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Titel - MVGDB
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Název:
Zur wirthschaftlichen und staatlichen Entwicklung des Egerlandes I, MVGDB 36
Autor:
Werhold, A.
Rok vydání:
1898
Místo vydání:
Praha, Wien
Česká národní bibliografie:
Počet stran celkem:
34
Obsah:
- 328: Titel Entwicklung
- 361: Titel - MVGDB
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328 Zur wirthschaftlichen und staatsrechtlichen Entwicklung des Egerlandes. Von A. Werhold. I. Unsere historische Keuntniß über die Zustände des Egerlandes reicht nicht soweit aufwärts, als dies für das westliche und südliche altcultivirte Deutschland der Fall ist und sein kounte. Es ist bekannt und leicht er- klärlich, daß noch sehr lange — ebenso lange uicht nur, sondern länger wie die westlichen Saale und Maingegenden — das östlichere obere Egerthal in seiner weiten dichten Gebirgswaldung von Slawen bewohnt war, die das Germanenthum einst verdrängt hatten. Erst sehr allmälig zeugten Seidentüchern Zollermäßigungen gewährt; so dem Prager Geschäfts- manne Josef Toroni, wie es in der Erklärung der Hofkammer dd. 11. Feb. 1724 heißt: „sowohl diese inländische Manufactur zu befördern und emporzubringen, als auch noch mehr andere Fabrikanten zu dergleichen dem publico nutzbaren Unternehmungen anzufrischen.“ H.-K.-A.
328 Zur wirthschaftlichen und staatsrechtlichen Entwicklung des Egerlandes. Von A. Werhold. I. Unsere historische Keuntniß über die Zustände des Egerlandes reicht nicht soweit aufwärts, als dies für das westliche und südliche altcultivirte Deutschland der Fall ist und sein kounte. Es ist bekannt und leicht er- klärlich, daß noch sehr lange — ebenso lange uicht nur, sondern länger wie die westlichen Saale und Maingegenden — das östlichere obere Egerthal in seiner weiten dichten Gebirgswaldung von Slawen bewohnt war, die das Germanenthum einst verdrängt hatten. Erst sehr allmälig zeugten Seidentüchern Zollermäßigungen gewährt; so dem Prager Geschäfts- manne Josef Toroni, wie es in der Erklärung der Hofkammer dd. 11. Feb. 1724 heißt: „sowohl diese inländische Manufactur zu befördern und emporzubringen, als auch noch mehr andere Fabrikanten zu dergleichen dem publico nutzbaren Unternehmungen anzufrischen.“ H.-K.-A.
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329 trat eine germanische Rückflutung von zunächst nur geringem Erfolge ein. Spärliche unbestimmte Nachrichten lassen kaum eine sichere Auffassung zu. Unzweifelhaft lehrt die geographische Lage, daß das Egerthal mit seinem westlichen Gebirgspasse ebenso ein Ausfallsthor von böhmischer Seite her, wie der Schlüissel zu Böhmen für Deutschland war, und die Geschichte zeigt auch später ein stetes Ringen um den Besitz des Egerlandes zwischen Böhmen und Deutschland. Selbst wenn in Folge des sieg- reichen Kriegszugs Kaiser Heinrichs II. gegen den Böhmen vergewaltigen- den Polenherrscher 1004 oder um diese Zeit die Errichtung ienes räthsel haften schwarzen Thurmes in der späteren Egerburg als Kriegswarte in dem Egerpasse erfolgt sein mag, wo einer von Westen und Süd- westen her friedlich vordringenden deutschen Ansiedelung, „Ausreutung' und Cultivirung leichterer Zugang geöffnet war, finden wir das Land als fremdartige regio Slavorum bezeichnet, obwohl es auch im deutschen Machtbereiche der westlichen, immerhin doch entfernten Markgrafen des Bayrisch-Ostfränkischen Nordgaus lag. Die gedachten Markgrafen werden in den damaligen politischen Wirren und vielfachem Kriegsgetümmel wohl zienlich unbekümmert mu die in diesen östlichen Gebirgswaldungen ent stehenden einzelnen Ausiedelungen und wenig fürsorglich für dieselben ge- wesen sein. Eine organisirende Thätigkeit mit Leitung planmäßiger Colonisation ist uirgend erkeunbar1) und der etwa deutsch gewordene Laudstrich blieb ohne Einziehung in die anderwärts bestehende deutsche Gauverfassung, ohne Angliederung an die alten Gaue. Immerhin mochte 1) Die Berufung H. Gradls (Zur ältesten Geschichte der regio Egere. Mitth. d. V. f. G. d. D. in B. XXIV p. 1.) auf Giesebrecht trifft nicht zu, da Letzterer den ihm untergelegten Gedanken eines politischen endgiltigen Erwerbs des Eger- landes zu dieser Zeit gar nicht hat. Vergl. Büdinger Gesch. v. Desterreich I, 342. — Dem Kriegszuge Heinrichs II. fehlte jeder Zweck eines zu erobern den Landerwerbes, und wirklich findet sich von Eroberung des Egerlandes 1004, von Erwerb im Friedensschluß und Abtretung (seitens des gar nicht feind¬ lichen, sogar durch Heinrich selbst mit Vertreibung des polnischen Ufurpators eingesetzten Herzogs!), von förmlicher politischer Annectirung und Einrichtung einer Verwaltung (H. Gradl, Gesch. d. Egerlands, Prag 1893, S. 46) keine Erwähnung. — Und wieso dem Schweinfurter Markgrafen Heinrich Hezilo) 1010 nach seiner Versöhnung mit dem Kaiser und Wiedergewinn voller Gnade die Stellung als Markgraf des verkleinerten Bezirks abgesprochen werden soll, da der Ann. Saxo und Thietmar ihn beharrlich auch ferner so nennen, ift nicht nachweisbar. Hat doch noch bei desfen Sohne Otto H. Gradl selbft gesagt, daß für damals eine bloße Titelbezeichnung nicht an- nehmbar und Otto daher als wirklicher Markgraf anzusehen sei.
329 trat eine germanische Rückflutung von zunächst nur geringem Erfolge ein. Spärliche unbestimmte Nachrichten lassen kaum eine sichere Auffassung zu. Unzweifelhaft lehrt die geographische Lage, daß das Egerthal mit seinem westlichen Gebirgspasse ebenso ein Ausfallsthor von böhmischer Seite her, wie der Schlüissel zu Böhmen für Deutschland war, und die Geschichte zeigt auch später ein stetes Ringen um den Besitz des Egerlandes zwischen Böhmen und Deutschland. Selbst wenn in Folge des sieg- reichen Kriegszugs Kaiser Heinrichs II. gegen den Böhmen vergewaltigen- den Polenherrscher 1004 oder um diese Zeit die Errichtung ienes räthsel haften schwarzen Thurmes in der späteren Egerburg als Kriegswarte in dem Egerpasse erfolgt sein mag, wo einer von Westen und Süd- westen her friedlich vordringenden deutschen Ansiedelung, „Ausreutung' und Cultivirung leichterer Zugang geöffnet war, finden wir das Land als fremdartige regio Slavorum bezeichnet, obwohl es auch im deutschen Machtbereiche der westlichen, immerhin doch entfernten Markgrafen des Bayrisch-Ostfränkischen Nordgaus lag. Die gedachten Markgrafen werden in den damaligen politischen Wirren und vielfachem Kriegsgetümmel wohl zienlich unbekümmert mu die in diesen östlichen Gebirgswaldungen ent stehenden einzelnen Ausiedelungen und wenig fürsorglich für dieselben ge- wesen sein. Eine organisirende Thätigkeit mit Leitung planmäßiger Colonisation ist uirgend erkeunbar1) und der etwa deutsch gewordene Laudstrich blieb ohne Einziehung in die anderwärts bestehende deutsche Gauverfassung, ohne Angliederung an die alten Gaue. Immerhin mochte 1) Die Berufung H. Gradls (Zur ältesten Geschichte der regio Egere. Mitth. d. V. f. G. d. D. in B. XXIV p. 1.) auf Giesebrecht trifft nicht zu, da Letzterer den ihm untergelegten Gedanken eines politischen endgiltigen Erwerbs des Eger- landes zu dieser Zeit gar nicht hat. Vergl. Büdinger Gesch. v. Desterreich I, 342. — Dem Kriegszuge Heinrichs II. fehlte jeder Zweck eines zu erobern den Landerwerbes, und wirklich findet sich von Eroberung des Egerlandes 1004, von Erwerb im Friedensschluß und Abtretung (seitens des gar nicht feind¬ lichen, sogar durch Heinrich selbst mit Vertreibung des polnischen Ufurpators eingesetzten Herzogs!), von förmlicher politischer Annectirung und Einrichtung einer Verwaltung (H. Gradl, Gesch. d. Egerlands, Prag 1893, S. 46) keine Erwähnung. — Und wieso dem Schweinfurter Markgrafen Heinrich Hezilo) 1010 nach seiner Versöhnung mit dem Kaiser und Wiedergewinn voller Gnade die Stellung als Markgraf des verkleinerten Bezirks abgesprochen werden soll, da der Ann. Saxo und Thietmar ihn beharrlich auch ferner so nennen, ift nicht nachweisbar. Hat doch noch bei desfen Sohne Otto H. Gradl selbft gesagt, daß für damals eine bloße Titelbezeichnung nicht an- nehmbar und Otto daher als wirklicher Markgraf anzusehen sei.
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330 die Lage der Dinge es mit sich bringen, daß die deutschen Ausiedler nach dem Rechtss und Friedensschutze ihrer der nordgauischen Mark eingesessenen Stammesbrüder strebten und sich in ihrer Vereinzelung von selbst der nachbarlichen Markgewalt anschmiegten und unterstellten,1) unter bereit- williger Uebernahme der sich daraus für jeden Markgenossen ergebenden Zinszahlung nach alten Rechte, wodurch ja ihr dem herrenlosen Boden der regio Slavorum abgerungenes Besitzthum den Charakter „ächten Eigenthums“ nicht verlor. Die markgräfliche Gewalt war überdies dadurch geschwächt, daß durch die Stiftung des Bisthums Bamberg 1006 ihr Gebiet in zwei getrenute Stücke zerrissen war und der Schwerpunkt in den westlichen Theil (Schweinfurt) fiel. Anch eine kirchliche Einwirkung dieses Bisthums kounte eine uur sehr mittelbare sein und eine kirchliche Organisation, die sich so häufig als Anlaß und Grundlage einer weltlichen zeigt, konnte von dort ans im Egerlande nicht statt finden, da die Egergegenden, wie das ganze slawische Böhmen, den ent fernteren südlichen Bisthum Regensburg vorbehalten blieb. Expansiv- kraft und Expansivbedürfniß des christlichen Germanenthuns war hier noch nicht erwacht, eine von der Staatsgewalt geleitete Organisation noch nicht begonnen. Erst die unter Kaiser Heinrich IV. nach Abgang der alten nordgani- schen Markgrafen (Otto von Schweinfurt † 1057) aus der Kehlheimer Donaugegend in den Nordgaubezirk, in die Marken der Oberpfalz: Cham und Nabburg mit Wernberg und Weiden, gelangten schwäbischen Diet- polde und Kapotonen von Giengen und Pfalzgrafen von Vohburg — Söhne und Nachkommen des (um 1059 urkundlichen) Grafen Dietpoldt2) — führten eine Wendung herbei. Sie schoben sich mit dem obigen ober- pfälzischen Besitze zwischen die westlichere bedeutende Grafschaft Sulzbach (die von Schambach, westlich von Regensburg, über Parsberg, Castel, Sulzbach, Parkstein bis Floß sich erstreckte)3) und die böhmischen Grenz gebirge, und werden auch urkundlich 1077 in Markgrafenstellung, also im Besitze einer Landesmark aufgeführt. Fast ein Jahrhundert lang er scheinen die Vohburge planmäßig vordringend, eifrig aneignend4) und mittels der Ihrigen — Dienstleuten höherer oder niedrigerer Art und 1) Drivok Aeltere Gesch. v. Eger (Leipzig 1875). p. 19. 2) S. Riezler, Gesch. Baierns I, Gotha 1878, S. 875. 3) Sorgsame Zusammenstellung H. Gradls (Mitth. XXIV. p. 4—6). 4) Große Eigengüter der Vohburge im Egerlande erkeunt auch Gradl (Gesch. S. 51) als Verwandschaftserbe von den Kapotonen (oder Geschenk des Kai-
330 die Lage der Dinge es mit sich bringen, daß die deutschen Ausiedler nach dem Rechtss und Friedensschutze ihrer der nordgauischen Mark eingesessenen Stammesbrüder strebten und sich in ihrer Vereinzelung von selbst der nachbarlichen Markgewalt anschmiegten und unterstellten,1) unter bereit- williger Uebernahme der sich daraus für jeden Markgenossen ergebenden Zinszahlung nach alten Rechte, wodurch ja ihr dem herrenlosen Boden der regio Slavorum abgerungenes Besitzthum den Charakter „ächten Eigenthums“ nicht verlor. Die markgräfliche Gewalt war überdies dadurch geschwächt, daß durch die Stiftung des Bisthums Bamberg 1006 ihr Gebiet in zwei getrenute Stücke zerrissen war und der Schwerpunkt in den westlichen Theil (Schweinfurt) fiel. Anch eine kirchliche Einwirkung dieses Bisthums kounte eine uur sehr mittelbare sein und eine kirchliche Organisation, die sich so häufig als Anlaß und Grundlage einer weltlichen zeigt, konnte von dort ans im Egerlande nicht statt finden, da die Egergegenden, wie das ganze slawische Böhmen, den ent fernteren südlichen Bisthum Regensburg vorbehalten blieb. Expansiv- kraft und Expansivbedürfniß des christlichen Germanenthuns war hier noch nicht erwacht, eine von der Staatsgewalt geleitete Organisation noch nicht begonnen. Erst die unter Kaiser Heinrich IV. nach Abgang der alten nordgani- schen Markgrafen (Otto von Schweinfurt † 1057) aus der Kehlheimer Donaugegend in den Nordgaubezirk, in die Marken der Oberpfalz: Cham und Nabburg mit Wernberg und Weiden, gelangten schwäbischen Diet- polde und Kapotonen von Giengen und Pfalzgrafen von Vohburg — Söhne und Nachkommen des (um 1059 urkundlichen) Grafen Dietpoldt2) — führten eine Wendung herbei. Sie schoben sich mit dem obigen ober- pfälzischen Besitze zwischen die westlichere bedeutende Grafschaft Sulzbach (die von Schambach, westlich von Regensburg, über Parsberg, Castel, Sulzbach, Parkstein bis Floß sich erstreckte)3) und die böhmischen Grenz gebirge, und werden auch urkundlich 1077 in Markgrafenstellung, also im Besitze einer Landesmark aufgeführt. Fast ein Jahrhundert lang er scheinen die Vohburge planmäßig vordringend, eifrig aneignend4) und mittels der Ihrigen — Dienstleuten höherer oder niedrigerer Art und 1) Drivok Aeltere Gesch. v. Eger (Leipzig 1875). p. 19. 2) S. Riezler, Gesch. Baierns I, Gotha 1878, S. 875. 3) Sorgsame Zusammenstellung H. Gradls (Mitth. XXIV. p. 4—6). 4) Große Eigengüter der Vohburge im Egerlande erkeunt auch Gradl (Gesch. S. 51) als Verwandschaftserbe von den Kapotonen (oder Geschenk des Kai-
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331 Eigenhörigen, die sie hinversetzten — die Gegend cultivirend. Sie festigten das so Erworbene mit starker Hand. Sie wirkten und warben dadurch als Reichsfürsten natürlich überhaupt für den Deutschen „Reichsverband" dessen Ostgreuze sie über das Fichtelgebirge hinaus über die Egergegend erweiterten; sie thaten es zugleich und zunächst aber für ihre „eigene staatsrechtliche unmittelbare Herrschaft“, die sie von Kaiser und Reich als Hoheitslehen trugen, und die bald ihr überwiegendes Schwergewicht in dem neu errungenen Egerlande fand. Dies ist eine staatsrechtliche Unterscheidung, die uicht außer Beachtung bleiben darf. Ausgefertigte Leheubriefe seitens der Reichsgewalt sind weder für ihre ältere gräfliche oder pfalzgräfliche, noch für ihre neuere marfgräf liche Stellung bekannt. Und ebensowenig ist für eine formale Ueberweisung des zu erwerbenden Egerbezirks au sie der Nachweis zu erbringen mit etwa daran geknüpften bedingeuden Modalitäten, mit etwaiger Begrenzung des nen zu schaffenden Culturbezirks, der nach Westen wohl durch den Waldstein-Ge- birgszug begrenzt, nordwärts sich wohl unbestimmt, und ostwärts ins Unabge- messene erstreckt haben wird, wie wir denn später Elbogen, Sandau, Königswart in den deutschen Bereich gezogen finden. Bekanutlich standen aber die drei wendischen Marken, die Lausitzer Ostmark, wie die thüringische Mark Meißen, und so auch die hiesige Nordmark umuittelbar und frei von jeder Herzogsgewalt unter dem Reiche, uur wenig beschränkt in eutsprechender Selbständigkeit als territoriale Einheit. Die Markgrafenge- walt war und blieb straffer, wurde auch durch etwaige königliche Execu- tionen weniger eingeengt als andere herzogliche oder gräfliche Stellungen; uach allen Richtungen entwickelte sie sich selbständig. Kraft des alt-ursprünglichen Boden-Regals stand alles zur Cultivi- rung gezogene Land allerdings vorerst dem Reiche als Reichsboden zu, sodann aber den Fürsten auf Grund ihrer Reichsbelehnung, sowie den von ihnen selbst, oder etwa auch vom Reiche unmittelbar damit ausgestatteten (geistlichen oder weltlichen) Grundherren. Das ursprüngliche königl. Boden- Regal gestaltete sich bald von einem königl. Hoheitsrechte in ein Territorial- recht der Landesfürsten um. Aus dem Reichsrechte wurde ein reichslehnbares Territorialrecht, da sich schon frühe die staatsrechtliche Auffassung bildete, daß die mit markgräflichem oder gräflichem Rechte über die nenen Gebiete belehnten Fürsten damit auch das Boden-Regal in ihren Territorien zu jers) an. Es kommt aber auf den Charakter ihrer ersten Erwerbung an, darauf, wie der Eigenbesitz bei den Kapotonen, die dasselbe Geschlecht mit den Vohburgen sind, entstanden ist.
331 Eigenhörigen, die sie hinversetzten — die Gegend cultivirend. Sie festigten das so Erworbene mit starker Hand. Sie wirkten und warben dadurch als Reichsfürsten natürlich überhaupt für den Deutschen „Reichsverband" dessen Ostgreuze sie über das Fichtelgebirge hinaus über die Egergegend erweiterten; sie thaten es zugleich und zunächst aber für ihre „eigene staatsrechtliche unmittelbare Herrschaft“, die sie von Kaiser und Reich als Hoheitslehen trugen, und die bald ihr überwiegendes Schwergewicht in dem neu errungenen Egerlande fand. Dies ist eine staatsrechtliche Unterscheidung, die uicht außer Beachtung bleiben darf. Ausgefertigte Leheubriefe seitens der Reichsgewalt sind weder für ihre ältere gräfliche oder pfalzgräfliche, noch für ihre neuere marfgräf liche Stellung bekannt. Und ebensowenig ist für eine formale Ueberweisung des zu erwerbenden Egerbezirks au sie der Nachweis zu erbringen mit etwa daran geknüpften bedingeuden Modalitäten, mit etwaiger Begrenzung des nen zu schaffenden Culturbezirks, der nach Westen wohl durch den Waldstein-Ge- birgszug begrenzt, nordwärts sich wohl unbestimmt, und ostwärts ins Unabge- messene erstreckt haben wird, wie wir denn später Elbogen, Sandau, Königswart in den deutschen Bereich gezogen finden. Bekanutlich standen aber die drei wendischen Marken, die Lausitzer Ostmark, wie die thüringische Mark Meißen, und so auch die hiesige Nordmark umuittelbar und frei von jeder Herzogsgewalt unter dem Reiche, uur wenig beschränkt in eutsprechender Selbständigkeit als territoriale Einheit. Die Markgrafenge- walt war und blieb straffer, wurde auch durch etwaige königliche Execu- tionen weniger eingeengt als andere herzogliche oder gräfliche Stellungen; uach allen Richtungen entwickelte sie sich selbständig. Kraft des alt-ursprünglichen Boden-Regals stand alles zur Cultivi- rung gezogene Land allerdings vorerst dem Reiche als Reichsboden zu, sodann aber den Fürsten auf Grund ihrer Reichsbelehnung, sowie den von ihnen selbst, oder etwa auch vom Reiche unmittelbar damit ausgestatteten (geistlichen oder weltlichen) Grundherren. Das ursprüngliche königl. Boden- Regal gestaltete sich bald von einem königl. Hoheitsrechte in ein Territorial- recht der Landesfürsten um. Aus dem Reichsrechte wurde ein reichslehnbares Territorialrecht, da sich schon frühe die staatsrechtliche Auffassung bildete, daß die mit markgräflichem oder gräflichem Rechte über die nenen Gebiete belehnten Fürsten damit auch das Boden-Regal in ihren Territorien zu jers) an. Es kommt aber auf den Charakter ihrer ersten Erwerbung an, darauf, wie der Eigenbesitz bei den Kapotonen, die dasselbe Geschlecht mit den Vohburgen sind, entstanden ist.
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332 ihrer Verfügung erworben hätten. Nicht die gesammten großen, ganze weite Länder umfassenden cultivirten Theile Nords und Ostdeutschlands in den Händen der Welfen, der Brandenburger Markgrafen 2c. waren Reichsdomainen, weil sie auch dem Reichsverbande unterstanden! Dies wird auch hier jür das Egerland festzuhalten nnd zu be- tonen sein.1) Die Vohburge erwarben hier bei ihrem cultivirenden Vorschreiten vielfach und wohf hauptsächlich eigenen Grund und Boden zu eigener Nutzung des Erworbenen mittelst Anlegnng von Wirthschaftshöfen oder durch Uebergabe an andere Nutznießer gegen Abgabe von den Nutzungen. Alles herrenlos gewesene oder gewordene, eroberte, früheren Besitzern entzogene, unbebante Land galt grundsätzlich als der Herrschaft zugefallen, und das wichtigste, fast einzige finanzielle Recht war damals das auf die Erträguisse eines ummittelbar zustehenden Bodens. Auch andere größere Grundherren ans südlichen und westlichen Ge- genden mögen zur Cultivirung von den Vohburgen selbst mit heran- gezogen worden sein; und auch geringere „Freie“ werden sich vielleich: schon Aufangs den Culturunternehmungen angeschlossen und daun auc später in der allmälig gesicherteren und in Cultivirung fortschreiten- den Landschaft sich an ihnen geeigneten Puukten, die sie selbst wählten oder überwiesen erhielten, niedergelassen haben (Namen aus jener Zeit sind Freilich nicht genannt). Natürlich konnten es uur in ihrer Freizügigkeit nicht beschränkte „Freie" sein, die allein Eigen erwerben und selbstän- dige Niederlassungen bewirfen kounten. Alle aber, jene Grundherren wie diese, die sich den gestellten Bedingungen (Naturalabgabe, Zins &.) zu fügen hatten, ohne dadurch ihre Freiheit einzubüßen, standen dann unter Hoheit der Markgrafen. Ob und wie es großen Familien gelingen konnte, sich von dieser letzteren loszulösen, etwa bei angrenzendem anderweitigem Besitzthume, mußte dahin stehen. Wieweit die Vob- burge in Nord oder West etwa mit anderen, von anderer Seite her vordringenden höheren Herren, den Andechs-Meranen, oder den Voigten von Gleisberg und Weyda, oder den auch nordwärts über Floß gegen Tirschenreut und sogar bei Arzberg weiter schreitenden Sulzbach sich berührten und auseinander setzten, läßt sich uicht 1) Diese Auffassung weicht in den wesentlichsten Punften von den Ansichten bei Gradl, Gesch. des Egerlandes, ab, so daß sich in Folge dessen auch weiterhin über die staatsrechtliche Grundlage und die aus ihr hervorrgehenden An- schannngen eine ganz andere Anfjassung ergibt.
