z 31 stránek
Titel - Beiträge
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Titel - MVGDB
31
Název:
Beiträge zur Kunde böhmischer Geschichtsquellen des XIV und XV Jahrhunderts I, MVGDB 36
Autor:
Bachman, Adolf
Rok vydání:
1898
Místo vydání:
Praha, Wien
Česká národní bibliografie:
Počet stran celkem:
31
Obsah:
- 1: Titel - Beiträge
- 31: Titel - MVGDB
upravit
Strana 1
Aittheilungen des Vereines für oulschen in Böhmen. * Redigirt von Dr. G. Biermnun und Dr. A. Horčiřka. Sechsunddreißigster Jahrgang. 1. Heft. 1897. Beiträge zur Runde böhmischer Geſchichtsquellen des XIV. und XV. Jahrhunderts. Von Adolf Bachmann. III. Ueber Entstehung und Inhalt des 1. Buches der „Cronica Aule Regie“ (Königsaaler Chronik). a) Allgemeines. Seit Joh. Loserth seine eingehende Studie: „Die Königsaaler Ge- schichtsquellen, Kritische Untersuchung über die Entstehung des Chronicon aulae regiae“, Archiv für österreichische Geschichte, 51. Bd., zweite Hälfte, Wien 1873, S. 449—499, veröffentlichte, ist von gelegentlichen Bemerfungen abgesehen, 1) denen man uicht einmal stets zuzustinmen vermag, unsere Kenntuiß dieses wichtigsten Quelleuwerkes für die böhmische Geschichte des ansgehenden XIII. und der ersten vier Decennien des XIV. Jahrhunderts 1) Werthvoll sind die ferneren Arbeiten Loserths: Die geistlichen Schriften Peters von Zittan. Sitzungsber. der Wiener Akadem., Phil.-hist. Classe 98, 379 ff. und „Fragmente des ältesten Königsaaler Diplomatars.“ Mittheil. des Vereines für Geschichte der Dentschen in Böhmen, XV. Bd. S. 158 ff., ferner die nenen Angaben bei O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen in Mittelalter, 3. Auflage, Berlin 1886, II 392 und 394; endlich die Hinweise bei J. See- iüller, Mon. Germ. Hist., deutsche Chroniken V. 2, LXXXXVII. Ueber weitere Arbeiten s. Lorenz, Gesch.-Quellen I 293, Aum. 3. Mittheilungen. 36. Jahrgang. 1. Heft. 1
Aittheilungen des Vereines für oulschen in Böhmen. * Redigirt von Dr. G. Biermnun und Dr. A. Horčiřka. Sechsunddreißigster Jahrgang. 1. Heft. 1897. Beiträge zur Runde böhmischer Geſchichtsquellen des XIV. und XV. Jahrhunderts. Von Adolf Bachmann. III. Ueber Entstehung und Inhalt des 1. Buches der „Cronica Aule Regie“ (Königsaaler Chronik). a) Allgemeines. Seit Joh. Loserth seine eingehende Studie: „Die Königsaaler Ge- schichtsquellen, Kritische Untersuchung über die Entstehung des Chronicon aulae regiae“, Archiv für österreichische Geschichte, 51. Bd., zweite Hälfte, Wien 1873, S. 449—499, veröffentlichte, ist von gelegentlichen Bemerfungen abgesehen, 1) denen man uicht einmal stets zuzustinmen vermag, unsere Kenntuiß dieses wichtigsten Quelleuwerkes für die böhmische Geschichte des ansgehenden XIII. und der ersten vier Decennien des XIV. Jahrhunderts 1) Werthvoll sind die ferneren Arbeiten Loserths: Die geistlichen Schriften Peters von Zittan. Sitzungsber. der Wiener Akadem., Phil.-hist. Classe 98, 379 ff. und „Fragmente des ältesten Königsaaler Diplomatars.“ Mittheil. des Vereines für Geschichte der Dentschen in Böhmen, XV. Bd. S. 158 ff., ferner die nenen Angaben bei O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen in Mittelalter, 3. Auflage, Berlin 1886, II 392 und 394; endlich die Hinweise bei J. See- iüller, Mon. Germ. Hist., deutsche Chroniken V. 2, LXXXXVII. Ueber weitere Arbeiten s. Lorenz, Gesch.-Quellen I 293, Aum. 3. Mittheilungen. 36. Jahrgang. 1. Heft. 1
Strana 2
2 — kaum noch wesentlich gefördert werden. Jos. Emler, von dem anläßlich seiner Neuausgabe der Chronik und der sogenannten Annalen von König saal (in den Fontes rerum Bohemicarum, tom. IV : Chronicon Aulae Regiae. — Excerpta ex diversis chronicis, additis quibusdam Aulae Regiae memorabilibus. Prag 1884, S. 1—346), die Neuprüfung der von Loserth beantworteten und dazu eine Erörterung der noch offenen Fragen erwartet werden durfte, hat unsere Hoffnungen leider uicht ganz erfüllt. Ihn haben die Ergebnisse der bisherigen (1884) Forschung derart be friedigt, daß er (Einleitung V) erflärt, es bleibe ihm an dieser Stelle nichts übrig, als die Ergebnisse der bereits durchgeführten Untersuchungen zusammenzufassen; nur hie und da werde er in der Lage sein, sie uach seinen eigenen Arbeiten zu ergänzen, und einzelne Stellen, wenn auch nicht wesentlich, zu berichtigen; er wolle dabei aber mit Combinationen und überhaupt in seinen Ausführungen uicht weiter gehen, als für die historische Forschung uothwendig und uützlich sei. 1) Die uachfolgenden Ausführungen dürften erweisen, daß Emler allzu genügsam gewesen ist. Immerhin bleibt auch so die Einleitung zu seiner Edition (S. V—XVIII) für die Forschung uicht ganz ohne Gewinn. So hat er (nach dem Vorgange Palackys2) für Abt Peter von Königsaal wohl mit Recht ein früheres Geburtsjahr als Loserth (etwa eins der Jahre 1260—1265 statt 1276, wie Loserth will) angenommen und dies namentlich mit dem Hinweise auf die Vorrede Peters zu dem 2. Buche seiner Chronik, die Peter damals, also etwa im Jahre 1334, als einen Mann von hohem Alter erkennen läßt, hinlänglich begründet. 3) Emler berichtigt und ver- vollständigt ferner unsere Kenntnisse durch den Hinweis auf gewisse Umstände und Beziehungen im Lebensgange und der Antsführung Abt Peters, ohne freilich stets auch daraus die entsprechenden Folgerungen zu ziehen. Er nimmt dabei an, daß Peter die Fortsetzung des literarischen Werkes seines Ordensbruders Otto, gewesenen Abtes von Königsaal, der 1) O ní a její historické ceně jakož i jiných okolnostech s tím spojených často, a to namnoze i velmi důkladně bylo pojednáváno, tak že na místě tomto nezbývá mi nic, nežli výsledky badání již vykonaných v celek se- staviti, jen tu a tam dle prací mých je doplniti a místy poněkud, ale ne podstatně poopraviti. Při tom nechci však v kombinacích a vývodech svých dále jíti, než pro badání historické jest potřebí a užitečné. 2) F. Palacky, Würdigung der alten böhmischen Geschichtschreiber. Nene Aus- gabe, Prag. 1869, S. 130. 3) dies meos, sagt Peter. Dei benignitas ultra quam scire potui aut presu- mere debui, propter penitenciam faciendam misericorditer prorogavit.
2 — kaum noch wesentlich gefördert werden. Jos. Emler, von dem anläßlich seiner Neuausgabe der Chronik und der sogenannten Annalen von König saal (in den Fontes rerum Bohemicarum, tom. IV : Chronicon Aulae Regiae. — Excerpta ex diversis chronicis, additis quibusdam Aulae Regiae memorabilibus. Prag 1884, S. 1—346), die Neuprüfung der von Loserth beantworteten und dazu eine Erörterung der noch offenen Fragen erwartet werden durfte, hat unsere Hoffnungen leider uicht ganz erfüllt. Ihn haben die Ergebnisse der bisherigen (1884) Forschung derart be friedigt, daß er (Einleitung V) erflärt, es bleibe ihm an dieser Stelle nichts übrig, als die Ergebnisse der bereits durchgeführten Untersuchungen zusammenzufassen; nur hie und da werde er in der Lage sein, sie uach seinen eigenen Arbeiten zu ergänzen, und einzelne Stellen, wenn auch nicht wesentlich, zu berichtigen; er wolle dabei aber mit Combinationen und überhaupt in seinen Ausführungen uicht weiter gehen, als für die historische Forschung uothwendig und uützlich sei. 1) Die uachfolgenden Ausführungen dürften erweisen, daß Emler allzu genügsam gewesen ist. Immerhin bleibt auch so die Einleitung zu seiner Edition (S. V—XVIII) für die Forschung uicht ganz ohne Gewinn. So hat er (nach dem Vorgange Palackys2) für Abt Peter von Königsaal wohl mit Recht ein früheres Geburtsjahr als Loserth (etwa eins der Jahre 1260—1265 statt 1276, wie Loserth will) angenommen und dies namentlich mit dem Hinweise auf die Vorrede Peters zu dem 2. Buche seiner Chronik, die Peter damals, also etwa im Jahre 1334, als einen Mann von hohem Alter erkennen läßt, hinlänglich begründet. 3) Emler berichtigt und ver- vollständigt ferner unsere Kenntnisse durch den Hinweis auf gewisse Umstände und Beziehungen im Lebensgange und der Antsführung Abt Peters, ohne freilich stets auch daraus die entsprechenden Folgerungen zu ziehen. Er nimmt dabei an, daß Peter die Fortsetzung des literarischen Werkes seines Ordensbruders Otto, gewesenen Abtes von Königsaal, der 1) O ní a její historické ceně jakož i jiných okolnostech s tím spojených často, a to namnoze i velmi důkladně bylo pojednáváno, tak že na místě tomto nezbývá mi nic, nežli výsledky badání již vykonaných v celek se- staviti, jen tu a tam dle prací mých je doplniti a místy poněkud, ale ne podstatně poopraviti. Při tom nechci však v kombinacích a vývodech svých dále jíti, než pro badání historické jest potřebí a užitečné. 2) F. Palacky, Würdigung der alten böhmischen Geschichtschreiber. Nene Aus- gabe, Prag. 1869, S. 130. 3) dies meos, sagt Peter. Dei benignitas ultra quam scire potui aut presu- mere debui, propter penitenciam faciendam misericorditer prorogavit.
Strana 3
3 — Vita Wenceslai regis, zwar kaum vor dessen Ansgange (1314) unter- nommen, sie aber dann so rüstig gefördert habe, daß das Cap. LXXXXVIII spätestens zu Ausgang 1314, und Capitel CVIII noch vor dem October 1315 niedergeschrieben wurde. Wir sind darin anderer Meinung. Einiges Nene bietet Emler auch sonst (s. Einl. XI), ohne jedoch auch da wieder die Fäden, die er bei seiner Forschnng in die Hand bekam, bis zum Ende zu verfolgen. So weist er darauf hin, daß auch die Cap. CIX und CXX bereits vor 1315 geschrieben seien; die Cap. CXI bis CXXIII, welche die Erzählung über das Wunder zu Eibenschütz bei Brünn, einen Tractat über Kaiser Heinrich VII. mit beigeschlossenen Urkunden, Nachrichten über den Tod Papst Clemens V. und die Aufhebung des Templerordens, Zeug-- nisse über die Wunder am Grabe der Kaiserin Margaretha, Gemahlin Kaiser Heinrichs VII., von denen man in Böhmen bereits in September 1315 wußte, enthalten,1) seien eine Eiulage, dazu hergestellt und an ge- eigneter Stelle angebracht, um den Stoff für eine bereits verflossene Zeit zu gewinnen und die Materie des Buches zu vervollständigen und zu ergänzen, da Peter erst wieder mit dem Cap. CXXIV wesentlich gleich¬- zeitig mit den Ereiguissen zu schreiben begonnen habe. Mit Recht wird dabei auf eine Marginalnote Peters zu Cap. CX 2) verwiesen, in der Peter von der Dekonomie dieses Theiles seines Buches spricht: „Post tractatum de Heinrico imperatore quere illa, que huic tractatui continuantur.“ Nach Emler und Loserth hat dann Peter von Cap. CXXIV angefangen die Schlußcapitel des ersten wie das zweite und dritte Buch seiner Chronik nahezu gleichzeitig abgefaßt, und zwar habe er gewöhnlich die Ereignisse eines eben verflossenen Jahres im uachfolgenden in einem Zuge niedergeschrieben. So gehören die Cap. CXXV und CXXVI, letzteres aber ohne den Absatz über die Geburt des Kronprinzen Karl (des späteren Kaisers Karl IV.), dem Jahre 1316, die nachfolgenden drei dem Jahre 1317 an. Mit der Darstellung der Begebenheiten des Jahres 1317 hebt das 2. Buch an. b) Ueber den Tert und die gereimten Theile der Chronik. Die Fragen, vor denen die Forschung bei den Königsaaler Ge- schichtsquellen immer uoch halt zu machen verpflichtet ist, beziehen sich einmal auf die Behandlung und Correctheit des Textes, dann aber, und 1) Lib. I, cap. CXXIII. Los. in Font. r. Aust. VIII 356. 2) Font. rer. Aust., Sc. VIII 327. Font. rer. Bohem. IV 183.
3 — Vita Wenceslai regis, zwar kaum vor dessen Ansgange (1314) unter- nommen, sie aber dann so rüstig gefördert habe, daß das Cap. LXXXXVIII spätestens zu Ausgang 1314, und Capitel CVIII noch vor dem October 1315 niedergeschrieben wurde. Wir sind darin anderer Meinung. Einiges Nene bietet Emler auch sonst (s. Einl. XI), ohne jedoch auch da wieder die Fäden, die er bei seiner Forschnng in die Hand bekam, bis zum Ende zu verfolgen. So weist er darauf hin, daß auch die Cap. CIX und CXX bereits vor 1315 geschrieben seien; die Cap. CXI bis CXXIII, welche die Erzählung über das Wunder zu Eibenschütz bei Brünn, einen Tractat über Kaiser Heinrich VII. mit beigeschlossenen Urkunden, Nachrichten über den Tod Papst Clemens V. und die Aufhebung des Templerordens, Zeug-- nisse über die Wunder am Grabe der Kaiserin Margaretha, Gemahlin Kaiser Heinrichs VII., von denen man in Böhmen bereits in September 1315 wußte, enthalten,1) seien eine Eiulage, dazu hergestellt und an ge- eigneter Stelle angebracht, um den Stoff für eine bereits verflossene Zeit zu gewinnen und die Materie des Buches zu vervollständigen und zu ergänzen, da Peter erst wieder mit dem Cap. CXXIV wesentlich gleich¬- zeitig mit den Ereiguissen zu schreiben begonnen habe. Mit Recht wird dabei auf eine Marginalnote Peters zu Cap. CX 2) verwiesen, in der Peter von der Dekonomie dieses Theiles seines Buches spricht: „Post tractatum de Heinrico imperatore quere illa, que huic tractatui continuantur.“ Nach Emler und Loserth hat dann Peter von Cap. CXXIV angefangen die Schlußcapitel des ersten wie das zweite und dritte Buch seiner Chronik nahezu gleichzeitig abgefaßt, und zwar habe er gewöhnlich die Ereignisse eines eben verflossenen Jahres im uachfolgenden in einem Zuge niedergeschrieben. So gehören die Cap. CXXV und CXXVI, letzteres aber ohne den Absatz über die Geburt des Kronprinzen Karl (des späteren Kaisers Karl IV.), dem Jahre 1316, die nachfolgenden drei dem Jahre 1317 an. Mit der Darstellung der Begebenheiten des Jahres 1317 hebt das 2. Buch an. b) Ueber den Tert und die gereimten Theile der Chronik. Die Fragen, vor denen die Forschung bei den Königsaaler Ge- schichtsquellen immer uoch halt zu machen verpflichtet ist, beziehen sich einmal auf die Behandlung und Correctheit des Textes, dann aber, und 1) Lib. I, cap. CXXIII. Los. in Font. r. Aust. VIII 356. 2) Font. rer. Aust., Sc. VIII 327. Font. rer. Bohem. IV 183.
Strana 4
4 dies noch mit ungleich besserem Rechte, auf das Verhältuiß der poetischen Theile zur Prosadarstellung, endlich auf die Art und Weise der Entstehung, die Gliederung der Bestandtheile, die Form und Zeit der Composition der Chronik, die als ein einheitliches Ganzes aufzufassen sich heute Niemand weiter entschließen wird. Bei Behandlung des Textes haben es die Herausgeber nicht an Umsicht und Aufmerksamkeit fehlen lassen. Bietet Emler einen reicheren Apparat (auch aus den Loserth bekannten Handschriften), so wird man sich dafür mit den Editionsgrundsätzen des Letzteren eher einverstanden erklären. Stellen wie Cap. LXI (Eniler S. 73, Loserth S. 150): „Sic non mireris, nam tunc ibi fur erit, eris, si non cautus eris“, wo das Komma nach erit ganz falsch ist und beweist, daß der Satz nicht ver- standen wurde (— Loserth meint in der Anmerkung, daß der Dichter aus der Construction falle), finden sich freilich in beiden Ausgaben. An dem erwähnten Orte ist aber das frühere eris = aeris und der Text lautet ganz correct: „Sic non mireris, nam tunc ibi fur erit eris (= aeris), si non cautus eris“. Namentlich die Versetexte erheischen noch sorgsame Durchprüfung und Richtigstellung. 1) Diese zu versuchen und überhaupt das Verhältniß der gereimten Partien der Chronik zur Erzählung in Prosa eingehender zu behandeln, darf aber hier umsomehr unterbleiben, als darüber die Veröffentlichung einer sorgsamen Studie eines meiner jüngeren Freunde in naher Aus-- sicht steht. Doch dürfte es woh) nützlich sein, die nenen und wichtigen Ergebnisse dieser Arbeit, die aus gemeinsamen Erörterungen im historischen Seminar der Prager deutschen Universität erwachsen ist, schon jetzt in dieser unserer Zeitschrift zur vorläufigen Keuntnißnahme mitzutheilen. 1) Von den vielen Unebenheiten des Textes jei nur noch eine an wichtiger Stelle hier gleich angemerkt. Loserth liest Cap. XIV (Font. VIII 59): Sed quia amore hujus juvenis praesentem laborem incepimus, tempus exigit, ut ceteris omissis anfractibus ipsius gesta scribendo amodo in dictamine procedamus, nedum his quae non sunt nostri propositi, morose inten- dimus, minus necessariis intenti, ad ea, quae decrevimus, tardius venia- mus. Daß dies mißverstanden ist und so keinen Sinn gibt, liegt anf der Hand. Die Stelle muß heißen: „Sed quia amore .... incepimus, tempus exigit, ut .... in dictamine procedamus, ne, dum his, quae non sunt nostri propositi, morose intendimus, minus necessariis intenti ad ea, quae decre- vimus, tardius veniamus. Emler, Font. IV 19, druckt zwar ne dum, aber auch ohne das dazwischen uöthige Komma.
4 dies noch mit ungleich besserem Rechte, auf das Verhältuiß der poetischen Theile zur Prosadarstellung, endlich auf die Art und Weise der Entstehung, die Gliederung der Bestandtheile, die Form und Zeit der Composition der Chronik, die als ein einheitliches Ganzes aufzufassen sich heute Niemand weiter entschließen wird. Bei Behandlung des Textes haben es die Herausgeber nicht an Umsicht und Aufmerksamkeit fehlen lassen. Bietet Emler einen reicheren Apparat (auch aus den Loserth bekannten Handschriften), so wird man sich dafür mit den Editionsgrundsätzen des Letzteren eher einverstanden erklären. Stellen wie Cap. LXI (Eniler S. 73, Loserth S. 150): „Sic non mireris, nam tunc ibi fur erit, eris, si non cautus eris“, wo das Komma nach erit ganz falsch ist und beweist, daß der Satz nicht ver- standen wurde (— Loserth meint in der Anmerkung, daß der Dichter aus der Construction falle), finden sich freilich in beiden Ausgaben. An dem erwähnten Orte ist aber das frühere eris = aeris und der Text lautet ganz correct: „Sic non mireris, nam tunc ibi fur erit eris (= aeris), si non cautus eris“. Namentlich die Versetexte erheischen noch sorgsame Durchprüfung und Richtigstellung. 1) Diese zu versuchen und überhaupt das Verhältniß der gereimten Partien der Chronik zur Erzählung in Prosa eingehender zu behandeln, darf aber hier umsomehr unterbleiben, als darüber die Veröffentlichung einer sorgsamen Studie eines meiner jüngeren Freunde in naher Aus-- sicht steht. Doch dürfte es woh) nützlich sein, die nenen und wichtigen Ergebnisse dieser Arbeit, die aus gemeinsamen Erörterungen im historischen Seminar der Prager deutschen Universität erwachsen ist, schon jetzt in dieser unserer Zeitschrift zur vorläufigen Keuntnißnahme mitzutheilen. 1) Von den vielen Unebenheiten des Textes jei nur noch eine an wichtiger Stelle hier gleich angemerkt. Loserth liest Cap. XIV (Font. VIII 59): Sed quia amore hujus juvenis praesentem laborem incepimus, tempus exigit, ut ceteris omissis anfractibus ipsius gesta scribendo amodo in dictamine procedamus, nedum his quae non sunt nostri propositi, morose inten- dimus, minus necessariis intenti, ad ea, quae decrevimus, tardius venia- mus. Daß dies mißverstanden ist und so keinen Sinn gibt, liegt anf der Hand. Die Stelle muß heißen: „Sed quia amore .... incepimus, tempus exigit, ut .... in dictamine procedamus, ne, dum his, quae non sunt nostri propositi, morose intendimus, minus necessariis intenti ad ea, quae decre- vimus, tardius veniamus. Emler, Font. IV 19, druckt zwar ne dum, aber auch ohne das dazwischen uöthige Komma.
