besitzungen der überlebenden Brüder Hanuš und Jarke, von dem wir uicht wissen, in welche Zeit seine Erwerbung fiel, lag ienseits des Erzgebirges zwischen den Kulmer Pässen und Pirna. Damals gehörte die Gegend zu Böhmen. Hier besaßen die Brüder Oelsen und Ottendorf, südlich und uördlich von Gottleuba. In Ottendorf hatte Jarke um 1400 seinen ständigen Sitz und war mit dort ansässigen Familien verschwägert. Seine Söhne waren Peter und Hanusch.6) Hanuschs Sohn Johannes verblieb im Besitze von Winterberg7) und, wie es scheint, der Gunst des Königs. Er übte auch weiter sein Patronatsrecht in Šiřowitz wie in Čižkowitz.8) Dann sehen wir ihn um 9) 1424 und später im Besitze der königlichen Burg Koštial bei Trebnitz,) 1) l. cf. IV, 1379, 105. 2) 1. cf. 1389, 169. 3) 1. erect. V, 1400, 532; Základy 1402, 1406 h, 134 č, 185e. 4) 1. erect. III, 1389, 328. 5) 1. erect. IV, 1405, 648 f. 6) 1. erect. V, 1400, 631; 1413, 80. 7) 1. cf. 1414, 133. 8) 1. ef. 1415, 170; 1416, 203. 9) 1. cf. 1824, 87; 1434, 236.
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182 mit wescher uoch manches zugehörige Dorf in seinen Besitz gelangt sein dürfte, nach dem sich nachmals die verwandten Zweige uannten. Ob er noch vor dem Husitenkriege als königlicher Burggraf daselbst eingesetzt worden war, oder ob er sich, was wahrscheinsicher, in der herrensosen Zeit, da so manche Besitzung für den Unternehmungslustigen frei stand, zu „Abwehrzwecken“ in den Besitz gesetzt, läßt sich aus den Bezeichnungen, „alias de Kosczalow“, oder „in Kostialow residens“ nicht erkennen. Daraus aber, daß er auch von Kostial die in seine Kirchen einzusetzenden Pfarrer uach Zittan präsentirte, muß man schließen, daß er nicht utra quistisch geworden war. Vielleicht hing es mit der Rückverlegung seines Sitzes in die Stamn- gegend zusammen, daß nun die Brüder Kunat und Caslav, die wir für seine Söhne halten, als in Winterberg residirend bezeichnet werden.1) Kunat gewann die Burggrafschaft auf Klingenberg mit den zugehö- rigen Ortschaften, und un 1434 theilte er mit einem Wenzel Hajek die Güterverwaltung der Burg Zbirow.2) So hob sich das Geschlecht Schritt für Schritt empor und die Verpfändungen der Kirchengüter durch König Siegmund boten den in dieser Richtung Strebsamen ein reiches Erntefeld. Noch eines ist für uns wichtig: der Nachweis, daß die kleinen Nachbarschaften, deren einige nach der Burg Skalka sich benennende wir in Verwandtschaftsverhältnissen mit dem ursprünglich bügerlichen Geschlechte derer von Konojed kennen lernten, selbst wieder Kapplerschen Stammes waren. Ohne allen Verzweigungen des Stammbaumes zu folgen, werden wir nur mit einigen urkundlichen Angaben das Verbreitungsgebiet dieses immerhin interessanten Geschlechtes markiren. Oben lernten wir bereits die Brüder Rüdiger, Johann, Peter und Erhard auf Skalken (zwischen Sutom und Vratislav) kennen, die nachmals auch Tschochau besaßen. Inden uns uun jener anf Merunitz sitzende Erhard als zur Familie von Sulowitz gehörend vorgestellt wird3) und desgleichen auch iener Johann von Skalka als Vormund der Waisen des genannten Bruders,4) erkennen wir die ganze Brüderschaar als Abkömni- linge der Kappler. Zu Merunitz war auch das Patronat über Mukow erworben worden. Rüdiger aber hatte mit dem Bruder Erhard das 1) l. cf. 1426, 111. 2) 1. cf. 1428, 142; 1470, 159; 1434, 231. 3) 1. cf. 1415, 170. 4) 1. cf. 1416, 206.
182 mit wescher uoch manches zugehörige Dorf in seinen Besitz gelangt sein dürfte, nach dem sich nachmals die verwandten Zweige uannten. Ob er noch vor dem Husitenkriege als königlicher Burggraf daselbst eingesetzt worden war, oder ob er sich, was wahrscheinsicher, in der herrensosen Zeit, da so manche Besitzung für den Unternehmungslustigen frei stand, zu „Abwehrzwecken“ in den Besitz gesetzt, läßt sich aus den Bezeichnungen, „alias de Kosczalow“, oder „in Kostialow residens“ nicht erkennen. Daraus aber, daß er auch von Kostial die in seine Kirchen einzusetzenden Pfarrer uach Zittan präsentirte, muß man schließen, daß er nicht utra quistisch geworden war. Vielleicht hing es mit der Rückverlegung seines Sitzes in die Stamn- gegend zusammen, daß nun die Brüder Kunat und Caslav, die wir für seine Söhne halten, als in Winterberg residirend bezeichnet werden.1) Kunat gewann die Burggrafschaft auf Klingenberg mit den zugehö- rigen Ortschaften, und un 1434 theilte er mit einem Wenzel Hajek die Güterverwaltung der Burg Zbirow.2) So hob sich das Geschlecht Schritt für Schritt empor und die Verpfändungen der Kirchengüter durch König Siegmund boten den in dieser Richtung Strebsamen ein reiches Erntefeld. Noch eines ist für uns wichtig: der Nachweis, daß die kleinen Nachbarschaften, deren einige nach der Burg Skalka sich benennende wir in Verwandtschaftsverhältnissen mit dem ursprünglich bügerlichen Geschlechte derer von Konojed kennen lernten, selbst wieder Kapplerschen Stammes waren. Ohne allen Verzweigungen des Stammbaumes zu folgen, werden wir nur mit einigen urkundlichen Angaben das Verbreitungsgebiet dieses immerhin interessanten Geschlechtes markiren. Oben lernten wir bereits die Brüder Rüdiger, Johann, Peter und Erhard auf Skalken (zwischen Sutom und Vratislav) kennen, die nachmals auch Tschochau besaßen. Inden uns uun jener anf Merunitz sitzende Erhard als zur Familie von Sulowitz gehörend vorgestellt wird3) und desgleichen auch iener Johann von Skalka als Vormund der Waisen des genannten Bruders,4) erkennen wir die ganze Brüderschaar als Abkömni- linge der Kappler. Zu Merunitz war auch das Patronat über Mukow erworben worden. Rüdiger aber hatte mit dem Bruder Erhard das 1) l. cf. 1426, 111. 2) 1. cf. 1428, 142; 1470, 159; 1434, 231. 3) 1. cf. 1415, 170. 4) 1. cf. 1416, 206.
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183 — Patronat über Lippai besessen,1) beide Brüder mit Peter jenes über Sutom.2) Ist indes die genealogische Abfolge dieses Zweiges doch nicht über allen Zweifel sichergestellt, weil wir für sie die Führung des Namens Kappler nicht bezeugt finden und die gemeinsame Bezeichnung „von Su- lowitz“ doch nur auf eine Abstammung von verschiedenen Theilbesitzern dieses Dorfes hinweisen könnte, so gilt dasselbe noch mehr von jener Linie, die an einen Bušek (Bohuslav) anknüpfte. Um das Jahr 1400 theilen sich3) in das Patronat des Dorfes Schima die „clientes“ Hanuš von Swebořitz (Schwabitz bei Niemes), die uns bekannten Brüder Rüdiger, Peter und Erhard von Skalka und Busko von Sulewitz mit dem Sitze in Ujezd, Weißaujezd bei Welemin. An einer Beziehung zu Leitmeritz hält allerdings anch dieser Buško von Ujezd fest, indem er auf seinem Hofe in Ujezd Zinsen für St. Michael in Leitmeritz stiftet. Als Allodialherr von Ujezd würde er nicht von einem „Hofe“ daselbst sprechen; er nennt sich aber auch selbst noch den „armiger der Prager Diöcese“4) und gewährt uns damit einen Einblick, auf welchem Wege sich die Kappler in dem Gebiete einer ehemaligen Zwischenmark, die zum großen Theil in frühesten Zeiten von geistlichen Instituten aufgetheilt worden war, festsetzen konnten. Wenn wir auch die Gebrüder auf Skalka gelegentlich als armigeri oder clientes bezeichnet finden, so ist das ein gleicher Fingerzeig. Hatte doch auch iener Be- gründer der Hauptlinie, Konrad von Scharfenstein, als Burggraf seine Laufbahn begonnen, die Prager Diöcese aber mußte, nach diesen Spuren zu urtheilen, dereinst einen ausgedehnten Besitz in dieser Mittelgebirgs gegend besessen haben, der ihre anderweitig bekannten Besitzungen bei Leitmeritz mit denen bei Teplitz und die Güter der Klöster St. Georg und der Nonnen zu Teplitz gleichsam verband. Die eigenen Verwaltungs- beamten aber, als welche uns nun die Kappler erschienen, setzten sich dazwischen hinein, indem sie da und dort einen Allodialgrund erwarben. Ob ein Buško, der um 1397 Wirthschaftsbeamter in Medvědič war,5) dieselbe Person wie Buško in Ujezd war, können wir nicht be- stimmen. In Verwandtschaftsverhältniß aber steht wohl auch ein Wirth¬- schaftsbeamte in Sulowitz (cliens de Sulowitz), welcher um 1375 das 1) 1. cf. 1405, 160. 2) 1. cf. 1397, 282. 3) 1. ef. 1400, 24; 1402, 75. 4) 1. erect. V, 1407, 752; V, 1406, 718. 5) 1. cf. 1397, 276, 310.
183 — Patronat über Lippai besessen,1) beide Brüder mit Peter jenes über Sutom.2) Ist indes die genealogische Abfolge dieses Zweiges doch nicht über allen Zweifel sichergestellt, weil wir für sie die Führung des Namens Kappler nicht bezeugt finden und die gemeinsame Bezeichnung „von Su- lowitz“ doch nur auf eine Abstammung von verschiedenen Theilbesitzern dieses Dorfes hinweisen könnte, so gilt dasselbe noch mehr von jener Linie, die an einen Bušek (Bohuslav) anknüpfte. Um das Jahr 1400 theilen sich3) in das Patronat des Dorfes Schima die „clientes“ Hanuš von Swebořitz (Schwabitz bei Niemes), die uns bekannten Brüder Rüdiger, Peter und Erhard von Skalka und Busko von Sulewitz mit dem Sitze in Ujezd, Weißaujezd bei Welemin. An einer Beziehung zu Leitmeritz hält allerdings anch dieser Buško von Ujezd fest, indem er auf seinem Hofe in Ujezd Zinsen für St. Michael in Leitmeritz stiftet. Als Allodialherr von Ujezd würde er nicht von einem „Hofe“ daselbst sprechen; er nennt sich aber auch selbst noch den „armiger der Prager Diöcese“4) und gewährt uns damit einen Einblick, auf welchem Wege sich die Kappler in dem Gebiete einer ehemaligen Zwischenmark, die zum großen Theil in frühesten Zeiten von geistlichen Instituten aufgetheilt worden war, festsetzen konnten. Wenn wir auch die Gebrüder auf Skalka gelegentlich als armigeri oder clientes bezeichnet finden, so ist das ein gleicher Fingerzeig. Hatte doch auch iener Be- gründer der Hauptlinie, Konrad von Scharfenstein, als Burggraf seine Laufbahn begonnen, die Prager Diöcese aber mußte, nach diesen Spuren zu urtheilen, dereinst einen ausgedehnten Besitz in dieser Mittelgebirgs gegend besessen haben, der ihre anderweitig bekannten Besitzungen bei Leitmeritz mit denen bei Teplitz und die Güter der Klöster St. Georg und der Nonnen zu Teplitz gleichsam verband. Die eigenen Verwaltungs- beamten aber, als welche uns nun die Kappler erschienen, setzten sich dazwischen hinein, indem sie da und dort einen Allodialgrund erwarben. Ob ein Buško, der um 1397 Wirthschaftsbeamter in Medvědič war,5) dieselbe Person wie Buško in Ujezd war, können wir nicht be- stimmen. In Verwandtschaftsverhältniß aber steht wohl auch ein Wirth¬- schaftsbeamte in Sulowitz (cliens de Sulowitz), welcher um 1375 das 1) 1. cf. 1405, 160. 2) 1. cf. 1397, 282. 3) 1. ef. 1400, 24; 1402, 75. 4) 1. erect. V, 1407, 752; V, 1406, 718. 5) 1. cf. 1397, 276, 310.
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184 — Patronatsrecht für Černosek ausübte.1) Um 1405 saß auf Solan ein miles Cunad alias Habard. Peter von Hlinay wird als Vasall der Prager Diöcese bezeichnet und ein Kunad von Sulowitz saß 1411 auf Welemin, das seit frühester Zeit im Besitz des S. Georgklosters war.2) Der vorgenannte Buško gilt als Begründer der Linie, die nachmals auch Mileschau und in der Nähe die Burg Wostrei besaß. Ein Habard von Sulowitz repräsentirt mit anderen einen Solaner Zweig der Familie.3) Andere Beziehungen lernen wir noch durch die Frauen dieses frucht- baren Geschlechtes kennen. So übt eine Ludmilla von Sulowitz um 1404 die Collatur in Schelkowitz aus,4) woselbst sie auch noch 1436 ihren Wohnsitz hat, während Maruška, die Witwe eines vor 1407 ge storbenen Kunad Zinsen auf Ruscholka (Hrušowka), Dubkowitz und Čečelitz — im Bunzlauer Kreise — erwarb, mit denen sie außer der Kirche des letztgenannten Dorfes die Kirche in Welemin und S. Michael in Leitmeritz beschenkte.5) Dieses Wohlwollen für S. Michael in Leit- meritz bleibt kennzeichnend für das ganze Geschlecht und die jetzt verschwun- dene Kirche zu Leitmeritz bewahrte z. T. künstlerisch werthvolle Denkmäler dieser Anhänglichkeit. Die Herrschaft der Kappler, die bis dahin denn doch zum großen Theil eine Dienstbarkeit einschloß, vollendete im Mittelgebirgs- gebiete der sonst Alles zerstörende Husiteusturm. Wie er auf Seite des Adels aufbauend wirkte, haben wir schon eingangs hervorgehoben; hier sehen wir ein concretes Beispiel vor uns. Es gab drei Typen der Adelsbereicherung, und mit einer gewissen Begrenzung könnten wir sagen, der Adelsbegründung in jener Zeit; drei Wege, auf welchen die todte Hand ihre Schätze der lebenden wieder zu- führte. Der erste war der der Abkehr vom alten Cultglauben; ihn gingen die Utraquisten und Taboriten. Sie nahmen die Güter der todten Hand einfach an sich und begründeten die That mit ihren neuen Glaubensvor stellungen. Den zweiten Typus können die Rosenberger in ihrem Verhältnisse zu Goldenkron darstellen, dessen Erwerbung erst ihre fürst- liche Machtstellung begründete. Sie blieben gut katholisch und nahmen die Güter der Kirche zu „ihrem Schutze“ an sich; mit der Vogtei aber erlangten sie die Herrschaft über diese Güter. Der dritte Typus combi- 1) 1. cf IV. 1375, 35. 2) 1. erect. V, 1411, 636. 3) 1. cf. 1423, 32 ff. 4) 1. cf. 1404, 118; 1436, 261. 5) 1. erect. V. 1407, 759.
184 — Patronatsrecht für Černosek ausübte.1) Um 1405 saß auf Solan ein miles Cunad alias Habard. Peter von Hlinay wird als Vasall der Prager Diöcese bezeichnet und ein Kunad von Sulowitz saß 1411 auf Welemin, das seit frühester Zeit im Besitz des S. Georgklosters war.2) Der vorgenannte Buško gilt als Begründer der Linie, die nachmals auch Mileschau und in der Nähe die Burg Wostrei besaß. Ein Habard von Sulowitz repräsentirt mit anderen einen Solaner Zweig der Familie.3) Andere Beziehungen lernen wir noch durch die Frauen dieses frucht- baren Geschlechtes kennen. So übt eine Ludmilla von Sulowitz um 1404 die Collatur in Schelkowitz aus,4) woselbst sie auch noch 1436 ihren Wohnsitz hat, während Maruška, die Witwe eines vor 1407 ge storbenen Kunad Zinsen auf Ruscholka (Hrušowka), Dubkowitz und Čečelitz — im Bunzlauer Kreise — erwarb, mit denen sie außer der Kirche des letztgenannten Dorfes die Kirche in Welemin und S. Michael in Leitmeritz beschenkte.5) Dieses Wohlwollen für S. Michael in Leit- meritz bleibt kennzeichnend für das ganze Geschlecht und die jetzt verschwun- dene Kirche zu Leitmeritz bewahrte z. T. künstlerisch werthvolle Denkmäler dieser Anhänglichkeit. Die Herrschaft der Kappler, die bis dahin denn doch zum großen Theil eine Dienstbarkeit einschloß, vollendete im Mittelgebirgs- gebiete der sonst Alles zerstörende Husiteusturm. Wie er auf Seite des Adels aufbauend wirkte, haben wir schon eingangs hervorgehoben; hier sehen wir ein concretes Beispiel vor uns. Es gab drei Typen der Adelsbereicherung, und mit einer gewissen Begrenzung könnten wir sagen, der Adelsbegründung in jener Zeit; drei Wege, auf welchen die todte Hand ihre Schätze der lebenden wieder zu- führte. Der erste war der der Abkehr vom alten Cultglauben; ihn gingen die Utraquisten und Taboriten. Sie nahmen die Güter der todten Hand einfach an sich und begründeten die That mit ihren neuen Glaubensvor stellungen. Den zweiten Typus können die Rosenberger in ihrem Verhältnisse zu Goldenkron darstellen, dessen Erwerbung erst ihre fürst- liche Machtstellung begründete. Sie blieben gut katholisch und nahmen die Güter der Kirche zu „ihrem Schutze“ an sich; mit der Vogtei aber erlangten sie die Herrschaft über diese Güter. Der dritte Typus combi- 1) 1. cf IV. 1375, 35. 2) 1. erect. V, 1411, 636. 3) 1. cf. 1423, 32 ff. 4) 1. cf. 1404, 118; 1436, 261. 5) 1. erect. V. 1407, 759.