332 ihrer Verfügung erworben hätten. Nicht die gesammten großen, ganze weite Länder umfassenden cultivirten Theile Nords und Ostdeutschlands in den Händen der Welfen, der Brandenburger Markgrafen 2c. waren Reichsdomainen, weil sie auch dem Reichsverbande unterstanden! Dies wird auch hier jür das Egerland festzuhalten nnd zu be- tonen sein.1) Die Vohburge erwarben hier bei ihrem cultivirenden Vorschreiten vielfach und wohf hauptsächlich eigenen Grund und Boden zu eigener Nutzung des Erworbenen mittelst Anlegnng von Wirthschaftshöfen oder durch Uebergabe an andere Nutznießer gegen Abgabe von den Nutzungen. Alles herrenlos gewesene oder gewordene, eroberte, früheren Besitzern entzogene, unbebante Land galt grundsätzlich als der Herrschaft zugefallen, und das wichtigste, fast einzige finanzielle Recht war damals das auf die Erträguisse eines ummittelbar zustehenden Bodens. Auch andere größere Grundherren ans südlichen und westlichen Ge- genden mögen zur Cultivirung von den Vohburgen selbst mit heran- gezogen worden sein; und auch geringere „Freie“ werden sich vielleich: schon Aufangs den Culturunternehmungen angeschlossen und daun auc später in der allmälig gesicherteren und in Cultivirung fortschreiten- den Landschaft sich an ihnen geeigneten Puukten, die sie selbst wählten oder überwiesen erhielten, niedergelassen haben (Namen aus jener Zeit sind Freilich nicht genannt). Natürlich konnten es uur in ihrer Freizügigkeit nicht beschränkte „Freie" sein, die allein Eigen erwerben und selbstän- dige Niederlassungen bewirfen kounten. Alle aber, jene Grundherren wie diese, die sich den gestellten Bedingungen (Naturalabgabe, Zins &.) zu fügen hatten, ohne dadurch ihre Freiheit einzubüßen, standen dann unter Hoheit der Markgrafen. Ob und wie es großen Familien gelingen konnte, sich von dieser letzteren loszulösen, etwa bei angrenzendem anderweitigem Besitzthume, mußte dahin stehen. Wieweit die Vob- burge in Nord oder West etwa mit anderen, von anderer Seite her vordringenden höheren Herren, den Andechs-Meranen, oder den Voigten von Gleisberg und Weyda, oder den auch nordwärts über Floß gegen Tirschenreut und sogar bei Arzberg weiter schreitenden Sulzbach sich berührten und auseinander setzten, läßt sich uicht 1) Diese Auffassung weicht in den wesentlichsten Punften von den Ansichten bei Gradl, Gesch. des Egerlandes, ab, so daß sich in Folge dessen auch weiterhin über die staatsrechtliche Grundlage und die aus ihr hervorrgehenden An- schannngen eine ganz andere Anfjassung ergibt.
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333 — näher darlegen.1) Anderseits iit bei Anerkennung des Angesessen seins anderer in ihrem Gebiete selbst mit freiem Eigenthume daran festzuhalten, daß die Markgrafengewalt ja nicht auf Eigenthumsbesitz des ganzen Bodens der Markgrafschaft durch die Markgrafen beruhte Speciell für das Reich unmittelbar vorbehaltene Theile des Egerlandes sind in der ganzen Periode der Bohburge nirgend fundbar. Eigentliche Krongüter erscheinen hier nicht, uur landesherrlich Vohburgischer neben anderweitigem Eigen bezw. Lehenbesitz gewisser Grundherren und neben Einzelsiedelungen, die sich später zu Gruppen zusammenschlossen. Ebeu sowenig erscheint in dieser ganzen Zeitperiode ein unmittelbarer Wald besitz der Reichsgewalt vorbehalten. Daß die Niederlassungen natürlich uur mit den Arbeitskräften mitgeführter eigener Leute bewirkt werden kounten, ergibt den verschiedenartigen Charakter der sich bildenden deutschen Neubevölferung. Wesentlich wurde, daß es nicht bloß bei vereinzelten Ansiedelungen blieb, daß die Vohburge vielmehr einen Mittelpunkt ihres so in den östlichen Ausläufen des Fichtelgebirges erworbenen und an der oberen Eger ostwärts sich erweiternden Besitzthums schufen und daß sie in der Landschaft, so glaublich wie nothwendig, eine Pfalz gründeten, die unter den früheren nordgauischen Markgrafen noch uicht hervortritt, da 2) unter diesen von Eger noch keine Rede ist. Es ist ihre Egerburg.2) auj dem hohen Felsufer an Egerflusse erbaut, neben dem einsamen alten schwarzen räthselhaften Thurme, einer Kriegswarte aus frühester Zeit; fränkisch-romanische Bauweise wollen Bauverständige in ihm er- kennen. War er schon seit den böhmischen Kriegen 1004 unter Heinrich II. oder 1040 unter dem fränkischen Kaiser Heinrich III. errichtet: jedenfalls hat er einst außer dieser militärischen Bestimmung an der Grenze, die in Friedenszeiten ihre Wichtigkeit verlor, die Grundlage zu weiterer politischer Wirksamkeit von dort aus auf die Gegend nicht gegeben. Eine solche erhellt auch aus der späteren Zeit der nordganischen Markgrafen nicht. Es scheint ein ziemlich verlorener Waldpunkt auf einer kleinen Dase im einstmals als Reichsboden besetzten Gebiet in den Waldbergen gewesen zu sein, der dann von den Vohburgen erst wieder, sozusagen, entdeckt und aufgenom- men worden, um politisches Leben daran zu knüpfen. 1) Daß das Egerland erst später zu deren Gunsten durch Abreißungen verkleinert worden, und zwar durch die Stanffen (H. Gradl p. 25, 26), erscheint nicht wohl begründet. 2) Grueber: Kaiserburg zu Eger (Prag 1864).
333 — näher darlegen.1) Anderseits iit bei Anerkennung des Angesessen seins anderer in ihrem Gebiete selbst mit freiem Eigenthume daran festzuhalten, daß die Markgrafengewalt ja nicht auf Eigenthumsbesitz des ganzen Bodens der Markgrafschaft durch die Markgrafen beruhte Speciell für das Reich unmittelbar vorbehaltene Theile des Egerlandes sind in der ganzen Periode der Bohburge nirgend fundbar. Eigentliche Krongüter erscheinen hier nicht, uur landesherrlich Vohburgischer neben anderweitigem Eigen bezw. Lehenbesitz gewisser Grundherren und neben Einzelsiedelungen, die sich später zu Gruppen zusammenschlossen. Ebeu sowenig erscheint in dieser ganzen Zeitperiode ein unmittelbarer Wald besitz der Reichsgewalt vorbehalten. Daß die Niederlassungen natürlich uur mit den Arbeitskräften mitgeführter eigener Leute bewirkt werden kounten, ergibt den verschiedenartigen Charakter der sich bildenden deutschen Neubevölferung. Wesentlich wurde, daß es nicht bloß bei vereinzelten Ansiedelungen blieb, daß die Vohburge vielmehr einen Mittelpunkt ihres so in den östlichen Ausläufen des Fichtelgebirges erworbenen und an der oberen Eger ostwärts sich erweiternden Besitzthums schufen und daß sie in der Landschaft, so glaublich wie nothwendig, eine Pfalz gründeten, die unter den früheren nordgauischen Markgrafen noch uicht hervortritt, da 2) unter diesen von Eger noch keine Rede ist. Es ist ihre Egerburg.2) auj dem hohen Felsufer an Egerflusse erbaut, neben dem einsamen alten schwarzen räthselhaften Thurme, einer Kriegswarte aus frühester Zeit; fränkisch-romanische Bauweise wollen Bauverständige in ihm er- kennen. War er schon seit den böhmischen Kriegen 1004 unter Heinrich II. oder 1040 unter dem fränkischen Kaiser Heinrich III. errichtet: jedenfalls hat er einst außer dieser militärischen Bestimmung an der Grenze, die in Friedenszeiten ihre Wichtigkeit verlor, die Grundlage zu weiterer politischer Wirksamkeit von dort aus auf die Gegend nicht gegeben. Eine solche erhellt auch aus der späteren Zeit der nordganischen Markgrafen nicht. Es scheint ein ziemlich verlorener Waldpunkt auf einer kleinen Dase im einstmals als Reichsboden besetzten Gebiet in den Waldbergen gewesen zu sein, der dann von den Vohburgen erst wieder, sozusagen, entdeckt und aufgenom- men worden, um politisches Leben daran zu knüpfen. 1) Daß das Egerland erst später zu deren Gunsten durch Abreißungen verkleinert worden, und zwar durch die Stanffen (H. Gradl p. 25, 26), erscheint nicht wohl begründet. 2) Grueber: Kaiserburg zu Eger (Prag 1864).
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334 — Nach Schaffung eines Mittelpunttes 1) erst kounte auch von um- fassender, planmäßig vorschreitender Cultivirung die Rede sein, und wahrscheinlich durch Anlage einer völligen Pfalz für die Markgrafen selbst. Zweisel os gelangten auch hier außer dem Amtshofe bei der Pfalz selbst auch noch auswärts in näherem und weiterem Umkreise herrschaft lich vohlurgische Nebenhöfe zur Aulage, verknüpft mit ersterem als dem Oberhofe. Besonders genannt als solche sind freilich keine und Urkunden aus dieser Zeit nicht zu erwarten. Die Ländereien waren dabei nach Hof- recht (für die Hintersassen) oder Dienstrecht (für die Dienstmannen) aus gestattet, welches letztere sich aber bald zu Leheurecht erhob. Den Oberhof selbst bewohnte und verwaltete überall ein Officiatus, rector officii, ein herrschafili- cher Oberbeamter, dem niedere Beamte unterstanden; wie diese, war auch er mit Dienstgut begabt, dessen Gefälle ihm zufielen; er führte die Verwaltung der sämmtlichen Ländereien, wie er die Erhebung der erwachsenden Ab- gaben des Bezirkes bewirkte und die Hofrechts-Gerichtsbarkeit haudhabte. Auf den Nebenhöfen wirkten die unteren Beamten, villici. Anders ist die ganze Eigenverwaltung des sich ausdehuenden Culturbesitzes nicht wohl denkbar. 1) Brusch, Gründl. Beschreibung des Fichtelbergs. 1542 (vom Egerer Rathe in Seb. Münsters Kosmographie eingesendet; als „redivivus“ herausg von Zacharias Theobald (1612). — Ant. Frind, Analekten (Eger 1864) p. 7. Prökl, „Eger und Egerland“ 2 Bde. (Prag 1845), I, p. 6,22. — Als Ehren- pflicht muß es erscheinen, diejenigen früheren Antoren, die als die ersten müh- sam geschichtliche Daten suchten und ermittelten, dadurch also die ersten Grund lagen schufen und die Thatsachen construirten, nicht todt zu schweigen uud sie durch eine sie ausnutzende neuere Darstellung gewissermaßen mit Erde zu überschütten, so daß dann das Nenere das Alleinige wäre. Schon Theobald (s. oben) rügt ein vorgekommenes derartiges Verfahren, was ihn eben zu Bruschs „Wiedererweckung“ bewogen habe. So erscheint es uamentlich als Pflicht, das Andenken des Egerländers Prökl in Ehren zu erhalten, da er der Erste war, der es überhaupt unternahm, seinen Landsleuten eine vollständige Darstellung der Vergangenheit ihrer Heimat, und späteren For- schern eine Grundlage zu besserndem Ansbane zu geben. Dabei hat er nach dem Quellenverzeichniß (p. VII—X) und in zahlreichen Anmerkungen wenigstens be- wiesen, wie fleißig er sich genüht hat, Unterlagen zu schaffen. Man findet darunter auch die Waldsassener Schriftstücke, die H. Gradl „entdeckt“ haben soll (Vorrede der Mon. Egr.) und die im dortigen Pfarraite leicht zu finden waren. Wissenschaftlichen Ansprüchen genügt das Werk Prökls uicht. Der fortschreitenden Wissenschaft fällt es zu, Prökls wie jedes Werk weiterzu- führen und die Mängel sachlich zu bessern, nicht aber ihn herabzusetzen. Statt zahlloser Beispiele rügen wir nur in Egerer Jahrbuch 1881 p. 110, 1882 p. 148, 150, die Ausdrücke „Betisen“, „faseln“, „Märchen“!).
334 — Nach Schaffung eines Mittelpunttes 1) erst kounte auch von um- fassender, planmäßig vorschreitender Cultivirung die Rede sein, und wahrscheinlich durch Anlage einer völligen Pfalz für die Markgrafen selbst. Zweisel os gelangten auch hier außer dem Amtshofe bei der Pfalz selbst auch noch auswärts in näherem und weiterem Umkreise herrschaft lich vohlurgische Nebenhöfe zur Aulage, verknüpft mit ersterem als dem Oberhofe. Besonders genannt als solche sind freilich keine und Urkunden aus dieser Zeit nicht zu erwarten. Die Ländereien waren dabei nach Hof- recht (für die Hintersassen) oder Dienstrecht (für die Dienstmannen) aus gestattet, welches letztere sich aber bald zu Leheurecht erhob. Den Oberhof selbst bewohnte und verwaltete überall ein Officiatus, rector officii, ein herrschafili- cher Oberbeamter, dem niedere Beamte unterstanden; wie diese, war auch er mit Dienstgut begabt, dessen Gefälle ihm zufielen; er führte die Verwaltung der sämmtlichen Ländereien, wie er die Erhebung der erwachsenden Ab- gaben des Bezirkes bewirkte und die Hofrechts-Gerichtsbarkeit haudhabte. Auf den Nebenhöfen wirkten die unteren Beamten, villici. Anders ist die ganze Eigenverwaltung des sich ausdehuenden Culturbesitzes nicht wohl denkbar. 1) Brusch, Gründl. Beschreibung des Fichtelbergs. 1542 (vom Egerer Rathe in Seb. Münsters Kosmographie eingesendet; als „redivivus“ herausg von Zacharias Theobald (1612). — Ant. Frind, Analekten (Eger 1864) p. 7. Prökl, „Eger und Egerland“ 2 Bde. (Prag 1845), I, p. 6,22. — Als Ehren- pflicht muß es erscheinen, diejenigen früheren Antoren, die als die ersten müh- sam geschichtliche Daten suchten und ermittelten, dadurch also die ersten Grund lagen schufen und die Thatsachen construirten, nicht todt zu schweigen uud sie durch eine sie ausnutzende neuere Darstellung gewissermaßen mit Erde zu überschütten, so daß dann das Nenere das Alleinige wäre. Schon Theobald (s. oben) rügt ein vorgekommenes derartiges Verfahren, was ihn eben zu Bruschs „Wiedererweckung“ bewogen habe. So erscheint es uamentlich als Pflicht, das Andenken des Egerländers Prökl in Ehren zu erhalten, da er der Erste war, der es überhaupt unternahm, seinen Landsleuten eine vollständige Darstellung der Vergangenheit ihrer Heimat, und späteren For- schern eine Grundlage zu besserndem Ansbane zu geben. Dabei hat er nach dem Quellenverzeichniß (p. VII—X) und in zahlreichen Anmerkungen wenigstens be- wiesen, wie fleißig er sich genüht hat, Unterlagen zu schaffen. Man findet darunter auch die Waldsassener Schriftstücke, die H. Gradl „entdeckt“ haben soll (Vorrede der Mon. Egr.) und die im dortigen Pfarraite leicht zu finden waren. Wissenschaftlichen Ansprüchen genügt das Werk Prökls uicht. Der fortschreitenden Wissenschaft fällt es zu, Prökls wie jedes Werk weiterzu- führen und die Mängel sachlich zu bessern, nicht aber ihn herabzusetzen. Statt zahlloser Beispiele rügen wir nur in Egerer Jahrbuch 1881 p. 110, 1882 p. 148, 150, die Ausdrücke „Betisen“, „faseln“, „Märchen“!).
Strana 335
335 Daß auch hier miter dem Schutze der Pfalz am Fuße derselben, wie überall in solchent Falle, ein Burgfleken Eger sich bildete, und zwar recht schnell, erhellt daraus, daß ein Eger schon 1061 unter den Bohburgen1) (nur 4 Jahre nach Abgang der Schweinfurter Markgrafen) genannt wird, allerdings nicht um seiner selbst willen, sondern nur ge legentlich in einem Schenkungsbriefe Kaiser Heinrichs IV. behufs näherer Bezeichnung einer anderweiten Oertlichfeit anßerhalb des Egerlands. Ist hier uicht der Fluß, sondern ein Ort gemeint, so ist dies wohl die älteste deutsche Ortsgründung im Egerlande, da alle übrigen später erscheinen; ind sie fällt uur 11 Jahre nach dem westlicheren Nürnberg. Dieser für das Egerland von jeher, und später immer bedeu tungsvolle Ort war 1025 gleichfalls wie Eger noch unbekannt und viel- leicht noch uicht gegründet, aber nach 25 Jahren bereits schnell erblüht. Wohl als eine Schöpfung des Frankenkaisers Courads II. (1024—39) erscheint er zuerst 1050 urkundlich, wenig früher als Eger schon als Pfalz und als bereits mit Marktrecht (auf Kosten des älteren Fürth) be- gnadigter Pfalzort, und sogar schon als geeignet befundene Stätte einer Reichsversammlung Kaiser Heinrichs III., bald von den Frankenkaisern als oppidum gentilitium angesehen und häufig mit Besuchen geehrt. Dem entferut, an der deutschen Ostgrenze gelegenen, uur markgräflichen Pfalzorte Eger konnte diese Gunst nicht wohl ebenso widerfahren und dessen Aufblühen nicht ebeuso schnell erfolgen. Der occupirte Boden, anf welchem die Bildung des Fleckens Eger neben der Burg (es heißt auch später immer castrum apud Egere) sich vollzog, war naturgemäß ebenso unzweifelhaft wie die errichtete Burg stätte selbst rein herrschaftlicher Eigenbesitz der occupirenden und culti- virenden Bohburger, war deren echtes Eigenthum. Nur auf solchen konnten im Burgflecken unter der Pfalz die späteren Hausgründungen „ireier“ Ansiedler, welche sich allmälig an die zur Burg selbst gehörigen herrschaftlichen Wohnstätten anschlossen, erfolgen, und zwar naturgemäß stets nach herrschaftlicher Direction (natürlich noch ohne Gemeindebildung). Dieses gilt selbst dann, wenn der Boden ihnen etwa geschenkweise eigen- thümlich behufs Erweiterung der sich bildenden Ortschaft dargeboten worden wäre; es soll dies letztere späterhin, nach mehrmaliger Verwüstung der Ver- nichtung derselben, wirklich von der markgräflichen Herrschaft geschehen sein. 1) Rudhart, Aelteste Gesch. Bayerns (1241, p. 512) nach Ried, cod. dipl. Ratisb. (1216) I, 156. Mon. boica XXIX 143. — Prökl. p. 6. — Frind, Ana lekten p. 7. Kürschner, Eger und Böhmen (Wien 1870) p. 6. — Drivok, p. 22, 355.
335 Daß auch hier miter dem Schutze der Pfalz am Fuße derselben, wie überall in solchent Falle, ein Burgfleken Eger sich bildete, und zwar recht schnell, erhellt daraus, daß ein Eger schon 1061 unter den Bohburgen1) (nur 4 Jahre nach Abgang der Schweinfurter Markgrafen) genannt wird, allerdings nicht um seiner selbst willen, sondern nur ge legentlich in einem Schenkungsbriefe Kaiser Heinrichs IV. behufs näherer Bezeichnung einer anderweiten Oertlichfeit anßerhalb des Egerlands. Ist hier uicht der Fluß, sondern ein Ort gemeint, so ist dies wohl die älteste deutsche Ortsgründung im Egerlande, da alle übrigen später erscheinen; ind sie fällt uur 11 Jahre nach dem westlicheren Nürnberg. Dieser für das Egerland von jeher, und später immer bedeu tungsvolle Ort war 1025 gleichfalls wie Eger noch unbekannt und viel- leicht noch uicht gegründet, aber nach 25 Jahren bereits schnell erblüht. Wohl als eine Schöpfung des Frankenkaisers Courads II. (1024—39) erscheint er zuerst 1050 urkundlich, wenig früher als Eger schon als Pfalz und als bereits mit Marktrecht (auf Kosten des älteren Fürth) be- gnadigter Pfalzort, und sogar schon als geeignet befundene Stätte einer Reichsversammlung Kaiser Heinrichs III., bald von den Frankenkaisern als oppidum gentilitium angesehen und häufig mit Besuchen geehrt. Dem entferut, an der deutschen Ostgrenze gelegenen, uur markgräflichen Pfalzorte Eger konnte diese Gunst nicht wohl ebenso widerfahren und dessen Aufblühen nicht ebeuso schnell erfolgen. Der occupirte Boden, anf welchem die Bildung des Fleckens Eger neben der Burg (es heißt auch später immer castrum apud Egere) sich vollzog, war naturgemäß ebenso unzweifelhaft wie die errichtete Burg stätte selbst rein herrschaftlicher Eigenbesitz der occupirenden und culti- virenden Bohburger, war deren echtes Eigenthum. Nur auf solchen konnten im Burgflecken unter der Pfalz die späteren Hausgründungen „ireier“ Ansiedler, welche sich allmälig an die zur Burg selbst gehörigen herrschaftlichen Wohnstätten anschlossen, erfolgen, und zwar naturgemäß stets nach herrschaftlicher Direction (natürlich noch ohne Gemeindebildung). Dieses gilt selbst dann, wenn der Boden ihnen etwa geschenkweise eigen- thümlich behufs Erweiterung der sich bildenden Ortschaft dargeboten worden wäre; es soll dies letztere späterhin, nach mehrmaliger Verwüstung der Ver- nichtung derselben, wirklich von der markgräflichen Herrschaft geschehen sein. 1) Rudhart, Aelteste Gesch. Bayerns (1241, p. 512) nach Ried, cod. dipl. Ratisb. (1216) I, 156. Mon. boica XXIX 143. — Prökl. p. 6. — Frind, Ana lekten p. 7. Kürschner, Eger und Böhmen (Wien 1870) p. 6. — Drivok, p. 22, 355.