Strana 5
5 Darnach steht zunächst nichts weniger als fest, was Ott. Lorenz 1) und Loserth zu beweisen versucht haben und auch Emler glaubt: daß die Verse bloß das Eigenthum eines Verfassers, nämlich des Fortsetzers der Vita Wenceslai und Autors der folgenden Theile der Königsaaler Chronik, des Abtes Peter von Zittau, seien. Die Gründe, die für solche Meinung vorgebracht werden, sind zum Theile nicht beweiskräftig genug, zum Theile auch direct zu widerlegen, und andere Momente, die für die Autorschaft Ottos uud Peters, eines jeden für die Verse in den ihm zu- geschriebenen Theilen der Chronik, zeugen, lassen sich beibringen. So ist, um hier uur das eine und das andere zu berühren, die Stelle der Wid- mung Peters an den Abt Johann III. von Waldsassen, die man ge wöhnkich für seine Absicht anführt, später sein Werk neu, und zwar in Versen, zu bearbeiten, dafür unbrauchbar: Faciam in hoc libro, sagt Peter, qui cronica Aule regie nuncupatur, quemadmodum lignorum lapidumque precisores facere consueverunt: rudem quidem primo latomis expertis architectisque offerunt materiam; illi vero ex arte sua introducunt rudi post haec materie pulchram formam. Sic et ego ea, quae vidi, qua certissime cognovi, ruditer conscribere laborabo. Veniet post me et alius, qui hanc solidam sed ruditer conscriptam materiam lima poliet venustatis. Hier ist die Rede von einfach roher Wiedergabe der Thatsachen durch einen Mindergeübten im Gegensatze zu künstlerischer Darstellung, die ein erfahrener und gewandter Schriftsteller später etwa dem Stoffe leihen möge, nicht aber von Prosa und Poesie. Wollte man letzteres herauslesen, so müßte man viel eher ans demselben Grunde — faktisch mit ebensowenig Berechtigung — an Abt Otto als den Verfertiger aller Verse denken, als an Peter. Während nämlich dieser auf seine „hebetudo sensuum“, die „ingenii tenuitas“ hinweist, auf die Größe und Schwierig¬ keit der Arbeit, die ihn von der Arbeit abschrecke und seine bebende Hand von ihr zurückhalte, erklärt Abt Otto im 1. Cap. der Lebensbeschrei¬ bung König Wenzels mit sicherem Selbstgefühle: Quorundam amicorum crebris excitatus instanciis quaedam de vita et moribus ... Wenceslai ... regis Bohemiae ...plano stilo dictaminis exarare disposui. Auch schon aus diesem Grunde erscheint die Bemerkung, man könne doch nicht wohl annehmen, daß wie Peter so auch Otto, also zwei in dem- 1) Peters Widmung an den Abt von Waldsassen. Es ist selbstverständlich uur die gewöhnliche „Antorenbescheidenheit“, die um so sicherer auf Lob und Zu- stimmung des Lesers rechuet, als sie geringere Erwartungen erregen will.
5 Darnach steht zunächst nichts weniger als fest, was Ott. Lorenz 1) und Loserth zu beweisen versucht haben und auch Emler glaubt: daß die Verse bloß das Eigenthum eines Verfassers, nämlich des Fortsetzers der Vita Wenceslai und Autors der folgenden Theile der Königsaaler Chronik, des Abtes Peter von Zittau, seien. Die Gründe, die für solche Meinung vorgebracht werden, sind zum Theile nicht beweiskräftig genug, zum Theile auch direct zu widerlegen, und andere Momente, die für die Autorschaft Ottos uud Peters, eines jeden für die Verse in den ihm zu- geschriebenen Theilen der Chronik, zeugen, lassen sich beibringen. So ist, um hier uur das eine und das andere zu berühren, die Stelle der Wid- mung Peters an den Abt Johann III. von Waldsassen, die man ge wöhnkich für seine Absicht anführt, später sein Werk neu, und zwar in Versen, zu bearbeiten, dafür unbrauchbar: Faciam in hoc libro, sagt Peter, qui cronica Aule regie nuncupatur, quemadmodum lignorum lapidumque precisores facere consueverunt: rudem quidem primo latomis expertis architectisque offerunt materiam; illi vero ex arte sua introducunt rudi post haec materie pulchram formam. Sic et ego ea, quae vidi, qua certissime cognovi, ruditer conscribere laborabo. Veniet post me et alius, qui hanc solidam sed ruditer conscriptam materiam lima poliet venustatis. Hier ist die Rede von einfach roher Wiedergabe der Thatsachen durch einen Mindergeübten im Gegensatze zu künstlerischer Darstellung, die ein erfahrener und gewandter Schriftsteller später etwa dem Stoffe leihen möge, nicht aber von Prosa und Poesie. Wollte man letzteres herauslesen, so müßte man viel eher ans demselben Grunde — faktisch mit ebensowenig Berechtigung — an Abt Otto als den Verfertiger aller Verse denken, als an Peter. Während nämlich dieser auf seine „hebetudo sensuum“, die „ingenii tenuitas“ hinweist, auf die Größe und Schwierig¬ keit der Arbeit, die ihn von der Arbeit abschrecke und seine bebende Hand von ihr zurückhalte, erklärt Abt Otto im 1. Cap. der Lebensbeschrei¬ bung König Wenzels mit sicherem Selbstgefühle: Quorundam amicorum crebris excitatus instanciis quaedam de vita et moribus ... Wenceslai ... regis Bohemiae ...plano stilo dictaminis exarare disposui. Auch schon aus diesem Grunde erscheint die Bemerkung, man könne doch nicht wohl annehmen, daß wie Peter so auch Otto, also zwei in dem- 1) Peters Widmung an den Abt von Waldsassen. Es ist selbstverständlich uur die gewöhnliche „Antorenbescheidenheit“, die um so sicherer auf Lob und Zu- stimmung des Lesers rechuet, als sie geringere Erwartungen erregen will.
Strana 6
6 — selben Kloster nach einander, der Reimkunst mächtig gewesen wären, als ganz belanglos. Die Kunst, die Cosmas von Prag und der Canonicus von Wyschehrad, der Mönch von Strahow, der Verfasser der Prager Annalen, Dalemil zur Zeit Ottos und Peters und der Domherr Franz von Prag nach ihnen übte, die in Dentschland und noch mehr in Italien damals weithin im Gebrauche war,1) sowie denn das schulmäßige An- fertigen von Versen und Reimen noch nach Jahrhunderten in Uebung stand und nahezu bis in unsere Zeit hinanfreicht: sie darf man ruhig bei dem ersten wie bei dem zweiten schriftstellernden Abte von Königsaal voraussetzen. Handelt es sich ja doch nicht um irgend ein wirklich gelehrtes Werk oder eine Dichtung höheren Ranges, sondern um gelegentlich mit- getheilte „prasselnde Mönchsverse“. Zudem braucht man nicht einmal auf das Beispiel des Domherrn Franz zu verweisen, um zu erhärten, wie wenig Talent, Gewandtheit und Formensinn nothwendig war, um literarische Leistungen mit solchem gereimten Beiwerk „auszieren“ zu können. Trotz aller Vorliebe und Hingabe für solche Darstellungsform lassen Abt Peters Verse zu den Capiteln des II. und III. Buches, sowie in der von ihm verfaßten zweiten Hälfte (Cap. 52—130) des ersten Buches, uur zu oft als dichterisches Er- zengniß nahezu Alles zu wünschen übrig. So viel Kunst und wohl noch größere eignete leicht auch jedem gebildeten Zeitgenossen. Daß der Styl der beiden Abte in den ihnen zugehörigen Theilen der Vita Wenceslai — nur um diese kann es sich ja bei einer Vergleichung billig handeln, wobei Anlage und Tendenz zu berücksichtigen sind — ein durchaus verschiedener sei, die Arbeit Ottos trocken und einförmig, die Capitel Peters dagegen lebendige und anschauliche Schilderungen enthielten, ist doch nur eine sub jective Meinung Loserths.2) Noch ein weiteres wichtiges Argument, das direct 1) Vgl. Ottokar Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen II, 394 (Hinweis auf Albertino Mussato). 2) Arch. f. österr. Gesch. LI, 463. Es wird Sache einer eingehenderen Unter- suchung sein, für die Cap. Ottos zu erweisen, daß er, ähnlich wie Peter, aber auch wie einst Cosmas, anch in der Prosaerzählung den GGleichklang liebt und sich des künstlichen Wortspieles erfreut. Man vergl. nur Cap. XXI.: Quis enim non usquequaque ammirando stupesseret, qui inter assiduorum blandimenta amplexuum clandestinae machinationis molimine prius nunquam suspicatus talia inveniret? Ammirari nimium ad plenum non sufficimus, dum Zavissium regi Wenceslao .... applaudere sibique illudere apparenter cernimus, quem tamen suae vitae occultas insidias demoliri fama volante publica invenimus
6 — selben Kloster nach einander, der Reimkunst mächtig gewesen wären, als ganz belanglos. Die Kunst, die Cosmas von Prag und der Canonicus von Wyschehrad, der Mönch von Strahow, der Verfasser der Prager Annalen, Dalemil zur Zeit Ottos und Peters und der Domherr Franz von Prag nach ihnen übte, die in Dentschland und noch mehr in Italien damals weithin im Gebrauche war,1) sowie denn das schulmäßige An- fertigen von Versen und Reimen noch nach Jahrhunderten in Uebung stand und nahezu bis in unsere Zeit hinanfreicht: sie darf man ruhig bei dem ersten wie bei dem zweiten schriftstellernden Abte von Königsaal voraussetzen. Handelt es sich ja doch nicht um irgend ein wirklich gelehrtes Werk oder eine Dichtung höheren Ranges, sondern um gelegentlich mit- getheilte „prasselnde Mönchsverse“. Zudem braucht man nicht einmal auf das Beispiel des Domherrn Franz zu verweisen, um zu erhärten, wie wenig Talent, Gewandtheit und Formensinn nothwendig war, um literarische Leistungen mit solchem gereimten Beiwerk „auszieren“ zu können. Trotz aller Vorliebe und Hingabe für solche Darstellungsform lassen Abt Peters Verse zu den Capiteln des II. und III. Buches, sowie in der von ihm verfaßten zweiten Hälfte (Cap. 52—130) des ersten Buches, uur zu oft als dichterisches Er- zengniß nahezu Alles zu wünschen übrig. So viel Kunst und wohl noch größere eignete leicht auch jedem gebildeten Zeitgenossen. Daß der Styl der beiden Abte in den ihnen zugehörigen Theilen der Vita Wenceslai — nur um diese kann es sich ja bei einer Vergleichung billig handeln, wobei Anlage und Tendenz zu berücksichtigen sind — ein durchaus verschiedener sei, die Arbeit Ottos trocken und einförmig, die Capitel Peters dagegen lebendige und anschauliche Schilderungen enthielten, ist doch nur eine sub jective Meinung Loserths.2) Noch ein weiteres wichtiges Argument, das direct 1) Vgl. Ottokar Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen II, 394 (Hinweis auf Albertino Mussato). 2) Arch. f. österr. Gesch. LI, 463. Es wird Sache einer eingehenderen Unter- suchung sein, für die Cap. Ottos zu erweisen, daß er, ähnlich wie Peter, aber auch wie einst Cosmas, anch in der Prosaerzählung den GGleichklang liebt und sich des künstlichen Wortspieles erfreut. Man vergl. nur Cap. XXI.: Quis enim non usquequaque ammirando stupesseret, qui inter assiduorum blandimenta amplexuum clandestinae machinationis molimine prius nunquam suspicatus talia inveniret? Ammirari nimium ad plenum non sufficimus, dum Zavissium regi Wenceslao .... applaudere sibique illudere apparenter cernimus, quem tamen suae vitae occultas insidias demoliri fama volante publica invenimus
Strana 7
für die Autorschaft Ottos hinsichtlich der Verspartien zu Buch I., Cap. 1 bis 51 spricht, erscheint im Nachfolgenden angeführt. Auch die Anschanungen, die über das inhaltliche Verhältniß der Verse zur Prosadarstellung und die Ziele und Absichten, welche den oder die Verfasser bei ihren Reimereien leiteten, vorgetragen wurden, können allseitig kaum in einem Punkte vor näherer Prüfung bestehen. Es handelt sich hier namentlich um die Behauptungen O. Lorenz), denen Loserth, namentlich in der erwähnten Abhandlung (Arch. 51, 483) beitrat: Die Erzählung werde in den eingefügten Versen nicht etwa naturgemäß fortgeführt, wie das in den italienischen Geschichtswerken dieser Zeit der Fall ist, und die Darstellung schreite nicht in abwechselnder Rede fort, sondern Erzählung und Darstellung würden vielmehr durch die einge- schobenen Verse regelmäßig unterbrochen. Dann bemerke man ganz regel- mäßig die Erscheinung, daß Alles, was zuvor in Prosa erzählt worden sei, mit wenigen Aenderungen in leoninische Hexameter umgesetzt werde, und ganz besonders der Theil, dessen prosaische Ausführung von dem Abte Otto herrührt, sich als eine so sclavische Umformung erweise, daß man an sachlichen Materialien nichts verlieren würde, wollte man die Verse einfach hinweglassen; ja die prosaische Erzählung würde nach Hinweg- lassung der Verse glatter und ebenmäßiger fortlaufen, als (dies) jetzt der Fall ist. Demnach möchte man schließen, daß die Form, in der die Chronik vorliegt, nicht als die letzte gedacht war, sondern Peters Absicht eigentlich dahin ging, „das früher in rüder Form gewidmete Werk selbst noch zu einem eleganten historischen Carmen umzuwandeln.“1) Dem fügt aber Loserth unter Anderem bei, daß die Verse „uur an sehr wenig Stellen eine sclavische Umformung des prosaischen Theiles enthalten“ und ohne diesen keinen Sinn geben. „Meist bieten sie gar keinen reellen Ju- halt und sind als lyrische Ergüße zu betrachten, welche die Gefühle des Schreibers bei Gelegenheit der Erzählung einzelner historischer Thatsachen enthalten“ und „die Handlungen, die erzählt werden, mit Lob oder Tadel 2) begleiten. O detestanda in aperto applausoris fallacia, O reprobanda insidiatoris occulti fraudulenta versutia! ubi alumpni sui sinceritati quis molitur insidias, et benefacienti regi miles perfidus internecionis intuitu clanculo irrogare conatur molestias? Auch die Verje Peters lassen oft nahezu Alles zu wünschen übrig. 1) Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen, 3. Aufl., I, 299, 300. 2) Loserth, Arch. f. österr. Gesch. LI 483.
für die Autorschaft Ottos hinsichtlich der Verspartien zu Buch I., Cap. 1 bis 51 spricht, erscheint im Nachfolgenden angeführt. Auch die Anschanungen, die über das inhaltliche Verhältniß der Verse zur Prosadarstellung und die Ziele und Absichten, welche den oder die Verfasser bei ihren Reimereien leiteten, vorgetragen wurden, können allseitig kaum in einem Punkte vor näherer Prüfung bestehen. Es handelt sich hier namentlich um die Behauptungen O. Lorenz), denen Loserth, namentlich in der erwähnten Abhandlung (Arch. 51, 483) beitrat: Die Erzählung werde in den eingefügten Versen nicht etwa naturgemäß fortgeführt, wie das in den italienischen Geschichtswerken dieser Zeit der Fall ist, und die Darstellung schreite nicht in abwechselnder Rede fort, sondern Erzählung und Darstellung würden vielmehr durch die einge- schobenen Verse regelmäßig unterbrochen. Dann bemerke man ganz regel- mäßig die Erscheinung, daß Alles, was zuvor in Prosa erzählt worden sei, mit wenigen Aenderungen in leoninische Hexameter umgesetzt werde, und ganz besonders der Theil, dessen prosaische Ausführung von dem Abte Otto herrührt, sich als eine so sclavische Umformung erweise, daß man an sachlichen Materialien nichts verlieren würde, wollte man die Verse einfach hinweglassen; ja die prosaische Erzählung würde nach Hinweg- lassung der Verse glatter und ebenmäßiger fortlaufen, als (dies) jetzt der Fall ist. Demnach möchte man schließen, daß die Form, in der die Chronik vorliegt, nicht als die letzte gedacht war, sondern Peters Absicht eigentlich dahin ging, „das früher in rüder Form gewidmete Werk selbst noch zu einem eleganten historischen Carmen umzuwandeln.“1) Dem fügt aber Loserth unter Anderem bei, daß die Verse „uur an sehr wenig Stellen eine sclavische Umformung des prosaischen Theiles enthalten“ und ohne diesen keinen Sinn geben. „Meist bieten sie gar keinen reellen Ju- halt und sind als lyrische Ergüße zu betrachten, welche die Gefühle des Schreibers bei Gelegenheit der Erzählung einzelner historischer Thatsachen enthalten“ und „die Handlungen, die erzählt werden, mit Lob oder Tadel 2) begleiten. O detestanda in aperto applausoris fallacia, O reprobanda insidiatoris occulti fraudulenta versutia! ubi alumpni sui sinceritati quis molitur insidias, et benefacienti regi miles perfidus internecionis intuitu clanculo irrogare conatur molestias? Auch die Verje Peters lassen oft nahezu Alles zu wünschen übrig. 1) Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen, 3. Aufl., I, 299, 300. 2) Loserth, Arch. f. österr. Gesch. LI 483.
