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Inhalt
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Karsl IV. Jugendleben
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St. Wenzels-Legende
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Namen- und Sachregister
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Název:
Kaiser Karls IV. Jugendleben und St.-Wenzels-Legende
Autor:
Blaschka, Anton
Rok vydání:
1956
Místo vydání:
Weimar
Počet stran celkem:
140
Počet stran předmluvy plus obsahu:
140
Obsah:
- 1: Titel
- 7: Inhalt
- 9: Karsl IV. Jugendleben
- 95: St. Wenzels-Legende
- 127: Namen- und Sachregister
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KAISER KARLS IV. JUGENDLEBEN UND ST.-WENZELS-LEGENDE Ubersetzt (L. Olsners Ubertragung des Jugendlebens bearbeitet) und erläutert von ANTON BLASCHKA IIMaB 1956 HERMANN BÖHLAUS NACHFOLGER WEIMAR
KAISER KARLS IV. JUGENDLEBEN UND ST.-WENZELS-LEGENDE Ubersetzt (L. Olsners Ubertragung des Jugendlebens bearbeitet) und erläutert von ANTON BLASCHKA IIMaB 1956 HERMANN BÖHLAUS NACHFOLGER WEIMAR
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WILHELM WOSTRY 14. VIII. 1877—8. IV. 1951 zum Gedenken
WILHELM WOSTRY 14. VIII. 1877—8. IV. 1951 zum Gedenken
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INHALT Kaiser Karls IV. Jugendleben Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Die St.-Wenzels-Legende Kaiser Karls IV. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Das Neue Reimoffizium . . . . . . . . . . . . . . 113 Translationslegende . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Exkurs zum Prager Marienoffizium Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 . . . . . . . . 140 Genealogische Tafeln
INHALT Kaiser Karls IV. Jugendleben Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Die St.-Wenzels-Legende Kaiser Karls IV. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Das Neue Reimoffizium . . . . . . . . . . . . . . 113 Translationslegende . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Exkurs zum Prager Marienoffizium Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 . . . . . . . . 140 Genealogische Tafeln
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KAISER KARLS IV. JUGENDLEBEN
KAISER KARLS IV. JUGENDLEBEN
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EINFUHRUNG Der spätere deutsche Kaiser Karl IV., eigentlich Wenzel (1316—1378), war der Sohn der letzten Premyslidin Elisabeth aus ihrer Ehe mit dem Luxemburger Johannes, dem Sohne Kaiser Heinrich VII., der mit Margareta von Brabant ver- mählt war; die Schwester Johanns Maria war mit dem fran- zösischen König Karl IV. verheiratet worden, und so kam der siebenjährige böhmische Thronerbe an den französischen Kö- nigshof, wo er nach der Sitte der Zeit erzogen, auf den Namen Karls des Großen gefirmt und der Base des Königs, Mar- gareta von Valois, angetraut wurde, als er acht Jahre alt war. (Man vergleiche hiezu die beigegebenen genealogischen Ubersichten.) Paris wurde so für den jungen Prinzen auf eine Reihe von Jahren der Mittelpunkt seiner Welt, und seine Anlagen aus mütterlichem Erbe erfuhren unter dem Einfluß der gelehrten Ratgeber des Königs vielseitigste Entfaltung. Namentlich strahlte das theologische Bildungsgut der Sorbonne auf ihn aus, und ihr Ruhm überschattete ihn ; es formten sich Be- ziehungen und Verbindungen auch geistiger Art, die noch für sein späteres Leben fördernd vorhielten. Für seine innere Ent- wicklung und für die Verwirklichung seines Werkes, das in seinem planvollen Entwurfe auch dann zur Bewunderung zwingt, wenn seine Vollendung, sein Bestand durch widrige Umstände vereitelt wurde. Prag, seine Geburtsstadt, und Böhmen, seine Heimat, wurde für den Prinzen der Mittelpunkt der Welt, sobald er nach elfjähriger Abwesenheit wieder den Fuß auf heimatliche Erde gesetzt hatte. Hier sollte ein neues Paris erstehen. Er mußte zunächst das Land neu gewinnen und aufbauen, zuvörderst in Prag, und setzte in der Folge sein großangelegtes Pro- gramm Zug um Zug in die Tat um, zuerst als Mitregent, dann als alleiniger Herrscher. Herstellung der gelockerten Ordnung
EINFUHRUNG Der spätere deutsche Kaiser Karl IV., eigentlich Wenzel (1316—1378), war der Sohn der letzten Premyslidin Elisabeth aus ihrer Ehe mit dem Luxemburger Johannes, dem Sohne Kaiser Heinrich VII., der mit Margareta von Brabant ver- mählt war; die Schwester Johanns Maria war mit dem fran- zösischen König Karl IV. verheiratet worden, und so kam der siebenjährige böhmische Thronerbe an den französischen Kö- nigshof, wo er nach der Sitte der Zeit erzogen, auf den Namen Karls des Großen gefirmt und der Base des Königs, Mar- gareta von Valois, angetraut wurde, als er acht Jahre alt war. (Man vergleiche hiezu die beigegebenen genealogischen Ubersichten.) Paris wurde so für den jungen Prinzen auf eine Reihe von Jahren der Mittelpunkt seiner Welt, und seine Anlagen aus mütterlichem Erbe erfuhren unter dem Einfluß der gelehrten Ratgeber des Königs vielseitigste Entfaltung. Namentlich strahlte das theologische Bildungsgut der Sorbonne auf ihn aus, und ihr Ruhm überschattete ihn ; es formten sich Be- ziehungen und Verbindungen auch geistiger Art, die noch für sein späteres Leben fördernd vorhielten. Für seine innere Ent- wicklung und für die Verwirklichung seines Werkes, das in seinem planvollen Entwurfe auch dann zur Bewunderung zwingt, wenn seine Vollendung, sein Bestand durch widrige Umstände vereitelt wurde. Prag, seine Geburtsstadt, und Böhmen, seine Heimat, wurde für den Prinzen der Mittelpunkt der Welt, sobald er nach elfjähriger Abwesenheit wieder den Fuß auf heimatliche Erde gesetzt hatte. Hier sollte ein neues Paris erstehen. Er mußte zunächst das Land neu gewinnen und aufbauen, zuvörderst in Prag, und setzte in der Folge sein großangelegtes Pro- gramm Zug um Zug in die Tat um, zuerst als Mitregent, dann als alleiniger Herrscher. Herstellung der gelockerten Ordnung
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12 JUGENDLEBEN KARLS IV. im ganzen Gebiet, Regelung der Finanzen, Rangerhöhung Prags zur Metropolis, Anlage der Neustadt, Gründung der Universität usw., was nicht mehr Gegenstand dieses Um- risses sein kann. Vor allen Dingen aber hatte er seine Jugend- gemahlin heimgeholt, die er nach Jahren der Trennung und gnadenvollen Bewährung neu gewonnen hatte. Und in pietät- vollem Gedenken an seine verstorbene Mutter erlernte er wieder seine tschechische Muttersprache und wuchs so in die Herzen der Mehrheit hinein, die ihm in dynastischer Treue entgegenschlugen, während ihnen der Vater zeitlebens fremd geblieben war. Nicht allein, aber vorzugsweise deshalb, weil er fast ständig außer Landes weilte und nur erschien, um Geld zu holen. Karl hatte seine Fahrten zur Genüge kennen- gelernt. Als er dann mit der deutschen und der böhmischen Krone geschmückt war, empfand er seinen Doppelnamen Wenzel- Karl, wenngleich er seit seiner Firmung im Zeichen des Rei- ches ausschließlich den fränkischen weiterführte, als heilige Verpflichtung und fühlte sich als Treuhänder seiner Ep- onyme und Patrone, denen er sich religiös und dynastisch zu- gleich verbunden erachtete. In herrlichen Denkmalen und Kunstwerken hat er ihnen seine Verehrung nachmals ge- zollt, in reichen Stiftungen und Weihegaben, doch der hei- mische Heilige stand seinem Herzen näher. Ihm zu Ehren hat er sogar mit eigener Feder ein neues Festoffizium ge- schaffen. Die Hinwendung zu Gott im Sinne der christlichen heiligen Schriften und die Liturgie der Kirche blieben sein besonderes Anliegen, so wach, aufgeschlossen und gewandt er auch in weltlichen Händeln war, denn sein Herrscheramt im Orbis christianus faßte er als Gottesdienst auf, als gottgewolltes Tun, und Unterpfand dessen war ihm die wiederholte Ret- tung aus schier verzweifelter Lage. Das führte zur überzeug- ten Befestigung seiner überkommenen Weltanschauung, wie später noch erläutert wird. Zu dem sogenannten Klaretschen lateinisch-tschechischen Glossar hat er das Material für das Kapitel Heortologie geliefert, wie er denn selbst den Jahres-
12 JUGENDLEBEN KARLS IV. im ganzen Gebiet, Regelung der Finanzen, Rangerhöhung Prags zur Metropolis, Anlage der Neustadt, Gründung der Universität usw., was nicht mehr Gegenstand dieses Um- risses sein kann. Vor allen Dingen aber hatte er seine Jugend- gemahlin heimgeholt, die er nach Jahren der Trennung und gnadenvollen Bewährung neu gewonnen hatte. Und in pietät- vollem Gedenken an seine verstorbene Mutter erlernte er wieder seine tschechische Muttersprache und wuchs so in die Herzen der Mehrheit hinein, die ihm in dynastischer Treue entgegenschlugen, während ihnen der Vater zeitlebens fremd geblieben war. Nicht allein, aber vorzugsweise deshalb, weil er fast ständig außer Landes weilte und nur erschien, um Geld zu holen. Karl hatte seine Fahrten zur Genüge kennen- gelernt. Als er dann mit der deutschen und der böhmischen Krone geschmückt war, empfand er seinen Doppelnamen Wenzel- Karl, wenngleich er seit seiner Firmung im Zeichen des Rei- ches ausschließlich den fränkischen weiterführte, als heilige Verpflichtung und fühlte sich als Treuhänder seiner Ep- onyme und Patrone, denen er sich religiös und dynastisch zu- gleich verbunden erachtete. In herrlichen Denkmalen und Kunstwerken hat er ihnen seine Verehrung nachmals ge- zollt, in reichen Stiftungen und Weihegaben, doch der hei- mische Heilige stand seinem Herzen näher. Ihm zu Ehren hat er sogar mit eigener Feder ein neues Festoffizium ge- schaffen. Die Hinwendung zu Gott im Sinne der christlichen heiligen Schriften und die Liturgie der Kirche blieben sein besonderes Anliegen, so wach, aufgeschlossen und gewandt er auch in weltlichen Händeln war, denn sein Herrscheramt im Orbis christianus faßte er als Gottesdienst auf, als gottgewolltes Tun, und Unterpfand dessen war ihm die wiederholte Ret- tung aus schier verzweifelter Lage. Das führte zur überzeug- ten Befestigung seiner überkommenen Weltanschauung, wie später noch erläutert wird. Zu dem sogenannten Klaretschen lateinisch-tschechischen Glossar hat er das Material für das Kapitel Heortologie geliefert, wie er denn selbst den Jahres-
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EINFŮHRUNG 13 und Tageslauf in ritueller Weise feierte und vom Papst aus- drücklich mit der Bearbeitung eines Offiziums zum Feste der hl. Lanze mitbetraut wurde. Religiös bestimmt war letzten Endes auch alles andere, was er selber schrieb oder in seinem Namen lateinisch schreiben ließ: die „Moralitates“, das Pro- ömium zur „Majestas Karolina“, dem von den Ständen nicht angenommenen Gesetzbuch für Böhmen, der grundlegende Einleitungsbrief zur Marignola-Chronik, schließlich die Gol- dene Bulle kat’ exochen v. J. 1355, wenn auch bei all diesen Schriften die allerpersönlichste Arbeit des Herrschers nicht bis ins letzte geklärt ist, falls man von der St.-Wenzels-Le- gende absieht. Was wunder, daß man ihm auch einen la- teinischen Fürstenspiegel in Cursus als persönliche Schöp- fung zugeschrieben hat! Die religiös-erzieherische Note mit theologischer Grundhal- tung, gepaart mit dynastischer Sorge, eignet aber ganz be- sonders einer Schrift des Herrschers, wie sie bisher kein zweiter deutscher Kaiser aufzuweisen hatte: der lateinischen Selbst- biographie Karls IV., die seine Schicksale und Erlebnisse bis zur Thronbesteigung i. J. 1346 erzählt und fast zu drei Vier- teln unmittelbar auf sein Diktat oder — was wahrschein- licher ist — auf seine eigene Niederschrift zurückgeht. Das lateinisch verfaßte Jugendleben Kaiser Karls IV. glie- dert sich in 20 Kapitel von verschiedenem Umfang. Davon sind die Kapitel 1—14 in der subjektiven Ichform, die Ka- pitel 15—20 aber in der objektiven Er-Form gehalten. In diesem Rahmen enthalten die Kapitel 1—2 den echten Für- stenspiegel Karls, die Kapitel 3—20 aber die Schilderung seiner Erlebnisse aus den Jahren 1316—1346. Die 18 Kapitel des Hauptteils lassen deutlich die Gruppen 3—10 (= 8), 11—13 (= 3) und 14—20 (= 7) erkennen, deren mittlere eine meisterliche Homilie darstellt, eine Oase des Friedens im rast- losen Getriebe der Welt. Der Gesamtaufbau zeigt also fol- gende Gruppen: 2—8—3—7 = 20, so daß ein Zeitraum von 30 Jahren von den 20 Kapiteln umschlossen wird, wovon auf rein äußeres Geschehen 15 Kapitel entfallen. Es ist unschwer, zu erkennen, daß für die Einteilung die Erreichung von zwei-
EINFŮHRUNG 13 und Tageslauf in ritueller Weise feierte und vom Papst aus- drücklich mit der Bearbeitung eines Offiziums zum Feste der hl. Lanze mitbetraut wurde. Religiös bestimmt war letzten Endes auch alles andere, was er selber schrieb oder in seinem Namen lateinisch schreiben ließ: die „Moralitates“, das Pro- ömium zur „Majestas Karolina“, dem von den Ständen nicht angenommenen Gesetzbuch für Böhmen, der grundlegende Einleitungsbrief zur Marignola-Chronik, schließlich die Gol- dene Bulle kat’ exochen v. J. 1355, wenn auch bei all diesen Schriften die allerpersönlichste Arbeit des Herrschers nicht bis ins letzte geklärt ist, falls man von der St.-Wenzels-Le- gende absieht. Was wunder, daß man ihm auch einen la- teinischen Fürstenspiegel in Cursus als persönliche Schöp- fung zugeschrieben hat! Die religiös-erzieherische Note mit theologischer Grundhal- tung, gepaart mit dynastischer Sorge, eignet aber ganz be- sonders einer Schrift des Herrschers, wie sie bisher kein zweiter deutscher Kaiser aufzuweisen hatte: der lateinischen Selbst- biographie Karls IV., die seine Schicksale und Erlebnisse bis zur Thronbesteigung i. J. 1346 erzählt und fast zu drei Vier- teln unmittelbar auf sein Diktat oder — was wahrschein- licher ist — auf seine eigene Niederschrift zurückgeht. Das lateinisch verfaßte Jugendleben Kaiser Karls IV. glie- dert sich in 20 Kapitel von verschiedenem Umfang. Davon sind die Kapitel 1—14 in der subjektiven Ichform, die Ka- pitel 15—20 aber in der objektiven Er-Form gehalten. In diesem Rahmen enthalten die Kapitel 1—2 den echten Für- stenspiegel Karls, die Kapitel 3—20 aber die Schilderung seiner Erlebnisse aus den Jahren 1316—1346. Die 18 Kapitel des Hauptteils lassen deutlich die Gruppen 3—10 (= 8), 11—13 (= 3) und 14—20 (= 7) erkennen, deren mittlere eine meisterliche Homilie darstellt, eine Oase des Friedens im rast- losen Getriebe der Welt. Der Gesamtaufbau zeigt also fol- gende Gruppen: 2—8—3—7 = 20, so daß ein Zeitraum von 30 Jahren von den 20 Kapiteln umschlossen wird, wovon auf rein äußeres Geschehen 15 Kapitel entfallen. Es ist unschwer, zu erkennen, daß für die Einteilung die Erreichung von zwei-
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14 JUGENDLEBEN KARLS IV. mal zehn Abschnitten beabsichtigt war, damit das Werk Hände und Füße bekäme. Der Autor zollt hier der Zahl als Denkform seinen Tribut, wie er in seiner theologisch-philosophischen Betrachtung auch die Etymologie als Denkform pflegt, die seiner realistischen Weltanschauung gemäß ist. Dabei sind die beiden Zehner, von denen die Rede war, keineswegs an Gewicht ihrer Zeit- dauer ungefähr gleich, sondern der erste verhält sich zum zweiten etwa wie 8 : 5, was dem Verhältnis einer fallenden Fibonaccischen (Laméschen) Folge entspricht. KapitelmäBig aber verhält sich die Widmung am Eingang des ersten Zeh- ners zur Homilie am Anfange des zweiten Zehners wie 2: 3, also in aufsteigender Folge nach Fibonacci, d. h. im Goldnen Schnitt, während sich der durch die Homilie geschnittene Tatsachenbericht in seinem Zeitablauf wie 2 : 1, kapitelmäBig jedoch wie 8 : 7 darstellt, — jenes Verhältnis eine Verwirk- lichung des Goldenen Schnittes, dieses eine Inbezugsetzung symbolischer Zahlen. Heute ist die um die Jahrhundertwende hitzig umstrittene These um den Charakter der Widmung wohl endgültig ge- klärt. Man hat erkannt, daß Secundis sedentibus in thronis meis binis allgemein an Karls Nachfolger auf dem deutschen und böhmischen Thron gerichtet ist. Somit kann das Werk, wie es uns vorliegt, sowohl seinem faktographischen Inhalt nach als auch nach der Widmungsformel erst nach der Thron- erhebung Karls im Jahre 1346 abgefaßt sein, jedenfalls aber vor seiner Kaiserkrönung, ja sogar vor dem 26. August 1346, dem Todestage Johanns von Luxemburg. Bei dieser Schluß- redaktion sind gewiß Teilausarbeitungen (Kap. 11—13) und gelegentliche Notizen aus früherer Zeit benützt worden, doch die Ergänzung so wichtiger Umstände zur Abrundung, wie sie Karl liebte, wäre kaum unterblieben. Es besteht kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß in den beiden Widmungskapiteln ebenso das Diktat Karls vorliegt wie in dem übrigen Text bis einschließlich Kapitel 14. Wir erkennen hier denselben Stil wie übrigens auch in der St.-Wenzels-