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336 Zunächst und hauptsächlich bewohnt wurde der Burgflecken aber von deu markgräflichen, sich allmälig vermehrenden Ministerialen, von den zur „Burghut“ als „Burgmannen“ (Castrenses) und zur Wahrung der sonstigen Herrschaftsinteressen bestellten ritterlichen Dienstmannen nebst geringeren ihnen selbst zugehörigen und markgräflichen ,eigenen Leuten“. Mit Bezug auf ihre Dieuste als markgräfliche Beamte (Verwaltnug der Gefälle des Pfalzbezirkes, Zoll, Münze, wie der zugehörigen Neben höfe, Meierhöfe, und Mitwirkung bei Handhabung des Hofrechts) tragen sie überall die Bezeichnung officiati, ambacti, Ambachte, Amtsänner. In Eger werden ihre Wohnstätten, da die zunächst ur beschränkte Burg noch für Hofs und Haushaltung des etwa anwesenden Marfgrajen dienen muste, mit ihren Familien und Leuten in der Vorburg und der nächsten Uigebung der Burg gewesen sein, worauf ja auch Lage und Namen der „Ammenei“ hinweist. Es werden solche Ministerialen noch zur Zeit des fränkischen Kaiserhauses (Heinrich V.) 1125, unter den Bohburgen, 60 Jahre nach Egers erster gesegentlicher Erwähnung auch urkundlich namhaft: die Brüder Udalriens nnd Pilgrimus „de Egere“, voraussichtlich wohl ans der Donaugegend herbeigeführt (wie sie denn anch nach Bayrischem Gerichts- gebrauche als testes per aures tracti erscheinen). Beide waren wohl und blieben auch nicht die einzigen, wenngleich andere, wie auch der der Pfalz vorstehende castellanus nicht ebenso jetzt zufällig in einer Urkunde erwähnt werden; seßhaft waren sie nach ihrer Bezeichnung in Eger selbit. Später hin (zur Zeit der Hohenstauffen 1163)1) werden auch wirklich andere dort bei Erweiterung der Verhältnisse und regsamerem Verkehr seßhaft gemachte Ministerialeu mit gleicher Bezeichnnig „de Egere€ genannt. Nicht minder wird außer der „Ammenei“ auch das „Stein- haus“ (vor der damals noch beschränkteren Ortschaft außerhalb vereinzelt gelegen) Sitz eines solchen Ministerialengeschlechtes gewesen sein, woraus der, eine ausnahmsweise Festigkeit gegenüber sonstigen damaligen Wohu- stätten betonende Name Domus lapidea und der Umstand deutet, daß später ein Geschlecht Steinhauser kundbar wird — wenn auch erst zu einer Zeit, als dieser feste Sitz längst in die Hand des Klosters Wald- sassen übergegangen war. Entspringen doch Geschlechter nicht erst mit dem Augenblicke, wo sie zuerst in einer Urkunde genannt werden, was ja ganz von Umständen und thatsächlichen Zufälligkeiten abhängt, und 1) Grassold, Alte Burg zu Eger 1831 (und die dort angeführten Quellen) p. 28, 52. — Kürschner, p. 6, der sie aber uicht als Ministerialen er kennt. —
336 Zunächst und hauptsächlich bewohnt wurde der Burgflecken aber von deu markgräflichen, sich allmälig vermehrenden Ministerialen, von den zur „Burghut“ als „Burgmannen“ (Castrenses) und zur Wahrung der sonstigen Herrschaftsinteressen bestellten ritterlichen Dienstmannen nebst geringeren ihnen selbst zugehörigen und markgräflichen ,eigenen Leuten“. Mit Bezug auf ihre Dieuste als markgräfliche Beamte (Verwaltnug der Gefälle des Pfalzbezirkes, Zoll, Münze, wie der zugehörigen Neben höfe, Meierhöfe, und Mitwirkung bei Handhabung des Hofrechts) tragen sie überall die Bezeichnung officiati, ambacti, Ambachte, Amtsänner. In Eger werden ihre Wohnstätten, da die zunächst ur beschränkte Burg noch für Hofs und Haushaltung des etwa anwesenden Marfgrajen dienen muste, mit ihren Familien und Leuten in der Vorburg und der nächsten Uigebung der Burg gewesen sein, worauf ja auch Lage und Namen der „Ammenei“ hinweist. Es werden solche Ministerialen noch zur Zeit des fränkischen Kaiserhauses (Heinrich V.) 1125, unter den Bohburgen, 60 Jahre nach Egers erster gesegentlicher Erwähnung auch urkundlich namhaft: die Brüder Udalriens nnd Pilgrimus „de Egere“, voraussichtlich wohl ans der Donaugegend herbeigeführt (wie sie denn anch nach Bayrischem Gerichts- gebrauche als testes per aures tracti erscheinen). Beide waren wohl und blieben auch nicht die einzigen, wenngleich andere, wie auch der der Pfalz vorstehende castellanus nicht ebenso jetzt zufällig in einer Urkunde erwähnt werden; seßhaft waren sie nach ihrer Bezeichnung in Eger selbit. Später hin (zur Zeit der Hohenstauffen 1163)1) werden auch wirklich andere dort bei Erweiterung der Verhältnisse und regsamerem Verkehr seßhaft gemachte Ministerialeu mit gleicher Bezeichnnig „de Egere€ genannt. Nicht minder wird außer der „Ammenei“ auch das „Stein- haus“ (vor der damals noch beschränkteren Ortschaft außerhalb vereinzelt gelegen) Sitz eines solchen Ministerialengeschlechtes gewesen sein, woraus der, eine ausnahmsweise Festigkeit gegenüber sonstigen damaligen Wohu- stätten betonende Name Domus lapidea und der Umstand deutet, daß später ein Geschlecht Steinhauser kundbar wird — wenn auch erst zu einer Zeit, als dieser feste Sitz längst in die Hand des Klosters Wald- sassen übergegangen war. Entspringen doch Geschlechter nicht erst mit dem Augenblicke, wo sie zuerst in einer Urkunde genannt werden, was ja ganz von Umständen und thatsächlichen Zufälligkeiten abhängt, und 1) Grassold, Alte Burg zu Eger 1831 (und die dort angeführten Quellen) p. 28, 52. — Kürschner, p. 6, der sie aber uicht als Ministerialen er kennt. —
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337 werden sie doch auch ebensowenig sich archivalisch „angemeldet“ haben, um ihre Existenz zu bekunden. Es werden wirklich später auch solche Geschlechter, deren Anfang nicht festzustellen ist, erwähnt: Thelonarii (Zöllner), Monetarii (Münzer), De Curia (Vom Hofe oder Höfner), Am-Thor, vielleicht anch Brunner. Schon damals unter den Vohburgen 1122 wurde aber auch ein auswärtiges Ministerialengeschlecht auf Marchensi bei Tirschenreut genannt.1) Für ihre Dienstobliegenheiten waren die Ministerialen jedenfalls durch Ausstattungen von Land, welches somit aus der markgräflichen Eigenverwaltung ausschied, entschädigt. Dies lag näher an der Burg (wie das ganz nahe Steinhaus) oder entfernter im weiten Umfange des Vohburg'schen Besitzthums in der Landschaft, wo sie vielleicht auch Siede lungen (in der Nachbarschaft etwa gleichfalls entfernter angesiedelter Freier) bewirkten. Eine andere Vergütung war in jener frühesten Zeit nicht be- kannt und möglich, bevor ergiebiger werdende Zoll- und Münzerträge etwa dafür verwendbar wurden. Und diese Landausstattung erfolgte nach den Formen des Beneficialwesens und des aus diesem sich entwickelnden Lehnswesens durch Uebertragung unter Lehnseid und Lehnspflicht. Schon so früh hatte das Lehnswesen alle staatlichen Beziebungen umsponnen, daß bereits ein großer Theil der fränkischen Monarchie, als diese sich im 10. Jahrhundert zersetzte, anf dem Benefizial oder Lehnsnexus beruhte. Nachdem überdies Kaiser Conrad II. die Lehen in Folge der Coustitution von 1037, zunächst allerdings für Italien, hatte erblich werden lassen, was freilich für Deutschland erst im 12. n. 13. Jahrhundert als allgemein anerkanntes Gewohnheitsrecht galt, wurde bald das freie Eigenthum in weitem Maße verschlungen, wenn auch immerhin nicht so völlig wie in Italien und Frankreich, da noch in späterer Zeit in Deutschland be- deutende Allodialbesitze fortbestehen. Der Staatsverband im deutschen Reiche wurde so fast zu einem großen Lehnsverbande, und dieser die Rechtsform, die das Reich zusammenhielt, in welchem die „Lehnshoheit“ dem „Kaiser und Reich“ über die an dieselbe gebundenen „Lehnsherrlichkeiten“ zustand, wie hier den die letzteren besitzenden Vohburgen. Da Verlehnungen überall durch „Verleihung“ von Besitz und Rechten durch mächtige Herren an Geringere behufs Vermehrung deren Zahlundzur Sicherung ihrer Abhängigkeit geschahen, werden dies voraussichtlich auch die Vohburge gethan haben. Ebenso erfolgte aber anch „Aufbringung“ von 1) Gradl, Gesch. p. 53.
337 werden sie doch auch ebensowenig sich archivalisch „angemeldet“ haben, um ihre Existenz zu bekunden. Es werden wirklich später auch solche Geschlechter, deren Anfang nicht festzustellen ist, erwähnt: Thelonarii (Zöllner), Monetarii (Münzer), De Curia (Vom Hofe oder Höfner), Am-Thor, vielleicht anch Brunner. Schon damals unter den Vohburgen 1122 wurde aber auch ein auswärtiges Ministerialengeschlecht auf Marchensi bei Tirschenreut genannt.1) Für ihre Dienstobliegenheiten waren die Ministerialen jedenfalls durch Ausstattungen von Land, welches somit aus der markgräflichen Eigenverwaltung ausschied, entschädigt. Dies lag näher an der Burg (wie das ganz nahe Steinhaus) oder entfernter im weiten Umfange des Vohburg'schen Besitzthums in der Landschaft, wo sie vielleicht auch Siede lungen (in der Nachbarschaft etwa gleichfalls entfernter angesiedelter Freier) bewirkten. Eine andere Vergütung war in jener frühesten Zeit nicht be- kannt und möglich, bevor ergiebiger werdende Zoll- und Münzerträge etwa dafür verwendbar wurden. Und diese Landausstattung erfolgte nach den Formen des Beneficialwesens und des aus diesem sich entwickelnden Lehnswesens durch Uebertragung unter Lehnseid und Lehnspflicht. Schon so früh hatte das Lehnswesen alle staatlichen Beziebungen umsponnen, daß bereits ein großer Theil der fränkischen Monarchie, als diese sich im 10. Jahrhundert zersetzte, anf dem Benefizial oder Lehnsnexus beruhte. Nachdem überdies Kaiser Conrad II. die Lehen in Folge der Coustitution von 1037, zunächst allerdings für Italien, hatte erblich werden lassen, was freilich für Deutschland erst im 12. n. 13. Jahrhundert als allgemein anerkanntes Gewohnheitsrecht galt, wurde bald das freie Eigenthum in weitem Maße verschlungen, wenn auch immerhin nicht so völlig wie in Italien und Frankreich, da noch in späterer Zeit in Deutschland be- deutende Allodialbesitze fortbestehen. Der Staatsverband im deutschen Reiche wurde so fast zu einem großen Lehnsverbande, und dieser die Rechtsform, die das Reich zusammenhielt, in welchem die „Lehnshoheit“ dem „Kaiser und Reich“ über die an dieselbe gebundenen „Lehnsherrlichkeiten“ zustand, wie hier den die letzteren besitzenden Vohburgen. Da Verlehnungen überall durch „Verleihung“ von Besitz und Rechten durch mächtige Herren an Geringere behufs Vermehrung deren Zahlundzur Sicherung ihrer Abhängigkeit geschahen, werden dies voraussichtlich auch die Vohburge gethan haben. Ebenso erfolgte aber anch „Aufbringung“ von 1) Gradl, Gesch. p. 53.
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338 — Landbesitz Freier an mächtige Herren, — sei dies an die Vohburge selbst (welche dann diese Lehusherrlichkeit durchans uicht etwa blos in ihrer „markgräflichen" reichsfürstlichen Eigenschaft zu empfangen brauchten). oder an andere mit ins Egerland hineingedrungene größere Geschlechter, die zu Lehnsherren gewählt wurden; letzteren Falls doch immer unter „Ober- Lehnsherrlichkeit“ der markgräflichen Vohburge. Die Lehnsauftragung geschah unter Schutzanspruch der Lehusvasallen, unter Vorbehalt der eigenen Freiheit mit bloßer Verbundenheit des Lehnsmanns zur Treue, ohne „dienstmännische Ergebung“. Urkundliche Lehnsverträge aus dieser Zeit sind hier selbstverständlich nicht zu erwarten. Ueberwucherte auch das Lehenswesen das uralt hergebrachte Unterthanen- Verhältniß so, daß meist nur der Vasallencharakter verblieb, so erkennen wir doch noch später Theile vohburgischen wie fremden „Eigenbesitzes“ in den vielen frei eigenthümlichen Güterverleihungen der Vohburge wie anderer mächtiger Herren an Klosterstiftungen (wobei man ja uicht schließen kann, daß mit Aufzählung des Verschenkten schon der gesammte Eigenbesitz noth- wendig erschöpft, Alles und das Letzte weggegeben worden wäre). Lehen bez. Unterlehen bestimmter verschiedener Geschlechter werden erst später, nach der Zeit der Vohburge, unter den Stauffen kund; wobei übrigens ihre Verleihungsart (Auftragung oder Verlehnnng) auch nicht sicher erkennbar scheint. Ob die Vohburge selbst außer ibrer Pfalz Eger damals noch andere feste Burganlagen als herrschaftliche unmittelbar gegründet haben — (welche dann ihre Lage und Richtung naturgemäß gegen das slawische Böhmen hin, aus kriegerischer Rücksicht zu Schutz und Trutz, Abwehr und Angriff erhalten haben würden, und die bloß mit herrschaft lichen Besatzungen gehalten worden wären) — erhellt uicht; voranssichtlich würden sie anch bald unter die Lehnsburgen getreten sein. Wannspäter allmälig die unmittelbaren festen Sitze der Ministerialen in oder bei Eger von ihren burgmännischen Jnhabern, den Castreuses, verlassen werden konnten, um auf dem von der Herrschaft ihnen gewährten Landbesitzthum entferntere Landsitze zu wählen, zu ertragsreicherer Be- nützung für sie selbst, wie zu umfassenderer Siche rung des Landes jür die Herrschajt; wann diese Landsitze als feste Hofsitze, festgesichert gegen die Außenwelt, gegründet wurden, ist nicht ersichtlich. Aus der Fassung einer späteren staussischen Urkunde (von 1212) scheint hervorzugehen, daß eine solche Organisirnng von seiten der Herrschaft damals getroifen worden war. Leicht ergab sich auch hier die allgemein erfolgende Umwand- lung in Lehen.
338 — Landbesitz Freier an mächtige Herren, — sei dies an die Vohburge selbst (welche dann diese Lehusherrlichkeit durchans uicht etwa blos in ihrer „markgräflichen" reichsfürstlichen Eigenschaft zu empfangen brauchten). oder an andere mit ins Egerland hineingedrungene größere Geschlechter, die zu Lehnsherren gewählt wurden; letzteren Falls doch immer unter „Ober- Lehnsherrlichkeit“ der markgräflichen Vohburge. Die Lehnsauftragung geschah unter Schutzanspruch der Lehusvasallen, unter Vorbehalt der eigenen Freiheit mit bloßer Verbundenheit des Lehnsmanns zur Treue, ohne „dienstmännische Ergebung“. Urkundliche Lehnsverträge aus dieser Zeit sind hier selbstverständlich nicht zu erwarten. Ueberwucherte auch das Lehenswesen das uralt hergebrachte Unterthanen- Verhältniß so, daß meist nur der Vasallencharakter verblieb, so erkennen wir doch noch später Theile vohburgischen wie fremden „Eigenbesitzes“ in den vielen frei eigenthümlichen Güterverleihungen der Vohburge wie anderer mächtiger Herren an Klosterstiftungen (wobei man ja uicht schließen kann, daß mit Aufzählung des Verschenkten schon der gesammte Eigenbesitz noth- wendig erschöpft, Alles und das Letzte weggegeben worden wäre). Lehen bez. Unterlehen bestimmter verschiedener Geschlechter werden erst später, nach der Zeit der Vohburge, unter den Stauffen kund; wobei übrigens ihre Verleihungsart (Auftragung oder Verlehnnng) auch nicht sicher erkennbar scheint. Ob die Vohburge selbst außer ibrer Pfalz Eger damals noch andere feste Burganlagen als herrschaftliche unmittelbar gegründet haben — (welche dann ihre Lage und Richtung naturgemäß gegen das slawische Böhmen hin, aus kriegerischer Rücksicht zu Schutz und Trutz, Abwehr und Angriff erhalten haben würden, und die bloß mit herrschaft lichen Besatzungen gehalten worden wären) — erhellt uicht; voranssichtlich würden sie anch bald unter die Lehnsburgen getreten sein. Wannspäter allmälig die unmittelbaren festen Sitze der Ministerialen in oder bei Eger von ihren burgmännischen Jnhabern, den Castreuses, verlassen werden konnten, um auf dem von der Herrschaft ihnen gewährten Landbesitzthum entferntere Landsitze zu wählen, zu ertragsreicherer Be- nützung für sie selbst, wie zu umfassenderer Siche rung des Landes jür die Herrschajt; wann diese Landsitze als feste Hofsitze, festgesichert gegen die Außenwelt, gegründet wurden, ist nicht ersichtlich. Aus der Fassung einer späteren staussischen Urkunde (von 1212) scheint hervorzugehen, daß eine solche Organisirnng von seiten der Herrschaft damals getroifen worden war. Leicht ergab sich auch hier die allgemein erfolgende Umwand- lung in Lehen.
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339 Die Zahl der unter verschiedenen Verhältnissen, mit verschiedenem Charakter und zu allerdings sehr verschiedener Zeit entstandenen Burgen, Burgsitze und Schlösser im Egerlande, einer Mark mit vorwiegender politisch-militärischer Schöpfung, wuchs allmälig sehr an. Man zählte einst 81 Schlösser, 45 uördlich, 36 südlich der Eger, die freilich meist wieder verschwunden sind.1) Auch die ländlichen Ortschaften zeigen vielfach ein hohes Alter. in den Bergen wie auch im Flachlande, hier zum Theil auf slawischer Grundlage, auch neben slawischen Siedelungen gegründet, dort den Berg waldungen immier mehr abgezwungen. Die häufigen Verknüpfungen bloßer Taufnamen mit den Endungen reut, roth, raht (20), oder grün (13), loh oder hau (4) denten auf eine Zeit, welche Familien-Namen noch nicht verwendete. Andere Ortsuamen mit kurzem, meist einsilbigem Worte zeigen eine naive Betrachtung der Ortslage und jener Zeit des Kampfes mit Wildniß und Natur (Oed, Sorg, Haid, Haag, Hart, Stein, Dürr, Brunst). Auch Wappenschilder ältester Egerländer Geschlechter scheinen auf diese Urbarmachungen hinzuweisen: die der uralten Häckel (mit den gekreuzten 2 Hacken), der Angel-Rudisch (mit den 2 gekreuzten Grab- scheiten), der Frankengrüner (mit dem einen abgerissenen Blätterzweig haltenden Arme), die Vodersreuter (mit brennenden Fackeln). Alle diese gedachten Ortschaften werden aber nicht früher, als die in den beiden Klostergründungen der Vohburge in Reichenbach 1120 (bei Cham am Regenflusse) den Beuedictinern und in Waldsassen 1130 den Cister- ciensern geschenkten Dorfschaftern, also etwa 60 bis 70 Jahre nach Egers erster Erwähnung kundbar. Unter diesen Besitzungen „Freier“, selbst wohlhabenderer, sind nicht eben (wie etwa im nordöstlichen Deutschland) große Latifundien und ganze Dörfer zu verstehen — sogar in den wenigsten Fällen solche — sondern einzelne Hofsitze, mehr oder minder auch gefestigt, deren Gestaltung noch heute die ursprüngliche Rücksicht auf gesicherte Ab- geschlossenheit uicht verkennen läßt: vereinzelt oder auch in Gruppen 1) Als Ueberrest der Vergangenheit zeigen sich nur noch 7 Burgen und feste Sitze: Kinsberg, Liebenstein, Wildstein, Seeberg, Haslau, aus späterer Zeit in der Ebene Scheibenreut, uud hoch im Waldgebirge Ober-Conreut mit seiner Er- gänzung unten in Liebeneck und gegenüber Zettendorf. — Vergl. die trefflichen Aufsätze von Habermann in Adam Wolfs Eger und Egerland (Eger 1891) p. 161, 166 ff.; und in H.'s Heimatskunde (Eger 1875) p. 44 ff.; Födisch. Deutsche Stämme in Böhmen (Prag 1873); Peez. Eger und Egerland — (München 1887, Allg. Zeitung, Nr. 303—5).
339 Die Zahl der unter verschiedenen Verhältnissen, mit verschiedenem Charakter und zu allerdings sehr verschiedener Zeit entstandenen Burgen, Burgsitze und Schlösser im Egerlande, einer Mark mit vorwiegender politisch-militärischer Schöpfung, wuchs allmälig sehr an. Man zählte einst 81 Schlösser, 45 uördlich, 36 südlich der Eger, die freilich meist wieder verschwunden sind.1) Auch die ländlichen Ortschaften zeigen vielfach ein hohes Alter. in den Bergen wie auch im Flachlande, hier zum Theil auf slawischer Grundlage, auch neben slawischen Siedelungen gegründet, dort den Berg waldungen immier mehr abgezwungen. Die häufigen Verknüpfungen bloßer Taufnamen mit den Endungen reut, roth, raht (20), oder grün (13), loh oder hau (4) denten auf eine Zeit, welche Familien-Namen noch nicht verwendete. Andere Ortsuamen mit kurzem, meist einsilbigem Worte zeigen eine naive Betrachtung der Ortslage und jener Zeit des Kampfes mit Wildniß und Natur (Oed, Sorg, Haid, Haag, Hart, Stein, Dürr, Brunst). Auch Wappenschilder ältester Egerländer Geschlechter scheinen auf diese Urbarmachungen hinzuweisen: die der uralten Häckel (mit den gekreuzten 2 Hacken), der Angel-Rudisch (mit den 2 gekreuzten Grab- scheiten), der Frankengrüner (mit dem einen abgerissenen Blätterzweig haltenden Arme), die Vodersreuter (mit brennenden Fackeln). Alle diese gedachten Ortschaften werden aber nicht früher, als die in den beiden Klostergründungen der Vohburge in Reichenbach 1120 (bei Cham am Regenflusse) den Beuedictinern und in Waldsassen 1130 den Cister- ciensern geschenkten Dorfschaftern, also etwa 60 bis 70 Jahre nach Egers erster Erwähnung kundbar. Unter diesen Besitzungen „Freier“, selbst wohlhabenderer, sind nicht eben (wie etwa im nordöstlichen Deutschland) große Latifundien und ganze Dörfer zu verstehen — sogar in den wenigsten Fällen solche — sondern einzelne Hofsitze, mehr oder minder auch gefestigt, deren Gestaltung noch heute die ursprüngliche Rücksicht auf gesicherte Ab- geschlossenheit uicht verkennen läßt: vereinzelt oder auch in Gruppen 1) Als Ueberrest der Vergangenheit zeigen sich nur noch 7 Burgen und feste Sitze: Kinsberg, Liebenstein, Wildstein, Seeberg, Haslau, aus späterer Zeit in der Ebene Scheibenreut, uud hoch im Waldgebirge Ober-Conreut mit seiner Er- gänzung unten in Liebeneck und gegenüber Zettendorf. — Vergl. die trefflichen Aufsätze von Habermann in Adam Wolfs Eger und Egerland (Eger 1891) p. 161, 166 ff.; und in H.'s Heimatskunde (Eger 1875) p. 44 ff.; Födisch. Deutsche Stämme in Böhmen (Prag 1873); Peez. Eger und Egerland — (München 1887, Allg. Zeitung, Nr. 303—5).
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— 340 — näher aneinander gebaut (aber noch ohne Gemeindeverbindung) und verschiedenen Besitzern gehörig.1) Die Einzelgehöfte hatten selbst in näher zusammengebauten (späterhin sich gemeindeweise verbindenden) Ortschaften bei Geltung gewinnendem Lehnswesen oft auch verschiedene Lehnsherren, von welchen die Besitzer sie gelehnt bekamen, und das blieb so auch bis in späte Zeit. Es hatten mitunter sogar mehrere Personen aus verschiedenen (meist wohl unter sich verwandten) Familien gemeinsam einen und denselben Hof, oder zusammen ein halbes, auch wohl ein ganzes Dorf später in Lehnsbesitz. Die staatsrechtliche Qualität haftete nicht etwa an dem Besitzthum und an der Größe dessen Umfangs (wie z. B. im Nordosten bei geschlossenen „Ritter- gütern“, Dominien, mit Grundherrlichkeit und Gerichtsbarkeit, bei denen meistens wohl die landesherrliche aus Rücksicht auf Landesvertheidigung erfolgte Verleihung vorliegt). Das Besitzthum gab uicht der Person des Besitzers erst die staatsrechtliche Stellung, sondern die Qualität der Person, die allein Grundbesitz als freies „ächtes“ Eigenthum oder Lehnsbesitz haben konnte, war das Entscheidende; und dafür war eben „persönliche Freiheit“ bedingend: freie Geburt von 4 Ahnen (Großeltern auf Vater- wie Mutterseite, also 2 Generationen vorher), eben die Eigenschaft, welche dann später in der Bezeichnung als „einfacher Adel“2) ihren Ausdruck fand, wenn die alte Freiheit immer behalten blieb. In dem sich bildenden Burgfleken Eger blieben die Ministeria- len mit ihren Leuten nicht die einzigen Bewohner. Ihnen schlossen sich hier, wie auch anderwärts unter ähnlichen Verhältnissen überall, vom colonisirten Lande her „Freie“, persönlich und dinglich freie Hofbesitzer — größere wie kleinere Besitzer — mit Familien und Hausstand an, die sich aus ihrer Vereinzelung in unruhiger unsicherer Zeit häufig unter Verlegung ihres Wohnsitzes von ihrem Landbesitze in den Burgschutz be- gaben mit mehr oder weniger mitgeführten Hörigen, mit Reitknechten, Gesinde oder auch ohne solche, wenn sie deren entbehrten. Sie zogen, um sich nicht etwa größeren Grundbesitzern ihres Standes pflichtig zum Schutze zu ergeben, vor, sich der zusammenfassenden Gemeinschaft eines größeren Orts anzuschließen und ließen sich auf dem ihnen überlassenen vohburg'schen 1) H. Gradl überträgt darauf mit Vorliebe den (einen modernen Gegensatz bezeichnenden) Ausdruck „Bauer“ in radicaler Tendenz. (Kalender für das — Egerland 1886, p. 88. Egerer Jahrbuch 1881. p. 110. Anmerkung.) 2) Von Adal-genus, Männer von Herkunft, altfreiem Geschlecht; in der Forn „Geschlechter“ ebenfalls zum Ausdrucke gekommen.
— 340 — näher aneinander gebaut (aber noch ohne Gemeindeverbindung) und verschiedenen Besitzern gehörig.1) Die Einzelgehöfte hatten selbst in näher zusammengebauten (späterhin sich gemeindeweise verbindenden) Ortschaften bei Geltung gewinnendem Lehnswesen oft auch verschiedene Lehnsherren, von welchen die Besitzer sie gelehnt bekamen, und das blieb so auch bis in späte Zeit. Es hatten mitunter sogar mehrere Personen aus verschiedenen (meist wohl unter sich verwandten) Familien gemeinsam einen und denselben Hof, oder zusammen ein halbes, auch wohl ein ganzes Dorf später in Lehnsbesitz. Die staatsrechtliche Qualität haftete nicht etwa an dem Besitzthum und an der Größe dessen Umfangs (wie z. B. im Nordosten bei geschlossenen „Ritter- gütern“, Dominien, mit Grundherrlichkeit und Gerichtsbarkeit, bei denen meistens wohl die landesherrliche aus Rücksicht auf Landesvertheidigung erfolgte Verleihung vorliegt). Das Besitzthum gab uicht der Person des Besitzers erst die staatsrechtliche Stellung, sondern die Qualität der Person, die allein Grundbesitz als freies „ächtes“ Eigenthum oder Lehnsbesitz haben konnte, war das Entscheidende; und dafür war eben „persönliche Freiheit“ bedingend: freie Geburt von 4 Ahnen (Großeltern auf Vater- wie Mutterseite, also 2 Generationen vorher), eben die Eigenschaft, welche dann später in der Bezeichnung als „einfacher Adel“2) ihren Ausdruck fand, wenn die alte Freiheit immer behalten blieb. In dem sich bildenden Burgfleken Eger blieben die Ministeria- len mit ihren Leuten nicht die einzigen Bewohner. Ihnen schlossen sich hier, wie auch anderwärts unter ähnlichen Verhältnissen überall, vom colonisirten Lande her „Freie“, persönlich und dinglich freie Hofbesitzer — größere wie kleinere Besitzer — mit Familien und Hausstand an, die sich aus ihrer Vereinzelung in unruhiger unsicherer Zeit häufig unter Verlegung ihres Wohnsitzes von ihrem Landbesitze in den Burgschutz be- gaben mit mehr oder weniger mitgeführten Hörigen, mit Reitknechten, Gesinde oder auch ohne solche, wenn sie deren entbehrten. Sie zogen, um sich nicht etwa größeren Grundbesitzern ihres Standes pflichtig zum Schutze zu ergeben, vor, sich der zusammenfassenden Gemeinschaft eines größeren Orts anzuschließen und ließen sich auf dem ihnen überlassenen vohburg'schen 1) H. Gradl überträgt darauf mit Vorliebe den (einen modernen Gegensatz bezeichnenden) Ausdruck „Bauer“ in radicaler Tendenz. (Kalender für das — Egerland 1886, p. 88. Egerer Jahrbuch 1881. p. 110. Anmerkung.) 2) Von Adal-genus, Männer von Herkunft, altfreiem Geschlecht; in der Forn „Geschlechter“ ebenfalls zum Ausdrucke gekommen.