Strana 8
8 — Hier ist manche richtige Beobachtung in zu großer Allgemeinheit gegeben, anderes erscheint übersehen, einiges verkaunt, so daß natur- gemäß auch die Schlußfolgerungen dem wirklichen Stande der Dinge nicht entsprechen. Vor Allem läßt sich nachweisen, und dies uicht allein bei Abt Peter, sondern ebenso und verhältnißmäßig öfter bei dem ersten Verfasser Otto, daß die Verse manchmal wirklich inhaltlich neues enthalten, daß sie nicht eine Wiederholung, sondern eine Fortsetzung der Erzählung bedeuten, wenn sie nur an richtiger Stelle in den Text eingefügt sind, was weder in Fontes rer. Austriac. VIII. noch in Emlers Ausgabe jederzeit ge schehen ist. Von solchen Stellen gilt dann natürlich auch nicht, daß man die Verse beliebig ausscheiden und fortlassen könne, ohne den Zusammen hang der Erzählung zu gefährden. So bilden gleich Cap. II die Verse über König Ottokars II. persönliche Art nicht die Wiederholung des im vorhergehenden Prosatexte Gesagten, sondern die Ergänzung zur Keunzeichnung seines öffentlichen Waltens; in einer ganzen Reihe neuer Züge — er war leutselig, standhaft, beredt, klug, verschwiegen, heiter, schonungsvoll, wahrhaft religiös — wird uns des Königs Art in den Versen geschildert. Die Prosa-Erzählung enthält davon nichts. Erst im Cap. III wird noch besonders von Ottokars kirchlicher Gesinnung und Freigebigkeit gegen Mönche und Stifter, namentlich das Kloster Golden kron berichtet. In Cap. IV stellen die Verse über den erwählten Erz- bischof Philipp von Salzburg, dann Elekten von Aquileja, wieder direct die Weiterführung des Textes dar, indem sie über die anstößige Art und Lebensführung Philipps Meldung thun. An sie, die Verse, nicht an die Prosaerzählung, die nur die nackte Thatsache der Erhebung Philipps zum Patriarchen von Aquileja durch die Förderung König Ottokars meldet, schließt sich dann die weitere Erzählung an: Deshalb (der schlimmen Lebensführung wegen) hätten sie Philipp in seiner hohen Würde keines- wegs geduldet, wenn nicht die Rücksicht auf König Ottokar dem Clerus Schonung auferlegt hätte. Im selben Cap. IV sind ebenso die Verse: Sic rex subjectas terras regit etc. keineswegs bloße Wiederholung oder leere Reflexion.1) Und ein gleiches gilt, wenn man allein auf Otto Rücksicht uimmt, von den Versen in Cap. 5, 6, 8, 10, 11, 19, 34, 37, 40, 43, 47. 1) Die Verse sind in den Editionen an unrichtiger Stelle eingeschaltet. Dem Sinne nach gebört nämlich der Satz: „Reddit cuilibet, quod suum erat red- dere, repulso furore causas discutiendo cognovit“ vor die Verse, da mit
8 — Hier ist manche richtige Beobachtung in zu großer Allgemeinheit gegeben, anderes erscheint übersehen, einiges verkaunt, so daß natur- gemäß auch die Schlußfolgerungen dem wirklichen Stande der Dinge nicht entsprechen. Vor Allem läßt sich nachweisen, und dies uicht allein bei Abt Peter, sondern ebenso und verhältnißmäßig öfter bei dem ersten Verfasser Otto, daß die Verse manchmal wirklich inhaltlich neues enthalten, daß sie nicht eine Wiederholung, sondern eine Fortsetzung der Erzählung bedeuten, wenn sie nur an richtiger Stelle in den Text eingefügt sind, was weder in Fontes rer. Austriac. VIII. noch in Emlers Ausgabe jederzeit ge schehen ist. Von solchen Stellen gilt dann natürlich auch nicht, daß man die Verse beliebig ausscheiden und fortlassen könne, ohne den Zusammen hang der Erzählung zu gefährden. So bilden gleich Cap. II die Verse über König Ottokars II. persönliche Art nicht die Wiederholung des im vorhergehenden Prosatexte Gesagten, sondern die Ergänzung zur Keunzeichnung seines öffentlichen Waltens; in einer ganzen Reihe neuer Züge — er war leutselig, standhaft, beredt, klug, verschwiegen, heiter, schonungsvoll, wahrhaft religiös — wird uns des Königs Art in den Versen geschildert. Die Prosa-Erzählung enthält davon nichts. Erst im Cap. III wird noch besonders von Ottokars kirchlicher Gesinnung und Freigebigkeit gegen Mönche und Stifter, namentlich das Kloster Golden kron berichtet. In Cap. IV stellen die Verse über den erwählten Erz- bischof Philipp von Salzburg, dann Elekten von Aquileja, wieder direct die Weiterführung des Textes dar, indem sie über die anstößige Art und Lebensführung Philipps Meldung thun. An sie, die Verse, nicht an die Prosaerzählung, die nur die nackte Thatsache der Erhebung Philipps zum Patriarchen von Aquileja durch die Förderung König Ottokars meldet, schließt sich dann die weitere Erzählung an: Deshalb (der schlimmen Lebensführung wegen) hätten sie Philipp in seiner hohen Würde keines- wegs geduldet, wenn nicht die Rücksicht auf König Ottokar dem Clerus Schonung auferlegt hätte. Im selben Cap. IV sind ebenso die Verse: Sic rex subjectas terras regit etc. keineswegs bloße Wiederholung oder leere Reflexion.1) Und ein gleiches gilt, wenn man allein auf Otto Rücksicht uimmt, von den Versen in Cap. 5, 6, 8, 10, 11, 19, 34, 37, 40, 43, 47. 1) Die Verse sind in den Editionen an unrichtiger Stelle eingeschaltet. Dem Sinne nach gebört nämlich der Satz: „Reddit cuilibet, quod suum erat red- dere, repulso furore causas discutiendo cognovit“ vor die Verse, da mit
Strana 9
9 Es genügt aber auch uicht, die Verse als lyrische Ergüsse, sei es Ottos, sei es Peters, darzustellen und zu sagen, daß sie die Handlungen, die er- zählt werden, mit Lob und Tadel begleiten, obwohl beides hinlänglich häufig der Fall ist. Vielmehr verfolgen die Verse wesentlich den Zweck, nicht so sehr die subjective Stimmung des Verfassers und seinen Beifall oder seine Ablehnung auszudrücken, als durch weitere Ausführung und Beleuchtung, durch drastischere Fassung des Erzählten und Beibringung neuer Züge zur Charakteristik der Personen und Situationen auf den Leser einzuwirken, ihn zu belehren und noch öfter zu ermahnen. Es gilt, das Geschichtsbuch zu einem religiösen Erbauungsbuch zu machen, wie es dem Charakter einer derartigen Lebensbeschreibung und dem Wesen und der Lebensstellnng ihrer beiden geistlichen Verfasser so nahe liegt. Darum sagt Otto schon im Cap. I, er halte sich um so mehr verpflichtet, das Leben Wenzels zu beschreiben, je mehr er durch seine Tugenden den gegenwärtig Lebenden ein glänzendes Beispiel wurde und im Leben und im Tode, durch Wort und That zeigte, wie Jedermann den eigenen Lebens- lauf einrichten sollte.1) Dies beweisen die zahlreichen Aussprüche im Predi- gerton, die Belehrungen und Ermahnungen an Jung und Alt, an Hoch und Niedrig, öfter auch direct Gebete. Man vergl. nur Cap. VI: Qui domino credit, nec ab eius laude recedit, Omnia prudenter merito regit atque potenter. ihm der eine Theil der Erzählung schließt. Der nachfolgende Theil über Ottokars Kriegsthaten hat wieder seine besonders ihm zugehörigen Verse am Schluße. Der vierte Vers: Crimen prolatum. Sic se cunctis bene gratum ist verderbt, wie schon der Rhythmus zeigt, und der Satz: Sic se cunctis bene gratum darf nicht zu reddit bezogen werden, da von diesem dem Sinne und der Construction nach das cuilibet, quod suum erat reddere abhängt. Demgemäß hat die ganze Stelle zu lauten: Sic profecto extendit palmites suos usque ad mare et usque ad flumen coepit suas propagines feliciter dilatare. Reddit cuilibet, quod suum erat reddere, repulso furore causas discutiendo cognovit. Nun die Verse dazu: Sic rex subjectas terras ecce regit potenter, Justitia rectas semitas sectando frequenter. Ante suum vultum numquam pertransit inultum Crimen I pro la! tum. Sic| cunctis | bene! gratum. 1) Neque enim dignum arbitror, ut memoria tanti principis sonitu cessante pereat, qui tam vivus quam moriens normam vivendi verbo et opere ceteris praemonstrabat.
9 Es genügt aber auch uicht, die Verse als lyrische Ergüsse, sei es Ottos, sei es Peters, darzustellen und zu sagen, daß sie die Handlungen, die er- zählt werden, mit Lob und Tadel begleiten, obwohl beides hinlänglich häufig der Fall ist. Vielmehr verfolgen die Verse wesentlich den Zweck, nicht so sehr die subjective Stimmung des Verfassers und seinen Beifall oder seine Ablehnung auszudrücken, als durch weitere Ausführung und Beleuchtung, durch drastischere Fassung des Erzählten und Beibringung neuer Züge zur Charakteristik der Personen und Situationen auf den Leser einzuwirken, ihn zu belehren und noch öfter zu ermahnen. Es gilt, das Geschichtsbuch zu einem religiösen Erbauungsbuch zu machen, wie es dem Charakter einer derartigen Lebensbeschreibung und dem Wesen und der Lebensstellnng ihrer beiden geistlichen Verfasser so nahe liegt. Darum sagt Otto schon im Cap. I, er halte sich um so mehr verpflichtet, das Leben Wenzels zu beschreiben, je mehr er durch seine Tugenden den gegenwärtig Lebenden ein glänzendes Beispiel wurde und im Leben und im Tode, durch Wort und That zeigte, wie Jedermann den eigenen Lebens- lauf einrichten sollte.1) Dies beweisen die zahlreichen Aussprüche im Predi- gerton, die Belehrungen und Ermahnungen an Jung und Alt, an Hoch und Niedrig, öfter auch direct Gebete. Man vergl. nur Cap. VI: Qui domino credit, nec ab eius laude recedit, Omnia prudenter merito regit atque potenter. ihm der eine Theil der Erzählung schließt. Der nachfolgende Theil über Ottokars Kriegsthaten hat wieder seine besonders ihm zugehörigen Verse am Schluße. Der vierte Vers: Crimen prolatum. Sic se cunctis bene gratum ist verderbt, wie schon der Rhythmus zeigt, und der Satz: Sic se cunctis bene gratum darf nicht zu reddit bezogen werden, da von diesem dem Sinne und der Construction nach das cuilibet, quod suum erat reddere abhängt. Demgemäß hat die ganze Stelle zu lauten: Sic profecto extendit palmites suos usque ad mare et usque ad flumen coepit suas propagines feliciter dilatare. Reddit cuilibet, quod suum erat reddere, repulso furore causas discutiendo cognovit. Nun die Verse dazu: Sic rex subjectas terras ecce regit potenter, Justitia rectas semitas sectando frequenter. Ante suum vultum numquam pertransit inultum Crimen I pro la! tum. Sic| cunctis | bene! gratum. 1) Neque enim dignum arbitror, ut memoria tanti principis sonitu cessante pereat, qui tam vivus quam moriens normam vivendi verbo et opere ceteris praemonstrabat.
Strana 10
10 Oder Cap. VII: Res non augetur, ubi rector abesse videtur; Saepa cadunt turres, sine praeside destruitur res1) Quaelibet absente dispensatore repente. Oder Cap. X: Sim tibi commissus, deus omnepotens, et abyssus Me pressurarum iuvenem non obruat harum, Me quoque virgo pia redimas a clade Maria etc.2) Dabei wird der angestrebte Zweck mit verschiedenen Mitteln erreicht, so- wie denn Abt Otto eine Reihe vortrefflicher Ermahnungen für junge Fürsten in Versen bringt (Cap. XXVIII), die König Rudolf an seinen Schwiegersohn Wenzel von Böhmen nach dessen Vermählung ge- richtet haben soll. Es lag aber offenbar schon in der Absicht Ottos, Verse solchen Inhalts allen geeigneten Stellen seines Werkes und wenigstens den Capiteln als solchen beizugeben, sowie diese sich ja jederzeit als Ganzes mit abgeschlossenem, durch die Capitelüberschriften gekennzeichnetem In- halte darstellen. Darum schon die Anfügung der Verse mit den Worten: "Sequuntur versus hujus capituli“ oder „versus hujus capituli“ oder einfach versus. Ein gleiches wird noch mehr durch die consequente Durch führung dieses Princips, sowie Inhalt und Einordnung der Verse bezeugt. Aus eben dieser Thatsache ergab sich dann für den Fortsetzer der Ottonischen Capitel, Peter von Zittau, der ja Tendenz und Form des Werkes festhalten wollte, die Nothwendigkeit, damit die Einheitlichkeit der Vita gewahrt bleibe, auch seinerseits der Prosaerzählung Verse ähn- lichen Inhalts wie in den 51 früheren Capiteln beizugeben, was freilich uur allzusehr seiner eigenen Neigung entsprechen mochte. Es stellen sich also die Verse ebensowohl mehrfach als Fortsetzung und Erweiterung der Prosaerzählung und des materiellen Inhalts der Vita, wie anderseits als wesentlichen Bestandtheil jeder solchen Tendenzgeschichts schreibung dar, von der uns eben in der Vita Wenceslai eine Probe vorliegt. Die Verse zu den Capiteln Ottos Peter zuzuschreiben, heißt demnach behaupten, daß er die Capitel in hohem Grade erweitert, umge- arbeitet und in einer Hinsicht, was ihre lehrhafte und religiöse Tendenz betrifft, erst geschaffen habe. Aber ebensowohl Lorenz wie Loserth haben die Ueberzeugung ausgesprochen, daß von einer Umarbeitung der ersten 1) Das Komma nach res bei Loserth ist natürlich falsch, da quaelibet zu res ge hört. Emler interpungirt richtig. 2) Man vergl. das Gebet gleich in den Versen zu Cap. I.
10 Oder Cap. VII: Res non augetur, ubi rector abesse videtur; Saepa cadunt turres, sine praeside destruitur res1) Quaelibet absente dispensatore repente. Oder Cap. X: Sim tibi commissus, deus omnepotens, et abyssus Me pressurarum iuvenem non obruat harum, Me quoque virgo pia redimas a clade Maria etc.2) Dabei wird der angestrebte Zweck mit verschiedenen Mitteln erreicht, so- wie denn Abt Otto eine Reihe vortrefflicher Ermahnungen für junge Fürsten in Versen bringt (Cap. XXVIII), die König Rudolf an seinen Schwiegersohn Wenzel von Böhmen nach dessen Vermählung ge- richtet haben soll. Es lag aber offenbar schon in der Absicht Ottos, Verse solchen Inhalts allen geeigneten Stellen seines Werkes und wenigstens den Capiteln als solchen beizugeben, sowie diese sich ja jederzeit als Ganzes mit abgeschlossenem, durch die Capitelüberschriften gekennzeichnetem In- halte darstellen. Darum schon die Anfügung der Verse mit den Worten: "Sequuntur versus hujus capituli“ oder „versus hujus capituli“ oder einfach versus. Ein gleiches wird noch mehr durch die consequente Durch führung dieses Princips, sowie Inhalt und Einordnung der Verse bezeugt. Aus eben dieser Thatsache ergab sich dann für den Fortsetzer der Ottonischen Capitel, Peter von Zittau, der ja Tendenz und Form des Werkes festhalten wollte, die Nothwendigkeit, damit die Einheitlichkeit der Vita gewahrt bleibe, auch seinerseits der Prosaerzählung Verse ähn- lichen Inhalts wie in den 51 früheren Capiteln beizugeben, was freilich uur allzusehr seiner eigenen Neigung entsprechen mochte. Es stellen sich also die Verse ebensowohl mehrfach als Fortsetzung und Erweiterung der Prosaerzählung und des materiellen Inhalts der Vita, wie anderseits als wesentlichen Bestandtheil jeder solchen Tendenzgeschichts schreibung dar, von der uns eben in der Vita Wenceslai eine Probe vorliegt. Die Verse zu den Capiteln Ottos Peter zuzuschreiben, heißt demnach behaupten, daß er die Capitel in hohem Grade erweitert, umge- arbeitet und in einer Hinsicht, was ihre lehrhafte und religiöse Tendenz betrifft, erst geschaffen habe. Aber ebensowohl Lorenz wie Loserth haben die Ueberzeugung ausgesprochen, daß von einer Umarbeitung der ersten 1) Das Komma nach res bei Loserth ist natürlich falsch, da quaelibet zu res ge hört. Emler interpungirt richtig. 2) Man vergl. das Gebet gleich in den Versen zu Cap. I.
Strana 11
11 — 51 Capitel durch Peter von Zittan uicht wohl die Rede sein könne.1) Schon rein äußerlich müßte ihm übrigens wenn man auf das Ableben Ottos und die Zeit der Vollendung des ganzen ersten Buches Rücksicht nimmt, die Muße dazu gefehlt haben. Endlich sei, was die Frage der Autorschaft der Verse betrifft, uur noch auf ein Moment kurz hingewiesen. Der Thüringer Otto zeigt sich auch in seinen späten Jahren gerade in den Versen zu seinen Capitelu als ein Maun von deutscher Gesinnung. Ihm kommen Verse zu (Cap. IX), worin der Baier und Sachse glücklich gepriesen werden wegen ihrer Sprache (possunt ambo benedici); ihm sind, während doch zwischen Böhmen und Deutschen stete Streitigkeiten vorkommen, die deutschen „Freunde des Friedeus und der Ruhe" (pacis quietis que amici; Cap. XIX). Die Verse Peters dagegen in Cap. LXXI, in denen er vom Abzuge des deutschen Heeres aus Böhmen spricht (1304): Bellum pacificum fuit hoc, nullis inimicum, Namque recedentes etc. . . . . Hi fugiunt, isti furiunt; audacia fiunt Corda Bohemorum, quia fit fuga Teutonicorum ! und noch mehr der nachfolgende Satz: „Vehemens tamen questio pulsat animum in hoc facto, utrum etenim de illo Theutunicorum discessu magis nos Bohemi gaudere an dolere debeamus“ beweisen, daß Peter, obwohl aus dem deutschen Zittau gebürtig und offenbar selbst Deutscher von Geburt, sich um 1315—1316 bereits mit der Gens Bohe- mica eins fühlte. C. Die Composition und die Bestandtheile des 1. Buches der Königsaaler Chronik. 1. Die Vita Wenceslai regis. Der Antheil Abt Ottos. Daß sich die beiden Königsaaler Mönche Otto und Peter in die Autor- schaft der Vita Wenceslai zu theilen haben und die ersten 51 Capitel von Otto, die nachfolgenden Cap. 52 bis 83 incl. von Peter verfaßt sind, darüber kann heute kein Zweifel mehr bestehen.2) Auch die Quellen, die Otto für seine Arbeit verwerthete, sind im wesentlichen bereits nach¬ 1) Daß Peter gleichwohl an den Capiteln seines Vorgängers hie und da änderte und namentlich anch selbst noch einzelne Verspaare beisetzte, erscheint auch mir sicher. So wird ihm die Zugabe zu Cap. XL eignen, und sind wohl auch die Verse zur Gründungsgeschichte von Königsaal (vgl. unten S. 14) von ihm — schon um die Gleichmäßigkeit zu erzielen — hinzugefügt. 2) Loserth, Archiv LI 462.
11 — 51 Capitel durch Peter von Zittan uicht wohl die Rede sein könne.1) Schon rein äußerlich müßte ihm übrigens wenn man auf das Ableben Ottos und die Zeit der Vollendung des ganzen ersten Buches Rücksicht nimmt, die Muße dazu gefehlt haben. Endlich sei, was die Frage der Autorschaft der Verse betrifft, uur noch auf ein Moment kurz hingewiesen. Der Thüringer Otto zeigt sich auch in seinen späten Jahren gerade in den Versen zu seinen Capitelu als ein Maun von deutscher Gesinnung. Ihm kommen Verse zu (Cap. IX), worin der Baier und Sachse glücklich gepriesen werden wegen ihrer Sprache (possunt ambo benedici); ihm sind, während doch zwischen Böhmen und Deutschen stete Streitigkeiten vorkommen, die deutschen „Freunde des Friedeus und der Ruhe" (pacis quietis que amici; Cap. XIX). Die Verse Peters dagegen in Cap. LXXI, in denen er vom Abzuge des deutschen Heeres aus Böhmen spricht (1304): Bellum pacificum fuit hoc, nullis inimicum, Namque recedentes etc. . . . . Hi fugiunt, isti furiunt; audacia fiunt Corda Bohemorum, quia fit fuga Teutonicorum ! und noch mehr der nachfolgende Satz: „Vehemens tamen questio pulsat animum in hoc facto, utrum etenim de illo Theutunicorum discessu magis nos Bohemi gaudere an dolere debeamus“ beweisen, daß Peter, obwohl aus dem deutschen Zittau gebürtig und offenbar selbst Deutscher von Geburt, sich um 1315—1316 bereits mit der Gens Bohe- mica eins fühlte. C. Die Composition und die Bestandtheile des 1. Buches der Königsaaler Chronik. 1. Die Vita Wenceslai regis. Der Antheil Abt Ottos. Daß sich die beiden Königsaaler Mönche Otto und Peter in die Autor- schaft der Vita Wenceslai zu theilen haben und die ersten 51 Capitel von Otto, die nachfolgenden Cap. 52 bis 83 incl. von Peter verfaßt sind, darüber kann heute kein Zweifel mehr bestehen.2) Auch die Quellen, die Otto für seine Arbeit verwerthete, sind im wesentlichen bereits nach¬ 1) Daß Peter gleichwohl an den Capiteln seines Vorgängers hie und da änderte und namentlich anch selbst noch einzelne Verspaare beisetzte, erscheint auch mir sicher. So wird ihm die Zugabe zu Cap. XL eignen, und sind wohl auch die Verse zur Gründungsgeschichte von Königsaal (vgl. unten S. 14) von ihm — schon um die Gleichmäßigkeit zu erzielen — hinzugefügt. 2) Loserth, Archiv LI 462.
Strana 12
12 gewiesen, und auf eine Anzahl Versehen hat neuerlich Emler in den Au- merkungen zu seiner Aufgabe aufmerksam gemacht. Was die Zeit anbelangt, zu der sich Otto mit der Abfassung der Vita beschäftigte, so erscheint der Termin von vornhinein durch das Todes- datum des Königs Wenzels als des Gründers von Königsaal (21. Juni 1305) und das Jahr des Ablebens Ottos selbst (1314) verhältuißmäßig begrenzt.1) Doch wird sich vielleicht als Ottos Arbeitszeit noch ein engerer Zeitraum feststellen lassen. Bekannt ist, daß Otto,2) einer von den zwölf Mönchen, die nach der Gründung des Klosters Königsaal (1292) in dasselbe übersiedelten, bereits im Jahre 1297, uach der freiwilligen Abdankung des ersten Abtes von Königsaal, Konrad, zum Abte dieses Stiftes gewählt wurde, die Abts- würde aber schon nach anderthalb Jahren wieder zurücklegte. Seine Weisheit (vir sapiens) hatte ihm die Stimmen der Brüder bei der Wahl des Abtes zugeführt. Ein Grund für seine Resignation, etwa schwerere körperliche Leiden, wird nicht genannt. Ebendeshalb wird man nicht direct an Krankheit denken dürfen, sowie er thatsächlich ja noch nach 1305 die Abfassung der Vita Wenceslai unternehmen konnte. Näher liegt der Glaube, wenn auch nicht an das Versagen seiner intellectuellen Kräfte, wohl aber vielleicht an seine keusche weltscheue Art3) und an irgend ein anderes Hinderniß, das ihn die vielfältigen und schweren Pflichten des Klostervorstehers nicht anf die Dauer ertragen ließ. Auch die Thatsache, daß Otto noch lange Jahre vor seinem Amts-- vorgänger Konrad, bereits im März 1314, gestorben ist; dann aber auch eine weitere Erwägung ist beachtenswerth. Als Peter von Zittau nach dem Tode Ottos die Fortsetzung des Werkes Ottos übernahm, waren von demselben erst 51 Capitel fertig geworden; um 1316 oder spätestens 13174) ist nicht nur die Vita Wenceslai sondern das ganze erste Buch, insgesammt 130 zum Theil sehr umfängliche und inhaltreiche Capitel, ausgearbeitet. Dazwischen fällt aber auch noch die Abtwahl Peters und 1) Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen, I3 294. 2) Vgl. dazu und zum Folgenden bes. Archiv LI. S. 460—468. 3) Vgl. Otto pudicus in dem von fremder Hand in die Königsaaler Gründungs- geschichte eingeschobenen Abschnitte: Hic devotorum conscribuntur monacho- rum nomina bis „adesse velis duodenus". Lib. I. cap. XL. Font. rer. Boh. IV 51. 4) Vgl. den eingehenden Nachweis bei Loserth, Arch. LI, S. 477 ff., bes. 480; daß die große Mehrzahl der bezüglichen Capitel noch früher fertig war, dar über siehe, im anderen Zusammenhange freilich, noch unten.