14 JUGENDLEBEN KARLS IV. mal zehn Abschnitten beabsichtigt war, damit das Werk Hände und Füße bekäme. Der Autor zollt hier der Zahl als Denkform seinen Tribut, wie er in seiner theologisch-philosophischen Betrachtung auch die Etymologie als Denkform pflegt, die seiner realistischen Weltanschauung gemäß ist. Dabei sind die beiden Zehner, von denen die Rede war, keineswegs an Gewicht ihrer Zeit- dauer ungefähr gleich, sondern der erste verhält sich zum zweiten etwa wie 8 : 5, was dem Verhältnis einer fallenden Fibonaccischen (Laméschen) Folge entspricht. KapitelmäBig aber verhält sich die Widmung am Eingang des ersten Zeh- ners zur Homilie am Anfange des zweiten Zehners wie 2: 3, also in aufsteigender Folge nach Fibonacci, d. h. im Goldnen Schnitt, während sich der durch die Homilie geschnittene Tatsachenbericht in seinem Zeitablauf wie 2 : 1, kapitelmäBig jedoch wie 8 : 7 darstellt, — jenes Verhältnis eine Verwirk- lichung des Goldenen Schnittes, dieses eine Inbezugsetzung symbolischer Zahlen. Heute ist die um die Jahrhundertwende hitzig umstrittene These um den Charakter der Widmung wohl endgültig ge- klärt. Man hat erkannt, daß Secundis sedentibus in thronis meis binis allgemein an Karls Nachfolger auf dem deutschen und böhmischen Thron gerichtet ist. Somit kann das Werk, wie es uns vorliegt, sowohl seinem faktographischen Inhalt nach als auch nach der Widmungsformel erst nach der Thron- erhebung Karls im Jahre 1346 abgefaßt sein, jedenfalls aber vor seiner Kaiserkrönung, ja sogar vor dem 26. August 1346, dem Todestage Johanns von Luxemburg. Bei dieser Schluß- redaktion sind gewiß Teilausarbeitungen (Kap. 11—13) und gelegentliche Notizen aus früherer Zeit benützt worden, doch die Ergänzung so wichtiger Umstände zur Abrundung, wie sie Karl liebte, wäre kaum unterblieben. Es besteht kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß in den beiden Widmungskapiteln ebenso das Diktat Karls vorliegt wie in dem übrigen Text bis einschließlich Kapitel 14. Wir erkennen hier denselben Stil wie übrigens auch in der St.-Wenzels-
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EINFUHRUNG 15 legende aus der Feder dieses Herrschers1. Daß Karl in seiner sauberen Arbeitsweise, wie wir sie aus seiner Handschrift aus der Zeit seiner Mannesjahre kennen, bei seinen Herrscher- sorgen das angefangene Werk nicht persönlich zu dem be- absichtigten Ende bringen konnte, beweist der Stilsprung vom 15. Kapitel an. Nicht allein der Umstand, daß nun an- stelle der subjektiven Fassung die objektive tritt, ist hier zu beachten, — das wäre an und für sich kein Beweis für einen Autorenwechsel, denn die objektive Fassung von Memoiren hat alte Tradition und könnte bei Wiederaufnahme der Ar- beit nach längerer Pause erklärlich sein. Was viel schwerer wiegt, ist die kursusmäßige rhythmische Behandlung der Prosa in den Kapiteln 15—20. Es liegt nahe, an einen Autor zu denken, der mit der kanzleimäßigen Behandlung der la- teinischen Sprache aus intensiver Ubung in Schule und Praxis viel virtuoser vertraut war als Karl selbst, doch an Johannes von Neumarkt zu denken, wie es L. Oelsner tat, wage ich nicht. Hier müßte die weitere Forschung einsetzen. Wir haben uns bemüht, den Stilunterschied in der deutschen Wieder- gabe einigermaßen ohrenfällig zu machen. Die Irrungen und Wirrungen seiner Prinzenzeit hat der Lu- xemburger Karl in seinen Memoiren als Beispiel für seine Nachfolger aufgezeichnet und aufzeichnen lassen, jedoch nicht als Selbstzweck, sondern als Dokument göttlicher Füh- rung für sie, wofern sie nach den gleichen Grundsätzen lebten, die er in der Widmung aus den heiligen Schriften entwickelt und in seiner dreifachen Parabel-Homilie einprägsam ge- staltet. So zieht er am Schlusse seiner mehr privaten Lehr- und Wanderjahre aus seinem bisherigen Leben und seinem mehr oder weniger passiven Anteil an den weltlichen Hän- deln die Summe zu Nutz und Frommen seiner Nachfolger, ohne daß er wissen konnte, ob sie aus seinem Stamme kämen. Unausgesprochen hat er damit auch ein Denkmal für seinen ersten Lateinlehrer, den Abt Peter Roger von Fécamp, den 2 Anton Blaschka, Die St. Wenzelslegende Kaiser Karls IV., Prag 1934, hier weiter unten deutsch auf S. 113 ff.
EINFUHRUNG 15 legende aus der Feder dieses Herrschers1. Daß Karl in seiner sauberen Arbeitsweise, wie wir sie aus seiner Handschrift aus der Zeit seiner Mannesjahre kennen, bei seinen Herrscher- sorgen das angefangene Werk nicht persönlich zu dem be- absichtigten Ende bringen konnte, beweist der Stilsprung vom 15. Kapitel an. Nicht allein der Umstand, daß nun an- stelle der subjektiven Fassung die objektive tritt, ist hier zu beachten, — das wäre an und für sich kein Beweis für einen Autorenwechsel, denn die objektive Fassung von Memoiren hat alte Tradition und könnte bei Wiederaufnahme der Ar- beit nach längerer Pause erklärlich sein. Was viel schwerer wiegt, ist die kursusmäßige rhythmische Behandlung der Prosa in den Kapiteln 15—20. Es liegt nahe, an einen Autor zu denken, der mit der kanzleimäßigen Behandlung der la- teinischen Sprache aus intensiver Ubung in Schule und Praxis viel virtuoser vertraut war als Karl selbst, doch an Johannes von Neumarkt zu denken, wie es L. Oelsner tat, wage ich nicht. Hier müßte die weitere Forschung einsetzen. Wir haben uns bemüht, den Stilunterschied in der deutschen Wieder- gabe einigermaßen ohrenfällig zu machen. Die Irrungen und Wirrungen seiner Prinzenzeit hat der Lu- xemburger Karl in seinen Memoiren als Beispiel für seine Nachfolger aufgezeichnet und aufzeichnen lassen, jedoch nicht als Selbstzweck, sondern als Dokument göttlicher Füh- rung für sie, wofern sie nach den gleichen Grundsätzen lebten, die er in der Widmung aus den heiligen Schriften entwickelt und in seiner dreifachen Parabel-Homilie einprägsam ge- staltet. So zieht er am Schlusse seiner mehr privaten Lehr- und Wanderjahre aus seinem bisherigen Leben und seinem mehr oder weniger passiven Anteil an den weltlichen Hän- deln die Summe zu Nutz und Frommen seiner Nachfolger, ohne daß er wissen konnte, ob sie aus seinem Stamme kämen. Unausgesprochen hat er damit auch ein Denkmal für seinen ersten Lateinlehrer, den Abt Peter Roger von Fécamp, den 2 Anton Blaschka, Die St. Wenzelslegende Kaiser Karls IV., Prag 1934, hier weiter unten deutsch auf S. 113 ff.
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16 JUGENDLEBEN KARLS IV. späteren Papst Klemens VI. gesetzt, mit dem er in Freund- schaft stets verbunden blieb, seitdem er die Wirkung seiner Predigt zutiefst in seinem Herzen empfunden. Daneben tritt seine Jugendliebe, die dem Achtjährigen angetraute Mar- gareta von Valois, bescheiden zurück. Aber vielleicht steht hier als Symbol für viele Worte der Kosename Blancza, von Margareta (=Perle) über „Marguerite“ zu Blanche(fleur), der Liebesblume, abgewandelt und doch wieder für den Wissen- den in die Parabel von der Perle eingeflochten; ihren Tod am 1. August 1348 hätte er gewiß nachgetragen, wenn er nach diesem Zeitpunkt seine Aufzeichnungen nochmals vorge- nommen hätte; den Niederschlag seiner Universitätsgrün- dung vom April des gleichen Jahres glauben wir in dem Hin- weis auf das studium als seine Herzenssache herauszulesen. Die stilistische Dichotomie der Vita, deren erste 14 Kapitel geradezu kursusfremd geformt sind, führt aber auch von den 6 Kapiteln der Schlußpartie keineswegs unvermittelt zu dem Fürstenspiegel Karls IV., den Samuel Steinherz (Prag 1925, in den Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Ge- schichte, Bd. 3) herausgegeben hat und der reinsten Kursus zeigt, so daß man ihn nicht als ein persönliches Werk Karls ansprechen darf. Karls Latein behauptet sich jedenfalls neben dem lateinischen Reisetagebuch des jungen Maximilian; am Habsburgerhofe zu Wien hat man Karls Memoiren in Ehren gehalten, seitdem sie Ferdinand I. im Jahre 1527 von den böhmischen Ständen zum Geschenk erhalten hatte, aber Maximilian, der letzte Ritter, hat sie wohl kaum gekannt. Mit der Thronbesteigung Karls im Jahre 1346 war Karls Leben der privaten Sphäre entzogen und Gegenstand der offiziellen Historiographie geworden, für deren Planung er nach Kräften sorgte. Auch hiebei hatte er vor allen Dingen erzieherische Ziele im Auge, wie ers in der Marignola-Chronik deutlich zum Ausdruck bringt. Einen solchen Herrscher hatte wahrlich die Welt noch nicht gesehen.
16 JUGENDLEBEN KARLS IV. späteren Papst Klemens VI. gesetzt, mit dem er in Freund- schaft stets verbunden blieb, seitdem er die Wirkung seiner Predigt zutiefst in seinem Herzen empfunden. Daneben tritt seine Jugendliebe, die dem Achtjährigen angetraute Mar- gareta von Valois, bescheiden zurück. Aber vielleicht steht hier als Symbol für viele Worte der Kosename Blancza, von Margareta (=Perle) über „Marguerite“ zu Blanche(fleur), der Liebesblume, abgewandelt und doch wieder für den Wissen- den in die Parabel von der Perle eingeflochten; ihren Tod am 1. August 1348 hätte er gewiß nachgetragen, wenn er nach diesem Zeitpunkt seine Aufzeichnungen nochmals vorge- nommen hätte; den Niederschlag seiner Universitätsgrün- dung vom April des gleichen Jahres glauben wir in dem Hin- weis auf das studium als seine Herzenssache herauszulesen. Die stilistische Dichotomie der Vita, deren erste 14 Kapitel geradezu kursusfremd geformt sind, führt aber auch von den 6 Kapiteln der Schlußpartie keineswegs unvermittelt zu dem Fürstenspiegel Karls IV., den Samuel Steinherz (Prag 1925, in den Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Ge- schichte, Bd. 3) herausgegeben hat und der reinsten Kursus zeigt, so daß man ihn nicht als ein persönliches Werk Karls ansprechen darf. Karls Latein behauptet sich jedenfalls neben dem lateinischen Reisetagebuch des jungen Maximilian; am Habsburgerhofe zu Wien hat man Karls Memoiren in Ehren gehalten, seitdem sie Ferdinand I. im Jahre 1527 von den böhmischen Ständen zum Geschenk erhalten hatte, aber Maximilian, der letzte Ritter, hat sie wohl kaum gekannt. Mit der Thronbesteigung Karls im Jahre 1346 war Karls Leben der privaten Sphäre entzogen und Gegenstand der offiziellen Historiographie geworden, für deren Planung er nach Kräften sorgte. Auch hiebei hatte er vor allen Dingen erzieherische Ziele im Auge, wie ers in der Marignola-Chronik deutlich zum Ausdruck bringt. Einen solchen Herrscher hatte wahrlich die Welt noch nicht gesehen.
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EINFUHRUNG 17 Das Jugendleben Karls IV. erschien erstmalig i. J. 1585 in Helmstedt durch Reiner Reineccius (Chronicon Hierosoly- mitanum, 2. Teil, S. 14—39), dann 1602 im 1. Bd. der Scrip- tores rerum Bohemicarum durch Marquard Freher (S. 86 bis 107), ferner durch Joh. Friedr. Böhmer i. J. 1843 in den Fontes rerum Germanicarum, 1. Bd., S. 228—270, schließ- lich durch Josef Emler in den Fontes rerum Bohemicarum, 3. Bd., Prag 1882, S. 336—368. Für die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit hatte Ludwig Oelsner i. J. 1885 das Jugendleben in deutscher Ubertragung geboten, die auch in der Zweiten Gesamt- ausgabe vorlag. Unserer Bearbeitung der Oelsnerschen Fassung lag zugrunde die Ausgabe von Walther Bulst, „Karoli IV. imp. Rom. Vita ab eo ipso conscripta“, Heidelberg 1950 (Editiones Heidel- bergenses 16). Außerdem wurde benützt: „Vlastní životopis Karla IV." Praha (1940). Aus dem Lateinischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Jakub Pavel. Mit einer einleitenden Studie von Václav Chaloupecký unter dem Titel „Karel IV. a Čechy 1316—1378“. Herrn Prof. Dr. Bernhard Bischoff, München, danke ich verbindlichst, daß er mir diese Schrift zur Benützung überlassen hat. Anton Blaschka. Oelsner hatte zur „Vita Karoli IV." noch Auszüge aus den „Annales Parmenses maiores“, die Vorrede Kaiser Karls IV. zur „Majestas Karolina“ und den Brief des in seinen Diensten stehenden Johannes de Vivario übersetzt. Diese Beigaben schienen uns nicht unbedingt nötig und wurden deshalb weg- gelassen. Dafür haben wir die St.-Wenzelslegende Karls IV. hinzugefügt. Karl Langosch.
EINFUHRUNG 17 Das Jugendleben Karls IV. erschien erstmalig i. J. 1585 in Helmstedt durch Reiner Reineccius (Chronicon Hierosoly- mitanum, 2. Teil, S. 14—39), dann 1602 im 1. Bd. der Scrip- tores rerum Bohemicarum durch Marquard Freher (S. 86 bis 107), ferner durch Joh. Friedr. Böhmer i. J. 1843 in den Fontes rerum Germanicarum, 1. Bd., S. 228—270, schließ- lich durch Josef Emler in den Fontes rerum Bohemicarum, 3. Bd., Prag 1882, S. 336—368. Für die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit hatte Ludwig Oelsner i. J. 1885 das Jugendleben in deutscher Ubertragung geboten, die auch in der Zweiten Gesamt- ausgabe vorlag. Unserer Bearbeitung der Oelsnerschen Fassung lag zugrunde die Ausgabe von Walther Bulst, „Karoli IV. imp. Rom. Vita ab eo ipso conscripta“, Heidelberg 1950 (Editiones Heidel- bergenses 16). Außerdem wurde benützt: „Vlastní životopis Karla IV." Praha (1940). Aus dem Lateinischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Jakub Pavel. Mit einer einleitenden Studie von Václav Chaloupecký unter dem Titel „Karel IV. a Čechy 1316—1378“. Herrn Prof. Dr. Bernhard Bischoff, München, danke ich verbindlichst, daß er mir diese Schrift zur Benützung überlassen hat. Anton Blaschka. Oelsner hatte zur „Vita Karoli IV." noch Auszüge aus den „Annales Parmenses maiores“, die Vorrede Kaiser Karls IV. zur „Majestas Karolina“ und den Brief des in seinen Diensten stehenden Johannes de Vivario übersetzt. Diese Beigaben schienen uns nicht unbedingt nötig und wurden deshalb weg- gelassen. Dafür haben wir die St.-Wenzelslegende Karls IV. hinzugefügt. Karl Langosch.
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ERSTES KAPITEL Meinen Nachfolgern auf meinem Doppelthron wünsche ich, die Doppelform des Lebens auf Erden zu erkennen und die bessere zu erwählen1. Wenn wir unser Doppelgesicht im Spie- gelbilde betrachten, lernen wir auf jene doppelte Lebensform achtens. Denn das Gesicht, welches im Spiegel erscheint, ist eitel und nichts, und so ist auch das Leben der Sünder nichts. Daher sagt der Adlergleiche im Evangelium3: „Und ohne das Wort ist nichts gemacht.“ Wie aber ist das Werk des Sünders nichts geworden, da er es doch vollbracht hat ? Er hat wohl die Sünde vollbracht, aber kein Werk. Das Wort Opus (Werk) wird von Optatio (Wunsch) abgeleitet: der Sün- der wünscht stets Wonne und wird durch sie befleckt; er wird aber in seinem Begehren betrogen, weil er Vergängliches begehrt, das dem Nichts anheimfällt. Und so wird sein Leben mit ihm begraben; denn indem das Leibliche vergeht, sind auch seine Wünsche zu Ende. Von dem zweiten Leben dagegen sagt der Adlergleiche:" „Was in dem Worte gemacht ist, war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Wie aber sollen wir das Leben in ihm gestalten, damit es unser Licht sei ? Der Erlöser 1 Zu den Eingangsworten, welche, der Grußformel mittelalterlicher Briefe entsprechend, in der Infinitiv-Konstruktion stehen, ist ein re- gierendes Verb, etwa opto, mando, zu ergänzen; vgl. z. B. die Vor- schriften des „Baumgartenberger Formelbuchs“ (herausg. v. H. Bär- wald, Wien 1866), S. 2. 11—19. 2 1 Cor. 13, 12. 8 Ev. Joh. 1, 3; der Adler ist bekanntlich das Evangelistenzeichen des Johannes. 4 Das. 1, 4; falsche Verbindung der Sätze. Der Wortlaut der Stelle ist : „Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Le- ben war das Licht der Menschen."