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341 Burgboden1) nieder, unter zweifellosem Vorbehalte ihrer Freiheit und unzweifelhafter Lehensfähigkeit.2) Sie lebten dort ihrer höheren Standes- stelling nach neben den, bei alsem höheren Glanze doch in Dienstbarkeit ihres Dienstherrn gesondert lebenden Ministerialen und Officiaten. Der Eintritt erfolgte sicherlich dabei unter Uebernahme der von der Grund- herrschaft gestellten Bedingungen, wohin auch Zahlung der für die Grund- herrn einträglichen Grundabgabe zu rechnen und selbst dann anzunehmen sein wird, wenn etwa durch einen (übrigens wohl ebenso selten gewährten, wie zu ermöglichenden) Geldkanf ein Bodenerwerb zu Eigenthum erfolgen konnte. Nähere Personalangaben und etwaige Geschlechtsnamen sind aus dieser Zeit und auch lange Zeit nachher noch nicht da. Von einer Gemeindebildung Egers konnte trotz solchen Wachsens, selbst wenn so viel freier Grundbesitz (woran vor Allem nach mittelalter licher Rechtss und Staatsanschauung der Gemeindebegriff geknüpft war) vorgelegen hätte, freilich jetzt und noch über ein Jahrhundert lang nicht die Rede sein. Immerhin entstand aber eine staatsrechtlich schon bedeut sante und weiter wirkende Interessen-Gemeinsamkeit zweier noch getrennter und dem Ursprunge nach verschiedener Elemente: der alten Dienst und Lehensmannen und dieser Freien. Es mußte sich daraus (neben der bei dem Wehrrechte und der Wehrpflicht aller Freien selbstverständlichen Ob- liegenheit der Neuanzügler zum Mitwirken bei der Ortsvertheidigung unter Mitverwendung ihrer mitgebrachten Leute dazu) auch eine weitere Gemeinschaftlichkeit örtlicher Interessen ergeben. Wurden diese naturgemäß zunächst durch vollen Zusammentritt beider verschiedener Gesammtheiten wahrgenommen und wo nöthig etwa ausgeglichen, so führte es beim An- wachsen solcher Interessen allmälig zur Bildung von kleineren, seitens der Gesammtheiten bevollmächtigten Vertretungen derselben, die dann schließ lich, wenn auch viel später erst, zu einer Einheit zusammenwuchsen, immer aber nur unter entscheidendem Zuthun der leitenden und ge- bietenden Grundherrschaft und deren sie vertretenden obrigkeilichen Organe. Die von den ritterlichen Dienstmannen und den wehrbaren freien Höfebesitzern in den Burgfsecken mitgeführten, ihnen unterthänigen Leute standen aber, gleich den im Dienste der erbanten Kirche stehenden Hörigen, in der Ortschaft ganz außer Betracht, und kamen als unterste Schicht, misera plebs, bei innerlicher Organisation des Ortschaftslebens uicht in 1) Drivok p. 361,28. 2) Es ist irrthümlich, wenn Gradl aufstellt, die Bürger Egers hätten erst viel später Lehensfähigkeit und zwar erst durch Egers Stellung als „Reichsstadt erlangi: die schöffenbaren Geschlechter hatten dieselbe von jeher.
341 Burgboden1) nieder, unter zweifellosem Vorbehalte ihrer Freiheit und unzweifelhafter Lehensfähigkeit.2) Sie lebten dort ihrer höheren Standes- stelling nach neben den, bei alsem höheren Glanze doch in Dienstbarkeit ihres Dienstherrn gesondert lebenden Ministerialen und Officiaten. Der Eintritt erfolgte sicherlich dabei unter Uebernahme der von der Grund- herrschaft gestellten Bedingungen, wohin auch Zahlung der für die Grund- herrn einträglichen Grundabgabe zu rechnen und selbst dann anzunehmen sein wird, wenn etwa durch einen (übrigens wohl ebenso selten gewährten, wie zu ermöglichenden) Geldkanf ein Bodenerwerb zu Eigenthum erfolgen konnte. Nähere Personalangaben und etwaige Geschlechtsnamen sind aus dieser Zeit und auch lange Zeit nachher noch nicht da. Von einer Gemeindebildung Egers konnte trotz solchen Wachsens, selbst wenn so viel freier Grundbesitz (woran vor Allem nach mittelalter licher Rechtss und Staatsanschauung der Gemeindebegriff geknüpft war) vorgelegen hätte, freilich jetzt und noch über ein Jahrhundert lang nicht die Rede sein. Immerhin entstand aber eine staatsrechtlich schon bedeut sante und weiter wirkende Interessen-Gemeinsamkeit zweier noch getrennter und dem Ursprunge nach verschiedener Elemente: der alten Dienst und Lehensmannen und dieser Freien. Es mußte sich daraus (neben der bei dem Wehrrechte und der Wehrpflicht aller Freien selbstverständlichen Ob- liegenheit der Neuanzügler zum Mitwirken bei der Ortsvertheidigung unter Mitverwendung ihrer mitgebrachten Leute dazu) auch eine weitere Gemeinschaftlichkeit örtlicher Interessen ergeben. Wurden diese naturgemäß zunächst durch vollen Zusammentritt beider verschiedener Gesammtheiten wahrgenommen und wo nöthig etwa ausgeglichen, so führte es beim An- wachsen solcher Interessen allmälig zur Bildung von kleineren, seitens der Gesammtheiten bevollmächtigten Vertretungen derselben, die dann schließ lich, wenn auch viel später erst, zu einer Einheit zusammenwuchsen, immer aber nur unter entscheidendem Zuthun der leitenden und ge- bietenden Grundherrschaft und deren sie vertretenden obrigkeilichen Organe. Die von den ritterlichen Dienstmannen und den wehrbaren freien Höfebesitzern in den Burgfsecken mitgeführten, ihnen unterthänigen Leute standen aber, gleich den im Dienste der erbanten Kirche stehenden Hörigen, in der Ortschaft ganz außer Betracht, und kamen als unterste Schicht, misera plebs, bei innerlicher Organisation des Ortschaftslebens uicht in 1) Drivok p. 361,28. 2) Es ist irrthümlich, wenn Gradl aufstellt, die Bürger Egers hätten erst viel später Lehensfähigkeit und zwar erst durch Egers Stellung als „Reichsstadt erlangi: die schöffenbaren Geschlechter hatten dieselbe von jeher.
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342 Frage. Sie blieben in Eger selbst ebenso unter streugem Hofrechte ihrer eigenen Herrschaften stehen, wie die auf den Landhöfen zu Schutz, Be- ackerung und soustigem Bedarfe belassenen und dort gehaltenen Leute es blieben, und wie die Hörigen unter dem Hofrechte der bei gesteigerter Sicherheit auf dem Lande verbliebenen freien Besitzer stauden. Der gesammte cultivirte Egerbezirk, der bisher die alte unbestimmte Benennung regio Slavorum trug, erscheint, bald uach der Zeit der frän- kischen Kaiser, noch unter den Bohburgen 1135 (74 Jahre uach erster Erwähnnng Egers, nur 10 Jahre nach erster Erwähnnng dasiger Mi- nisterialen) bereits unter der bezeichnenderen Form regio Egere,1) welche eine gewisse staatliche Zusammenfassung ahnen läßt. Wenn sie auch den Burgflecken noch mit einschloß, so macht die von der Ortschaft entnommene Bezeichnung des ganzen Bezirkes die Wichtigfeit Egers für denselben kund, der zu einem eigenen Territorium der Stadt allerdings noch nicht zusammen gewachsen ist. Ju dieser sich schon aus dem allgemeinen Begriffe des „Slawen-- landes“ ausgesondert zeigenden „Eger-Region“ — welche, wenn auch hauptsächlich, doch uicht als in ganzem Umfange lediglich in vohburgischem Eigenthums oder Lehensbesitze stehend anzusehen ist — werden auch aus wärtige große Landherren mit mehr oder weniger ansgedehnten Besitzun gen kund,2) was, wie schon erwähnt, anf Mitwirkung bei der Colonisation zu deuten ist. Schon oben wurden die südwestlich sitzenden (Oberpfälzischen Sulzbach, welche im Norden des Egerlandes eingestrenten Besitz (ber Fleißen) hatten, uordwestlich die Andechs (Merane) und die dynastischen Voigte genannt. Auch die Falkenberg von ihrem Hauptbesitze bei Weiden und Waldsassen, als deren Erbnachfolger demnächst die zu Land grafen aufsteigenden Leuchtenberger vortreten, und die südlichen Pauls- dorf, die den Landstrich auf dem rechten Wondrebufer und auch Besitz bei Redwitz erworben hatten, werden sicher hieher zu rechnen sein. Solch¬ artige Besitzungen im Egerlande, sofern sie sich nicht an das auswärtige Besitzthun anschlossen, und dadurch etwa leichter abfallen mochten, unter- standen grundsätzlich wohl der markgräflichen Gewalt der Vohburge, denen sie aber wohl unbequem gewesen sein mögen, wenn sie sich auch ihrer Sphäre nicht so leicht wie die ersteren ganz entziehen konnten. Eine fernere Einschränkung des Machtgebietes wie des Eigenbesitzes der Markgrafen erfolgte durch sie selbst zufolge eigener Entschließung in 1) Kürschner, pag. 6. — Drivok, pag. 352. 2) Fleißige sorgfältige Zusamnenstellung bei H. Gradl (älteste Gesch. der Regio Egere. Mitth. 1886, p. 220—229).
342 Frage. Sie blieben in Eger selbst ebenso unter streugem Hofrechte ihrer eigenen Herrschaften stehen, wie die auf den Landhöfen zu Schutz, Be- ackerung und soustigem Bedarfe belassenen und dort gehaltenen Leute es blieben, und wie die Hörigen unter dem Hofrechte der bei gesteigerter Sicherheit auf dem Lande verbliebenen freien Besitzer stauden. Der gesammte cultivirte Egerbezirk, der bisher die alte unbestimmte Benennung regio Slavorum trug, erscheint, bald uach der Zeit der frän- kischen Kaiser, noch unter den Bohburgen 1135 (74 Jahre uach erster Erwähnnng Egers, nur 10 Jahre nach erster Erwähnnng dasiger Mi- nisterialen) bereits unter der bezeichnenderen Form regio Egere,1) welche eine gewisse staatliche Zusammenfassung ahnen läßt. Wenn sie auch den Burgflecken noch mit einschloß, so macht die von der Ortschaft entnommene Bezeichnung des ganzen Bezirkes die Wichtigfeit Egers für denselben kund, der zu einem eigenen Territorium der Stadt allerdings noch nicht zusammen gewachsen ist. Ju dieser sich schon aus dem allgemeinen Begriffe des „Slawen-- landes“ ausgesondert zeigenden „Eger-Region“ — welche, wenn auch hauptsächlich, doch uicht als in ganzem Umfange lediglich in vohburgischem Eigenthums oder Lehensbesitze stehend anzusehen ist — werden auch aus wärtige große Landherren mit mehr oder weniger ansgedehnten Besitzun gen kund,2) was, wie schon erwähnt, anf Mitwirkung bei der Colonisation zu deuten ist. Schon oben wurden die südwestlich sitzenden (Oberpfälzischen Sulzbach, welche im Norden des Egerlandes eingestrenten Besitz (ber Fleißen) hatten, uordwestlich die Andechs (Merane) und die dynastischen Voigte genannt. Auch die Falkenberg von ihrem Hauptbesitze bei Weiden und Waldsassen, als deren Erbnachfolger demnächst die zu Land grafen aufsteigenden Leuchtenberger vortreten, und die südlichen Pauls- dorf, die den Landstrich auf dem rechten Wondrebufer und auch Besitz bei Redwitz erworben hatten, werden sicher hieher zu rechnen sein. Solch¬ artige Besitzungen im Egerlande, sofern sie sich nicht an das auswärtige Besitzthun anschlossen, und dadurch etwa leichter abfallen mochten, unter- standen grundsätzlich wohl der markgräflichen Gewalt der Vohburge, denen sie aber wohl unbequem gewesen sein mögen, wenn sie sich auch ihrer Sphäre nicht so leicht wie die ersteren ganz entziehen konnten. Eine fernere Einschränkung des Machtgebietes wie des Eigenbesitzes der Markgrafen erfolgte durch sie selbst zufolge eigener Entschließung in 1) Kürschner, pag. 6. — Drivok, pag. 352. 2) Fleißige sorgfältige Zusamnenstellung bei H. Gradl (älteste Gesch. der Regio Egere. Mitth. 1886, p. 220—229).
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343 — Geiste damaliger Zeit. Mit Neuschaffung von weiten Culturlanden, mit Germanisirung, Christianisirung, Organisirung derselben, gingen immer geistliche Stiftungen Hand in Hand, schon weil diesen dann ein sehr weseut- licher Theil der Culturarbeit zufiel, deren Frucht dann allerdings der Stiftung selbst, oft in ausgedehntester Weise zu Gute kam. Wie die Voh- burge südlich am Regeuflusse bei Cham das Kloster Reichenbach gestiftet und mit Theilen ihres Egerlandes ausgestattet hatten, so mag um die Zeit von 1130, etwa 70 Jahre nach Egers Kundwerden, der Vohburger Markgraf die Stiftung des Cisterzienserklosters Waldsassen am Wondrebflusse vollzogen haben, und zwar zu vollster Selbständigkeit unter Verzicht auf Gerichtsbarkeit und Advocatie. In „proprio fundo" besagt die Regensburger Bischofsurkunde (aus der Zeit vor 1135). Er scheukte dazu den Grund und Boden, Culturland wie ausgedehnten Forst- grund in weitem Umfange nebst mehreren Dörfern als Eigenthum, also aus seinem Eigenbesitze. Zwölf Dörfer werden dabei als schon bestehend erwähnt; 6 eigene egerländische Dörfer hatte der Markgraf den Benedic- tinern zu Reichenbach geschenft. Man erkennt den Umfang des Voh- burgischen Besitzthums, da sie so viel fortgeben konnten.1) Die Stiftung Waldsassen wußte durch klugüberlegte und beharrliche Geltendmachung ihrer speciellen „geistlichen Jnteressen“ so zu prosperiren, daß sie nach 50 Jahren (unter Barbarossa) schon fast 50 Ortschaften be- saß. überhaupt die Hälfte des ganzen Egerlandes „aus geistlichem In- teresse“ sich erwarb und in demselben ein zweiter Breunpuukt des Eger- lands ueben der Pfalzstadt wurde. Gegen 15 Quadratmeilen (mit 15 eigenen Pfleg-Gerichten darin) besaß sie im I. 1570. Obgleich noch vom Nachfolger der Vohburge dem Stauffen Friedrich II. 1215 als ur- sprünglich „in nostro predio gelegen“ bezeichnet, wußte sie sich mit Erlan- gung ojtmaliger, eine Execution von jeder landesherrlichen Gewalt herbei¬ führender kaiserlicher wie päpstlicher unmittelbarer Schutzbriefe und Pri- vilegien (Stauffische schon von König Conrad III. 1147, 79, 94; 1214, 15 18, 23) schließlich zu politischer Selbständigkeit als besonderes Reichsglied zu entwickeln und vermochte. während Eger mit dem übrigen Egerlande endlich als Pfandobject dem uachbarlichen Böhmen verfiel, selbständig fortzubestehen. Erfolgt waren beide Stiftungen Reichenbach wie Waldsassen auf un- 1) Daß die Bohburge erst 1130 von Kaiser Lothar für ihre Unterstützung gegen die Stauffen (außer dem kaiserlichen Dienstgute) als Eigengut die obigen 12 Dörfer geschenft erhalten und dann gleich an die beiden Klöster weiter geschenft hätten (H. Gradl, Gesch. d. Egerlandes p. 55), ist eine wenig wabrscheinsiche Anfstellung.
343 — Geiste damaliger Zeit. Mit Neuschaffung von weiten Culturlanden, mit Germanisirung, Christianisirung, Organisirung derselben, gingen immer geistliche Stiftungen Hand in Hand, schon weil diesen dann ein sehr weseut- licher Theil der Culturarbeit zufiel, deren Frucht dann allerdings der Stiftung selbst, oft in ausgedehntester Weise zu Gute kam. Wie die Voh- burge südlich am Regeuflusse bei Cham das Kloster Reichenbach gestiftet und mit Theilen ihres Egerlandes ausgestattet hatten, so mag um die Zeit von 1130, etwa 70 Jahre nach Egers Kundwerden, der Vohburger Markgraf die Stiftung des Cisterzienserklosters Waldsassen am Wondrebflusse vollzogen haben, und zwar zu vollster Selbständigkeit unter Verzicht auf Gerichtsbarkeit und Advocatie. In „proprio fundo" besagt die Regensburger Bischofsurkunde (aus der Zeit vor 1135). Er scheukte dazu den Grund und Boden, Culturland wie ausgedehnten Forst- grund in weitem Umfange nebst mehreren Dörfern als Eigenthum, also aus seinem Eigenbesitze. Zwölf Dörfer werden dabei als schon bestehend erwähnt; 6 eigene egerländische Dörfer hatte der Markgraf den Benedic- tinern zu Reichenbach geschenft. Man erkennt den Umfang des Voh- burgischen Besitzthums, da sie so viel fortgeben konnten.1) Die Stiftung Waldsassen wußte durch klugüberlegte und beharrliche Geltendmachung ihrer speciellen „geistlichen Jnteressen“ so zu prosperiren, daß sie nach 50 Jahren (unter Barbarossa) schon fast 50 Ortschaften be- saß. überhaupt die Hälfte des ganzen Egerlandes „aus geistlichem In- teresse“ sich erwarb und in demselben ein zweiter Breunpuukt des Eger- lands ueben der Pfalzstadt wurde. Gegen 15 Quadratmeilen (mit 15 eigenen Pfleg-Gerichten darin) besaß sie im I. 1570. Obgleich noch vom Nachfolger der Vohburge dem Stauffen Friedrich II. 1215 als ur- sprünglich „in nostro predio gelegen“ bezeichnet, wußte sie sich mit Erlan- gung ojtmaliger, eine Execution von jeder landesherrlichen Gewalt herbei¬ führender kaiserlicher wie päpstlicher unmittelbarer Schutzbriefe und Pri- vilegien (Stauffische schon von König Conrad III. 1147, 79, 94; 1214, 15 18, 23) schließlich zu politischer Selbständigkeit als besonderes Reichsglied zu entwickeln und vermochte. während Eger mit dem übrigen Egerlande endlich als Pfandobject dem uachbarlichen Böhmen verfiel, selbständig fortzubestehen. Erfolgt waren beide Stiftungen Reichenbach wie Waldsassen auf un- 1) Daß die Bohburge erst 1130 von Kaiser Lothar für ihre Unterstützung gegen die Stauffen (außer dem kaiserlichen Dienstgute) als Eigengut die obigen 12 Dörfer geschenft erhalten und dann gleich an die beiden Klöster weiter geschenft hätten (H. Gradl, Gesch. d. Egerlandes p. 55), ist eine wenig wabrscheinsiche Anfstellung.
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344 — zweifelhaftem Eigengute der Vohburge unter geschentweiser Eigenthums verleihung des Klosterbodens wie der dazu damals und auch noch später verliehenen Güter und Ortschaften mit allem Zugehör. Während in Eger1) selbst schon 1111 die zweite Kirche St. Niclas (in ihrer ältesten Bangestalt) hervortritt, war auch die Cultivirnng im Egerlande noch unter den Bohburgen um 1140 schon soweit vorgerückt, daß 4 Landpfarren (Wondreb, Tirschenreut, Beidel, Redtwitz) errichtet wurden. Der von der Reichsgewalt abgeleiteten landesherrlichen Gewalt der markgräflichen Vohburge stand als eine ihrer Hauptaufgaben die Handhabung der Gerichtspflege zu. Da für die älteste Gerichts- verfassung im Egerlande besondere Modificationen uirgend angedeutet sind, wird auch hier die schon seit der Feststellung durch Carl d. Gr. be stehende alte germanische Verfassung für die ordentlichen Gerichte an- zunehmen sein, wie sie auch in den übrigen Theilen des Reichs weiter geübt wurde: Abhaltung des „ächten Dings“ von allen volljährigen Freien an althergebrachten Malstätten, unter Vorsitz und Leitung des den Kaiser repräsentirenden Grafen oder dessen Stellvertreters als des Ge- richtsherrn, mit Urtheilsvorschlag durch 7 Rathgeber (Schöffen, Scabine) unter Bestätigung durch den „Umstand“. Die Marken des Reichs bil- deten eine territoriale Einheit und so auch ein einheitliches Gerichtsgebiet, in dem der Markgraf selbst der Richter war und die hohe Gerichtsbarkeit persönlich oder durch seinen Stellvertreter übte, über die Freien eben mit Schöffenbeisitz, über die Ministerialen nach Hofrecht im Mannengericht mit Ministerialen als Urtheilsfindern. Mit Ausbildung der Erblichkeit der Lehen ward auch der staatsrechtliche Charakter bei Handhabung der Graf- schafts-Gerichtsbarkeit modificirt; der Inhaber derselben handhabte sie nun als Landesherr in seinem Territorium. Der Zuständigkeit des Landes- gerichts unterlag alles darin gelegene Eigen und unterlagen alle darin angesessenen Freien, Herren wie Gemeinfreie. So unzweifelhaft es ist, daß bei der oftmaligen und sehr langen Abwesenheit des Mark- grafen Stellvertreter fungiren mußten, so werden doch noch keine solche fundbar, ebensowenig wie für die Pfalz. Der Markgrafengewalt unterlagen in begriffsmäßiger Trennung auch die vohburgischen Eigengüter selbst. Aber die Vohburge vereinten Eigen- besitz, Lehen, Regiernngsgewalt in derselben Hand. In der ganzen Periode ihrer Wirksamkeit bis zu ihrem mun bald eintretenden Abgange kurz vor Mitte des 12. Jahrhunderts findet sich von einem speciellen unmittelbaren 1) Grueber 45.
344 — zweifelhaftem Eigengute der Vohburge unter geschentweiser Eigenthums verleihung des Klosterbodens wie der dazu damals und auch noch später verliehenen Güter und Ortschaften mit allem Zugehör. Während in Eger1) selbst schon 1111 die zweite Kirche St. Niclas (in ihrer ältesten Bangestalt) hervortritt, war auch die Cultivirnng im Egerlande noch unter den Bohburgen um 1140 schon soweit vorgerückt, daß 4 Landpfarren (Wondreb, Tirschenreut, Beidel, Redtwitz) errichtet wurden. Der von der Reichsgewalt abgeleiteten landesherrlichen Gewalt der markgräflichen Vohburge stand als eine ihrer Hauptaufgaben die Handhabung der Gerichtspflege zu. Da für die älteste Gerichts- verfassung im Egerlande besondere Modificationen uirgend angedeutet sind, wird auch hier die schon seit der Feststellung durch Carl d. Gr. be stehende alte germanische Verfassung für die ordentlichen Gerichte an- zunehmen sein, wie sie auch in den übrigen Theilen des Reichs weiter geübt wurde: Abhaltung des „ächten Dings“ von allen volljährigen Freien an althergebrachten Malstätten, unter Vorsitz und Leitung des den Kaiser repräsentirenden Grafen oder dessen Stellvertreters als des Ge- richtsherrn, mit Urtheilsvorschlag durch 7 Rathgeber (Schöffen, Scabine) unter Bestätigung durch den „Umstand“. Die Marken des Reichs bil- deten eine territoriale Einheit und so auch ein einheitliches Gerichtsgebiet, in dem der Markgraf selbst der Richter war und die hohe Gerichtsbarkeit persönlich oder durch seinen Stellvertreter übte, über die Freien eben mit Schöffenbeisitz, über die Ministerialen nach Hofrecht im Mannengericht mit Ministerialen als Urtheilsfindern. Mit Ausbildung der Erblichkeit der Lehen ward auch der staatsrechtliche Charakter bei Handhabung der Graf- schafts-Gerichtsbarkeit modificirt; der Inhaber derselben handhabte sie nun als Landesherr in seinem Territorium. Der Zuständigkeit des Landes- gerichts unterlag alles darin gelegene Eigen und unterlagen alle darin angesessenen Freien, Herren wie Gemeinfreie. So unzweifelhaft es ist, daß bei der oftmaligen und sehr langen Abwesenheit des Mark- grafen Stellvertreter fungiren mußten, so werden doch noch keine solche fundbar, ebensowenig wie für die Pfalz. Der Markgrafengewalt unterlagen in begriffsmäßiger Trennung auch die vohburgischen Eigengüter selbst. Aber die Vohburge vereinten Eigen- besitz, Lehen, Regiernngsgewalt in derselben Hand. In der ganzen Periode ihrer Wirksamkeit bis zu ihrem mun bald eintretenden Abgange kurz vor Mitte des 12. Jahrhunderts findet sich von einem speciellen unmittelbaren 1) Grueber 45.