12 gewiesen, und auf eine Anzahl Versehen hat neuerlich Emler in den Au- merkungen zu seiner Aufgabe aufmerksam gemacht. Was die Zeit anbelangt, zu der sich Otto mit der Abfassung der Vita beschäftigte, so erscheint der Termin von vornhinein durch das Todes- datum des Königs Wenzels als des Gründers von Königsaal (21. Juni 1305) und das Jahr des Ablebens Ottos selbst (1314) verhältuißmäßig begrenzt.1) Doch wird sich vielleicht als Ottos Arbeitszeit noch ein engerer Zeitraum feststellen lassen. Bekannt ist, daß Otto,2) einer von den zwölf Mönchen, die nach der Gründung des Klosters Königsaal (1292) in dasselbe übersiedelten, bereits im Jahre 1297, uach der freiwilligen Abdankung des ersten Abtes von Königsaal, Konrad, zum Abte dieses Stiftes gewählt wurde, die Abts- würde aber schon nach anderthalb Jahren wieder zurücklegte. Seine Weisheit (vir sapiens) hatte ihm die Stimmen der Brüder bei der Wahl des Abtes zugeführt. Ein Grund für seine Resignation, etwa schwerere körperliche Leiden, wird nicht genannt. Ebendeshalb wird man nicht direct an Krankheit denken dürfen, sowie er thatsächlich ja noch nach 1305 die Abfassung der Vita Wenceslai unternehmen konnte. Näher liegt der Glaube, wenn auch nicht an das Versagen seiner intellectuellen Kräfte, wohl aber vielleicht an seine keusche weltscheue Art3) und an irgend ein anderes Hinderniß, das ihn die vielfältigen und schweren Pflichten des Klostervorstehers nicht anf die Dauer ertragen ließ. Auch die Thatsache, daß Otto noch lange Jahre vor seinem Amts-- vorgänger Konrad, bereits im März 1314, gestorben ist; dann aber auch eine weitere Erwägung ist beachtenswerth. Als Peter von Zittau nach dem Tode Ottos die Fortsetzung des Werkes Ottos übernahm, waren von demselben erst 51 Capitel fertig geworden; um 1316 oder spätestens 13174) ist nicht nur die Vita Wenceslai sondern das ganze erste Buch, insgesammt 130 zum Theil sehr umfängliche und inhaltreiche Capitel, ausgearbeitet. Dazwischen fällt aber auch noch die Abtwahl Peters und 1) Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen, I3 294. 2) Vgl. dazu und zum Folgenden bes. Archiv LI. S. 460—468. 3) Vgl. Otto pudicus in dem von fremder Hand in die Königsaaler Gründungs- geschichte eingeschobenen Abschnitte: Hic devotorum conscribuntur monacho- rum nomina bis „adesse velis duodenus". Lib. I. cap. XL. Font. rer. Boh. IV 51. 4) Vgl. den eingehenden Nachweis bei Loserth, Arch. LI, S. 477 ff., bes. 480; daß die große Mehrzahl der bezüglichen Capitel noch früher fertig war, dar über siehe, im anderen Zusammenhange freilich, noch unten.
Strana 13
13 — der Begiun seiner Herrschast über das Kloster, dessen Besitzverhältnisse seine Mühe und Sorgfalt vollauf in Anspruch nahmen. Wie so Peter trotzdem die erwähnte literarische Leistung zu solcher Zeit und in so kurzer Frist gelingen kounte, davon noch unten. Uns gilt es hier, Ottos Thätigkeit festzustellen. Da ist es gewiß wesentlich, daß Peter in der Widmung an Abt Johann von Waldsassen, die in das Jahr 1316 zu setzen ist,1) sagt: „Es mahut mich jetzt Euer Liebden und sie hat mich auch vordem vielfältig ermahnt, daß ich das Buch über die Gründung des Klosters Königsaal, das mein Vorgänger glückseligen Angedenkens Herr Otto, der zweite Abt, aufänglich begonnen und bis zu jener Stelle, die anhebt: Si piam regis Wenceslai etc. weitergeführt hat, fortzusetzen nicht unterlasse.“ Es handelt sich bei diesem Hinweis auf die Aufforderungen des Abtes nicht un die bei Autoren so oft vorkommende mauchmal wenig plausible Phrase, daß sie uicht aus eigenem, sondern auf fremden Antrieb hin das Werk unter- nommen. Der, von dem als dem Mahner gesprochen wird, ist ja identisch mit dem Empfänger der Widmung; eine Unrichtigkeit oder auch nur Uebertreibung scheint darum hier ausgeschlossen. Erhielt Abt Johann auch sofort mit der Meldung vom Ableben Ottos die weitere Kunde, daß die Vita Wenceslai nicht vollendet sei, an der Otto bisher gearbeitet, so bleibt für das etantea caritas vestra multotiens est hortata im Gegen satze zu dem nunc hortata est ein keineswegs großer Zeitraum (1314 bis 1316) übrig. Bei einem lebhaften literarischen und sonstigen Verkehre zwischen Waldsassen und Königsaal hätten freilich auch sie genügt, um immer ueue Erinnerungen Abt Johanns an Bruder Peter gelangen zu lassen. Aber unter solchen Umständen hätte, da Peter seit 1314 an der Arbeit war, doch auch Abt Johann längst von dieser Beschäftigung Peters, die seinen (Johanns) Wünschen entsprach, wissen müssen. Nach dem Wortlaute der Widmung erscheint solches ausgeschlossen. Auch hatte Peter gewiß keinen Grund, in der Widmung seinem Gegner ein neues Werk anzukündigen und inhaltlich und sonst zu charakterisiren, von dem jener bereits ent sprechende Kunde besaß. Aus all dem liegt die Annahme nahe, daß das „multotiens hortata“ sich bereits auch auf eine frühere Zeit bezog, auf die letzten Jahre Ottos, woraus sich freilich ergeben würde, daß Otto die Vita nach 1305 begonnen und 51 Capitel verfaßt, dann aber, sei es wegen Krankheit oder aus einem anderen Grunde, die Arbeit in der letzten 1) Loserth am angef. Orte 476; daß diese Worte der Widmung „et nunc hortata est“ an die persönliche Anwesenheit des Abtes Johann in Königsaal anknüpfen, erscheint mir weder nothwendig, noch auch nur wahrscheinlich: Peter mochte solches eher auf briefliche Mahnung schreiben.
13 — der Begiun seiner Herrschast über das Kloster, dessen Besitzverhältnisse seine Mühe und Sorgfalt vollauf in Anspruch nahmen. Wie so Peter trotzdem die erwähnte literarische Leistung zu solcher Zeit und in so kurzer Frist gelingen kounte, davon noch unten. Uns gilt es hier, Ottos Thätigkeit festzustellen. Da ist es gewiß wesentlich, daß Peter in der Widmung an Abt Johann von Waldsassen, die in das Jahr 1316 zu setzen ist,1) sagt: „Es mahut mich jetzt Euer Liebden und sie hat mich auch vordem vielfältig ermahnt, daß ich das Buch über die Gründung des Klosters Königsaal, das mein Vorgänger glückseligen Angedenkens Herr Otto, der zweite Abt, aufänglich begonnen und bis zu jener Stelle, die anhebt: Si piam regis Wenceslai etc. weitergeführt hat, fortzusetzen nicht unterlasse.“ Es handelt sich bei diesem Hinweis auf die Aufforderungen des Abtes nicht un die bei Autoren so oft vorkommende mauchmal wenig plausible Phrase, daß sie uicht aus eigenem, sondern auf fremden Antrieb hin das Werk unter- nommen. Der, von dem als dem Mahner gesprochen wird, ist ja identisch mit dem Empfänger der Widmung; eine Unrichtigkeit oder auch nur Uebertreibung scheint darum hier ausgeschlossen. Erhielt Abt Johann auch sofort mit der Meldung vom Ableben Ottos die weitere Kunde, daß die Vita Wenceslai nicht vollendet sei, an der Otto bisher gearbeitet, so bleibt für das etantea caritas vestra multotiens est hortata im Gegen satze zu dem nunc hortata est ein keineswegs großer Zeitraum (1314 bis 1316) übrig. Bei einem lebhaften literarischen und sonstigen Verkehre zwischen Waldsassen und Königsaal hätten freilich auch sie genügt, um immer ueue Erinnerungen Abt Johanns an Bruder Peter gelangen zu lassen. Aber unter solchen Umständen hätte, da Peter seit 1314 an der Arbeit war, doch auch Abt Johann längst von dieser Beschäftigung Peters, die seinen (Johanns) Wünschen entsprach, wissen müssen. Nach dem Wortlaute der Widmung erscheint solches ausgeschlossen. Auch hatte Peter gewiß keinen Grund, in der Widmung seinem Gegner ein neues Werk anzukündigen und inhaltlich und sonst zu charakterisiren, von dem jener bereits ent sprechende Kunde besaß. Aus all dem liegt die Annahme nahe, daß das „multotiens hortata“ sich bereits auch auf eine frühere Zeit bezog, auf die letzten Jahre Ottos, woraus sich freilich ergeben würde, daß Otto die Vita nach 1305 begonnen und 51 Capitel verfaßt, dann aber, sei es wegen Krankheit oder aus einem anderen Grunde, die Arbeit in der letzten 1) Loserth am angef. Orte 476; daß diese Worte der Widmung „et nunc hortata est“ an die persönliche Anwesenheit des Abtes Johann in Königsaal anknüpfen, erscheint mir weder nothwendig, noch auch nur wahrscheinlich: Peter mochte solches eher auf briefliche Mahnung schreiben.
Strana 14
14 Zeit seines Lebens liegen gelassen habe. Die vielfachen Mahnungen des Abtes Johann an Peter von Zittan, seinerseits die Vita fortzusetzen, blieben erst vergebens, da man wohl Otto nicht die Fortsetzung der Vita aus der Hand nehmen wollte. Erst nach Ottos Ableben entsprach Peter dem Wunsche Abt Johanns und vermochte nun auf eine neuerliche Mahnung desselben bald auch das erste Buch vorzulegen. Ottos schrift- stellerische Bethätigung an der Vita fiele demnach etwa in die ersten Jahre nach 1305. Es braucht wohl kaum angemerkt zu werden, daß für diese Annahme mehr als ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit nicht behauptet werden kann und soll. Was den Inhalt und die Composition dieser ersten 51 Capitel be- trifft, so läßt sich aus der Geschichte Wenzels und seiner Eltern uur die Darstellung der Gründung des Klosters Königsaal als ein besonderes Ganze herausheben. Diese Gründungsgeschichte erscheint in den Capiteln XXXVI—XLII, denen XXIX mit verwandtem Inhalt vorangeht und XLIV nachfolgt, enthalten. Die zusammenhängende Gründungsgeschichte beginut in Cap. XXXVI mit: Anno incarnationis 1291 — ipse erat annus aetatis domini Wenceslai vicesimus secundus — (Loserth Font. r. A. VIII 102) und endet (ebt. 114) mit Cap. XLII: Acta sunt haec anno domini 1292 — ipse est annus aetatis domini Wenceslai vice- simus secundus — in dominica, qua „Mesericordia domini“ in ecclesia decantatur (20. April).“ Schon daraus, noch mehr aber aus dem reichen Detail, den genauen Daten, der Anschaulichkeit und Lebendigkeit der Dar- stellung in diesen Capiteln erhellt, daß man es hier nicht uur mit den Berich- ten eines Zeitgenossen, der ja auch Otto war, sondern mit ins Einzelne gehenden und der Gründung Königsaals nahezu gleichzeitigen schriftlichen Aufzeichnungen zu thun hat, die Otto nach etwa anderthalb Jahrzehnten in seine Vita Wenceslai mehr oder weniger wörtlich und umfänglich um so lieber aufnehmen mochte, als er ja bei Vielem des Berichteten selbst Augenzeuge gewesen war. Diese Gründungsgeschichte hatte offenbar ursprünglich keine Verse; so erklärt es sich, daß sich in den angeführten Capiteln solche uur sehr spärlich finden (wenn man von der bereits berührten späteren Zuthat zu Cap. XL absieht) 1) und sich auch diese wenigen leicht als späte und rein äußerliche Beifügung erkennen lassen, die auf Abt Peters Rechnung zu setzen ist. 2. Die Vita Wenceslai. Der Antheil Abt Peters (Cap. LII—LXXXIII). Ueber den Antheil Peters an der Abfassung der Vita 1) S. dazu die Worte Loserth's in der Einleitung zu seiner Ausgabe in Fontes rer. Austriac. VIII 10, Anm. 2.
14 Zeit seines Lebens liegen gelassen habe. Die vielfachen Mahnungen des Abtes Johann an Peter von Zittan, seinerseits die Vita fortzusetzen, blieben erst vergebens, da man wohl Otto nicht die Fortsetzung der Vita aus der Hand nehmen wollte. Erst nach Ottos Ableben entsprach Peter dem Wunsche Abt Johanns und vermochte nun auf eine neuerliche Mahnung desselben bald auch das erste Buch vorzulegen. Ottos schrift- stellerische Bethätigung an der Vita fiele demnach etwa in die ersten Jahre nach 1305. Es braucht wohl kaum angemerkt zu werden, daß für diese Annahme mehr als ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit nicht behauptet werden kann und soll. Was den Inhalt und die Composition dieser ersten 51 Capitel be- trifft, so läßt sich aus der Geschichte Wenzels und seiner Eltern uur die Darstellung der Gründung des Klosters Königsaal als ein besonderes Ganze herausheben. Diese Gründungsgeschichte erscheint in den Capiteln XXXVI—XLII, denen XXIX mit verwandtem Inhalt vorangeht und XLIV nachfolgt, enthalten. Die zusammenhängende Gründungsgeschichte beginut in Cap. XXXVI mit: Anno incarnationis 1291 — ipse erat annus aetatis domini Wenceslai vicesimus secundus — (Loserth Font. r. A. VIII 102) und endet (ebt. 114) mit Cap. XLII: Acta sunt haec anno domini 1292 — ipse est annus aetatis domini Wenceslai vice- simus secundus — in dominica, qua „Mesericordia domini“ in ecclesia decantatur (20. April).“ Schon daraus, noch mehr aber aus dem reichen Detail, den genauen Daten, der Anschaulichkeit und Lebendigkeit der Dar- stellung in diesen Capiteln erhellt, daß man es hier nicht uur mit den Berich- ten eines Zeitgenossen, der ja auch Otto war, sondern mit ins Einzelne gehenden und der Gründung Königsaals nahezu gleichzeitigen schriftlichen Aufzeichnungen zu thun hat, die Otto nach etwa anderthalb Jahrzehnten in seine Vita Wenceslai mehr oder weniger wörtlich und umfänglich um so lieber aufnehmen mochte, als er ja bei Vielem des Berichteten selbst Augenzeuge gewesen war. Diese Gründungsgeschichte hatte offenbar ursprünglich keine Verse; so erklärt es sich, daß sich in den angeführten Capiteln solche uur sehr spärlich finden (wenn man von der bereits berührten späteren Zuthat zu Cap. XL absieht) 1) und sich auch diese wenigen leicht als späte und rein äußerliche Beifügung erkennen lassen, die auf Abt Peters Rechnung zu setzen ist. 2. Die Vita Wenceslai. Der Antheil Abt Peters (Cap. LII—LXXXIII). Ueber den Antheil Peters an der Abfassung der Vita 1) S. dazu die Worte Loserth's in der Einleitung zu seiner Ausgabe in Fontes rer. Austriac. VIII 10, Anm. 2.
Strana 15
15 Wenceslai liegt uns seine eigene Aussage in der Widmung des ersten Buches vor.1) Eine Handschrift ans dem XV. Jahrhundert bezeichnet auch genau die Stelle, an der seine Feder ansetzte: Incipit secunda pars per dominum Petrum conscripta, heißt es da noch Cap. LI. Diese Worte können leicht von Peter selbst niedergeschrieben sein; sie entsprechen seiner Schreibweise und der Gepflogenheit, sein geistiges Eigen zu keun- zeichnen. Daß Peter die Vollendung der Vita erst uach dem Tode des Otto unternahm, erhellt vor Allent aus dem Jnhalte dieses zweiten Theiles der Lebensbeschreibung selbst. Schon im Cap. LIV, also dem dritten der von Peter verfaßten, findet sich Satz: Iste papa Coelestinus est per dominum Clementem papam quintum anno domini 1313 canonizatus et sanctorum katalogo annotatus;“2) er fann uicht vor dieser Zeit niedergeschrieben sein, ja verräth, daß er kaum vor 1314 entstanden ist. Im selben Capitel ist die Erhebung Herzog Albrechts von Oesterreich gegen König Adolf in das Jahr 1296 gestellt und auch schon der Er- mordung Albrechts durch seinen Neffen Johann (Parricida) gedacht. Ein gleiches geschieht in Cap. LVI, das in der Erzählung über die un- bezähmbare Herrschaft der Agnes, Schwester König Wenzels und Mutter Johann Parricidas, zugleich einen interessanten Beitrag liefert, um die Frevelthat Johanus vom 1. Mai 1308 zu verstehen und zu deuten. Aus all dem und anderen erhellt, daß die Capitel thatsächlich ziemlich lange nach den erzählten Ereignissen abgefaßt sind. Wie über Peters Lebensgang, 3) Bildung und Begabung, 4) so hat auch über seinen Antheil an der Vita Wenceslai bisher Loserth das Beste beigebracht, so viel und so wenig es eben sein mag. Emler hat dem, wie oben bemerkt, noch einiges weitere beigefügt. Mit Recht ist namentlich hervorgehoben worden, daß die Vita auch in diesem Abschuitte ihren legendaren Charakter beibehalte, wenn auch der Blick Peters weiter reicht, der Kreis der Dinge, den er in seine Betrachtungen einbezieht, ein umfänglicherer ist. Anderseits kann nicht zugegeben werden, daß Otto Alles hinweggelassen hat, „was uicht unmittelbar Bezug auf sein Ziel hatte (Arch. LI, S. 465). Es genügt da anf Cap. V: Quo modo propter sterilitatis opprobrium inter regem (Ottocarum) et reginam fuerit celebratum divortium, auf Cap. XXXI (Tödtung des Zbyslaus, der König spielt im Capitel keine weitere Rolle) hinzuweisen. 1) Vgl. die Stelle oben Seite 13. 2) Loserth, Font. rer. Aust. VIII 134. Vgl. Emler, Einleitung XI. 3) Archiv f. österr. Gesch. LI 469 ff. 4) Ebendort 485 ff.
15 Wenceslai liegt uns seine eigene Aussage in der Widmung des ersten Buches vor.1) Eine Handschrift ans dem XV. Jahrhundert bezeichnet auch genau die Stelle, an der seine Feder ansetzte: Incipit secunda pars per dominum Petrum conscripta, heißt es da noch Cap. LI. Diese Worte können leicht von Peter selbst niedergeschrieben sein; sie entsprechen seiner Schreibweise und der Gepflogenheit, sein geistiges Eigen zu keun- zeichnen. Daß Peter die Vollendung der Vita erst uach dem Tode des Otto unternahm, erhellt vor Allent aus dem Jnhalte dieses zweiten Theiles der Lebensbeschreibung selbst. Schon im Cap. LIV, also dem dritten der von Peter verfaßten, findet sich Satz: Iste papa Coelestinus est per dominum Clementem papam quintum anno domini 1313 canonizatus et sanctorum katalogo annotatus;“2) er fann uicht vor dieser Zeit niedergeschrieben sein, ja verräth, daß er kaum vor 1314 entstanden ist. Im selben Capitel ist die Erhebung Herzog Albrechts von Oesterreich gegen König Adolf in das Jahr 1296 gestellt und auch schon der Er- mordung Albrechts durch seinen Neffen Johann (Parricida) gedacht. Ein gleiches geschieht in Cap. LVI, das in der Erzählung über die un- bezähmbare Herrschaft der Agnes, Schwester König Wenzels und Mutter Johann Parricidas, zugleich einen interessanten Beitrag liefert, um die Frevelthat Johanus vom 1. Mai 1308 zu verstehen und zu deuten. Aus all dem und anderen erhellt, daß die Capitel thatsächlich ziemlich lange nach den erzählten Ereignissen abgefaßt sind. Wie über Peters Lebensgang, 3) Bildung und Begabung, 4) so hat auch über seinen Antheil an der Vita Wenceslai bisher Loserth das Beste beigebracht, so viel und so wenig es eben sein mag. Emler hat dem, wie oben bemerkt, noch einiges weitere beigefügt. Mit Recht ist namentlich hervorgehoben worden, daß die Vita auch in diesem Abschuitte ihren legendaren Charakter beibehalte, wenn auch der Blick Peters weiter reicht, der Kreis der Dinge, den er in seine Betrachtungen einbezieht, ein umfänglicherer ist. Anderseits kann nicht zugegeben werden, daß Otto Alles hinweggelassen hat, „was uicht unmittelbar Bezug auf sein Ziel hatte (Arch. LI, S. 465). Es genügt da anf Cap. V: Quo modo propter sterilitatis opprobrium inter regem (Ottocarum) et reginam fuerit celebratum divortium, auf Cap. XXXI (Tödtung des Zbyslaus, der König spielt im Capitel keine weitere Rolle) hinzuweisen. 1) Vgl. die Stelle oben Seite 13. 2) Loserth, Font. rer. Aust. VIII 134. Vgl. Emler, Einleitung XI. 3) Archiv f. österr. Gesch. LI 469 ff. 4) Ebendort 485 ff.
