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Titel
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Ratsarchiv
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Název:
Das Ratsarchiv der Sechstadt Görlitz
Autor:
Jecht, Richard
Rok vydání:
1926
Místo vydání:
Görlitz
Počet stran celkem:
11
Počet stran předmluvy plus obsahu:
11
Obsah:
- 1: Titel
- 3: Ratsarchiv
upravit
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Das Ratsarcho der Sechsſadt Oörlitz Kurze Abersicht seiner Geſtände Quocereupt bonl Professor Richard Jecht, Dr.ph., Dr. jur. h. c. Ratsarchinar in Görlitz
Das Ratsarcho der Sechsſadt Oörlitz Kurze Abersicht seiner Geſtände Quocereupt bonl Professor Richard Jecht, Dr.ph., Dr. jur. h. c. Ratsarchinar in Görlitz
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ie Stadt Görlitz hat bis 1547, wo ihre Bedeutung durch die Fürslen- gewalt erdrückt wurde, im Osten Deutschlands durch Waffengewalt, Gerichtsbarkeit und Politik eine große Rolle gespielt. Sie war die reichste und zielbewußteste Stadt in dem berühmten Sechsslädtebunde, der im gahxe 1346 zwischen Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Kamenz und Eöbau geschlossen wurde. Sm 15. und 16. Jahrhundert 7500 bis 10000 Köpfe zählend, trat sie aber auch auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens bedeutsam herbor. Um 1500 blühte hier, nicht zum wenigsten durch das Waidſlapelrecht veranlaßt, die Erzeugung des Tuches und der Tuchhandel wie in keiner anderen deutschen Stadt; im Anfang des 17. Jahrhunderts und um 1700 kam dazu ein reger und lohnender Handel mit Leinwand*). Zeugnis von dieser hohen Betriebsamkeit und Wohlhabenheit geben noch jetzt die einzig dasfehenden Bauten der Frührenaissance und die schönen, stilvollen Barockbauten. Es ist nun nicht verwunderlich, daß solch entwickelte Stadt auch ein großes und wichtiges Archin besitzt. Eine Abersicht über die Bestände des Archins habe ich zuerst in der Schrift „Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz bis 1600“ i. §. 1909 gegeben. Sie war die Frucht einer jahrzehntelangen Arbeit, die in Aufsiellung und Re- pertorisierung der Bücher und Akten besland. Die Arbeit war deshalb nicht leicht, weil die Bücher, auf engem Raum zusammengestellt, ohne Ordnung durcheinander lagen und manche Beſlände auch abſeits von den Räumen des Ratsarchins an andern Stellen (glücklicherweise meist zu Görlitz) auf- bewahxt werden und zur Aberſicht herangezogen werden mußten. Seitdem nun dadurch der äußere Aberblick über die Schätze gewonnen wurde, sind vornehmlich in der Zeitschrift der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissen- schaften, dem Aeuen Lausitzischen Magazin, eine Reihe Arbeiten veröffent- licht worden, die eine nähere Wertschätzung dieser Quellen ermöglichen. *) Oergl. meine zusammenfassende Arbeit „Entwickhung von Industrie und Handel in der Preußischen Oberlausitz bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“: Das wirtschaftliche Werden der Preußischen Oberlausitz, Festschrift anläßlich des 75 jährigen Gesiehens der Industrie und Handelskammer für die Preußische Oberlausitz zu Görlitz (1925), Seite I—34. 3
ie Stadt Görlitz hat bis 1547, wo ihre Bedeutung durch die Fürslen- gewalt erdrückt wurde, im Osten Deutschlands durch Waffengewalt, Gerichtsbarkeit und Politik eine große Rolle gespielt. Sie war die reichste und zielbewußteste Stadt in dem berühmten Sechsslädtebunde, der im gahxe 1346 zwischen Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Kamenz und Eöbau geschlossen wurde. Sm 15. und 16. Jahrhundert 7500 bis 10000 Köpfe zählend, trat sie aber auch auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens bedeutsam herbor. Um 1500 blühte hier, nicht zum wenigsten durch das Waidſlapelrecht veranlaßt, die Erzeugung des Tuches und der Tuchhandel wie in keiner anderen deutschen Stadt; im Anfang des 17. Jahrhunderts und um 1700 kam dazu ein reger und lohnender Handel mit Leinwand*). Zeugnis von dieser hohen Betriebsamkeit und Wohlhabenheit geben noch jetzt die einzig dasfehenden Bauten der Frührenaissance und die schönen, stilvollen Barockbauten. Es ist nun nicht verwunderlich, daß solch entwickelte Stadt auch ein großes und wichtiges Archin besitzt. Eine Abersicht über die Bestände des Archins habe ich zuerst in der Schrift „Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz bis 1600“ i. §. 1909 gegeben. Sie war die Frucht einer jahrzehntelangen Arbeit, die in Aufsiellung und Re- pertorisierung der Bücher und Akten besland. Die Arbeit war deshalb nicht leicht, weil die Bücher, auf engem Raum zusammengestellt, ohne Ordnung durcheinander lagen und manche Beſlände auch abſeits von den Räumen des Ratsarchins an andern Stellen (glücklicherweise meist zu Görlitz) auf- bewahxt werden und zur Aberſicht herangezogen werden mußten. Seitdem nun dadurch der äußere Aberblick über die Schätze gewonnen wurde, sind vornehmlich in der Zeitschrift der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissen- schaften, dem Aeuen Lausitzischen Magazin, eine Reihe Arbeiten veröffent- licht worden, die eine nähere Wertschätzung dieser Quellen ermöglichen. *) Oergl. meine zusammenfassende Arbeit „Entwickhung von Industrie und Handel in der Preußischen Oberlausitz bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“: Das wirtschaftliche Werden der Preußischen Oberlausitz, Festschrift anläßlich des 75 jährigen Gesiehens der Industrie und Handelskammer für die Preußische Oberlausitz zu Görlitz (1925), Seite I—34. 3