ERSTES KAPITEL Meinen Nachfolgern auf meinem Doppelthron wünsche ich, die Doppelform des Lebens auf Erden zu erkennen und die bessere zu erwählen1. Wenn wir unser Doppelgesicht im Spie- gelbilde betrachten, lernen wir auf jene doppelte Lebensform achtens. Denn das Gesicht, welches im Spiegel erscheint, ist eitel und nichts, und so ist auch das Leben der Sünder nichts. Daher sagt der Adlergleiche im Evangelium3: „Und ohne das Wort ist nichts gemacht.“ Wie aber ist das Werk des Sünders nichts geworden, da er es doch vollbracht hat ? Er hat wohl die Sünde vollbracht, aber kein Werk. Das Wort Opus (Werk) wird von Optatio (Wunsch) abgeleitet: der Sün- der wünscht stets Wonne und wird durch sie befleckt; er wird aber in seinem Begehren betrogen, weil er Vergängliches begehrt, das dem Nichts anheimfällt. Und so wird sein Leben mit ihm begraben; denn indem das Leibliche vergeht, sind auch seine Wünsche zu Ende. Von dem zweiten Leben dagegen sagt der Adlergleiche:" „Was in dem Worte gemacht ist, war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Wie aber sollen wir das Leben in ihm gestalten, damit es unser Licht sei ? Der Erlöser 1 Zu den Eingangsworten, welche, der Grußformel mittelalterlicher Briefe entsprechend, in der Infinitiv-Konstruktion stehen, ist ein re- gierendes Verb, etwa opto, mando, zu ergänzen; vgl. z. B. die Vor- schriften des „Baumgartenberger Formelbuchs“ (herausg. v. H. Bär- wald, Wien 1866), S. 2. 11—19. 2 1 Cor. 13, 12. 8 Ev. Joh. 1, 3; der Adler ist bekanntlich das Evangelistenzeichen des Johannes. 4 Das. 1, 4; falsche Verbindung der Sätze. Der Wortlaut der Stelle ist : „Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Le- ben war das Licht der Menschen."
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20 JUGENDLEBEN KARLS IV. belehrt uns darüber, indem er spricht :5 „Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm." Diejenigen, die von solcher geistigen Speise leben, bleiben in Ewigkeit. Laßt uns betrachten, inwiefern sie von ihr leben. Wenn wir leiblich mannigfache vergängliche Speisen essen. müssen wir da nicht Verlangen nach ihnen haben, sie begierig in unser Inneres aufnehmen und durch die Organe unseres Körpers leiten, damit sie sich in Blut verwandeln, damit der Geist, welcher im Blute wohnt, mit unserem Leben darin ver- bleiben könne ? Aber weil das Leibliche vergänglich ist, stirbt der Mensch. Wer nun jene geistige Speise ißt, von welcher die Seele lebt, muß er in seiner Seele nicht Lust danach tragen und sie begierig empfangen und mit sorgender Liebe in sich aufnehmen, damit jene Speise durch die Glut der Milde und Liebe in ihm Funken schlage, in denen die Seele ihre Lebens- nahrung hat, und er bei ihr verharre ? Und sowie in jener Nahrung nichts verweslich ist, so bleiben die, welche bei ihr verharren, von aller Vergänglichkeit frei und werden in Ewig- keit leben. Dies bestätigt der Erlöser, indem er im 6. Kapitel Johannis sagt:“ „Dies ist das lebendige Brot, das vom Him- mel kommt, auf daß, wer davon isset, in Ewigkeit nicht sterbe.“ Das ewige Leben ist das Licht des Menschen, und es kann ohne Gott nicht erworben werden. Daher sagt derselbe Adlergleiche:7 „Und das Leben war das Licht des Menschen." Denn das andere Leben betrachtet er als Tod; und in Wahr- heit ist es der Tod, weil es bringt die bitterste Not.8 Was ist doch bitterer, als daß die Liebhaber der Wonne Qualen er- dulden ? Denn sie sind nicht nur tot, sondern sterben in jeder Stunde. Die aber im ewigen Leben wohnen, werden mit Recht Lebendige genannt", weil sie durch Verzicht auf leibliche 5 Ev. Joh. 6, 57. 7 Ev. Joh. 1, 4. 6 Ev. Joh. 6, 50ff. 8 Die „Etymologie“ der Wörter mors — amarissima wird von Karl in der Auffassung seiner Zeit zu einem schier unübersetzbaren Wortspiel benutzt. 9 bene dicuntur: Fontes rerum Bohem. III. 337: nicht, wie Reineccius und Böhmer haben, benedicuntur.
20 JUGENDLEBEN KARLS IV. belehrt uns darüber, indem er spricht :5 „Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm." Diejenigen, die von solcher geistigen Speise leben, bleiben in Ewigkeit. Laßt uns betrachten, inwiefern sie von ihr leben. Wenn wir leiblich mannigfache vergängliche Speisen essen. müssen wir da nicht Verlangen nach ihnen haben, sie begierig in unser Inneres aufnehmen und durch die Organe unseres Körpers leiten, damit sie sich in Blut verwandeln, damit der Geist, welcher im Blute wohnt, mit unserem Leben darin ver- bleiben könne ? Aber weil das Leibliche vergänglich ist, stirbt der Mensch. Wer nun jene geistige Speise ißt, von welcher die Seele lebt, muß er in seiner Seele nicht Lust danach tragen und sie begierig empfangen und mit sorgender Liebe in sich aufnehmen, damit jene Speise durch die Glut der Milde und Liebe in ihm Funken schlage, in denen die Seele ihre Lebens- nahrung hat, und er bei ihr verharre ? Und sowie in jener Nahrung nichts verweslich ist, so bleiben die, welche bei ihr verharren, von aller Vergänglichkeit frei und werden in Ewig- keit leben. Dies bestätigt der Erlöser, indem er im 6. Kapitel Johannis sagt:“ „Dies ist das lebendige Brot, das vom Him- mel kommt, auf daß, wer davon isset, in Ewigkeit nicht sterbe.“ Das ewige Leben ist das Licht des Menschen, und es kann ohne Gott nicht erworben werden. Daher sagt derselbe Adlergleiche:7 „Und das Leben war das Licht des Menschen." Denn das andere Leben betrachtet er als Tod; und in Wahr- heit ist es der Tod, weil es bringt die bitterste Not.8 Was ist doch bitterer, als daß die Liebhaber der Wonne Qualen er- dulden ? Denn sie sind nicht nur tot, sondern sterben in jeder Stunde. Die aber im ewigen Leben wohnen, werden mit Recht Lebendige genannt", weil sie durch Verzicht auf leibliche 5 Ev. Joh. 6, 57. 7 Ev. Joh. 1, 4. 6 Ev. Joh. 6, 50ff. 8 Die „Etymologie“ der Wörter mors — amarissima wird von Karl in der Auffassung seiner Zeit zu einem schier unübersetzbaren Wortspiel benutzt. 9 bene dicuntur: Fontes rerum Bohem. III. 337: nicht, wie Reineccius und Böhmer haben, benedicuntur.
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KAPITEL I 21 Wonne mit Kraft dem Tode widerstanden und zum Lohne die ewige Wonne empfangen haben. Viele jedoch essen die geistige Speise ohne Lust und Ver- langen und speien sie aus ihren Herzen wieder aus. Wehe ihnen! Denn ihre Schuld wird an Judas geschildert, und sie teilen ihr Los mit Dathan und Abiram1°, und es wird ihren Seelen nicht zur Nahrung dienen. Erkennet ihr nicht, daß ein Tier, das ohne Lust frißt, nicht gedeiht, sondern von Schmerz gequält wird ? Um vieles mehr werdet ihr leiden, weil eure Qual ewig sein wird, wie die Speise ewig ist. Wandelt nicht auf ihren Wegen, ich beschwöre euch ; begehret vielmehr, jene Speise zur Nahrung eurer Seelen in euch aufzunehmen, und wollet ohne sie nicht leben, damit ihr in Ewigkeit lebet. Und „der Mensch lebet nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht11“. Denn das himmlische Brot ist nicht nur Brot, sondern auch Fleisch und Wort ; und wenn es nur eines allein wäre, würde es die Nahrung fürs ewige Leben nicht enthalten. Inwiefern aber jenes Brot Fleisch sei, sagt der Erlöser 12: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch.“ Und dieses Fleisch ist das Wort, wie Johannes im Evangelium sagt 18: „Und das Wort ward Fleisch.“ Dieses Wort war Gott, wie derselbe sagt14: „Und Gott war das Wort.“ Und so ist jenes Brot Fleisch, Wort und Gott. Wer dieses Brot zu sich nehmen will, muß das Fleisch, das Wort und Gott in jenem himmlischen Brote empfangen, welches das Brot der Engel genannt wird. Bei der Aufnahme des Brotes muß das Wort der Wahrheit aufge- nommen werden, von welchem Christus sagt 15: „Ich bin die Wahrheit und das Leben." Wer das Wort der Wahrheit nicht in sich aufnimmt, nimmt jenes Brot nicht zu sich. Ferner muß derjenige, welcher das Brot nimmt, das Fleisch emp- fangen; denn als es der Herr seinen Jüngern gab, sprach er 16: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird.“ Und das Blut 10 4. Mose 16. 12 Ev. Joh. 51. 15 Ev. Joh. 14, 6. 11 Ev. Matth. 4, 4. 13 Ev. Joh. 1, 14. 1 Ev. Joh. 1, 1. 16 Ev. Luk. 22, 19.
KAPITEL I 21 Wonne mit Kraft dem Tode widerstanden und zum Lohne die ewige Wonne empfangen haben. Viele jedoch essen die geistige Speise ohne Lust und Ver- langen und speien sie aus ihren Herzen wieder aus. Wehe ihnen! Denn ihre Schuld wird an Judas geschildert, und sie teilen ihr Los mit Dathan und Abiram1°, und es wird ihren Seelen nicht zur Nahrung dienen. Erkennet ihr nicht, daß ein Tier, das ohne Lust frißt, nicht gedeiht, sondern von Schmerz gequält wird ? Um vieles mehr werdet ihr leiden, weil eure Qual ewig sein wird, wie die Speise ewig ist. Wandelt nicht auf ihren Wegen, ich beschwöre euch ; begehret vielmehr, jene Speise zur Nahrung eurer Seelen in euch aufzunehmen, und wollet ohne sie nicht leben, damit ihr in Ewigkeit lebet. Und „der Mensch lebet nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht11“. Denn das himmlische Brot ist nicht nur Brot, sondern auch Fleisch und Wort ; und wenn es nur eines allein wäre, würde es die Nahrung fürs ewige Leben nicht enthalten. Inwiefern aber jenes Brot Fleisch sei, sagt der Erlöser 12: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch.“ Und dieses Fleisch ist das Wort, wie Johannes im Evangelium sagt 18: „Und das Wort ward Fleisch.“ Dieses Wort war Gott, wie derselbe sagt14: „Und Gott war das Wort.“ Und so ist jenes Brot Fleisch, Wort und Gott. Wer dieses Brot zu sich nehmen will, muß das Fleisch, das Wort und Gott in jenem himmlischen Brote empfangen, welches das Brot der Engel genannt wird. Bei der Aufnahme des Brotes muß das Wort der Wahrheit aufge- nommen werden, von welchem Christus sagt 15: „Ich bin die Wahrheit und das Leben." Wer das Wort der Wahrheit nicht in sich aufnimmt, nimmt jenes Brot nicht zu sich. Ferner muß derjenige, welcher das Brot nimmt, das Fleisch emp- fangen; denn als es der Herr seinen Jüngern gab, sprach er 16: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird.“ Und das Blut 10 4. Mose 16. 12 Ev. Joh. 51. 15 Ev. Joh. 14, 6. 11 Ev. Matth. 4, 4. 13 Ev. Joh. 1, 14. 1 Ev. Joh. 1, 1. 16 Ev. Luk. 22, 19.
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22 JUGENDLEBEN KARLS IV. dieses Fleisches gab er ihnen mit den Worten17: „Das ist der Kelch meines Blutes des neuen, ewigen Testaments, das für viele vergossen wird.“ Indem aber der Mensch jenes Fleisch nimmt, tôte er sein eigenes Fleisch und gebe es für Christus hin; er nehme sein Kreuz auf sich und folge ihm nach18, da- mit er seines Todes und Leidens teilhaftig werde und in Zu- kunft am Ruhme seines Namens Anteil habe. Wenn er aber das Fleisch nimmt, muß er auch jenes wahre Brot empfangen, wie der Herr sagt 19: „Ich bin das wahre Brot, das vom Him- mel gekommen ist.“ Durch jenes Brot bekräftigte uns Chri- stus das neue, ewige Testament. Von dieser Bekräftigung singt David im Psalm2° : „Und das Brot kräftige des Menschen Herz.“ David aber redet nicht mit Unrecht bildlich vom ewigen Brot, denn sein Haus wird Bethlehem genannt, d. h. das Haus des Brotes. Aus diesem Hause ließ Gott seinen Christus erstehen, welcher das wahre Brot ist. Und deshalb bezeichnet ihn die Schrift als aus dem Hause Davids, das ist aus dem Hause des Brotes stammend. Jenes Brot aber stärke eure Herzen und Seelen in der heiligen Liebe zu ihm, auf daß ihr eure zeitlichen Reiche so zu durchwallen vermöget, daß ihr das ewige nicht verlieret. Amen! ZWEITES KAPITEL Wenn ihr aber nach mir, mit dem Diadem der Könige ge- schmückt, herrschen werdet, so gedenkt, daß auch ich vor euch geherrscht habe und zu Staub und Kot der Würmer ge- worden bin. Ahnlich werdet ihr dahinsinken, vorübergehend wie ein Schatten und wie die Blumen auf dem Felde�1. Was 17 Luk. 22.20; Matth. 26, 28; Mark. 14,14. 18 Ev. Matth. 10, 38f., das. 16, 24f. Luk. 9, 23f. 19 Ev. Joh. 6, 41 und 51. 20 Ps. 104, 15. 31 Ps. 103. 15. — Ganz ähnlich, wie hier Karl IV., mochte auch Peter von Zittau, daß der Leser aus seinem Geschichtswerke „Verachtung dieser vergänglichen Welt und Liebe zu dem ewigen Gotte“ lerne (ad mundi istius variabilis despectionem et ad dei stabilis dilectionem ali- qualiter poterit incitari); Königsaaler Geschichtsquellen, Fontes rr. Austr. I. 8. p. 385.
22 JUGENDLEBEN KARLS IV. dieses Fleisches gab er ihnen mit den Worten17: „Das ist der Kelch meines Blutes des neuen, ewigen Testaments, das für viele vergossen wird.“ Indem aber der Mensch jenes Fleisch nimmt, tôte er sein eigenes Fleisch und gebe es für Christus hin; er nehme sein Kreuz auf sich und folge ihm nach18, da- mit er seines Todes und Leidens teilhaftig werde und in Zu- kunft am Ruhme seines Namens Anteil habe. Wenn er aber das Fleisch nimmt, muß er auch jenes wahre Brot empfangen, wie der Herr sagt 19: „Ich bin das wahre Brot, das vom Him- mel gekommen ist.“ Durch jenes Brot bekräftigte uns Chri- stus das neue, ewige Testament. Von dieser Bekräftigung singt David im Psalm2° : „Und das Brot kräftige des Menschen Herz.“ David aber redet nicht mit Unrecht bildlich vom ewigen Brot, denn sein Haus wird Bethlehem genannt, d. h. das Haus des Brotes. Aus diesem Hause ließ Gott seinen Christus erstehen, welcher das wahre Brot ist. Und deshalb bezeichnet ihn die Schrift als aus dem Hause Davids, das ist aus dem Hause des Brotes stammend. Jenes Brot aber stärke eure Herzen und Seelen in der heiligen Liebe zu ihm, auf daß ihr eure zeitlichen Reiche so zu durchwallen vermöget, daß ihr das ewige nicht verlieret. Amen! ZWEITES KAPITEL Wenn ihr aber nach mir, mit dem Diadem der Könige ge- schmückt, herrschen werdet, so gedenkt, daß auch ich vor euch geherrscht habe und zu Staub und Kot der Würmer ge- worden bin. Ahnlich werdet ihr dahinsinken, vorübergehend wie ein Schatten und wie die Blumen auf dem Felde�1. Was 17 Luk. 22.20; Matth. 26, 28; Mark. 14,14. 18 Ev. Matth. 10, 38f., das. 16, 24f. Luk. 9, 23f. 19 Ev. Joh. 6, 41 und 51. 20 Ps. 104, 15. 31 Ps. 103. 15. — Ganz ähnlich, wie hier Karl IV., mochte auch Peter von Zittau, daß der Leser aus seinem Geschichtswerke „Verachtung dieser vergänglichen Welt und Liebe zu dem ewigen Gotte“ lerne (ad mundi istius variabilis despectionem et ad dei stabilis dilectionem ali- qualiter poterit incitari); Königsaaler Geschichtsquellen, Fontes rr. Austr. I. 8. p. 385.