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185 — uirt zweckmäßig die ersten zwei und sein bester Repräsentant ist Jakoubek von Wřesowitz.1) Als Taborit stürzte er auf die Beute und wieder fatholisch geworden rettete er die erworbene vor der Revindication. Unsere Kappler gingen den zweiten Weg, wie er eigentlich in ihrem ganzen Werdegange vorgezeichnet schien, und begründeten damit eine Herrschaft, die sich über das ganze Gebiet erstreckte, in das sie als Beamte eingewandert waren. Was einmal von Prager Bisthum zu Lehen gegangen war, das war nun Allod geworden. Von dem Bestande des Klosters S. Georg allein aber erwarb Johann Kappler — nunmehr Kapliř — von Sulowitz durch König Sigmund zunächst als Pfandbesitz in unserer Gegend Trebuitz, Chodolitz, Kolloletsch, Schiřowitz, Welemin, Oppolau (Upohlavy), also ungefähr die ganze nachmalige Herrschaft Čižkowitz;2) in allen Lehensgebieten aber werden sie die freien Herren. — Leipa lag, wie wir gezeigt, im Bereiche der von Leitmeritz ans sich erstreckenden Colonisationsthätigkeit und auf dem Gebiete jener Herren- familie, die Erwerbungen im Grenzwaldlande in eifrigster und umfassendster Weise ertragreich zu machen versuchte. Sie trat zu diesem Zwecke direct in Verbindung mit Leitmeritzer Bürgern, inden sie beispielsweise durch einen solchen ihr Dorf Lobositz lociren ließ. Die Ronburg bei Drum hat uns ebenso wie Rumburg in Norden den Namen der Hrone bewahrt, und dort ergibt sich eine zweite Anknüpfung an Leitmeritz, indem der Ver- wandte einer aus Leitmeritz stammenden Familie, der vorgenannte Předbor von Ronow, der Ansführung ihrer Bestrebungen als Vasall diente. Daß sich die Hrone bei Anlage ihrer Stadt Leipa ebenfalls deutschen Colonistenmaterials bedienten, geht aus den Namen der ältesten Bürger daselbst hervor,3) wie es an sich schon jene nachgewiesenen Be ziehungen wahrscheinlich machen. Wie das nahe, mitten inne liegende Graber von Leitmeritz aus locirt und colonisirt wurde, ist nachweisbar, und wenn sich nun ein dem Namen nach deutscher Bürger dieses Städt- chens wieder Arnold von Leipa neunt, so dentet das auf die nach dieser Richtung hin fortschreitenden Unternehmungen jener deutschen Bürger.4) Weitverzweigte Junkergeschlechter aber sehen wir ans der uicht königlich freien, sondern unterthanen Stadt uicht hervorgehen. Nur eine 1) Siehe die Monographie Hallwichs, Jakoubek von Wřesowitz. 2) Archiv česky II, Registra zápisů I, 499. 3) Siehe Socialgesch. II. 348. 4) Ebendas. Mittheilungen. 40. Jahrgang. 2. Heft. 13
185 — uirt zweckmäßig die ersten zwei und sein bester Repräsentant ist Jakoubek von Wřesowitz.1) Als Taborit stürzte er auf die Beute und wieder fatholisch geworden rettete er die erworbene vor der Revindication. Unsere Kappler gingen den zweiten Weg, wie er eigentlich in ihrem ganzen Werdegange vorgezeichnet schien, und begründeten damit eine Herrschaft, die sich über das ganze Gebiet erstreckte, in das sie als Beamte eingewandert waren. Was einmal von Prager Bisthum zu Lehen gegangen war, das war nun Allod geworden. Von dem Bestande des Klosters S. Georg allein aber erwarb Johann Kappler — nunmehr Kapliř — von Sulowitz durch König Sigmund zunächst als Pfandbesitz in unserer Gegend Trebuitz, Chodolitz, Kolloletsch, Schiřowitz, Welemin, Oppolau (Upohlavy), also ungefähr die ganze nachmalige Herrschaft Čižkowitz;2) in allen Lehensgebieten aber werden sie die freien Herren. — Leipa lag, wie wir gezeigt, im Bereiche der von Leitmeritz ans sich erstreckenden Colonisationsthätigkeit und auf dem Gebiete jener Herren- familie, die Erwerbungen im Grenzwaldlande in eifrigster und umfassendster Weise ertragreich zu machen versuchte. Sie trat zu diesem Zwecke direct in Verbindung mit Leitmeritzer Bürgern, inden sie beispielsweise durch einen solchen ihr Dorf Lobositz lociren ließ. Die Ronburg bei Drum hat uns ebenso wie Rumburg in Norden den Namen der Hrone bewahrt, und dort ergibt sich eine zweite Anknüpfung an Leitmeritz, indem der Ver- wandte einer aus Leitmeritz stammenden Familie, der vorgenannte Předbor von Ronow, der Ansführung ihrer Bestrebungen als Vasall diente. Daß sich die Hrone bei Anlage ihrer Stadt Leipa ebenfalls deutschen Colonistenmaterials bedienten, geht aus den Namen der ältesten Bürger daselbst hervor,3) wie es an sich schon jene nachgewiesenen Be ziehungen wahrscheinlich machen. Wie das nahe, mitten inne liegende Graber von Leitmeritz aus locirt und colonisirt wurde, ist nachweisbar, und wenn sich nun ein dem Namen nach deutscher Bürger dieses Städt- chens wieder Arnold von Leipa neunt, so dentet das auf die nach dieser Richtung hin fortschreitenden Unternehmungen jener deutschen Bürger.4) Weitverzweigte Junkergeschlechter aber sehen wir ans der uicht königlich freien, sondern unterthanen Stadt uicht hervorgehen. Nur eine 1) Siehe die Monographie Hallwichs, Jakoubek von Wřesowitz. 2) Archiv česky II, Registra zápisů I, 499. 3) Siehe Socialgesch. II. 348. 4) Ebendas. Mittheilungen. 40. Jahrgang. 2. Heft. 13
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186 — Familie macht eine Ausnahme, die des Erbrichters, deren Begründer, nach anderen Analogien zu schließen, Arbeit und Risico der Anlage eingesetzt hatte. Es ist das eine Familie mit dem tschechischen Beinamen Krabice (Schachtel oder Büchse bedeutend), dem sich bei unserem Zweige der Zuname „von der Weitmü hI“ (ursprünglich wohl Weidenmühle) anhängt. Beiderlei Namen können auf bürgerliche Verhältnisse hindeuten, der erstere sich am ehesten auf eine Hausmarke, der letztere auf einen Besitz beziehen. Der erstere kehrt auch sonst noch für Bürger in Prag wieder;1) eine Weiden- mühle aber gab es beispielsweise auch in Aussig, und so dürfte eine solche auch bei Leipa zu suchen sein. Eine solche Beziehung aber läge jedenfalls näher als die zu einer gleichnamigen Feste bei Smrkowitz im Bydžower Kreise, für die kein urkundlich bewiesenes Momeut spricht. Das Wappen der Junkerfamilie schließt sich uicht an den ersten Namen, sondern au den zweiten an: ein silberner Mühlstein im rothen Felde. Die Unter- nehmung, welche ein einzelnes Glied der Familie in Leipa durchsührte, ist nicht so geringfügig, daß sich uicht gerade auf sie ein Aufschwung der- selben hätte basiren können. Gelangt man aber, wie der Verfasser des Artikels Krabice in Ottův slovník in Verfolgung der andern Spur zu jenem Pešek als Ahnen, der auf Grund eines Vertrages mit König Johann diesem die Burg Schreckenstein baute, so tritt man eben wieder, wie wir noch zeigen werden, an Altprager Bürgerkreise heran, aus welchen das Geschlecht hervorgegangen sein müßte. Nichts läge auch näher, als daß derjenige, welcher die Erschließung des Markgebietes durch die Aulage von Städten plante, sich seinen Locator in der Prager Bürgerschaft gesucht hätte; doch können wir die Urkundenbeziebungen zu jenem Pešek nicht ausfinden. Natürlich lag auch die Anlage Leipas weit vor der Zeit, in welcher uns die Beurlundung der Familie entgegentritt. In dieser Zeit aber setzt sich der Familienbestand aus Junkern, Bürgern und Geistlichen zugleich zusammen, die sich alle in denselben Namen theilen. Um 1359 lernen wir die Brüder Peter, Beneš (Benedikt) und Johann und deren Oheim Konrad kennen. Beneš ist der bekannte Prager Cauonicus und Chronist; Conrad und Peter dürften das Junkerhandwerk betrieben haben, Johann aber ist Pfarrer in Leipa und vermittelt so die Beziehungen zur dortigen Bürgerschaft, innerhalb deren sich die Familie reich verzweigt zeigt.2) Derselbe Peter, damals als „dictus Krabice de Weytemul“ auf geführt, bezeichnet sich vier Jahre später als Peter von Slivno (im 1) Základy st. 141 č. 559. 2) Zakl. h. 140 č.676.
186 — Familie macht eine Ausnahme, die des Erbrichters, deren Begründer, nach anderen Analogien zu schließen, Arbeit und Risico der Anlage eingesetzt hatte. Es ist das eine Familie mit dem tschechischen Beinamen Krabice (Schachtel oder Büchse bedeutend), dem sich bei unserem Zweige der Zuname „von der Weitmü hI“ (ursprünglich wohl Weidenmühle) anhängt. Beiderlei Namen können auf bürgerliche Verhältnisse hindeuten, der erstere sich am ehesten auf eine Hausmarke, der letztere auf einen Besitz beziehen. Der erstere kehrt auch sonst noch für Bürger in Prag wieder;1) eine Weiden- mühle aber gab es beispielsweise auch in Aussig, und so dürfte eine solche auch bei Leipa zu suchen sein. Eine solche Beziehung aber läge jedenfalls näher als die zu einer gleichnamigen Feste bei Smrkowitz im Bydžower Kreise, für die kein urkundlich bewiesenes Momeut spricht. Das Wappen der Junkerfamilie schließt sich uicht an den ersten Namen, sondern au den zweiten an: ein silberner Mühlstein im rothen Felde. Die Unter- nehmung, welche ein einzelnes Glied der Familie in Leipa durchsührte, ist nicht so geringfügig, daß sich uicht gerade auf sie ein Aufschwung der- selben hätte basiren können. Gelangt man aber, wie der Verfasser des Artikels Krabice in Ottův slovník in Verfolgung der andern Spur zu jenem Pešek als Ahnen, der auf Grund eines Vertrages mit König Johann diesem die Burg Schreckenstein baute, so tritt man eben wieder, wie wir noch zeigen werden, an Altprager Bürgerkreise heran, aus welchen das Geschlecht hervorgegangen sein müßte. Nichts läge auch näher, als daß derjenige, welcher die Erschließung des Markgebietes durch die Aulage von Städten plante, sich seinen Locator in der Prager Bürgerschaft gesucht hätte; doch können wir die Urkundenbeziebungen zu jenem Pešek nicht ausfinden. Natürlich lag auch die Anlage Leipas weit vor der Zeit, in welcher uns die Beurlundung der Familie entgegentritt. In dieser Zeit aber setzt sich der Familienbestand aus Junkern, Bürgern und Geistlichen zugleich zusammen, die sich alle in denselben Namen theilen. Um 1359 lernen wir die Brüder Peter, Beneš (Benedikt) und Johann und deren Oheim Konrad kennen. Beneš ist der bekannte Prager Cauonicus und Chronist; Conrad und Peter dürften das Junkerhandwerk betrieben haben, Johann aber ist Pfarrer in Leipa und vermittelt so die Beziehungen zur dortigen Bürgerschaft, innerhalb deren sich die Familie reich verzweigt zeigt.2) Derselbe Peter, damals als „dictus Krabice de Weytemul“ auf geführt, bezeichnet sich vier Jahre später als Peter von Slivno (im 1) Základy st. 141 č. 559. 2) Zakl. h. 140 č.676.
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187 Bunzlauer Kreise). Der Vater jener drei Brüder und demuach wohl der Bruder jenes Konrad hieß wie sein Aeltester Eenesch und das Anniver- sarium seines Todes wurde in der Pfarrkirche zu Leipa gefeiert.1) Ob- wohl er 1363 schon unter die vielleicht nicht eben kurzvorher Verstorbenen gehörte, so dürften wir doch in ihm den Begründer der Erbrichterfamilie in Leipa noch uicht zu suchen haben. Als Weißwasser im Jahre 1337 von Hinko von Dauba angelegt wurde, wobei sich auch Prager Bürger in einer Weise betheiligt haben mögen, daß nachmals eine Familie von diesen Beziehungen den Namen „Weißwasser“ führen konnte, war auch schon neben dem Leipaer Burggrafen ein „Bürger“ von Leipa mit thätig.2) Die Anlage der Stadt „Leipa“ selbst muß also mindestens in den Beginn des 14. Jahrhunderts, wenn uicht noch ins 13. fallen und deshalb in jene Zeit der Ahn der „Weitmühl“ versetzt werden, welcher als Erster die Erbrichterei in Leipa erwarb. Indem die Söhne des Benesch für diesen ein Seelgeräth stifteten, schen wir sie alle zusammen in Besitze von drei Hufen im nahen Oberliebich, wo wir auch von Leitmeritz ausgezogene Junker bereits als Vasallen derselben Herrschaft antrafen. Wir dürfen aber vermuthen, daß jene 3 Hufen als Erbrichterlehen den Grundstock des Familieuver mögens unserer Weitmühle bildeten. Daraus, daß auch Peter von Slivno noch über dieses Gut mitverfügt, ist zu schließen, daß seine Beziehungen zu Slivno, die wohl uur die eines Vasallen waren, von jüngerer Art sein müssen. Die vorgenaunten Familienglieder lebten mit Ausnahme Johanns, wie es ihre Stellnngen mit sich brachten, außerhalb Leipas. In Leipa selbst finden wir um jene Zeit — oder wenig später — als ihre Ver- wandten: Frenzlin, Heinz und Jeklin von „Weytmuel“, von welchen der erste der damalige Erbrichter ist, während die beiden anderen als „Bürger“ bezeichnet werden.3) In einer anderen Urknude tritt noch ein Niczko (Nikolaus) als vierter Bruder hinzu. Indem auch die ersten drei einen besonderen Altar in der Pfarrkirche zu Leipa stiften, möchte man schließen, daß sie nicht auch die Söhne desselben Benesch, sondern vielleicht eines Bruders desselben waren, vielleicht des un 1370 schon verstorbenen „Hermann von Weytinmul“. Während nun der eine Zweig im Junkerdienst vorwärts strebt, wußte auch der bürgerliche seinen Landbesitz zu vermehren. Wir sehen ihn Zinse in den Dörfern Voits dorf und Kosla erwerben, sowie einen Theil des Dorfes Goezindorf. 1) 1. erect. I, 1363, 42. 2) Vergl. Socialgesch II 305. 3) 1. cf. 1371, 56; 1. erect. 1370, 88. 13*
187 Bunzlauer Kreise). Der Vater jener drei Brüder und demuach wohl der Bruder jenes Konrad hieß wie sein Aeltester Eenesch und das Anniver- sarium seines Todes wurde in der Pfarrkirche zu Leipa gefeiert.1) Ob- wohl er 1363 schon unter die vielleicht nicht eben kurzvorher Verstorbenen gehörte, so dürften wir doch in ihm den Begründer der Erbrichterfamilie in Leipa noch uicht zu suchen haben. Als Weißwasser im Jahre 1337 von Hinko von Dauba angelegt wurde, wobei sich auch Prager Bürger in einer Weise betheiligt haben mögen, daß nachmals eine Familie von diesen Beziehungen den Namen „Weißwasser“ führen konnte, war auch schon neben dem Leipaer Burggrafen ein „Bürger“ von Leipa mit thätig.2) Die Anlage der Stadt „Leipa“ selbst muß also mindestens in den Beginn des 14. Jahrhunderts, wenn uicht noch ins 13. fallen und deshalb in jene Zeit der Ahn der „Weitmühl“ versetzt werden, welcher als Erster die Erbrichterei in Leipa erwarb. Indem die Söhne des Benesch für diesen ein Seelgeräth stifteten, schen wir sie alle zusammen in Besitze von drei Hufen im nahen Oberliebich, wo wir auch von Leitmeritz ausgezogene Junker bereits als Vasallen derselben Herrschaft antrafen. Wir dürfen aber vermuthen, daß jene 3 Hufen als Erbrichterlehen den Grundstock des Familieuver mögens unserer Weitmühle bildeten. Daraus, daß auch Peter von Slivno noch über dieses Gut mitverfügt, ist zu schließen, daß seine Beziehungen zu Slivno, die wohl uur die eines Vasallen waren, von jüngerer Art sein müssen. Die vorgenaunten Familienglieder lebten mit Ausnahme Johanns, wie es ihre Stellnngen mit sich brachten, außerhalb Leipas. In Leipa selbst finden wir um jene Zeit — oder wenig später — als ihre Ver- wandten: Frenzlin, Heinz und Jeklin von „Weytmuel“, von welchen der erste der damalige Erbrichter ist, während die beiden anderen als „Bürger“ bezeichnet werden.3) In einer anderen Urknude tritt noch ein Niczko (Nikolaus) als vierter Bruder hinzu. Indem auch die ersten drei einen besonderen Altar in der Pfarrkirche zu Leipa stiften, möchte man schließen, daß sie nicht auch die Söhne desselben Benesch, sondern vielleicht eines Bruders desselben waren, vielleicht des un 1370 schon verstorbenen „Hermann von Weytinmul“. Während nun der eine Zweig im Junkerdienst vorwärts strebt, wußte auch der bürgerliche seinen Landbesitz zu vermehren. Wir sehen ihn Zinse in den Dörfern Voits dorf und Kosla erwerben, sowie einen Theil des Dorfes Goezindorf. 1) 1. erect. I, 1363, 42. 2) Vergl. Socialgesch II 305. 3) 1. cf. 1371, 56; 1. erect. 1370, 88. 13*
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188 Der genaunte Heinz tritt uns als Schöffe und Bürgermeister von Leipa entgegen. Das Theologiestudium war in der emporstrebenden Fa- milie beliebt. Pfarrer Johann avancirte gleichfalls wie iener bekanntere Beneš zum Prager Domherrn und an seiner Statt wurde wieder ein anderer Weitmühl, Kuniko, ein Sohn des Peter von Slivno, Pfarrer in Leipa. Als Mitpatron eines Altars wird neben Heinz von Weitmühl ein Sattler Jaklin genaunt, als ob auch er in die Verwandtschaft gehörte. Dieser und Heinz zusammen präsentiren den Sohn des ersteren, auch Jakob genannt, als Altaristen für ihre Stiftung.1) Heinz und Kuniko sind zusammen die Stifter des Hochaltars in der K reuzkirche zu Leipa und verfügten über Landbesitz in Dorfe Zalus, dem heutigen Reichstadt.2) Kuniko besitzt überdies das Patronat im Dorfe Dobern bei Reichstadt.3) Sein Bruder Siegmund hat seinen Sitz in einem nicht näher bezeichneten Rostok — es gibt an sechs in Böhmen — und neunt sich einmal von Weitmül und daun wieder von Slywen; 1421 hat er seinen Sitz in Košatek im Bunzlauer Kreise.4) Welchem Zweige und ob überhaupt derselben Familie Junker Thobias von Weituül alias de Zyroticz und dessen Brudersohn, der Archidiakon Wlachuiko von Weitmühl, angehörten, wissen wir uicht.5) Von anderen Familien treten in Leipa nur noch die Bürger Hol- mayer und Pflug als solche hervor, die außerhalb der Stadt Besitz haben; jener ist zugleich mit den Lehensleuten Wlkan und Pešik von Kroh Patron dieses Dorfes;6) dieser — Nikolaus Pflug — verfügt mit seinen Söhnen Roman, Marcus und Mathias über mehrere Wirthschaften im Dorfe Lhotitz.7) — Die große Colonisationsthätigkeit der Bürger Kadens habe ich in der Socialgeschichte8) besprochen. Das Gut Atschau (Ohaczany) war uach dem Patronate zu schließen um die Mitte des 14. Jahrhunderts in dem Besitze der Kadner Bürger Gebrüder Nikolaus und Walter.9) Am Beginne des 15. Jahrhunderts waren ihuen Heimaun Ordoff 1) 1. cf. 1394, 180; 1402, 77. 2) erect. IV, 1396, 437. 3) 1. cf. 1412, 44. 4) 1. cf. 1410, 13, 14; 1415, 143; 1421, 1. 5) Základy — h 134 č. 185 e, — 1390. 6) 1. ef. 1368, 103; 1380, 132. 7) 1. erect. IV, 1396, 438. 8) II, 221. 9) 1. cf. 1356, 44.
188 Der genaunte Heinz tritt uns als Schöffe und Bürgermeister von Leipa entgegen. Das Theologiestudium war in der emporstrebenden Fa- milie beliebt. Pfarrer Johann avancirte gleichfalls wie iener bekanntere Beneš zum Prager Domherrn und an seiner Statt wurde wieder ein anderer Weitmühl, Kuniko, ein Sohn des Peter von Slivno, Pfarrer in Leipa. Als Mitpatron eines Altars wird neben Heinz von Weitmühl ein Sattler Jaklin genaunt, als ob auch er in die Verwandtschaft gehörte. Dieser und Heinz zusammen präsentiren den Sohn des ersteren, auch Jakob genannt, als Altaristen für ihre Stiftung.1) Heinz und Kuniko sind zusammen die Stifter des Hochaltars in der K reuzkirche zu Leipa und verfügten über Landbesitz in Dorfe Zalus, dem heutigen Reichstadt.2) Kuniko besitzt überdies das Patronat im Dorfe Dobern bei Reichstadt.3) Sein Bruder Siegmund hat seinen Sitz in einem nicht näher bezeichneten Rostok — es gibt an sechs in Böhmen — und neunt sich einmal von Weitmül und daun wieder von Slywen; 1421 hat er seinen Sitz in Košatek im Bunzlauer Kreise.4) Welchem Zweige und ob überhaupt derselben Familie Junker Thobias von Weituül alias de Zyroticz und dessen Brudersohn, der Archidiakon Wlachuiko von Weitmühl, angehörten, wissen wir uicht.5) Von anderen Familien treten in Leipa nur noch die Bürger Hol- mayer und Pflug als solche hervor, die außerhalb der Stadt Besitz haben; jener ist zugleich mit den Lehensleuten Wlkan und Pešik von Kroh Patron dieses Dorfes;6) dieser — Nikolaus Pflug — verfügt mit seinen Söhnen Roman, Marcus und Mathias über mehrere Wirthschaften im Dorfe Lhotitz.7) — Die große Colonisationsthätigkeit der Bürger Kadens habe ich in der Socialgeschichte8) besprochen. Das Gut Atschau (Ohaczany) war uach dem Patronate zu schließen um die Mitte des 14. Jahrhunderts in dem Besitze der Kadner Bürger Gebrüder Nikolaus und Walter.9) Am Beginne des 15. Jahrhunderts waren ihuen Heimaun Ordoff 1) 1. cf. 1394, 180; 1402, 77. 2) erect. IV, 1396, 437. 3) 1. cf. 1412, 44. 4) 1. cf. 1410, 13, 14; 1415, 143; 1421, 1. 5) Základy — h 134 č. 185 e, — 1390. 6) 1. ef. 1368, 103; 1380, 132. 7) 1. erect. IV, 1396, 438. 8) II, 221. 9) 1. cf. 1356, 44.
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189 — (oder Erdorf?), Johann Klughansel und Johann der Müller, eben- falls Bürger, im Besitze gefolgt.1) Derselbe Heymann erscheint 1409 als „famosus“ im Patronatsbesitze von Dehlau (Dolany).2) Ein vor 1414 gestorbener Bürger Heinrich Taut nannte sich von Schönburg, ein Konrad gen. Rampal von Slatina,3) ein Bürger Martin von Schöu- — hof, ein Nicolaus Rosengart von Czachwitz (Tschachwitz) 4). Bezüglich Elbogens sei uur an den typischen Fall jenes Helm- schmiedes Günther erinnert, der uns zeigt, wie leicht auch Personen aus einem bevorzugteren bürgerlichen Handwerkerstande durch Hofdienst und Hofgunst zu Großgrundbesitzern emporsteigen konnten. Sein von Ottokar II. gewürdigter Dienst hatte ihm nicht nur Grundbesitz in den Dörfern Oberbrand und Gerhardsdorf, sondern auch einen ganzen Urwald eingetragen, den er in Culturland zu verwandeln wußte.5) Mit solchem Besitze aber war im 13. und 14. Jahrhunderte noch die volle Möglichkeit zum Eintritte in den heimischen Adelsstand gegeben. Wir werden nachmals an diesen Helmschmied durch einen „Harnischmeister“ erinnert werden. Ein Frenzlin von Elbogen wurde als famosus bezeichnet, der mit seinem Sohne Peter seinen Sitz in Neudeck hatte und Kirchen- patron von Unter-Chodau war.6) Ein Goldschmied Clemens stand in demselben Verhältuisse zu Dotterwies,7) indes ein Schlaggen- walder Bürger Johann Nengrüner — der Name kam auch in Leitmeriz vor — Patron in Berglas war.s) — In Brüx besaß in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Familie der Polko — Heinlin, Petermann, Martin — das Patronat von Tschausch.9) Von Heinlin übernahm sein Sohn Prokop den Besitz.10) Einer anderen Familie gehörte ZIadnig.11) Der Duxer Bürger Peslin gen. Senczel war zusammen mit Slavko von Riesenburg Collator des Dorfes Zabrušan.12) Auch die 1) l. cf. 1401, 57; 1404, 134; 1411, 33. 2) 1. cf. 1409, 277; 1413, 78. 3) 1. cf. 1414, 136 f. 4) 1. erect. I, 1368, 69; 1. cf. 1428, 147. 5) Emler R. II, c 1290, 1027. 6) l. ef. 1405, 150. 7) 1. ef. 1412, 43. 8) 1. cf. 1413, 96. 9) I. cf. 1364, 36; 1363, 24. 10) 1. cf. 1386, 183; 1407, 234. 11) 1. ef. 1365, 70, 1406, 180. 12) 1. cf. IV., 1374, 19.