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Zudem brachte beinale jeder Tag neue Erfahrungen und Methoden der Quellenbenutzung. So erscheint es heute berechtigt, vom gegenwärtigen Stande der Forschung aus die Archivalien der alten Sechssladt Görlitz weiteren Kreisen, vornehmlich der Berufsgenossen, vorzuführen. Die Hauptschätze des Archins sind: Stadtbücher (Gerichtsbücher). Sie sind in einer gewaltigen Reihe Bände seit dem Jahre 1305 fast lückenlos bis zur preußtschen Zeit (1815) vorhanden. Durch diese sich fortsetzenden schriftlichen Riederschläge über- trifft das Görlitzer Ratsarchin wohl alle anderen deutschen Städte. Ssf der Forscher auf dem Gebiete einer anderen Stadt sonst froh, wenn er für seine Studien ein oder ein paar dieser Gücher aus dem 14. oder 15. gahrhundert zur Oerfügung hat, so kann er in Görlitz in der Zeif von 600 Jahren die Entwicklung der Oerhälinisse über Mein und Dein, über die letztwilligen Oerfügungen, über die bürgerlichen Klagen, Zahlungs- gelöbnisse, über die Schuldverhältnisse, über die Subhasationen, über bürgerliche Auseinandersetzungen usw. verfolgen. Hier liegen zur Be- nutzung vor die libri resignationum (Kaufbücher), libri obligationum (Hypothekenbücher), libri actorum (bürgerliche Klagen und notarielle Aufnahmen über die Mobilia), Testamentsbücher, libri compositionum (Entscheldebücher). Es lafsen sich auf Grund dieser Quellen für den Rechts- historiker lohnende Studien machen, auch darüber, wie das angewandte Magdeburger Recht einer Kolonialſadt von Jahrhundert zu Jahrhundert sich entwickelte, wie nach und nach das deutsche Recht mit fremdem Rechte sich mischte, wie sich die richterlichen Formen nach und nach veränderten. Für die Stadt Görlitz als solche ergeben sich wichtige Rachrichten über die Topographie, über die führenden Familien, über die Entsiehung der Familiennamen, über den Besland und Wechsel der Oornamen; auch treten uns überall kulturelle Gerhältnisse über Haus und Hof, Hab und Gut, Weib und Kind, Kopf und Herz entgegen. Die Stadtbücher gehen aber auch über das eigentliche Stadtgebiet hinaus, sie umfassen z. T. auch das Görlitzer „Weichbild“. Weichbild ist in Görlitz gleichbedeutend mit Bezirk der hohen (hochnotpeinlichen) Gerichtsbarkeit. 4
Zudem brachte beinale jeder Tag neue Erfahrungen und Methoden der Quellenbenutzung. So erscheint es heute berechtigt, vom gegenwärtigen Stande der Forschung aus die Archivalien der alten Sechssladt Görlitz weiteren Kreisen, vornehmlich der Berufsgenossen, vorzuführen. Die Hauptschätze des Archins sind: Stadtbücher (Gerichtsbücher). Sie sind in einer gewaltigen Reihe Bände seit dem Jahre 1305 fast lückenlos bis zur preußtschen Zeit (1815) vorhanden. Durch diese sich fortsetzenden schriftlichen Riederschläge über- trifft das Görlitzer Ratsarchin wohl alle anderen deutschen Städte. Ssf der Forscher auf dem Gebiete einer anderen Stadt sonst froh, wenn er für seine Studien ein oder ein paar dieser Gücher aus dem 14. oder 15. gahrhundert zur Oerfügung hat, so kann er in Görlitz in der Zeif von 600 Jahren die Entwicklung der Oerhälinisse über Mein und Dein, über die letztwilligen Oerfügungen, über die bürgerlichen Klagen, Zahlungs- gelöbnisse, über die Schuldverhältnisse, über die Subhasationen, über bürgerliche Auseinandersetzungen usw. verfolgen. Hier liegen zur Be- nutzung vor die libri resignationum (Kaufbücher), libri obligationum (Hypothekenbücher), libri actorum (bürgerliche Klagen und notarielle Aufnahmen über die Mobilia), Testamentsbücher, libri compositionum (Entscheldebücher). Es lafsen sich auf Grund dieser Quellen für den Rechts- historiker lohnende Studien machen, auch darüber, wie das angewandte Magdeburger Recht einer Kolonialſadt von Jahrhundert zu Jahrhundert sich entwickelte, wie nach und nach das deutsche Recht mit fremdem Rechte sich mischte, wie sich die richterlichen Formen nach und nach veränderten. Für die Stadt Görlitz als solche ergeben sich wichtige Rachrichten über die Topographie, über die führenden Familien, über die Entsiehung der Familiennamen, über den Besland und Wechsel der Oornamen; auch treten uns überall kulturelle Gerhältnisse über Haus und Hof, Hab und Gut, Weib und Kind, Kopf und Herz entgegen. Die Stadtbücher gehen aber auch über das eigentliche Stadtgebiet hinaus, sie umfassen z. T. auch das Görlitzer „Weichbild“. Weichbild ist in Görlitz gleichbedeutend mit Bezirk der hohen (hochnotpeinlichen) Gerichtsbarkeit. 4