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345 Reichslands-Charakter des Egerlandes oder der Stadt mit ihren allmälig erwachsenden Bezirken, oder von unmittelbaren Reichs-Ministerialen keine Andeutung, wobei die Zugehörigkeit des Egerlandes, wie anderer deutscher Reichsmarkenlande, Fürstenthümer und Herzogthümer zum deutschen Reiche überhaupt selbstverständlich war.1) II. Dem mit Heinrich V. 1125 erloschenen fränkischen Kaiserhause folgten als Erben der nachgelassenen, uamentlich in den zum Herzog- thum Franken gehörigen ausgedehnten Besitzungen, die durch Heirat mit des genannten Kaisers Schwester Agnes — verschwägerten schwäbischen Stauffen=Herzoge. Die letzteren erscheinen, wie bereits angeführt, außer um Weißenburg in Nordgan auch schon in den Egergegenden selbst mit Eigenbesitz begütert. Allerdings ist es uicht ein Theil des obigen Kaiser-Erbes, sondern wohl eine gräflich Sulzbachische Mitgift und Eigenbesitz des Herzogs Courad von Stauffen, der wahrscheinlich vom Stanffischen Nürnberg aus mit verwaltet wurde (für welchen weder jetzt bei Kaiser Lothar, noch später jemals Nachsuchung und Gewährung als etwaiges Reichslehen kundbar ist). Es erscheint also im Egerlande voh- burgischer wie Sulzbach-Stanffischer Eigenbesitz gleichzeitig. Der an Courad als Mitgift seiner Sulzbacher Gemahlin Gertrud, Tochter des Grafen Berengar und Schwester Gebhard's von Sulzbach, gelangte Landbesitz wird uamentlich in der Fleissener Gegend kenntlich. Dort ver- schenkte Conrad (die Zeit ist nicht bekaunt), wie später der Regensburger Bischof bekundet, dem Kloster Waldsassen die Zehenten über die 2 Dörfer Schönbach und Kirchberg und auch den Wald, und später (was wir hier, uur des Zusammenhangs willen, in der Zeit vorgreifend bemerken) sein Sohn und Erbe Herzog Friedrich (von Rothenburg) 1154 das Dor Watzgenreut.2) Dieser Sulzbach-Stanffische Grundbesitz, aus dem die Schenkungen an das Kloster erfolgten, muß umfangreich gewesen sein, denn der Herzog hatte darauf Ministerialen. Der Herzog schenkte es mit Verzicht auf seine grundherrliche Gerichtsbarkeit, Zoll-- erhebung und soustige Hebungen (exactis secularis telonii et con- similium), was einen Blick auf die dortigen ländlichen Abgabenverhältuisse gestattet. Die Gerichtsbarkeit sollte fortan uur durch des Klosters eigene allici ansgeübt werden; „seinen Ministerialen“ erlaubte der Herzog jedoch, 1) Döberl. Reichsunmittelbarkeit Waldsassens, Passau 1897, p. 12. 2) Kürschner 7. Drivok 40.
345 Reichslands-Charakter des Egerlandes oder der Stadt mit ihren allmälig erwachsenden Bezirken, oder von unmittelbaren Reichs-Ministerialen keine Andeutung, wobei die Zugehörigkeit des Egerlandes, wie anderer deutscher Reichsmarkenlande, Fürstenthümer und Herzogthümer zum deutschen Reiche überhaupt selbstverständlich war.1) II. Dem mit Heinrich V. 1125 erloschenen fränkischen Kaiserhause folgten als Erben der nachgelassenen, uamentlich in den zum Herzog- thum Franken gehörigen ausgedehnten Besitzungen, die durch Heirat mit des genannten Kaisers Schwester Agnes — verschwägerten schwäbischen Stauffen=Herzoge. Die letzteren erscheinen, wie bereits angeführt, außer um Weißenburg in Nordgan auch schon in den Egergegenden selbst mit Eigenbesitz begütert. Allerdings ist es uicht ein Theil des obigen Kaiser-Erbes, sondern wohl eine gräflich Sulzbachische Mitgift und Eigenbesitz des Herzogs Courad von Stauffen, der wahrscheinlich vom Stanffischen Nürnberg aus mit verwaltet wurde (für welchen weder jetzt bei Kaiser Lothar, noch später jemals Nachsuchung und Gewährung als etwaiges Reichslehen kundbar ist). Es erscheint also im Egerlande voh- burgischer wie Sulzbach-Stanffischer Eigenbesitz gleichzeitig. Der an Courad als Mitgift seiner Sulzbacher Gemahlin Gertrud, Tochter des Grafen Berengar und Schwester Gebhard's von Sulzbach, gelangte Landbesitz wird uamentlich in der Fleissener Gegend kenntlich. Dort ver- schenkte Conrad (die Zeit ist nicht bekaunt), wie später der Regensburger Bischof bekundet, dem Kloster Waldsassen die Zehenten über die 2 Dörfer Schönbach und Kirchberg und auch den Wald, und später (was wir hier, uur des Zusammenhangs willen, in der Zeit vorgreifend bemerken) sein Sohn und Erbe Herzog Friedrich (von Rothenburg) 1154 das Dor Watzgenreut.2) Dieser Sulzbach-Stanffische Grundbesitz, aus dem die Schenkungen an das Kloster erfolgten, muß umfangreich gewesen sein, denn der Herzog hatte darauf Ministerialen. Der Herzog schenkte es mit Verzicht auf seine grundherrliche Gerichtsbarkeit, Zoll-- erhebung und soustige Hebungen (exactis secularis telonii et con- similium), was einen Blick auf die dortigen ländlichen Abgabenverhältuisse gestattet. Die Gerichtsbarkeit sollte fortan uur durch des Klosters eigene allici ansgeübt werden; „seinen Ministerialen“ erlaubte der Herzog jedoch, 1) Döberl. Reichsunmittelbarkeit Waldsassens, Passau 1897, p. 12. 2) Kürschner 7. Drivok 40.
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346 dieselbe dann anszuüben, wenn sie freiwillig dazu gerufen würden, und gestattete ihnen auch, ihre Lehen dem Kloster für ihr Seelenheil dar- zubieten. Die Stauffen wurden auch in der Kaiserstellung, nach Kaiser Lo- thars kurzer Zwischenregierung, die Nachfolger der fränkischen Kaiser- dynastie, indem Conrad 1138 den Thron bestieg. Im Egerlande starb 1146 der Markgraf Dietpold II. (III.)1) mit Hinterlassung von 2 noch minderjährigen Söhuen, des höchsteus 16jährigen Bertold und des noch jüngeren Dietpold V. neben mehreren Töch¬- tern. Während der Zeit der Minderjährigkeitder jungen Vohburge erscheint als Inhaber der Markgrafeustellung der nachbarliche Graf Gebhart von Sulzbach, der uunmehrige Gatte der Witwe des früh (1130) ver- storbenen ältesten Bruders der beiden Minderjährigen (Dietpolds IV.), der Mathilde von Bayern (Tochter Herzog Heinrichs des Schwarzen, Echwe- ster Heinrichs des Stolzen und der Jndith, der Schwägerin König Cou- rads und Mutter Barbarossas). Graf Sulzbach war als Bruder der Gertrud zugleich Schwager des Königs Courad und dadurch mit dessen Bruder Herzogs Friedrich von Schwaben (Vater Kaiser Friedrichs I.) ver schwägert. In dieser mehrfachen Verschwägernng verwaltete er vielleicht auch das ganze Erbe der hinterbliebenen mäunlichen und weiblichen Voh- burge. Von der Markgrafschaft trat er uach 3 Jahren 1149 wieder al und dieselbe ging bei Bolljährigkeit der beiden Vohburge wieder an diese über. Courads Bruder Friedrich von Schwaben lag in diesem Jahre schwer erkrankt darnieder (starb in Frühjahre 1147). Courads Gemahlin Gertrud, deren Schwester Bertha dem Kaiser Manuel in Coustautinopel durch Conrad soeben im Januar 1146 vermählt und zugesendet war, erfrankte gleichfalls schwer. Und bald nachdem der alte Markgraf Dietpold von Vohburg gestorben war (8. April), starb auch sie (14. April 1146, mit Hinterlassung eines kaum 9jährigen Knaben und eines solchen noch in der Wiege. Courad, tief erschüttert, verweilte in der nächsten Zeit im Fränki- schen, viel mit Ausführung frommer Stiftungen für ihr Seelenheil an viele Klöster (wenigstens 6 sind genannt) beschäftigt.2) Er wurde im Früh- 1) Er trat vor seinem Absterben in das vohburgische Familien und Begräbniß kloster Reichenbach und starb im Mönchsgewand. Daraus eine Feindseligkeit der Stauffen gegen ihn zu folgern, die ihn aus der Welt in’s Kloster ge- trieben (Gradl: Zur ältesten Gesch. der Regio Egere. Mitth. 1885, S. 29), ist kaum begründet. Es lag im Charakter der Zeit und geschah vielfach, ohne Flucht vor Feinden, eher zur Buße. 2) Giesebrecht, p. 216.
346 dieselbe dann anszuüben, wenn sie freiwillig dazu gerufen würden, und gestattete ihnen auch, ihre Lehen dem Kloster für ihr Seelenheil dar- zubieten. Die Stauffen wurden auch in der Kaiserstellung, nach Kaiser Lo- thars kurzer Zwischenregierung, die Nachfolger der fränkischen Kaiser- dynastie, indem Conrad 1138 den Thron bestieg. Im Egerlande starb 1146 der Markgraf Dietpold II. (III.)1) mit Hinterlassung von 2 noch minderjährigen Söhuen, des höchsteus 16jährigen Bertold und des noch jüngeren Dietpold V. neben mehreren Töch¬- tern. Während der Zeit der Minderjährigkeitder jungen Vohburge erscheint als Inhaber der Markgrafeustellung der nachbarliche Graf Gebhart von Sulzbach, der uunmehrige Gatte der Witwe des früh (1130) ver- storbenen ältesten Bruders der beiden Minderjährigen (Dietpolds IV.), der Mathilde von Bayern (Tochter Herzog Heinrichs des Schwarzen, Echwe- ster Heinrichs des Stolzen und der Jndith, der Schwägerin König Cou- rads und Mutter Barbarossas). Graf Sulzbach war als Bruder der Gertrud zugleich Schwager des Königs Courad und dadurch mit dessen Bruder Herzogs Friedrich von Schwaben (Vater Kaiser Friedrichs I.) ver schwägert. In dieser mehrfachen Verschwägernng verwaltete er vielleicht auch das ganze Erbe der hinterbliebenen mäunlichen und weiblichen Voh- burge. Von der Markgrafschaft trat er uach 3 Jahren 1149 wieder al und dieselbe ging bei Bolljährigkeit der beiden Vohburge wieder an diese über. Courads Bruder Friedrich von Schwaben lag in diesem Jahre schwer erkrankt darnieder (starb in Frühjahre 1147). Courads Gemahlin Gertrud, deren Schwester Bertha dem Kaiser Manuel in Coustautinopel durch Conrad soeben im Januar 1146 vermählt und zugesendet war, erfrankte gleichfalls schwer. Und bald nachdem der alte Markgraf Dietpold von Vohburg gestorben war (8. April), starb auch sie (14. April 1146, mit Hinterlassung eines kaum 9jährigen Knaben und eines solchen noch in der Wiege. Courad, tief erschüttert, verweilte in der nächsten Zeit im Fränki- schen, viel mit Ausführung frommer Stiftungen für ihr Seelenheil an viele Klöster (wenigstens 6 sind genannt) beschäftigt.2) Er wurde im Früh- 1) Er trat vor seinem Absterben in das vohburgische Familien und Begräbniß kloster Reichenbach und starb im Mönchsgewand. Daraus eine Feindseligkeit der Stauffen gegen ihn zu folgern, die ihn aus der Welt in’s Kloster ge- trieben (Gradl: Zur ältesten Gesch. der Regio Egere. Mitth. 1885, S. 29), ist kaum begründet. Es lag im Charakter der Zeit und geschah vielfach, ohne Flucht vor Feinden, eher zur Buße. 2) Giesebrecht, p. 216.
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347 sommer von den südlichen Fehden in Bayern (mit der Stadt Regensburg nnd deren Bischofe, mit Böhmen, Oesterreich, Steyermark) und in Schwaben, wo sein Neffe, des kranken Herzogs Sohn Friedrich Barbarossa mit den Zähringern im Kampfe lag, voll beansprucht, nicht minder auch von den in Folge päpstlicher Anfrufe und Sendboten eintretenden Kreuzzugs-Bewe- gungen, in denen er selbst (Weihnachten) mit seinem Neffen das Krenz nahm. Nach langen Vorbereitungen dafür zogen Beide am 24. April 1147 von Nürnberg fort. Erst 1149 (29. Mai) traf Conrad, kurz nach dem Neffen Friedrich wieder in Regensburg aus dem Oriente ein, um nun zunächst seinen auch im Jahre 1146 aus Polen vertriebenen Schwa ger Wladislaw II., den Gemahl seiner Halbschwester Agnes, dorthin zu- rückzuführen und dann den Zug nach Italien anzutreten. Diese Anfüh- rungen dürften die politischen und verwandtschaftlichen Verhältnisse klar hervortreten zu lassen, unter denen fürs Egerland jene wichtigen Ereig uisse eintraten, zu denen wir jetzt gelangen. Der Schwabenherzog Friedrich Barbarossa, eben ans den Oriente zurückgekehrt, vermählte sich 1149 mit des verstorbenen Mark- grafen Dietpold von Vohburg ältester Tochter Adela oder Adelheid und wurde so der Schwager der beiden jüngeren Vohburge. Bald nach der Vermählung sehen wir Barbarossa im Besitze des egerländischen bisher Vohburgischen Besitzthums (neben den in Händen seines Obeims König Courads befindlichen Sulzbachsschen Landestheilen). Die Stauffen sind es, die fortan die Weiterführung der vohburgischen Anfänge im Eger- lande übernahmen, indem sie ganz an Stelle der Vohburger traten, aber in großartigerem Maße Erfolge zu erzielen vermochten. Dieser Besitzerwerb war eine sehr wesentliche Vermehrung und Ab- schließung der bisherigen in Franken, Nordgan und Egerland zerstrenten Besitzungen des Hauses der Stauffen, wenngleich die egerischen in der Hand zweier Zweige der Stauffen1) lagen. Leider ist dieser eigentliche Vohburger Egerbesitz, soweit er nach mehrfachen Klosterstiftnngen und etwaigen sonstigen Vergebungen noch vorhanden war — als echtes Eigen, als Lehenrecht über Vergabtes, als offerirt erhaltenes Lehen — außer halb seines Mittelpunktes Eger speciell nicht näher nachweisbar. Einzelne Gebietstheile müssen auch in der Hand der Vohburge zurückgeblieben sein, da wenigstens Berthold noch 1158 Zehente im Nordwalde dem Kloster Waldsassen schenkte. Daß im Egerlande auch anderweitige große Ge schlechter Besitzungen hatten, ist schon oben wiederholt berührt. Sicher 1) Drivok 39, 40. Kürschner 7.
347 sommer von den südlichen Fehden in Bayern (mit der Stadt Regensburg nnd deren Bischofe, mit Böhmen, Oesterreich, Steyermark) und in Schwaben, wo sein Neffe, des kranken Herzogs Sohn Friedrich Barbarossa mit den Zähringern im Kampfe lag, voll beansprucht, nicht minder auch von den in Folge päpstlicher Anfrufe und Sendboten eintretenden Kreuzzugs-Bewe- gungen, in denen er selbst (Weihnachten) mit seinem Neffen das Krenz nahm. Nach langen Vorbereitungen dafür zogen Beide am 24. April 1147 von Nürnberg fort. Erst 1149 (29. Mai) traf Conrad, kurz nach dem Neffen Friedrich wieder in Regensburg aus dem Oriente ein, um nun zunächst seinen auch im Jahre 1146 aus Polen vertriebenen Schwa ger Wladislaw II., den Gemahl seiner Halbschwester Agnes, dorthin zu- rückzuführen und dann den Zug nach Italien anzutreten. Diese Anfüh- rungen dürften die politischen und verwandtschaftlichen Verhältnisse klar hervortreten zu lassen, unter denen fürs Egerland jene wichtigen Ereig uisse eintraten, zu denen wir jetzt gelangen. Der Schwabenherzog Friedrich Barbarossa, eben ans den Oriente zurückgekehrt, vermählte sich 1149 mit des verstorbenen Mark- grafen Dietpold von Vohburg ältester Tochter Adela oder Adelheid und wurde so der Schwager der beiden jüngeren Vohburge. Bald nach der Vermählung sehen wir Barbarossa im Besitze des egerländischen bisher Vohburgischen Besitzthums (neben den in Händen seines Obeims König Courads befindlichen Sulzbachsschen Landestheilen). Die Stauffen sind es, die fortan die Weiterführung der vohburgischen Anfänge im Eger- lande übernahmen, indem sie ganz an Stelle der Vohburger traten, aber in großartigerem Maße Erfolge zu erzielen vermochten. Dieser Besitzerwerb war eine sehr wesentliche Vermehrung und Ab- schließung der bisherigen in Franken, Nordgan und Egerland zerstrenten Besitzungen des Hauses der Stauffen, wenngleich die egerischen in der Hand zweier Zweige der Stauffen1) lagen. Leider ist dieser eigentliche Vohburger Egerbesitz, soweit er nach mehrfachen Klosterstiftnngen und etwaigen sonstigen Vergebungen noch vorhanden war — als echtes Eigen, als Lehenrecht über Vergabtes, als offerirt erhaltenes Lehen — außer halb seines Mittelpunktes Eger speciell nicht näher nachweisbar. Einzelne Gebietstheile müssen auch in der Hand der Vohburge zurückgeblieben sein, da wenigstens Berthold noch 1158 Zehente im Nordwalde dem Kloster Waldsassen schenkte. Daß im Egerlande auch anderweitige große Ge schlechter Besitzungen hatten, ist schon oben wiederholt berührt. Sicher 1) Drivok 39, 40. Kürschner 7.