Strana 16
16 Indem aber Peter in bekannter Weise und nach naheliegenden Quellen eilfertig, wie er selbst sagt, die Lebensbeschreibung des Gründers von Königsaal niederschrieb, 1) wobei er feineswegs ängstlich sich auf das Näherliegende beschränkte, vermochte er wenigstens für ein wichtigeres Vorkommniß auf umfassendere schriftliche Notizen oder vielleicht gar auf ein vollständiges Opus sich zu stützen, für die Feierlichkeiten bei der Königskrönuug Wenzels II. zu Pfingsten 1297. Die Darstellung beginnt mit Cap. LXI, dessen Ueberschrift: „De solemnitate coronationis Wenceslai regis Bohemiae“ zugleich den Inhalt der nachfolgenden Capitel LXII und LXIII mitumfaßt, wenn diese auch daneben noch ihre besonderen Ueberschriften: „De die festivitatis et consecrationis dom. W. r. B.“, „De pretioso apparatu ad coronationem regiam adaptato et de multo populo tunc ibidem congregato“, führen. Sie scheiden sich wie inhaltlich, so anch formell von dem Vorhergehenden und Nachfolgenden auch sonst scharf genug. Mit den Versen: Heroicum schema, quod magnificumque poema Cudere nunc posset mea mens et scribere nosset, De magnis factis his temporibus nuper actis, Quando corcnatus rex est sceptro decoratus, kündigt sich die Beschreibung der Krönungsfeier zu Begiun des Cap. LXI an, und mit den Zeilen Sed nolo dicere plura Sufficit haec scire, quod vidi quemque redire De tanto festo laetum, non corde molesto. Oremus Christum, quod regem protegat istum, Det sibi solamen, homo dicat quilibet „amen“, schließt zugleich mit dem Capitel LXIII auch die Festschrift. Daß sic oder besser ihre Vorlage bald nach den Festtagen (his temporibus nuper actis) geschrieben wurde, wenigstens vor 1305, Juni, zur Zeit, als König Wenzel von Böhmen noch lebte, da Christus ihu beschüzen möge (quod regem protegat istum), erhellt schon aus den angeführten Steslen. Daß die ursprüngliche Vorlage von Peter selbst stammt, ist kaum fraglich. Ihr Verfasser war Angenzeuge des Festes. „Sufficit, quod 1) Optabam quippe valde, ut ipsius valerem virtutes aliquantulum descri- bere. Sed in describendo me fateor defecisse, licet me enim instigante affectu attemptaverim multa utcumque dicere, tamen ex mea tam sermonis quam cogitationis imperitia me confiteor plurima praeterisse. Non sufficit enim lingua mea nec calamus scribere velociter scriben- tis laudando depingere dignissimum omni laude. Cap. LXXXIII.
16 Indem aber Peter in bekannter Weise und nach naheliegenden Quellen eilfertig, wie er selbst sagt, die Lebensbeschreibung des Gründers von Königsaal niederschrieb, 1) wobei er feineswegs ängstlich sich auf das Näherliegende beschränkte, vermochte er wenigstens für ein wichtigeres Vorkommniß auf umfassendere schriftliche Notizen oder vielleicht gar auf ein vollständiges Opus sich zu stützen, für die Feierlichkeiten bei der Königskrönuug Wenzels II. zu Pfingsten 1297. Die Darstellung beginnt mit Cap. LXI, dessen Ueberschrift: „De solemnitate coronationis Wenceslai regis Bohemiae“ zugleich den Inhalt der nachfolgenden Capitel LXII und LXIII mitumfaßt, wenn diese auch daneben noch ihre besonderen Ueberschriften: „De die festivitatis et consecrationis dom. W. r. B.“, „De pretioso apparatu ad coronationem regiam adaptato et de multo populo tunc ibidem congregato“, führen. Sie scheiden sich wie inhaltlich, so anch formell von dem Vorhergehenden und Nachfolgenden auch sonst scharf genug. Mit den Versen: Heroicum schema, quod magnificumque poema Cudere nunc posset mea mens et scribere nosset, De magnis factis his temporibus nuper actis, Quando corcnatus rex est sceptro decoratus, kündigt sich die Beschreibung der Krönungsfeier zu Begiun des Cap. LXI an, und mit den Zeilen Sed nolo dicere plura Sufficit haec scire, quod vidi quemque redire De tanto festo laetum, non corde molesto. Oremus Christum, quod regem protegat istum, Det sibi solamen, homo dicat quilibet „amen“, schließt zugleich mit dem Capitel LXIII auch die Festschrift. Daß sic oder besser ihre Vorlage bald nach den Festtagen (his temporibus nuper actis) geschrieben wurde, wenigstens vor 1305, Juni, zur Zeit, als König Wenzel von Böhmen noch lebte, da Christus ihu beschüzen möge (quod regem protegat istum), erhellt schon aus den angeführten Steslen. Daß die ursprüngliche Vorlage von Peter selbst stammt, ist kaum fraglich. Ihr Verfasser war Angenzeuge des Festes. „Sufficit, quod 1) Optabam quippe valde, ut ipsius valerem virtutes aliquantulum descri- bere. Sed in describendo me fateor defecisse, licet me enim instigante affectu attemptaverim multa utcumque dicere, tamen ex mea tam sermonis quam cogitationis imperitia me confiteor plurima praeterisse. Non sufficit enim lingua mea nec calamus scribere velociter scriben- tis laudando depingere dignissimum omni laude. Cap. LXXXIII.
Strana 17
17 vidi quemque redire de tanto festo laetum.“ Man hielt bis- her aus gewissen Gründen 1) daran fest, daß Peter damals uicht in Prag war. Auch beruft er sich thatsächlich, freilich für besondere Mittheilungen (Cap. LXIII), anf den Priester Leuthold von Wilhelmswerd (Wildenschwert) in Ostböhmen, damals königlichen Futterschreiber. Immerhin vermag die Meinung, Peter sei nicht bei dem Feste 1293 anwesend gewesen, uur fest- zuhalten, wer da glaubt, daß er die Worte: "vidi quemque redire" in seiner Vorlage fand und gedankenlos aus derselben in sein Werk herüber- nahm, obwohl sie so der Sachlage nicht entsprachen. Das ist doch kaum auzunehmen. Jedenfalls hat Peter ungleich mehr, als Otto in seiner Geschichte der Gründung Königsaals, der Darstellung des Krönungsfestes, obwohl er den Stoff vielleicht wesentlich bereit fand, in Prosa und Vers den Stenpel seines Geistes aufgeprägt, auch ersichtlich die ursprünglichen materiellen Angaben (durch die Mittheilungen Leutholds und vielleicht anch Anderer) erweitert. 3. Die weiteren Bestandtheile des 1. Buches. Capitel LXXXIV bis CXXX. Die Apologie der Königin Elisabeth. Was Peter von Zittau im 1. Buche der Königsaaler Chronik uach der Vita Wen- ceslai und in den folgenden zwei Büchern bringt, hat Loserth als Peters Memoiren bezeichnet,2) „die als solche strenge genommen von 1305 bis 1337 reichen und den dritten Theil der K. G. bilden“. Das ist uur für einzelne Partien annähernd richtig. Nach den Ueberschriften, mit denen Peter selbst einzelne Theile des 1. Buches als für sich bestehend charakteri- sirte, will Loserth dasselbe nebst der Vita Wenceslai in vier größere Capitel theilen: 1. In die Vita Wenceslai tertii;3) 2. in die Periode der Könige Rudolf von Oesterreich und Heinrich von Kärnten, die Zeit des Thronstreites in Böhmen; 3. in die erste Zeit 4) der luxenburgischen Herrschaft, und 4. in den Tractat, der die Regierung Heinrichs VII. behandelt und in den voransgegangenen Theil eingeschoben ist. 5) „Im zweiten und dritten Buche“, sagt Loserth, „tritt der memoirenartige Cha- rakter seiner (Peters) Anfzeichnungen weniger dentlich hervor". „Die 6) Aufzeichnungen sind für diese letzten Theile mehr annalistisch gehalten.“ 1) Vgl. dazu Loserth im Archiv f. österr. Gesch. LI 470—471 und Emler in der Einleitung VIII. 2) Archiv f. österr. Gesch. LI 481. Vgl. Einleitung zu Font. rer. Aust. VIII 8. 3) Incipit descriptio vitae domini Wenceslai iuvenis, Bohemiae et Ungariae regis. 4) Incipit tractatus chronographus de domino Johanne xc. 5) Incipit tractatus breviloquus de serenissimo domino imperatore. 6) Font. r. Austriac. 1. Abth. VIII 8.
17 vidi quemque redire de tanto festo laetum.“ Man hielt bis- her aus gewissen Gründen 1) daran fest, daß Peter damals uicht in Prag war. Auch beruft er sich thatsächlich, freilich für besondere Mittheilungen (Cap. LXIII), anf den Priester Leuthold von Wilhelmswerd (Wildenschwert) in Ostböhmen, damals königlichen Futterschreiber. Immerhin vermag die Meinung, Peter sei nicht bei dem Feste 1293 anwesend gewesen, uur fest- zuhalten, wer da glaubt, daß er die Worte: "vidi quemque redire" in seiner Vorlage fand und gedankenlos aus derselben in sein Werk herüber- nahm, obwohl sie so der Sachlage nicht entsprachen. Das ist doch kaum auzunehmen. Jedenfalls hat Peter ungleich mehr, als Otto in seiner Geschichte der Gründung Königsaals, der Darstellung des Krönungsfestes, obwohl er den Stoff vielleicht wesentlich bereit fand, in Prosa und Vers den Stenpel seines Geistes aufgeprägt, auch ersichtlich die ursprünglichen materiellen Angaben (durch die Mittheilungen Leutholds und vielleicht anch Anderer) erweitert. 3. Die weiteren Bestandtheile des 1. Buches. Capitel LXXXIV bis CXXX. Die Apologie der Königin Elisabeth. Was Peter von Zittau im 1. Buche der Königsaaler Chronik uach der Vita Wen- ceslai und in den folgenden zwei Büchern bringt, hat Loserth als Peters Memoiren bezeichnet,2) „die als solche strenge genommen von 1305 bis 1337 reichen und den dritten Theil der K. G. bilden“. Das ist uur für einzelne Partien annähernd richtig. Nach den Ueberschriften, mit denen Peter selbst einzelne Theile des 1. Buches als für sich bestehend charakteri- sirte, will Loserth dasselbe nebst der Vita Wenceslai in vier größere Capitel theilen: 1. In die Vita Wenceslai tertii;3) 2. in die Periode der Könige Rudolf von Oesterreich und Heinrich von Kärnten, die Zeit des Thronstreites in Böhmen; 3. in die erste Zeit 4) der luxenburgischen Herrschaft, und 4. in den Tractat, der die Regierung Heinrichs VII. behandelt und in den voransgegangenen Theil eingeschoben ist. 5) „Im zweiten und dritten Buche“, sagt Loserth, „tritt der memoirenartige Cha- rakter seiner (Peters) Anfzeichnungen weniger dentlich hervor". „Die 6) Aufzeichnungen sind für diese letzten Theile mehr annalistisch gehalten.“ 1) Vgl. dazu Loserth im Archiv f. österr. Gesch. LI 470—471 und Emler in der Einleitung VIII. 2) Archiv f. österr. Gesch. LI 481. Vgl. Einleitung zu Font. rer. Aust. VIII 8. 3) Incipit descriptio vitae domini Wenceslai iuvenis, Bohemiae et Ungariae regis. 4) Incipit tractatus chronographus de domino Johanne xc. 5) Incipit tractatus breviloquus de serenissimo domino imperatore. 6) Font. r. Austriac. 1. Abth. VIII 8.
Strana 18
18 Jnwiefern diese Scheidung zulässig ist und ausreicht, dürfte aus dem Nachfolgenden erhellen. Vor Allem ist zu berichtigen, daß die sub 2 und 3 gekennzeichneten Abschnitte den von Loserth angegebenen Inhalt nicht derart enthalten. Was Loserth 2 betrifft, so enthalten die Cap. LXXXV, LXXXVI und LXXXVII neben der Darstellung des Königthuns Rudolfs, nicht die Periode Heinrichs von Kärnten, die Zeit des Thronstreites in Böhmen, sondern nur die Beschreibung der Erhebung Heinrichs 1307 (Cap. LXXXVI) und des Conflictes zwischen dem böhmischen Adel und den deutschen Bürgerschaften, voran Prags und Kuttenbergs (1309). Dagegen findet sich die Regierung Heinrichs und namentlich Alles, was sich auf den Thronstreit, auf die Erhebung des größeren Theiles des Landes gegen ihn und seinen Kampf gegen dieselbe, dann anf die Einmischung des deutschen Königs Heinrich (von Luxemburg) und Heinrichs Vertreibung aus Böhmen durch den deutschen Königssohn Johann bezieht, in den Capit. enthalten, die Loserth wiederum irrig als die erste Zeit der luxem- burgischen Herrschast bezeichnet (Cap. LXXXVIII — Cap. CIX, Los. Fontes rer. Aust. p. 223 bis 319: Rex hinc Pragam revertitur ibique morabatur.) Dieser umfangreiche Abschnitt, ein sehr wesentlicher Theil des 1. Buches, ist formell und materiell von nicht geringer Bedeutung für den Charakter und die Entstehung des ganzen Buches. Schon die Ueberschrift macht aufmerksam, daß es sich nicht eigentlich um König Johann handelt, deun sie lautet weiter: „ubi primo videndae sunt causae, propter quas vocatus fuerit (Johannes) ad regnum Bohemiae et domicellae Elisabeth matri- monialiter copulatus anno domini 1309“. Die Ursachen der Erhebung Johanns und seiner Verheiratung mit der Prinzessin Elisabeth will also der Verfasser in erster Reihe darstellen. Beachtet man, in welcher Weise dieser Zweck verfolgt wird, so treten uns einige wenige leitende Grundgedanken mit ganz bestimmter Tendenz in dem ganzen Complexe dieser Capitel entgegen: Die Regierung Heinrichs von Kärnten erweist sich als unglücklich für Böhmen, so daß Friede und Wohlfahrt im Innern nicht gedeihen und sein Ansehen nach Außen verloren geht. 1) Da erhebt sich zuerst eine „rettende Hand, 1) Cap. LXXXVIII. Cum .. regnum Bohemie, quod ante ipsius adventum pace et divitiis fuerat opulentum, crebescentibus undique malis devastans pateretur disturbium, ut tum quasi jam finale sui ipsius honoris extermi- nium minaretur ...
18 Jnwiefern diese Scheidung zulässig ist und ausreicht, dürfte aus dem Nachfolgenden erhellen. Vor Allem ist zu berichtigen, daß die sub 2 und 3 gekennzeichneten Abschnitte den von Loserth angegebenen Inhalt nicht derart enthalten. Was Loserth 2 betrifft, so enthalten die Cap. LXXXV, LXXXVI und LXXXVII neben der Darstellung des Königthuns Rudolfs, nicht die Periode Heinrichs von Kärnten, die Zeit des Thronstreites in Böhmen, sondern nur die Beschreibung der Erhebung Heinrichs 1307 (Cap. LXXXVI) und des Conflictes zwischen dem böhmischen Adel und den deutschen Bürgerschaften, voran Prags und Kuttenbergs (1309). Dagegen findet sich die Regierung Heinrichs und namentlich Alles, was sich auf den Thronstreit, auf die Erhebung des größeren Theiles des Landes gegen ihn und seinen Kampf gegen dieselbe, dann anf die Einmischung des deutschen Königs Heinrich (von Luxemburg) und Heinrichs Vertreibung aus Böhmen durch den deutschen Königssohn Johann bezieht, in den Capit. enthalten, die Loserth wiederum irrig als die erste Zeit der luxem- burgischen Herrschast bezeichnet (Cap. LXXXVIII — Cap. CIX, Los. Fontes rer. Aust. p. 223 bis 319: Rex hinc Pragam revertitur ibique morabatur.) Dieser umfangreiche Abschnitt, ein sehr wesentlicher Theil des 1. Buches, ist formell und materiell von nicht geringer Bedeutung für den Charakter und die Entstehung des ganzen Buches. Schon die Ueberschrift macht aufmerksam, daß es sich nicht eigentlich um König Johann handelt, deun sie lautet weiter: „ubi primo videndae sunt causae, propter quas vocatus fuerit (Johannes) ad regnum Bohemiae et domicellae Elisabeth matri- monialiter copulatus anno domini 1309“. Die Ursachen der Erhebung Johanns und seiner Verheiratung mit der Prinzessin Elisabeth will also der Verfasser in erster Reihe darstellen. Beachtet man, in welcher Weise dieser Zweck verfolgt wird, so treten uns einige wenige leitende Grundgedanken mit ganz bestimmter Tendenz in dem ganzen Complexe dieser Capitel entgegen: Die Regierung Heinrichs von Kärnten erweist sich als unglücklich für Böhmen, so daß Friede und Wohlfahrt im Innern nicht gedeihen und sein Ansehen nach Außen verloren geht. 1) Da erhebt sich zuerst eine „rettende Hand, 1) Cap. LXXXVIII. Cum .. regnum Bohemie, quod ante ipsius adventum pace et divitiis fuerat opulentum, crebescentibus undique malis devastans pateretur disturbium, ut tum quasi jam finale sui ipsius honoris extermi- nium minaretur ...
Strana 19
19 — welche die Parteien zusammenfaßt und das Getrenute einigt zur Beseiti- gung dieser Gefahren,“ eine Jungfrau zwar, zart an Jahren, aber von klugem Sinn und gestähltem Charakter, Elisabeth, Tochter Wenzels II. von Böhmen, des Gründers von Königsaal. Das Unglück des väterlichen Reiches, ihres Erbes, ging ihr zu Herzen. 1) Und doch hätte sie so gern sich zu ihrer älteren Schwester Anna und deren Gemahl (König) Heinrich (v. Kärnten) gehalten, 2) wie es ja fest steht, daß sie dessen Erhebung in Böhmen begünstigte und sich darüber aufrichtig freute (Cap. LXXXVI). Da riß sie einst, als sie in der Domkirche zu Prag die Messe hörte, die Begrüßung des Abtes Conrad von Königsaal aus ihren schmerzlichen Betrachtungen (— Anklang an die Begrüßung der hl. Jung- frau durch den Engel —); bei dem Laute seiner Stimme gedachte sie der Hingebung und Treue Conrads zu ihrem verstorbenen Vater3) und des Vertrauens, das dieser Conrad geschenkt, auf seine Ansprache er- mannte sie sich, ihm ihren Schmerz und ihre Bedrängniß zu offenbaren.4) Courad tröstet sie wie ein Vater und verspricht „zur Besserung der Dinge im Reiche“ und zum Heile Elisabeths und vieler Armen nach ganzen Kräften sich einzusetzen. 5) Von der Zeit an geschah dies auch. Schon auch hielten viele andere hervorragende Männer das Königthum des Kärntners nicht für dauerhaft, da er den König der Römer zum Feinde habe. Man berieth über die Berufung eines anderen Fürsten, etwa Friedrichs von Oesterreich oder Friedrichs von Meissen oder eines polnischen Herzogs. Da traten die Aebte Heinrich von Sedletz und Conrad von Königsaal mit dem Rathschlage hervor: Da die Herrschaft über Böhmen von der deutschen Krone abhängt, kann Friede und Ordnung im Laude uur im Einvernehmen mit dem Reiche hergestellt und gesichert werden. Anderseits ist es mit der Würde der Böhmen unvereinbar, fremde Fürsten zu berufen, so lange noch Nachkommen aus dem eigenen 1) Ebdt.: Turbavit enim ipsam paterni regni et hereditatis suae ex- cidium. 2) Ebdt.: Anibilominus super sororio suo et sorore sua domina Anna, qui- bus peroptime de omni favisset, si apti fuissent, honore et gloria .. 3) Cap. LXXXIX: Sciebat autem virgo sapiens, quod salutans esset ille, quem propter fidem integram et sinceritatem puram tenerrime sicut suam animam dilexerat rex Wenceslaus, piissimus pater ejus. 4) Cap. LXXXIX: libenter pro reformatione regni et consolatione tui et multorum pauperum cupio et spondeo, quantum deus mihi administra- verit, impertiri. 5) 6 Cap. XC: Ad has quatuor filias orphanas, ut de regno suo heredi- tario recipiant consolationem .... respicere condecet . . .