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Bis 1547 mußte nämlich jedes Kriminalverbrechen, das in dem weiten Gebiete von der Muskauer Grenze bis an die böhmischen erge und von dem Löbauer Waſſer bis an den Queis (nur mit Ausnahme des Gebietes der Schwesterſlädte Zittau und Lauban) begangen wurde, vor den Gerichtshof der Görlitzer Schöppen gebracht werden. So entslanden die libri proscrip- tionum (Achtsbücher) seit 1342, die libri vocationum (Heischebücher) seit etwa 1390, die Acheldamachbücher(Bücher peinlicher Bekenninisse, Räuber- zettel), Rügegerichtsbücher usw. Hauptsächlich auf Grund dieser Quellen konnie Hermann Knothe 1879 seine berülmte Geschichte des Oberlausitzer Adels bis zum Ausgange des I6. Fahrhunderts ſchreiben und eine neuere, umfangreiche Arbeit,die zum Drucke vorliegt, von Dr. Walter von Bötticher „Der Adel der Ostoberlausitz um 1400“ entsiehen. Gaben sich die Parteien bei Entscheidungen in bürgerlichen Sachen nicht zufrieden, so konnten sie bei den Magdeburger Schöppen Berufung einlegen. So entslanden in unserem Archine Magdeburger Schöppensprüche. Der Rame ist vielleicht irre- führend, denn das Tatsachenmaterial wurde, gewöhnlich ganz ausführlich, von den Görlitzer Schöppen niedergeschrieben und nur die gewöhnlich kurze Entscheidung von den Magdeburger Schöppen unten auf dem Pergamentblatte hinzugefügt. Es sind im Originale 400 Stück Sprüche vorhanden. Dazu kommen aber noch eine große Menge Abschriften in buchförmigen Einbänden, derart, daß wir in Görlitz weit über 1000 Stück dieser wichtigen Rechtsquellen haben. — Auch von den Schöppen zu Dohna (Entscheidungen in Lehnsachen) sind eine geringe Anzahl, aber immer- hin die meisten der überhaupt vorhandenen in Görlitz zu finden. Abrigens zeigen sich auch um 1475 in Görlitz selbst Spuren eines Ober- hofs, der von den benachbarten Städten Lauban, Rothenburg, Bern- �adt, Marklisa und anderen benutzt wurde. Sm Zusammenhange damit möge kurz über die Sachsenspiegel im Görlitzer Archiue gesprochen werden*). *) S. Richard gecht, Neues Lausitzisches Magazin 82 (1906) S. 223—264 mit 8 Tafeln Abbildungen und 95 (1919) S. 104—107. 5
Bis 1547 mußte nämlich jedes Kriminalverbrechen, das in dem weiten Gebiete von der Muskauer Grenze bis an die böhmischen erge und von dem Löbauer Waſſer bis an den Queis (nur mit Ausnahme des Gebietes der Schwesterſlädte Zittau und Lauban) begangen wurde, vor den Gerichtshof der Görlitzer Schöppen gebracht werden. So entslanden die libri proscrip- tionum (Achtsbücher) seit 1342, die libri vocationum (Heischebücher) seit etwa 1390, die Acheldamachbücher(Bücher peinlicher Bekenninisse, Räuber- zettel), Rügegerichtsbücher usw. Hauptsächlich auf Grund dieser Quellen konnie Hermann Knothe 1879 seine berülmte Geschichte des Oberlausitzer Adels bis zum Ausgange des I6. Fahrhunderts ſchreiben und eine neuere, umfangreiche Arbeit,die zum Drucke vorliegt, von Dr. Walter von Bötticher „Der Adel der Ostoberlausitz um 1400“ entsiehen. Gaben sich die Parteien bei Entscheidungen in bürgerlichen Sachen nicht zufrieden, so konnten sie bei den Magdeburger Schöppen Berufung einlegen. So entslanden in unserem Archine Magdeburger Schöppensprüche. Der Rame ist vielleicht irre- führend, denn das Tatsachenmaterial wurde, gewöhnlich ganz ausführlich, von den Görlitzer Schöppen niedergeschrieben und nur die gewöhnlich kurze Entscheidung von den Magdeburger Schöppen unten auf dem Pergamentblatte hinzugefügt. Es sind im Originale 400 Stück Sprüche vorhanden. Dazu kommen aber noch eine große Menge Abschriften in buchförmigen Einbänden, derart, daß wir in Görlitz weit über 1000 Stück dieser wichtigen Rechtsquellen haben. — Auch von den Schöppen zu Dohna (Entscheidungen in Lehnsachen) sind eine geringe Anzahl, aber immer- hin die meisten der überhaupt vorhandenen in Görlitz zu finden. Abrigens zeigen sich auch um 1475 in Görlitz selbst Spuren eines Ober- hofs, der von den benachbarten Städten Lauban, Rothenburg, Bern- �adt, Marklisa und anderen benutzt wurde. Sm Zusammenhange damit möge kurz über die Sachsenspiegel im Görlitzer Archiue gesprochen werden*). *) S. Richard gecht, Neues Lausitzisches Magazin 82 (1906) S. 223—264 mit 8 Tafeln Abbildungen und 95 (1919) S. 104—107. 5
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Die wichtigste Handschrift ist das „Görlitzer Lehnrecht“ von etwa I300, über dessen Oerwandtschaft mit dem „Auctor vetus“ und dem gemeinen Sachsenspiegel viel gestritten ist. Ferner ist die große Handschrift des Sachsenspiegels vom Jahre I387 wegen der Glossen des Liegnitzer Rechts- gelehrten Rikolaus von Wurm hervorzuheben. Ein ABOdarium eines Sachsenspiegels isf zur Ausgabe beinahe fertiggestellt, doch verhinderte der Tod Josef Kohlers seine Herausgabe. Ein Rechtsslatut vom Jahre I304 isk letder verschollen, doch liegen gute Abdrücke und eine lichte Bearbeitung vor. Sm ganzen finden sich etwa 15 Handschriffen des theoretischen Magdeburger Rechts. Stadtskatuten hat das Archin vom Jahre 1434 an, die sich natürlich auf früheren Görlitzer „Wilküren“ aufbauen, ferner von den Jahxen 1476, 1482, 1548, 1505 (teilweise mit vielen Nachträgen). — Hierher gehört auch ein Manuskript über die Stadtverwaltung, über die Amter, deren Umfang und Gesoldung aus dem Jahre 1488 ff., ferner ein ganz neuzeitlich anmutendes Buch „Snstruktion für einen Görlitzer Gürger- meister“ aus dem Jahre 1476. Kürbücher (Ratslisen). Die Quellen ermöglichen es, die Ratsreihe seit 1300 in ausgiebiger Fülle festzustellen. Besondere Gücher