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348 war aber nach dem ganzen Gange der Entwickelung der Eigenbesitz der Vohburge in der durch sie in fast 100jähriger Wirksanfeit für die Cultur gewonnenen Landschaft der ganz überwiegende. Und es darf dies uicht Wunder nehmen, da wir auch in anderen Gegenden Deutschlands noch in späterer Zeit sehr unjangreichen Eigenbesitz herrschaftlicher Geschlechter anßerhalb des soust das Reich unklanunernden Lehensverbandes finden. So hatten bekanutlich die Welfen sich einen solchen bei ihrer in den uördlichen Gegenden Deutschlands vorschreitenden germanisirenden Culti¬ virung in Ostphalen und Eugern erworben. Und dieser Besitz bestand, andh uach dem Sturze Heinrichs des Löwen (1180) und der Einziehnng seiner Lehen, in ganzem Umfange weiter fort. Erst nach einem halben Jahr¬ hundert 1235 wurde dieser ansgedehnte Alodialbesitz von Eigenbesitzer dem Kaiser zu Lehen aufgetragen und gleich darauf zu Lehen zurück empfangen als uunmehriges grundherrliches Fürstenthum Braunschweig. Näheres über die Art des Uebergangs des vohburgischen Be- sitzes auf des verstorbenen Markgrafen Eidant Friedrich Barbarossa ist nicht bekannt; Urkunden darüber oder autheutische Erklärungen liegen uicht vor. Die alte Zeit faßte den Uebergang dieses Besitzthuns auf den Gemahl der ältesten Tochter einfach als eine, wenn auch erst nach dem Tode des Erblassers gerade für diese spätere voruchme Heirat und Verbindung mit dem Kaiserhause regulierte Mitgijt der Vermählten auf, gleichwie der Stanffe Courad als Mitgift sulzbachisches Besitzthum, wenn auch uicht von gleichen Umjange erhalten hatte und weiter vererote. So die alten chronikalischen Nachrichten des vohburgischen Klosters Waldsassen im Eger- lande selbst, und der Egerländer älteste Historiker Brusch 1542. Bar- barossas Geschichtsschreiber Bischof Otto von Freising thut dessen keiner- lei Erwähnnng. Auch die neueren Historiker gehen nicht näher darauf ein. Ranmer (Hohenstanfen II, 1841, p. 58) theilt die egerländische Mitgijt uur als Angabe mit; Giesebrecht (Kaisergeschichte V. 1880, p. 27) sagt: „Adela hatte eine reiche Mitgift mitgebracht, namentlich das Egerland und Giengen an der Breuz“. Die bayrischen Historifer Buchner (1820), Rud- hart (1841) und die früheren Special-Historiker des Egerlandes finden anch keine Bedeufen dagegen. Anton Frind (Historische Analekten, Eger 1864, p. 5) bemerkt, daß in Dietpolds Nachlaß wohl schon die Güter- besitze für die Erben abgesondert waren, und betout, daß Adela ausdrück lich comitissa de Egere (Erben. Reg. Boh. 248) neben männlichen Vohburgen heißt. Nicht minder hält Kürschuer (Eger und Böhmen. Wien 1870, p. 7) daran fest, daß Barbarossa durch seine Heirat mit
348 war aber nach dem ganzen Gange der Entwickelung der Eigenbesitz der Vohburge in der durch sie in fast 100jähriger Wirksanfeit für die Cultur gewonnenen Landschaft der ganz überwiegende. Und es darf dies uicht Wunder nehmen, da wir auch in anderen Gegenden Deutschlands noch in späterer Zeit sehr unjangreichen Eigenbesitz herrschaftlicher Geschlechter anßerhalb des soust das Reich unklanunernden Lehensverbandes finden. So hatten bekanutlich die Welfen sich einen solchen bei ihrer in den uördlichen Gegenden Deutschlands vorschreitenden germanisirenden Culti¬ virung in Ostphalen und Eugern erworben. Und dieser Besitz bestand, andh uach dem Sturze Heinrichs des Löwen (1180) und der Einziehnng seiner Lehen, in ganzem Umfange weiter fort. Erst nach einem halben Jahr¬ hundert 1235 wurde dieser ansgedehnte Alodialbesitz von Eigenbesitzer dem Kaiser zu Lehen aufgetragen und gleich darauf zu Lehen zurück empfangen als uunmehriges grundherrliches Fürstenthum Braunschweig. Näheres über die Art des Uebergangs des vohburgischen Be- sitzes auf des verstorbenen Markgrafen Eidant Friedrich Barbarossa ist nicht bekannt; Urkunden darüber oder autheutische Erklärungen liegen uicht vor. Die alte Zeit faßte den Uebergang dieses Besitzthuns auf den Gemahl der ältesten Tochter einfach als eine, wenn auch erst nach dem Tode des Erblassers gerade für diese spätere voruchme Heirat und Verbindung mit dem Kaiserhause regulierte Mitgijt der Vermählten auf, gleichwie der Stanffe Courad als Mitgift sulzbachisches Besitzthum, wenn auch uicht von gleichen Umjange erhalten hatte und weiter vererote. So die alten chronikalischen Nachrichten des vohburgischen Klosters Waldsassen im Eger- lande selbst, und der Egerländer älteste Historiker Brusch 1542. Bar- barossas Geschichtsschreiber Bischof Otto von Freising thut dessen keiner- lei Erwähnnng. Auch die neueren Historiker gehen nicht näher darauf ein. Ranmer (Hohenstanfen II, 1841, p. 58) theilt die egerländische Mitgijt uur als Angabe mit; Giesebrecht (Kaisergeschichte V. 1880, p. 27) sagt: „Adela hatte eine reiche Mitgift mitgebracht, namentlich das Egerland und Giengen an der Breuz“. Die bayrischen Historifer Buchner (1820), Rud- hart (1841) und die früheren Special-Historiker des Egerlandes finden anch keine Bedeufen dagegen. Anton Frind (Historische Analekten, Eger 1864, p. 5) bemerkt, daß in Dietpolds Nachlaß wohl schon die Güter- besitze für die Erben abgesondert waren, und betout, daß Adela ausdrück lich comitissa de Egere (Erben. Reg. Boh. 248) neben männlichen Vohburgen heißt. Nicht minder hält Kürschuer (Eger und Böhmen. Wien 1870, p. 7) daran fest, daß Barbarossa durch seine Heirat mit
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349 Adelheid die vohburgischen Faniliengüter im Egerlande erwarb.1) Auch Prökl (1845 und 1877) und Drivok (1875) halten die Ansicht fest. In der That kann kaum ein Zweifel darüber obwalten, daß die Hei- rat und dieser Uebergang des Besitzes in unmittelbarer Verbindung standen. Dahingegen stellt H. Gradl die Behauptung anf,2) König Courad habe nach Markgraf Dietpolds Tode (1146) einen Zerspaltungsplan des 1) Kürschner begeht allerdings den Irrthum — bei der großen Verworrenheit der Nachrichten über den alten Nordgan und die vohburgische Generalogie — anzunehmen, der Markgraf habe ohne uännliche Nachkommen nur die Tochter Adelheid hinterlassen. Dies gibt H. Gradl („Zur ältesten Geschichte Egers. IV. Abth.) Anlaß zu dem Vorwurfe gegen den Verfasser der meisterhaften kurzen Geschichte „Eger und Böhmen“: daß er „gar keine Ahnung von der vorliegenden Stoffmenge“ habe, — daß er „in absonderlicher Weise bedauernswerthe Unrichtig¬ keiten aufstelle, die ihm ieine Feblschüsse leicht machen, so leicht, daß er scheinbar (anscheinend) diese Behauptungen absichtlich erdichtet, alle urkundlichen Quellen und die Adelsgeschichte Bayerns bei Seite schiebend“, was „unverzeihlich“ sei! Schwerere Vorwürfe gegen den bekanuten, trefflichen Forscher, aber mit Unrecht, kounten wohl uicht anfgestellt werden! 2) Gradl stellt (Zurältesten Gesch. der Regio Egere Mitth. 1885, p. 28, 29) die Vermuthung anf. die Stauffen hätten in der „Begier“ nach dem Egerlande „irgend einen Vorwand aufgegriffen“, um „gegen die Vohburge zu zürnen“; die „böse Stellung sei 1146 sicher eingetreten“; dadurch sei der alte Markgraf wohl ins Kloster getrieben worden; die Beauftragung des Grafen Sulzbach mit der Markgrafenstellung sei „nothwendig eine Feindseligkeit“ gegen die Vohburge, die „ihrer Würde beraubt“ wurden und erkläre sich „aus obigem Beweggrunde“; der „Stanffischer Seits gemachte Zwist mußte dem König Conrad einen „Vor wand geben, das Reichslehen Eger einzuziehen“; und um die „damit nicht sehr befriedigten Nachbarn“ für sein „Bentenehmen“ günstig zu stimmen, die „noch nicht beschenkten Nachbarn mit jeiner That auszusöhnen“ (die Merane, Voigte, sogar „einen unbekannten Nachbar“ etwa die Leuchtenberg) hätte er Landstriche abgerissen und die geranbten Landtheile ihnen „als Schweigegelder“ ge- schenkt; dem Neffen Barbarossa sei die „Pflicht auferlegt“, zur Beschwichtigung der Vohburge die Adelheid „aus Staatsraison“ zu heiraten. Allerdings „lasse sich aus den urkundlichen Daten der Stauffenperiode wenig Material dafür“. und wieweit der „geheime Plan, aus dem Reichslande ein Allod zu machen gediehen sei, gewinnen; es habe aber „im Sinne der Stauffen liegen müssen, diesen Uebergang in aller Stille sich vollziehen zu lassen und nicht allzufrüh verrathen zu sehen“; und „so verrathen auch die Kaiserurkunden eigentlich gar nichts“. H. Gradl glaubt eine „kleine Spur“ von „absichtlicher oder unab- sichtlicher Andeutung“ in der chronikalen Erzählung von Barbarossa's späterer Erbtheilung 1189 finden zu können. Er will auch (p. 22) einen Beweis da für, daß Courad schon 1147, vor der Heirat, gleich nach des Marfgrafen Tode
349 Adelheid die vohburgischen Faniliengüter im Egerlande erwarb.1) Auch Prökl (1845 und 1877) und Drivok (1875) halten die Ansicht fest. In der That kann kaum ein Zweifel darüber obwalten, daß die Hei- rat und dieser Uebergang des Besitzes in unmittelbarer Verbindung standen. Dahingegen stellt H. Gradl die Behauptung anf,2) König Courad habe nach Markgraf Dietpolds Tode (1146) einen Zerspaltungsplan des 1) Kürschner begeht allerdings den Irrthum — bei der großen Verworrenheit der Nachrichten über den alten Nordgan und die vohburgische Generalogie — anzunehmen, der Markgraf habe ohne uännliche Nachkommen nur die Tochter Adelheid hinterlassen. Dies gibt H. Gradl („Zur ältesten Geschichte Egers. IV. Abth.) Anlaß zu dem Vorwurfe gegen den Verfasser der meisterhaften kurzen Geschichte „Eger und Böhmen“: daß er „gar keine Ahnung von der vorliegenden Stoffmenge“ habe, — daß er „in absonderlicher Weise bedauernswerthe Unrichtig¬ keiten aufstelle, die ihm ieine Feblschüsse leicht machen, so leicht, daß er scheinbar (anscheinend) diese Behauptungen absichtlich erdichtet, alle urkundlichen Quellen und die Adelsgeschichte Bayerns bei Seite schiebend“, was „unverzeihlich“ sei! Schwerere Vorwürfe gegen den bekanuten, trefflichen Forscher, aber mit Unrecht, kounten wohl uicht anfgestellt werden! 2) Gradl stellt (Zurältesten Gesch. der Regio Egere Mitth. 1885, p. 28, 29) die Vermuthung anf. die Stauffen hätten in der „Begier“ nach dem Egerlande „irgend einen Vorwand aufgegriffen“, um „gegen die Vohburge zu zürnen“; die „böse Stellung sei 1146 sicher eingetreten“; dadurch sei der alte Markgraf wohl ins Kloster getrieben worden; die Beauftragung des Grafen Sulzbach mit der Markgrafenstellung sei „nothwendig eine Feindseligkeit“ gegen die Vohburge, die „ihrer Würde beraubt“ wurden und erkläre sich „aus obigem Beweggrunde“; der „Stanffischer Seits gemachte Zwist mußte dem König Conrad einen „Vor wand geben, das Reichslehen Eger einzuziehen“; und um die „damit nicht sehr befriedigten Nachbarn“ für sein „Bentenehmen“ günstig zu stimmen, die „noch nicht beschenkten Nachbarn mit jeiner That auszusöhnen“ (die Merane, Voigte, sogar „einen unbekannten Nachbar“ etwa die Leuchtenberg) hätte er Landstriche abgerissen und die geranbten Landtheile ihnen „als Schweigegelder“ ge- schenkt; dem Neffen Barbarossa sei die „Pflicht auferlegt“, zur Beschwichtigung der Vohburge die Adelheid „aus Staatsraison“ zu heiraten. Allerdings „lasse sich aus den urkundlichen Daten der Stauffenperiode wenig Material dafür“. und wieweit der „geheime Plan, aus dem Reichslande ein Allod zu machen gediehen sei, gewinnen; es habe aber „im Sinne der Stauffen liegen müssen, diesen Uebergang in aller Stille sich vollziehen zu lassen und nicht allzufrüh verrathen zu sehen“; und „so verrathen auch die Kaiserurkunden eigentlich gar nichts“. H. Gradl glaubt eine „kleine Spur“ von „absichtlicher oder unab- sichtlicher Andeutung“ in der chronikalen Erzählung von Barbarossa's späterer Erbtheilung 1189 finden zu können. Er will auch (p. 22) einen Beweis da für, daß Courad schon 1147, vor der Heirat, gleich nach des Marfgrafen Tode
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350 — Egerlandes gefaßt und durchgeführt, indem er den Erben das Besitzthum in bewußt ungerechtfertigter Weise gewaltthätig geraubt, und, um dies durchzuführen, Theile des Egerlandes abgerissen und benachbarten Herren „als Schweigegelder“ zugeworfen, wie auch seinen Neffen Barbarossa ver pfsichtet habe, demuächst die Adelheid „aus Staatsraison“ zu heiraten. „Ans Urkunden lasse sich allerdings für dies Alles kein Material bei¬ bringen.“ Wie sich diese angeblichen stauffischen künstlichen Operationen in die oben dargelegte politische Sitnation 1146—1149 einreihen ließen, ist zunächst zu erwägen. Daß einzelne Theile des Egerlandes in Häu- den der Meranier, Voigte 2. diesen (und sogar „einem Unbekannten“) erst jetzt durch König Courad unter Abreißen von älterem vohburgischen Laude über- wiesen worden seien, steht als bloße Vermuthung da, hingestellt ohne jeden nähe- ren Nachweis. Eine etwaige kaiserliche Einziehung des erblichen freieigen- thümlichen Besitzthums war rechtlich ganz unmöglich und wäre ein unerhörter Gewaltstreich gewesen. Eine Einziehung des ja nach geltendem Lehenrecht gleichfalls erblichen Lehenbesitzthums war anders als durch regelrechtes standesgemäßes Urtheil der Fürsten über nachgewiesene Felonie ebensowenig möglich. Von beiden angeblichen Gewaltthaten existirt keine Nachricht, keine Spur. Auch bei den Landesfürstenthümern war die Leheus- erblichkeit spätestens seit Anfang des 13. Jahrhunderts feststehend. Wirklich finden wir hier die Markgrafenstellung bei den volljährig gewordenen Söhnen Dietpolds auch wieder (1158), wenngleich sehr erklärlich uicht mehr über das stauffisch gewordene Besitzthum walten, seit dessen Besitzer den Kaiserthron bestiegen hatte und die Markgrafengewalt darüber als in die höhere Reichsgewalt des Kaisers zurückgefallen erschien, während seine jungen Schwäger ihre markgräftiche Stellnng über die übrigen unter- stehenden südlicheren Gebiete handhabten. Von einer Belehnung Bar-- barossas mit dem vohburgischen Besitzthum als Reichslehen, welche, wenn diese Eigenschaft dabei vorgelegen hätte, Courad seinem Neffen wohl gerne gewähren mußte, ist uirgends die Rede. „Herr des Egerlandes“ gewesen jei, darin finden, daß er schon damals das Kloster Waldjassen „in Schutz der königlichen Autorität“ aufnahm! das that er doch aber nur als Reichsoberhaupt, uicht als bloßer Herr des Egerlandes und konnte es thun, wie denn ja die Könige in aller Herren Landen Exem tionen und königl. Schutzprivilegien für Klöster ertheilten. Dieje auf wagen Vermuthungen aufgebanten Verdächtigungen der Stauffen reihen sich den gegen dieses Kaiserhaus aufgesteltten Schilderungen in den päpstlichen Bann- bullen (die später bier noch zur Erwähnung kommen), ergänzend an und gehören zu unbegründeten und unbeweisbaren Annahmen, die in so manchen Fällen die Ergebnisse des Forschungstriebs H. Gradls in bedauerlicher Weise trüben.
350 — Egerlandes gefaßt und durchgeführt, indem er den Erben das Besitzthum in bewußt ungerechtfertigter Weise gewaltthätig geraubt, und, um dies durchzuführen, Theile des Egerlandes abgerissen und benachbarten Herren „als Schweigegelder“ zugeworfen, wie auch seinen Neffen Barbarossa ver pfsichtet habe, demuächst die Adelheid „aus Staatsraison“ zu heiraten. „Ans Urkunden lasse sich allerdings für dies Alles kein Material bei¬ bringen.“ Wie sich diese angeblichen stauffischen künstlichen Operationen in die oben dargelegte politische Sitnation 1146—1149 einreihen ließen, ist zunächst zu erwägen. Daß einzelne Theile des Egerlandes in Häu- den der Meranier, Voigte 2. diesen (und sogar „einem Unbekannten“) erst jetzt durch König Courad unter Abreißen von älterem vohburgischen Laude über- wiesen worden seien, steht als bloße Vermuthung da, hingestellt ohne jeden nähe- ren Nachweis. Eine etwaige kaiserliche Einziehung des erblichen freieigen- thümlichen Besitzthums war rechtlich ganz unmöglich und wäre ein unerhörter Gewaltstreich gewesen. Eine Einziehung des ja nach geltendem Lehenrecht gleichfalls erblichen Lehenbesitzthums war anders als durch regelrechtes standesgemäßes Urtheil der Fürsten über nachgewiesene Felonie ebensowenig möglich. Von beiden angeblichen Gewaltthaten existirt keine Nachricht, keine Spur. Auch bei den Landesfürstenthümern war die Leheus- erblichkeit spätestens seit Anfang des 13. Jahrhunderts feststehend. Wirklich finden wir hier die Markgrafenstellung bei den volljährig gewordenen Söhnen Dietpolds auch wieder (1158), wenngleich sehr erklärlich uicht mehr über das stauffisch gewordene Besitzthum walten, seit dessen Besitzer den Kaiserthron bestiegen hatte und die Markgrafengewalt darüber als in die höhere Reichsgewalt des Kaisers zurückgefallen erschien, während seine jungen Schwäger ihre markgräftiche Stellnng über die übrigen unter- stehenden südlicheren Gebiete handhabten. Von einer Belehnung Bar-- barossas mit dem vohburgischen Besitzthum als Reichslehen, welche, wenn diese Eigenschaft dabei vorgelegen hätte, Courad seinem Neffen wohl gerne gewähren mußte, ist uirgends die Rede. „Herr des Egerlandes“ gewesen jei, darin finden, daß er schon damals das Kloster Waldjassen „in Schutz der königlichen Autorität“ aufnahm! das that er doch aber nur als Reichsoberhaupt, uicht als bloßer Herr des Egerlandes und konnte es thun, wie denn ja die Könige in aller Herren Landen Exem tionen und königl. Schutzprivilegien für Klöster ertheilten. Dieje auf wagen Vermuthungen aufgebanten Verdächtigungen der Stauffen reihen sich den gegen dieses Kaiserhaus aufgesteltten Schilderungen in den päpstlichen Bann- bullen (die später bier noch zur Erwähnung kommen), ergänzend an und gehören zu unbegründeten und unbeweisbaren Annahmen, die in so manchen Fällen die Ergebnisse des Forschungstriebs H. Gradls in bedauerlicher Weise trüben.
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351 Conrad starb 1152 mit Hinterlassung uur eines Sohnes im Kindes- alter (Friedrich von Rotenburg), welcher neben ostfränkischen Besitz- thümern auch die Sulzbach-Stauffischen in Egerlande erbte, ohne daß jemals eine Belehnung damit als Reichslehen kund wurde. Conrads Neffe, Herzog Friedrich Barbarossa, bestieg den Thron. Das Haus der Stauffen stand nur noch auf 6 Angen, da der neue Herrscher mit Adel- heid von Vohburg keine Nachkommenschaft gewann. Die im dynastischen Juteresse sehr verständliche Ehescheidung erfolgte schon im folgenden Jahre 1153. Der Vohburgische Besitz in Egerlande verblieb in den Händen des Kaisers, nach nicht unglaubwürdiger späterer Angabe, unter irgend welcher Abfindung vohburgischer etwaiger Ansprüche. Urkunden über eine solche Ausgleichung liegen ebensowenig vor, wie über die erste Regulirung von 1149. Der zweite Gemahl der Adelheid, ein bloßer Ministeriale, konute in die Stellung uicht voll eintreten. Es war nichts ungewöhnliches in damaliger Zeit, daß nach fürstlicher Ehescheidung Mitgift-Land beim Fürsten zurückblieb. So verblieb auch bei Heinrich dem Löwen nach seiner, ebenfalls bei Fehlen erbjähiger Descendenz „wegen zu naher Verwandtschaft“ erfolgten Scheidung von Clementia von Zähringen 1164 deren Heiratsgut. Nach Gradls Ansicht geschah auch jetzt wieder Alles durch gewaltsame widerrechtliche Plünderung der Vohburge durch Barbarossa, wie vorher durch Conrad. Eine Spur irgend eines Jnteressen-Conflictes zwischen beiden Theilen findet sich indessen in den Quellen nirgend angedentet. Die kaiserlichen Stauffen, welche, ebenso wie Heinrich I. sein Stammherzogthum Sachsen, das schwäbische Stammherzogthum unver- geben an Andere in ihrer Hand behielten und so mittelbar ihre Kaiser- macht stärkten, haben einen besonderen Anlaß nicht gefunden, ihren eigenen und ihren vohburgischen großen Allodialbesitz im Fränkischen und in Egerlande etwa dem Reiche als Lehen aufzutragen und als Lehen zurück zu empfangen, wenngleich schon damals (noch vor dem braunschweigischen Vorkommnisse) auch andere blos territoriale Fürstenthümer für andere dynastische Geschlechter gegründet wurden (Oesterreich 1156, Steyermark 1180, das Transalbinische 1180). Alles blieb ohne anderweitige Formirung, im Egerlande, wie im Fränkischen, bei ihnen. Nur wird wohl im Haupt- punkte-Eger eine größere Verwaltung eingerichtet worden sein, wenn auch vielleicht noch uicht ohne allen Zusammenhang mit der stauffischen Cen- tralverwaltung für die Nordbesitzthümer im fränkischen Nürnberg. Die Stauffen vereinten jetzt überall im Deutschen Reiche Reichsgut, unmittel-
351 Conrad starb 1152 mit Hinterlassung uur eines Sohnes im Kindes- alter (Friedrich von Rotenburg), welcher neben ostfränkischen Besitz- thümern auch die Sulzbach-Stauffischen in Egerlande erbte, ohne daß jemals eine Belehnung damit als Reichslehen kund wurde. Conrads Neffe, Herzog Friedrich Barbarossa, bestieg den Thron. Das Haus der Stauffen stand nur noch auf 6 Angen, da der neue Herrscher mit Adel- heid von Vohburg keine Nachkommenschaft gewann. Die im dynastischen Juteresse sehr verständliche Ehescheidung erfolgte schon im folgenden Jahre 1153. Der Vohburgische Besitz in Egerlande verblieb in den Händen des Kaisers, nach nicht unglaubwürdiger späterer Angabe, unter irgend welcher Abfindung vohburgischer etwaiger Ansprüche. Urkunden über eine solche Ausgleichung liegen ebensowenig vor, wie über die erste Regulirung von 1149. Der zweite Gemahl der Adelheid, ein bloßer Ministeriale, konute in die Stellung uicht voll eintreten. Es war nichts ungewöhnliches in damaliger Zeit, daß nach fürstlicher Ehescheidung Mitgift-Land beim Fürsten zurückblieb. So verblieb auch bei Heinrich dem Löwen nach seiner, ebenfalls bei Fehlen erbjähiger Descendenz „wegen zu naher Verwandtschaft“ erfolgten Scheidung von Clementia von Zähringen 1164 deren Heiratsgut. Nach Gradls Ansicht geschah auch jetzt wieder Alles durch gewaltsame widerrechtliche Plünderung der Vohburge durch Barbarossa, wie vorher durch Conrad. Eine Spur irgend eines Jnteressen-Conflictes zwischen beiden Theilen findet sich indessen in den Quellen nirgend angedentet. Die kaiserlichen Stauffen, welche, ebenso wie Heinrich I. sein Stammherzogthum Sachsen, das schwäbische Stammherzogthum unver- geben an Andere in ihrer Hand behielten und so mittelbar ihre Kaiser- macht stärkten, haben einen besonderen Anlaß nicht gefunden, ihren eigenen und ihren vohburgischen großen Allodialbesitz im Fränkischen und in Egerlande etwa dem Reiche als Lehen aufzutragen und als Lehen zurück zu empfangen, wenngleich schon damals (noch vor dem braunschweigischen Vorkommnisse) auch andere blos territoriale Fürstenthümer für andere dynastische Geschlechter gegründet wurden (Oesterreich 1156, Steyermark 1180, das Transalbinische 1180). Alles blieb ohne anderweitige Formirung, im Egerlande, wie im Fränkischen, bei ihnen. Nur wird wohl im Haupt- punkte-Eger eine größere Verwaltung eingerichtet worden sein, wenn auch vielleicht noch uicht ohne allen Zusammenhang mit der stauffischen Cen- tralverwaltung für die Nordbesitzthümer im fränkischen Nürnberg. Die Stauffen vereinten jetzt überall im Deutschen Reiche Reichsgut, unmittel-
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352 bares wie lehnbares, stauffisches und wie anch vohburgisches Gut in ihrer kaiserlichen Hand ohne sichtbare Scheidung.1) Schon wiederholt war beim Wechsel der Dynastien der Gedanke hervorgetreten, einem Verwachsen der Krongüter mit den Hausgütern, aus welchen letzteren die Kaiser dann stets ihre, den Fürsten nicht eben willkommene Hauptkraft gezogen hatten, vorzubeugen und eine Scheidung zu bewirken, die vielleicht uicht stets aus rein principiellen Gründen erstrebt wurde. Schon nach dem Absterben Heinrichs II. (1024) versuchte es Conrad II. bezüglich Bayerns, freilich ohne wesentlichen Erfolg. Und 100 Jahre später uach dem Aussterben der fränkischen Kaiser mit Heinrich V (1125) war die von Lothar III. verfügte Scheidung zwischen fräntischem Erbgute der Stanffen nach so langer Vereinigung in derselben Hand fast zur Unmöglichkeit geworden. Mochte damals auch der nene, den Stauffen feindliche Kaiser mehr, als sachlich berechtigt, gefordert, die Stauffen weniger, als das Recht besagte, geboten haben, die Schwierigkeit war damals weder durch Verständigung und durch Schiedsgericht grundsätzlich, noch durch Waffengewalt, welche man namentlich bei Nürnberg au- wendete, zur klaren Entscheidung zu bringen gewesen. Sicherlich mußte dann zuletzt, nachdem die Stanffen noch über ein Jahrhundert lang den Herrscherthron inne gehabt hatten, eine Scheidung zwischen Fränkisch¬- Stauffisch-Vohburgischem Eigengut, Lehengut, Reichsgut, zwischen kaiserlich stauffischen und kaiserlichen Reichsdienstmannen, stauffischen und Reichs- vasallen meist unmöglich werden. Wohl aber warf der Glanz des Kaiser- geschlechtes schon jetzt auch einen besonderen kaiserlichen Glanz auf den eigentlichen engeren Machtbereich des Geschlechtes selbst. Und mancher Ort, mancher Landstrich, manche Ministerialen mochten sich bald, da keine ander- weitige Landesherrlichkeit dazwischen stand, nach der hohen Würde ihrer Herren als unmittelbar „kaiserlich“ fühlen, was niemals angängig gewesen wäre, weun die Stauffen eben uicht den Kaisermantel getragen hätten. Und die Stauffen selbst, die in fünf Generationen die Krone trugen, sahen schließlich stauffisch und faiserlich als wenig unterschieden an, fanden in dem Einen 1) „Der alte Rechtsbegriff im Reichswesen kannte überhaupt einen Unterschied zwischen königlichem Privathaushalte und öffentlichem Staatshanshalte gar nicht; der König verfügte zu gleichem Rechte und in gleicher Weise über Hausgut und Krongut; erst spät lösten sich allmälig diese Begriffe von ein ander; aber auch als später nach ueuen staatsrechtlichen Auffassungen Krongut und eigenes Hansgut begriffsmäßig sich schied, blieb wirklich doch nicht uur die Verwaltung gemeinjam, sondern auch die Verwendung durchaus vermischt. (Küster, Reichsgut, Leipzig 1883.)
352 bares wie lehnbares, stauffisches und wie anch vohburgisches Gut in ihrer kaiserlichen Hand ohne sichtbare Scheidung.1) Schon wiederholt war beim Wechsel der Dynastien der Gedanke hervorgetreten, einem Verwachsen der Krongüter mit den Hausgütern, aus welchen letzteren die Kaiser dann stets ihre, den Fürsten nicht eben willkommene Hauptkraft gezogen hatten, vorzubeugen und eine Scheidung zu bewirken, die vielleicht uicht stets aus rein principiellen Gründen erstrebt wurde. Schon nach dem Absterben Heinrichs II. (1024) versuchte es Conrad II. bezüglich Bayerns, freilich ohne wesentlichen Erfolg. Und 100 Jahre später uach dem Aussterben der fränkischen Kaiser mit Heinrich V (1125) war die von Lothar III. verfügte Scheidung zwischen fräntischem Erbgute der Stanffen nach so langer Vereinigung in derselben Hand fast zur Unmöglichkeit geworden. Mochte damals auch der nene, den Stauffen feindliche Kaiser mehr, als sachlich berechtigt, gefordert, die Stauffen weniger, als das Recht besagte, geboten haben, die Schwierigkeit war damals weder durch Verständigung und durch Schiedsgericht grundsätzlich, noch durch Waffengewalt, welche man namentlich bei Nürnberg au- wendete, zur klaren Entscheidung zu bringen gewesen. Sicherlich mußte dann zuletzt, nachdem die Stanffen noch über ein Jahrhundert lang den Herrscherthron inne gehabt hatten, eine Scheidung zwischen Fränkisch¬- Stauffisch-Vohburgischem Eigengut, Lehengut, Reichsgut, zwischen kaiserlich stauffischen und kaiserlichen Reichsdienstmannen, stauffischen und Reichs- vasallen meist unmöglich werden. Wohl aber warf der Glanz des Kaiser- geschlechtes schon jetzt auch einen besonderen kaiserlichen Glanz auf den eigentlichen engeren Machtbereich des Geschlechtes selbst. Und mancher Ort, mancher Landstrich, manche Ministerialen mochten sich bald, da keine ander- weitige Landesherrlichkeit dazwischen stand, nach der hohen Würde ihrer Herren als unmittelbar „kaiserlich“ fühlen, was niemals angängig gewesen wäre, weun die Stauffen eben uicht den Kaisermantel getragen hätten. Und die Stauffen selbst, die in fünf Generationen die Krone trugen, sahen schließlich stauffisch und faiserlich als wenig unterschieden an, fanden in dem Einen 1) „Der alte Rechtsbegriff im Reichswesen kannte überhaupt einen Unterschied zwischen königlichem Privathaushalte und öffentlichem Staatshanshalte gar nicht; der König verfügte zu gleichem Rechte und in gleicher Weise über Hausgut und Krongut; erst spät lösten sich allmälig diese Begriffe von ein ander; aber auch als später nach ueuen staatsrechtlichen Auffassungen Krongut und eigenes Hansgut begriffsmäßig sich schied, blieb wirklich doch nicht uur die Verwaltung gemeinjam, sondern auch die Verwendung durchaus vermischt. (Küster, Reichsgut, Leipzig 1883.)