189 — (oder Erdorf?), Johann Klughansel und Johann der Müller, eben- falls Bürger, im Besitze gefolgt.1) Derselbe Heymann erscheint 1409 als „famosus“ im Patronatsbesitze von Dehlau (Dolany).2) Ein vor 1414 gestorbener Bürger Heinrich Taut nannte sich von Schönburg, ein Konrad gen. Rampal von Slatina,3) ein Bürger Martin von Schöu- — hof, ein Nicolaus Rosengart von Czachwitz (Tschachwitz) 4). Bezüglich Elbogens sei uur an den typischen Fall jenes Helm- schmiedes Günther erinnert, der uns zeigt, wie leicht auch Personen aus einem bevorzugteren bürgerlichen Handwerkerstande durch Hofdienst und Hofgunst zu Großgrundbesitzern emporsteigen konnten. Sein von Ottokar II. gewürdigter Dienst hatte ihm nicht nur Grundbesitz in den Dörfern Oberbrand und Gerhardsdorf, sondern auch einen ganzen Urwald eingetragen, den er in Culturland zu verwandeln wußte.5) Mit solchem Besitze aber war im 13. und 14. Jahrhunderte noch die volle Möglichkeit zum Eintritte in den heimischen Adelsstand gegeben. Wir werden nachmals an diesen Helmschmied durch einen „Harnischmeister“ erinnert werden. Ein Frenzlin von Elbogen wurde als famosus bezeichnet, der mit seinem Sohne Peter seinen Sitz in Neudeck hatte und Kirchen- patron von Unter-Chodau war.6) Ein Goldschmied Clemens stand in demselben Verhältuisse zu Dotterwies,7) indes ein Schlaggen- walder Bürger Johann Nengrüner — der Name kam auch in Leitmeriz vor — Patron in Berglas war.s) — In Brüx besaß in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Familie der Polko — Heinlin, Petermann, Martin — das Patronat von Tschausch.9) Von Heinlin übernahm sein Sohn Prokop den Besitz.10) Einer anderen Familie gehörte ZIadnig.11) Der Duxer Bürger Peslin gen. Senczel war zusammen mit Slavko von Riesenburg Collator des Dorfes Zabrušan.12) Auch die 1) l. cf. 1401, 57; 1404, 134; 1411, 33. 2) 1. cf. 1409, 277; 1413, 78. 3) 1. cf. 1414, 136 f. 4) 1. erect. I, 1368, 69; 1. cf. 1428, 147. 5) Emler R. II, c 1290, 1027. 6) l. ef. 1405, 150. 7) 1. ef. 1412, 43. 8) 1. cf. 1413, 96. 9) I. cf. 1364, 36; 1363, 24. 10) 1. cf. 1386, 183; 1407, 234. 11) 1. ef. 1365, 70, 1406, 180. 12) 1. cf. IV., 1374, 19.
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190 — Bürger von Rakonitz besaßen Landgüter in verschiedenen Dörfern. Eins Nicolaus, Sohn des Leo, hatte seinen Wohusitz in Miltschowes;1) ein Bürger Jaxin war Patron in Wetzlau.2) Jhm folgte Knušo gen. Tillmann im Besitze.3) Ein anderer Bürger, Prokop, übte die Collatur und hatte seinen Wohnsitz in Jentsch4), Barta und Gebhard waren Patrone von Strana, Peter gen. Luczka, Patron von Skřiwan und wohnte daselbst.5) — In der Stadt Mies theilten die Bürger Zazyma, gen. Zogel, Frizko und Hertlin das Patrouat in Doubrawas) und eine Anzahl Bürger besaßen Höfe daselbst.7) Die Namen dieser Bürger weisen allerdings auch auf Neumarkt (Útery). Frenzlin Staufer war Patron in Eisenhüttel (Záchlumy, Pop. 404); er und sein Sohn standen im Wirthschaftsdienste der Probstei Chotěschau.s) Auch Klattau hatte landbegüterte Bürger. Die sich von Předslaw naunten, waren mit denen von Mečkow und von Luzan Patrone von Předslaw.*) Zwischen Pisek und Kuttenberg bestanden gewisse, nicht näher auf- geklärte Beziehungen. Ein Piseker Bürger Heinrich besaß Ende des 13. Jahrhunderts das Recht einer Münzstätte in Pisek, und damit hängt es wohl zusammen, daß wir in Kuttenberg wiederholt angesehene Bürger als „von Pisek“ benanut finden. Einen derselben, Nicolaus von Pisek, lernten wir als Patron von Suchdol kennen.10) In Pisek wie in Pilsen fünden wir wiederholt die Erbrichterei in Händen von Prager Bürgern, die sie wahrscheinlich käuflich erworben hatten. Die letztgenannte besaß um 1327 der Kuttenberger Bürger Tyrmann Leinwater. Die kleine Feste Lochotin bildete die Ausstattung. Die Namen der Dörfer Račitz, Dobyne, Tuschkau, Pomuk, Jechnitz, Kralowitz dienten als Beinamen von Pilsner Bürgern auf Besitzbeziehungen hindeutend. Ein Bürger Laurenz war Kirchenpatron im Dorfe Lukawitz.11) Ein Erbrichter Heinrich zugleich mit der Witwe eines verstorbenen Pavianek Patron von 1) Tingel, Acta judic. 71. 2) 1. cf. IV, 1380, 144. 3) 1. cf. 1389, 210; 1390, 220. 4) 1. cf. 1395, 208. 5) 1. cf. 1406, 214; 1422, 24. 6) 1. cf. 1367, 95. 7) 1. ef. 1418, 270. 8) 1. cf. 1407, 199. 9) 1. cf. 1370, 32. 10) 1. cf. 1417, 226. 11) 1. cf. 1389, 212.
190 — Bürger von Rakonitz besaßen Landgüter in verschiedenen Dörfern. Eins Nicolaus, Sohn des Leo, hatte seinen Wohusitz in Miltschowes;1) ein Bürger Jaxin war Patron in Wetzlau.2) Jhm folgte Knušo gen. Tillmann im Besitze.3) Ein anderer Bürger, Prokop, übte die Collatur und hatte seinen Wohnsitz in Jentsch4), Barta und Gebhard waren Patrone von Strana, Peter gen. Luczka, Patron von Skřiwan und wohnte daselbst.5) — In der Stadt Mies theilten die Bürger Zazyma, gen. Zogel, Frizko und Hertlin das Patrouat in Doubrawas) und eine Anzahl Bürger besaßen Höfe daselbst.7) Die Namen dieser Bürger weisen allerdings auch auf Neumarkt (Útery). Frenzlin Staufer war Patron in Eisenhüttel (Záchlumy, Pop. 404); er und sein Sohn standen im Wirthschaftsdienste der Probstei Chotěschau.s) Auch Klattau hatte landbegüterte Bürger. Die sich von Předslaw naunten, waren mit denen von Mečkow und von Luzan Patrone von Předslaw.*) Zwischen Pisek und Kuttenberg bestanden gewisse, nicht näher auf- geklärte Beziehungen. Ein Piseker Bürger Heinrich besaß Ende des 13. Jahrhunderts das Recht einer Münzstätte in Pisek, und damit hängt es wohl zusammen, daß wir in Kuttenberg wiederholt angesehene Bürger als „von Pisek“ benanut finden. Einen derselben, Nicolaus von Pisek, lernten wir als Patron von Suchdol kennen.10) In Pisek wie in Pilsen fünden wir wiederholt die Erbrichterei in Händen von Prager Bürgern, die sie wahrscheinlich käuflich erworben hatten. Die letztgenannte besaß um 1327 der Kuttenberger Bürger Tyrmann Leinwater. Die kleine Feste Lochotin bildete die Ausstattung. Die Namen der Dörfer Račitz, Dobyne, Tuschkau, Pomuk, Jechnitz, Kralowitz dienten als Beinamen von Pilsner Bürgern auf Besitzbeziehungen hindeutend. Ein Bürger Laurenz war Kirchenpatron im Dorfe Lukawitz.11) Ein Erbrichter Heinrich zugleich mit der Witwe eines verstorbenen Pavianek Patron von 1) Tingel, Acta judic. 71. 2) 1. cf. IV, 1380, 144. 3) 1. cf. 1389, 210; 1390, 220. 4) 1. cf. 1395, 208. 5) 1. cf. 1406, 214; 1422, 24. 6) 1. cf. 1367, 95. 7) 1. ef. 1418, 270. 8) 1. cf. 1407, 199. 9) 1. cf. 1370, 32. 10) 1. cf. 1417, 226. 11) 1. cf. 1389, 212.
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191 — Chwalenitz.1) Von dem Richter Racko ging das Patronat in Wscherau 1406 an einen Theodorich von Guttenstein über, der selbst als Bürger von Pilsen anzusprechen sein dürfte.2) Um die Stadt Tachau herum sehen wir bürgerlichen Besitz in größerem und kleinerem Umfange in den Dörfern Gumplitz, Stieberskirch (Stiebenreuth), Pernharz und Ullischreich.3) Ein Philipp von Tachan war Patron in Melmitz.4) Die Familie des Bürgers Jenischek in Schüttenhofen besaß einen Antheil des Dorfes Kruschitz oder — „in vulgari theutonico“ — Körnsalz.5) — Von dieser Stelle aus dürfte sich eine Rückschau über das Darge- stellte empfehlen. Wenn wir als mehr oder weniger paradigmatisch für ganz Böhmen, soweit es von Bürgercolonien königlicher Städte durchsetzt war, die Gebiete von Prag und Leitmeritz im Auge behalten, so erkennen wir recht deutlich die Wege des Emporsteigens bürgerlicher — und das bedeutet für das 13. und den größeren Theil des 14. Jahr- hunderts ausnahmslos deutscher — Elemente in die Schichten des heimischen Ritters oder Wladykenstandes und des höheren Adels. Durch eine für weitere Schlüsse genügend große Zahl von beurkundeten Fällen haben wir den Eintritt von Bürgersöhnen in junkerliche Wirthschafts- dienste, mit denen nach der Sitte der Zeit ritterlicher Schutz= und Geleits- dienst verbunden war, nachgewiesen, abgesehen von den zahllosen Fällen des Erwerbs von Wladykengütern durch Bürger. Aber uur in verein zelten Fällen erschienen uns heimische Adelige — die Landsteine, Michels berger — als Dienstgeber. Auch sie auerkennen indeß durch diese Art Dienstverhältniß den persönlich freien Stand der Bürgerlichen von damals: der junkerliche Dienst mit seiner Ausschließung „knechtischer“ Arbeit begründet das älteste Dienstverhältniß zwischen Freien. Weit häufiger hingegen trafen wir den bürgerlichen Junker im Dienste seiner bürgerlichen Verwandten und geistlicher Herrschaften. Zwischen in junkerlichem Dienstverhältnisse stehenden Freien und selbständigen Land- herren machte das böhmische Ständerecht keinen Unterschied: sie alle zu- sammen fanden sich nach dem Sprachgebranche in ein und demselben Stande, in dem der „Ritter“ oder Wladyken eingeschlossen. Nure eine besondere Auslese bildete den prädominirenden Stand der Baron 1) 1. cf. 1395, 214. 2) 1. erect. V, 1406, 697. 3) 1. erect. I. 1375, 111. 4) 1. cf. 1416, 206. 5) 1. erect. IV, 1353, 264 f.
191 — Chwalenitz.1) Von dem Richter Racko ging das Patronat in Wscherau 1406 an einen Theodorich von Guttenstein über, der selbst als Bürger von Pilsen anzusprechen sein dürfte.2) Um die Stadt Tachau herum sehen wir bürgerlichen Besitz in größerem und kleinerem Umfange in den Dörfern Gumplitz, Stieberskirch (Stiebenreuth), Pernharz und Ullischreich.3) Ein Philipp von Tachan war Patron in Melmitz.4) Die Familie des Bürgers Jenischek in Schüttenhofen besaß einen Antheil des Dorfes Kruschitz oder — „in vulgari theutonico“ — Körnsalz.5) — Von dieser Stelle aus dürfte sich eine Rückschau über das Darge- stellte empfehlen. Wenn wir als mehr oder weniger paradigmatisch für ganz Böhmen, soweit es von Bürgercolonien königlicher Städte durchsetzt war, die Gebiete von Prag und Leitmeritz im Auge behalten, so erkennen wir recht deutlich die Wege des Emporsteigens bürgerlicher — und das bedeutet für das 13. und den größeren Theil des 14. Jahr- hunderts ausnahmslos deutscher — Elemente in die Schichten des heimischen Ritters oder Wladykenstandes und des höheren Adels. Durch eine für weitere Schlüsse genügend große Zahl von beurkundeten Fällen haben wir den Eintritt von Bürgersöhnen in junkerliche Wirthschafts- dienste, mit denen nach der Sitte der Zeit ritterlicher Schutz= und Geleits- dienst verbunden war, nachgewiesen, abgesehen von den zahllosen Fällen des Erwerbs von Wladykengütern durch Bürger. Aber uur in verein zelten Fällen erschienen uns heimische Adelige — die Landsteine, Michels berger — als Dienstgeber. Auch sie auerkennen indeß durch diese Art Dienstverhältniß den persönlich freien Stand der Bürgerlichen von damals: der junkerliche Dienst mit seiner Ausschließung „knechtischer“ Arbeit begründet das älteste Dienstverhältniß zwischen Freien. Weit häufiger hingegen trafen wir den bürgerlichen Junker im Dienste seiner bürgerlichen Verwandten und geistlicher Herrschaften. Zwischen in junkerlichem Dienstverhältnisse stehenden Freien und selbständigen Land- herren machte das böhmische Ständerecht keinen Unterschied: sie alle zu- sammen fanden sich nach dem Sprachgebranche in ein und demselben Stande, in dem der „Ritter“ oder Wladyken eingeschlossen. Nure eine besondere Auslese bildete den prädominirenden Stand der Baron 1) 1. cf. 1395, 214. 2) 1. erect. V, 1406, 697. 3) 1. erect. I. 1375, 111. 4) 1. cf. 1416, 206. 5) 1. erect. IV, 1353, 264 f.
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192 — oder „Herren“ im engsten Sinne. Wie der Mann von anerkaunt alt- adeliger Geburt ohne seinem Adel zu vergeben in ritterliche Dienste treten kounte, so wurde auch wieder der Junker lediglich durch Umgestaltung änßerer Verhältnisse zum selbständigen Edelmanne, und das galt uachweislich bis ins 14. Jahrhundert in gleicher Weise vom freibürger- lichen Stande. Wie sich in der That viele freie Bürgerfamilien bloß durch Erwerbung von freiem Landbesitz, andere wieder durch solche und durch Hofdienst zugleich in diesen Adelstand erhoben, konnten wir mehrfach nachweisen. Die gesellschaftliche Stellung des Dienstjunkers — cliens — aber hatte schon an und für sich eine Hebung erfahren, seit vom 13. Jahr hunderte an die Formen des deutschen Lehenswesens immer mehr Ver- breitung fanden. Daß dazu wieder das einwandernde Bürgerelement das Seinige beitragen kounte, ist selbstredend. Wesentlich war bei dieser Uebertragung die Erblichkeit des Dienstes und des zu seiner Ent- lohnung bestimmten Besitzes. War dieser landesfürstlich, so zeigte er frühzeitig die Neigung — im Gnadeuwege und mit Ausnützung günstiger Gelegenheiten — in Allodialbesitz umgewandelt zu werden. Ein anderer Weg zu solcher Umgestaltung führte durch den Lehensbesitz der Geistlichkeit. Wenn sich das Kirchenregiment in Böhmen bemüßigt sah, die Stifte davon abzuhalten, vermögende Adelige und große Herren in Lehensdieuste oder Pachtverhältnisse aufzunehmen, so müssen wohl schlimme Erfahrungen vorangegaugen sein. All diese Vorsicht aber warf die Husitenzeit als die erste große Reaction gegen das Uebermaß der Jenseitssorge über den Haufen. Ob der bisherige Dienstadel husitisch wurde oder katholisch verblieb: das Endresultat wurde seine ungeheure Bereicherung durch einen wie immer geformten Act der Säcularisirung der Kirchengüter. Damals erst entstand in weiterem Umfange zum Theil aus vormaligen Junkern ein Latifundienadel. Auch an diesem Umschwunge sehen wir das Bürger- thum betheiligt, und mehr, als uns die Quellen sagen, läßt sich aus dem Zusammenhange der Dinge erschließen. Das Husitenthum hat den dentschen Staum und Bestand des Bürgerthums — wir wissen, warum es zu Krone und Kirche stand — aus den Städten Böhmens verdrängt; nicht überall im Wege von Katastrophen, nicht alles deutsche Blut hat damals der Erdboden getrunken: sehr viel davon rollte weiter in den Adern eines Standes, dem die Sturmbewegung ungewollt eben so viel Nutzen brachte, wie sie dem bürgerlichen zu tiefem Falle gereichte. Wir fanden in Prag Patrizier- häuser von denen verlassen, die sie gebant; aber Letzterer Stimme ver-
192 — oder „Herren“ im engsten Sinne. Wie der Mann von anerkaunt alt- adeliger Geburt ohne seinem Adel zu vergeben in ritterliche Dienste treten kounte, so wurde auch wieder der Junker lediglich durch Umgestaltung änßerer Verhältnisse zum selbständigen Edelmanne, und das galt uachweislich bis ins 14. Jahrhundert in gleicher Weise vom freibürger- lichen Stande. Wie sich in der That viele freie Bürgerfamilien bloß durch Erwerbung von freiem Landbesitz, andere wieder durch solche und durch Hofdienst zugleich in diesen Adelstand erhoben, konnten wir mehrfach nachweisen. Die gesellschaftliche Stellung des Dienstjunkers — cliens — aber hatte schon an und für sich eine Hebung erfahren, seit vom 13. Jahr hunderte an die Formen des deutschen Lehenswesens immer mehr Ver- breitung fanden. Daß dazu wieder das einwandernde Bürgerelement das Seinige beitragen kounte, ist selbstredend. Wesentlich war bei dieser Uebertragung die Erblichkeit des Dienstes und des zu seiner Ent- lohnung bestimmten Besitzes. War dieser landesfürstlich, so zeigte er frühzeitig die Neigung — im Gnadeuwege und mit Ausnützung günstiger Gelegenheiten — in Allodialbesitz umgewandelt zu werden. Ein anderer Weg zu solcher Umgestaltung führte durch den Lehensbesitz der Geistlichkeit. Wenn sich das Kirchenregiment in Böhmen bemüßigt sah, die Stifte davon abzuhalten, vermögende Adelige und große Herren in Lehensdieuste oder Pachtverhältnisse aufzunehmen, so müssen wohl schlimme Erfahrungen vorangegaugen sein. All diese Vorsicht aber warf die Husitenzeit als die erste große Reaction gegen das Uebermaß der Jenseitssorge über den Haufen. Ob der bisherige Dienstadel husitisch wurde oder katholisch verblieb: das Endresultat wurde seine ungeheure Bereicherung durch einen wie immer geformten Act der Säcularisirung der Kirchengüter. Damals erst entstand in weiterem Umfange zum Theil aus vormaligen Junkern ein Latifundienadel. Auch an diesem Umschwunge sehen wir das Bürger- thum betheiligt, und mehr, als uns die Quellen sagen, läßt sich aus dem Zusammenhange der Dinge erschließen. Das Husitenthum hat den dentschen Staum und Bestand des Bürgerthums — wir wissen, warum es zu Krone und Kirche stand — aus den Städten Böhmens verdrängt; nicht überall im Wege von Katastrophen, nicht alles deutsche Blut hat damals der Erdboden getrunken: sehr viel davon rollte weiter in den Adern eines Standes, dem die Sturmbewegung ungewollt eben so viel Nutzen brachte, wie sie dem bürgerlichen zu tiefem Falle gereichte. Wir fanden in Prag Patrizier- häuser von denen verlassen, die sie gebant; aber Letzterer Stimme ver-
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193 — nahmen wir vereinzelt mitten in den Kriegsläuften von Landgütern und Ritterfesten aus. Sie, die Stadtverbannten, hielten auch zu ihrer Farbe; aber sie sahen das Symbol ihrer Interessengemeinschaft einzig in dem Schibboleth des Glaubens. Solcher Sitze wiesen wir im weiten Um- kreise um Prag und in beschränkterem um alle königlichen Städte uach; so mußten auch viele in gleicher Weise Herbergen einstiger Bürgerfamilien geworden sein. Welcher Verzweigung und Verbreitung solche Geschlechter in der Zeit der durch sie angeregten und eingeleiteten agrarischen Umgestaltung im Lande auch vor dem schon fähig waren, lehrten uns die aus Leit- meritz, der ersten und ältesten Station norddeutscher Beeinflussung, ent stammenden, von denen wir wissen, daß sie auch in nachhusitischer Zeit nicht uur fortlebten, sondern in neuer Bereicherung aufblühten. Ueber das gauze böhmische Mittelgebirgsland von Teplitz bis über Leipa hinans erstreckte sich das Verbreitungsgebiet dieser Geschlechter. Dabei ist indeß uicht anzunehmen, daß alle diese dem Ursprunge nach deutschen Familien in ihrer Verbreitung über das Land — sowett ihnen nicht etwa deutsche Bauerncolonisten nachfolgten — ein Ferment der Germanisation hätten abgeben müssen. Der Verkehr mit ihxen slawischen Unterthanen und das Connubium mit ihren heimischen Standes- genossen mag sie vielmehr vielfach auf die andere Seite gezogen haben, zumal nach den Husitenkriegen, da mehrfach eine Art tschechischer Recoloni- sation verödeter dentscher Colonien stattfand. Der Erfolg dieser Bewe- gung ließe sich zum Theil durch das Verhältniß der jüngeren Sprach¬ grenzen zu dem vormaligen Bestande deutscher Colonisation verauschau- lichen; was sich aber weder bestimmen, noch veranschaulichen läßt, das ist der bislang übersehene oder doch sehr unterschätzte Betrag des deutsch- bürgerlichen Einschlages im Bestande des sogenannten Uradels im Lande. Sprachgrenzen sind greifbar und darstellbar; aber für Rassen- grenzen bei naheverwandten Völkertypen gibt es keine Markirungsart. Nur so viel läßt sich nach Obigem sagen: lange bevor der dreißigiährige Krieg und die Gegenreformation die große Völkermischung im böhmischen Adel hervorbrachten, konnte der Begriff ethnographischer Einheit und Reinheit am böhmischen Adel uicht erläuiert werden. Es ist vielmehr gewißlich falsch, den böhmischen „Uradel“ in Bausch und Bogen für einen tschechischen zu halten. Der socialistische und nationalistische Zug in der Husitenbewegung hatte wie so oft das Gegentheil des Wunsches zur Folge. „Deutsche und heidnische Rechte“ sollten einem göttlichen weichen: und das tschechische Volk recipirte in hundert Niederlassungen das „deutsche Stadtrecht“. Der