19 — welche die Parteien zusammenfaßt und das Getrenute einigt zur Beseiti- gung dieser Gefahren,“ eine Jungfrau zwar, zart an Jahren, aber von klugem Sinn und gestähltem Charakter, Elisabeth, Tochter Wenzels II. von Böhmen, des Gründers von Königsaal. Das Unglück des väterlichen Reiches, ihres Erbes, ging ihr zu Herzen. 1) Und doch hätte sie so gern sich zu ihrer älteren Schwester Anna und deren Gemahl (König) Heinrich (v. Kärnten) gehalten, 2) wie es ja fest steht, daß sie dessen Erhebung in Böhmen begünstigte und sich darüber aufrichtig freute (Cap. LXXXVI). Da riß sie einst, als sie in der Domkirche zu Prag die Messe hörte, die Begrüßung des Abtes Conrad von Königsaal aus ihren schmerzlichen Betrachtungen (— Anklang an die Begrüßung der hl. Jung- frau durch den Engel —); bei dem Laute seiner Stimme gedachte sie der Hingebung und Treue Conrads zu ihrem verstorbenen Vater3) und des Vertrauens, das dieser Conrad geschenkt, auf seine Ansprache er- mannte sie sich, ihm ihren Schmerz und ihre Bedrängniß zu offenbaren.4) Courad tröstet sie wie ein Vater und verspricht „zur Besserung der Dinge im Reiche“ und zum Heile Elisabeths und vieler Armen nach ganzen Kräften sich einzusetzen. 5) Von der Zeit an geschah dies auch. Schon auch hielten viele andere hervorragende Männer das Königthum des Kärntners nicht für dauerhaft, da er den König der Römer zum Feinde habe. Man berieth über die Berufung eines anderen Fürsten, etwa Friedrichs von Oesterreich oder Friedrichs von Meissen oder eines polnischen Herzogs. Da traten die Aebte Heinrich von Sedletz und Conrad von Königsaal mit dem Rathschlage hervor: Da die Herrschaft über Böhmen von der deutschen Krone abhängt, kann Friede und Ordnung im Laude uur im Einvernehmen mit dem Reiche hergestellt und gesichert werden. Anderseits ist es mit der Würde der Böhmen unvereinbar, fremde Fürsten zu berufen, so lange noch Nachkommen aus dem eigenen 1) Ebdt.: Turbavit enim ipsam paterni regni et hereditatis suae ex- cidium. 2) Ebdt.: Anibilominus super sororio suo et sorore sua domina Anna, qui- bus peroptime de omni favisset, si apti fuissent, honore et gloria .. 3) Cap. LXXXIX: Sciebat autem virgo sapiens, quod salutans esset ille, quem propter fidem integram et sinceritatem puram tenerrime sicut suam animam dilexerat rex Wenceslaus, piissimus pater ejus. 4) Cap. LXXXIX: libenter pro reformatione regni et consolatione tui et multorum pauperum cupio et spondeo, quantum deus mihi administra- verit, impertiri. 5) 6 Cap. XC: Ad has quatuor filias orphanas, ut de regno suo heredi- tario recipiant consolationem .... respicere condecet . . .
Strana 20
20 Königsgeschlechte, wenn auch uur Frauen, da seien (Cap. LXXXIX). Darauf wird Abt Conrad von Königsaal ins Reich entsendet, um be- zügliche Verhandlungen mit dem deutschen König anzuknüpfen. Er findet ihn am 13. Aug. 1309 in Heilbronn. In Conrads Begleitung ist der Caplan Peter, der Berichterstatter dieser Dinge und Verfasser des ganzen Aufsatzes. Die Reise zum Generalcapitel des Cisterzienserordens läßt ihn diesen Reisezweck verbergen. Eingehend wird die Verhandlung des Abtes mit König Heinrich geschildert. Mit aller Eutschiedenheit tritt der Abt für Elisabeth, ihr und ihrer Schwestern Erbrecht ein. 1) Dahingegen erklärt der Kaiser Böhmen einfach als ein heimgefallenes Reichslehen. Als aber der Abt im Preise der Prinzessin Elisabeth nicht nachließ und den König mit Bitten bestürmte, unterstützt von Erzbischof Peter von Mainz. da erklärte endlich König Heinrich: „Keine andere Jungfrau oder Frau aus einem anderen Geschlechte soll in Böhmen Königin werden, Elisabeth die Tochter König Wenzels soll es sein und kein Hinderniß soll dem in Wege bleiben“. Als der Abt des Königs Handschlag darauf begehrte, wiederholte der König seine Zusage: Unser Wort sei Dir und Allen ein Brief und Siegel! Der Abt gibt sich zufrieden und schließt nun direct mit den Worten des englischen Grußes: „Fiat ergo illi ancillae humili secundum verbum tuum“. „All das,“ sagt der Erzähler, ging in Erfüllung, „indem die glorreiche Jungfrau (Maria) selbst zur Erhebung der verwaisten Jnngfrau solches ver- fügte."2) Abt Conrad reist weiter zum Besuche des Ordens-Capitels, Peter aber — es wird solches in den Versen des Capitels erzählt — kehrt sofort eilig und freudig nach Prag zurück, um den günstigen Erfolg der Sendung zu berichten. (Cap. XC.) Gefördert durch die üble Regierung König Heinrichs des Kärntners, zieht die Bewegung gegen ihn im Lande weitere Kreise; über die Mißstände berichtet Peter nun als Augenzenge und auch selbst nach den Mittheilungen Elisabeths. Auch der Adel wendet sich ihr zu: „Habemus adhuc a deo nobis reservatam virginem regni heredem“, läßt Peter ihre Häupter sagen, „quae ad hoc satis apta est et nata, ut nomen reginae gerere debeat in hoc regno. Virgini itaque tali de congrua copula cogitabimus maritali“. Der Adel ist es — nach unserer Erzählung —, der den Plan einer Vermählung 1) Ebdt.: Per mortem regum naturalium regni ejusdem est simpliciter ad sacrum imperium devolutum. — Regnum illud Bohemiae in manu nostra est. 2) Ebdt. p. 231: ipsa utique gloriosa virgine propter promotionem orbatae virginis talia disponente.
20 Königsgeschlechte, wenn auch uur Frauen, da seien (Cap. LXXXIX). Darauf wird Abt Conrad von Königsaal ins Reich entsendet, um be- zügliche Verhandlungen mit dem deutschen König anzuknüpfen. Er findet ihn am 13. Aug. 1309 in Heilbronn. In Conrads Begleitung ist der Caplan Peter, der Berichterstatter dieser Dinge und Verfasser des ganzen Aufsatzes. Die Reise zum Generalcapitel des Cisterzienserordens läßt ihn diesen Reisezweck verbergen. Eingehend wird die Verhandlung des Abtes mit König Heinrich geschildert. Mit aller Eutschiedenheit tritt der Abt für Elisabeth, ihr und ihrer Schwestern Erbrecht ein. 1) Dahingegen erklärt der Kaiser Böhmen einfach als ein heimgefallenes Reichslehen. Als aber der Abt im Preise der Prinzessin Elisabeth nicht nachließ und den König mit Bitten bestürmte, unterstützt von Erzbischof Peter von Mainz. da erklärte endlich König Heinrich: „Keine andere Jungfrau oder Frau aus einem anderen Geschlechte soll in Böhmen Königin werden, Elisabeth die Tochter König Wenzels soll es sein und kein Hinderniß soll dem in Wege bleiben“. Als der Abt des Königs Handschlag darauf begehrte, wiederholte der König seine Zusage: Unser Wort sei Dir und Allen ein Brief und Siegel! Der Abt gibt sich zufrieden und schließt nun direct mit den Worten des englischen Grußes: „Fiat ergo illi ancillae humili secundum verbum tuum“. „All das,“ sagt der Erzähler, ging in Erfüllung, „indem die glorreiche Jungfrau (Maria) selbst zur Erhebung der verwaisten Jnngfrau solches ver- fügte."2) Abt Conrad reist weiter zum Besuche des Ordens-Capitels, Peter aber — es wird solches in den Versen des Capitels erzählt — kehrt sofort eilig und freudig nach Prag zurück, um den günstigen Erfolg der Sendung zu berichten. (Cap. XC.) Gefördert durch die üble Regierung König Heinrichs des Kärntners, zieht die Bewegung gegen ihn im Lande weitere Kreise; über die Mißstände berichtet Peter nun als Augenzenge und auch selbst nach den Mittheilungen Elisabeths. Auch der Adel wendet sich ihr zu: „Habemus adhuc a deo nobis reservatam virginem regni heredem“, läßt Peter ihre Häupter sagen, „quae ad hoc satis apta est et nata, ut nomen reginae gerere debeat in hoc regno. Virgini itaque tali de congrua copula cogitabimus maritali“. Der Adel ist es — nach unserer Erzählung —, der den Plan einer Vermählung 1) Ebdt.: Per mortem regum naturalium regni ejusdem est simpliciter ad sacrum imperium devolutum. — Regnum illud Bohemiae in manu nostra est. 2) Ebdt. p. 231: ipsa utique gloriosa virgine propter promotionem orbatae virginis talia disponente.
Strana 21
21 Elisabeths mit Johann, dem Sohne des deutschen Königs, faßt. Die Geistlichen sind eifrig, Heinrichs Erhebung auch ans canonischen Gründen als von vornherein ungiltig nachzuweisen. (Cap. XCI.) Es folgt die Dar- stellung der unwürdigen Behandlung, die Prinzessin Elisabeth zu ertragen hatte, selbst von ihrer königlichen Schwester: man habe auch ihre jung fränliche Ehre nicht geschont, sie sogar vergiften wollen, und doch war sie eine Iungfrau aller Reinheit und Tugenden voll, klug, geschickt, fleißig kunstsinnig und anspruchslos. Sie flüchtet endlich unter dem Schutze Johanns von Wartenberg nach Nimburg an der Elbe (Cap. XCII). Die Kämpfe der Parteien, der Anhänger Elisabeths gegen die Kärntner, Kämpfe, in denen „erectum est cornu salutis et honoris ipsius multi- farie plus quam prius, sicut de Joseph sacra referente historia cognovit“ (Cap. XCIII), und die erhöhten Leiden des Königreiches führen endlich zur Besendung des deutschen Königs durch die Prälaten, Barone und Bürger des Landes (XCIV) und zur Bitte an ihn, ihnen für „nostra venusta puella Elisabeth, regni nostri filia“ seinen Bruder oder seinen Sohn zum Gemahl zu geben und so im böhmischen Reiche einen neuen König zu erheben. Unter den Gesandten ist wieder Abt Conrad, mit ihm als sein Caplan der Cleriker Peter von Zittau (Cap. XCV). Beachtens- werth ist dabei die Beischrift zu Cap. XCIV, pag. 243, daß die Gesandt- schaft an den deutschen König „wegen der Erhebung der Prinzessin Elisabeth und wegen der Besserung des Königreichs Böhmen“ abgeschickt wurde. — Genau in ähulicher Weise, mit steter Hervorhebung der Rechte Elisabeths an die Krone, ihres hervorragenden Antheils an der Erhebung ihres Gemahls an sich und der Aufrichtung seiner Herrschaft im Lande, aber auch ihrer hervorragenden Tugenden und der ihr zu Theil ge wordenen Ehrungen, dann ebenso des Abtes Conrad von Königsaal an allen diesen Geschehnissen, werden im Nachfolgenden im Detail die Verhandlnug mit dem deutschen König, die Abmachungen mit ihm, Elisabeths Berufung ins Reich, ihre Vermählung mit Johann und die Belehnung des jungen Paares, endlich der Umschwung und die neue Kampfesepoche in Böhmen, die bewaffnete Heerfahrt des Königssohnes in dieses Land und sein Sieg und die Aufrichtung seiner Herrschaft in Böhmen und Mähren berichtet. Es reicht diese Erzählung, wie bemerkt, bis Capitel CIX, pag. 319, Z. 3 (Text) von unten. Schon aus dieser Skizzirung des Inhalts des „Tractatus“ wird sich ergeben, daß die Darstellung ganz bestimmte Zwecke verfolgt, so sehr auch sonst das Verlangen des Verfassers, die von ihm selbst erlebten wichtigen Geschehnisse, bei denen er ja sogar in einem gewissen Grade
21 Elisabeths mit Johann, dem Sohne des deutschen Königs, faßt. Die Geistlichen sind eifrig, Heinrichs Erhebung auch ans canonischen Gründen als von vornherein ungiltig nachzuweisen. (Cap. XCI.) Es folgt die Dar- stellung der unwürdigen Behandlung, die Prinzessin Elisabeth zu ertragen hatte, selbst von ihrer königlichen Schwester: man habe auch ihre jung fränliche Ehre nicht geschont, sie sogar vergiften wollen, und doch war sie eine Iungfrau aller Reinheit und Tugenden voll, klug, geschickt, fleißig kunstsinnig und anspruchslos. Sie flüchtet endlich unter dem Schutze Johanns von Wartenberg nach Nimburg an der Elbe (Cap. XCII). Die Kämpfe der Parteien, der Anhänger Elisabeths gegen die Kärntner, Kämpfe, in denen „erectum est cornu salutis et honoris ipsius multi- farie plus quam prius, sicut de Joseph sacra referente historia cognovit“ (Cap. XCIII), und die erhöhten Leiden des Königreiches führen endlich zur Besendung des deutschen Königs durch die Prälaten, Barone und Bürger des Landes (XCIV) und zur Bitte an ihn, ihnen für „nostra venusta puella Elisabeth, regni nostri filia“ seinen Bruder oder seinen Sohn zum Gemahl zu geben und so im böhmischen Reiche einen neuen König zu erheben. Unter den Gesandten ist wieder Abt Conrad, mit ihm als sein Caplan der Cleriker Peter von Zittau (Cap. XCV). Beachtens- werth ist dabei die Beischrift zu Cap. XCIV, pag. 243, daß die Gesandt- schaft an den deutschen König „wegen der Erhebung der Prinzessin Elisabeth und wegen der Besserung des Königreichs Böhmen“ abgeschickt wurde. — Genau in ähulicher Weise, mit steter Hervorhebung der Rechte Elisabeths an die Krone, ihres hervorragenden Antheils an der Erhebung ihres Gemahls an sich und der Aufrichtung seiner Herrschaft im Lande, aber auch ihrer hervorragenden Tugenden und der ihr zu Theil ge wordenen Ehrungen, dann ebenso des Abtes Conrad von Königsaal an allen diesen Geschehnissen, werden im Nachfolgenden im Detail die Verhandlnug mit dem deutschen König, die Abmachungen mit ihm, Elisabeths Berufung ins Reich, ihre Vermählung mit Johann und die Belehnung des jungen Paares, endlich der Umschwung und die neue Kampfesepoche in Böhmen, die bewaffnete Heerfahrt des Königssohnes in dieses Land und sein Sieg und die Aufrichtung seiner Herrschaft in Böhmen und Mähren berichtet. Es reicht diese Erzählung, wie bemerkt, bis Capitel CIX, pag. 319, Z. 3 (Text) von unten. Schon aus dieser Skizzirung des Inhalts des „Tractatus“ wird sich ergeben, daß die Darstellung ganz bestimmte Zwecke verfolgt, so sehr auch sonst das Verlangen des Verfassers, die von ihm selbst erlebten wichtigen Geschehnisse, bei denen er ja sogar in einem gewissen Grade
Strana 22
22 — persönlich handelnd eintritt, für die Nachwelt festzuhalten, mit in Betracht kommen mag. Diesen beiden Momenten entsprechen Aulage, Inhalt und Entstehung des Tractats: abgesehen von der großen und sicheren Fülle des Details, der Klarheit und Anschaulichkeit der Erzählung, der vielen genauen Daten, die eine bloße Wiedergabe aus dem Gedächtnisse, auch eines Augenzeugen, ausschließen und eine frühe handschriftliche Fixirung des Thatbestandes sehr wahrscheinlich machen, somit wirklich Memoiren voraussetzen, beweisen einzelne Stellen, daß die Niederschrift verhältnißmäßig sehr bald nach dem Berichteten erfolgt sein muß. Hierher gehören nicht bloß die schon früher bemerkten Angaben über die Stellung König Johanns als Reichsvicar, die noch in das Jahr 1314 oder spätestens die erste Hälfte des Jahres 1315 gehören muß (Cap. XCVIII), 1) sowie auch, daß Cap. CVIII schon vor 1315, October, dem Beginn neuer Stürme in Böhmen, geschrieben wurde, da Peter dort sagt: Fugit autem cum eo (Heinrico rege) duce (Carinthiae) de civitate Majori (Pragae) omnis violentia et remansit in ea auctore Johanne rege pax et justicia usque in hodiernum diem. 2) Die Darlegungen Peters über die Lage der Prinzessin Elisabeth im Jahre 1310 lassen erkennen, daß die bezüglichen Stellen aus Memoiren stammen, die nahezu gleichzeitig, d. i. noch vor der Vermählung Elisabeth's niedergeschrieben wurden: „Ego vero (i. e. Peter) de pretioso habitu ipsius virginis non stupeo, nec alter potest stupere, qui eius consuevit curiam visi- tare. Ipsa namque arte subtiliter instructa frequenter non videtur nisi propriis operari manibus etc.“ Und ferner: Istius itaque vir- ginis prudentia scit de minimis quandoque magna magistrante artificio operari. Sed in omnibus virtutibus his huius virginis non est aversus furor odientis eam et persequentis, sed adhuc manus ejus extenta. Das spricht deutlich für die Niederschrift dieses Ab schnittes im Sommer 1310, zur Zeit, als Elisabeth noch dem Hasse und der Verfolgung ihres Schwagers Heinrich (von Kärnten) ausgesetzt war, noch vor ihrer Abreise nach Deutschland (14. Aug. 1310).3) Was die Tendenz des „Tractatus“ anbelangt, so muß zunächst erwähnt werden, daß die Erhebung gegen König Heinrich in Böhmen, den 1307 allgemein im Lande anerkannten Herrscher, im Grunde doch eine Empörung gewesen ist, und die Theilnahme daran die Cisterzienseräbte mit Conrad von Königsaal an der Spitze und die Prinzessin Elisabeth 1) Vgl. Emler, Einleitung zu seiner Ausgabe XI. 2) Emler, Einleitung, ebendort. 3) Vgl. Font. rer. Austriac. VIII. Cap. XCVIII, p. 256.
22 — persönlich handelnd eintritt, für die Nachwelt festzuhalten, mit in Betracht kommen mag. Diesen beiden Momenten entsprechen Aulage, Inhalt und Entstehung des Tractats: abgesehen von der großen und sicheren Fülle des Details, der Klarheit und Anschaulichkeit der Erzählung, der vielen genauen Daten, die eine bloße Wiedergabe aus dem Gedächtnisse, auch eines Augenzeugen, ausschließen und eine frühe handschriftliche Fixirung des Thatbestandes sehr wahrscheinlich machen, somit wirklich Memoiren voraussetzen, beweisen einzelne Stellen, daß die Niederschrift verhältnißmäßig sehr bald nach dem Berichteten erfolgt sein muß. Hierher gehören nicht bloß die schon früher bemerkten Angaben über die Stellung König Johanns als Reichsvicar, die noch in das Jahr 1314 oder spätestens die erste Hälfte des Jahres 1315 gehören muß (Cap. XCVIII), 1) sowie auch, daß Cap. CVIII schon vor 1315, October, dem Beginn neuer Stürme in Böhmen, geschrieben wurde, da Peter dort sagt: Fugit autem cum eo (Heinrico rege) duce (Carinthiae) de civitate Majori (Pragae) omnis violentia et remansit in ea auctore Johanne rege pax et justicia usque in hodiernum diem. 2) Die Darlegungen Peters über die Lage der Prinzessin Elisabeth im Jahre 1310 lassen erkennen, daß die bezüglichen Stellen aus Memoiren stammen, die nahezu gleichzeitig, d. i. noch vor der Vermählung Elisabeth's niedergeschrieben wurden: „Ego vero (i. e. Peter) de pretioso habitu ipsius virginis non stupeo, nec alter potest stupere, qui eius consuevit curiam visi- tare. Ipsa namque arte subtiliter instructa frequenter non videtur nisi propriis operari manibus etc.“ Und ferner: Istius itaque vir- ginis prudentia scit de minimis quandoque magna magistrante artificio operari. Sed in omnibus virtutibus his huius virginis non est aversus furor odientis eam et persequentis, sed adhuc manus ejus extenta. Das spricht deutlich für die Niederschrift dieses Ab schnittes im Sommer 1310, zur Zeit, als Elisabeth noch dem Hasse und der Verfolgung ihres Schwagers Heinrich (von Kärnten) ausgesetzt war, noch vor ihrer Abreise nach Deutschland (14. Aug. 1310).3) Was die Tendenz des „Tractatus“ anbelangt, so muß zunächst erwähnt werden, daß die Erhebung gegen König Heinrich in Böhmen, den 1307 allgemein im Lande anerkannten Herrscher, im Grunde doch eine Empörung gewesen ist, und die Theilnahme daran die Cisterzienseräbte mit Conrad von Königsaal an der Spitze und die Prinzessin Elisabeth 1) Vgl. Emler, Einleitung zu seiner Ausgabe XI. 2) Emler, Einleitung, ebendort. 3) Vgl. Font. rer. Austriac. VIII. Cap. XCVIII, p. 256.