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KAPITEL II 23 vermag der Adel des Geschlechts oder der Uberfluß an Gü- tern, wenn nicht ein reines Gewissen nebst dem rechten Glau- ben und der Hoffnung auf die heilige Wiederauferstehung da- mit verbunden ist ? Betrachtet euer Leben nicht wie die Gott- losen, indem ihr irrigerweise wähnet : Da euer Wesen nur ein geringes und da ihr von Gott geschaffen und aus dem Nichts entstanden seid, so würdet ihr nachher auch in das Nichts zu- rückkehren, als ob ihr nicht gewesen wäret. Wisset, daß ihr einen ewigen Vater habt und seinen Sohn, unsern Herrn Je- sus Christus, welcher der Erstgeborene unter vielen Brüdern ist22 und euch seines Reiches teilhaftig machen will, wenn ihr seine Gebote beobachtet, das Gewissen eurer Seele nicht be- fleckt und mit dem Willen eures Blutes und Fleisches Kinder Gottes werdet, wie Johannes im Evangelium sagt23: „Er gab ihnen Macht, Kinder Gottes zu werden." Wenn ihr also Kin- der Gottes werden wollt, beobachtet die Gebote eures Vaters, welcher sie euch durch seinen Sohn, unsern Herrn Jesus Chri- stus, den himmlischen König, angekündigt hat, dessen Zeichen und Amt ihr auf Erden führet. Das vornehmste Gebot aber ist, Gott den Herrn von ganzem Herzen und von ganzer Seele zu lieben und den Nächsten wie sich selbst24. Wenn ihr mit solcher Liebe Gott liebt, werdet ihr euch nicht scheuen, euer Leben für ihn einzusetzen, und euch vor denen nicht fürchten, die zwar den Leib töten kön- nen25 , aber die Seele nicht zu verderben vermögen ; ihr werdet euch vielmehr vor eurem Vater fürchten, welcher Macht hat, zu erlösen und in die ewige Hölle zu werfen26. Wenn ihr aber in der Furcht Gottes wandelt, wird die Weisheit euer Anfang sein27, und ihr werdet eure Brüder in Gerechtigkeit und Billigkeit richten, wie ihr selbst von dem Herrn gerichtet zu werden hofft; und so werdet ihr auf keinen Abweg ge- raten, weil der Weg des Herrn gerade ist. Und euer Erbarmen 28 Römer 8, 29. 23 Ev. Joh. 1, 12. 26 Ev. Matth. 22, 37—39; Mark. 12, 30—31; Luk. 10, 27. 25 Ev. Matth. 10, 28; Luk. 12,4. 26 Luk. 12, 5. 27 Ps. 111, 10; Ap. 9, 31.
KAPITEL II 23 vermag der Adel des Geschlechts oder der Uberfluß an Gü- tern, wenn nicht ein reines Gewissen nebst dem rechten Glau- ben und der Hoffnung auf die heilige Wiederauferstehung da- mit verbunden ist ? Betrachtet euer Leben nicht wie die Gott- losen, indem ihr irrigerweise wähnet : Da euer Wesen nur ein geringes und da ihr von Gott geschaffen und aus dem Nichts entstanden seid, so würdet ihr nachher auch in das Nichts zu- rückkehren, als ob ihr nicht gewesen wäret. Wisset, daß ihr einen ewigen Vater habt und seinen Sohn, unsern Herrn Je- sus Christus, welcher der Erstgeborene unter vielen Brüdern ist22 und euch seines Reiches teilhaftig machen will, wenn ihr seine Gebote beobachtet, das Gewissen eurer Seele nicht be- fleckt und mit dem Willen eures Blutes und Fleisches Kinder Gottes werdet, wie Johannes im Evangelium sagt23: „Er gab ihnen Macht, Kinder Gottes zu werden." Wenn ihr also Kin- der Gottes werden wollt, beobachtet die Gebote eures Vaters, welcher sie euch durch seinen Sohn, unsern Herrn Jesus Chri- stus, den himmlischen König, angekündigt hat, dessen Zeichen und Amt ihr auf Erden führet. Das vornehmste Gebot aber ist, Gott den Herrn von ganzem Herzen und von ganzer Seele zu lieben und den Nächsten wie sich selbst24. Wenn ihr mit solcher Liebe Gott liebt, werdet ihr euch nicht scheuen, euer Leben für ihn einzusetzen, und euch vor denen nicht fürchten, die zwar den Leib töten kön- nen25 , aber die Seele nicht zu verderben vermögen ; ihr werdet euch vielmehr vor eurem Vater fürchten, welcher Macht hat, zu erlösen und in die ewige Hölle zu werfen26. Wenn ihr aber in der Furcht Gottes wandelt, wird die Weisheit euer Anfang sein27, und ihr werdet eure Brüder in Gerechtigkeit und Billigkeit richten, wie ihr selbst von dem Herrn gerichtet zu werden hofft; und so werdet ihr auf keinen Abweg ge- raten, weil der Weg des Herrn gerade ist. Und euer Erbarmen 28 Römer 8, 29. 23 Ev. Joh. 1, 12. 26 Ev. Matth. 22, 37—39; Mark. 12, 30—31; Luk. 10, 27. 25 Ev. Matth. 10, 28; Luk. 12,4. 26 Luk. 12, 5. 27 Ps. 111, 10; Ap. 9, 31.
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24 JUGENDLEBEN KARLS IV. wird mit den Notleidenden und Armen sein, wie ihr das Er- barmen des Herrn für eure Not und Gebrechlichkeit zu er- langen wünscht. Und eure Weisheit wird durch die Kraft des Herrn gestärkt werden, er wird euren Arm den ehernen Bo- gen spannen lehren28, und ihr werdet gewaltige Kriege zer- brechen, und die Ruchlosen werden vor euch zu Boden sinken, die Gerechten aber sich freuen. Auch die Anschläge eurer Feinde wird Gott vereiteln"" und euch Gerechtigkeit und Recht üben lehren. Er wird euch das Verborgene offenbaren, wird euch die rechte Art der Erforschung lehren, und der hin- terlistige Mann wird seine Bosheit vor eurem Angesichte nicht verbergen, weil der Geist der Weisheit und des Verstandes vom Herrn auf euch ruhen wird°°. Die Augen der Ungerech- ten werden vor euch umhüllt werden, Gott wird das Wort von ihren Herzen nehmen31, und ihre Anschläge werden sinn- los sein. Der Gerechte aber wird sein Leben retten, und so wird er die Ehre des Königs sein, weil ,die Ehre des Königs das Recht liebt32“. Und euer Stab wird vor dem Herrn blü- hen, weil ihr ihn dem Gesunkenen gereicht und den Hilflosen „vom Stricke des Jägers“ gerettet habt33. Eure Diademe werden glänzen und euer Antlitz leuchten, weil die Augen der Weisen darauf ruhen und sie den Herrn preisen werden mit den Worten34: „Möge der Herr dem Könige langes Leben geben!“ Im Geschlechte der Frommen wird euer Same ge- segnet sein35. Wenn ihr Habsucht hasset, wird euch der Reichtum zu- fließen; hänget aber euer Herz nicht daran, sondern sammelt euch einen Schatz von Weisheit, weil auf ihrem Besitze viele Herrschaft beruht. Der Habsüchtige aber herrscht nicht, sondern ist der Macht des Geldes untertan. Fliehet die Gemeinschaft und den Rat der Verkehrten, weil ihr mit den Heiligen heilig und mit den Verkehrten verkehrt 29 Hiob 5, 12. 28 2 Sam. 22, 35; Ps. 18, 35; Hos. 2, 20 [18]. 20 Jes. 11, 2. 32 Ps. 99, 4. 31 Ev. Luk. 8, 12; Mark. 4, 15. 93 Ps. 91. 3. 34 Ps. 61, 7; der Wortlaut weicht ab. 25 Vgl. Ps. 112, 2.
24 JUGENDLEBEN KARLS IV. wird mit den Notleidenden und Armen sein, wie ihr das Er- barmen des Herrn für eure Not und Gebrechlichkeit zu er- langen wünscht. Und eure Weisheit wird durch die Kraft des Herrn gestärkt werden, er wird euren Arm den ehernen Bo- gen spannen lehren28, und ihr werdet gewaltige Kriege zer- brechen, und die Ruchlosen werden vor euch zu Boden sinken, die Gerechten aber sich freuen. Auch die Anschläge eurer Feinde wird Gott vereiteln"" und euch Gerechtigkeit und Recht üben lehren. Er wird euch das Verborgene offenbaren, wird euch die rechte Art der Erforschung lehren, und der hin- terlistige Mann wird seine Bosheit vor eurem Angesichte nicht verbergen, weil der Geist der Weisheit und des Verstandes vom Herrn auf euch ruhen wird°°. Die Augen der Ungerech- ten werden vor euch umhüllt werden, Gott wird das Wort von ihren Herzen nehmen31, und ihre Anschläge werden sinn- los sein. Der Gerechte aber wird sein Leben retten, und so wird er die Ehre des Königs sein, weil ,die Ehre des Königs das Recht liebt32“. Und euer Stab wird vor dem Herrn blü- hen, weil ihr ihn dem Gesunkenen gereicht und den Hilflosen „vom Stricke des Jägers“ gerettet habt33. Eure Diademe werden glänzen und euer Antlitz leuchten, weil die Augen der Weisen darauf ruhen und sie den Herrn preisen werden mit den Worten34: „Möge der Herr dem Könige langes Leben geben!“ Im Geschlechte der Frommen wird euer Same ge- segnet sein35. Wenn ihr Habsucht hasset, wird euch der Reichtum zu- fließen; hänget aber euer Herz nicht daran, sondern sammelt euch einen Schatz von Weisheit, weil auf ihrem Besitze viele Herrschaft beruht. Der Habsüchtige aber herrscht nicht, sondern ist der Macht des Geldes untertan. Fliehet die Gemeinschaft und den Rat der Verkehrten, weil ihr mit den Heiligen heilig und mit den Verkehrten verkehrt 29 Hiob 5, 12. 28 2 Sam. 22, 35; Ps. 18, 35; Hos. 2, 20 [18]. 20 Jes. 11, 2. 32 Ps. 99, 4. 31 Ev. Luk. 8, 12; Mark. 4, 15. 93 Ps. 91. 3. 34 Ps. 61, 7; der Wortlaut weicht ab. 25 Vgl. Ps. 112, 2.
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KAPITEL II 25 sein werdet; denn eine ansteckende Krankheit ist die Sünde. Fürchtet daher die Zucht des Herrn, damit er nicht einst zürne und ihr umkommt auf dem Wege, wenn in kurzem sein Zorn entbrennt36. Ist es aber geschehen, daß ihr sündigtet, dann verdrieße euch euer Leben37, bis ihr zurückkehrt zur Quelle der Güte und des Erbarmens. Obwohl es menschlich ist, zu sündigen, so ist es doch teuflisch, darin zu verharren. Sündiget nicht gegen den heiligen Geist38 und vertrauet auf Gott nicht vermessentlich; denn der heilige Geist Gottes weicht von euch, und wir müssen glauben, daß der heilige Geist der Ri- vale der Sünde ist. Gebet dem Zorne keinen Raum in euch3°, sondern der Sanft- mut; denn die Sanftmut überwindet den Zorn, und die Ge- duld die Bosheit. Beneidet einander nicht, sondern habt vielmehr Liebe zu- einander; denn der Neid erzeugt den Haß. Wer haßt, wird nicht geliebt und wird in seiner Wut zugrunde gehen ; wer aber die Liebe hat, der liebt und wird geliebt von Gott und den Menschen. Wenn euer Herz sich überheben will, demütigt euch, und wandelt nicht auf stolzem Fuß40. Die Hoffart ist dem Schöp- fer und allen Redlichen verhaßt, und der Hoffärtige hat des- halb weder vor Gott noch vor den Menschen Gunst41. Der Herr aber wird den Stolz am Ende brechen, indem er die Mächtigen vom Throne stürzt und die Dürftigen aus dem Staube hebt, daß sie unter den Fürsten sitzen und den Stuhl der Ehre einnehmen"2. Seid nicht unmäßig in Speise und Trank, gleich denjenigen, denen der Bauch ihr Gott ist43, die ihren Ruhm und ihr Ziel in die Anhäufung von Fäkalien setzen. 36 Ps. 2, 12f. � Röm. 12, 19. 40 Ps. 36, 12. Dieser Psalmvers ist in entgegengesetztem Sinne ver- wendet. 41 Vgl. Luk. 2, 52. 43 Philipp. 3, 19. 37 Nach Hiob 10, 1. 3s Vgl. Eph. 4, 30. 42 1 Sam. 2, 8; Ev. Luk. 1, 52.
KAPITEL II 25 sein werdet; denn eine ansteckende Krankheit ist die Sünde. Fürchtet daher die Zucht des Herrn, damit er nicht einst zürne und ihr umkommt auf dem Wege, wenn in kurzem sein Zorn entbrennt36. Ist es aber geschehen, daß ihr sündigtet, dann verdrieße euch euer Leben37, bis ihr zurückkehrt zur Quelle der Güte und des Erbarmens. Obwohl es menschlich ist, zu sündigen, so ist es doch teuflisch, darin zu verharren. Sündiget nicht gegen den heiligen Geist38 und vertrauet auf Gott nicht vermessentlich; denn der heilige Geist Gottes weicht von euch, und wir müssen glauben, daß der heilige Geist der Ri- vale der Sünde ist. Gebet dem Zorne keinen Raum in euch3°, sondern der Sanft- mut; denn die Sanftmut überwindet den Zorn, und die Ge- duld die Bosheit. Beneidet einander nicht, sondern habt vielmehr Liebe zu- einander; denn der Neid erzeugt den Haß. Wer haßt, wird nicht geliebt und wird in seiner Wut zugrunde gehen ; wer aber die Liebe hat, der liebt und wird geliebt von Gott und den Menschen. Wenn euer Herz sich überheben will, demütigt euch, und wandelt nicht auf stolzem Fuß40. Die Hoffart ist dem Schöp- fer und allen Redlichen verhaßt, und der Hoffärtige hat des- halb weder vor Gott noch vor den Menschen Gunst41. Der Herr aber wird den Stolz am Ende brechen, indem er die Mächtigen vom Throne stürzt und die Dürftigen aus dem Staube hebt, daß sie unter den Fürsten sitzen und den Stuhl der Ehre einnehmen"2. Seid nicht unmäßig in Speise und Trank, gleich denjenigen, denen der Bauch ihr Gott ist43, die ihren Ruhm und ihr Ziel in die Anhäufung von Fäkalien setzen. 36 Ps. 2, 12f. � Röm. 12, 19. 40 Ps. 36, 12. Dieser Psalmvers ist in entgegengesetztem Sinne ver- wendet. 41 Vgl. Luk. 2, 52. 43 Philipp. 3, 19. 37 Nach Hiob 10, 1. 3s Vgl. Eph. 4, 30. 42 1 Sam. 2, 8; Ev. Luk. 1, 52.
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26 JUGENDLEBEN KARLS IV. Verunreinigt eure Nieren nicht, sondern gürtet eure Lenden; umgürtet euch mit Stärke des Geistes, indem ihr zur Ehe schreitet. Denn der heilige Geist wird diejenigen fliehen, wel- che sich der Ausschweifung ergeben, und er wird nicht in Leibern wohnen, die der Sünde frönen. Bewahret euch vor dem Ubel der geistigen Trägheit44, auf daß sie euch durch ihre Schwere nicht in die Tiefe der Hölle ziehe. So hütet euch schon im zarten Alter vor jeder Sünde, weil ein anfangs kleiner Irrtum am Ende groß wird ; wandelt viel- mehr ohne Makel im Gesetze des Herrn, damit ihr den Segen dessen empfanget, der gesprochen 45 : „Wohl denen, die ohne Makel leben, die im Gesetze des Herrn wandeln"; auf daß ihr gleichsam ein Baum seiet, der, gepflanzt an den Wasser- bächen, seine Frucht bringet zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht46, sondern er wird in das Buch des Lebens geschrieben, wo die Namen der Gerechten eingeschrieben sind. Das wolle euch Der gewähren, der einst würdig gewesen, das Buch aufzutun und seine Siegel47. DRITTES KAPITEL Eurer Nachfolge habe ich die vorstehenden Worte der Weis- heit und Gottesfurcht sorgfältig niedergeschrieben, soweit meine geringe Kraft der göttlichen Hilfe teilhaftig war. Jetzt will ich euch von meinem nichtigen und törichten Leben und von dem Anfange meines Erdenwallens schreiben, damit es euch zum Beispiel dienen könne. Die mir durch Gott ver- liehene Gnade aber und die Liebe zum Studium, an welchem mein Herz beharrlich festgehalten hat, will ich nicht ver- schweigen, damit ihr um so mehr auf den Beistand der gött- lichen Hilfe in euren Bemühungen hoffen möget, je mehr 44 A malo accidie. — Accidia, eigentlich acedia, ist das griechische dzýôsta, Gleichgültigkeit, Uberdruß. In der Leichenrede Erzbischof Johanns von Prag, Fontes rr. Bohemicarum III. 437, heißt es von dem verstorbenen Kaiser Karl: Fuit inter iracundos patiens et mansuetus, inter accidiosos et pigros spiritu fervens et devotus. 45 Ps. 119, 1. 46 Ps. 1, 3. 47 Offenb. Joh. 5, 9.