193 — nahmen wir vereinzelt mitten in den Kriegsläuften von Landgütern und Ritterfesten aus. Sie, die Stadtverbannten, hielten auch zu ihrer Farbe; aber sie sahen das Symbol ihrer Interessengemeinschaft einzig in dem Schibboleth des Glaubens. Solcher Sitze wiesen wir im weiten Um- kreise um Prag und in beschränkterem um alle königlichen Städte uach; so mußten auch viele in gleicher Weise Herbergen einstiger Bürgerfamilien geworden sein. Welcher Verzweigung und Verbreitung solche Geschlechter in der Zeit der durch sie angeregten und eingeleiteten agrarischen Umgestaltung im Lande auch vor dem schon fähig waren, lehrten uns die aus Leit- meritz, der ersten und ältesten Station norddeutscher Beeinflussung, ent stammenden, von denen wir wissen, daß sie auch in nachhusitischer Zeit nicht uur fortlebten, sondern in neuer Bereicherung aufblühten. Ueber das gauze böhmische Mittelgebirgsland von Teplitz bis über Leipa hinans erstreckte sich das Verbreitungsgebiet dieser Geschlechter. Dabei ist indeß uicht anzunehmen, daß alle diese dem Ursprunge nach deutschen Familien in ihrer Verbreitung über das Land — sowett ihnen nicht etwa deutsche Bauerncolonisten nachfolgten — ein Ferment der Germanisation hätten abgeben müssen. Der Verkehr mit ihxen slawischen Unterthanen und das Connubium mit ihren heimischen Standes- genossen mag sie vielmehr vielfach auf die andere Seite gezogen haben, zumal nach den Husitenkriegen, da mehrfach eine Art tschechischer Recoloni- sation verödeter dentscher Colonien stattfand. Der Erfolg dieser Bewe- gung ließe sich zum Theil durch das Verhältniß der jüngeren Sprach¬ grenzen zu dem vormaligen Bestande deutscher Colonisation verauschau- lichen; was sich aber weder bestimmen, noch veranschaulichen läßt, das ist der bislang übersehene oder doch sehr unterschätzte Betrag des deutsch- bürgerlichen Einschlages im Bestande des sogenannten Uradels im Lande. Sprachgrenzen sind greifbar und darstellbar; aber für Rassen- grenzen bei naheverwandten Völkertypen gibt es keine Markirungsart. Nur so viel läßt sich nach Obigem sagen: lange bevor der dreißigiährige Krieg und die Gegenreformation die große Völkermischung im böhmischen Adel hervorbrachten, konnte der Begriff ethnographischer Einheit und Reinheit am böhmischen Adel uicht erläuiert werden. Es ist vielmehr gewißlich falsch, den böhmischen „Uradel“ in Bausch und Bogen für einen tschechischen zu halten. Der socialistische und nationalistische Zug in der Husitenbewegung hatte wie so oft das Gegentheil des Wunsches zur Folge. „Deutsche und heidnische Rechte“ sollten einem göttlichen weichen: und das tschechische Volk recipirte in hundert Niederlassungen das „deutsche Stadtrecht“. Der
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194 Druck sollte von den Armen genommen, die Tyrannei der Herrschaften zerschlagen werden: und das Ergebniß war eine früher ungeahnte Ver- stärkung der Herrschaftsmacht durch die Bereicherung des Adels durch das anfgestapelte und conglomerirte Kirchengut. Am wenigsten aber erreichte die Bewegung die Reinigung des Tschechenbluts in dem fortan allein maßgebenden Stande. Obwohl uns für unseren Zweck nur ein sehr beschränktes und nach seiner Art nothwendig höchst lückenhaftes Quellenmaterial zu Gebote stand, haben wir doch an recht zahlreichen Fällen deutlich erkennen können, wie das ursprünglich fremde Element des Bürgerthums nicht nur als ein neues dem heimischen Volkskörper sich zugesellte, sondern denselben auch so durchdrang und durchsetzte, daß ein Theil von ihm in der oberen Schichte dieses Volkskörpers aufging. Wir haben aber an der Hand unserer Quellenart fast immer nur den Moment des Ein- trittes, nicht aber den weiteren Verlauf des Fortschrittes verfolgen können, obwohl sich an dem Beispiele der Weitmühle hätte zeigen lassen, daß auch die Grenze des sog. „Herrenstandes“ dem ursprünglich bürgerlichen Elemente nicht unüberschreitbar war. Der Verlauf der Zeit, die Auf- einanderfolge von Generationen glichen Alles aus — auch Sprache und Gesinnung. Wir fügen nun noch einen Fall hinzu, in dem der Anfang des Quellenlichtes zum Theil entbehrt, der Erfolg aber klargestellt ist. Er betrifft die beiden Brüder Heinrich und Peter, die bis dahin namen- los als Erbaner der Burgen Kameik und Schrekenstein im unteren Elbegebiete sich einen Namen machten. Fest steht die Thatsache, daß beide um das Jahr 1318 im Sinne und Dienste König Johanns an ihr Werk gingen. Die Erbaunng der beiden Burgen scheint einem ganzen Systeme angehört zu haben, durch welches König Johann nach den Er- fabrungen der ersten sechs Jahre seiner Regierung den königlichen Besitz zu sichern plante, indem er feste Punkte schaffen ließ und diese unter deutscher Lehenspflicht in getreue Hände gab.1) Der mäßig hoch gelegene Felsenkegel von Kameik durch den Wartthurm aufwärts ergänzt herrscht bis gegen Melnik hin und der Schreckenstein bewacht den Zugang zu den königlichen Gütern an der unteren Elbe, die in den Händen derer lagen, die im Jahre 1316 in offener Empörung gegen den König Krieg geführt haben. 1) In unserer Gegend dürften auch die Hasenburg und Kostial diesem Zusteme angehört haben.
194 Druck sollte von den Armen genommen, die Tyrannei der Herrschaften zerschlagen werden: und das Ergebniß war eine früher ungeahnte Ver- stärkung der Herrschaftsmacht durch die Bereicherung des Adels durch das anfgestapelte und conglomerirte Kirchengut. Am wenigsten aber erreichte die Bewegung die Reinigung des Tschechenbluts in dem fortan allein maßgebenden Stande. Obwohl uns für unseren Zweck nur ein sehr beschränktes und nach seiner Art nothwendig höchst lückenhaftes Quellenmaterial zu Gebote stand, haben wir doch an recht zahlreichen Fällen deutlich erkennen können, wie das ursprünglich fremde Element des Bürgerthums nicht nur als ein neues dem heimischen Volkskörper sich zugesellte, sondern denselben auch so durchdrang und durchsetzte, daß ein Theil von ihm in der oberen Schichte dieses Volkskörpers aufging. Wir haben aber an der Hand unserer Quellenart fast immer nur den Moment des Ein- trittes, nicht aber den weiteren Verlauf des Fortschrittes verfolgen können, obwohl sich an dem Beispiele der Weitmühle hätte zeigen lassen, daß auch die Grenze des sog. „Herrenstandes“ dem ursprünglich bürgerlichen Elemente nicht unüberschreitbar war. Der Verlauf der Zeit, die Auf- einanderfolge von Generationen glichen Alles aus — auch Sprache und Gesinnung. Wir fügen nun noch einen Fall hinzu, in dem der Anfang des Quellenlichtes zum Theil entbehrt, der Erfolg aber klargestellt ist. Er betrifft die beiden Brüder Heinrich und Peter, die bis dahin namen- los als Erbaner der Burgen Kameik und Schrekenstein im unteren Elbegebiete sich einen Namen machten. Fest steht die Thatsache, daß beide um das Jahr 1318 im Sinne und Dienste König Johanns an ihr Werk gingen. Die Erbaunng der beiden Burgen scheint einem ganzen Systeme angehört zu haben, durch welches König Johann nach den Er- fabrungen der ersten sechs Jahre seiner Regierung den königlichen Besitz zu sichern plante, indem er feste Punkte schaffen ließ und diese unter deutscher Lehenspflicht in getreue Hände gab.1) Der mäßig hoch gelegene Felsenkegel von Kameik durch den Wartthurm aufwärts ergänzt herrscht bis gegen Melnik hin und der Schreckenstein bewacht den Zugang zu den königlichen Gütern an der unteren Elbe, die in den Händen derer lagen, die im Jahre 1316 in offener Empörung gegen den König Krieg geführt haben. 1) In unserer Gegend dürften auch die Hasenburg und Kostial diesem Zusteme angehört haben.
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195 — Diese Rücksicht und der Umstand, daß der Erbauer einer solchen Schutzburg in der Lage sein mußte, ein Vermögen daran zu setzen, dessen Zinsertrag er als Vasall zu genießen hoffen durfte, mußten die Blicke des Königs allerdings vor allem auf den Bürgerstand lenken, in dem er die durch Interessengemeinschaft gesicherte trene Gesinnung und den Werth des Capitals schätzen gelernt hatte. So weit vermögen wir A. Tscherney1) und seinem ebenso eigen- artigen wie schätzenswerthen Buche zu folgen, wenn er die genannten Brüder Heinrich und Peter (Pešek) für reiche Bürger hält. Auch die völlig prädicatlose Beurkundung ihrer Namen spricht dafür. Ob sie aber, wie er weiter vermuthet, gerade dem Prager Hause derer „vom Steine“ — de Lapide — angehörten, das erscheint uns — an sich nicht unmöglich — doch nicht zweifellos. Allerdings gehörte diese Familie zu den Königstreuen, und Einer dieses Hauses war mit jener denkwürdigen Gesandtschaft zu Kaiser Heinrich an den Rhein gezogen, um dessen Sohn als König für Böhmen zu erbitten. In unseren Quellen findet aber die Annahme keine directe Unterstützung, und wenn man schon in den ver- schiedensten Richtungen gerade unseren Pešek gesucht hat, so ist er gerade im Hause vom Steine auch nicht gut genug bezeugt. Wir lernen zu Beginn des Jahrhunderts die Brüder Eberlin, Konrad und Heinrich als Haus- besitzer in Prag und später einen Wolflin vom Steine als Besitzer jenes Hauses kennen, das nachmals zum Rathhause der Altstadt wurde. Dem Befehle eines Heinrich vom Stein waren in dem turbulenten Jahre 1310 die Brücken von Prag anvertraut, aber von dessen Bruder Peter finden wir in dieser Zeit keine Erwähnung.2) Wenn wir nicht irren, wurde P.Tscherney, der über eine gute Quellenkenntniß verfügt, zu seiner Annahme durch den Umstand geleitet, daß er in dem Namen Kamýk und Kamnik eine Uebersetzung des Familiennamens de Lapide zu sehen glaubte. Aber der Name kamýk — Stein oder Felsenberg — dürfte schon früher an der Oertlichkeit gehaftet haben, gerade so wie nicht weit davon ein ähnlicher Basaltkegel heute noch den Flurnamen Kameitschken — kamýček — der kleine Felsenberg führt. Um so wahrscheinlicher ist es dagegen, daß das Wappen der Nachkommen Heinrichs erst auf einer falschen Uebersetzung des Burgnamens beruht, indem das aufrechte „Einhorn“ an einen Steinbock oder Aehnliches erinnern dürfte. 1) Dessen Schwaden a. d. Elbe geographisch und geschichtlich. Aussig, Grohmann. 1894. 2) Základy und Emler R. II und III, Register.
195 — Diese Rücksicht und der Umstand, daß der Erbauer einer solchen Schutzburg in der Lage sein mußte, ein Vermögen daran zu setzen, dessen Zinsertrag er als Vasall zu genießen hoffen durfte, mußten die Blicke des Königs allerdings vor allem auf den Bürgerstand lenken, in dem er die durch Interessengemeinschaft gesicherte trene Gesinnung und den Werth des Capitals schätzen gelernt hatte. So weit vermögen wir A. Tscherney1) und seinem ebenso eigen- artigen wie schätzenswerthen Buche zu folgen, wenn er die genannten Brüder Heinrich und Peter (Pešek) für reiche Bürger hält. Auch die völlig prädicatlose Beurkundung ihrer Namen spricht dafür. Ob sie aber, wie er weiter vermuthet, gerade dem Prager Hause derer „vom Steine“ — de Lapide — angehörten, das erscheint uns — an sich nicht unmöglich — doch nicht zweifellos. Allerdings gehörte diese Familie zu den Königstreuen, und Einer dieses Hauses war mit jener denkwürdigen Gesandtschaft zu Kaiser Heinrich an den Rhein gezogen, um dessen Sohn als König für Böhmen zu erbitten. In unseren Quellen findet aber die Annahme keine directe Unterstützung, und wenn man schon in den ver- schiedensten Richtungen gerade unseren Pešek gesucht hat, so ist er gerade im Hause vom Steine auch nicht gut genug bezeugt. Wir lernen zu Beginn des Jahrhunderts die Brüder Eberlin, Konrad und Heinrich als Haus- besitzer in Prag und später einen Wolflin vom Steine als Besitzer jenes Hauses kennen, das nachmals zum Rathhause der Altstadt wurde. Dem Befehle eines Heinrich vom Stein waren in dem turbulenten Jahre 1310 die Brücken von Prag anvertraut, aber von dessen Bruder Peter finden wir in dieser Zeit keine Erwähnung.2) Wenn wir nicht irren, wurde P.Tscherney, der über eine gute Quellenkenntniß verfügt, zu seiner Annahme durch den Umstand geleitet, daß er in dem Namen Kamýk und Kamnik eine Uebersetzung des Familiennamens de Lapide zu sehen glaubte. Aber der Name kamýk — Stein oder Felsenberg — dürfte schon früher an der Oertlichkeit gehaftet haben, gerade so wie nicht weit davon ein ähnlicher Basaltkegel heute noch den Flurnamen Kameitschken — kamýček — der kleine Felsenberg führt. Um so wahrscheinlicher ist es dagegen, daß das Wappen der Nachkommen Heinrichs erst auf einer falschen Uebersetzung des Burgnamens beruht, indem das aufrechte „Einhorn“ an einen Steinbock oder Aehnliches erinnern dürfte. 1) Dessen Schwaden a. d. Elbe geographisch und geschichtlich. Aussig, Grohmann. 1894. 2) Základy und Emler R. II und III, Register.
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196 Nach den Angaben und Andeutungen der Quellen muß der Vorgang in beiden Fällen — bei Kameik und Schreckenstein — und gewiß auch in manchen ähnlichen, so gedacht werden, daß der König einem vermögenden Unternehmer das Gebiet, auf dem die Burg ans taktisch-technischen Gründen angelegt werden sollte — vorläufig sammt seinen Erträgen — einräumte und uach Fertigstellung der Burg sammt dieser in der Weise zu Lehen gab, daß jener dieselbe fortan für des Königs Bedarf zu schützen und zu sichern hatte, und für seinen Anfwand theils durch den Ertrag des zugehörigen Wirthschaftsgutes, theils durch besondere Verschreibungen und Einnahmen sich schadlos halten sollte. Auf diese Weise gewann die Krone im Laude gesicherte Stützpunkte, ohne die stets uothleidende Kammer in Anspruch nehmen und ohne sich hilflos der schwankenden Treue der selbstischen Landherrn in die Arme werfen zu müssen. Daß sich für solche Unternehmiungen gerade reiche Bürger vorzugsweise eigueten, liegt auj der Hand; daß aber solche als Lehenslente in den Stand der armi¬ geri und milites zu treten pflegten und treten konnten, haben wir an so vielen Beispielen gezeigt, daß die nachmalige Nobilität der Herren von Kameik 2c. der Annahme nicht im mindesten im Wege steht. Anch ob unser Pešek zu denen von Weitmühl in Verwandtschaftsbeziehungen stände oder nicht, würde an dem Wesentlichen uichts ändern. Unter den Städten aber, von denen wir den Ausgang der beiden Brüder vermuthen dürfen, müßten wir nach Allem, was wir erfahren, Prag inmer wieder voran stellen. Dafür spricht auch der recht beachtenswerthe Umstand, daß die Familie zunächst in Prager Beurkundungen1) mit einem Beinamen be- zeichnet wird, der in seinem recht bürgerlichen Klange sehr an jenen Helmschmied am Hofe des Königs erinnert, der uachmals Colouisator in der Gegend von Elbogen wurde. Es ist das der Name „Harnisch¬ meister“, der verschiedenen Mitgliedern des Hauses von Kameik bei¬ gelegt wird. Eine Ansicht2) sieht darin die Bezeichnnng von einer Art Erbhofamt. Wir können ihr keineswegs folgen. Es mag sein, daß einer der bürgerlichen Ahnen, vielleicht der Erbaner Heinrich selbst dem Könige Johann als fachkundiger Vorstand seiner Rüstkammer nahestand; aber ein Erbamt kann der Name deshalb nicht bezeichnen, weil er nicht als Titel, wie etwa Marschall, Jägermeister 2., sondern als Familienname gebraucht 1) Základy 1370, h 145 y 686; 1. conf. 1394, 188; 1. erect. 1405, 633, 1. conf. 1418, 264; 1426, 126. 2) Artikel Kamýk im Slovník nauč.
196 Nach den Angaben und Andeutungen der Quellen muß der Vorgang in beiden Fällen — bei Kameik und Schreckenstein — und gewiß auch in manchen ähnlichen, so gedacht werden, daß der König einem vermögenden Unternehmer das Gebiet, auf dem die Burg ans taktisch-technischen Gründen angelegt werden sollte — vorläufig sammt seinen Erträgen — einräumte und uach Fertigstellung der Burg sammt dieser in der Weise zu Lehen gab, daß jener dieselbe fortan für des Königs Bedarf zu schützen und zu sichern hatte, und für seinen Anfwand theils durch den Ertrag des zugehörigen Wirthschaftsgutes, theils durch besondere Verschreibungen und Einnahmen sich schadlos halten sollte. Auf diese Weise gewann die Krone im Laude gesicherte Stützpunkte, ohne die stets uothleidende Kammer in Anspruch nehmen und ohne sich hilflos der schwankenden Treue der selbstischen Landherrn in die Arme werfen zu müssen. Daß sich für solche Unternehmiungen gerade reiche Bürger vorzugsweise eigueten, liegt auj der Hand; daß aber solche als Lehenslente in den Stand der armi¬ geri und milites zu treten pflegten und treten konnten, haben wir an so vielen Beispielen gezeigt, daß die nachmalige Nobilität der Herren von Kameik 2c. der Annahme nicht im mindesten im Wege steht. Anch ob unser Pešek zu denen von Weitmühl in Verwandtschaftsbeziehungen stände oder nicht, würde an dem Wesentlichen uichts ändern. Unter den Städten aber, von denen wir den Ausgang der beiden Brüder vermuthen dürfen, müßten wir nach Allem, was wir erfahren, Prag inmer wieder voran stellen. Dafür spricht auch der recht beachtenswerthe Umstand, daß die Familie zunächst in Prager Beurkundungen1) mit einem Beinamen be- zeichnet wird, der in seinem recht bürgerlichen Klange sehr an jenen Helmschmied am Hofe des Königs erinnert, der uachmals Colouisator in der Gegend von Elbogen wurde. Es ist das der Name „Harnisch¬ meister“, der verschiedenen Mitgliedern des Hauses von Kameik bei¬ gelegt wird. Eine Ansicht2) sieht darin die Bezeichnnng von einer Art Erbhofamt. Wir können ihr keineswegs folgen. Es mag sein, daß einer der bürgerlichen Ahnen, vielleicht der Erbaner Heinrich selbst dem Könige Johann als fachkundiger Vorstand seiner Rüstkammer nahestand; aber ein Erbamt kann der Name deshalb nicht bezeichnen, weil er nicht als Titel, wie etwa Marschall, Jägermeister 2., sondern als Familienname gebraucht 1) Základy 1370, h 145 y 686; 1. conf. 1394, 188; 1. erect. 1405, 633, 1. conf. 1418, 264; 1426, 126. 2) Artikel Kamýk im Slovník nauč.