hierüber gibt es in lückenloser Reihje von 1400—1819. Wichtig in ihnen ist die zeitweise niedergeschriebene Oerteilung der Amier (der Dezernenten). Bürgerrechtslisten. Sie erscheinen zunächst in den Ratsrechnungen seit 1379, dann in besonderen Büchern von 1444 bis ins 19. Jahxhundert. Richt alle nach Görlitz von außen kommenden Leute werden darin ver- zeichnet. Denn „Bürger“ einer Stadt zu werden war eine hohe Ehre, die der großen Masse und dem „Pöber“, wie es 1527 heißt, nicht zuteil wurde. Grundbesitz und das Amt eines Handwerkermetsiers verpflichtete zur Einzeichnung in die Bürgerliste. Geschoß, und Steuerbücher. „Geschoß“ ist sädtische Steuer, „Steuer“ ist landesherrliche Abgabe, die, von der Stadt eingezogen, als Sonderabgabe erst in der Zeit der Reformation erscheint. Geschoßbücher 6
Die wichtigste Handschrift ist das „Görlitzer Lehnrecht“ von etwa I300, über dessen Oerwandtschaft mit dem „Auctor vetus“ und dem gemeinen Sachsenspiegel viel gestritten ist. Ferner ist die große Handschrift des Sachsenspiegels vom Jahre I387 wegen der Glossen des Liegnitzer Rechts- gelehrten Rikolaus von Wurm hervorzuheben. Ein ABOdarium eines Sachsenspiegels isf zur Ausgabe beinahe fertiggestellt, doch verhinderte der Tod Josef Kohlers seine Herausgabe. Ein Rechtsslatut vom Jahre I304 isk letder verschollen, doch liegen gute Abdrücke und eine lichte Bearbeitung vor. Sm ganzen finden sich etwa 15 Handschriffen des theoretischen Magdeburger Rechts. Stadtskatuten hat das Archin vom Jahre 1434 an, die sich natürlich auf früheren Görlitzer „Wilküren“ aufbauen, ferner von den Jahxen 1476, 1482, 1548, 1505 (teilweise mit vielen Nachträgen). — Hierher gehört auch ein Manuskript über die Stadtverwaltung, über die Amter, deren Umfang und Gesoldung aus dem Jahre 1488 ff., ferner ein ganz neuzeitlich anmutendes Buch „Snstruktion für einen Görlitzer Gürger- meister“ aus dem Jahre 1476. Kürbücher (Ratslisen). Die Quellen ermöglichen es, die Ratsreihe seit 1300 in ausgiebiger Fülle festzustellen. Besondere Gücher hierüber gibt es in lückenloser Reihje von 1400—1819. Wichtig in ihnen ist die zeitweise niedergeschriebene Oerteilung der Amier (der Dezernenten). Bürgerrechtslisten. Sie erscheinen zunächst in den Ratsrechnungen seit 1379, dann in besonderen Büchern von 1444 bis ins 19. Jahxhundert. Richt alle nach Görlitz von außen kommenden Leute werden darin ver- zeichnet. Denn „Bürger“ einer Stadt zu werden war eine hohe Ehre, die der großen Masse und dem „Pöber“, wie es 1527 heißt, nicht zuteil wurde. Grundbesitz und das Amt eines Handwerkermetsiers verpflichtete zur Einzeichnung in die Bürgerliste. Geschoß, und Steuerbücher. „Geschoß“ ist sädtische Steuer, „Steuer“ ist landesherrliche Abgabe, die, von der Stadt eingezogen, als Sonderabgabe erst in der Zeit der Reformation erscheint. Geschoßbücher 6
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finden sich, und zwar in 4 Aisten für jedes Jahr, seit 1426 fast lückenlos bis ins 19. Jahrhundert, Steuerbücher seit 1528. Wie diese Aisten, deren Anzahl woljl an 2000 beträgt, für Steuerverhältnisse, Haushaltungen, Mieter, Kopfanzahl, Wohnung der einzelnen Bürger, Rufnamen, Topo- graphie nutzbar gemacht werden können, habe ich vor 30 gahren im Neuen Lausitzischen Magazin, Band 72 (1890) ausgeführt. Eine neue Ausnützung dieser Gücher auf dem Gebiete der Oermögenslage und Gliederung der Burger ist neuerdings vorgenommen. Es ist möglich— und diese reizoolle Arbeit ist teilweise schon geschehen —, daß innerhals der Stadtmauer und z. T. auch in den Oorstädten die Wohnungen der Träger der Stadtgewalt und sonstiger bedeutender Leute (z. B. Jakob Böhmes) festgelegt werden und daß man die Reihe der Besitzer lückenlos auf 500 Jahre zurückverfolgen kann. Zinsbücher. Sie enthalten sogenannte Erbzinsen, d. h. unablösliche Renten, die vornehmlich auf den Dörfern den Grundherren bezahlt wurden; aber auch in der Stadt hatte seit den Anfängen der Stadt sich ein solcher Zins erhalten, der jedoch möglichst beschräntt wurde; in der Borsladt (Suburbium) bei den rustici war er häufig. Hier können wir den Rat als Grundherrn in der Stadt und auf dem Lande beobachten und erfahren auch die Ramen der Zinsenden. Die regelmäßige Reihe dieser listen isf seit 1443 erhalten. Ratsrechnungen von 1375—1491 und 1548 ff. Keine Quelle ist bedeutender und ausgiebiger. Wir haben in ilnen zu Zeiten keine Wochen- rechnungen, sondern Wochenberichte über geschichtliche Vorgänge; die codices diplomatici Lusatiae superioris II, III und IV, die ich seit 1890 Herausgebe, sind hauptsächlich von ihnen angefüllt; sie bieten ganz vor- zügliche Quellen über die Zeiten des Herzogs Hans von Görlitz († 1390), Wenzels, über Sigmund und den Hussitenkrieg, über die Oerhältnisse unter Sigmunds Nachfolger bis 1457; auch die zu erhoffenden Arkundenbücher der folgenden Zeiten eines Georg Podjebrad und Matthias Corvinus werden aus iihnen einen reichen Stoff schöpfen. Auf ihnen hauptsächlich berulst mein Buch über das Land der Sechsstädte unter Kaiser Sigmund, 7