Strana 23
23 als mit doppelter Auklage und Schuld belastet erscheinen lassen konnte: sie waren ja nicht bloß Mitverschworene, sondern die Austifter und Leiter der Empörung, was jenem wegen seines geistlichen Kleides und dieser (Elisabeth) wegen ihrer engen Verwandtschaft mit Heinrich gleich übel anstand. Da galt es denn, die Erhebung als einen Act der Nothwehr einerseits, der dringend gebotenen Fürsorge für das Vaterland anderseits darzustellen. Aber die Schrift hat auch ihre Bedentung und Beziehung für König Johann: die Rechte der Prinzessin Elisabeth werden als die Grundlage seiner Herrschaft gekennzeichnet, die schließlich auch sein Vater, bei aller anfänglichen Betonung der Rechte des Reiches, habe gelten lassen; die Verdienste Elisabeths, Abt Courads und auch selbst Peters um die Aufrichtung der luxemburgischen Dyuastie in Böhmen und die Verdrän- gung des Kärntners werden Johann drastisch vor die Augen geführt. Die apologetische Absicht, 1) die dem Tractate zu Grunde liegt, läßt sich aber auch noch in besonderen erweisen. 2) Daß König Heinrich von Peter von Böhmen allzuhart beurtheilt wurde, wird man im Ganzen mit Heinemann annehmen müssen, ohne deshalb Heinrichs schwere Fehler und geringe Fähigkeiten zu verkennen; die Behandlung des böhmischen Adels, für den Heinrich erst gegen die Bürgerschaften eintrat und der dann Heinrich verrieth, erforderte jederzeit besondere Staatskunst. Hier geschieht die Zeichnung der Regierung Heinrichs schwarz in schwarz mit der klar hervorstehenden Absicht, die Erhebung gegen ihn als Pflicht der Selbsthilfe, ja Selbsterhaltung darzustellen. Ebenso tendenziös und theil weise uurichtig wird das Verhältniß des Adels zu den Bürgerschaften Böhmens und vor Allem der Prinzessin Elisabeth zu ihrem Schwager, dem König Heinrich, dargestellt. Davon, daß die Bürgerschaften einen Kamps um Antheiluahme an der Verwaltung des Landes und namentlich um den Eintritt in den Landtag führen, hat Peter keine Ahnung oder sagt er doch nichts. Dafür führt er in den Reden der Adeligen (Cap. XCI, pag. 233), die in den reichen und gebildeten Bürgergeschlechtern Prags und Kutten- bergs nur das „plebegium vulgus“ sehen, uns deren Gedankengang ein- gehend vor. Der Adel ist freilich damals dem Bunde gegen König Heinrich beigetreten, und das genügt, um ihn als die Stütze der Wohlfahrt und des Ansehens des Königreiches zu preisen,3) ihm überhaupt in dem 1) Eine solche erkennt auch Huber. S. österr. Gesch. II., Gotha 1885, Anm. 1. 2) Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann, Berlin 1875, 130 ff. Heinrich von Kärnten als König von Böhmen, Forsch. zur deutsch. Gesch. IX (1869) 485. 3) Cap. XCIII, pag. 238—339. (Loserth.)
23 als mit doppelter Auklage und Schuld belastet erscheinen lassen konnte: sie waren ja nicht bloß Mitverschworene, sondern die Austifter und Leiter der Empörung, was jenem wegen seines geistlichen Kleides und dieser (Elisabeth) wegen ihrer engen Verwandtschaft mit Heinrich gleich übel anstand. Da galt es denn, die Erhebung als einen Act der Nothwehr einerseits, der dringend gebotenen Fürsorge für das Vaterland anderseits darzustellen. Aber die Schrift hat auch ihre Bedentung und Beziehung für König Johann: die Rechte der Prinzessin Elisabeth werden als die Grundlage seiner Herrschaft gekennzeichnet, die schließlich auch sein Vater, bei aller anfänglichen Betonung der Rechte des Reiches, habe gelten lassen; die Verdienste Elisabeths, Abt Courads und auch selbst Peters um die Aufrichtung der luxemburgischen Dyuastie in Böhmen und die Verdrän- gung des Kärntners werden Johann drastisch vor die Augen geführt. Die apologetische Absicht, 1) die dem Tractate zu Grunde liegt, läßt sich aber auch noch in besonderen erweisen. 2) Daß König Heinrich von Peter von Böhmen allzuhart beurtheilt wurde, wird man im Ganzen mit Heinemann annehmen müssen, ohne deshalb Heinrichs schwere Fehler und geringe Fähigkeiten zu verkennen; die Behandlung des böhmischen Adels, für den Heinrich erst gegen die Bürgerschaften eintrat und der dann Heinrich verrieth, erforderte jederzeit besondere Staatskunst. Hier geschieht die Zeichnung der Regierung Heinrichs schwarz in schwarz mit der klar hervorstehenden Absicht, die Erhebung gegen ihn als Pflicht der Selbsthilfe, ja Selbsterhaltung darzustellen. Ebenso tendenziös und theil weise uurichtig wird das Verhältniß des Adels zu den Bürgerschaften Böhmens und vor Allem der Prinzessin Elisabeth zu ihrem Schwager, dem König Heinrich, dargestellt. Davon, daß die Bürgerschaften einen Kamps um Antheiluahme an der Verwaltung des Landes und namentlich um den Eintritt in den Landtag führen, hat Peter keine Ahnung oder sagt er doch nichts. Dafür führt er in den Reden der Adeligen (Cap. XCI, pag. 233), die in den reichen und gebildeten Bürgergeschlechtern Prags und Kutten- bergs nur das „plebegium vulgus“ sehen, uns deren Gedankengang ein- gehend vor. Der Adel ist freilich damals dem Bunde gegen König Heinrich beigetreten, und das genügt, um ihn als die Stütze der Wohlfahrt und des Ansehens des Königreiches zu preisen,3) ihm überhaupt in dem 1) Eine solche erkennt auch Huber. S. österr. Gesch. II., Gotha 1885, Anm. 1. 2) Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann, Berlin 1875, 130 ff. Heinrich von Kärnten als König von Böhmen, Forsch. zur deutsch. Gesch. IX (1869) 485. 3) Cap. XCIII, pag. 238—339. (Loserth.)
Strana 24
24 Tractate Peters ganze Sympathie zu sichern. Das Verhältuiß Elisabeths zu König Heinrich ist ganz verkehrt. Während feststeht, daß die Be- ziehungen der Prinzessin zum Königspaare so lange günstige waren, als jene loyal zu ihren Verwandten stand, und sich erst änderten, als der Ehrgeiz Elisabeths sie daran denken ließ, die Unzufriedenheit mit Heinrichs Regierung zur eigenen Erhebung zu benützen, ja direct zum Haupte der Mißvergnügten zu werden, 1) worüber natürlich Schwager und Schwester nicht wenig erzürnt waren, stellt Peter die Sache so dar, als ob nur der Neid ob der großen persönlichen Tugenden Elisabeths ihr die Anfechtung und Verfolgungen seitens des Königspaares zugezogen. 2) All dies aber im Zusammenhange den Zeitgenossen vorzutragen, war sofort nach der Ver-- treibnng Heiurichs und der Einrichtung des luxemburgischen Königthums d. i. 1311, der richtige Zeitpunkt gekommen und in dieses, spätestens das Jahr 1312, wird die Abfassung des „Tractates“ zu setzen sein, des wie es scheint ersten größeren historiographischen Opus Peters von Zittau. Es darf nach all dem Gesagten wohl mit Recht als die Apologie der Königin Elisabeth bezeichnet werden. 4. Der Tractatus breviloguus de serenissimo principe domino Heinrico septimo Romanorum impera- tore et prosperis suis successibus. Auf die Apologie folgt, sogar in directem Zusammenhange mit dem letzten Capitel derselben, die Erzählung von Unruhen in Mähren im Jahre 1312 und deren Bekämpfung durch König Johann; daß sie später hinzu- gefügt wurde, beweist die Meldung über die Aussöhnung Friedrichs von Linau mit dem Könige. Ebenso erweisen sich die Cap. CX (ver mischte Angaben von 1313—1315, über Johanns Zug ins Reich 1313, Nach- richten über seine früheste Nachkommenschaft und die Klage über den Tod seines Vaters, Kaiser Heinrich, das Ganze also uicht verfaßt vor dem Jahre 1316), ebenso Cap. CXI: über das Wunder zu Eibenschütz 1312, uur als 1) Peter selbst nuiß erst von der Verständigung Elisabeths mit Abt Conrad (Cap. IXC) und dem Adel (Cap. XCI), ja sogar von den ersten Verhandlungen Conrads gegen Heinrich mit dem deutschen König erzählen (Cap. XC), ehe er sich von der Verfolgung Elisabeths zu reden getraut. Cap. XCII, pag. 234 (Lojerth): Qualiter domicella Elisabeth sororis suae Annae et aliorum honor is sui aemulorum persecutionem passa fuerit. Und der Satz: O honoris aemula inimica naturae invidia! Tu exagitante persecutionis aculeo dolose persequeris et mentaliter disjungere niteris, quos carnis et sanguinis necessitas primordialiter unionis compage foeda- verit. 2)
24 Tractate Peters ganze Sympathie zu sichern. Das Verhältuiß Elisabeths zu König Heinrich ist ganz verkehrt. Während feststeht, daß die Be- ziehungen der Prinzessin zum Königspaare so lange günstige waren, als jene loyal zu ihren Verwandten stand, und sich erst änderten, als der Ehrgeiz Elisabeths sie daran denken ließ, die Unzufriedenheit mit Heinrichs Regierung zur eigenen Erhebung zu benützen, ja direct zum Haupte der Mißvergnügten zu werden, 1) worüber natürlich Schwager und Schwester nicht wenig erzürnt waren, stellt Peter die Sache so dar, als ob nur der Neid ob der großen persönlichen Tugenden Elisabeths ihr die Anfechtung und Verfolgungen seitens des Königspaares zugezogen. 2) All dies aber im Zusammenhange den Zeitgenossen vorzutragen, war sofort nach der Ver-- treibnng Heiurichs und der Einrichtung des luxemburgischen Königthums d. i. 1311, der richtige Zeitpunkt gekommen und in dieses, spätestens das Jahr 1312, wird die Abfassung des „Tractates“ zu setzen sein, des wie es scheint ersten größeren historiographischen Opus Peters von Zittau. Es darf nach all dem Gesagten wohl mit Recht als die Apologie der Königin Elisabeth bezeichnet werden. 4. Der Tractatus breviloguus de serenissimo principe domino Heinrico septimo Romanorum impera- tore et prosperis suis successibus. Auf die Apologie folgt, sogar in directem Zusammenhange mit dem letzten Capitel derselben, die Erzählung von Unruhen in Mähren im Jahre 1312 und deren Bekämpfung durch König Johann; daß sie später hinzu- gefügt wurde, beweist die Meldung über die Aussöhnung Friedrichs von Linau mit dem Könige. Ebenso erweisen sich die Cap. CX (ver mischte Angaben von 1313—1315, über Johanns Zug ins Reich 1313, Nach- richten über seine früheste Nachkommenschaft und die Klage über den Tod seines Vaters, Kaiser Heinrich, das Ganze also uicht verfaßt vor dem Jahre 1316), ebenso Cap. CXI: über das Wunder zu Eibenschütz 1312, uur als 1) Peter selbst nuiß erst von der Verständigung Elisabeths mit Abt Conrad (Cap. IXC) und dem Adel (Cap. XCI), ja sogar von den ersten Verhandlungen Conrads gegen Heinrich mit dem deutschen König erzählen (Cap. XC), ehe er sich von der Verfolgung Elisabeths zu reden getraut. Cap. XCII, pag. 234 (Lojerth): Qualiter domicella Elisabeth sororis suae Annae et aliorum honor is sui aemulorum persecutionem passa fuerit. Und der Satz: O honoris aemula inimica naturae invidia! Tu exagitante persecutionis aculeo dolose persequeris et mentaliter disjungere niteris, quos carnis et sanguinis necessitas primordialiter unionis compage foeda- verit. 2)
Strana 25
25 — Flickcapitel, um den chronologischen Uebergang zum Tractate über Kaiser Heinrich VII, die Capitel CXII bis CXX inclusive enthaltend, zu gewinnen. Auch dieser Tractat stellt sich als ein für sich abgeschlossenes Ganze, eine Art Biographie Kaiser Heinrichs dar. Diese beginnt Cap. CXII mit Nachrichten über Heinrichs Herkunft und Familie, schildert sein Empor- kommen, namentlich gefördert durch Heinrichs Bruder Balduin, den Erz- bischof von Trier, Heinrichs Wahl zum deutschen Könige (Cap. CXIII) und seine hohen persönlichen Tugenden und Verdienste um das Reich. Dafür und zum Theile noch für die Vorbereitungen Heinrichs zur Rom- fahrt sind neben den Gesta Trevirorum wieder die persönlichen Erleb- nisse und Aufzeichnungen (Memoiren) Peters aus der Zeit seines Weilens im Reiche 1309, 1310 die Hauptquelle. Für die Ereignisse bei der Kaiserkrönung Heinrichs nennt er ausdrücklich seine Gewährsmänner: Honesti tamen viri Friczko de Gallis et Ebirlinus de Lapide, cives Pragenses, mihi talia retulerunt,1) ferner beruft er sich auf die Mitthei- lungen seines Abtes Courad, der nach der Anordnung des Kaisers nicht den letzten Rang im Rathe König Johanns einnahm und deshalb Ein- blick in die Correspondenz des Kaisers mit seinem Sohne und in die Be- richte des ersteren über die italienischen Vorgänge gewinnen konnte2), und eine Mittheilung des kaiserlichen Leibarztes Nicolaus von Fulda an ihn, Peter, persönlich u. a. Die Vita Heinrici imperatoris, so darf man sie wohl nennen, schließt mit der Nachricht von des Kaisers Tod und Be- stattung, und einer ergreifenden Todtenklage Peters, noch aus der ersten, glücklichen Zeit König Johanns, in der er sich des Beifalls und der Zuneigung des Landes erfreute. Denn nur vor den Ereignissen des Jahres 1315 konnte Peter von Zittau über Johann schreiben: Prodit ex flore (Kaiser Heinrich) flos florens, dives honore (d. i. Johann). Plaude Bohemorum regnum, quod culmen honorum Hoc habes ex rege, pacis frueris modo lege, Sic cunctis annis sit prospera vita Johannis. An die Vita gewissermaßen als urkundliche Beilagen schließen sich enge an Cap. CXVI, die bekannte Vollmacht des Papstes Clemens an die Cardinäle, den König Heinrich zum Kaiser zu krönen, 3) Cap. CXVII, die Gesetze König Heinrichs und das Schreiben König Philipps von Frank- 1) Cap. CXV, Font. r. Austriac. VIII 349. 2) Ebdt. p. 349. 3) Bgl. Font. rer. Aust. VIII 353. Font. rer. Bohem. IV 198 sq.
25 — Flickcapitel, um den chronologischen Uebergang zum Tractate über Kaiser Heinrich VII, die Capitel CXII bis CXX inclusive enthaltend, zu gewinnen. Auch dieser Tractat stellt sich als ein für sich abgeschlossenes Ganze, eine Art Biographie Kaiser Heinrichs dar. Diese beginnt Cap. CXII mit Nachrichten über Heinrichs Herkunft und Familie, schildert sein Empor- kommen, namentlich gefördert durch Heinrichs Bruder Balduin, den Erz- bischof von Trier, Heinrichs Wahl zum deutschen Könige (Cap. CXIII) und seine hohen persönlichen Tugenden und Verdienste um das Reich. Dafür und zum Theile noch für die Vorbereitungen Heinrichs zur Rom- fahrt sind neben den Gesta Trevirorum wieder die persönlichen Erleb- nisse und Aufzeichnungen (Memoiren) Peters aus der Zeit seines Weilens im Reiche 1309, 1310 die Hauptquelle. Für die Ereignisse bei der Kaiserkrönung Heinrichs nennt er ausdrücklich seine Gewährsmänner: Honesti tamen viri Friczko de Gallis et Ebirlinus de Lapide, cives Pragenses, mihi talia retulerunt,1) ferner beruft er sich auf die Mitthei- lungen seines Abtes Courad, der nach der Anordnung des Kaisers nicht den letzten Rang im Rathe König Johanns einnahm und deshalb Ein- blick in die Correspondenz des Kaisers mit seinem Sohne und in die Be- richte des ersteren über die italienischen Vorgänge gewinnen konnte2), und eine Mittheilung des kaiserlichen Leibarztes Nicolaus von Fulda an ihn, Peter, persönlich u. a. Die Vita Heinrici imperatoris, so darf man sie wohl nennen, schließt mit der Nachricht von des Kaisers Tod und Be- stattung, und einer ergreifenden Todtenklage Peters, noch aus der ersten, glücklichen Zeit König Johanns, in der er sich des Beifalls und der Zuneigung des Landes erfreute. Denn nur vor den Ereignissen des Jahres 1315 konnte Peter von Zittau über Johann schreiben: Prodit ex flore (Kaiser Heinrich) flos florens, dives honore (d. i. Johann). Plaude Bohemorum regnum, quod culmen honorum Hoc habes ex rege, pacis frueris modo lege, Sic cunctis annis sit prospera vita Johannis. An die Vita gewissermaßen als urkundliche Beilagen schließen sich enge an Cap. CXVI, die bekannte Vollmacht des Papstes Clemens an die Cardinäle, den König Heinrich zum Kaiser zu krönen, 3) Cap. CXVII, die Gesetze König Heinrichs und das Schreiben König Philipps von Frank- 1) Cap. CXV, Font. r. Austriac. VIII 349. 2) Ebdt. p. 349. 3) Bgl. Font. rer. Aust. VIII 353. Font. rer. Bohem. IV 198 sq.
Strana 26
26 — reich an den Papst gegen Heinrich,1) Cap. CXVIII, die Constitutio Clementis pape contra imperatorem Heinricum propter preces regis Francie facta,2) Cap. CXIX, die Diffinitiva sententia contra Rober- tum regem Apulie,3) endlich Cap. CXX: die Einladung des Papstes an K. Heinrich, sich die Kaiserkrone zu holen, von Francesco da Bar- berino. 4) Mit den Capiteln CXXI über den Tod Papst Clemens V., Cap. CXXII über dessen Bulle gegen die Templer und CXXIII über die Wunder am Grabe der Kaiserin Margaretha, also Capiteln sehr verschiedenen Inhaltes und offenbar ohne sonderliche Wahl eingefügt, erfolgt der Uebergang zur annalistischen Darstellung der 5. Zeitgeschichte Böhmens in den Jahren 1315 und 1316 (Cap. CXXIV—CXXIX), die der Verfasser mit der Nachricht von der Cession Abt Conrads von Königsaal und seiner eigenen Erhebung begrenzt. Die Darstellung ist so geartet wie Loserth und Emler sie gekennzeichnet haben. Das Cap. CXXX, enthaltend das Testament des Verfassers, schließt zugleich das Buch. 6. Die Geschichte der Könige Wenzel III. und Rudolfs. Die Anfänge Heinrichs von Kärnten. Den Zusammenhang zwischen der bis 1305 reichenden Vita Wenceslai und der Apologie der Königin Elisabeth, welche die Ereignisse seit 1309 darstellt, vermitteln die genannten Capitel LXXXIV—LXXXVII incl. Sie stellen sich darnach als einen besonderen Abschnitt des Buches für sich dar, ähnlich wie die Capitel, welche als „Flickcapitel“ zwischen dem Tractat über die Königin Elisabeth und die Vita Heinrici imperatoris bezeichnet wurden. Aber die Worte „Incipit descriptio vitae domini Wenceslai iuvenis, Bohemiae Poloniae et Ungariae regis, die sich vor Beginn des Cap. LXXXIV finden, gehören nicht zu diesem ganzen Abschuitte, und dieser Abschnitt kann auch nicht als ein Theil der Memorabilien Peters bezeichnet wer- den — so wenig wie die Cap. CXVI—CXXIII, wie Loserth annimmt und auch in seiner Edition zum Ausdrucke brachte. 5) Ueber die Quellen Peters für diese Capitel ist nach dem, was Loserth und Emler angemerkt 1) Font. r. Aust. VIII 353. Font. rer. Boh. IV 204 sq. 2) Vgl. G. Doenniges, Acta Henrici VII. imp. Romanorum et monumenta quaedam alia suorum temporum hist. illust., 2 part., Berol. 1839, II 87. 3) Font. r. Aust. VIII 354. Font. r. Bohem. IV 207. 4) S. Lorenz, Geschichtsquellen II 392 und Anm. 2. Sonst war hier offenbar die Hauptquelle Peters der Liber secretorum mon. Aulae regiae. 5) Vgl. Font. rer. Austriac. VIII 8 und 205.