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197 — und uur als solcher angeführt wird. Den Titel eines Marschalls oder Jägermeisters, Truchseß 2. führte man nicht mit dem Wörtchen „dictus“, „genannt“ ein, wie das mit dem Namen Harnischmeister neben dem Personennamen immer der Fall ist.1) Mit dieser Einführung zusammen kann er uur ähnlich wie der vielgenannte Bürgername Camerer daraus hinweisen, daß einer der Vorfahren thatsächlich ein solches Amt bekleidet hatte, von dem sich der Beiname der Nachkommen ableitet, ohne daß er den auszeichnenden Titel eines Erbamtes darstellen sollte. Daß uicht gleich der erste des Hauses, der auf Leitmeritzer Boden Fuß faßte, sich als „Harnischmeister“, sondern als „Heinrich von Kameik“ der nenen Nach- barschaft vorstellte, ist begreiflich. Das Gebiet, welches der Krone Böhmens von dem ehemaligen Hinterlande der Ganburg Leitmeritz noch erübrigte, um einer Schutzburg uicht uur Raum, sondern anch Unterhalt zu bieten, beschränkte sich auf den nordwestlichen Theil des Höhenkranzes um das der Stadt gewidmete Gelände herum, ungefähr bezeichnet durch die Ortschaften Calositz, Michelsberg, Kameik, Mirschowitz und Pokratitz mit den Waldausläuferu nach Norden hin. Oestlich davon stieß mit Zasada—Hlinay Bisthumsgut darau. In damals moderner Art mußte die neue Felsenburg auf die Wasserscheide zu stehen kommen, die jener von Süd nach Nord zieheude Höhenzug bildet; so beherrschte sie das Elbthal nach Norden und Süden zu. Diese Güter nahm nun — wahrscheinlich bald nach dem niedergeschla- genen Adelsaufstande von 1316 — der öfter genannte Harnischmeister Heinrich aus des Königs Hand zu dem angegebenen Zwecke in Besitz. Nur Čalositz war seinem Bruder Peter zu dessen bei Aussig gelegenem Besitz- theile zugeschlagen worden, wahrscheinlich weil dieser mit seinen steilen Felseulehnen minder ergiebig erschien. Indem nun Heinrich bei dem wohl schon damals unterhalb des Felsenkegels gelegenen und nach diesem benannten Meierhofe und Dorfe die neue Felsenfeste erbaute, wird er natürlich die unterthänigen Arbeitskräfie dieses Gutes angespannt und das Uebrige mit seinem Baarvermögen beglichen haben. Dafür erhielt er nun nach Fertigstellung des Werkes — der König ging dabei wohl vor- sichtig vor — für sich und seine Nachkommen von letzterem am 9. Jänner 1319 die fertige Burg sammt dem zugehörigen Gut und nebstdem noch das vordem seinem Bruder zugewiesene Dorf Čalositz zu erblichen Lehen, wofür er dem Könige für sich und seine Nachkommen einen richtigen Homogialeid leistete, durch den er sich besonders verpflichtete, jede 1) 1. conf. 1394, 188; 1426, 126; 1. er. 1405, 637.
197 — und uur als solcher angeführt wird. Den Titel eines Marschalls oder Jägermeisters, Truchseß 2. führte man nicht mit dem Wörtchen „dictus“, „genannt“ ein, wie das mit dem Namen Harnischmeister neben dem Personennamen immer der Fall ist.1) Mit dieser Einführung zusammen kann er uur ähnlich wie der vielgenannte Bürgername Camerer daraus hinweisen, daß einer der Vorfahren thatsächlich ein solches Amt bekleidet hatte, von dem sich der Beiname der Nachkommen ableitet, ohne daß er den auszeichnenden Titel eines Erbamtes darstellen sollte. Daß uicht gleich der erste des Hauses, der auf Leitmeritzer Boden Fuß faßte, sich als „Harnischmeister“, sondern als „Heinrich von Kameik“ der nenen Nach- barschaft vorstellte, ist begreiflich. Das Gebiet, welches der Krone Böhmens von dem ehemaligen Hinterlande der Ganburg Leitmeritz noch erübrigte, um einer Schutzburg uicht uur Raum, sondern anch Unterhalt zu bieten, beschränkte sich auf den nordwestlichen Theil des Höhenkranzes um das der Stadt gewidmete Gelände herum, ungefähr bezeichnet durch die Ortschaften Calositz, Michelsberg, Kameik, Mirschowitz und Pokratitz mit den Waldausläuferu nach Norden hin. Oestlich davon stieß mit Zasada—Hlinay Bisthumsgut darau. In damals moderner Art mußte die neue Felsenburg auf die Wasserscheide zu stehen kommen, die jener von Süd nach Nord zieheude Höhenzug bildet; so beherrschte sie das Elbthal nach Norden und Süden zu. Diese Güter nahm nun — wahrscheinlich bald nach dem niedergeschla- genen Adelsaufstande von 1316 — der öfter genannte Harnischmeister Heinrich aus des Königs Hand zu dem angegebenen Zwecke in Besitz. Nur Čalositz war seinem Bruder Peter zu dessen bei Aussig gelegenem Besitz- theile zugeschlagen worden, wahrscheinlich weil dieser mit seinen steilen Felseulehnen minder ergiebig erschien. Indem nun Heinrich bei dem wohl schon damals unterhalb des Felsenkegels gelegenen und nach diesem benannten Meierhofe und Dorfe die neue Felsenfeste erbaute, wird er natürlich die unterthänigen Arbeitskräfie dieses Gutes angespannt und das Uebrige mit seinem Baarvermögen beglichen haben. Dafür erhielt er nun nach Fertigstellung des Werkes — der König ging dabei wohl vor- sichtig vor — für sich und seine Nachkommen von letzterem am 9. Jänner 1319 die fertige Burg sammt dem zugehörigen Gut und nebstdem noch das vordem seinem Bruder zugewiesene Dorf Čalositz zu erblichen Lehen, wofür er dem Könige für sich und seine Nachkommen einen richtigen Homogialeid leistete, durch den er sich besonders verpflichtete, jede 1) 1. conf. 1394, 188; 1426, 126; 1. er. 1405, 637.
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198 — dem Könige drohende Gefahr, deren er kundig würde, diesem sofort zur Kenntniß zu bringen.1) Dieses Versprechen, in dem wir uicht bloß eine hergebrachte Formel erkennen können, bezeichnet vielmehr recht bedeutsam den Hauptzweck der ganzen Unternehmung, und dieser wieder läßt es nach den Zeitverhältnissen begreiflich erscheinen, daß sie gerade bürger- lichen Händen anvertraut wurde. Die neue Burg sollte ein wichtiger Wachtposten sein, und nach dem Vorangegangenen mußte es nicht zuletzt der umwohnende Adel — im Norden die Wartenberge — gewesen sein, von dem eine Gefahr zu befürchten war. Fortan erscheint Heiurich selbstverständlich als nobilis und sein Haus verzweigt sich. In ihn bleibt der Name Heinrich bis ins 15. Jahrhundert bekundet, ohne daß wir die Vertheilung auf Sohn und Enkel unterscheidend feststellen köunten. Schon der erste Heinrich gerieth mit seinem Nachbar, dem Prager Bischofe, in einen Grenzconflict, indem er sich das Patrouat über S. Adalbert in der Zasada, einer dermaligen Vorstadt von Leitmeritz, aumaßte. Obwohl er von dem bischöflichen Gerichte in die Enge gebracht, auf seinen Anspruch Berzicht leistete,2; sehen wir doch gegen Ende des Jahrhundertes dieses Patronat thatsächlich wieder in den Händen der Familie Kameik.3) Nicht so gelangen beab- sichtigte Grenzregulirungen gegen die Stadt Leitmeritz zu. König Johann entschied 1346 den Streit um einen Weinberg bei dem famaik'schen Dorje Pokratitz zu Gunsten der Stadt.4) In einer bestimnten Freundschaftss oder Verwandtschaftsbeziehung zu Prager Bürgerfamilien erscheint noch der erste Heinrich als Disbri¬- gator des Allodialgutes Podiwin mit dem Erbpachtgute Truowan. Das Obereigenthum in letzterem besaß der Leitmeritzer Dom. Die Brüder Heinrich und Hans, die dieses Gut 1340 an den Maltheserkomthur zu Prag verkaufen,5) werden um so mehr als Bürger anzusprechen sein, als wir dasselbe Gut auch später wieder nachweislich in den Händen von Prager Bürgern finden,6) die vielleicht mit den früheren Besitzern ver- wandt vergleichsweise wieder in den Besitz gelangten. Wie aufstrebende Geschlechter die Erträge der angehäuften Kircheu- gutreserven, ehe noch die Husitenzeit die Devise „Pfaffengut Raffengut 1) Emler R. III 1319, 189. 2) Emler R. IV 1329, 842. 3) 1. conf. 1394, 188. 4) Emler R. IV 1346, 871. 5) Emler R. IV, 317. 6) Siche oben S. 38.
198 — dem Könige drohende Gefahr, deren er kundig würde, diesem sofort zur Kenntniß zu bringen.1) Dieses Versprechen, in dem wir uicht bloß eine hergebrachte Formel erkennen können, bezeichnet vielmehr recht bedeutsam den Hauptzweck der ganzen Unternehmung, und dieser wieder läßt es nach den Zeitverhältnissen begreiflich erscheinen, daß sie gerade bürger- lichen Händen anvertraut wurde. Die neue Burg sollte ein wichtiger Wachtposten sein, und nach dem Vorangegangenen mußte es nicht zuletzt der umwohnende Adel — im Norden die Wartenberge — gewesen sein, von dem eine Gefahr zu befürchten war. Fortan erscheint Heiurich selbstverständlich als nobilis und sein Haus verzweigt sich. In ihn bleibt der Name Heinrich bis ins 15. Jahrhundert bekundet, ohne daß wir die Vertheilung auf Sohn und Enkel unterscheidend feststellen köunten. Schon der erste Heinrich gerieth mit seinem Nachbar, dem Prager Bischofe, in einen Grenzconflict, indem er sich das Patrouat über S. Adalbert in der Zasada, einer dermaligen Vorstadt von Leitmeritz, aumaßte. Obwohl er von dem bischöflichen Gerichte in die Enge gebracht, auf seinen Anspruch Berzicht leistete,2; sehen wir doch gegen Ende des Jahrhundertes dieses Patronat thatsächlich wieder in den Händen der Familie Kameik.3) Nicht so gelangen beab- sichtigte Grenzregulirungen gegen die Stadt Leitmeritz zu. König Johann entschied 1346 den Streit um einen Weinberg bei dem famaik'schen Dorje Pokratitz zu Gunsten der Stadt.4) In einer bestimnten Freundschaftss oder Verwandtschaftsbeziehung zu Prager Bürgerfamilien erscheint noch der erste Heinrich als Disbri¬- gator des Allodialgutes Podiwin mit dem Erbpachtgute Truowan. Das Obereigenthum in letzterem besaß der Leitmeritzer Dom. Die Brüder Heinrich und Hans, die dieses Gut 1340 an den Maltheserkomthur zu Prag verkaufen,5) werden um so mehr als Bürger anzusprechen sein, als wir dasselbe Gut auch später wieder nachweislich in den Händen von Prager Bürgern finden,6) die vielleicht mit den früheren Besitzern ver- wandt vergleichsweise wieder in den Besitz gelangten. Wie aufstrebende Geschlechter die Erträge der angehäuften Kircheu- gutreserven, ehe noch die Husitenzeit die Devise „Pfaffengut Raffengut 1) Emler R. III 1319, 189. 2) Emler R. IV 1329, 842. 3) 1. conf. 1394, 188. 4) Emler R. IV 1346, 871. 5) Emler R. IV, 317. 6) Siche oben S. 38.
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199 — verwirklicht hatte, als Staffel des Unter und Emporkommens zu benutzen pflegten, zeigen uns auch die von Kamaik. Ein Johann von Kameik, wahrscheinlich ein jüngerer Sohn des ersten Heinrich, wurde sofort Pfarrer in der Stadtkirche zu Leitmeritz — das königliche Patronat daselbst gestattete die Bevorzugung. Für sein Altentheil vermochte er nachmals drei Häuser auf dem Prager Hradschin zu kaufen, die er für den Todesfall dem Prager Bürger Peter gen. Budyner vermachte.1) Wir eriunern, daß wir Leitmeritzer Urbürger als Unternehmer im nahen Budin keunen lernten. Unser Peter weist auch dadurch auf die Gegend, daß er sein erstes Haus in Prag von dem bekannten Konrad von Leitmeritz, ein zweites von einem Pfarrer aus Čižkowitz erwarb.2) Vielleicht war er damals erst nach Prag übersiedelt, jedenfalls aber schon als vermögender Bürger, indem er in den Jahren 1369 und 1373 in die Schöffenbauk gelangte. Dann erkaufte und verkaufte er noch mehrere Häuser;3) neben- her war er Bräuer und seine Tochter die Frau eines Tuchscherers.4) Es ist kennzeichnend, daß ein „von Kameik“ mit einem solchen Manne in so nahen, anscheinend engverwandtschaftlichen Beziehungen stand, daß er ihn zu seinem Erben einsetzen kounte. Darauf deutet wieder der Umstand, daß nachmals Budiner diese Erbschaft mit Heinrich Har- nischmeister, dem Brudersohne des Erblassers, theilte.5) Während sich so Pfarrer Johann in Prag zur Ruhe gesetzt hatte, war ein anderes Glied der Familie, Halmann, einmal auch Habermann genanut, Sohn eines der Heinriche von Kameik, Pfarrer in Drum ge- worden. Es hatte ihn daselbst 1358 ein Vasall Hinko präsentirt, der sich schlechtweg von Drum nannte, an einer andern Stelle uns aber als ein Hinko von Klučow eutgegentritt, also, wie wir noch sehen werden, ebenfalls ein Verwandter des Hauses der Kameike, der durch irgend eine Dienstlaufbahn in derselben Gegend Fuß gefaßt hatte. Als daun Pfarrer Johann 1360 thatsächlich aus Leitmeritz fortzog, präsentirte Karl IV. denselben Halmann sür die so begehrenswerthe Pfarrei in Leitmeritz.6) Es ist wahrscheinlich, daß der eine Kameik dem anderen Platz gemacht, und ersichtlich, daß sich das Haus der Harnischmeister immer noch der Gunst des Hofes erfrente. Pfarrer Johann aber hatte mit seinem Abgange 1) Základy 1360, h 145, č 68 b. 2) Základy 1356 st. 251; 1357 st. 240. 3) S. Základy Register. 4) Základy 1416 st. 217, č. 888 b. 5) Základy 1370 h 145, č. 68 b. 6) 1. cf. 1360, 137, 140.
199 — verwirklicht hatte, als Staffel des Unter und Emporkommens zu benutzen pflegten, zeigen uns auch die von Kamaik. Ein Johann von Kameik, wahrscheinlich ein jüngerer Sohn des ersten Heinrich, wurde sofort Pfarrer in der Stadtkirche zu Leitmeritz — das königliche Patronat daselbst gestattete die Bevorzugung. Für sein Altentheil vermochte er nachmals drei Häuser auf dem Prager Hradschin zu kaufen, die er für den Todesfall dem Prager Bürger Peter gen. Budyner vermachte.1) Wir eriunern, daß wir Leitmeritzer Urbürger als Unternehmer im nahen Budin keunen lernten. Unser Peter weist auch dadurch auf die Gegend, daß er sein erstes Haus in Prag von dem bekannten Konrad von Leitmeritz, ein zweites von einem Pfarrer aus Čižkowitz erwarb.2) Vielleicht war er damals erst nach Prag übersiedelt, jedenfalls aber schon als vermögender Bürger, indem er in den Jahren 1369 und 1373 in die Schöffenbauk gelangte. Dann erkaufte und verkaufte er noch mehrere Häuser;3) neben- her war er Bräuer und seine Tochter die Frau eines Tuchscherers.4) Es ist kennzeichnend, daß ein „von Kameik“ mit einem solchen Manne in so nahen, anscheinend engverwandtschaftlichen Beziehungen stand, daß er ihn zu seinem Erben einsetzen kounte. Darauf deutet wieder der Umstand, daß nachmals Budiner diese Erbschaft mit Heinrich Har- nischmeister, dem Brudersohne des Erblassers, theilte.5) Während sich so Pfarrer Johann in Prag zur Ruhe gesetzt hatte, war ein anderes Glied der Familie, Halmann, einmal auch Habermann genanut, Sohn eines der Heinriche von Kameik, Pfarrer in Drum ge- worden. Es hatte ihn daselbst 1358 ein Vasall Hinko präsentirt, der sich schlechtweg von Drum nannte, an einer andern Stelle uns aber als ein Hinko von Klučow eutgegentritt, also, wie wir noch sehen werden, ebenfalls ein Verwandter des Hauses der Kameike, der durch irgend eine Dienstlaufbahn in derselben Gegend Fuß gefaßt hatte. Als daun Pfarrer Johann 1360 thatsächlich aus Leitmeritz fortzog, präsentirte Karl IV. denselben Halmann sür die so begehrenswerthe Pfarrei in Leitmeritz.6) Es ist wahrscheinlich, daß der eine Kameik dem anderen Platz gemacht, und ersichtlich, daß sich das Haus der Harnischmeister immer noch der Gunst des Hofes erfrente. Pfarrer Johann aber hatte mit seinem Abgange 1) Základy 1360, h 145, č 68 b. 2) Základy 1356 st. 251; 1357 st. 240. 3) S. Základy Register. 4) Základy 1416 st. 217, č. 888 b. 5) Základy 1370 h 145, č. 68 b. 6) 1. cf. 1360, 137, 140.
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200 — seine Laufbahn noch nicht für geschlossen erachtet, und wirklich gelang es ihm schon zwei Jahre später (1362) durch die Präsentation des huld- vollen Königs in die Domprobstei Leitmeritz, die mit einer Präbende in Prag verbunden war, eingesetzt zu werden.1) Als Propst besaß Johann von Kameik wieder das Präsentations- recht zu den Benefizien S. Johann d. T. und S. Wenzel bei Leitmeritz. Für letztere Caplanei präsentirte er 1363 einen Johann, Sohn des Hening von Leitmeritz,2) der ebenfalls zur Familie gehört haben dürfte, indem wir ihn als Concollator eines der Familie Kameik zustehenden Patronates kennen lernen. Der Propst Johann, der Caplan Johann und Ritter Heinrich von Kameik üben in demselben Jahre3) gemein- schaftlich das Patronat in Saubernitz, ohne daß das Besitzverhältniß recht klar würde. Thatsache ist nur, daß uach Propst Johann immer der Propst von Leitmeritz allein als Collator auftritt. Frind4) glaubt, daß erst durch Propst Johann Saubernitz an den Dom gekommen sei; wie es aber von den Kameiken erworben worden wäre, ist unbestimmbar. Da wir den Namen Hening nochmals in der Familie der Kameike wiederfinden und diese selbst in noch späteren Zeiten in der Stadt Fuß gefaßt hatte, so konnte ebenfalls jener Hening der erste des Hauses sein, der seinen Sitz in die Stadt selbst verlegt hätte. Sein Sohn, der Caplan Johann, aber dürfte derselbe sein, den wir ein Jahr später, zwar noch immer als Subdiacon, aber gleichzeitig als Pfarrer auf der Dompfründe zu Křešitz antreffen, von wo er eine Berufung nach Lstiboř — zwischen Prag und Kuttenberg — erhielt — also, wie wir zeigen werden, wieder in ein Bereich der Verwandten desselben Hauses.5) Er kounte indes damals die Bestätigung nicht erhalten, weil ein Zwist über das Collaturrecht ausgebrochen war. Bald sehen wir den Besitzstand des Hauses noch nach einer anderen Richtung hin erweitert, in demselben Erzgebirgsgebiete, in dem auch die Kappler Fuß gefaßt hatten. Wie allenfalls bei Saubernitz kann wohl an einen gelegentlichen Ankauf gedacht werden, doch wäre auch ein Lehens verhältniß denkbar. Vom Jahre 1375 an finden wir einen strenuus miles Lutoldus de Camnik(?) als Kirchenpatron in Peterswald, den wir uicht nothwendig als einen der unseren ansprechen müßten, wenn. 1) 1. cf. 1362, 168. 2) 1. cf. 1363, 14. 3) 1. c. 1363, p. 8. 4) Kirchengeschichte I, 143. 5) l. ef. 1364, 36.
200 — seine Laufbahn noch nicht für geschlossen erachtet, und wirklich gelang es ihm schon zwei Jahre später (1362) durch die Präsentation des huld- vollen Königs in die Domprobstei Leitmeritz, die mit einer Präbende in Prag verbunden war, eingesetzt zu werden.1) Als Propst besaß Johann von Kameik wieder das Präsentations- recht zu den Benefizien S. Johann d. T. und S. Wenzel bei Leitmeritz. Für letztere Caplanei präsentirte er 1363 einen Johann, Sohn des Hening von Leitmeritz,2) der ebenfalls zur Familie gehört haben dürfte, indem wir ihn als Concollator eines der Familie Kameik zustehenden Patronates kennen lernen. Der Propst Johann, der Caplan Johann und Ritter Heinrich von Kameik üben in demselben Jahre3) gemein- schaftlich das Patronat in Saubernitz, ohne daß das Besitzverhältniß recht klar würde. Thatsache ist nur, daß uach Propst Johann immer der Propst von Leitmeritz allein als Collator auftritt. Frind4) glaubt, daß erst durch Propst Johann Saubernitz an den Dom gekommen sei; wie es aber von den Kameiken erworben worden wäre, ist unbestimmbar. Da wir den Namen Hening nochmals in der Familie der Kameike wiederfinden und diese selbst in noch späteren Zeiten in der Stadt Fuß gefaßt hatte, so konnte ebenfalls jener Hening der erste des Hauses sein, der seinen Sitz in die Stadt selbst verlegt hätte. Sein Sohn, der Caplan Johann, aber dürfte derselbe sein, den wir ein Jahr später, zwar noch immer als Subdiacon, aber gleichzeitig als Pfarrer auf der Dompfründe zu Křešitz antreffen, von wo er eine Berufung nach Lstiboř — zwischen Prag und Kuttenberg — erhielt — also, wie wir zeigen werden, wieder in ein Bereich der Verwandten desselben Hauses.5) Er kounte indes damals die Bestätigung nicht erhalten, weil ein Zwist über das Collaturrecht ausgebrochen war. Bald sehen wir den Besitzstand des Hauses noch nach einer anderen Richtung hin erweitert, in demselben Erzgebirgsgebiete, in dem auch die Kappler Fuß gefaßt hatten. Wie allenfalls bei Saubernitz kann wohl an einen gelegentlichen Ankauf gedacht werden, doch wäre auch ein Lehens verhältniß denkbar. Vom Jahre 1375 an finden wir einen strenuus miles Lutoldus de Camnik(?) als Kirchenpatron in Peterswald, den wir uicht nothwendig als einen der unseren ansprechen müßten, wenn. 1) 1. cf. 1362, 168. 2) 1. cf. 1363, 14. 3) 1. c. 1363, p. 8. 4) Kirchengeschichte I, 143. 5) l. ef. 1364, 36.