finden sich, und zwar in 4 Aisten für jedes Jahr, seit 1426 fast lückenlos bis ins 19. Jahrhundert, Steuerbücher seit 1528. Wie diese Aisten, deren Anzahl woljl an 2000 beträgt, für Steuerverhältnisse, Haushaltungen, Mieter, Kopfanzahl, Wohnung der einzelnen Bürger, Rufnamen, Topo- graphie nutzbar gemacht werden können, habe ich vor 30 gahren im Neuen Lausitzischen Magazin, Band 72 (1890) ausgeführt. Eine neue Ausnützung dieser Gücher auf dem Gebiete der Oermögenslage und Gliederung der Burger ist neuerdings vorgenommen. Es ist möglich— und diese reizoolle Arbeit ist teilweise schon geschehen —, daß innerhals der Stadtmauer und z. T. auch in den Oorstädten die Wohnungen der Träger der Stadtgewalt und sonstiger bedeutender Leute (z. B. Jakob Böhmes) festgelegt werden und daß man die Reihe der Besitzer lückenlos auf 500 Jahre zurückverfolgen kann. Zinsbücher. Sie enthalten sogenannte Erbzinsen, d. h. unablösliche Renten, die vornehmlich auf den Dörfern den Grundherren bezahlt wurden; aber auch in der Stadt hatte seit den Anfängen der Stadt sich ein solcher Zins erhalten, der jedoch möglichst beschräntt wurde; in der Borsladt (Suburbium) bei den rustici war er häufig. Hier können wir den Rat als Grundherrn in der Stadt und auf dem Lande beobachten und erfahren auch die Ramen der Zinsenden. Die regelmäßige Reihe dieser listen isf seit 1443 erhalten. Ratsrechnungen von 1375—1491 und 1548 ff. Keine Quelle ist bedeutender und ausgiebiger. Wir haben in ilnen zu Zeiten keine Wochen- rechnungen, sondern Wochenberichte über geschichtliche Vorgänge; die codices diplomatici Lusatiae superioris II, III und IV, die ich seit 1890 Herausgebe, sind hauptsächlich von ihnen angefüllt; sie bieten ganz vor- zügliche Quellen über die Zeiten des Herzogs Hans von Görlitz († 1390), Wenzels, über Sigmund und den Hussitenkrieg, über die Oerhältnisse unter Sigmunds Nachfolger bis 1457; auch die zu erhoffenden Arkundenbücher der folgenden Zeiten eines Georg Podjebrad und Matthias Corvinus werden aus iihnen einen reichen Stoff schöpfen. Auf ihnen hauptsächlich berulst mein Buch über das Land der Sechsstädte unter Kaiser Sigmund, 7
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wo es auch möglich war, auf Grund dieser Quelle Feldzugspläne der Hussiten herauszuarbeiten und in Karten darzustellen. Es ist auch klar, daß eine Finanzgeschichte der Stadt Görlitz, die in einer späteren Zeit sicher geschrieben werden wird, sich hauptsächlich auf ihnen und den Geschoß- büchern aufbauen muß. Missiven oder Briefbücher, enshaltend alle aus Görlitz aus- gehenden offiziellen Schreiben. Sn ihnen haben wir eine der reichhaltigsten und zuverlässigsten Quellen für die Geschichte der Stadt Görlitz, der Ober- lausitz und der Rachbarländer. Die hohe Politik, das Kriegs und Feljde- wesen, kirchliche Oeriältnise, Streitigkeiten mit anderen Gewaltihabern, das Oerhälinis zum Landesherrn, das Kunsthandwerk, die Wirtschafts geschichte und vieles andere finden hier Geleuchtung. Die Bücher sind von 1487 bis 1662 erhalten. Sie bringen Tausende und aber Tausende von Schreiben. Ratürlich ist es sehr schwer, sich eine Abersicht darüber zu ver- schaffen; da sie aber streng zeitlich geordnet sind und die Empfängernamen sich deutlich herausheben, so gibt das einigermaßen eine Orientierung. Regesten bleiben natürlich ein frommer Wunsch, der sich woljl kaum jemals erfüllen läßt. Ratsprotokolle. Sie sind in gebundenen Büchern fast lückenlos seit 1563 in 144 Gänden bis in die preußtschen Zeiten vorhanden. Einzelurkunden. Es gibt solche, meist mit Siegeln versehen und auf Pergament, von 1282 bis 1800 etwa 1300 Stück. Hierzu kommen noch 7 Urkundenbücher, gefüllt mit Originalien oder gleichzeitigen oder späteren Abschriften; sodann die Annales Sculteti. Scultet (1540—1614), Mathe= matiker, Astronom, Astrolog, Kalenderschreiber und vor allen Dingen Geschichtsschreiber, lieferte uns 5 Gände Urkunden in Abschrift, deren Ur- schriften meist verloren sind. Der 4. Band von 1471—1499 ist leider verſchollen. Der Wert der 7 Urkundenbücher und der erſten 3 Bände der Annales Sculteti kann kaum überschätzt werden. Die großen Urkunden- werke von Palacky über die Hussitenzeit und über die Zeit Georg Podje- brads, die codices diplomatici Lusatiae superioris von R. gecht fanden hier eine sehx ergiebige Quelle. 8
wo es auch möglich war, auf Grund dieser Quelle Feldzugspläne der Hussiten herauszuarbeiten und in Karten darzustellen. Es ist auch klar, daß eine Finanzgeschichte der Stadt Görlitz, die in einer späteren Zeit sicher geschrieben werden wird, sich hauptsächlich auf ihnen und den Geschoß- büchern aufbauen muß. Missiven oder Briefbücher, enshaltend alle aus Görlitz aus- gehenden offiziellen Schreiben. Sn ihnen haben wir eine der reichhaltigsten und zuverlässigsten Quellen für die Geschichte der Stadt Görlitz, der Ober- lausitz und der Rachbarländer. Die hohe Politik, das Kriegs und Feljde- wesen, kirchliche Oeriältnise, Streitigkeiten mit anderen Gewaltihabern, das Oerhälinis zum Landesherrn, das Kunsthandwerk, die Wirtschafts geschichte und vieles andere finden hier Geleuchtung. Die Bücher sind von 1487 bis 1662 erhalten. Sie bringen Tausende und aber Tausende von Schreiben. Ratürlich ist es sehr schwer, sich eine Abersicht darüber zu ver- schaffen; da