26 JUGENDLEBEN KARLS IV. Verunreinigt eure Nieren nicht, sondern gürtet eure Lenden; umgürtet euch mit Stärke des Geistes, indem ihr zur Ehe schreitet. Denn der heilige Geist wird diejenigen fliehen, wel- che sich der Ausschweifung ergeben, und er wird nicht in Leibern wohnen, die der Sünde frönen. Bewahret euch vor dem Ubel der geistigen Trägheit44, auf daß sie euch durch ihre Schwere nicht in die Tiefe der Hölle ziehe. So hütet euch schon im zarten Alter vor jeder Sünde, weil ein anfangs kleiner Irrtum am Ende groß wird ; wandelt viel- mehr ohne Makel im Gesetze des Herrn, damit ihr den Segen dessen empfanget, der gesprochen 45 : „Wohl denen, die ohne Makel leben, die im Gesetze des Herrn wandeln"; auf daß ihr gleichsam ein Baum seiet, der, gepflanzt an den Wasser- bächen, seine Frucht bringet zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht46, sondern er wird in das Buch des Lebens geschrieben, wo die Namen der Gerechten eingeschrieben sind. Das wolle euch Der gewähren, der einst würdig gewesen, das Buch aufzutun und seine Siegel47. DRITTES KAPITEL Eurer Nachfolge habe ich die vorstehenden Worte der Weis- heit und Gottesfurcht sorgfältig niedergeschrieben, soweit meine geringe Kraft der göttlichen Hilfe teilhaftig war. Jetzt will ich euch von meinem nichtigen und törichten Leben und von dem Anfange meines Erdenwallens schreiben, damit es euch zum Beispiel dienen könne. Die mir durch Gott ver- liehene Gnade aber und die Liebe zum Studium, an welchem mein Herz beharrlich festgehalten hat, will ich nicht ver- schweigen, damit ihr um so mehr auf den Beistand der gött- lichen Hilfe in euren Bemühungen hoffen möget, je mehr 44 A malo accidie. — Accidia, eigentlich acedia, ist das griechische dzýôsta, Gleichgültigkeit, Uberdruß. In der Leichenrede Erzbischof Johanns von Prag, Fontes rr. Bohemicarum III. 437, heißt es von dem verstorbenen Kaiser Karl: Fuit inter iracundos patiens et mansuetus, inter accidiosos et pigros spiritu fervens et devotus. 45 Ps. 119, 1. 46 Ps. 1, 3. 47 Offenb. Joh. 5, 9.
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KAPITEL III 27 eure Väter und Vorgänger euch davon erzählen. Denn es steht auch geschrieben4s: „Unsere Väter haben es uns er- 66 zählt. Ich wünsche nun, daß euch nicht unbekannt bleibe", daß der römische Kaiser Heinrich VII.50 meinen Vater, namens Jo- hann, mit Margareta, der Tochter des Herzogs von Brabant, gezeugt hat 51. Dieser heiratete Elisabeth 52, die Tochter Wen- zels II., Königs von Böhmen, und erhielt mit ihr das König- reich Böhmen, weil der Mannesstamm in dem Königs- geschlechte der Böhmen erloschen war. Er verdrängte den Herzog Heinrich von Kärnten53, welcher die ältere Schwester seiner Frau, die später ohne Nachkommenschaft gestorben ist, zur Frau hatte54 und jener Schwester wegen die Herr- schaft Böhmens vor ihm besaß, wie in den Chroniken der Böhmen ausführlicher enthalten ist. Diesem Könige Johann von Böhmen wurde von der Königin Elisabeth im Jahre 1316, in der ersten Stunde [nach heutiger Zählung: um fünf Uhr früh] des 14. Mai, zu Prag sein ältester Sohn, namens Wenceslaus, geboren. Später zeugte er einen anderen Sohn, namens Ottogar, welcher im Knabenalter 48 Ps. 44, 2. 49 Uber alles Nächstfolgende vgl. die genealogischen Tafeln im An- hange. s0 1308—1313. Seine Heirat mit Margareta von Brabant fand am 9. Juni 1292 statt; Margaretens Vater war Herzog Johann I. (1260 bis 1294). 81 Johann, geb. 1296, wird König von Böhmen im Dezember 1310, fällt bei Crecy am 26. August 1346. 58 Elisabeth, geb. 1292, wird Gemahlin Johanns am 1. September 1310, stirbt am 28. September 1330. 58 König von Böhmen vom 15. August 1307 bis Dezember 1310, stirbt am 4. April 1335. 54 Anna, geb. 1290, wird Heinrichs Gemahlin am 13. Februar 1306, stirbt 1313. — Heinrich von Kärnten heiratete dann im Jahre 1315 die braunschweigische Prinzessin Adelheid, und in dieser Ehe wurde ihm 1318 die Tochter Margareta Maultasch geboren.
KAPITEL III 27 eure Väter und Vorgänger euch davon erzählen. Denn es steht auch geschrieben4s: „Unsere Väter haben es uns er- 66 zählt. Ich wünsche nun, daß euch nicht unbekannt bleibe", daß der römische Kaiser Heinrich VII.50 meinen Vater, namens Jo- hann, mit Margareta, der Tochter des Herzogs von Brabant, gezeugt hat 51. Dieser heiratete Elisabeth 52, die Tochter Wen- zels II., Königs von Böhmen, und erhielt mit ihr das König- reich Böhmen, weil der Mannesstamm in dem Königs- geschlechte der Böhmen erloschen war. Er verdrängte den Herzog Heinrich von Kärnten53, welcher die ältere Schwester seiner Frau, die später ohne Nachkommenschaft gestorben ist, zur Frau hatte54 und jener Schwester wegen die Herr- schaft Böhmens vor ihm besaß, wie in den Chroniken der Böhmen ausführlicher enthalten ist. Diesem Könige Johann von Böhmen wurde von der Königin Elisabeth im Jahre 1316, in der ersten Stunde [nach heutiger Zählung: um fünf Uhr früh] des 14. Mai, zu Prag sein ältester Sohn, namens Wenceslaus, geboren. Später zeugte er einen anderen Sohn, namens Ottogar, welcher im Knabenalter 48 Ps. 44, 2. 49 Uber alles Nächstfolgende vgl. die genealogischen Tafeln im An- hange. s0 1308—1313. Seine Heirat mit Margareta von Brabant fand am 9. Juni 1292 statt; Margaretens Vater war Herzog Johann I. (1260 bis 1294). 81 Johann, geb. 1296, wird König von Böhmen im Dezember 1310, fällt bei Crecy am 26. August 1346. 58 Elisabeth, geb. 1292, wird Gemahlin Johanns am 1. September 1310, stirbt am 28. September 1330. 58 König von Böhmen vom 15. August 1307 bis Dezember 1310, stirbt am 4. April 1335. 54 Anna, geb. 1290, wird Heinrichs Gemahlin am 13. Februar 1306, stirbt 1313. — Heinrich von Kärnten heiratete dann im Jahre 1315 die braunschweigische Prinzessin Adelheid, und in dieser Ehe wurde ihm 1318 die Tochter Margareta Maultasch geboren.
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28 JUGENDLEBEN KARLS IV. starb5s; sodann noch einen dritten, namens Johann5s. Der König hatte zwei verheiratete Schwestern: die eine hatte er nämlich dem Könige der Ungarn, Karl I.57, gegeben; diese starb kinderlos58. Die zweite aber hatte er dem Könige der Franzosen, Karl, gegeben5°. Als dieser in Frankreich re- gierte°°, im Jahre 1323, da ich im siebenten Jahre meiner Kindheit stand, schickte mich mein Vater zu ihm. Der König der Franzosen ließ mich durch seinen Bischof firmen und legte mir seinen eigenen Namen Karl bei; er gab mir die Tochter seines Oheims Karle1, Margareta, genannt Blanche, zur Frau. Seine Gattin, die Schwester meines Vaters, starb in jenem Jahre ohne Nachkommenschaft; später nahm sich der König eine andere Frau. Er liebte mich sehr und trug seinem Kaplan auf, mich ein wenig in den Wissenschaften zu unterrichten 2, obwohl der König selbst der Wissenschaften unkundig war. Damals lernte ich die Horen der glorreichen, heiligen Jungfrau Maria lesen, und sobald ich sie ein wenig verstand, las ich sie in den Zeiten meiner Kindheit täglich immer lieber, zumal meinen Aufsehern von seiten des Königs 85 Otakar, geb. 22. November 1318, stirbt 20. April 1320. 56 Johann Heinrich, geb. 12. Febr. 1322, Graf von Tirol 1335—1341, vermählt mit Margareta Maultasch 1337—1341, stirbt 1375. 57 Karl Robert von Neapel, aus dem Hause Anjou, 1307—1342; seine Vermählung mit Johanns Schwester Beatrix (geb. 1305) erfolgte im Jahre 1318. 58 Im November des Jahres 1319. 80 Sie hieß Maria und war 1304 geboren ; ihre Verheiratung fand 1322 statt; sie starb 1324. 60 Karl IV. der Schöne, der dritte der Söhne Philipps IV. des Schönen, regierte 1322—1328. 61 Karl von Valois, Bruder König Philipps IV., Vater König Philipps. VI., des Begründers der Dynastie Valois; geb. 1270, starb 1325. 62 Als Karl im Januar 1378 noch einmal Paris besuchte, gedachte er an den Gräbern der Könige Karls IV. und Philipp VI. sowie den De- putierten der Universität gegenüber mit Worten dankbarer Erinne- rung des Unterrichts und der Erziehung, die er in früher Jugend zu Paris genossen; vgl. die ausführliche Schilderung dieser Reise bei Fr. M. Pelzel, Kaiser Karl IV., II., S. 920ff., besonders S. 926 und 929.
28 JUGENDLEBEN KARLS IV. starb5s; sodann noch einen dritten, namens Johann5s. Der König hatte zwei verheiratete Schwestern: die eine hatte er nämlich dem Könige der Ungarn, Karl I.57, gegeben; diese starb kinderlos58. Die zweite aber hatte er dem Könige der Franzosen, Karl, gegeben5°. Als dieser in Frankreich re- gierte°°, im Jahre 1323, da ich im siebenten Jahre meiner Kindheit stand, schickte mich mein Vater zu ihm. Der König der Franzosen ließ mich durch seinen Bischof firmen und legte mir seinen eigenen Namen Karl bei; er gab mir die Tochter seines Oheims Karle1, Margareta, genannt Blanche, zur Frau. Seine Gattin, die Schwester meines Vaters, starb in jenem Jahre ohne Nachkommenschaft; später nahm sich der König eine andere Frau. Er liebte mich sehr und trug seinem Kaplan auf, mich ein wenig in den Wissenschaften zu unterrichten 2, obwohl der König selbst der Wissenschaften unkundig war. Damals lernte ich die Horen der glorreichen, heiligen Jungfrau Maria lesen, und sobald ich sie ein wenig verstand, las ich sie in den Zeiten meiner Kindheit täglich immer lieber, zumal meinen Aufsehern von seiten des Königs 85 Otakar, geb. 22. November 1318, stirbt 20. April 1320. 56 Johann Heinrich, geb. 12. Febr. 1322, Graf von Tirol 1335—1341, vermählt mit Margareta Maultasch 1337—1341, stirbt 1375. 57 Karl Robert von Neapel, aus dem Hause Anjou, 1307—1342; seine Vermählung mit Johanns Schwester Beatrix (geb. 1305) erfolgte im Jahre 1318. 58 Im November des Jahres 1319. 80 Sie hieß Maria und war 1304 geboren ; ihre Verheiratung fand 1322 statt; sie starb 1324. 60 Karl IV. der Schöne, der dritte der Söhne Philipps IV. des Schönen, regierte 1322—1328. 61 Karl von Valois, Bruder König Philipps IV., Vater König Philipps. VI., des Begründers der Dynastie Valois; geb. 1270, starb 1325. 62 Als Karl im Januar 1378 noch einmal Paris besuchte, gedachte er an den Gräbern der Könige Karls IV. und Philipp VI. sowie den De- putierten der Universität gegenüber mit Worten dankbarer Erinne- rung des Unterrichts und der Erziehung, die er in früher Jugend zu Paris genossen; vgl. die ausführliche Schilderung dieser Reise bei Fr. M. Pelzel, Kaiser Karl IV., II., S. 920ff., besonders S. 926 und 929.
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KAPITEL III 29 befohlen war, mich dazu anzuhalten. Der König war nicht geldgeizig, er bediente sich guten Beirats, und sein Hof glänzte durch die Vereinigung greiser Fürsten sowohl geist- lichen als weltlichen Standes. Es entstand aber ein großer Zwist zwischen dem damaligen Könige Englands und dem Könige Frankreichs. Der König von Englande3 nämlich hatte eine Schwester des genannten Königs"4 zur Frau, und er vertrieb sie aus England zugleich mit seinem erstgeborenen Sohne Eduard 65. Sie kam zu ihrem Bruder und blieb nebst ihrem Erstgeborenen in Frankreich in der Verbannung. Der König von Frankreich aber, über die Vertreibung der Schwester und des Schwestersohnes er- zürnt, bat meinen Schwiegervater Karl, seinen Oheim, einen so großen Schimpf, der ihrem Geschlechte geschehen war, zu rächen. Dieser sammelte ein Heer, drang in Aquitanien ein und eroberte es bis auf Bordeaux und einige Festungen und Burgen. Als nun Karl siegreich nach Frankreich zurückge- kebrt war, gab er die Tochter seiner Tochter, der Gräfin von Hennegau, der Schwester meiner Frau, dem Sohne genannten Königs von England, Eduard, während der Zeit seiner Ver- bannung zur Frau und schickte ihn mit Gefolge nach Eng- land. Dieser überwältigte seinen Vater und nahm ihn ge- fangen, setzte ihn ab und setzte sich das Diadem aufs Haupt.66 In demselben Jahre wurde der Vater des jungen Königs im Gefängnisse getötet67. In jenem Jahre starb auch mein Schwiegervater Karl“s und hinterließ einen erstgebornen Sohn, namens Philipp. In dem- selben Jahre zu Mariä Lichtmeß" starb der Franzosenkönig s4 Isabella. 63 Eduard II. (1307—1327). 65 Nachmals Eduard III. (1327—1377). — Vgl. dagegen Schmidt, Gesch. v. Frankreich I, S. 761. 66 Der Regierungsantritt Eduards III. erfolgte am 24. Januar 1327, seine Krönung am 2. Februar. 67 Eduard II. wurde am 22. September 1327 ermordet. 68 Ungenau: Karl von Valois starb schon am 16. November 1325. " Ebenfalls nicht ganz genau; Karl IV. starb am 31. Januar 1328.
KAPITEL III 29 befohlen war, mich dazu anzuhalten. Der König war nicht geldgeizig, er bediente sich guten Beirats, und sein Hof glänzte durch die Vereinigung greiser Fürsten sowohl geist- lichen als weltlichen Standes. Es entstand aber ein großer Zwist zwischen dem damaligen Könige Englands und dem Könige Frankreichs. Der König von Englande3 nämlich hatte eine Schwester des genannten Königs"4 zur Frau, und er vertrieb sie aus England zugleich mit seinem erstgeborenen Sohne Eduard 65. Sie kam zu ihrem Bruder und blieb nebst ihrem Erstgeborenen in Frankreich in der Verbannung. Der König von Frankreich aber, über die Vertreibung der Schwester und des Schwestersohnes er- zürnt, bat meinen Schwiegervater Karl, seinen Oheim, einen so großen Schimpf, der ihrem Geschlechte geschehen war, zu rächen. Dieser sammelte ein Heer, drang in Aquitanien ein und eroberte es bis auf Bordeaux und einige Festungen und Burgen. Als nun Karl siegreich nach Frankreich zurückge- kebrt war, gab er die Tochter seiner Tochter, der Gräfin von Hennegau, der Schwester meiner Frau, dem Sohne genannten Königs von England, Eduard, während der Zeit seiner Ver- bannung zur Frau und schickte ihn mit Gefolge nach Eng- land. Dieser überwältigte seinen Vater und nahm ihn ge- fangen, setzte ihn ab und setzte sich das Diadem aufs Haupt.66 In demselben Jahre wurde der Vater des jungen Königs im Gefängnisse getötet67. In jenem Jahre starb auch mein Schwiegervater Karl“s und hinterließ einen erstgebornen Sohn, namens Philipp. In dem- selben Jahre zu Mariä Lichtmeß" starb der Franzosenkönig s4 Isabella. 63 Eduard II. (1307—1327). 65 Nachmals Eduard III. (1327—1377). — Vgl. dagegen Schmidt, Gesch. v. Frankreich I, S. 761. 66 Der Regierungsantritt Eduards III. erfolgte am 24. Januar 1327, seine Krönung am 2. Februar. 67 Eduard II. wurde am 22. September 1327 ermordet. 68 Ungenau: Karl von Valois starb schon am 16. November 1325. " Ebenfalls nicht ganz genau; Karl IV. starb am 31. Januar 1328.
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30 JUGENDLEBEN KARLS IV. Karl mit Hinterlassung einer schwangeren Frau, welche nach- mals eine Tochter gebar. Und da dem Herkommen des Rei- ches gemäß Töchter nicht nachfolgen, so wurde Philipp, der Sohn meines Schwiegervaters, zum Könige von Frankreich erhoben, weil er in männlicher Linie der nächste Erbe war. Philipp behielt die Ratgeber seines Vorgängers bei; auf ihre Ratschläge jedoch ging er keineswegs ein und verfiel dem Geize. Unter seinen Räten befand sich Einer, der ein sehr einsichts- voller Herr war, der Abt Peter von Fécamp7°, aus Limoges gebürtig, ein beredter, gelehrter und mit aller Ehrbarkeit des Charakters ausgestatteter Mann. Dieser predigte am Ascher- mittwoch des ersten Jahres der Regierung Philipps, da er die Messe feierte, mit solcher Kraft, daß er von allen gelobt wurde. Ich aber lebte nach dem Tode Karls, bei welchem ich fünf Jahre gewesen war, am Hofe König Philipps, dessen Schwester ich hatte ; und mir gefiel die Sprachschönheit und Beredsamkeit des genannten Abtes in jener Predigt der- maßen, daß ich, in Andacht ihn hörend und anschauend, ernste Betrachtung anstellte und in meinem Innern zu über- legen anfing, was es wohl sei, daß von jenem Manne aus so viel Gnade sich über mich ergoß. Ich machte darauf seine Bekanntschaft, und er hegte mich liebevoll und väterlich, in- dem er mich öfter über die heilige Schrift belehrte. Ich brachte nach dem Tode Karls zwei Jahre am Hofe des Königs Philipp zu. Nach diesen zwei Jahren entsandte mich der König mit meiner Gattin, seiner Schwester, namens Blanche, zu meinem Vater, dem Könige Johann von Böhmen, nach der Stadt Luxemburg. Diese Grafschaft nämlich gehörte meinem Vater aus der Erbschaft seines Vaters, des Kaisers Heinrich seligen Angedenkens, welcher als Graf von Luxem- burg zum Könige der Römer erwählt worden war. Davon, wie und wie lange er regiert hat, wird in den Römischen Chroniken ausführlicher erzählt. 70 Fécamp in der Normandie: Fontes rr. Bohem. III. 340. Anm. 22.