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201 — ihm nicht in demselben Patronate 1383 und 1385 ein richtiger armiger Henricus de Kamyk(!) folgte.1) Es ist immerhin recht auffallend, daß wir bei dieser Gelegenheit im nächsten Nachbardorfe, in Markersbach als Collator einen königlichen Beamten, einen Heinrich, gen. Cziglheim kennen lernen, der anderwärts „de Lapide“ genannt wird.2) Sollte das doch auf einen Verwandtschaftszusammenhang der Häuser hindeuten? Oder ist dieses „de Lapide“ nur eine Uebersetzung von Kamýk? Als 1387 der Aussiger Pfarrer für seine Stiftung von Heinrich von Kameik und seiner Gemahlin Anna3) Ewigkeitszinse erkaufte, wiesen letztere demselben solche in den Dörfern Pokratitz, Michelsberg, Kundratitz und Tlutzen, nicht aber in Kameik selbst an, was die Dentung zuläßt, entweder als wäre Heinrich damals nicht mehr Herr von Kameik selbst gewesen, oder aber, als hätte die Familie zu dem Lehen Kameik jene Dörfer als Allodial besitz, den sie beliebig belasten konnte, hinzuerworben, theilweise vielleicht auch erst mittels des so aufgenommenen Capitals? Thatsächlich bezeichneten sich die Angehörigen dieser Linie — Heinrich, Henich (oder Hening) und Johann — uach iener Zeit als aus Pokratitz gesessen. Henich war um 1394 schon gestorben und „Heinrich von Kameik, gen. Harnischmeister, gesessen anf Pokratitz“ präsentirte als Vormund der Waisen seines Bruders für S. Adalbert in der Zasada.4) Henichs hinterlassener Sohn führte denselben Namen mit der Beifügung auf Pokratitz.5) Johann Kameik, ein dritter Sohn, nahm junkerliche Dienste in Zahořan, das damals — 1406 — dem Bisthum gehört haben muß, denn er ist „armiger der Prager Diöcese“.6) Wann und warum die Nachkommen der Erbauer der Burg von dieser selbst wieder weichen mußten, wissen wir zwar nicht, doch läßt sich das Wesentlichste vermuthen. Wir werden bald sehen, wie den Bruder des Erbauers, Peter von Schreckenstein, selbst noch das gleiche Los traf und wie sich dafür als die Ursache die Wiederbefreundung des Königs mit den Wartenbergern herausstellt. Indem wir nun auch Kameik in den Händen der Wartenberge finden, aus denen es dann wieder an die Hasen- burge gelangte, so dürste auch hier die gleiche Politik die Ursache der Veränderung gewesen sein. Die Uebergabe der Burg an die Wartenberge 1) 1. conf. IV, 1375, 44; 1377, 81; 1383, 155; 1385, 169. 2) 1. cf. IV, 1374, 30; 1378, 90. 3) 1. erect. III, 1387, 293. 4) 1. cf. 1394, 188. 5) 1. cf. 1401, 63. 6) 1. erect. V, 1406, 667. Mittheilungen. 40. Jahrgang. 2. Heft. 14
201 — ihm nicht in demselben Patronate 1383 und 1385 ein richtiger armiger Henricus de Kamyk(!) folgte.1) Es ist immerhin recht auffallend, daß wir bei dieser Gelegenheit im nächsten Nachbardorfe, in Markersbach als Collator einen königlichen Beamten, einen Heinrich, gen. Cziglheim kennen lernen, der anderwärts „de Lapide“ genannt wird.2) Sollte das doch auf einen Verwandtschaftszusammenhang der Häuser hindeuten? Oder ist dieses „de Lapide“ nur eine Uebersetzung von Kamýk? Als 1387 der Aussiger Pfarrer für seine Stiftung von Heinrich von Kameik und seiner Gemahlin Anna3) Ewigkeitszinse erkaufte, wiesen letztere demselben solche in den Dörfern Pokratitz, Michelsberg, Kundratitz und Tlutzen, nicht aber in Kameik selbst an, was die Dentung zuläßt, entweder als wäre Heinrich damals nicht mehr Herr von Kameik selbst gewesen, oder aber, als hätte die Familie zu dem Lehen Kameik jene Dörfer als Allodial besitz, den sie beliebig belasten konnte, hinzuerworben, theilweise vielleicht auch erst mittels des so aufgenommenen Capitals? Thatsächlich bezeichneten sich die Angehörigen dieser Linie — Heinrich, Henich (oder Hening) und Johann — uach iener Zeit als aus Pokratitz gesessen. Henich war um 1394 schon gestorben und „Heinrich von Kameik, gen. Harnischmeister, gesessen anf Pokratitz“ präsentirte als Vormund der Waisen seines Bruders für S. Adalbert in der Zasada.4) Henichs hinterlassener Sohn führte denselben Namen mit der Beifügung auf Pokratitz.5) Johann Kameik, ein dritter Sohn, nahm junkerliche Dienste in Zahořan, das damals — 1406 — dem Bisthum gehört haben muß, denn er ist „armiger der Prager Diöcese“.6) Wann und warum die Nachkommen der Erbauer der Burg von dieser selbst wieder weichen mußten, wissen wir zwar nicht, doch läßt sich das Wesentlichste vermuthen. Wir werden bald sehen, wie den Bruder des Erbauers, Peter von Schreckenstein, selbst noch das gleiche Los traf und wie sich dafür als die Ursache die Wiederbefreundung des Königs mit den Wartenbergern herausstellt. Indem wir nun auch Kameik in den Händen der Wartenberge finden, aus denen es dann wieder an die Hasen- burge gelangte, so dürste auch hier die gleiche Politik die Ursache der Veränderung gewesen sein. Die Uebergabe der Burg an die Wartenberge 1) 1. conf. IV, 1375, 44; 1377, 81; 1383, 155; 1385, 169. 2) 1. cf. IV, 1374, 30; 1378, 90. 3) 1. erect. III, 1387, 293. 4) 1. cf. 1394, 188. 5) 1. cf. 1401, 63. 6) 1. erect. V, 1406, 667. Mittheilungen. 40. Jahrgang. 2. Heft. 14
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202 dürfte also schon zu der Zeit erfolgt sein, in welcher wir diese im Besitze des Patrouates der Zazada finden, und wenn dieses später wieder von den Kameikern ansgeübt wurde, so dürfte dem ganzen Arrangemente ein gütlicher Vergleich der neuen mit den alten Herren zu Grunde gelegen sein. Die Kameike aber verblieben auch nicht für immer auf ihrem wohl erst damals erbanten Schlößchen und Wirthschaftshofe im oberen Theise von Pokratitz, sondern kehrten mit Titel und Wappen in den Bürgerstand zurück, indem sie sich in Leitmeritz niederließen und von da aus die Güter verwalteten, die ihnen als Endertrag des ganzen Geschäftes verblieben waren.1) Da diese Leitmeritzer Kameike der Linie Henichs sich zubekannten, wurde der Name, als Heniochus gedeutet, in der nachhusitischen Zeit auch mit „Formanek“ übersctzt. Aber ihre sonstige Bezeichnnng als „Kameike von Pokratitz“, ihre Wappen in Canzional und auf den Leichensteinen von S. Adalbert, das fortdauernd als ihre Fanilienkirche betrachtet wurde, geben Zeugniß von der Identität des Geschlechtes mit dem der Erbaner der Burg. Ihr Geschlecht gereichte vor anderen der Stadt Leitmeritz zur Zierde, indem es für jedes Gebiet des öffentlichen Lebens tüchtige Männer stellte, bis auch ihre zweite Stanunveste in Pokratitz als Meierhof der Jesuiten die Weihe des Jahrhunderts der Gegenreformation empfing. Der letzte des Geschlechtes, Mag. Wenzel, verließ als Exulaut Gut und Stadt und Land; seine verwaiste Tochter Katharina aber kehrte zurück, um das verlorene Gut der Eltern wieder zu gewinnen und gründete als Gemahlin des Prager Bürgers Nezbeda einen neuen Herd. Aber die Verbindung, die hier einmal bürgerlicher Unternehmungs- geist angeknüpft, blieb doch uicht ganz verloren für das Stamnihaus. Warum es gerade ein Wilhelm von Konitz oder von Lstiboř war, der die Burg im Auge behielt und dem ihre käufliche Wiedererwerbung für sein Haus im Jahre 1425 gelang, dürfte nicht durch das Spiel des Zu- falles zu erklären sein. Vielmehr führt uus der Faden, der sich hier neuer- dings anspinnt, wieder in das Bereich der Prager Bürgerbesitzungen zurück. Lstiboř (Elstiboř), Klučov und Konitz (Kaunitz) sind nicht Personens, sondern Dorfnamen, und die betreffenden Dörfer liegen inmitten jener Zone von dereinst bürgerlichen Besitzungen, die sich von Prag bis gegen Kuttenberg erstreckt. Daß sich schon 13582) ein nach dem Dorfe Klučow benannter Besitzer nach Drum in unserer Gegend gezogen hatte, und daß er daselbst 1) Näheres über diesen Theil in meiner Geschichte von Leitmeritz. 2) 1. cf. III, 77.
202 dürfte also schon zu der Zeit erfolgt sein, in welcher wir diese im Besitze des Patrouates der Zazada finden, und wenn dieses später wieder von den Kameikern ansgeübt wurde, so dürfte dem ganzen Arrangemente ein gütlicher Vergleich der neuen mit den alten Herren zu Grunde gelegen sein. Die Kameike aber verblieben auch nicht für immer auf ihrem wohl erst damals erbanten Schlößchen und Wirthschaftshofe im oberen Theise von Pokratitz, sondern kehrten mit Titel und Wappen in den Bürgerstand zurück, indem sie sich in Leitmeritz niederließen und von da aus die Güter verwalteten, die ihnen als Endertrag des ganzen Geschäftes verblieben waren.1) Da diese Leitmeritzer Kameike der Linie Henichs sich zubekannten, wurde der Name, als Heniochus gedeutet, in der nachhusitischen Zeit auch mit „Formanek“ übersctzt. Aber ihre sonstige Bezeichnnng als „Kameike von Pokratitz“, ihre Wappen in Canzional und auf den Leichensteinen von S. Adalbert, das fortdauernd als ihre Fanilienkirche betrachtet wurde, geben Zeugniß von der Identität des Geschlechtes mit dem der Erbaner der Burg. Ihr Geschlecht gereichte vor anderen der Stadt Leitmeritz zur Zierde, indem es für jedes Gebiet des öffentlichen Lebens tüchtige Männer stellte, bis auch ihre zweite Stanunveste in Pokratitz als Meierhof der Jesuiten die Weihe des Jahrhunderts der Gegenreformation empfing. Der letzte des Geschlechtes, Mag. Wenzel, verließ als Exulaut Gut und Stadt und Land; seine verwaiste Tochter Katharina aber kehrte zurück, um das verlorene Gut der Eltern wieder zu gewinnen und gründete als Gemahlin des Prager Bürgers Nezbeda einen neuen Herd. Aber die Verbindung, die hier einmal bürgerlicher Unternehmungs- geist angeknüpft, blieb doch uicht ganz verloren für das Stamnihaus. Warum es gerade ein Wilhelm von Konitz oder von Lstiboř war, der die Burg im Auge behielt und dem ihre käufliche Wiedererwerbung für sein Haus im Jahre 1425 gelang, dürfte nicht durch das Spiel des Zu- falles zu erklären sein. Vielmehr führt uus der Faden, der sich hier neuer- dings anspinnt, wieder in das Bereich der Prager Bürgerbesitzungen zurück. Lstiboř (Elstiboř), Klučov und Konitz (Kaunitz) sind nicht Personens, sondern Dorfnamen, und die betreffenden Dörfer liegen inmitten jener Zone von dereinst bürgerlichen Besitzungen, die sich von Prag bis gegen Kuttenberg erstreckt. Daß sich schon 13582) ein nach dem Dorfe Klučow benannter Besitzer nach Drum in unserer Gegend gezogen hatte, und daß er daselbst 1) Näheres über diesen Theil in meiner Geschichte von Leitmeritz. 2) 1. cf. III, 77.
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203 — dem Kameiker Halmaun seine Protection angedeihen ließ, haben wir schon gesehen. Umgekehxrt fanden wir wieder, wie ein Kameik als Propst von Leitmeritz und Patron der Kirche zu Křešitz die Pfarrer dieser Kirche zu besserer Versorgung an seine Freunde in Klučow und Lstiboř empfahl. Um 1363 waren die uns aufstoßenden Namensträger dieser Dörfer nicht deren eigentliche Herren, sondern clientes und milites daselbst.1) Nichts destoweniger konnten sie nach dem Sprachgebrauche der Zeit als nobiles et honesti auftreten.2) Daß es auch früher schon Männer gab, die sich ans irgend einer Beziehnung die Namen derselben Dörfer beilegen konuten, ist uatürlich, aber daraus eine Stamntafel zu construiren, mehr als gewagt. Für uns beginnt die Keuntuiß dieser Klučower und Lstibořer mit einem Peter dem Aelteren, der um 1354 und 1358 lebte und zur selben Zeit als „providus“, d. h. als bürgerlich bezeichnet wird.3) Um 1364 war er bereits gestorben mit Hinterlassung der Söhne Peter, Nikolaus und Stephan, die damals den Křešitzer Pfarrer Nikolaus für ihr Gut Nehwizd präsentirten. Ein Jahr später wurde für ein anderes Gut — Lstiboř — wieder ein Pfarrer von Křešitz, Johann, der Verwandte des Propstes, präsentirt4) — Beziehungen genug, die auf ein nahes Ver- hältuiß der Klučow-Lstibořer und Kameiker schließen lassen. Als Vermittlung erscheinen die Beziehungen beider zu Prag und seinen Bürgern, vor allem zu dem nahen Bürgergute Skworec, nach dem sich die Familie der Wolframe, vor Allem jener Wyschehrader Burg- graf Wolfram Meinhards, schlechtweg die „von Škworetz“ nannten. Jndem Böhm.-Brod inmitten jenes Gebietes einen Besitz des Erzbischofs, jener Zeit also eines Sohnes Wolframs bildete, läßt sich nach der Analogie Leitmeritz-Kameik vielleicht darauf schließen, daß die verwandtschaftlichen Beziehungen zu diesem mächtigen Herrschaftsbesitzer im Wege der Zu- weisung von junkerlichen Dienststellen die Ausbreitung iener Familie för derten. So theilte der Burggraf Wolfram mit jenem älteren Peter von Klučow ein Patronat, das von Horky zwischen Přišimas und Skřivan auf der Herrschaft Škworec.5) Später „residirte“ ein Johann von Klučow förmlich in Škworec, und nannte sich auch neben einem „strenuus miles Paul de Skworec“, der wohl als der Herr anzusehen ist, Johann de 1) 1. cf. I, 1363, 32. 2) 1. cf. 1354 (1403), 98. 3) 1. cf. 1358, 73. 4) 1. cf. 1364, 36. 5) 1. cf. 1354 (1403), 98. 14*
203 — dem Kameiker Halmaun seine Protection angedeihen ließ, haben wir schon gesehen. Umgekehxrt fanden wir wieder, wie ein Kameik als Propst von Leitmeritz und Patron der Kirche zu Křešitz die Pfarrer dieser Kirche zu besserer Versorgung an seine Freunde in Klučow und Lstiboř empfahl. Um 1363 waren die uns aufstoßenden Namensträger dieser Dörfer nicht deren eigentliche Herren, sondern clientes und milites daselbst.1) Nichts destoweniger konnten sie nach dem Sprachgebrauche der Zeit als nobiles et honesti auftreten.2) Daß es auch früher schon Männer gab, die sich ans irgend einer Beziehnung die Namen derselben Dörfer beilegen konuten, ist uatürlich, aber daraus eine Stamntafel zu construiren, mehr als gewagt. Für uns beginnt die Keuntuiß dieser Klučower und Lstibořer mit einem Peter dem Aelteren, der um 1354 und 1358 lebte und zur selben Zeit als „providus“, d. h. als bürgerlich bezeichnet wird.3) Um 1364 war er bereits gestorben mit Hinterlassung der Söhne Peter, Nikolaus und Stephan, die damals den Křešitzer Pfarrer Nikolaus für ihr Gut Nehwizd präsentirten. Ein Jahr später wurde für ein anderes Gut — Lstiboř — wieder ein Pfarrer von Křešitz, Johann, der Verwandte des Propstes, präsentirt4) — Beziehungen genug, die auf ein nahes Ver- hältuiß der Klučow-Lstibořer und Kameiker schließen lassen. Als Vermittlung erscheinen die Beziehungen beider zu Prag und seinen Bürgern, vor allem zu dem nahen Bürgergute Skworec, nach dem sich die Familie der Wolframe, vor Allem jener Wyschehrader Burg- graf Wolfram Meinhards, schlechtweg die „von Škworetz“ nannten. Jndem Böhm.-Brod inmitten jenes Gebietes einen Besitz des Erzbischofs, jener Zeit also eines Sohnes Wolframs bildete, läßt sich nach der Analogie Leitmeritz-Kameik vielleicht darauf schließen, daß die verwandtschaftlichen Beziehungen zu diesem mächtigen Herrschaftsbesitzer im Wege der Zu- weisung von junkerlichen Dienststellen die Ausbreitung iener Familie för derten. So theilte der Burggraf Wolfram mit jenem älteren Peter von Klučow ein Patronat, das von Horky zwischen Přišimas und Skřivan auf der Herrschaft Škworec.5) Später „residirte“ ein Johann von Klučow förmlich in Škworec, und nannte sich auch neben einem „strenuus miles Paul de Skworec“, der wohl als der Herr anzusehen ist, Johann de 1) 1. cf. I, 1363, 32. 2) 1. cf. 1354 (1403), 98. 3) 1. cf. 1358, 73. 4) 1. cf. 1364, 36. 5) 1. cf. 1354 (1403), 98. 14*
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204 — Klučow alias de Skworec. Auf seine Zugehörigkeit zu der bürgerlichen Herrenfamilie muß auch sein Patronatsverhältniß zu S. Galli in Prag, der alten Patrizierkirche, gedeutet werden.1) Ein anderer Lstiboř theilte mit einem Prag-Neustädter Bürger ein Patronatsrecht zu Böhm.-Brod selbst,2) während wieder ein Pfarrer aus Lstiboř durch die Präsentation des Paul von Škworec den Stiftungs- genuß im Hause Wolfram Meinhards erlangte. Johann von Klučow wiederum nimmt sich als Patron bei S. Gallus in Prag eines Minder- präbendirten von S. Stephan in Leitmeritz an.3) Auf die Vertheilung der Familienzweige und die Erwerbung ihrer Dienststellen und Allode — in Lstiboř, Klučow, Škworec, Pořičan, Radešin, Horky, Nehwizd, Horusan, Jirny, Mukarow, Jamniště und Konitz — haben wir hier nicht weiter einzugehen; es kam uur darauf an, her- vorzuheben, was auf verwandtschaftliche Beziehungen der Häuser Kameik und Klučow-Lstiboř einerseits und einen Zusammenhang mit dem Prager bürgerlichen Grundbesitzerkreise anderseits hinweist. Wir kehren uun zu dem anderen Bruder des Unternehmerpaares, zu Peter oder Pešek zurick. Die Strecke, auf der sich die romantische Felsenburg Schreckenstein über den Strom erhebt, gehörte nach Czerney seinerzeit zur landesfürstlichen Herrschaft Schwaden, welche zuletzt der im Adelsanfstande von 1316 gefallene Johann von Wartenberg inne gehabt hatte. Daß hier ein Dorf oder doch eine Wirthschaftsveran- staltung noch nicht bestanden hätte und der tschechische Name eines solchen erst aus der Verbalhornung des Burgnamens entstanden sei, können wir jedoch nicht mit demselben Autor annehmen. Wenn die betreffende Thal- weitung auch der von Schwaden gegenüber weit kleiner und enger von felsigen Waldbergen eingeschnürt ist, so war sie doch nach den Gräber funden unserer Zeit zu schließen, wie alle diese Ufer des Stromes selbst in vorgeschichtlicher Zeit gut besiedelt und da wenigstens, wo auf halber Höhe zwischen dem Dorfe und der jüngeren Burg immer noch alte Ueber- reste auf ehemalige Meierhofsanlagen schließen lassen, dürfte sich anch schon in iener Zeit ein Wirthschaftshof mit Unterthanenhütten befunden haben. Der mußte aber doch auch irgend einen Namen haben, und wenn sich Peter ohne Rücksicht auf die Burg nach Besitzergreifung dieses Land- gutes Peter von Střekow nannte, so ist meines Erachtens kein Grund vor- handen, jener Dorfschaft diesen Namen abzusprechen. In seiner älteren Form 1) 1. cf. VII, 1414, 105; 1418, 268; 1418, 278. 2) 1. cf. 1414, 109. 3) 1. ef. 1414, 105; 1412, 45.