sie aber streng zeitlich geordnet sind und die Empfängernamen sich deutlich herausheben, so gibt das einigermaßen eine Orientierung. Regesten bleiben natürlich ein frommer Wunsch, der sich woljl kaum jemals erfüllen läßt. Ratsprotokolle. Sie sind in gebundenen Büchern fast lückenlos seit 1563 in 144 Gänden bis in die preußtschen Zeiten vorhanden. Einzelurkunden. Es gibt solche, meist mit Siegeln versehen und auf Pergament, von 1282 bis 1800 etwa 1300 Stück. Hierzu kommen noch 7 Urkundenbücher, gefüllt mit Originalien oder gleichzeitigen oder späteren Abschriften; sodann die Annales Sculteti. Scultet (1540—1614), Mathe= matiker, Astronom, Astrolog, Kalenderschreiber und vor allen Dingen Geschichtsschreiber, lieferte uns 5 Gände Urkunden in Abschrift, deren Ur- schriften meist verloren sind. Der 4. Band von 1471—1499 ist leider verſchollen. Der Wert der 7 Urkundenbücher und der erſten 3 Bände der Annales Sculteti kann kaum überschätzt werden. Die großen Urkunden- werke von Palacky über die Hussitenzeit und über die Zeit Georg Podje- brads, die codices diplomatici Lusatiae superioris von R. gecht fanden hier eine sehx ergiebige Quelle. 8
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Tagebücher über Oerwaltung und richterliche Tätigkeit. Sie setzen gegen 1460 ein und vermehren sich bedeutend im 16. Jahrhundert. Oon besonderer Wichtigkeit sind die von Paul Schneider (sarb 1545) und Bartholomäus Scultetus. Oon Scultetus ist auch noch ein allgemeines Tagebuch in gedruckte Kalender der Jahre 1567—1594 eingeschrieben, das für das bürgerliche Leben in Görlitz, aber auch darüber hinaus von unschätzbarem Werte ist. Dazu kann man auch ein Wirtschaftsbuch eines Krämers von 1476—1496 und ein ländliches Wirtschaftsbuch rechnen. Innungsakten finden sich zerstreut, meist in Stadtbüchern, bis 1534, dann in großer Fülle systematisch zusammengestellt in Büchern und Heften. Kirchengeschichtliches. Hier ist zu nennen ein Necrologium fratrum minorum, das die Oerhältnisse des Görlitzer Franziskanerklosters von 1375—1538 beleuchtet. Dann sind für die Art, wie die Reformation sich wirtschaftlich auswirkte, 8 Bücher über die Geisilichen, Stifts/ und Priester- zinsen vorhanden, deren zweifelsohne höchst ergiebige und fruchtbare Aus- arbeitung von einer kommenden Zeit zu erhoffen ist. Chroniken. Nach früheren Ansätzen beginnt von 1480—1542 eine Überaus rege Tätigkeit, die Hauptereignisie in Görlitz von Rats wegen schriftlich niederzuschreiben. Sie sind meist gleichzeitig mit den Ereignisien verfaßt. Die Krone dieser Arbeiten ist der letzte Ratsannal des berühmien Stadtschreibers Johannes Haß, ein Werk, das in Snhalt und Sprache eine ganz vorzügliche Leistung isl. Die eigentliche Zeit der „Hauschroniken“, die bedeutend gegen die früheren Zeiten zurücksiehen, beginnt seit der — zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ein glückliches Geschick hat über den Görlitzer Archivalien gewaltet. Das Rathaus ist niemals vom Feuer heimgesucht worden, auch sonst sind die Oerluste nur gering. Den schlimmsten und fühlbarsten Oerlust hat der Staat zugefügt. Als Görlitz preußisch wurde und mit den 67 der Stadt und den piae causae und den Stadtbürgern gehörigen Dörfern, die zur „Stadtmit- letdung"gerechnet wurden,an die neue Regierung kam,wurde der Stadt und den „Landsassen“ das Gericht genommen und ein Teil der Akten, soweit sie 9
Tagebücher über Oerwaltung und richterliche Tätigkeit. Sie setzen gegen 1460 ein und vermehren sich bedeutend im 16. Jahrhundert. Oon besonderer Wichtigkeit sind die von Paul Schneider (sarb 1545) und Bartholomäus Scultetus. Oon Scultetus ist auch noch ein allgemeines Tagebuch in gedruckte Kalender der Jahre 1567—1594 eingeschrieben, das für das bürgerliche Leben in Görlitz, aber auch darüber hinaus von unschätzbarem Werte ist. Dazu kann man auch ein Wirtschaftsbuch eines Krämers von 1476—1496 und ein ländliches Wirtschaftsbuch rechnen. Innungsakten finden sich zerstreut, meist in Stadtbüchern, bis 1534, dann in großer Fülle systematisch zusammengestellt in Büchern und Heften. Kirchengeschichtliches. Hier ist zu nennen ein Necrologium fratrum minorum, das die Oerhältnisse des Görlitzer Franziskanerklosters von 1375—1538 beleuchtet. Dann sind für die Art, wie die Reformation sich wirtschaftlich auswirkte, 8 Bücher über die Geisilichen, Stifts/ und Priester- zinsen vorhanden, deren zweifelsohne höchst ergiebige und fruchtbare Aus- arbeitung von einer kommenden Zeit zu erhoffen ist. Chroniken. Nach früheren Ansätzen beginnt von 1480—1542 eine Überaus rege Tätigkeit, die Hauptereignisie in Görlitz von Rats wegen schriftlich niederzuschreiben. Sie sind meist gleichzeitig mit den Ereignisien verfaßt. Die Krone dieser Arbeiten ist der letzte Ratsannal des berühmien Stadtschreibers Johannes Haß, ein Werk, das in Snhalt und Sprache eine ganz vorzügliche Leistung isl. Die eigentliche Zeit der „Hauschroniken“, die bedeutend gegen die früheren Zeiten zurücksiehen, beginnt seit der — zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ein glückliches Geschick hat über den Görlitzer Archivalien gewaltet. Das Rathaus ist niemals vom Feuer heimgesucht worden, auch sonst sind die Oerluste nur gering. Den schlimmsten und fühlbarsten Oerlust hat der Staat zugefügt. Als Görlitz preußisch wurde und mit den 67 der Stadt und den piae causae und den Stadtbürgern gehörigen Dörfern, die zur „Stadtmit- letdung"gerechnet wurden,an die neue Regierung kam,wurde der Stadt und den „Landsassen“ das Gericht genommen und ein Teil der Akten, soweit sie 9