30 JUGENDLEBEN KARLS IV. Karl mit Hinterlassung einer schwangeren Frau, welche nach- mals eine Tochter gebar. Und da dem Herkommen des Rei- ches gemäß Töchter nicht nachfolgen, so wurde Philipp, der Sohn meines Schwiegervaters, zum Könige von Frankreich erhoben, weil er in männlicher Linie der nächste Erbe war. Philipp behielt die Ratgeber seines Vorgängers bei; auf ihre Ratschläge jedoch ging er keineswegs ein und verfiel dem Geize. Unter seinen Räten befand sich Einer, der ein sehr einsichts- voller Herr war, der Abt Peter von Fécamp7°, aus Limoges gebürtig, ein beredter, gelehrter und mit aller Ehrbarkeit des Charakters ausgestatteter Mann. Dieser predigte am Ascher- mittwoch des ersten Jahres der Regierung Philipps, da er die Messe feierte, mit solcher Kraft, daß er von allen gelobt wurde. Ich aber lebte nach dem Tode Karls, bei welchem ich fünf Jahre gewesen war, am Hofe König Philipps, dessen Schwester ich hatte ; und mir gefiel die Sprachschönheit und Beredsamkeit des genannten Abtes in jener Predigt der- maßen, daß ich, in Andacht ihn hörend und anschauend, ernste Betrachtung anstellte und in meinem Innern zu über- legen anfing, was es wohl sei, daß von jenem Manne aus so viel Gnade sich über mich ergoß. Ich machte darauf seine Bekanntschaft, und er hegte mich liebevoll und väterlich, in- dem er mich öfter über die heilige Schrift belehrte. Ich brachte nach dem Tode Karls zwei Jahre am Hofe des Königs Philipp zu. Nach diesen zwei Jahren entsandte mich der König mit meiner Gattin, seiner Schwester, namens Blanche, zu meinem Vater, dem Könige Johann von Böhmen, nach der Stadt Luxemburg. Diese Grafschaft nämlich gehörte meinem Vater aus der Erbschaft seines Vaters, des Kaisers Heinrich seligen Angedenkens, welcher als Graf von Luxem- burg zum Könige der Römer erwählt worden war. Davon, wie und wie lange er regiert hat, wird in den Römischen Chroniken ausführlicher erzählt. 70 Fécamp in der Normandie: Fontes rr. Bohem. III. 340. Anm. 22.
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KAPITEL IV 31 VIERTES KAPITEL Aus Frankreich also heimgekehrt, fand ich meinen Vater in der Grafschaft Luxemburg, während die Reichsregierung zu jenen Zeiten Ludwig von Bayern innehatte, welcher sich Lud- wig IV. schrieb und nach dem Tode Heinrichs VII., meines Großvaters, in zwiespältiger Wahl gegen Herzog Friedrich von Österreich zum Römischen Könige erhoben worden war. Diesen Ludwig wählten und auf seiner Seite standen bis zu dem Siege, durch welchen er jenen Herzog Friedrich von Österreich, seinen Gegner, gefangen nahm, König Johann von Böhmen, mein Vater, der Erzbischof von Mainz, von Trier und Waldemar, der letzte Brandenburger. Auf Fried- richs Seite aber waren der Erzbischof von Köln, der Herzog von Sachsen und der Pfalzgraf. Später war Ludwig nach Rom gegangen und empfing das kaiserliche Diadem und die Weihe gegen den Willen Papst Johannes XXII. von dem Bischof der Veneter. Hierauf hatte er einen Gegenpapst, na- mens Nikolaus, vom Orden der Minderbrüder, gewählt, wel- cher später in die Hände des Papstes ausgeliefert worden und in Buße gestorben ist. Dann war er nach Deutschland zurück- gekehrt, wie aus den Chroniken der Römer ausführlicher er- sichtlich ist. Zu jener Zeit nun, als ich aus Frankreich in die Grafschaft Luxemburg zurückgekehrt war und meinen Vater daselbst angetroffen hatte, belagerte der Herzog von Österreich die Stadt Kolmar im Elsaß71, und Ludwig vermochte sie nicht zu befreien. Mein Vater setzte sich mit ihnen in Verbindung und söhnte den Herzog mit Ludwig aus72. Dann ging er in die Grafschaft Tirol zum Herzog von Kärn- ten, welchen er aus dem Königreiche Böhmen verdrängt hatte. Dessen erste Gemahlin, die Schwester meiner Mutter, war ge- storben; hierauf hatte er jedoch eine andere Frau, die Schwe- ster des Herzogs von Braunschweig, genommen, mit welcher 71 Juli 1330. 72 6. August 1330.
KAPITEL IV 31 VIERTES KAPITEL Aus Frankreich also heimgekehrt, fand ich meinen Vater in der Grafschaft Luxemburg, während die Reichsregierung zu jenen Zeiten Ludwig von Bayern innehatte, welcher sich Lud- wig IV. schrieb und nach dem Tode Heinrichs VII., meines Großvaters, in zwiespältiger Wahl gegen Herzog Friedrich von Österreich zum Römischen Könige erhoben worden war. Diesen Ludwig wählten und auf seiner Seite standen bis zu dem Siege, durch welchen er jenen Herzog Friedrich von Österreich, seinen Gegner, gefangen nahm, König Johann von Böhmen, mein Vater, der Erzbischof von Mainz, von Trier und Waldemar, der letzte Brandenburger. Auf Fried- richs Seite aber waren der Erzbischof von Köln, der Herzog von Sachsen und der Pfalzgraf. Später war Ludwig nach Rom gegangen und empfing das kaiserliche Diadem und die Weihe gegen den Willen Papst Johannes XXII. von dem Bischof der Veneter. Hierauf hatte er einen Gegenpapst, na- mens Nikolaus, vom Orden der Minderbrüder, gewählt, wel- cher später in die Hände des Papstes ausgeliefert worden und in Buße gestorben ist. Dann war er nach Deutschland zurück- gekehrt, wie aus den Chroniken der Römer ausführlicher er- sichtlich ist. Zu jener Zeit nun, als ich aus Frankreich in die Grafschaft Luxemburg zurückgekehrt war und meinen Vater daselbst angetroffen hatte, belagerte der Herzog von Österreich die Stadt Kolmar im Elsaß71, und Ludwig vermochte sie nicht zu befreien. Mein Vater setzte sich mit ihnen in Verbindung und söhnte den Herzog mit Ludwig aus72. Dann ging er in die Grafschaft Tirol zum Herzog von Kärn- ten, welchen er aus dem Königreiche Böhmen verdrängt hatte. Dessen erste Gemahlin, die Schwester meiner Mutter, war ge- storben; hierauf hatte er jedoch eine andere Frau, die Schwe- ster des Herzogs von Braunschweig, genommen, mit welcher 71 Juli 1330. 72 6. August 1330.
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32 JUGENDLEBEN KARLS IV. er eine einzige Tochter hatte. Diese7s gab er nun meinem Bruder Johann zur Frau und sagte ihm für den Fall seines Todes auch alle seine Fürstentümer zu"4. Von hier kam mein Vater nach der Stadt Trient; damals am Tage des heiligen Märtyrers Wenceslaus starb meine Mutter in Prag7s. Während mein Vater aber in Trient verweilte, wurden ihm in der Lombardei die Städte Brescia, Bergamo, Parma, Cre- mona, Pavia, Reggio und Modena, sowie in Tuscien Lucca mit allen dazu gehörigen Gebieten und Grafschaften über- geben76. Indem mein Vater diese Städte in Besitz nahm, schlug er demnächst seinen Sitz in Parma auf77. Die Leitung übernahm Azzo Visconti von Mailand, der damalige Statt- halter der Städte Mailand und Novara, welche er zu der- selben Zeit von meinem Vater in Stellvertretung übernom- men hatte. Damals schickte mein Vater in die Grafschaft Luxemburg nach mir. Ich nahm nun den Weg durch die Stadt Metz, das Herzogtum Lothringen, durch Burgund und Savoyen bis zur Stadt Lausanne am See. Dann überschritt ich die Berge von Brig"8 und kam in die Landschaft Novara; von da gelangte ich am Karfreitag7’ nach der Stadt Pavia, welche mein Vater innehatte. Am Ostertage aber, also am dritten Tage nach meiner An- kunfts°, wurde mein Gefolge vergiftet, und ich selbst ent- kam nur durch den Schutz der göttlichen Gnade. Die hohe 73 Margareta Maultasch, geb. 1318 (siehe oben S. 27, Anm. 54), jetzt also 12 Jahre alt. 74 September 1330. 75 28. September 1330. 78 Ein vorzügliches Hilfsmittel zur Orientierung über die italienischen Wirren des 14. Jahrhunderts bietet den Lesern der „Geschichts- schreiber der deutschen Vorzeit“ die Einleitung W. Friedensburgs zum „Leben Kaiser Heinrichs VII.“ (1882). 77 März 1331. 78 Am Aufstieg des Simplonpasses. *e 31. März 1331. 79 29. März 1331.
32 JUGENDLEBEN KARLS IV. er eine einzige Tochter hatte. Diese7s gab er nun meinem Bruder Johann zur Frau und sagte ihm für den Fall seines Todes auch alle seine Fürstentümer zu"4. Von hier kam mein Vater nach der Stadt Trient; damals am Tage des heiligen Märtyrers Wenceslaus starb meine Mutter in Prag7s. Während mein Vater aber in Trient verweilte, wurden ihm in der Lombardei die Städte Brescia, Bergamo, Parma, Cre- mona, Pavia, Reggio und Modena, sowie in Tuscien Lucca mit allen dazu gehörigen Gebieten und Grafschaften über- geben76. Indem mein Vater diese Städte in Besitz nahm, schlug er demnächst seinen Sitz in Parma auf77. Die Leitung übernahm Azzo Visconti von Mailand, der damalige Statt- halter der Städte Mailand und Novara, welche er zu der- selben Zeit von meinem Vater in Stellvertretung übernom- men hatte. Damals schickte mein Vater in die Grafschaft Luxemburg nach mir. Ich nahm nun den Weg durch die Stadt Metz, das Herzogtum Lothringen, durch Burgund und Savoyen bis zur Stadt Lausanne am See. Dann überschritt ich die Berge von Brig"8 und kam in die Landschaft Novara; von da gelangte ich am Karfreitag7’ nach der Stadt Pavia, welche mein Vater innehatte. Am Ostertage aber, also am dritten Tage nach meiner An- kunfts°, wurde mein Gefolge vergiftet, und ich selbst ent- kam nur durch den Schutz der göttlichen Gnade. Die hohe 73 Margareta Maultasch, geb. 1318 (siehe oben S. 27, Anm. 54), jetzt also 12 Jahre alt. 74 September 1330. 75 28. September 1330. 78 Ein vorzügliches Hilfsmittel zur Orientierung über die italienischen Wirren des 14. Jahrhunderts bietet den Lesern der „Geschichts- schreiber der deutschen Vorzeit“ die Einleitung W. Friedensburgs zum „Leben Kaiser Heinrichs VII.“ (1882). 77 März 1331. 78 Am Aufstieg des Simplonpasses. *e 31. März 1331. 79 29. März 1331.
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KAPITEL IV 33 Messe nämlich zog sich etwas länger hin, und da ich in der- selben kommunizierte, so wollte ich vor der Messe nicht essen. Als ich dann zum Mahle ging, wurde mir gesagt, daß mein Gefolge plötzlich erkrankt sei, und zwar diejenigen aus demselben, welche vor dem Mahle gegessen hatten. Während ich daher an der Tafel saß, wollte ich nicht essen; wir alle waren bestürzt. Und so aufblickend, sah ich einen hübschen und gewandten jungen Menschen, den ich nicht kannte, vor der Tafel auf und ab gehen, der tat, als ob er stumm wäre. Ich faßte Verdacht und ließ ihn festnehmen. Nach vielem Foltern begann er am dritten Tage zu reden und gestand ein, daß er auf Befehl und Anstiften Azzo Viscontis von Mailand in der Küche den Speisen Gift beigemischt habe. An jenem Gifte aber waren gestorben: Johann, Herr von Berge, mein Haus- hofmeister; Johann von Honkirin; Simon von Keyla, der meine Tafel bediente, und noch andere mehr. Ich wohnte zu Pavia damals im Kloster des hl. Augustinus, wo sein Leichnam ruht, und da Ludwig von Bayern den Abt und die Regularkanoniker aus jenem Kloster vertrieben hatte, so rief ich sie zurück und führte sie dort wieder ein. Nach dem Tode jener Brüder übertrug Papst Johann das Kloster den Augustinern, deren Orden es noch heutigen Tages besitzt, und zwar auf Geheiß meines Vaters, der ihnen den Besitz übergab. Darauf zog ich zu meinem Vater nach Parma; ich trat damals in mein sechzehntes Jahrs1. Mein Vater aber übertrug die Leitung aller dortigen Angelegenheiten sowie die Fürsorge für mich dem Herrn Ludwig, einem savoyischen Grafen, wel- cher der Schwiegervater Azzo Viscontis, des Statthalters von Mailand, war. Von Parma scheidend, ging er nach Frankreich und gab seine zweitgeborne Tochter, meine Schwester Guta“. dem erstgebornen Sohne des Königs Philipp von Frankreich, 81 Mai 1331. 88 Auch Bona genannt, geb. 5. Mai 1315, starb 11. September 1340.
KAPITEL IV 33 Messe nämlich zog sich etwas länger hin, und da ich in der- selben kommunizierte, so wollte ich vor der Messe nicht essen. Als ich dann zum Mahle ging, wurde mir gesagt, daß mein Gefolge plötzlich erkrankt sei, und zwar diejenigen aus demselben, welche vor dem Mahle gegessen hatten. Während ich daher an der Tafel saß, wollte ich nicht essen; wir alle waren bestürzt. Und so aufblickend, sah ich einen hübschen und gewandten jungen Menschen, den ich nicht kannte, vor der Tafel auf und ab gehen, der tat, als ob er stumm wäre. Ich faßte Verdacht und ließ ihn festnehmen. Nach vielem Foltern begann er am dritten Tage zu reden und gestand ein, daß er auf Befehl und Anstiften Azzo Viscontis von Mailand in der Küche den Speisen Gift beigemischt habe. An jenem Gifte aber waren gestorben: Johann, Herr von Berge, mein Haus- hofmeister; Johann von Honkirin; Simon von Keyla, der meine Tafel bediente, und noch andere mehr. Ich wohnte zu Pavia damals im Kloster des hl. Augustinus, wo sein Leichnam ruht, und da Ludwig von Bayern den Abt und die Regularkanoniker aus jenem Kloster vertrieben hatte, so rief ich sie zurück und führte sie dort wieder ein. Nach dem Tode jener Brüder übertrug Papst Johann das Kloster den Augustinern, deren Orden es noch heutigen Tages besitzt, und zwar auf Geheiß meines Vaters, der ihnen den Besitz übergab. Darauf zog ich zu meinem Vater nach Parma; ich trat damals in mein sechzehntes Jahrs1. Mein Vater aber übertrug die Leitung aller dortigen Angelegenheiten sowie die Fürsorge für mich dem Herrn Ludwig, einem savoyischen Grafen, wel- cher der Schwiegervater Azzo Viscontis, des Statthalters von Mailand, war. Von Parma scheidend, ging er nach Frankreich und gab seine zweitgeborne Tochter, meine Schwester Guta“. dem erstgebornen Sohne des Königs Philipp von Frankreich, 81 Mai 1331. 88 Auch Bona genannt, geb. 5. Mai 1315, starb 11. September 1340.
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34 JUGENDLEBEN KARLS IV. Johann 3. Die Erstgeborne, Margareta 4, hatte der Herzog Heinrich von Bayern85. Damals nun, als ich mit Herrn Ludwig von Savoyen in Italien zurückgeblieben war, verbanden sich heimlich gegen mich und meinen Vater: König Robert von Apulien, die Flo- rentiner, Azzo Visconti, der Statthalter von Mailand, der Statthalter von Verona, welcher damals die Städte Padua, Treviso, Vicenza, Feltre und Belluno innehatte, der Statt- halter von Mantua, welcher uns früher Treue versprochen hatte, und der Statthalter von Ferrara. Sie teilten einander insgeheim die Städte zu, welche ich besaß : Brescia und Par- ma dem Veroneser, Reggio dem Mantuaner, Modena dem Ferraresen, Pavia, Bergamo und Cremona dem Mailänder, und den Florentinern Lucca. So drangen sie alle mit einem Male, besonders da sie insgeheim verräterische Verbindungen in den Städten hatten, ohne uns vorher Fehde anzukündigen, auf uns ein. Wir hatten ihretwegen damals keine Besorgnis, weil sie mit uns ein Bündnis geschlossen und uns zuge- schworen und schriftlich versichert hatten, dem Vater und uns treu zur Seite stehen zu wollen. Der Veroneser drang in Brescia ein; der Mailänder belagerte Bergamo und hatte es sogleich inne. Die Bewohner von Pavia empörten sich ge- gen uns, und die Beccaria, auf welche wir mehr als auf irgend andere in jener Stadt vertrauten, rissen die Herrschaft an sich. Sämtliche so miteinander Verbündeten begannen von allen Seiten gegen uns einen gewaltigen Krieg. Der erwähnte Herr Ludwig von Savoyen aber, unser Bevollmächtigter und Beschützer, hatte vielleicht wohl irgendwelche Gefahren vor- hergesehen, aber er wandte kein Mittel dagegen an, und ich weiß nicht aus welchem Antrieb, vielleicht aus Liebe zu seinem Schwiegervater Azzo Visconti, entfernte er sich aus Parma 83 Ihre Hochzeit mit Johann, dem nachmaligen Könige von Frank- reich (1350—1364), fand am 28. März 1332 statt. 34 Geb. 1313, starb 1341. 85 Heinrich II., der Altere, von Niederbayern (Landshut), geb. 1304, Herzog 1310, starb 1339. Die Vermählung war 1328, 12. August, er- folgt.