204 — Klučow alias de Skworec. Auf seine Zugehörigkeit zu der bürgerlichen Herrenfamilie muß auch sein Patronatsverhältniß zu S. Galli in Prag, der alten Patrizierkirche, gedeutet werden.1) Ein anderer Lstiboř theilte mit einem Prag-Neustädter Bürger ein Patronatsrecht zu Böhm.-Brod selbst,2) während wieder ein Pfarrer aus Lstiboř durch die Präsentation des Paul von Škworec den Stiftungs- genuß im Hause Wolfram Meinhards erlangte. Johann von Klučow wiederum nimmt sich als Patron bei S. Gallus in Prag eines Minder- präbendirten von S. Stephan in Leitmeritz an.3) Auf die Vertheilung der Familienzweige und die Erwerbung ihrer Dienststellen und Allode — in Lstiboř, Klučow, Škworec, Pořičan, Radešin, Horky, Nehwizd, Horusan, Jirny, Mukarow, Jamniště und Konitz — haben wir hier nicht weiter einzugehen; es kam uur darauf an, her- vorzuheben, was auf verwandtschaftliche Beziehungen der Häuser Kameik und Klučow-Lstiboř einerseits und einen Zusammenhang mit dem Prager bürgerlichen Grundbesitzerkreise anderseits hinweist. Wir kehren uun zu dem anderen Bruder des Unternehmerpaares, zu Peter oder Pešek zurick. Die Strecke, auf der sich die romantische Felsenburg Schreckenstein über den Strom erhebt, gehörte nach Czerney seinerzeit zur landesfürstlichen Herrschaft Schwaden, welche zuletzt der im Adelsanfstande von 1316 gefallene Johann von Wartenberg inne gehabt hatte. Daß hier ein Dorf oder doch eine Wirthschaftsveran- staltung noch nicht bestanden hätte und der tschechische Name eines solchen erst aus der Verbalhornung des Burgnamens entstanden sei, können wir jedoch nicht mit demselben Autor annehmen. Wenn die betreffende Thal- weitung auch der von Schwaden gegenüber weit kleiner und enger von felsigen Waldbergen eingeschnürt ist, so war sie doch nach den Gräber funden unserer Zeit zu schließen, wie alle diese Ufer des Stromes selbst in vorgeschichtlicher Zeit gut besiedelt und da wenigstens, wo auf halber Höhe zwischen dem Dorfe und der jüngeren Burg immer noch alte Ueber- reste auf ehemalige Meierhofsanlagen schließen lassen, dürfte sich anch schon in iener Zeit ein Wirthschaftshof mit Unterthanenhütten befunden haben. Der mußte aber doch auch irgend einen Namen haben, und wenn sich Peter ohne Rücksicht auf die Burg nach Besitzergreifung dieses Land- gutes Peter von Střekow nannte, so ist meines Erachtens kein Grund vor- handen, jener Dorfschaft diesen Namen abzusprechen. In seiner älteren Form 1) 1. cf. VII, 1414, 105; 1418, 268; 1418, 278. 2) 1. cf. 1414, 109. 3) 1. ef. 1414, 105; 1412, 45.
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205 — mußte er — analog wie Usk und Ustí — Skrekow, in seiner jüngeren Strekow lauten, und ungänglich sprach man ihn Šrekow; die anstrebende Burg ob „Schreckow“ dann Schreckeustein zu nennen, lag demgemäß nahe genug. Der Name eutsprach dann alter Gewohnheit und neuer Mode zugleich, und Peter stand es frei, sich nach dem Meierhofe oder der Burg zi nennen. Peter kam zugleich mit seinem Bruder Heinrich in die Gegend und erhielt zu seinem Unterhalte außer Srekow mit seinen armen Walddörfern uoch das ergiebigere Čalositz bei Leitmeritz zugewiesen. Mit Schluß des Sommers 1318 muß auch seine stolze Burg, wenn auch uur im Haupt theile um den Thurm ohne die spätere Ausstattung fertig gestanden haben. Am 16. Jänner 1319 stellt er bezüglich der von ihm „neuerbauten“ Feste Schreckenstein König Johann die Homagialurkunde desselben Inhalts aus, wie fast gleichzeitig sein Bruder Heinrich bezüglich Kameiks. Peter verzichtet aber darin zugleich auf das Dorf Čalositz, wogegen ihm der König tags vorher als Ersatz 250 Schock Groschen auf die Zolleiu- nahme in Leitmeritz und Aussig verschrieben hatte.1) Peter von Schrecken- stein gelangte also in den Pfaudbesitz dieser Zollstätten, versprach aber seinerseits dem Könige, sobald dieser das Pfand wieder auslösen würde, für das entsprechende Capital anderwärts Landgüter zu kaufen, um sie dem Könige mit Lehenspflicht belastet zuzuführen. Wenn wir die Annahme, daß es die Familie „vom Steine“ war, welcher Peter angehörte, doch nochmals prüfen, so müßte er von vier Brüdern der älteste, jener Heinrich, der Kameiker, der jüngste gewesen sein. In der Mitte hätten dann Eberlin und Konrad gestanden, die uns mit Heinrich, aber — was wir bereits als auffällig bezeichnet — ohne Peter 1301 als Besitzer eines Hauses auf dem Altstädter Ringe genannt werden.2) Um mit jenem Peter vom Stein, der uns seit 1288 in Gesellschaft seines Bruders Konrad urkundlich genannt wird, identisch sein zu können, müßte er an 50 Jahre alt gewesen sein, als er an die Er- bauung des Schreckensteins gegangen war, was ja an sich nicht unglaub- lich ist. Dann wäre es auch derselbe Peter vom Stein gewesen, der schon unter Wenzel II. in Agrarunternehmungen thätig war. Von diesem Könige übernahm er mit seinem Bruder Konrad zusammen das Dorf Libowitz in der Schlaner Gegend gegen 40 Mark und 24 Schinken jährlich in 1) Emler Reg. III 1319, 199. 2) Zákl. st. 9, č. 1, 1301.
205 — mußte er — analog wie Usk und Ustí — Skrekow, in seiner jüngeren Strekow lauten, und ungänglich sprach man ihn Šrekow; die anstrebende Burg ob „Schreckow“ dann Schreckeustein zu nennen, lag demgemäß nahe genug. Der Name eutsprach dann alter Gewohnheit und neuer Mode zugleich, und Peter stand es frei, sich nach dem Meierhofe oder der Burg zi nennen. Peter kam zugleich mit seinem Bruder Heinrich in die Gegend und erhielt zu seinem Unterhalte außer Srekow mit seinen armen Walddörfern uoch das ergiebigere Čalositz bei Leitmeritz zugewiesen. Mit Schluß des Sommers 1318 muß auch seine stolze Burg, wenn auch uur im Haupt theile um den Thurm ohne die spätere Ausstattung fertig gestanden haben. Am 16. Jänner 1319 stellt er bezüglich der von ihm „neuerbauten“ Feste Schreckenstein König Johann die Homagialurkunde desselben Inhalts aus, wie fast gleichzeitig sein Bruder Heinrich bezüglich Kameiks. Peter verzichtet aber darin zugleich auf das Dorf Čalositz, wogegen ihm der König tags vorher als Ersatz 250 Schock Groschen auf die Zolleiu- nahme in Leitmeritz und Aussig verschrieben hatte.1) Peter von Schrecken- stein gelangte also in den Pfaudbesitz dieser Zollstätten, versprach aber seinerseits dem Könige, sobald dieser das Pfand wieder auslösen würde, für das entsprechende Capital anderwärts Landgüter zu kaufen, um sie dem Könige mit Lehenspflicht belastet zuzuführen. Wenn wir die Annahme, daß es die Familie „vom Steine“ war, welcher Peter angehörte, doch nochmals prüfen, so müßte er von vier Brüdern der älteste, jener Heinrich, der Kameiker, der jüngste gewesen sein. In der Mitte hätten dann Eberlin und Konrad gestanden, die uns mit Heinrich, aber — was wir bereits als auffällig bezeichnet — ohne Peter 1301 als Besitzer eines Hauses auf dem Altstädter Ringe genannt werden.2) Um mit jenem Peter vom Stein, der uns seit 1288 in Gesellschaft seines Bruders Konrad urkundlich genannt wird, identisch sein zu können, müßte er an 50 Jahre alt gewesen sein, als er an die Er- bauung des Schreckensteins gegangen war, was ja an sich nicht unglaub- lich ist. Dann wäre es auch derselbe Peter vom Stein gewesen, der schon unter Wenzel II. in Agrarunternehmungen thätig war. Von diesem Könige übernahm er mit seinem Bruder Konrad zusammen das Dorf Libowitz in der Schlaner Gegend gegen 40 Mark und 24 Schinken jährlich in 1) Emler Reg. III 1319, 199. 2) Zákl. st. 9, č. 1, 1301.
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206 Erbpacht.1) Die Höhe dieses Pachtes ist beanständet worden — bei Emler und Czerney —; sie ist aber ganz unauffällig, wenn wir das Ganze als ein Locirungsgeschäft betrachten, so daß die jährliche Leistung aller Emphiteuten in der durch die Erbrichter abzuliefernden Pachtsumnie eingeschlofsen ist. Wir hätten dann in dem Erbauer von Schreckenstein einen jener bürgerlichen Erbrichter vor uns, deren wir schon viele aus der Bürgerschaft hervorgehen sahen, und so wäre es auch wohl erklärlich, daß fortan Peter als Erbrichter in unmittelbar königlichem Dienste von den hausbesitzenden Prager Brüdern gleichsam los getrennt erscheint. Welches der mehreren Záluží in Böhmen noch unserem Peter gehört hat,2) ist schwer bestimmbar; am wahrscheinlichsten wäre dafür das auf dem nachmaligen Gute Lieben bei Prag anzunehmen. Auch dieses läge dann im Bereiche der bürgerlichen Besitzungen. Indem nach dem Heimgange Peters und seiner nächsten Nachkommen ein Streit über die Qualität dieses Gutes entstand, in welchem die Entscheidnng in der Richtung fiel, daß dasselbe Lehengut des Königs sei, so wäre auch die Hypothese gestattet, daß ihm diese Eigenschaft erst von Peter in der oben angeführten Art verliehen worden sei. Beständigkeit von Freundschaft und Feindschaft hat ihre Heimat nicht in der Politik. Kaum hatte König Johann im Schxeckenstein die Trutzburg gegen rebellische Vasallen hinstellen lassen, als er sich genöthigt sah, sie zur Aussöhnung mit denselben an diese hinzugeben. Die Rücksicht auf ihre vielvermögenden Verwandten — die von Michelsberg und Leipa — mag ihn dazu ebenso bestimmt haben, wie es die Minderjährigkeit der Erben des gefallenen Wartenbergers auf Tetschen zuzulassen schien. Schon am 10. September 1319 übertrug König Johann das ganze Lehen, das Peter von Schreckenstein von ihm im Jäner desselben Jahres empfangen hatte, an die Waisen nach Johann von Wartenberg: die Burg Schrecken- stein mit Schwaden — „Budkow“ scheint in der That ein Schreibfehler — und dieselbe Summe von 250 Schock auf der Pfandschaft des Zolles zu Leitmeritz und Aussig, für welche bisher Peter dieses Pfand inne gehabt hatte.3) Daß Petern das Alles vom Könige entsprechend abgelöst wurde, ist als selbstverständlich anzunehmen; die Art der Entschädigung kennen wir aber nicht. Eine Familie „derer von Schreckenstein“ hat also Peter im Gegensatze zu seinem Bruder Heinrich nicht begründen können. Nach 1) Emler R. II 1021. 2) Archiv český III 466. 3) Palacký, Archiv český II, 455, Emler Reg. III 217.
206 Erbpacht.1) Die Höhe dieses Pachtes ist beanständet worden — bei Emler und Czerney —; sie ist aber ganz unauffällig, wenn wir das Ganze als ein Locirungsgeschäft betrachten, so daß die jährliche Leistung aller Emphiteuten in der durch die Erbrichter abzuliefernden Pachtsumnie eingeschlofsen ist. Wir hätten dann in dem Erbauer von Schreckenstein einen jener bürgerlichen Erbrichter vor uns, deren wir schon viele aus der Bürgerschaft hervorgehen sahen, und so wäre es auch wohl erklärlich, daß fortan Peter als Erbrichter in unmittelbar königlichem Dienste von den hausbesitzenden Prager Brüdern gleichsam los getrennt erscheint. Welches der mehreren Záluží in Böhmen noch unserem Peter gehört hat,2) ist schwer bestimmbar; am wahrscheinlichsten wäre dafür das auf dem nachmaligen Gute Lieben bei Prag anzunehmen. Auch dieses läge dann im Bereiche der bürgerlichen Besitzungen. Indem nach dem Heimgange Peters und seiner nächsten Nachkommen ein Streit über die Qualität dieses Gutes entstand, in welchem die Entscheidnng in der Richtung fiel, daß dasselbe Lehengut des Königs sei, so wäre auch die Hypothese gestattet, daß ihm diese Eigenschaft erst von Peter in der oben angeführten Art verliehen worden sei. Beständigkeit von Freundschaft und Feindschaft hat ihre Heimat nicht in der Politik. Kaum hatte König Johann im Schxeckenstein die Trutzburg gegen rebellische Vasallen hinstellen lassen, als er sich genöthigt sah, sie zur Aussöhnung mit denselben an diese hinzugeben. Die Rücksicht auf ihre vielvermögenden Verwandten — die von Michelsberg und Leipa — mag ihn dazu ebenso bestimmt haben, wie es die Minderjährigkeit der Erben des gefallenen Wartenbergers auf Tetschen zuzulassen schien. Schon am 10. September 1319 übertrug König Johann das ganze Lehen, das Peter von Schreckenstein von ihm im Jäner desselben Jahres empfangen hatte, an die Waisen nach Johann von Wartenberg: die Burg Schrecken- stein mit Schwaden — „Budkow“ scheint in der That ein Schreibfehler — und dieselbe Summe von 250 Schock auf der Pfandschaft des Zolles zu Leitmeritz und Aussig, für welche bisher Peter dieses Pfand inne gehabt hatte.3) Daß Petern das Alles vom Könige entsprechend abgelöst wurde, ist als selbstverständlich anzunehmen; die Art der Entschädigung kennen wir aber nicht. Eine Familie „derer von Schreckenstein“ hat also Peter im Gegensatze zu seinem Bruder Heinrich nicht begründen können. Nach 1) Emler R. II 1021. 2) Archiv český III 466. 3) Palacký, Archiv český II, 455, Emler Reg. III 217.
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207 — Czerneys Dafürhalten hätte er sich auf seine Besitzungen bei Böhm. Brod und Prag — auf Klučow und Záluži zurückgezogen. Ju der That finden wir daselbst un 1354 und 1373 uach dem Zeugnisse der Confirmations bücher und der Landtafelreste einen Peter von Kluczow. Das erst- genanute Jahr könnte unser Peter von Schreckenstein selbst noch erlebt haben, den nachfolgend genaunten Peter aber wird man für seinen gleich- uamigen Sohn halten müssen. Die Bezeichnung nobilis und honestus welche diesem beigelegt wird, paßt ganz wohl zu seinem Stande und Herkommen, denn honesti heißen besonders die bürgerlichen Richter. Ein ähnlicher Act der Versöhnung der Wartenberge, mit deren Macht und Verwandtschaft der König rechnen mußte, mag es gewesen sein, welcher auch den Bruder Heinrich in unbestimmbarer Zeit von seiner Gründung Kameik verdrängte. Der Hebergang des Patronats von S. Adalbert mit dem zugehörigen Landbesitze von den Warteubergern an die Kameike von Pokratitz bezeichnet vielleicht einen Act der Entschädigung an letztere, die im Gegensatz zu Peter in der Gegend verblieben. Als daun im I. 1380 die Linie Peters ausstarb, erhoben die Kameike von Pokratitz Erbansprüche auf Záluži, aber vergeblich, indem es als erledigtes Lehen behaudelt ebenfalls an die Wartenberge gelangte. Dagegen konnte nachmals wieder ein Wilhelm von Lstiborž und Konitz nach dem Zwischenregimente der Hasenburger die Burg Kameik an das Geschlecht zurüickbringen. In den Händen der Wartenberge war aber der Schreckenstein nicht in der gewünschten sicheren Hut. Indem sie sich auf Freundschaftsverträge mit den beuachbarten Meißner Fürsten hingewiesen sahen, gelangten sogar letztere eine Zeitlang in den Besitz der Burg, während die Wartenberge selbst unterhalb auf der entgegengesetzten Seite des Stroms gegen Ende des Jahrhunderts ihren „Blankenstein“ erbauten. Unter diesen Verhältnissen zog König Wenzel IV. das Burglehen ein und setzte darauf wieder seinen eigenen Burggrafen, als welchen wir von 1410 einen Wlaško von Kladno fennen lernen. Sollte es jemand interessiren zu fragen, ob auch der vielleicht wieder bürgerlicher, vielleicht gar dentscher Herkuuft war? Wie wenig sich das verneinen, wie wenig bejahen läßt, charakterisirt eben jene Zeit und in ihr wieder weit mehr als andere gerade diese Gesell- schaftskreise. Wie uns der Name Pešek ze Skřekowa uicht schrecken durfte, so ist auch für die Person des neuen Burggrafen weder durch den Wlaško noch durch die Bezeichnung von Kladno etwas entschieden. Das letztere besagt uns, daß er dereinst einer jener armigeri und clientes war, die als junkerliche Beamte, als Vogteileute dem Prager Bisthun
207 — Czerneys Dafürhalten hätte er sich auf seine Besitzungen bei Böhm. Brod und Prag — auf Klučow und Záluži zurückgezogen. Ju der That finden wir daselbst un 1354 und 1373 uach dem Zeugnisse der Confirmations bücher und der Landtafelreste einen Peter von Kluczow. Das erst- genanute Jahr könnte unser Peter von Schreckenstein selbst noch erlebt haben, den nachfolgend genaunten Peter aber wird man für seinen gleich- uamigen Sohn halten müssen. Die Bezeichnung nobilis und honestus welche diesem beigelegt wird, paßt ganz wohl zu seinem Stande und Herkommen, denn honesti heißen besonders die bürgerlichen Richter. Ein ähnlicher Act der Versöhnung der Wartenberge, mit deren Macht und Verwandtschaft der König rechnen mußte, mag es gewesen sein, welcher auch den Bruder Heinrich in unbestimmbarer Zeit von seiner Gründung Kameik verdrängte. Der Hebergang des Patronats von S. Adalbert mit dem zugehörigen Landbesitze von den Warteubergern an die Kameike von Pokratitz bezeichnet vielleicht einen Act der Entschädigung an letztere, die im Gegensatz zu Peter in der Gegend verblieben. Als daun im I. 1380 die Linie Peters ausstarb, erhoben die Kameike von Pokratitz Erbansprüche auf Záluži, aber vergeblich, indem es als erledigtes Lehen behaudelt ebenfalls an die Wartenberge gelangte. Dagegen konnte nachmals wieder ein Wilhelm von Lstiborž und Konitz nach dem Zwischenregimente der Hasenburger die Burg Kameik an das Geschlecht zurüickbringen. In den Händen der Wartenberge war aber der Schreckenstein nicht in der gewünschten sicheren Hut. Indem sie sich auf Freundschaftsverträge mit den beuachbarten Meißner Fürsten hingewiesen sahen, gelangten sogar letztere eine Zeitlang in den Besitz der Burg, während die Wartenberge selbst unterhalb auf der entgegengesetzten Seite des Stroms gegen Ende des Jahrhunderts ihren „Blankenstein“ erbauten. Unter diesen Verhältnissen zog König Wenzel IV. das Burglehen ein und setzte darauf wieder seinen eigenen Burggrafen, als welchen wir von 1410 einen Wlaško von Kladno fennen lernen. Sollte es jemand interessiren zu fragen, ob auch der vielleicht wieder bürgerlicher, vielleicht gar dentscher Herkuuft war? Wie wenig sich das verneinen, wie wenig bejahen läßt, charakterisirt eben jene Zeit und in ihr wieder weit mehr als andere gerade diese Gesell- schaftskreise. Wie uns der Name Pešek ze Skřekowa uicht schrecken durfte, so ist auch für die Person des neuen Burggrafen weder durch den Wlaško noch durch die Bezeichnung von Kladno etwas entschieden. Das letztere besagt uns, daß er dereinst einer jener armigeri und clientes war, die als junkerliche Beamte, als Vogteileute dem Prager Bisthun
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208 — auf Kladuo dienten.1) Das Verhältniß eines cliens zur geistlichen Herr- schaft glich, vom Vogteidienste mit den Waffen abgesehen, im Wesen oft genug einem Pachtverhältnisse, zu dem uicht selten noch eine Erblichkeit des Dienstes kam. Die Gefahren, die darin für die Herrschaft lagen, blieben den kirchlichen Organeu nicht verborgen und sie zogen Junker aus der Bürgerschaft und minder vermögende Familien vor. Deshalb ist mit dem armiger oder cliens auf einem Kirchengute über dessen Her- kunft noch nichts entschieden. Daß auch unser Wlaško oder Blaško — Blasius — diese Laufbahn eingeschlagen, ergeben die wenigen Daten, die wir über ihn besitzen. Bevor er den Schreckenstein im Auftrage des Königs befehligte, finden wir ihn in gleicher Stellung als „Hauptmann“ in Kaaden, sonst aber angesessen auf Litschkau und Liebeschitz bei Saaz.2) Dürfte man annehnen, daß diese beiden Dörfer, die als sein Sitz bezeichnet werden, auch während er seine Dienststellung anderwärts — in Kladno, Kaaden — versah, das Allod seiner Familie bildeten, so müßsten wir deren Herkunft auf eine Saazer, zweifellos seiner Zeit deutsche Bürgerfamilie zurücksühren. Litsch- kau und Höfe in Liebeschitz hatte um 1359 ein aus Eger stammen- der Bürger namens Martin inne gehabt, dessen Sohn Johannes sich nicht mehr de Egra, sondern de Liczkaw nanute. 3) Vierzig Jahre später führte der Besitzer von Litschkau den in der Saazer Bürgerschaft nachgewiesenen Namen Henslin Schadernicht. 4) Dieser Henslin wird aber zugleich als famosus und armiger bezeichnet; er hat also schon sein Bürgerthum mit der Junkerlaufbahn vertauscht, und es ist mindestens möglich, daß unser Blasius als Sohn dieses Hauses seine Angesessenheit auf dessen Gute erlangt hat; es ist trotz dem Wandel der Namen selbst nicht unmöglich, daß er dieses Henslins Sohn sei. Aber wie dem auch sei: das Interessante unserer heimischen Cultur- geschichte jener Zeit liegt nicht darin, zu bestimmen, wie dieser oder jener dröhnende Tschechenname den Deutschen oder doch den Bürger verkleidet; das Interessante ist zu zeigen, wie schwer die Bestimmung der Thatsache sei, welche Herkunft, welche Abstammung hinter den so anspruchsvoll auftretenden Prätensionen einer jüngern Zeit liegt. Bald stand auch Blaško als Burggraf auf dem Schreckeustein wieder unter einem sehr vornehmen Herrn von bestimmt bürgerlicher und 1) 1. erect. 1405, 662 et passim. 2) 1. ef. 1406, 172, 175. 3) 1. crect. I. 1359, 14. 4) 1. cf. 1401, 39; 1403, 91; 1406, 191.