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als Grundlage für die neue Gerichtsbarkeit dienen konnten,an die slaatlichen Gerichte übergeben, und von dort kamen sie später, als sie nicht mehr von Gerichts wegen gebraucht wurden,an das Staatsarchin in Greslau,manche anderen Geslände auch an das Regierungsarchis in Liegnitz. Solches Zu- sammenraffen der urkundlichen Schätze an eine Zentralstelle hat ja seinen großen Oorteil: Das Staatsarchis ordnet und verzeichnet die Akten von Amts wegen. Wenn aber die zweitgrößte Stadt Schlesiens dadurch getroffen wird, die ein geordnetes Archin und einen eigenen Archinar hat,wurde solche Maßnahme ein Unrecht und störte ganz erheblich die wissenschaftlichen Forschungen. An dem fremden, weitab gelegenen Orte ist eine Genützung, weil sie nicht im Zusammenhange mit den anderen Quellen in Görlitz vor- genommen werden kann, mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Ein zeitweiliger Oersand aber hat wegen des Inhalts, der sich nicht erschöpfend ausschreiben läßt, wenig Zweck. Die entfremdeten Bücher betreffen meist ganze Reihen höchstwichtigsten Snhalts; so findet man im Staatsarchin zu Breslau von den Görlitzer Kaufbüchern die Reihe von 1614—1022 und dann weitere 54 Gände, die die Zeit von 1702—1820 umfassen, sodann die Oersicherungsbücher von 1720—1728 und 29 Bände von 1739—1812. Die zallreichen, größtenteils gehefteten Akten in engerem Sinne fangen meist erst in der Zeit der zwetten Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Aber sie kann hier nicht gesprochen werden. Schließlich sei noch bemerkt, daß neben dem Hauptaufbewahrungsorte, dem Görlitzer Ratsarchin, in Görlitz noch die Bibliothek und das Archin der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften (gegründet 1779) und die Milichsche Biblioshek (kam 1727 von Schweidnitz nach Görlitz) in — Frage kommen. Man hat nun seit alter Zeit und sysematisch seit etwa 40 gahren diese Schätze für wissenschaftliche Forschung nutzbar gemacht. Darüber kann ich hier nichts Genaueres angeben, doch auf zwet Punkte sei hingewiesen. In der neuesten Zeit hat man die Görlitzer Archivalien auch für die Wirtschafts/ und Sozialgeschichte herangezogen. Die besonderen Schwierig- keiten wirtschaftsgeschichtlicher Arbeit, die vor allem in der Geschaffenheit 10
als Grundlage für die neue Gerichtsbarkeit dienen konnten,an die slaatlichen Gerichte übergeben, und von dort kamen sie später, als sie nicht mehr von Gerichts wegen gebraucht wurden,an das Staatsarchin in Greslau,manche anderen Geslände auch an das Regierungsarchis in Liegnitz. Solches Zu- sammenraffen der urkundlichen Schätze an eine Zentralstelle hat ja seinen großen Oorteil: Das Staatsarchis ordnet und verzeichnet die Akten von Amts wegen. Wenn aber die zweitgrößte Stadt Schlesiens dadurch getroffen wird, die ein geordnetes Archin und einen eigenen Archinar hat,wurde solche Maßnahme ein Unrecht und störte ganz erheblich die wissenschaftlichen Forschungen. An dem fremden, weitab gelegenen Orte ist eine Genützung, weil sie nicht im Zusammenhange mit den anderen Quellen in Görlitz vor- genommen werden kann, mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Ein zeitweiliger Oersand aber hat wegen des Inhalts, der sich nicht erschöpfend ausschreiben läßt, wenig Zweck. Die entfremdeten Bücher betreffen meist ganze Reihen höchstwichtigsten Snhalts; so findet man im Staatsarchin zu Breslau von den Görlitzer Kaufbüchern die Reihe von 1614—1022 und dann weitere 54 Gände, die die Zeit von 1702—1820 umfassen, sodann die Oersicherungsbücher von 1720—1728 und 29 Bände von 1739—1812. Die zallreichen, größtenteils gehefteten Akten in engerem Sinne fangen meist erst in der Zeit der zwetten Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Aber sie kann hier nicht gesprochen werden. Schließlich sei noch bemerkt, daß neben dem Hauptaufbewahrungsorte, dem Görlitzer Ratsarchin, in Görlitz noch die Bibliothek und das Archin der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften (gegründet 1779) und die Milichsche Biblioshek (kam 1727 von Schweidnitz nach Görlitz) in — Frage kommen. Man hat nun seit alter Zeit und sysematisch seit etwa 40 gahren diese Schätze für wissenschaftliche Forschung nutzbar gemacht. Darüber kann ich hier nichts Genaueres angeben, doch auf zwet Punkte sei hingewiesen. In der neuesten Zeit hat man die Görlitzer Archivalien auch für die Wirtschafts/ und Sozialgeschichte herangezogen. Die besonderen Schwierig- keiten wirtschaftsgeschichtlicher Arbeit, die vor allem in der Geschaffenheit 10