34 JUGENDLEBEN KARLS IV. Johann 3. Die Erstgeborne, Margareta 4, hatte der Herzog Heinrich von Bayern85. Damals nun, als ich mit Herrn Ludwig von Savoyen in Italien zurückgeblieben war, verbanden sich heimlich gegen mich und meinen Vater: König Robert von Apulien, die Flo- rentiner, Azzo Visconti, der Statthalter von Mailand, der Statthalter von Verona, welcher damals die Städte Padua, Treviso, Vicenza, Feltre und Belluno innehatte, der Statt- halter von Mantua, welcher uns früher Treue versprochen hatte, und der Statthalter von Ferrara. Sie teilten einander insgeheim die Städte zu, welche ich besaß : Brescia und Par- ma dem Veroneser, Reggio dem Mantuaner, Modena dem Ferraresen, Pavia, Bergamo und Cremona dem Mailänder, und den Florentinern Lucca. So drangen sie alle mit einem Male, besonders da sie insgeheim verräterische Verbindungen in den Städten hatten, ohne uns vorher Fehde anzukündigen, auf uns ein. Wir hatten ihretwegen damals keine Besorgnis, weil sie mit uns ein Bündnis geschlossen und uns zuge- schworen und schriftlich versichert hatten, dem Vater und uns treu zur Seite stehen zu wollen. Der Veroneser drang in Brescia ein; der Mailänder belagerte Bergamo und hatte es sogleich inne. Die Bewohner von Pavia empörten sich ge- gen uns, und die Beccaria, auf welche wir mehr als auf irgend andere in jener Stadt vertrauten, rissen die Herrschaft an sich. Sämtliche so miteinander Verbündeten begannen von allen Seiten gegen uns einen gewaltigen Krieg. Der erwähnte Herr Ludwig von Savoyen aber, unser Bevollmächtigter und Beschützer, hatte vielleicht wohl irgendwelche Gefahren vor- hergesehen, aber er wandte kein Mittel dagegen an, und ich weiß nicht aus welchem Antrieb, vielleicht aus Liebe zu seinem Schwiegervater Azzo Visconti, entfernte er sich aus Parma 83 Ihre Hochzeit mit Johann, dem nachmaligen Könige von Frank- reich (1350—1364), fand am 28. März 1332 statt. 34 Geb. 1313, starb 1341. 85 Heinrich II., der Altere, von Niederbayern (Landshut), geb. 1304, Herzog 1310, starb 1339. Die Vermählung war 1328, 12. August, er- folgt.
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KAPITEL V 35 und ließ uns in der Bedrängnis zurück. Die de'Rossi in Parma aber, die da Fogliano und de Manfredi zu Reggio, die de'Pii zu Modena, die de' Ponzonis und Senis zu Cremona, endlich die Herren Simon und Philipp von Pistoja, die Hauptleute von Lucca, ergriffen getreulich meine Sache und wandten allen Rat und Beistand auf, der ihnen möglich war, wie auf der folgenden Seite genauer beschrieben wird. FUNFTES KAPITEL Die Verschworenen zogen jetzt vor unserer Stadt Modena ein starkes Heer zusammen und standen dort sechs Wochen lang: der Mailänder, der Veronese, der Ferrarese und der Mantuaner. Nachdem sechs Wochen verstrichen waren und sie die Gebiete und Grafschaften der Städte Modena und Reg- gio verwüstet hatten, wichen sie zurück und legten ihre Streitmacht und ihr Heer vor die Burg S. Felice im Gebiete von Modena. Und als das Heer dort lange gestanden hatte, schloß die Besatzung der Burg mit demselben einen Vertrag, wonach ihm, wenn binnen einem Monat, das ist bis zum Tage der heiligen Katharina 86, von unserer Seite keine Hilfe käme, die Burg übergeben werden sollte. Als dies die Bürger von Parma, Cremona, Modena und Reggio hörten, vereinigten sie ihre Streitkräfte und traten zu uns mit den Worten: „Herr, kommen wir unserem Verderben zuvor, ehe wir ganz und gar vernichtet werden!“ Nachdem wir hierauf Beratung gehalten, begaben wir uns ins Feld, schlugen ein Lager auf und kamen dort am Tage der heiligen Katharina an, an welchem die Burg in die Hände der Feinde geliefert werden sollte. Um die neunte Stunde eröffneten wir mit 1200 Helmen und 6000 Fußsoldaten den Kampf gegen die Feinde, deren wohl eben- soviel oder noch mehr waren, und das Treffen dauerte von der neunten Stunde bis nach Sonnenuntergang. Von beiden se 25. November.
KAPITEL V 35 und ließ uns in der Bedrängnis zurück. Die de'Rossi in Parma aber, die da Fogliano und de Manfredi zu Reggio, die de'Pii zu Modena, die de' Ponzonis und Senis zu Cremona, endlich die Herren Simon und Philipp von Pistoja, die Hauptleute von Lucca, ergriffen getreulich meine Sache und wandten allen Rat und Beistand auf, der ihnen möglich war, wie auf der folgenden Seite genauer beschrieben wird. FUNFTES KAPITEL Die Verschworenen zogen jetzt vor unserer Stadt Modena ein starkes Heer zusammen und standen dort sechs Wochen lang: der Mailänder, der Veronese, der Ferrarese und der Mantuaner. Nachdem sechs Wochen verstrichen waren und sie die Gebiete und Grafschaften der Städte Modena und Reg- gio verwüstet hatten, wichen sie zurück und legten ihre Streitmacht und ihr Heer vor die Burg S. Felice im Gebiete von Modena. Und als das Heer dort lange gestanden hatte, schloß die Besatzung der Burg mit demselben einen Vertrag, wonach ihm, wenn binnen einem Monat, das ist bis zum Tage der heiligen Katharina 86, von unserer Seite keine Hilfe käme, die Burg übergeben werden sollte. Als dies die Bürger von Parma, Cremona, Modena und Reggio hörten, vereinigten sie ihre Streitkräfte und traten zu uns mit den Worten: „Herr, kommen wir unserem Verderben zuvor, ehe wir ganz und gar vernichtet werden!“ Nachdem wir hierauf Beratung gehalten, begaben wir uns ins Feld, schlugen ein Lager auf und kamen dort am Tage der heiligen Katharina an, an welchem die Burg in die Hände der Feinde geliefert werden sollte. Um die neunte Stunde eröffneten wir mit 1200 Helmen und 6000 Fußsoldaten den Kampf gegen die Feinde, deren wohl eben- soviel oder noch mehr waren, und das Treffen dauerte von der neunten Stunde bis nach Sonnenuntergang. Von beiden se 25. November.
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36 JUGENDLEBEN KARLS IV. Seiten wurden fast alle Streitrosse 87 und andere Pferde mehr getötet, und wir waren fast besiegt; auch das Schlachtroß, auf welchem wir saßen, wurde getötet. Als wir, von den Unse- ren wieder aufgehoben, so dastanden und um uns blickend erkannten, daß wir fast überwunden waren, und uns schon der Verzweiflung nahe fühlten: siehe, da begannen zur selben Stunde die Feinde mit ihren Fahnen zu fliehen, zuerst die Mantuaner, denen dann noch mehr folgten. Und so errangen wir durch Gottes Gnade den Sieg über unsere Feinde, von denen wir 800 Helme auf der Flucht gefangennahmen und 5000 Fußgänger töteten. Durch solchen Sieg war die Burg S. Felice befreit. In diesem Kriege empfingen wir nebst 200 tapferen Mannen die Ritterwürde. Am folgenden Tage kehrten wir mit Beute und Gefangenen in großer Freude nach Modena zurück, entließen unsere Leute und begaben uns wieder nach Parma, wo wir damals Hof hielten. Hierauf gingen wir nach Lucca in Toscana und bereiteten den Kriegszug gegen die Florentiner vor. Wir erbauten auf dem Gipfel eines Berges, welcher von Lucca nach dem Nebel- tal (Valdinievole) hin zehn Meilen weit abliegt, eine schöne Burg nebst ummauerter Stadt, welcher wir den Namen Karls- berg (Monte Carlo) beilegten. Dann kehrten wir nach Parma zurück, nachdem wir die Leitung dem Herrn Simon, Sohn Philipps von Pistoja, überlassen hatten, der schon früher in unserem Namen gut gewaltet, die Stadt Barcze in Gerimano den Feinden abgenommen und vieles andere Gute während seiner Verwaltung vollbracht hatte. Als wir aber nach Parma gekommen waren, wurden wir von den Feinden ringsum auf das gewaltigste bedrängt. Nur die Strenge des Winters kam uns zu statten, der so heftig wurde, daß niemand im Felde auszuharren vermochte. Um dieselbe Zeit begannen die Verhandlungen zwischen den Veronesern und unseren übrigen Feinden einerseits und Mar- 87 Dextrarii: von solchen dextrarii sagt die Chronik von Colmar zum Jahre 1298, sie überragten die gewöhnlichen Pferde wie der Buce- phalus Alexanders die andern Rosse.
36 JUGENDLEBEN KARLS IV. Seiten wurden fast alle Streitrosse 87 und andere Pferde mehr getötet, und wir waren fast besiegt; auch das Schlachtroß, auf welchem wir saßen, wurde getötet. Als wir, von den Unse- ren wieder aufgehoben, so dastanden und um uns blickend erkannten, daß wir fast überwunden waren, und uns schon der Verzweiflung nahe fühlten: siehe, da begannen zur selben Stunde die Feinde mit ihren Fahnen zu fliehen, zuerst die Mantuaner, denen dann noch mehr folgten. Und so errangen wir durch Gottes Gnade den Sieg über unsere Feinde, von denen wir 800 Helme auf der Flucht gefangennahmen und 5000 Fußgänger töteten. Durch solchen Sieg war die Burg S. Felice befreit. In diesem Kriege empfingen wir nebst 200 tapferen Mannen die Ritterwürde. Am folgenden Tage kehrten wir mit Beute und Gefangenen in großer Freude nach Modena zurück, entließen unsere Leute und begaben uns wieder nach Parma, wo wir damals Hof hielten. Hierauf gingen wir nach Lucca in Toscana und bereiteten den Kriegszug gegen die Florentiner vor. Wir erbauten auf dem Gipfel eines Berges, welcher von Lucca nach dem Nebel- tal (Valdinievole) hin zehn Meilen weit abliegt, eine schöne Burg nebst ummauerter Stadt, welcher wir den Namen Karls- berg (Monte Carlo) beilegten. Dann kehrten wir nach Parma zurück, nachdem wir die Leitung dem Herrn Simon, Sohn Philipps von Pistoja, überlassen hatten, der schon früher in unserem Namen gut gewaltet, die Stadt Barcze in Gerimano den Feinden abgenommen und vieles andere Gute während seiner Verwaltung vollbracht hatte. Als wir aber nach Parma gekommen waren, wurden wir von den Feinden ringsum auf das gewaltigste bedrängt. Nur die Strenge des Winters kam uns zu statten, der so heftig wurde, daß niemand im Felde auszuharren vermochte. Um dieselbe Zeit begannen die Verhandlungen zwischen den Veronesern und unseren übrigen Feinden einerseits und Mar- 87 Dextrarii: von solchen dextrarii sagt die Chronik von Colmar zum Jahre 1298, sie überragten die gewöhnlichen Pferde wie der Buce- phalus Alexanders die andern Rosse.
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KAPITEL V 37 silius de'Rossi, Gibertus von Fogliano, Manfredus de Piis, den Häuptern von Parma, Reggio und Modena, welche gleichsam die Statthalter dieser Städte waren. Diese kamen mit den vornehmsten Räten der Veronesen in einer kleinen Kirche des Gebietes von Reggio zusammen und verständigten sich ge- gen mich dahin, mich preiszugeben und untereinander einen Bund zu schließen. Sie ließen eine Messe lesen, weil sie beim Leibe Christi jene Abmachungen beschwören wollten. Und es geschah, daß, als der Priester die Wandlung vollzogen hatte, nach der Aufhebung jener Messe eine große Dunkelheit mit Wirbelwind in der Kirche entstand, so daß sich alle entsetz- ten. Und als es wieder hell geworden war, fand der Priester den Leib Christi nicht mehr vor sich auf dem Altare. Traurig standen alle in ihrer Bestürzung da und blickten einer den an- dern an: da wurde der Leib des Herrn vor den Füßen des Mar- silius de'Rossi gefunden, welcher das Haupt und der Leiter jener Verhandlung war. Nun sagten alle einstimmig: „Was wir verabredet haben, gefällt Gott nicht.“ Sie gaben es also auf, und es kehrte ein jeder nach Hause zurück. Der Priester, wel- cher die Messe gefeiert hatte, ging sodann nach Reggio und meldete dem Bischof, was geschehen war. Der Bischof schickte ihn zu dem Kardinal von Ostia, dem damaligen Le- gaten der Lombardei, welcher sich zu Bologna befand. Legat und Bischof endlich vertrauten es meinem Statthalter in Reggio, Agidius de Belarer, einem gebürtigen Franzosen, um mich vor diesen Verschwörern zu warnen. Allein die sich so zu verschwören gedacht hatten, bereuten ihr Vorhaben, standen mir fortan treu zur Seite und harrten fest wie Brüder bei mir aus, ohne etwas in ihren Herzen zu verbergen. Eines Tages sagte Gibertus de Fogliano, der siebente unter ihnen: „Ich könnte nimmer froh sein, wenn der Leib des Herrn vor meinen Füßen gefunden worden wäre wie vor den Füßen des Marsilius de'Rossi, und Gott hat uns gütig vor einer Tat be- wahrt, der wir fortan den Tod vorziehen würden.“ Ich aber ging stillschweigend darüber hinweg, als ob ich nichts davon wüßte.
KAPITEL V 37 silius de'Rossi, Gibertus von Fogliano, Manfredus de Piis, den Häuptern von Parma, Reggio und Modena, welche gleichsam die Statthalter dieser Städte waren. Diese kamen mit den vornehmsten Räten der Veronesen in einer kleinen Kirche des Gebietes von Reggio zusammen und verständigten sich ge- gen mich dahin, mich preiszugeben und untereinander einen Bund zu schließen. Sie ließen eine Messe lesen, weil sie beim Leibe Christi jene Abmachungen beschwören wollten. Und es geschah, daß, als der Priester die Wandlung vollzogen hatte, nach der Aufhebung jener Messe eine große Dunkelheit mit Wirbelwind in der Kirche entstand, so daß sich alle entsetz- ten. Und als es wieder hell geworden war, fand der Priester den Leib Christi nicht mehr vor sich auf dem Altare. Traurig standen alle in ihrer Bestürzung da und blickten einer den an- dern an: da wurde der Leib des Herrn vor den Füßen des Mar- silius de'Rossi gefunden, welcher das Haupt und der Leiter jener Verhandlung war. Nun sagten alle einstimmig: „Was wir verabredet haben, gefällt Gott nicht.“ Sie gaben es also auf, und es kehrte ein jeder nach Hause zurück. Der Priester, wel- cher die Messe gefeiert hatte, ging sodann nach Reggio und meldete dem Bischof, was geschehen war. Der Bischof schickte ihn zu dem Kardinal von Ostia, dem damaligen Le- gaten der Lombardei, welcher sich zu Bologna befand. Legat und Bischof endlich vertrauten es meinem Statthalter in Reggio, Agidius de Belarer, einem gebürtigen Franzosen, um mich vor diesen Verschwörern zu warnen. Allein die sich so zu verschwören gedacht hatten, bereuten ihr Vorhaben, standen mir fortan treu zur Seite und harrten fest wie Brüder bei mir aus, ohne etwas in ihren Herzen zu verbergen. Eines Tages sagte Gibertus de Fogliano, der siebente unter ihnen: „Ich könnte nimmer froh sein, wenn der Leib des Herrn vor meinen Füßen gefunden worden wäre wie vor den Füßen des Marsilius de'Rossi, und Gott hat uns gütig vor einer Tat be- wahrt, der wir fortan den Tod vorziehen würden.“ Ich aber ging stillschweigend darüber hinweg, als ob ich nichts davon wüßte.