208 — auf Kladuo dienten.1) Das Verhältniß eines cliens zur geistlichen Herr- schaft glich, vom Vogteidienste mit den Waffen abgesehen, im Wesen oft genug einem Pachtverhältnisse, zu dem uicht selten noch eine Erblichkeit des Dienstes kam. Die Gefahren, die darin für die Herrschaft lagen, blieben den kirchlichen Organeu nicht verborgen und sie zogen Junker aus der Bürgerschaft und minder vermögende Familien vor. Deshalb ist mit dem armiger oder cliens auf einem Kirchengute über dessen Her- kunft noch nichts entschieden. Daß auch unser Wlaško oder Blaško — Blasius — diese Laufbahn eingeschlagen, ergeben die wenigen Daten, die wir über ihn besitzen. Bevor er den Schreckenstein im Auftrage des Königs befehligte, finden wir ihn in gleicher Stellung als „Hauptmann“ in Kaaden, sonst aber angesessen auf Litschkau und Liebeschitz bei Saaz.2) Dürfte man annehnen, daß diese beiden Dörfer, die als sein Sitz bezeichnet werden, auch während er seine Dienststellung anderwärts — in Kladno, Kaaden — versah, das Allod seiner Familie bildeten, so müßsten wir deren Herkunft auf eine Saazer, zweifellos seiner Zeit deutsche Bürgerfamilie zurücksühren. Litsch- kau und Höfe in Liebeschitz hatte um 1359 ein aus Eger stammen- der Bürger namens Martin inne gehabt, dessen Sohn Johannes sich nicht mehr de Egra, sondern de Liczkaw nanute. 3) Vierzig Jahre später führte der Besitzer von Litschkau den in der Saazer Bürgerschaft nachgewiesenen Namen Henslin Schadernicht. 4) Dieser Henslin wird aber zugleich als famosus und armiger bezeichnet; er hat also schon sein Bürgerthum mit der Junkerlaufbahn vertauscht, und es ist mindestens möglich, daß unser Blasius als Sohn dieses Hauses seine Angesessenheit auf dessen Gute erlangt hat; es ist trotz dem Wandel der Namen selbst nicht unmöglich, daß er dieses Henslins Sohn sei. Aber wie dem auch sei: das Interessante unserer heimischen Cultur- geschichte jener Zeit liegt nicht darin, zu bestimmen, wie dieser oder jener dröhnende Tschechenname den Deutschen oder doch den Bürger verkleidet; das Interessante ist zu zeigen, wie schwer die Bestimmung der Thatsache sei, welche Herkunft, welche Abstammung hinter den so anspruchsvoll auftretenden Prätensionen einer jüngern Zeit liegt. Bald stand auch Blaško als Burggraf auf dem Schreckeustein wieder unter einem sehr vornehmen Herrn von bestimmt bürgerlicher und 1) 1. erect. 1405, 662 et passim. 2) 1. ef. 1406, 172, 175. 3) 1. crect. I. 1359, 14. 4) 1. cf. 1401, 39; 1403, 91; 1406, 191.
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209 — vieler Wahrscheinlichkeit uach recht „geringer“ Herkunft, der die Lehens- ansprüche auf die Herrschaft Schwaden mit allem Zubehör, zu welchem wenigstens dem Anspruche nach Schreckenstein auch gehörte, zunächst von dem früheren Lehensbesitzer Siegmund von Wartenberg erkauft und dann vom Könige in aller Form erbeten hatte. Es war dies der ursprünglich in jedem Sinne des Wortes namenlose Nikolaus, dem erst sein außergewöhnliches Glück, mit der er eine, wie wir wiederholt zeigten, doch recht gewöhnliche Carrière verfolgte, den Bei- namen des „Reichen“ verschaffte. Der Name „von Prag“, den ihm einige Quellen gaben, ist nach den Verhältnissen der damaligen Zeit doch nur das Zeugniß wirklicher Namenlosigkeit und kann uns allenfalls die Angabe seines Geburtsortes erhalten haben. Eine Niederschrift eines geist lichen Organs 1) nennt ihn, wie anch Hus als Prediger gethan, Nico- laus Angustini, doch wohl nur um der üblichen Formel mit Bei- fügung des Vatersnamen zu folgen. Dabei scheint aber eine Irrung unterlaufen zu sein, wenn nicht gerade ein seltener Zufall zwei Augustine so neben einander gestellt haben sollte. Jedenfalls aber ist jener Prager Apotheker Augustin, den man für jenen hält, nach den Zeugnissen, die uns Tomek in seinen Zá- klady und dessen Nachträgen darbietet, nicht sein Vater, sondern der erste Gemahl iener Ursula gewesen, die unser Nikolaus als Witwe ge- heiratet und deren Besitz den Grundstock zu seinem Vermögen legte. 2) Neben diesem Vermögen hat aber eben so gut die literarische Vorbildung, die damals für einen Laien ein umso werthvollerer weil noch seltener Ge- leitsbrief war, eine Rolle gespielt. Die heutige Schützeninsel in Prag mit ihren damaligen Gärten- landwärts zu beiden Seiten des Flusses je eine Mühle, zwei Häuser am Obstmarkte, dergleichen in der jetzigen Postgasse bildeten eine hübsche Besitz- grundlage, das Schreiberamt beim Unterkämmerer — um 1400 — einen glücklichen Ausgangspunkt zur Erlangung der Gunst höherer Kreise und des Glückes. Schon daß jenes hinterlassene Gut des kinderlos verstorbenen Apothekers nicht an die Kammer heimfiel, sondern auf den Gemahl der Witwe übergehen durfte, verdankte Nikolaus einer Gunstbezeigung König Wenzels. Und solcher Wohlstand wieder half dem namenlosen Nikolaus, als er gleichzeitig das Schreiberamt der Kuttenberger Urbur überkam, sich die fernere Gunst des Königs zu sichern, der bei seinen Urbur- beamten in Vorschuß zu stehen pflegte. 1) Základy 1415 h 246. 2) Základy st. d, 200 č. 459 a.
209 — vieler Wahrscheinlichkeit uach recht „geringer“ Herkunft, der die Lehens- ansprüche auf die Herrschaft Schwaden mit allem Zubehör, zu welchem wenigstens dem Anspruche nach Schreckenstein auch gehörte, zunächst von dem früheren Lehensbesitzer Siegmund von Wartenberg erkauft und dann vom Könige in aller Form erbeten hatte. Es war dies der ursprünglich in jedem Sinne des Wortes namenlose Nikolaus, dem erst sein außergewöhnliches Glück, mit der er eine, wie wir wiederholt zeigten, doch recht gewöhnliche Carrière verfolgte, den Bei- namen des „Reichen“ verschaffte. Der Name „von Prag“, den ihm einige Quellen gaben, ist nach den Verhältnissen der damaligen Zeit doch nur das Zeugniß wirklicher Namenlosigkeit und kann uns allenfalls die Angabe seines Geburtsortes erhalten haben. Eine Niederschrift eines geist lichen Organs 1) nennt ihn, wie anch Hus als Prediger gethan, Nico- laus Angustini, doch wohl nur um der üblichen Formel mit Bei- fügung des Vatersnamen zu folgen. Dabei scheint aber eine Irrung unterlaufen zu sein, wenn nicht gerade ein seltener Zufall zwei Augustine so neben einander gestellt haben sollte. Jedenfalls aber ist jener Prager Apotheker Augustin, den man für jenen hält, nach den Zeugnissen, die uns Tomek in seinen Zá- klady und dessen Nachträgen darbietet, nicht sein Vater, sondern der erste Gemahl iener Ursula gewesen, die unser Nikolaus als Witwe ge- heiratet und deren Besitz den Grundstock zu seinem Vermögen legte. 2) Neben diesem Vermögen hat aber eben so gut die literarische Vorbildung, die damals für einen Laien ein umso werthvollerer weil noch seltener Ge- leitsbrief war, eine Rolle gespielt. Die heutige Schützeninsel in Prag mit ihren damaligen Gärten- landwärts zu beiden Seiten des Flusses je eine Mühle, zwei Häuser am Obstmarkte, dergleichen in der jetzigen Postgasse bildeten eine hübsche Besitz- grundlage, das Schreiberamt beim Unterkämmerer — um 1400 — einen glücklichen Ausgangspunkt zur Erlangung der Gunst höherer Kreise und des Glückes. Schon daß jenes hinterlassene Gut des kinderlos verstorbenen Apothekers nicht an die Kammer heimfiel, sondern auf den Gemahl der Witwe übergehen durfte, verdankte Nikolaus einer Gunstbezeigung König Wenzels. Und solcher Wohlstand wieder half dem namenlosen Nikolaus, als er gleichzeitig das Schreiberamt der Kuttenberger Urbur überkam, sich die fernere Gunst des Königs zu sichern, der bei seinen Urbur- beamten in Vorschuß zu stehen pflegte. 1) Základy 1415 h 246. 2) Základy st. d, 200 č. 459 a.
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210 Auch der damalige Unterkämmerer, der unglückliche Sigmund Huler, war bürgerlich. Unser Nikolaus vertritt ihn während seiner Ge- fangenschaft und tritt nach seinem Tode als Unterkämmerer an seine Stelle. Jetzt kanft seine Ursula noch zwei Häuser auf dem Altstädter Ringe von der Bürgerfamilie Camerer. Dann avancirt der Gemahl zum Oberstlandschreiber und erwirbt gegenüber S. Aegidii in der Domini- kanergasse das Palais, in dem damals die Landtafel sich befand. Bald aber kauft er noch zwei Häuser in der Zeltnergasse und richtet sich da- selbst einen fürstlichen Palast ein. Inzwischen ist aber auch der hohe Beamte mehrfach Grundbesitzer und ein vornehmer Herr geworden. Das Landtafelgebände hat ihm die Stadtgemeinde mit Beibehaltung seiner Verwendung abgekauft — er hat sich indessen im tschechischen Sinne beim Könige mit Erfolg verwendet, die bekanute Umgestaltung der Universitätsverfaffung durchgesetzt uud sich so um die uene Strömung in der Gemeinde große Verdienste erworben — und es folgen die Erwerbungen von Wožic, Egerberg und Okoř, welch letzteres, wie wir sahen, schon vorher einer Bürgerfamilie gehört hatte. Gerade dieses gab uun dem neuen Hause den Namen, und als Niklas von Okoř erwarb nun der Oberstlandschreiber unser Schwaden mit dem Anspruche auf Schreckenstein. Er führte nun natürlich auch ein Wappen, und wenn das bei Czerney abgebildete richtig ist, so trägt das- selbe auch keineswegs Zeichen hohen Alters: der von einem Pfeile durch bohrte Hals eines Pfaus versinubildlicht vielleicht eine weidmännische Großthat des Herrn von Okoř. Ob Nikolaus der Reiche wohl ein Deutscher war, ob seine bür- gerliche Abkunft die Wahrscheinlichkeit dessen einschließt? Wie ließe sich das bestimmen! Er war der persönliche Freund Husens, der moralische Urheber der Katastrophe an der Prager Universität, deren Unterweisung er zweifellos zu einem Theile seine Stellung verdankte, — und bei all dem glaubte er Katholik geblieben zu sein, und bethätigte seinen alten Glauben in den alten Formen reicher Kirchenstistungen. Unsere Frage möchte sich wohl in jener Zeit trotz der Schärfung der Gegensätze, trotz dem erwachten Bewußtsein auf tschechischer Seite immer noch etwas fremd ausgenommen haben. Man kämpfte uur für naheliegende, sichtbare, greif bare Interessen. Sie lagen auf tschechischer Seite offener und drängten sich in einer Zusammenfassung ins Bewußtsein, die auf deutscher Seite fehlte. Nikolaus der Reiche starb ohne männliche Erben. Es ist ein selt- sames Spiel der Geschichte, daß die nachmaligen Besitzer von Schrecken- stein, in deren Walten die architektonische Blüthe und Vollendung des
210 Auch der damalige Unterkämmerer, der unglückliche Sigmund Huler, war bürgerlich. Unser Nikolaus vertritt ihn während seiner Ge- fangenschaft und tritt nach seinem Tode als Unterkämmerer an seine Stelle. Jetzt kanft seine Ursula noch zwei Häuser auf dem Altstädter Ringe von der Bürgerfamilie Camerer. Dann avancirt der Gemahl zum Oberstlandschreiber und erwirbt gegenüber S. Aegidii in der Domini- kanergasse das Palais, in dem damals die Landtafel sich befand. Bald aber kauft er noch zwei Häuser in der Zeltnergasse und richtet sich da- selbst einen fürstlichen Palast ein. Inzwischen ist aber auch der hohe Beamte mehrfach Grundbesitzer und ein vornehmer Herr geworden. Das Landtafelgebände hat ihm die Stadtgemeinde mit Beibehaltung seiner Verwendung abgekauft — er hat sich indessen im tschechischen Sinne beim Könige mit Erfolg verwendet, die bekanute Umgestaltung der Universitätsverfaffung durchgesetzt uud sich so um die uene Strömung in der Gemeinde große Verdienste erworben — und es folgen die Erwerbungen von Wožic, Egerberg und Okoř, welch letzteres, wie wir sahen, schon vorher einer Bürgerfamilie gehört hatte. Gerade dieses gab uun dem neuen Hause den Namen, und als Niklas von Okoř erwarb nun der Oberstlandschreiber unser Schwaden mit dem Anspruche auf Schreckenstein. Er führte nun natürlich auch ein Wappen, und wenn das bei Czerney abgebildete richtig ist, so trägt das- selbe auch keineswegs Zeichen hohen Alters: der von einem Pfeile durch bohrte Hals eines Pfaus versinubildlicht vielleicht eine weidmännische Großthat des Herrn von Okoř. Ob Nikolaus der Reiche wohl ein Deutscher war, ob seine bür- gerliche Abkunft die Wahrscheinlichkeit dessen einschließt? Wie ließe sich das bestimmen! Er war der persönliche Freund Husens, der moralische Urheber der Katastrophe an der Prager Universität, deren Unterweisung er zweifellos zu einem Theile seine Stellung verdankte, — und bei all dem glaubte er Katholik geblieben zu sein, und bethätigte seinen alten Glauben in den alten Formen reicher Kirchenstistungen. Unsere Frage möchte sich wohl in jener Zeit trotz der Schärfung der Gegensätze, trotz dem erwachten Bewußtsein auf tschechischer Seite immer noch etwas fremd ausgenommen haben. Man kämpfte uur für naheliegende, sichtbare, greif bare Interessen. Sie lagen auf tschechischer Seite offener und drängten sich in einer Zusammenfassung ins Bewußtsein, die auf deutscher Seite fehlte. Nikolaus der Reiche starb ohne männliche Erben. Es ist ein selt- sames Spiel der Geschichte, daß die nachmaligen Besitzer von Schrecken- stein, in deren Walten die architektonische Blüthe und Vollendung des
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211 — stolzen Schlosses fällt, einen Mann als Ahn verehrten, dessen Namen und Schicksale denen des Vorgenaunten so auffällig glichen, daß der Geschichts darstellung nicht selten beide Erscheinungen in Eine zusammenflossen — wir meinen Nikolaus „den Armeu“. Auch er beginnt seine Laufbahn als literarisch gebildeter Laie und setzte fast Fuß un Fuß in die Stapfen seines Vorgängers, dem er selbst im Personeunamen folgt, nur daß ihm der große Contrast im Beginne seines Strebens den auszeichnenden Beinamen des Armen verschafft. Er wird wie jener „Schreiber“, Urburschreiber in Kuttenberg, dann Oberstlandschreiber und der Günstling seines Königs. Die Carrière ge- währt ihm die Mittel zum Erwerb von Miltschowes (Miličowes) bei Schönhof im Saazer Kreise, von Lobkowitz, von Nehwizd bei Kaunitz und Widim. Bei Schönhof, Lobkowitz1) und Nehwizd betritt er einst bürgerlichen Boden und von dem einst bürgerlichen Gute nimmt er — wie sein Vorgänger — den in die Geschichte eingetragenen Namen „von Lobkowicz“. Als königlichen Lohn glücklicher Kriegsunternehmungen — die „Schreiber“ von damals taugen zu allerlei — erhält er Hassen- stein mit Deutsch-Kralup und für ähnliche Mühen vor unserem Blanken- stein den Sperlingstein mit dem Pfarrdorfe Neschwitz an der Elbe. Nur ein Unterschied tritt hervor, der im Anblick des Vorangegan- genen der Geschichte klein, ihren „Schreibern“ groß erscheinen mag: zu Nikolaus dem Armen hat sich der ritterliche Ahn gefunden; sein Vater Mareš von Oujezdec saß schon auf Ugest bei Leipa-Habstein. Wir haben zwar in bedenklicher Nähe bürgerliche Unternehmungen getroffen und ge- sehen, wie in Böhmen keine Namensform vor Verdacht und Argwohn schützen kann — nicht hüben, nicht drüben —; aber nach jenem stillen Ugest hat uns keine Beurkundung geführt. 1) Vergl. oben S. 38.
211 — stolzen Schlosses fällt, einen Mann als Ahn verehrten, dessen Namen und Schicksale denen des Vorgenaunten so auffällig glichen, daß der Geschichts darstellung nicht selten beide Erscheinungen in Eine zusammenflossen — wir meinen Nikolaus „den Armeu“. Auch er beginnt seine Laufbahn als literarisch gebildeter Laie und setzte fast Fuß un Fuß in die Stapfen seines Vorgängers, dem er selbst im Personeunamen folgt, nur daß ihm der große Contrast im Beginne seines Strebens den auszeichnenden Beinamen des Armen verschafft. Er wird wie jener „Schreiber“, Urburschreiber in Kuttenberg, dann Oberstlandschreiber und der Günstling seines Königs. Die Carrière ge- währt ihm die Mittel zum Erwerb von Miltschowes (Miličowes) bei Schönhof im Saazer Kreise, von Lobkowitz, von Nehwizd bei Kaunitz und Widim. Bei Schönhof, Lobkowitz1) und Nehwizd betritt er einst bürgerlichen Boden und von dem einst bürgerlichen Gute nimmt er — wie sein Vorgänger — den in die Geschichte eingetragenen Namen „von Lobkowicz“. Als königlichen Lohn glücklicher Kriegsunternehmungen — die „Schreiber“ von damals taugen zu allerlei — erhält er Hassen- stein mit Deutsch-Kralup und für ähnliche Mühen vor unserem Blanken- stein den Sperlingstein mit dem Pfarrdorfe Neschwitz an der Elbe. Nur ein Unterschied tritt hervor, der im Anblick des Vorangegan- genen der Geschichte klein, ihren „Schreibern“ groß erscheinen mag: zu Nikolaus dem Armen hat sich der ritterliche Ahn gefunden; sein Vater Mareš von Oujezdec saß schon auf Ugest bei Leipa-Habstein. Wir haben zwar in bedenklicher Nähe bürgerliche Unternehmungen getroffen und ge- sehen, wie in Böhmen keine Namensform vor Verdacht und Argwohn schützen kann — nicht hüben, nicht drüben —; aber nach jenem stillen Ugest hat uns keine Beurkundung geführt. 1) Vergl. oben S. 38.
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R ittheiſungen des Vereines ſür Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XL. Zahrgang. Redigirt von Dr. A. Sorčička und Dr. O. Weber. Nebst der ltterarischen Betlage. Prag 1902. Im Pelbstverlage des Dereines fur Gefchichte der Deutſchen in Söbmen. S. G. Calve'sche k. u. k. Hof- Josef und Univerfitäts:Buchbandlung Koch. Cominiljtonsveriág.
R ittheiſungen des Vereines ſür Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XL. Zahrgang. Redigirt von Dr. A. Sorčička und Dr. O. Weber. Nebst der ltterarischen Betlage. Prag 1902. Im Pelbstverlage des Dereines fur Gefchichte der Deutſchen in Söbmen. S. G. Calve'sche k. u. k. Hof- Josef und Univerfitäts:Buchbandlung Koch. Cominiljtonsveriág.
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