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der ursprünglich für ganz andere Zwecke entsandenen Quellen liegen, sind der Grund für das spätere Heroortreten dieser Forschungsrichtung. Als Ergebnis der wirtschaftsgeschichtlichen Arbeit des letzten Jahrzehints liegen bisher Studien über die belden Zweige des Textilgewerbes vor, die in der Oergangenheit das wirtschaftliche Leben der Stadt entscheidend beeinflußt haben*). Aus jüngster Zeit slammt der Oersuch,auf Grund einer slatisischen Ausbeutung der Geschoß und Steuerbücher und unter Oerwendung von Gesichtspunkten der modernen Soziologie ein Bild der mittelalterlichen Stadt zu zeichnen**). Sodann mag, weil allgemein wichtig, auf die Ergebnisse, die sich auf die Beschäftigung mit dem ältesien Görlitzer Stadtbuche (1305—1416) gründen, hingewiesen werden. Es konnte da das höchstwichtige Resultat gewonnen werden, daß bei Gründung der Stadt Görlitz eine Hauptrolle die locatores (Siedelmännner) der benachbarten Oörfer spielten. Ferner hat sich für die Entsiehung der Familiennamen das Guch recht ergiebig und brauchbar gezeigt. Es lassen sich da bei derselben Familie, bet Oater, Sohn und Enkel, die zuverlässigsten Beobachtungen über die werdenden Familiennamen finden*). Endlich kann man noch über das allmähliche Eindringen der sogenannten bayerischen Ookalverschiebung etwa seit I366 in den von Woche zu Woche sich fortsetzenden Eintragungen ein recht genaues Bild bekommen. *) Guſlan Aubin, Die Leinweberzechen in Zittau,Bauten und Görlitz, Darſliellung nach Urkunden : Jahrbücher für Rationalökonomie und Statistik, Band 104 (1915), S. 577 —649. Derselbe, Aus der Frühzeit des deutschen Kapitalismus (der kollektive Lieferungsvertrag): Zeitschrift für das gesamte Handels und Konkursrecht, Gd. 84. Horst Secht, Geiträge zur Geschichte des ostdeutschen Waidhandels und Tuchmachergewerbes: Reues Lausitzisches Magazin Gd.99 (1923) und Gd. I00 (1924). Auch besonders. **) Horſt gecht, Studien zur gesellſchaftlichen Struktur der mittelalterlichen Städte: Oierteljahrs schrift für Sozial und Wirtschaftsgeschichte Gd. 19 (1926), &. 48—85. †) Für die Erklärung der Familiennamen set folgende Oinzelheit erwälijnt: Die Oorsatzsilbe bei den Familiennamen „vor“ oder „ver“ wurde bis jetzt allgemein auf vrowe (Frau) zurückgeführt, ſo daß z. G. Walter Oornellicken zu erklären ſel als Walter, der Sohn der Frau Rellicke. Aber Aber= sehungen ins Lateinische, wie uxor quondam Martini de Sydenberg, beweisen ausdrücklich, daß das „oor“ in der Görlitzer Quelle die Gedeutung von „vormals“, d. H. „weiland" oder „ver= storben“haben muß,s.Stadtbuch 1305 ff.11b,55a,77b; vergl.Neues Lausitzisches Magazin 68,S.11. 11
der ursprünglich für ganz andere Zwecke entsandenen Quellen liegen, sind der Grund für das spätere Heroortreten dieser Forschungsrichtung. Als Ergebnis der wirtschaftsgeschichtlichen Arbeit des letzten Jahrzehints liegen bisher Studien über die belden Zweige des Textilgewerbes vor, die in der Oergangenheit das wirtschaftliche Leben der Stadt entscheidend beeinflußt haben*). Aus jüngster Zeit slammt der Oersuch,auf Grund einer slatisischen Ausbeutung der Geschoß und Steuerbücher und unter Oerwendung von Gesichtspunkten der modernen Soziologie ein Bild der mittelalterlichen Stadt zu zeichnen**). Sodann mag, weil allgemein wichtig, auf die Ergebnisse, die sich auf die Beschäftigung mit dem ältesien Görlitzer Stadtbuche (1305—1416) gründen, hingewiesen werden. Es konnte da das höchstwichtige Resultat gewonnen werden, daß bei Gründung der Stadt Görlitz eine Hauptrolle die locatores (Siedelmännner) der benachbarten Oörfer spielten. Ferner hat sich für die Entsiehung der Familiennamen das Guch recht ergiebig und brauchbar gezeigt. Es lassen sich da bei derselben Familie, bet Oater, Sohn und Enkel, die zuverlässigsten Beobachtungen über die werdenden Familiennamen finden*). Endlich kann man noch über das allmähliche Eindringen der sogenannten bayerischen Ookalverschiebung etwa seit I366 in den von Woche zu Woche sich fortsetzenden Eintragungen ein recht genaues Bild bekommen. *) Guſlan Aubin, Die Leinweberzechen in Zittau,Bauten und Görlitz, Darſliellung nach Urkunden : Jahrbücher für Rationalökonomie und Statistik, Band 104 (1915), S. 577 —649. Derselbe, Aus der Frühzeit des deutschen Kapitalismus (der kollektive Lieferungsvertrag): Zeitschrift für das gesamte Handels und Konkursrecht, Gd. 84. Horst Secht, Geiträge zur Geschichte des ostdeutschen Waidhandels und Tuchmachergewerbes: Reues Lausitzisches Magazin Gd.99 (1923) und Gd. I00 (1924). Auch besonders. **) Horſt gecht, Studien zur gesellſchaftlichen Struktur der mittelalterlichen Städte: Oierteljahrs schrift für Sozial und Wirtschaftsgeschichte Gd. 19 (1926), &. 48—85. †) Für die Erklärung der Familiennamen set folgende Oinzelheit erwälijnt: Die Oorsatzsilbe bei den Familiennamen „vor“ oder „ver“ wurde bis jetzt allgemein auf vrowe (Frau) zurückgeführt, ſo daß z. G. Walter Oornellicken zu erklären ſel als Walter, der Sohn der Frau Rellicke. Aber Aber= sehungen ins Lateinische, wie uxor quondam Martini de Sydenberg, beweisen ausdrücklich, daß das „oor“ in der Görlitzer Quelle die Gedeutung von „vormals“, d. H. „weiland" oder „ver= storben“haben muß,s.Stadtbuch 1305 ff.11b,55a,77b; vergl.Neues Lausitzisches Magazin 68,S.11. 11
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