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353 — auch das Andere, selbst auch bei einer etwaigen, für sie praftisch unwesent lich erscheinenden Terminologie, wenn sie auch in den Hauptpunkten an ihrem Sonderrechte festhielten, namentlich bei Nürnberg und Eger. So war alles ungetrennt und untrennbar in der Hand der kaiserlichen Stauffen bis zu ihrem Verschwinden nach der Mitte des 13. Jahr- hunderts. Eger und das Egerland erachteten die Stauffen stets nicht minder als gentilitium, wie Nürnberg von ihnen und ihren fränkischen Thron- Vorgängern und Erblassern stets als solches erachtet wurde; und ebenso faßten dies später ihre nächsten Erben in Meißen und Bayern auf, wenn gleich unter damaligen Verhältnissen ohne praktischen Erfolg, wie sich später ergeben wird. Ein Blick auf das für Eger so bedeutungsvolle Nürnberg im Westen des Gebirges zeigt, daß dieser analoge Pfalz-Ort, — der durch die seit 1072 blühende Verehrung eines heiligen Wunderthäters Sebald, und durch häufige dortige Wohnungsnahme der fränkischen Kaiser auf- geblüht war, und obgleich gentilitium, doch als locus imperiali potestati assignatus 1112 bezeichnet ist, dabei auch nach Heinrichs V. Tode (1125) immer noch als bloßes castrum genannt wird, — damals schon seine Wichtigkeit dadurch erkennen läßt, daß um denselben von Heinrich V. bei seinem Aufstande gegen seinen Vater zwei Monate lang (1105) ge- kämpft und derselbe gegen Lothar III. (1127) eben so lange und sieg- reich durch Burggraf und Burg vertheidigt wurde. Barbarossas gleich- zeitiger wohlunterrichteter Biograph Bischof Otto von Freising (sein Ver- wandter als Enkel Heinrichs IV.) sagt ansdrücklich, daß die Stauffen die Burg Nürnberg als „Erbgut“ besaßen. Rücksichtlich der dortigen staatlichen Organisation ist im Hinblick anf Egers Entwicklung von In- teresse, daß in Nürnberg der mit Vertheidigung der Burg betraute herr- schaftliche Beamte (Burgvoigt, Castellanus, Präfectus, später allmälig Burggraf genannt), vielleicht schon 1103 an der Spitze der Ministerialien, also wahrscheinlich schon unter Heinrich V. (1125), und sicher unter den Stauffen nachweisbar ist und neben dem Befehle über die Veste und ihre Besatzungsmannschaft, zugleich über dem zugehörigen Reichs- gute die Rechtspflege mit zugehöriger Polizeigewalt und die gesammte Verwaltung ursprünglich führte, damit auch über die unter Schutz der Pfalz am Abhange des Burgberges auf herrschaftlichem Boden allmälig zur Stadt heranwachsende Niederlassung. Doch scheint schon der erste Stauffen- herrscher Conrad III., der das von den Frankenkaisern ererbte Nürnberg zum Hauptsitze seiner Hofhaltung machte, seine dortige Residenzburg selbst vorsichtig von der bisherigen allgemeinen Burggrafschaft ferngehalten oder
353 — auch das Andere, selbst auch bei einer etwaigen, für sie praftisch unwesent lich erscheinenden Terminologie, wenn sie auch in den Hauptpunkten an ihrem Sonderrechte festhielten, namentlich bei Nürnberg und Eger. So war alles ungetrennt und untrennbar in der Hand der kaiserlichen Stauffen bis zu ihrem Verschwinden nach der Mitte des 13. Jahr- hunderts. Eger und das Egerland erachteten die Stauffen stets nicht minder als gentilitium, wie Nürnberg von ihnen und ihren fränkischen Thron- Vorgängern und Erblassern stets als solches erachtet wurde; und ebenso faßten dies später ihre nächsten Erben in Meißen und Bayern auf, wenn gleich unter damaligen Verhältnissen ohne praktischen Erfolg, wie sich später ergeben wird. Ein Blick auf das für Eger so bedeutungsvolle Nürnberg im Westen des Gebirges zeigt, daß dieser analoge Pfalz-Ort, — der durch die seit 1072 blühende Verehrung eines heiligen Wunderthäters Sebald, und durch häufige dortige Wohnungsnahme der fränkischen Kaiser auf- geblüht war, und obgleich gentilitium, doch als locus imperiali potestati assignatus 1112 bezeichnet ist, dabei auch nach Heinrichs V. Tode (1125) immer noch als bloßes castrum genannt wird, — damals schon seine Wichtigkeit dadurch erkennen läßt, daß um denselben von Heinrich V. bei seinem Aufstande gegen seinen Vater zwei Monate lang (1105) ge- kämpft und derselbe gegen Lothar III. (1127) eben so lange und sieg- reich durch Burggraf und Burg vertheidigt wurde. Barbarossas gleich- zeitiger wohlunterrichteter Biograph Bischof Otto von Freising (sein Ver- wandter als Enkel Heinrichs IV.) sagt ansdrücklich, daß die Stauffen die Burg Nürnberg als „Erbgut“ besaßen. Rücksichtlich der dortigen staatlichen Organisation ist im Hinblick anf Egers Entwicklung von In- teresse, daß in Nürnberg der mit Vertheidigung der Burg betraute herr- schaftliche Beamte (Burgvoigt, Castellanus, Präfectus, später allmälig Burggraf genannt), vielleicht schon 1103 an der Spitze der Ministerialien, also wahrscheinlich schon unter Heinrich V. (1125), und sicher unter den Stauffen nachweisbar ist und neben dem Befehle über die Veste und ihre Besatzungsmannschaft, zugleich über dem zugehörigen Reichs- gute die Rechtspflege mit zugehöriger Polizeigewalt und die gesammte Verwaltung ursprünglich führte, damit auch über die unter Schutz der Pfalz am Abhange des Burgberges auf herrschaftlichem Boden allmälig zur Stadt heranwachsende Niederlassung. Doch scheint schon der erste Stauffen- herrscher Conrad III., der das von den Frankenkaisern ererbte Nürnberg zum Hauptsitze seiner Hofhaltung machte, seine dortige Residenzburg selbst vorsichtig von der bisherigen allgemeinen Burggrafschaft ferngehalten oder
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354 — losgelöst und unmittelbar, ohne Verlehunng oder Wiederverlehmnng, in seiner Hand gehalten zu haben. Auch einzelue Verwaltungszweige er- scheinen abgesondert und durch besondere Beamten vertreten, was bei Eger niemals ebenso hervortritt. Nürnberg, die Stadt, erwuchs bei solchen Ver hältnissen unter den nachfolgenden Stauffenkaisern noch mehr empor. Ueberhaupt sind es im Deutschen Reiche vornehmlich die königlichen Pfalzen, auf deren Gebieten und aus deren Bewohnern sich städtische Gemein- wesen in wesentlich ähnlicher Weise entwickelten und freilich erst spät im 13. Jahrhundert zu Selbständigkeit und Macht erstarkten, als rein „königliche“ Städte, die schließlich freie Reichsstädte wurden. Die stauffichen Pfalzstädte, Nürnberg und Eger, nehmen denselben Weg. Nüruberg erhielt später in rechtlicher Beziehung sogar als „Egers Mutterstadt“ Geltung und mochte auch sonst in staatlicher Hinsicht dem jüngeren Eger als Vor- bild gelten. Das östlicher gelegene Eger mit seiner uur markgräflichen Pfalz und durch die noch dicht bewaldeten Höhenzüge des Fichtelgebirges mehr abgeschieden, auf jüngerem Culturboden, auch von den Frankenfaisern zur Zeit der Vohburge noch nicht zum Aufenthalte aufgesucht, gewann uur langsamen Fortschritt, bis es den Stauffen zufiel und diese den Kaiserthron bestiegen, wonächst auch Eger oftmals deren Besuch empfing und Fürsten- tage bei sich sah, was sein Aufblühen mächtig förderte. Gleich der erste, das vohburgische Egerland besitzende Stauffenkaiser Barbarossa, der stets besonderen Wert auf das östliche Eger, an der Grenze des eigentlichen Deutschlands und des freilich stets vom Reiche abhängigen Böhmen, legte, bielt hier 1179 den ersten Reichstag ab,1) zu dessen Aufnahme die Ortschaft doch schon Raum gewährte. Es läßt sich diese Aufnahme uicht anders als in einer bereits mit „Marktrecht“ begnadigten Ortschaft denken. Schon 4 Jahre später (1183) wird Eger, weil schon „befestigt“ (nach damaliger Weise) als castrum imperatoris bezeichnet, worin man wohl freilich uur die Burg, nicht 1) Die Bemerkung (in Gradl's Geschichte pag. 66, 67), daß, weil Barbarossa in Eger einen Reichstag gehalten, „deshalb Eger, ohne daß eine weitere For mulirung nöthig gewesen, unter die Reichsstädte anfgenommen wäre“, ist ganz haltlos, ein falscher Rückschluß und überdies eine Rückanwendung späterer Zeit auf die damalige, wo es noch gar keine Reichsstädte in dem Sinne gab. Die Bestimmung des Ortes für Reichsversamulungen hing lediglich von dem Belieben des Reichsoberhauptes ab und erfolgte seinem Interesse gemäß; erst in ganz später Zeit pflegten „Reichsstädte“ gewählt zu werden. (Schröder, pag. 425.)
354 — losgelöst und unmittelbar, ohne Verlehunng oder Wiederverlehmnng, in seiner Hand gehalten zu haben. Auch einzelue Verwaltungszweige er- scheinen abgesondert und durch besondere Beamten vertreten, was bei Eger niemals ebenso hervortritt. Nürnberg, die Stadt, erwuchs bei solchen Ver hältnissen unter den nachfolgenden Stauffenkaisern noch mehr empor. Ueberhaupt sind es im Deutschen Reiche vornehmlich die königlichen Pfalzen, auf deren Gebieten und aus deren Bewohnern sich städtische Gemein- wesen in wesentlich ähnlicher Weise entwickelten und freilich erst spät im 13. Jahrhundert zu Selbständigkeit und Macht erstarkten, als rein „königliche“ Städte, die schließlich freie Reichsstädte wurden. Die stauffichen Pfalzstädte, Nürnberg und Eger, nehmen denselben Weg. Nüruberg erhielt später in rechtlicher Beziehung sogar als „Egers Mutterstadt“ Geltung und mochte auch sonst in staatlicher Hinsicht dem jüngeren Eger als Vor- bild gelten. Das östlicher gelegene Eger mit seiner uur markgräflichen Pfalz und durch die noch dicht bewaldeten Höhenzüge des Fichtelgebirges mehr abgeschieden, auf jüngerem Culturboden, auch von den Frankenfaisern zur Zeit der Vohburge noch nicht zum Aufenthalte aufgesucht, gewann uur langsamen Fortschritt, bis es den Stauffen zufiel und diese den Kaiserthron bestiegen, wonächst auch Eger oftmals deren Besuch empfing und Fürsten- tage bei sich sah, was sein Aufblühen mächtig förderte. Gleich der erste, das vohburgische Egerland besitzende Stauffenkaiser Barbarossa, der stets besonderen Wert auf das östliche Eger, an der Grenze des eigentlichen Deutschlands und des freilich stets vom Reiche abhängigen Böhmen, legte, bielt hier 1179 den ersten Reichstag ab,1) zu dessen Aufnahme die Ortschaft doch schon Raum gewährte. Es läßt sich diese Aufnahme uicht anders als in einer bereits mit „Marktrecht“ begnadigten Ortschaft denken. Schon 4 Jahre später (1183) wird Eger, weil schon „befestigt“ (nach damaliger Weise) als castrum imperatoris bezeichnet, worin man wohl freilich uur die Burg, nicht 1) Die Bemerkung (in Gradl's Geschichte pag. 66, 67), daß, weil Barbarossa in Eger einen Reichstag gehalten, „deshalb Eger, ohne daß eine weitere For mulirung nöthig gewesen, unter die Reichsstädte anfgenommen wäre“, ist ganz haltlos, ein falscher Rückschluß und überdies eine Rückanwendung späterer Zeit auf die damalige, wo es noch gar keine Reichsstädte in dem Sinne gab. Die Bestimmung des Ortes für Reichsversamulungen hing lediglich von dem Belieben des Reichsoberhauptes ab und erfolgte seinem Interesse gemäß; erst in ganz später Zeit pflegten „Reichsstädte“ gewählt zu werden. (Schröder, pag. 425.)
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355 — auch den Burgflecken nach damaliger Terminologie verstehen darf. Markt- recht wie Befestigungsrecht kounte uur vom Könige von Reichswegen verliehen werden. Denn mit ersterem hing Marktzoll, Marktgericht mit seinen Gebühren und der Marktpolizei, und oft auch die Münzstätte zu- sammen, alles durch obrigkeitliche Beamte versehen, aber uur unter königlichem Privilegium gestattet; ebenso die Befestigung, die nicht überall beliebig geschaffen werden durfte, hier in Eger jedenfalls nur in Ver- bindung mit der Befestigung der Burg. Schwerlich schon unter Courad, sicherlich aber unter Barbarossa und bereits vor dem Reichstage mögen diese königl. Bewilligungen ersolgt sein. Als civitas wird der Burgflecken Eger aber noch nicht bezeichuet und konnte es uoch nicht werden. Aber als kaiserlich-stauffisch erschien es nicht minder wie Nürnberg unter dem Kaiserglanze der Besitzer strahlend als ein locus imperiali potestati assignatus, in welcher Bezeichnung ja auch für Nürnberg nicht der Be- weis eines Aufgegebenseinus der stauffischen Herrschaftsrechte über die Stadt gefunden werden darf. Barbarossa wandte dem von ihm bevor- vorzugten Grenzorte seine hohe Gnade zu und schmückte ihn schon in der ersten Hälfte seiner Regierungszeit mit dem Prachtbau einer wahrhaft kaiserlichen, Nürnberg weit übertreffenden Schloßburg,1) welche er neben und über der Ortschaft auf dem Uferfelsen dicht an der alten Vohburger Burg, welche verschwand (mit Erhaltung des erwähnten uralten Thurmes), erbauen ließ. Sie ist schon bei seinem Reichstage 1179 als neben Eger gelegen, als Curia Nostra apud Egram urkundlich, und es ist dabei das „Nostra“ sicherlich uicht auf ein vom Eigenbesitzer selbst anerkanntes sein Eigenthum ablehnendes Reichseigenthum, sondern uur als Eigenbesitz zu deuten. Der Egerer Prachtban erfolgte etwa 10 Jahre nach der Barbarossaburg zu Gelnhausen im Frankenlande nahe bei Frankfurt; aus einer Insel des Kinzigthals hatte der Kaiser 1169 dort den Bau aus führen lassen. Beide sind ähnliche stolze Bauwerke. Um die Stauffenburg zu Eger sammelten sich nun auch Mini- sterialen, welche (nach jenen beiden 1125 unter den Vohburgen ge- nannten) unter Barbarossa zahlreicher kund wurden: Adalbert u. Adel halm, Conrad, Gesung, sämmtlich 1163—83, Bertold 1170, Friedrich c. 1195. Alle sind auch, wie die einstigen Vohburgischen, als de Egere be- zeichnet, deswegen aber uicht als Glieder desselben Geschlechtes anzusehen, noch ohne eigene Familiennamen. Im Burgbereiche angesiedelt, mit ihren Wohnstätten in und unter der Burg, sind sie mit Verwaltung derselben 1) Grueber, Kaiserburg zu Eger (Prag 1864).
355 — auch den Burgflecken nach damaliger Terminologie verstehen darf. Markt- recht wie Befestigungsrecht kounte uur vom Könige von Reichswegen verliehen werden. Denn mit ersterem hing Marktzoll, Marktgericht mit seinen Gebühren und der Marktpolizei, und oft auch die Münzstätte zu- sammen, alles durch obrigkeitliche Beamte versehen, aber uur unter königlichem Privilegium gestattet; ebenso die Befestigung, die nicht überall beliebig geschaffen werden durfte, hier in Eger jedenfalls nur in Ver- bindung mit der Befestigung der Burg. Schwerlich schon unter Courad, sicherlich aber unter Barbarossa und bereits vor dem Reichstage mögen diese königl. Bewilligungen ersolgt sein. Als civitas wird der Burgflecken Eger aber noch nicht bezeichuet und konnte es uoch nicht werden. Aber als kaiserlich-stauffisch erschien es nicht minder wie Nürnberg unter dem Kaiserglanze der Besitzer strahlend als ein locus imperiali potestati assignatus, in welcher Bezeichnung ja auch für Nürnberg nicht der Be- weis eines Aufgegebenseinus der stauffischen Herrschaftsrechte über die Stadt gefunden werden darf. Barbarossa wandte dem von ihm bevor- vorzugten Grenzorte seine hohe Gnade zu und schmückte ihn schon in der ersten Hälfte seiner Regierungszeit mit dem Prachtbau einer wahrhaft kaiserlichen, Nürnberg weit übertreffenden Schloßburg,1) welche er neben und über der Ortschaft auf dem Uferfelsen dicht an der alten Vohburger Burg, welche verschwand (mit Erhaltung des erwähnten uralten Thurmes), erbauen ließ. Sie ist schon bei seinem Reichstage 1179 als neben Eger gelegen, als Curia Nostra apud Egram urkundlich, und es ist dabei das „Nostra“ sicherlich uicht auf ein vom Eigenbesitzer selbst anerkanntes sein Eigenthum ablehnendes Reichseigenthum, sondern uur als Eigenbesitz zu deuten. Der Egerer Prachtban erfolgte etwa 10 Jahre nach der Barbarossaburg zu Gelnhausen im Frankenlande nahe bei Frankfurt; aus einer Insel des Kinzigthals hatte der Kaiser 1169 dort den Bau aus führen lassen. Beide sind ähnliche stolze Bauwerke. Um die Stauffenburg zu Eger sammelten sich nun auch Mini- sterialen, welche (nach jenen beiden 1125 unter den Vohburgen ge- nannten) unter Barbarossa zahlreicher kund wurden: Adalbert u. Adel halm, Conrad, Gesung, sämmtlich 1163—83, Bertold 1170, Friedrich c. 1195. Alle sind auch, wie die einstigen Vohburgischen, als de Egere be- zeichnet, deswegen aber uicht als Glieder desselben Geschlechtes anzusehen, noch ohne eigene Familiennamen. Im Burgbereiche angesiedelt, mit ihren Wohnstätten in und unter der Burg, sind sie mit Verwaltung derselben 1) Grueber, Kaiserburg zu Eger (Prag 1864).
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356 und ihres Zugehörs und der sich daran knüpfenden Ministerial-Obliegen- heiten betraut. Neben ihnen wird Syfriedus de Egra 1130 als Geistlicher erwähnt. (Clericus, 1137 Praepositus de Egere.1) Daran reihen sich auch wohl schon damals die (bereits oben bei 1125 angedeuteten) De domo lapideo (Steinhauser), Thelonarii (Zöllner), am Thor, Monetarii (Münzer), die ja doch nicht erst dann überhaupt existent werden, wenn sie bei Gelegen- heit in archivalisch deponirten Urkunden angeführt werden. Wer von ihnen allen der Leitende auf der Burg war, da ein solcher doch unzweifelhaft sein mußte, sobald eine Vermehrung der Ministerialen ein getreten, und der fürstliche Dienstherr uicht immer anwesend war, und welche Bezeichnung etwa der Leitende trug, ist bei der Spärlichkeit alter Nachrichten uicht bekannt. Er bleibt hier noch lange, nachdem wir ihn in Nürnberg erkennen konnten, verborgen. Sicher war die naturgemäße Stellung des Gebietigers die eines friegerischen Befehlshabers auf der Burg, der voraussichtlich auch das Pflalzgericht nach Hofrecht über die darunter Gehörigen abzuhalten hatte. Auch für das Landgericht über das gesammte Egerland wird ein etwa besonderer Stellvertreter des Ge- richtsherrn nicht kund und ist vielleicht die Vereinigung beider Gerichts- stellungen in der Person des Burg-Gebietigers anzunehmen. Möglicher- weise gehören hieher auch die De-Curia, die, falls ihre angenommene, wohl nicht zweifelsfreie Herkunft von der Stadt Hof (Curia-Regnitz)2) sich nicht noch klarer herausstellt, nach naheliegender Annahme ihre Be- zeichnung von dem Burgschlosse Barbarossas (Curia Egrensis) erhalten haben können, sofern ihnen vor anderen (nicht ebeuso, sondern nur all- gemein de Egere bezeichneten) Ministerialien die Verwaltung der Curia und höhere Leitung der Ministerialität vielleicht ursprünglich oblag. Bei ihrer urkundlichen ersten Nennung (zufällig erst 1252) erscheinen sie als 1) Eine Familie dieses Namens, und dann wohl anf obengenannten Burgmannen zurückzuführen, scheint sich später doch vielleicht gebildet zu haben. Kund werden 1288 Heinrich de Egere, Edelbürger zu Erfurt, 1308 Kugerus de Egere, Zeuge, 1314 Heinrich Egerer, Abt zu Speinshart, 1316 Elbel und Conrad Egerer zu Prag; dann 1359 Ulrich der Egerer, Zeuge zu Bleystein, zu einer Zeit, wo Familiennamen schon üblich; 1369 Niclas und Hansel von Eger in Eger selbst, geächtet wegen Raubes an Rossen und Geld; 1371 Hans Egerer in Mundraching bei Heydan; 1387 Albrecht der Egerer im Vergleich mit den Degenbergen; 1421 Hans Egerer von Herzog von Bayern mit der Burghut des Thurmes bei der Veste Floß betraut. 2) H. Gradls Derivirung des Namens (Mon. Egr. pag. 71) von Ratsheim durch die Ableitungsreihe: Rathsam, Rachem, Rachenz, Ragenz, Ragnitz, Regnitz nach Regnitz-Curia = Hof ist doch bedenklich.
356 und ihres Zugehörs und der sich daran knüpfenden Ministerial-Obliegen- heiten betraut. Neben ihnen wird Syfriedus de Egra 1130 als Geistlicher erwähnt. (Clericus, 1137 Praepositus de Egere.1) Daran reihen sich auch wohl schon damals die (bereits oben bei 1125 angedeuteten) De domo lapideo (Steinhauser), Thelonarii (Zöllner), am Thor, Monetarii (Münzer), die ja doch nicht erst dann überhaupt existent werden, wenn sie bei Gelegen- heit in archivalisch deponirten Urkunden angeführt werden. Wer von ihnen allen der Leitende auf der Burg war, da ein solcher doch unzweifelhaft sein mußte, sobald eine Vermehrung der Ministerialen ein getreten, und der fürstliche Dienstherr uicht immer anwesend war, und welche Bezeichnung etwa der Leitende trug, ist bei der Spärlichkeit alter Nachrichten uicht bekannt. Er bleibt hier noch lange, nachdem wir ihn in Nürnberg erkennen konnten, verborgen. Sicher war die naturgemäße Stellung des Gebietigers die eines friegerischen Befehlshabers auf der Burg, der voraussichtlich auch das Pflalzgericht nach Hofrecht über die darunter Gehörigen abzuhalten hatte. Auch für das Landgericht über das gesammte Egerland wird ein etwa besonderer Stellvertreter des Ge- richtsherrn nicht kund und ist vielleicht die Vereinigung beider Gerichts- stellungen in der Person des Burg-Gebietigers anzunehmen. Möglicher- weise gehören hieher auch die De-Curia, die, falls ihre angenommene, wohl nicht zweifelsfreie Herkunft von der Stadt Hof (Curia-Regnitz)2) sich nicht noch klarer herausstellt, nach naheliegender Annahme ihre Be- zeichnung von dem Burgschlosse Barbarossas (Curia Egrensis) erhalten haben können, sofern ihnen vor anderen (nicht ebeuso, sondern nur all- gemein de Egere bezeichneten) Ministerialien die Verwaltung der Curia und höhere Leitung der Ministerialität vielleicht ursprünglich oblag. Bei ihrer urkundlichen ersten Nennung (zufällig erst 1252) erscheinen sie als 1) Eine Familie dieses Namens, und dann wohl anf obengenannten Burgmannen zurückzuführen, scheint sich später doch vielleicht gebildet zu haben. Kund werden 1288 Heinrich de Egere, Edelbürger zu Erfurt, 1308 Kugerus de Egere, Zeuge, 1314 Heinrich Egerer, Abt zu Speinshart, 1316 Elbel und Conrad Egerer zu Prag; dann 1359 Ulrich der Egerer, Zeuge zu Bleystein, zu einer Zeit, wo Familiennamen schon üblich; 1369 Niclas und Hansel von Eger in Eger selbst, geächtet wegen Raubes an Rossen und Geld; 1371 Hans Egerer in Mundraching bei Heydan; 1387 Albrecht der Egerer im Vergleich mit den Degenbergen; 1421 Hans Egerer von Herzog von Bayern mit der Burghut des Thurmes bei der Veste Floß betraut. 2) H. Gradls Derivirung des Namens (Mon. Egr. pag. 71) von Ratsheim durch die Ableitungsreihe: Rathsam, Rachem, Rachenz, Ragenz, Ragnitz, Regnitz nach Regnitz-Curia = Hof ist doch bedenklich.