26 — reich an den Papst gegen Heinrich,1) Cap. CXVIII, die Constitutio Clementis pape contra imperatorem Heinricum propter preces regis Francie facta,2) Cap. CXIX, die Diffinitiva sententia contra Rober- tum regem Apulie,3) endlich Cap. CXX: die Einladung des Papstes an K. Heinrich, sich die Kaiserkrone zu holen, von Francesco da Bar- berino. 4) Mit den Capiteln CXXI über den Tod Papst Clemens V., Cap. CXXII über dessen Bulle gegen die Templer und CXXIII über die Wunder am Grabe der Kaiserin Margaretha, also Capiteln sehr verschiedenen Inhaltes und offenbar ohne sonderliche Wahl eingefügt, erfolgt der Uebergang zur annalistischen Darstellung der 5. Zeitgeschichte Böhmens in den Jahren 1315 und 1316 (Cap. CXXIV—CXXIX), die der Verfasser mit der Nachricht von der Cession Abt Conrads von Königsaal und seiner eigenen Erhebung begrenzt. Die Darstellung ist so geartet wie Loserth und Emler sie gekennzeichnet haben. Das Cap. CXXX, enthaltend das Testament des Verfassers, schließt zugleich das Buch. 6. Die Geschichte der Könige Wenzel III. und Rudolfs. Die Anfänge Heinrichs von Kärnten. Den Zusammenhang zwischen der bis 1305 reichenden Vita Wenceslai und der Apologie der Königin Elisabeth, welche die Ereignisse seit 1309 darstellt, vermitteln die genannten Capitel LXXXIV—LXXXVII incl. Sie stellen sich darnach als einen besonderen Abschnitt des Buches für sich dar, ähnlich wie die Capitel, welche als „Flickcapitel“ zwischen dem Tractat über die Königin Elisabeth und die Vita Heinrici imperatoris bezeichnet wurden. Aber die Worte „Incipit descriptio vitae domini Wenceslai iuvenis, Bohemiae Poloniae et Ungariae regis, die sich vor Beginn des Cap. LXXXIV finden, gehören nicht zu diesem ganzen Abschuitte, und dieser Abschnitt kann auch nicht als ein Theil der Memorabilien Peters bezeichnet wer- den — so wenig wie die Cap. CXVI—CXXIII, wie Loserth annimmt und auch in seiner Edition zum Ausdrucke brachte. 5) Ueber die Quellen Peters für diese Capitel ist nach dem, was Loserth und Emler angemerkt 1) Font. r. Aust. VIII 353. Font. rer. Boh. IV 204 sq. 2) Vgl. G. Doenniges, Acta Henrici VII. imp. Romanorum et monumenta quaedam alia suorum temporum hist. illust., 2 part., Berol. 1839, II 87. 3) Font. r. Aust. VIII 354. Font. r. Bohem. IV 207. 4) S. Lorenz, Geschichtsquellen II 392 und Anm. 2. Sonst war hier offenbar die Hauptquelle Peters der Liber secretorum mon. Aulae regiae. 5) Vgl. Font. rer. Austriac. VIII 8 und 205.
Strana 27
27 — haben, nicht weiter viel zu sagen. Aber um so wichtiger bleibt es, auf die Abfassungszeit hinzuweisen und vor allem diese zu fixiren. Da zeigt sich denn gleich in Cap. LXXXIV, daß dieses keineswegs den Ereignissen so nahe steht, wie dies bei jenen Partien des 1. Buches Peters, die man als Memoiren bezeichnen darf, der Fall ist. Schon bei der Erzählung der Ereignisse des beginnenden Jahres 1306, der Erwähnung der Ver- mählung Annas von Böhmen mit Herzog Heinrich von Kärnten, zeigt Peter, daß er die Geschehnisse bis zum Jahre 1311 überblicke, dieses Capitel also erst eine ganze Reihe von Jahren später, als sich die darin erwähnten Thatsachen zugetragen, niedergeschrieben habe: Haec namque nuptialis copula in principio laetitiam (1307), in medio maestitiam (1307—1310), ac in fine habuit conclusionem heu non bo- nam (Vertreibung Heinrichs 1311). Ja er zeigt, daß dieses Capitel erst nach dem Tractate über die Königin Elisabeth verfaßt ist (der Apologie): „sicut per diffusam cognoscere poteris narrationem inferius latius subnotatam“.1) In Memoiren, deren Wesen in gleichzeitiger oder doch aus frischer Erinnerung erfolgter Aufzeichnung des Erlebten und Erfah¬ renen besteht, könnte sich ein solcher Hinweis auf die Ereignisse und, was noch viel mehr ist, auf die fertige historische Schilderung von künftigen Vorfällen nicht finden. Im selben Cap. LXXXIV weiß Peter, daß Otto von Baiern, der 1306 nach Ungarn ging, die Stefanskrone zu erlangen, im 3. Jahre wieder von dort entfloh, ja daß er gestorben sei.2) Cap. LXXXVI verräth neuerdings (es behandelt das Jahr 1307), daß es nicht vor 1311 geschrieben ist und jein kann: „Ista enim tribus annis, quibus idem Heinricus regnavit in Bohemia, quassatio non cessavit, sed totius repetitur, quod ipsa suum numerum certum nescit; hor- rendum est enim mente concipere . . . . gravia pericula ac dis- crimina infinita, quibus tempore Heinrici ducis Chorinthie tota Bo- hemia fuerat onerata“. 3) Auch Cap. LXXXVII weist schon auf die Zeit des völligen Sieges des Adels und seine Machtstellung zur ersten Zeit König Johanns hin.4) Der Schluß-Zusatz zu Cap. LXXXVI läßt endlich erkennen, daß diese eingeschobenen, allein dem Zusammenhange dienenden Darlegungen erst nach 1313 geschrieben sein können: „Reliqua autem gestarum ejus et qualiter sub ipso Heinrico duce regnum Bohemiae fere ad exterminium ultimum pervenerit et qualiter domina Anna 1) Font. rer. Austr. VIII 206. 2) Ebendort 209. 3) Ebendort 219. 4) Ebdt. 222.
27 — haben, nicht weiter viel zu sagen. Aber um so wichtiger bleibt es, auf die Abfassungszeit hinzuweisen und vor allem diese zu fixiren. Da zeigt sich denn gleich in Cap. LXXXIV, daß dieses keineswegs den Ereignissen so nahe steht, wie dies bei jenen Partien des 1. Buches Peters, die man als Memoiren bezeichnen darf, der Fall ist. Schon bei der Erzählung der Ereignisse des beginnenden Jahres 1306, der Erwähnung der Ver- mählung Annas von Böhmen mit Herzog Heinrich von Kärnten, zeigt Peter, daß er die Geschehnisse bis zum Jahre 1311 überblicke, dieses Capitel also erst eine ganze Reihe von Jahren später, als sich die darin erwähnten Thatsachen zugetragen, niedergeschrieben habe: Haec namque nuptialis copula in principio laetitiam (1307), in medio maestitiam (1307—1310), ac in fine habuit conclusionem heu non bo- nam (Vertreibung Heinrichs 1311). Ja er zeigt, daß dieses Capitel erst nach dem Tractate über die Königin Elisabeth verfaßt ist (der Apologie): „sicut per diffusam cognoscere poteris narrationem inferius latius subnotatam“.1) In Memoiren, deren Wesen in gleichzeitiger oder doch aus frischer Erinnerung erfolgter Aufzeichnung des Erlebten und Erfah¬ renen besteht, könnte sich ein solcher Hinweis auf die Ereignisse und, was noch viel mehr ist, auf die fertige historische Schilderung von künftigen Vorfällen nicht finden. Im selben Cap. LXXXIV weiß Peter, daß Otto von Baiern, der 1306 nach Ungarn ging, die Stefanskrone zu erlangen, im 3. Jahre wieder von dort entfloh, ja daß er gestorben sei.2) Cap. LXXXVI verräth neuerdings (es behandelt das Jahr 1307), daß es nicht vor 1311 geschrieben ist und jein kann: „Ista enim tribus annis, quibus idem Heinricus regnavit in Bohemia, quassatio non cessavit, sed totius repetitur, quod ipsa suum numerum certum nescit; hor- rendum est enim mente concipere . . . . gravia pericula ac dis- crimina infinita, quibus tempore Heinrici ducis Chorinthie tota Bo- hemia fuerat onerata“. 3) Auch Cap. LXXXVII weist schon auf die Zeit des völligen Sieges des Adels und seine Machtstellung zur ersten Zeit König Johanns hin.4) Der Schluß-Zusatz zu Cap. LXXXVI läßt endlich erkennen, daß diese eingeschobenen, allein dem Zusammenhange dienenden Darlegungen erst nach 1313 geschrieben sein können: „Reliqua autem gestarum ejus et qualiter sub ipso Heinrico duce regnum Bohemiae fere ad exterminium ultimum pervenerit et qualiter domina Anna 1) Font. rer. Austr. VIII 206. 2) Ebendort 209. 3) Ebendort 219. 4) Ebdt. 222.
Strana 28
28 — uxor eius anno domini 13131) sine liberis in Chorinthia mortua fuerit, in subsequentibus capitulis plenius et diffusius declaratur.“ 7. Als Ergebnisse unserer Untersuchung gewinnen wir für die Composition und die Abfassungszeit des 1. Buches der König- saaler Geschichtsquellen folgendes Schema: I. Bestandtheile. a) Vita Wenceslai von Otto, Cap. I—LI, darin als Ganzes für sich die Königsaaler Gründungsgeschichte . . . . . . . . . II. Abfassungszeit. 1306—10? nach Erinnerungen und gleichzeitigen Notizen (12923). b) Fortsetzung der Vita Wenceslai von Peter Cap. LII—LXXXIII, . . . . . . darin für sich besonders die Geschichte des Krö- nungsfestes 1297 . . . . . . . . . . . nach gleichzeitigen Ein- drücken und Berichten. c) Uebergangscapitel: Wenzel III., Rudolf, nach 1314, wahrsch. 1316. Anfang Heinrichs, Cap.LXXXIV—LXXXVII. 1314, wahrsch. 1316 d) Die Apologie der Königin Elisabeth und des Abtes Courad von Königsaal, Cap. LXXXVII—CIX . . . . . . . nach 1311, Frühjahr auf Grund von Peters „Memoiren“ . . . . von 1309—1310/11. e) Uebergangscapitel CIX—CXI . . . . (Zeit von 1312 bis 1315.) f) Die Vita Heinrici imperatoris Cap. . CXII—CXV . . . . . . . . anf Grund von Peters Memoiren (1309—1310) und Berichten, mit Beilagen, Cap. CXVI bis CXX. 1313—1314 1309—1310/11 1316 1314—1316 g) Uebergangscapitel mit Nachrichten aus den Jahren 1313—1315 . . . 1316 1) Ebdt. 220. Dazu fand Peter nicht die Zeit. Er bringt für die Jahre 1313 bis 1316 nur einige rasch zusammengeraffte Notizen, aber keine einheitliche Erzählung, in der die Nachricht von Annas Tode († 3. Sept. 1313) Platz gefunden hätte. Sie sind auch deshalb als der zuletzt und zwar unmittelbar vor der Ueberreichung eilig gefertigte Theil des 1. Buches anzusehen.
28 — uxor eius anno domini 13131) sine liberis in Chorinthia mortua fuerit, in subsequentibus capitulis plenius et diffusius declaratur.“ 7. Als Ergebnisse unserer Untersuchung gewinnen wir für die Composition und die Abfassungszeit des 1. Buches der König- saaler Geschichtsquellen folgendes Schema: I. Bestandtheile. a) Vita Wenceslai von Otto, Cap. I—LI, darin als Ganzes für sich die Königsaaler Gründungsgeschichte . . . . . . . . . II. Abfassungszeit. 1306—10? nach Erinnerungen und gleichzeitigen Notizen (12923). b) Fortsetzung der Vita Wenceslai von Peter Cap. LII—LXXXIII, . . . . . . darin für sich besonders die Geschichte des Krö- nungsfestes 1297 . . . . . . . . . . . nach gleichzeitigen Ein- drücken und Berichten. c) Uebergangscapitel: Wenzel III., Rudolf, nach 1314, wahrsch. 1316. Anfang Heinrichs, Cap.LXXXIV—LXXXVII. 1314, wahrsch. 1316 d) Die Apologie der Königin Elisabeth und des Abtes Courad von Königsaal, Cap. LXXXVII—CIX . . . . . . . nach 1311, Frühjahr auf Grund von Peters „Memoiren“ . . . . von 1309—1310/11. e) Uebergangscapitel CIX—CXI . . . . (Zeit von 1312 bis 1315.) f) Die Vita Heinrici imperatoris Cap. . CXII—CXV . . . . . . . . anf Grund von Peters Memoiren (1309—1310) und Berichten, mit Beilagen, Cap. CXVI bis CXX. 1313—1314 1309—1310/11 1316 1314—1316 g) Uebergangscapitel mit Nachrichten aus den Jahren 1313—1315 . . . 1316 1) Ebdt. 220. Dazu fand Peter nicht die Zeit. Er bringt für die Jahre 1313 bis 1316 nur einige rasch zusammengeraffte Notizen, aber keine einheitliche Erzählung, in der die Nachricht von Annas Tode († 3. Sept. 1313) Platz gefunden hätte. Sie sind auch deshalb als der zuletzt und zwar unmittelbar vor der Ueberreichung eilig gefertigte Theil des 1. Buches anzusehen.
Strana 29
29 — I. Bestandtheile. h) Die Schlußeapitel als annalistische Darstellung der Zeitgeschichte von 1315 bis zur Wahl Peters, dessen Testament, Cap. CXXIV—CXXX . . (Notizen Peters) . . . . . . . . . . II. Abfassungszeit. 1316 1315, 1316. 8. Genesis des I. Buches der K. G. Auf Grund der oben gebrachten Ausführungen und mit Hilfe des Schemas dürfte es möglich sein, sich von der Entstehung des 1. Buches der K. G. eine annähernd richtige Vorstellung zu machen. Nach dem Tode des Stifters von Königsaal unternimmt es das Kloster, die Ehrenpflicht und Dankesschuld an den Gründer in einer Vita Wenceslai zu begleichen, deren Abfassung Otto, der Thüringer, versucht und bis Cap. 51 durchführt. Die Materialien über die Gründungsvorkommnisse kommen ihm dabei zu statten. Er mag noch damit beschäftigt sein, als sich im Stifte ein zweites historiographi- sches Talent zeigt, Peter (aus Zittau), der zuerst seine Eignung in Auf zeichnungen über seine und seines Abtes Conrad Erlebuisse in Deutsch¬ land 1309—1310 erweist und noch besser in der anf Grund dieser Auf- zeichnungen und wohl zu Folge Auftrages Abt Courads verfaßten „Apo- logie der Königin Elisabeth und des Abtes Conrad“, etwa 1311—1312, erhärtet. Inzwischen ist Ottos Arbeit aus unbekaunten Gründen ins Stocken gerathen. Abt Johann von Waldsassen mahut vielfach Peter zur Fortsetzung. Aber man will oder kann die Vita nicht Otto vor seinem Tode (1314) weguehmen. Peter erfüllt also die Wünsche Abt Johanns III. von Waldsassen einstweilen nicht; aber er ist doch weiter historiographisch thätig, indem er 1313—1314 die Vita Heinrici imperatoris verfaßt. Da stirbt (März 1314) Otto und nun übernimmt Peter auf neues Drängen des Waldsassener Abtes auch die Fortsetzung der Vita Wenceslai. Aber er hält seine Fähigkeiten für größer, sein Ziel liegt höher, als eine Legende zu vollenden; es scheint ihm um so eher erreichbar, als sich seine bisherigen historischen Arbeiten dafür gebrauchen lassen und ihm weiteres wichtiges Materiale zur Verfügung steht. Er schreibt daher: Non solum autem de fundatione Aule regie et de regibus Bohemie, qui meo fuerint tempore, verum etiam de aliis regnis et provinciis, nec non de principibus ecclesiasticis et secularibus, de eventibus quoque diversis, in quibus edificari seu solatiari poterit mens lectoris, quam diu rationis compos vixero, dei auxilio ad ipsius dei genitricisque suae gloriam utrumque conscribere attemptabo. Trotzdem
29 — I. Bestandtheile. h) Die Schlußeapitel als annalistische Darstellung der Zeitgeschichte von 1315 bis zur Wahl Peters, dessen Testament, Cap. CXXIV—CXXX . . (Notizen Peters) . . . . . . . . . . II. Abfassungszeit. 1316 1315, 1316. 8. Genesis des I. Buches der K. G. Auf Grund der oben gebrachten Ausführungen und mit Hilfe des Schemas dürfte es möglich sein, sich von der Entstehung des 1. Buches der K. G. eine annähernd richtige Vorstellung zu machen. Nach dem Tode des Stifters von Königsaal unternimmt es das Kloster, die Ehrenpflicht und Dankesschuld an den Gründer in einer Vita Wenceslai zu begleichen, deren Abfassung Otto, der Thüringer, versucht und bis Cap. 51 durchführt. Die Materialien über die Gründungsvorkommnisse kommen ihm dabei zu statten. Er mag noch damit beschäftigt sein, als sich im Stifte ein zweites historiographi- sches Talent zeigt, Peter (aus Zittau), der zuerst seine Eignung in Auf zeichnungen über seine und seines Abtes Conrad Erlebuisse in Deutsch¬ land 1309—1310 erweist und noch besser in der anf Grund dieser Auf- zeichnungen und wohl zu Folge Auftrages Abt Courads verfaßten „Apo- logie der Königin Elisabeth und des Abtes Conrad“, etwa 1311—1312, erhärtet. Inzwischen ist Ottos Arbeit aus unbekaunten Gründen ins Stocken gerathen. Abt Johann von Waldsassen mahut vielfach Peter zur Fortsetzung. Aber man will oder kann die Vita nicht Otto vor seinem Tode (1314) weguehmen. Peter erfüllt also die Wünsche Abt Johanns III. von Waldsassen einstweilen nicht; aber er ist doch weiter historiographisch thätig, indem er 1313—1314 die Vita Heinrici imperatoris verfaßt. Da stirbt (März 1314) Otto und nun übernimmt Peter auf neues Drängen des Waldsassener Abtes auch die Fortsetzung der Vita Wenceslai. Aber er hält seine Fähigkeiten für größer, sein Ziel liegt höher, als eine Legende zu vollenden; es scheint ihm um so eher erreichbar, als sich seine bisherigen historischen Arbeiten dafür gebrauchen lassen und ihm weiteres wichtiges Materiale zur Verfügung steht. Er schreibt daher: Non solum autem de fundatione Aule regie et de regibus Bohemie, qui meo fuerint tempore, verum etiam de aliis regnis et provinciis, nec non de principibus ecclesiasticis et secularibus, de eventibus quoque diversis, in quibus edificari seu solatiari poterit mens lectoris, quam diu rationis compos vixero, dei auxilio ad ipsius dei genitricisque suae gloriam utrumque conscribere attemptabo. Trotzdem
Strana 30
30 — nöthigt die Abtwahl 1316 und die Geschäftslast, die nun den Geschichts- schreiber völlig für sich in Anspruch nimmt, zu vorerstigem Abschluße des Werkes, das erst später, als sich Peter zur Neuaufnahme seiner historischen Arbeiten entschloß, die Bezeichnung eines ersten Volumens (Bandes) erhielt. Daher wird die Vita Wenceslai eilig (velociter) ab geschlossen, wohl ein Grund, weshalb viele der wichtigsten historischen Daten aus den Jahren 1298 bis 1303 nicht zur Geltung kommen; die Tractate über Elisabeth und Kaiser Heinrich werden als Geschichte der Jahre 1309—1311 und 1312—1313 eingefügt und durch Zwischen capitel mit der Vita Wenceslai und unter einander verbunden, historische Documente, die als Beilagen der Erzählung dienen sollten, erhalten nun selbst, da die Erzählung fehlt, Capitelstelle, nur die Ereignisse der bei- den letzten Jahre bis zu Peters Erhebung werden kurz neu geschildert, nicht in der Weise, wie wir uns Peters Aufzeichnungen aus den Jahren 1309 und 1310—1311 zu denken haben, sondern wie sie uns that- sächlich beim zweiten und dritten Buche entgegentritt. Das derartig roh zu einem Ganzen geformte Werk, dessen formelle Mängel Peter nicht verkennt und im Drange der Geschäfte höchstens durch gelegentliche in- haltliche Verweise zu mildern sucht, einheitlicher zu gestalten, hat er nie vermocht, ja scheint er niemals beabsichtigt zu haben. (Fortsetzung.)
30 — nöthigt die Abtwahl 1316 und die Geschäftslast, die nun den Geschichts- schreiber völlig für sich in Anspruch nimmt, zu vorerstigem Abschluße des Werkes, das erst später, als sich Peter zur Neuaufnahme seiner historischen Arbeiten entschloß, die Bezeichnung eines ersten Volumens (Bandes) erhielt. Daher wird die Vita Wenceslai eilig (velociter) ab geschlossen, wohl ein Grund, weshalb viele der wichtigsten historischen Daten aus den Jahren 1298 bis 1303 nicht zur Geltung kommen; die Tractate über Elisabeth und Kaiser Heinrich werden als Geschichte der Jahre 1309—1311 und 1312—1313 eingefügt und durch Zwischen capitel mit der Vita Wenceslai und unter einander verbunden, historische Documente, die als Beilagen der Erzählung dienen sollten, erhalten nun selbst, da die Erzählung fehlt, Capitelstelle, nur die Ereignisse der bei- den letzten Jahre bis zu Peters Erhebung werden kurz neu geschildert, nicht in der Weise, wie wir uns Peters Aufzeichnungen aus den Jahren 1309 und 1310—1311 zu denken haben, sondern wie sie uns that- sächlich beim zweiten und dritten Buche entgegentritt. Das derartig roh zu einem Ganzen geformte Werk, dessen formelle Mängel Peter nicht verkennt und im Drange der Geschäfte höchstens durch gelegentliche in- haltliche Verweise zu mildern sucht, einheitlicher zu gestalten, hat er nie vermocht, ja scheint er niemals beabsichtigt zu haben. (Fortsetzung.)
Strana 31
R ittheiſungen des Vereines für Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXXVI. Jahrgang. Iiedigirt von Dr. G. Biermann und Dr. A. Horčička. Nebst der literarischen Beilage. Prag 1898. Im Selbstverlage des Vereins und in Commisfion bei H. Dominicus.
R ittheiſungen des Vereines für Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXXVI. Jahrgang. Iiedigirt von Dr. G. Biermann und Dr. A. Horčička. Nebst der literarischen Beilage. Prag 1898. Im Selbstverlage des Vereins und in Commisfion bei H. Dominicus.
- 1: Array
- 31: Array