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357 Domini und ans der vor Anderen vortretenden Stellung als Stadtrichter (wozu stets Ministerialen genommen wurden) bereits abgetreten, dann unter die Stadtgeschlechter übergegangen und auch als solche Domini 1257, noch als Urkundzeuge Conradius (1259) der Landgrafen von Leuchtenberg und anderer Land-Edelu, sowie als Besitzer von Häusern und Gründen unter der Burg. In die obige frühe Zeit der Stauffen gehören auch Ministeria- lengeschlechter anf dem Lande, Stauffische und, wie sie später unter den Stauffen als Reichsherrschern oft benannt und endlich es wirk lich wurden, Reichs-Dienstmannen und später Reichs-Vasallen, mit all- mäliger Bezeichnung ihrer Personen nach den von ihnen besessenen Burgen eder festen Hofsitzen. So schon unter K. Conrad die auf Liebenstein (1143), unter Barbarossa die Brambach und Falkenburg (1154—55), Wunsidel (1163), Beidl (1163), Nothaft (1166), an welche sich unter den folgenden Stauffen die Fleissen 1199, Leonberg 1202, Wogau 1216, Kinsberg 1217, Berg und Milessen 1219, Zettendorf 1222, Brand 1221, Hohenberg 1222, Bernstein 1222, Haslau 1224, Wondreb 1224, Hohen- wald 1224, Markhausen 1224, Techleub 1225, Lonsitz 1230, Cunreut 1242, Waltershof 1242 anschließen,1) welche letztere aber auch schon der früheren Zeit angehört haben können, bevor sie in Urkunden gelegentlich vorkommen. — Es ist anzunehmen, daß in dieser Zeit durch die Stauffen eine weitere Organisation des Egerlandes durch herrschaftliche Ansetzung obiger Dienstmannen auf ländlichen Sitzen, die jetzt ge schaffen wurden, erfolgt ist. Und es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß einzelne der vorgenaunten de Egere unter diesen Landmannen selbst, oder als Ahnen derselben2) zu finden sind. Die unter den Vohburgen nur erst als „Gegend“ regio (1135) be- zeichnete Landschaft heißt jetzt nach 47 Jahren unter Barbarossa 1182 „Gemarkung“, pagus Egire3) und läßt auch schon in dieser Be- zeichnung eine erfolgte Organisirung erkennen, wie denn auch in einer hier noch zu besprechenden späteren Urkunde (1218) die Ministerialen als „constituti“ im Egerlande bezeichnet werden. Auch die Grenzgegenden nach Böhmen hin, Saudau, Königswart (mit der demnächst angelegten, an die deutschen Könige im Namen erinnernden Burg), Falkenau, Königs- berg, Härtenberg, Zettlitz (Elbogen) festigte Barbarossa. Ueberhaupt wird die ganze östliche Gegend in dem päpstlichen Schutzbriefe für Waldsassen 1) Sorgfältige Zusammenstellung bei H. Gradl, p. 220—227. 2) H. Gradl, Geschichte p. 62. 3) Mon. boica I. 323, 352.
357 Domini und ans der vor Anderen vortretenden Stellung als Stadtrichter (wozu stets Ministerialen genommen wurden) bereits abgetreten, dann unter die Stadtgeschlechter übergegangen und auch als solche Domini 1257, noch als Urkundzeuge Conradius (1259) der Landgrafen von Leuchtenberg und anderer Land-Edelu, sowie als Besitzer von Häusern und Gründen unter der Burg. In die obige frühe Zeit der Stauffen gehören auch Ministeria- lengeschlechter anf dem Lande, Stauffische und, wie sie später unter den Stauffen als Reichsherrschern oft benannt und endlich es wirk lich wurden, Reichs-Dienstmannen und später Reichs-Vasallen, mit all- mäliger Bezeichnung ihrer Personen nach den von ihnen besessenen Burgen eder festen Hofsitzen. So schon unter K. Conrad die auf Liebenstein (1143), unter Barbarossa die Brambach und Falkenburg (1154—55), Wunsidel (1163), Beidl (1163), Nothaft (1166), an welche sich unter den folgenden Stauffen die Fleissen 1199, Leonberg 1202, Wogau 1216, Kinsberg 1217, Berg und Milessen 1219, Zettendorf 1222, Brand 1221, Hohenberg 1222, Bernstein 1222, Haslau 1224, Wondreb 1224, Hohen- wald 1224, Markhausen 1224, Techleub 1225, Lonsitz 1230, Cunreut 1242, Waltershof 1242 anschließen,1) welche letztere aber auch schon der früheren Zeit angehört haben können, bevor sie in Urkunden gelegentlich vorkommen. — Es ist anzunehmen, daß in dieser Zeit durch die Stauffen eine weitere Organisation des Egerlandes durch herrschaftliche Ansetzung obiger Dienstmannen auf ländlichen Sitzen, die jetzt ge schaffen wurden, erfolgt ist. Und es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß einzelne der vorgenaunten de Egere unter diesen Landmannen selbst, oder als Ahnen derselben2) zu finden sind. Die unter den Vohburgen nur erst als „Gegend“ regio (1135) be- zeichnete Landschaft heißt jetzt nach 47 Jahren unter Barbarossa 1182 „Gemarkung“, pagus Egire3) und läßt auch schon in dieser Be- zeichnung eine erfolgte Organisirung erkennen, wie denn auch in einer hier noch zu besprechenden späteren Urkunde (1218) die Ministerialen als „constituti“ im Egerlande bezeichnet werden. Auch die Grenzgegenden nach Böhmen hin, Saudau, Königswart (mit der demnächst angelegten, an die deutschen Könige im Namen erinnernden Burg), Falkenau, Königs- berg, Härtenberg, Zettlitz (Elbogen) festigte Barbarossa. Ueberhaupt wird die ganze östliche Gegend in dem päpstlichen Schutzbriefe für Waldsassen 1) Sorgfältige Zusammenstellung bei H. Gradl, p. 220—227. 2) H. Gradl, Geschichte p. 62. 3) Mon. boica I. 323, 352.
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358 1185 als organisirte provincia benaunt, ebenso in dem Klosterprivileg des Herzogs von Böhmen 1196. Auch unter Rudolf war 1289 Königs wart unzweifelhaft deutsches Land. Im Stande der Ministerialen zeigt sich jetzt eine große Bewegung.1) Mit ihren glanzvollen einflußreichen Stellungen in fürst lichen Ungebungen konnten sie sich zum Ritterstande hinanfarbeiten, sie er- hielten von ihren mächtigen Dienstherren wertvolle Beneficien. Sie spreugten allmälig die auf ihnen lastende Hofverfassung mit Hofrecht, rückten den in höherer Stellung und Recht stehenden freien Mannen oder Lehus- leuten (liberi vasalli, fideles) allmälig näher und gelangten auch in den freier und anders regulirenden Einfluß des Lehenrechtes, wodurch eine allmälige Gleichung beider Stände eintrat. Seit dem 12. Jahr- hundert wurden die Ministerialen, wenn sie trotz ihrer Unfreiheit in drei Generationen dem ritterlichen Kriegsdienste zugehört hatten, als ritterbürtig inmer mehr dem Adel zugerechnet. Umgekehrt machte sich in der Zeit Barbarossas ein immer wachsender Uebertritt von Altfreien, Edeln, in die glanzvolle Ministerialität behufs Erlangung einträglicher Beneficien geltend, wobei sie aber ihre bisherigen Rechte (freie Lehen, fernere unbeschränkte Lehensfähigkeit, ihren durch edelfreie Abstammung begrün deten Gerichtsstand, Schöffenbarkeit im Landgericht, freie Verfügung über ihx Eigenthum) sich vorbehielten und anerkannt erhielten. Da nun den Ministerialen uicht wohl vorenthalten bleiben konnte, was die zu ihnen übergetretenen Edlen altherkömmlich besaßen und ungeachtet ihrer uun mehrigen grundsätzlichen Standesminderung bewahren durften (die Mini¬ sterialen hatten bisher Lehnsfähigkeit blos bei dem Dienstherru), so ver wuchsen beide Kategorien allmälig zu einer Gemeinsamkeit der „Mannen“ und diese in Egerlande unter den Vohburgen beginnende Verschmelzung erhielt zu Ende der Stauffenzeit ihren Abschluß. Es kann dies bei der Stellung, Entwicklung und späteren Haltung der egrischen Mannen nicht unbeachtet bleiben. Mit dem nunmehr erfolgenden Miteintritt der Ministerialen in das Landgericht verloren denn auch die Dienstgerichte des Dienstherrn ihre Wirksamkeit für dieselben. Der Pfalzort Eger tritt in städtischer Rücksicht noch uicht besonders hervor. Etwaige der markgräflichen Zeit angehörige Gnadenbriefe sind nicht kundbar geworden. Wären solche vorhanden ge- wesen (in Bezug auf Bodenverhältnisse x.), so würden sie sicher bei den großen Stadtbränden (1270 und 77) verloren gegangen sein. Eine Er- 1) S. Schröder, p. 425 ff., 546.
358 1185 als organisirte provincia benaunt, ebenso in dem Klosterprivileg des Herzogs von Böhmen 1196. Auch unter Rudolf war 1289 Königs wart unzweifelhaft deutsches Land. Im Stande der Ministerialen zeigt sich jetzt eine große Bewegung.1) Mit ihren glanzvollen einflußreichen Stellungen in fürst lichen Ungebungen konnten sie sich zum Ritterstande hinanfarbeiten, sie er- hielten von ihren mächtigen Dienstherren wertvolle Beneficien. Sie spreugten allmälig die auf ihnen lastende Hofverfassung mit Hofrecht, rückten den in höherer Stellung und Recht stehenden freien Mannen oder Lehus- leuten (liberi vasalli, fideles) allmälig näher und gelangten auch in den freier und anders regulirenden Einfluß des Lehenrechtes, wodurch eine allmälige Gleichung beider Stände eintrat. Seit dem 12. Jahr- hundert wurden die Ministerialen, wenn sie trotz ihrer Unfreiheit in drei Generationen dem ritterlichen Kriegsdienste zugehört hatten, als ritterbürtig inmer mehr dem Adel zugerechnet. Umgekehrt machte sich in der Zeit Barbarossas ein immer wachsender Uebertritt von Altfreien, Edeln, in die glanzvolle Ministerialität behufs Erlangung einträglicher Beneficien geltend, wobei sie aber ihre bisherigen Rechte (freie Lehen, fernere unbeschränkte Lehensfähigkeit, ihren durch edelfreie Abstammung begrün deten Gerichtsstand, Schöffenbarkeit im Landgericht, freie Verfügung über ihx Eigenthum) sich vorbehielten und anerkannt erhielten. Da nun den Ministerialen uicht wohl vorenthalten bleiben konnte, was die zu ihnen übergetretenen Edlen altherkömmlich besaßen und ungeachtet ihrer uun mehrigen grundsätzlichen Standesminderung bewahren durften (die Mini¬ sterialen hatten bisher Lehnsfähigkeit blos bei dem Dienstherru), so ver wuchsen beide Kategorien allmälig zu einer Gemeinsamkeit der „Mannen“ und diese in Egerlande unter den Vohburgen beginnende Verschmelzung erhielt zu Ende der Stauffenzeit ihren Abschluß. Es kann dies bei der Stellung, Entwicklung und späteren Haltung der egrischen Mannen nicht unbeachtet bleiben. Mit dem nunmehr erfolgenden Miteintritt der Ministerialen in das Landgericht verloren denn auch die Dienstgerichte des Dienstherrn ihre Wirksamkeit für dieselben. Der Pfalzort Eger tritt in städtischer Rücksicht noch uicht besonders hervor. Etwaige der markgräflichen Zeit angehörige Gnadenbriefe sind nicht kundbar geworden. Wären solche vorhanden ge- wesen (in Bezug auf Bodenverhältnisse x.), so würden sie sicher bei den großen Stadtbränden (1270 und 77) verloren gegangen sein. Eine Er- 1) S. Schröder, p. 425 ff., 546.
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359 innerung hat sich nicht erhalten. Wohl aber besagt die Tradition den diesfallsigen Verlust eines besonderen Gnadenbriefes Barbarossas von 1179, der damals Eger angeblich unmittelbar ans Reich gezogen und damit zur „Reichsstadt“ erhoben habe. Dieser letztere, erst einer weit späteren Zeit angehörige Begriff würde in dem Gnadenbriefe aller- dings kaum Ausdruck erhalten haben, die Chronisten würden nur ihre eigene spätere Zeitauffassung auf iene alte Zeit übertragen haben. Freie, selbsteigene, selbstherrliche Städte ohne eine Herrschaft über sich — nur dem Kaiser „als solchem“ unterstehend — gab es damals und noch lange nicht, da vielmehr jede Stadt ihren eigenen Herrn hatte, je nach der Zugehörigkeit des Bodens, auf dem sie stand. Und sie wurde durch eben dieses Stadtherrn Beamten, den er — regelmäßig ans seinen Ministeri alen setzte, verwaltet. Nur als Gegensatz zu einer herzoglichen, mark gräflichen, gräflichen Stadt konnte eine etwa auf königlichem Boden ge- legene Stadt (ebenso wie ein castrum als imperatoris, gegensätzlich zu einer marchionis) etwa eine königliche oder Reichsstadt genannt werden. Die Zeit, wo selbst solche Städte als wirkliche Reichsstädte im späteren Sinne anzusehen waren, lag noch sehr ferne; sie war es ebenso für Eger wie auch für Nürnberg. Immerhin mag aber der Kaiser seinem bevorzugten und mit dem großartigen Palastbaue ge schmückten Pfalzorte in seinem erst selbsterworbenen Egerlande einen Gnadenbrief ertheilt haben, ein Marktrecht und Zollprivileg — was, als er in demselben 1179 einen Reichs- oder Fürstentag ansetzte, auch schwer- lich zu umgehen war. Auch 1183 wieder hielt er einen solchen Tag hier ab (Curia ejusdem imperatoris [Friederici] Egere heißt es urkund lich). Und wohl nicht uur die Burg, sondern den ganzen Burgflecken wird man eben damals unter den Worten castrum imperatoris (Friederici), suchen dürfen.1) Auch 1185 und 1188 weilte Barbarossa in der Pfalz zu Eger. Wenn er viele andere Städte auf stauffischem Boden: Amberg, Hagenau, Gelnhausen, Rotenburg, Weißenburg, anch Windsheim, Worms, Bamberg, Aachen, Augsburg, Regensburg, Nordhausen, Bremen, Hamburg mit Kaiserprivilegien begnadete, kann es gar nicht auffallen, daß er der zur Stätte von Reichs oder Fürstentagen ausersehenen Ortschaft die dafür unabweislichen Berechtigungen verlieh und verbriefte. Als „ohne Mittel ans Reich gekommene Reichsstadt“ erschien den späteren Chronisten die Stadt, da sie ja doch dem stauffischen Kaiser ohne zwischen stehende andere Landesherrlichkeit zugehörte. Und es lag nahe, wenn dies später 1) Grasfold, P. 26, und dortige Citate. Kürschner 12.
359 innerung hat sich nicht erhalten. Wohl aber besagt die Tradition den diesfallsigen Verlust eines besonderen Gnadenbriefes Barbarossas von 1179, der damals Eger angeblich unmittelbar ans Reich gezogen und damit zur „Reichsstadt“ erhoben habe. Dieser letztere, erst einer weit späteren Zeit angehörige Begriff würde in dem Gnadenbriefe aller- dings kaum Ausdruck erhalten haben, die Chronisten würden nur ihre eigene spätere Zeitauffassung auf iene alte Zeit übertragen haben. Freie, selbsteigene, selbstherrliche Städte ohne eine Herrschaft über sich — nur dem Kaiser „als solchem“ unterstehend — gab es damals und noch lange nicht, da vielmehr jede Stadt ihren eigenen Herrn hatte, je nach der Zugehörigkeit des Bodens, auf dem sie stand. Und sie wurde durch eben dieses Stadtherrn Beamten, den er — regelmäßig ans seinen Ministeri alen setzte, verwaltet. Nur als Gegensatz zu einer herzoglichen, mark gräflichen, gräflichen Stadt konnte eine etwa auf königlichem Boden ge- legene Stadt (ebenso wie ein castrum als imperatoris, gegensätzlich zu einer marchionis) etwa eine königliche oder Reichsstadt genannt werden. Die Zeit, wo selbst solche Städte als wirkliche Reichsstädte im späteren Sinne anzusehen waren, lag noch sehr ferne; sie war es ebenso für Eger wie auch für Nürnberg. Immerhin mag aber der Kaiser seinem bevorzugten und mit dem großartigen Palastbaue ge schmückten Pfalzorte in seinem erst selbsterworbenen Egerlande einen Gnadenbrief ertheilt haben, ein Marktrecht und Zollprivileg — was, als er in demselben 1179 einen Reichs- oder Fürstentag ansetzte, auch schwer- lich zu umgehen war. Auch 1183 wieder hielt er einen solchen Tag hier ab (Curia ejusdem imperatoris [Friederici] Egere heißt es urkund lich). Und wohl nicht uur die Burg, sondern den ganzen Burgflecken wird man eben damals unter den Worten castrum imperatoris (Friederici), suchen dürfen.1) Auch 1185 und 1188 weilte Barbarossa in der Pfalz zu Eger. Wenn er viele andere Städte auf stauffischem Boden: Amberg, Hagenau, Gelnhausen, Rotenburg, Weißenburg, anch Windsheim, Worms, Bamberg, Aachen, Augsburg, Regensburg, Nordhausen, Bremen, Hamburg mit Kaiserprivilegien begnadete, kann es gar nicht auffallen, daß er der zur Stätte von Reichs oder Fürstentagen ausersehenen Ortschaft die dafür unabweislichen Berechtigungen verlieh und verbriefte. Als „ohne Mittel ans Reich gekommene Reichsstadt“ erschien den späteren Chronisten die Stadt, da sie ja doch dem stauffischen Kaiser ohne zwischen stehende andere Landesherrlichkeit zugehörte. Und es lag nahe, wenn dies später 1) Grasfold, P. 26, und dortige Citate. Kürschner 12.
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360 Alles zusammen geworfen und eine Kaiserurkunde dafür gedacht und angenommen wurde. — Wollte man doch anch in Nürnberg gerne aus einem Gnadenbriefe Kaiser Friedrichs II. 1219 schon die Erhebung zur „Reichsstadt“ deduciren.1) Als Barbarossa 1189 sich zum Kreuzzuge anschickte, nahm er eine Theilung der stauffischen Besitzungen, Lehen und Allode vor, und wies seinem dritten Sohne Conrad neben anderen, insbesondere die (1167) von Friedrich von Rottenburg an den Kaiser gediehenen Besitzungen, auch Egire2) zu. Der Kaiser kehrte aus dem Orient uicht mehr heim. Sein Sohn und Nachfolger Kaiser Heinrich VI. (1191—97), der auch 1192 und 1194 auf der Pfalz zu Eger erscheint, beerbte auch den Bruder Conrad; doch werden aus seiner Zeit Bewilligungen für Eger nicht kund. Jeden- falls als Ergebnisse der früheren Bewilligungen und Gewährungen Barbarossas werden die Zustände der Stadt erscheinen müssen, wie sie schon 13 Jahre nach seinem Tode unter Heinrichs Bruder und Nachfolger König Philipp (1203) sich ergeben. (Fortsetzung.) 1) Erst uach Mitte des 13. Jahrhunderts wurden solche Städte mituuter wohl zu Verhandlungen über Landfriedenbeschlüsse wegen ihrer eigenen Leistungen geladen. Und wenn sie seit dem 14. Jahrhundert zu anderen Reichstagen zu- gezogen wurden, haben sie doch eine anerkanute selbsteigene Reichsstandschaft neben den Fürsten und Grafen auch im ganzen Mitteialter nicht gehabt. (Schroeder, p. 495, 606). 2) Prökl, I. 11. Kürschner 11. — Aus dem Umstande, daß Barbarossa im Jahre vorher (1188) bei Conrads Verlobung mit der spanischen Königstochter dieser als Morgengabe zwar die reichen Besitzungen, die Conrad von Kaiser selbst und von dem verstorbenen Vetter Friedrich (von Rottenburg) überkommen hatte, zuwies, dagegen Eger mit seinem Pfalzschlosse zurückbehielt, ist offenbar nicht zu schließen (wie H. Gradl, Gesch. p. 70 will), daß dadurch der unmittel- bare Reichscharakter dargethan sei. — Wenn umgekehrt Barbarossa vor seinem Kreuzzeuge für Conrad bei der Gütertheilung das (nicht in Franken gelegene) Egerland nebst den Erbschaftsgütern des Friedrich (von Rottenburg) in dem fränkischen Weißenburg und Rottenburg bestimmte, so ist doch aus der Satz- bildung des Fortsetzers der südschwäbischen Mönchschronik von Weingarten ebensowenig zu schließen (wie Gradl, Gesch. p. 70. Mon. Egr. p. 36 will), daß dadurch autoritativ der „unmittelbare Reichscharakter des Egerlandes erwiesen sei. Eger mußte schon deshalb den Rottenburger Erbtheilen gegenüberstehen, da der Rotteuburger int Egerlande nur die Güter seines Vaters K. Conrads besaß. den gauz überwiegenden Theil aber Barbarossa schon vor des Rotten- burgers Tode (1177), innehatte. Der Satzbildung des Mönchs wird also fein entscheidendes Gewicht beizulegen jeiu.
360 Alles zusammen geworfen und eine Kaiserurkunde dafür gedacht und angenommen wurde. — Wollte man doch anch in Nürnberg gerne aus einem Gnadenbriefe Kaiser Friedrichs II. 1219 schon die Erhebung zur „Reichsstadt“ deduciren.1) Als Barbarossa 1189 sich zum Kreuzzuge anschickte, nahm er eine Theilung der stauffischen Besitzungen, Lehen und Allode vor, und wies seinem dritten Sohne Conrad neben anderen, insbesondere die (1167) von Friedrich von Rottenburg an den Kaiser gediehenen Besitzungen, auch Egire2) zu. Der Kaiser kehrte aus dem Orient uicht mehr heim. Sein Sohn und Nachfolger Kaiser Heinrich VI. (1191—97), der auch 1192 und 1194 auf der Pfalz zu Eger erscheint, beerbte auch den Bruder Conrad; doch werden aus seiner Zeit Bewilligungen für Eger nicht kund. Jeden- falls als Ergebnisse der früheren Bewilligungen und Gewährungen Barbarossas werden die Zustände der Stadt erscheinen müssen, wie sie schon 13 Jahre nach seinem Tode unter Heinrichs Bruder und Nachfolger König Philipp (1203) sich ergeben. (Fortsetzung.) 1) Erst uach Mitte des 13. Jahrhunderts wurden solche Städte mituuter wohl zu Verhandlungen über Landfriedenbeschlüsse wegen ihrer eigenen Leistungen geladen. Und wenn sie seit dem 14. Jahrhundert zu anderen Reichstagen zu- gezogen wurden, haben sie doch eine anerkanute selbsteigene Reichsstandschaft neben den Fürsten und Grafen auch im ganzen Mitteialter nicht gehabt. (Schroeder, p. 495, 606). 2) Prökl, I. 11. Kürschner 11. — Aus dem Umstande, daß Barbarossa im Jahre vorher (1188) bei Conrads Verlobung mit der spanischen Königstochter dieser als Morgengabe zwar die reichen Besitzungen, die Conrad von Kaiser selbst und von dem verstorbenen Vetter Friedrich (von Rottenburg) überkommen hatte, zuwies, dagegen Eger mit seinem Pfalzschlosse zurückbehielt, ist offenbar nicht zu schließen (wie H. Gradl, Gesch. p. 70 will), daß dadurch der unmittel- bare Reichscharakter dargethan sei. — Wenn umgekehrt Barbarossa vor seinem Kreuzzeuge für Conrad bei der Gütertheilung das (nicht in Franken gelegene) Egerland nebst den Erbschaftsgütern des Friedrich (von Rottenburg) in dem fränkischen Weißenburg und Rottenburg bestimmte, so ist doch aus der Satz- bildung des Fortsetzers der südschwäbischen Mönchschronik von Weingarten ebensowenig zu schließen (wie Gradl, Gesch. p. 70. Mon. Egr. p. 36 will), daß dadurch autoritativ der „unmittelbare Reichscharakter des Egerlandes erwiesen sei. Eger mußte schon deshalb den Rottenburger Erbtheilen gegenüberstehen, da der Rotteuburger int Egerlande nur die Güter seines Vaters K. Conrads besaß. den gauz überwiegenden Theil aber Barbarossa schon vor des Rotten- burgers Tode (1177), innehatte. Der Satzbildung des Mönchs wird also fein entscheidendes Gewicht beizulegen jeiu.
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W ittheiſungen des Vereines für Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXXVI. Jahrgang. Diedigirt von Dr. G. Biermann und Dr. A. Horčička. Nebst der literarischen Beilage. Prag 1898. Im Selbstverlage des Vereins und in Commission bei H. Dominicus.
W ittheiſungen des Vereines für Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXXVI. Jahrgang. Diedigirt von Dr. G. Biermann und Dr. A. Horčička. Nebst der literarischen Beilage. Prag 1898. Im Selbstverlage des Vereins und in Commission bei H. Dominicus.
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