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38 JUGENDLEBEN KARLS IV. Da mein Vater damals von den Bedrängnissen hörte, denen ich von den Feinden ausgesetzt war, brachte er in Frankreich eine zahlreiche Schar mit dem Bischof von Beauvais, den Connetable des französischen Reiches Graf von Eu, dem Gra- fen von Sancerre und sehr vielen anderen Grafen und Baronen an der Spitze zusammen. Sie zogen von Frankreich nach Sa- voyen, dann über die Alpen nach der Markgrafschaft Mont- ferrat und von der Markgrafschaft nach der Lombardei bis Cremona und weiter bis Parma. Die Zahl der Helme, die uns zu Hilfe gekommen waren, betrug ungefähr 1600. Hierauf be- gab sich unser Vater mit dem vereinigten Heere zur Unter- stützung der Burg von Pavia, welche sich noch immer gegen die Stadt behauptete und zu uns hielt. Wir schlugen ein Lager auf und schlossen Pavia ein, gut 3000 Helme stark. Wir zer- störten die Vorstädte und die Klöster der Vorstädte und füllten die Burg, der wir zu Hilfe gekommen waren, wieder mit Lebensmitteln und Menschen auf. Aber die Stadt konnten wir von der Burg aus nicht nehmen, weil die Bürger zwischen Stadt und Burg Gräben und Bollwerke gemacht hatten, so daß der Zugang nicht frei war ; auch hatten sie von den Mai- ländern tausend Helme zu ihrer Unterstützung erhalten. Nachdem wir dort zehn Tage gestanden, zogen wir wieder ab. schlugen ein Lager in der Nähe von Mailand auf und richteten in der Grafschaft und in der Umgebung dieser Stadt große Verwüstung an. Von dort wandten wir uns gegen Bergamo, wo einige Freunde uns nach Verabredung ein Tor öffnen sollten. Es war ausgemacht worden, daß bei Tagesanbruch ein Teil unserer Mannschaft eindringen, diesem dann eine starke Truppe folgen, ebenfalls eindringen und die Stadt be- haupten sollte, bis unser Vater und wir am gleichen Tage mit dem ganzen Heere ankommen würden. Und so geschah es wirklich. Unsere Freunde in der Stadt Bergamo, die de'Col- leoni nämlich, öffneten ein Tor, und unsere Vordersten dran- gen ein. Die zweite Reihe aber wollte ihnen, ich weiß nicht aus welchem Grunde, nicht folgen, und die Vordersten, wel- che schon in der Stadt gestanden, verließen diese darauf, weil sie allein den Feinden nicht widerstehen konnten. Viele von
38 JUGENDLEBEN KARLS IV. Da mein Vater damals von den Bedrängnissen hörte, denen ich von den Feinden ausgesetzt war, brachte er in Frankreich eine zahlreiche Schar mit dem Bischof von Beauvais, den Connetable des französischen Reiches Graf von Eu, dem Gra- fen von Sancerre und sehr vielen anderen Grafen und Baronen an der Spitze zusammen. Sie zogen von Frankreich nach Sa- voyen, dann über die Alpen nach der Markgrafschaft Mont- ferrat und von der Markgrafschaft nach der Lombardei bis Cremona und weiter bis Parma. Die Zahl der Helme, die uns zu Hilfe gekommen waren, betrug ungefähr 1600. Hierauf be- gab sich unser Vater mit dem vereinigten Heere zur Unter- stützung der Burg von Pavia, welche sich noch immer gegen die Stadt behauptete und zu uns hielt. Wir schlugen ein Lager auf und schlossen Pavia ein, gut 3000 Helme stark. Wir zer- störten die Vorstädte und die Klöster der Vorstädte und füllten die Burg, der wir zu Hilfe gekommen waren, wieder mit Lebensmitteln und Menschen auf. Aber die Stadt konnten wir von der Burg aus nicht nehmen, weil die Bürger zwischen Stadt und Burg Gräben und Bollwerke gemacht hatten, so daß der Zugang nicht frei war ; auch hatten sie von den Mai- ländern tausend Helme zu ihrer Unterstützung erhalten. Nachdem wir dort zehn Tage gestanden, zogen wir wieder ab. schlugen ein Lager in der Nähe von Mailand auf und richteten in der Grafschaft und in der Umgebung dieser Stadt große Verwüstung an. Von dort wandten wir uns gegen Bergamo, wo einige Freunde uns nach Verabredung ein Tor öffnen sollten. Es war ausgemacht worden, daß bei Tagesanbruch ein Teil unserer Mannschaft eindringen, diesem dann eine starke Truppe folgen, ebenfalls eindringen und die Stadt be- haupten sollte, bis unser Vater und wir am gleichen Tage mit dem ganzen Heere ankommen würden. Und so geschah es wirklich. Unsere Freunde in der Stadt Bergamo, die de'Col- leoni nämlich, öffneten ein Tor, und unsere Vordersten dran- gen ein. Die zweite Reihe aber wollte ihnen, ich weiß nicht aus welchem Grunde, nicht folgen, und die Vordersten, wel- che schon in der Stadt gestanden, verließen diese darauf, weil sie allein den Feinden nicht widerstehen konnten. Viele von
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KAPITEL VI 39 unseren Freunden entwichen mit ihnen. Die übrigen aber, welche zurückgeblieben waren, über fünfzig an der Zahl, wur- den ergriffen und hinter den Mauern gehängt. Als unser Vater mit uns herbeikam und sah, was geschehen und versäumt worden war, befiel uns samt unserm ganzen Heere große Be- stürzung. Nach einigen Tagen kehrten wir über den Etsch- fluß durch das Gebiet von Cremona in die Stadt Parma zurück. SECHSTES KAPITEL Hierauf ging unser Vater nach Bologna zu Bertrand, dem Kardinal von Ostia, dem damaligen außerordentlichen Ge- sandten des apostolischen Stuhles in der Lombardei, welcher in jenen Zeiten Bologna und mehrere andere Städte, wie Pia- cenza8s, Ravenna und die ganze Romagna sowie die Mark Ankona regierte; und er brachte ihn durch Verhandlungen dazu, daß er sich mit uns verband und ein Feind unserer Feinde wurde. Schon vorher nämlich war er aus kirchlichen und privaten Gründen ein Feind des Statthalters von Fer- rara, welcher mit unseren Feinden zu gegenseitiger Hilfe ver- bunden war. Der Kardinal unterstützte uns mit Leuten und Geld und schlug jetzt in der Umgebung von Ferrara gegen die Feinde ein Lager auf, dessen Hauptmann nachmals der Graf von Rimini war. In demselben Sommer nach Pfingsten zog unser Vater ein großes Heer zusammen und schickte uns mit 500 Helmen von Parma aus über den Po nach der Stadt Cremona und vor die Burg Pizzighettone, welche sich gegen uns und gegen die Stadtgemeinde von Cremona, zu deren Bezirk sie gehörte8 erhoben hatte und mit ihren Diensten auf der Seite der Pa- vesen und Mailänder stand. Wir blieben mit kaum zwanzig Helmen in Cremona zurück. Da erhielten die Feinde mit einem Male Verstärkung und ihre Zahl vergrößerte sich täglich, so ss Wäre nicht richtiger Faventia statt Placentia, also Faenza statt Piacenza zu setzen? Oelsner; Bulst ist ihm nicht gefolgt. €° Sie war 1123 von den Cremonesen gebaut worden.
KAPITEL VI 39 unseren Freunden entwichen mit ihnen. Die übrigen aber, welche zurückgeblieben waren, über fünfzig an der Zahl, wur- den ergriffen und hinter den Mauern gehängt. Als unser Vater mit uns herbeikam und sah, was geschehen und versäumt worden war, befiel uns samt unserm ganzen Heere große Be- stürzung. Nach einigen Tagen kehrten wir über den Etsch- fluß durch das Gebiet von Cremona in die Stadt Parma zurück. SECHSTES KAPITEL Hierauf ging unser Vater nach Bologna zu Bertrand, dem Kardinal von Ostia, dem damaligen außerordentlichen Ge- sandten des apostolischen Stuhles in der Lombardei, welcher in jenen Zeiten Bologna und mehrere andere Städte, wie Pia- cenza8s, Ravenna und die ganze Romagna sowie die Mark Ankona regierte; und er brachte ihn durch Verhandlungen dazu, daß er sich mit uns verband und ein Feind unserer Feinde wurde. Schon vorher nämlich war er aus kirchlichen und privaten Gründen ein Feind des Statthalters von Fer- rara, welcher mit unseren Feinden zu gegenseitiger Hilfe ver- bunden war. Der Kardinal unterstützte uns mit Leuten und Geld und schlug jetzt in der Umgebung von Ferrara gegen die Feinde ein Lager auf, dessen Hauptmann nachmals der Graf von Rimini war. In demselben Sommer nach Pfingsten zog unser Vater ein großes Heer zusammen und schickte uns mit 500 Helmen von Parma aus über den Po nach der Stadt Cremona und vor die Burg Pizzighettone, welche sich gegen uns und gegen die Stadtgemeinde von Cremona, zu deren Bezirk sie gehörte8 erhoben hatte und mit ihren Diensten auf der Seite der Pa- vesen und Mailänder stand. Wir blieben mit kaum zwanzig Helmen in Cremona zurück. Da erhielten die Feinde mit einem Male Verstärkung und ihre Zahl vergrößerte sich täglich, so ss Wäre nicht richtiger Faventia statt Placentia, also Faenza statt Piacenza zu setzen? Oelsner; Bulst ist ihm nicht gefolgt. €° Sie war 1123 von den Cremonesen gebaut worden.
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40 JUGENDLEBEN KARLS IV. daß sich diejenigen, welche vor der Burg standen, in Er- wartung unserer Hilfe verschanzten. Nun schickten die Man- tuaner und Ferraresen ihre Schiffe schleunigst den Po hinauf vor Cremona und versenkten sämtliche Schiffe, welche zum Gebiete von Cremona gehörten, im Po, so daß uns unser Vater mit all seinem Kriegsvolke nicht zu Hilfe kommen noch irgendeinen Boten schicken konnte; denn sie hatten alle Schiffe und Mühlen versenkt und sich dann zurückgezogen. Da wir selbst mit so wenigen in der damals infolge der Fehden fast verödeten Stadt Cremona standen, so drohte uns wegen ihres Umfanges jeden Tag der Untergang von Stadt und Leuten. Während wir so in großer Betrübnis lebten und we- der der Vater uns, noch wir dem Vater, noch beide denen, die vor der Burg lagen, zu Hilfe eilen konnten, da erhob sich un- ter den Feinden, welche die Stadt von der Flußseite belagert hielten, ein Zwist, so daß sie einander gegenseitig schlugen und ein jeder nach Hause zurückkehrte. Auf diese Kunde kam unser Vater mit seinem Heere von Parma an den Po, ließ die Schiffe aus der Tiefe des Stromes herausziehen und setzte mit wenigen nach Cremona über. Am folgenden Tage zogen wir mit vereinigtem Heere denen, die vor der Burg Pizzighettone standen, zu Hilfe. Wir hatten uns nun durch Gottes Gnade so verstärkt, daß wir allen unsern Feinden überlegen waren; wir zählten nämlich 3000 Helme. Nachdem wir gleichwohl erkannt, daß wir vor jener Burg nichts aus- richten würden, gedachten wir, der Burg bei Pavia, deren oben Erwähnung geschehen, zu Hilfe zu ziehen. Die Feinde merkten die Absicht, sandten ihre Räte ab, unterhandelten trügerischerweise mit unserem Vater und schlossen mit ihm einen Waffenstillstand des Inhalts, daß er sich vom offenen Felde zurückziehen, die Burg jedoch während der Dauer des Waffenstillstandes mit Lebensmitteln versorgen sollte; sie sicherten ihm zu, daß er vom Feinde daran nicht gehindert werden würde, und sie versprachen ihm mit schönen, schmeichlerischen Worten vielerlei. So wichen wir aus dem Felde zurück und verteilten unsere Leute in die Städte und ihre Ortschaften. Die Feinde aber hielten den Waffenstill-
40 JUGENDLEBEN KARLS IV. daß sich diejenigen, welche vor der Burg standen, in Er- wartung unserer Hilfe verschanzten. Nun schickten die Man- tuaner und Ferraresen ihre Schiffe schleunigst den Po hinauf vor Cremona und versenkten sämtliche Schiffe, welche zum Gebiete von Cremona gehörten, im Po, so daß uns unser Vater mit all seinem Kriegsvolke nicht zu Hilfe kommen noch irgendeinen Boten schicken konnte; denn sie hatten alle Schiffe und Mühlen versenkt und sich dann zurückgezogen. Da wir selbst mit so wenigen in der damals infolge der Fehden fast verödeten Stadt Cremona standen, so drohte uns wegen ihres Umfanges jeden Tag der Untergang von Stadt und Leuten. Während wir so in großer Betrübnis lebten und we- der der Vater uns, noch wir dem Vater, noch beide denen, die vor der Burg lagen, zu Hilfe eilen konnten, da erhob sich un- ter den Feinden, welche die Stadt von der Flußseite belagert hielten, ein Zwist, so daß sie einander gegenseitig schlugen und ein jeder nach Hause zurückkehrte. Auf diese Kunde kam unser Vater mit seinem Heere von Parma an den Po, ließ die Schiffe aus der Tiefe des Stromes herausziehen und setzte mit wenigen nach Cremona über. Am folgenden Tage zogen wir mit vereinigtem Heere denen, die vor der Burg Pizzighettone standen, zu Hilfe. Wir hatten uns nun durch Gottes Gnade so verstärkt, daß wir allen unsern Feinden überlegen waren; wir zählten nämlich 3000 Helme. Nachdem wir gleichwohl erkannt, daß wir vor jener Burg nichts aus- richten würden, gedachten wir, der Burg bei Pavia, deren oben Erwähnung geschehen, zu Hilfe zu ziehen. Die Feinde merkten die Absicht, sandten ihre Räte ab, unterhandelten trügerischerweise mit unserem Vater und schlossen mit ihm einen Waffenstillstand des Inhalts, daß er sich vom offenen Felde zurückziehen, die Burg jedoch während der Dauer des Waffenstillstandes mit Lebensmitteln versorgen sollte; sie sicherten ihm zu, daß er vom Feinde daran nicht gehindert werden würde, und sie versprachen ihm mit schönen, schmeichlerischen Worten vielerlei. So wichen wir aus dem Felde zurück und verteilten unsere Leute in die Städte und ihre Ortschaften. Die Feinde aber hielten den Waffenstill-
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KAPITEL VI 41 standsvertrag nicht, und da sie entgegen ihrem Versprechen nicht gestatteten, die Burg mit Lebensmitteln zu versorgen, so ging sie verloren. So kam unser Vater samt seinem Kriegs- volke durch schmeichlerische Worte und falsche Verspre- chungen um Geld und Vorräte. Da aber der Winter herein- brach, konnte man wiederum nicht im offenen Felde stehen, und so bewährte sich an uns das Sprichwort: „Gerüsteten schadet der Aufschubso.“ Damals nahmen die Ferraresen, Veronesen, Mantuaner und Mailänder, nachdem sie Verstärkung erhalten hatten, den Feldhauptmann des Legaten, den in den Vororten Ferraras liegenden Grafen von Rimini, gefangen, töteten viele vom Heere, trieben andere in den Po und richteten das Heer so übel zu, daß der Legat es nicht wieder sammeln noch sich im Felde gegen die Feinde behaupten konnte und schließlich ganz aus dem Lande gedrängt wurde. Als dann unser Vater sah, daß ihm die Kriegsgelder ausgin- gen und daß er den Kampf nicht fortzusetzen vermochte, be- schloß er, sich aus dem Lande zurückzuziehen und es den Einheimischen und den Häuptern der Städte zu überlassen: Parma nämlich den Rossi, Reggio den Fogliani, Modena den Pii, Cremona den Ponzoni. Die alle hatten diese Städte einst in die Gewalt unseres Vaters gegeben, und er wollte sie ihnen nun zurückstellen. Lucca endlich wollte er den Florentinern verkaufen; doch auf unser und seiner eigenen Ratgeber Zu- reden überließ er es den Rossi, denen er bereits Parma ein- geräumt hatte. SIEBENTES KAPITEL Damals als wir in Lucca waren, reizte der Teufel, welcher „immer sucht, wen er verschlingen möchte“91, und den Men- schen Süßes bietet, darin Gift verborgen ist, nachdem wir se Nocuit differre paratis: die zweite Hälfte eines Hexameters. 22 1 Petri 5, 8.
KAPITEL VI 41 standsvertrag nicht, und da sie entgegen ihrem Versprechen nicht gestatteten, die Burg mit Lebensmitteln zu versorgen, so ging sie verloren. So kam unser Vater samt seinem Kriegs- volke durch schmeichlerische Worte und falsche Verspre- chungen um Geld und Vorräte. Da aber der Winter herein- brach, konnte man wiederum nicht im offenen Felde stehen, und so bewährte sich an uns das Sprichwort: „Gerüsteten schadet der Aufschubso.“ Damals nahmen die Ferraresen, Veronesen, Mantuaner und Mailänder, nachdem sie Verstärkung erhalten hatten, den Feldhauptmann des Legaten, den in den Vororten Ferraras liegenden Grafen von Rimini, gefangen, töteten viele vom Heere, trieben andere in den Po und richteten das Heer so übel zu, daß der Legat es nicht wieder sammeln noch sich im Felde gegen die Feinde behaupten konnte und schließlich ganz aus dem Lande gedrängt wurde. Als dann unser Vater sah, daß ihm die Kriegsgelder ausgin- gen und daß er den Kampf nicht fortzusetzen vermochte, be- schloß er, sich aus dem Lande zurückzuziehen und es den Einheimischen und den Häuptern der Städte zu überlassen: Parma nämlich den Rossi, Reggio den Fogliani, Modena den Pii, Cremona den Ponzoni. Die alle hatten diese Städte einst in die Gewalt unseres Vaters gegeben, und er wollte sie ihnen nun zurückstellen. Lucca endlich wollte er den Florentinern verkaufen; doch auf unser und seiner eigenen Ratgeber Zu- reden überließ er es den Rossi, denen er bereits Parma ein- geräumt hatte. SIEBENTES KAPITEL Damals als wir in Lucca waren, reizte der Teufel, welcher „immer sucht, wen er verschlingen möchte“91, und den Men- schen Süßes bietet, darin Gift verborgen ist, nachdem wir se Nocuit differre paratis: die zweite Hälfte eines Hexameters. 22 1 Petri 5, 8.
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42 JUGENDLEBEN KARLS IV. lange vorher von ihm in Versuchung geführt, doch durch die Hilfe der göttlichen Gnade nicht besiegt worden waren, schlechte und verderbte Leute, welche unseren Vater täglich umgaben, dazu an, daß sie uns vom rechten Pfade in die Schlinge des Elends und der Begierde lockten; und so von Verderbten verführt, waren wir mit den Verderbten verderbt. Als darauf unser Vater, nicht lange nach uns, den Weg nach Parma nahm, gelangten wir an einem Sonntag, auf welchen, als den 15. August, der Tag der Himmelfahrt der heiligen Jungfrau Maria fiel, zusammen in ein Dorf, namens Terenzo92. im Gebiete von Parma. Hier ward uns, als uns nachts der Schlaf beschlich, folgende Erscheinung. Ein Engel Gottes trat neben uns zur Linken unseres Lagers, stieß uns an und sprach: „Stehe auf und komme mit uns!“ Wir antworteten im Geiste: „Herr, ich weiß nicht, wohin, noch auch, wie ich mit Euch gehen soll.“ Indem er uns nun vorn an den Haaren faßte, trug er uns mit sich in die Luft empor bis über eine große Schlachtreihe bewaffneter Reiter, welche kampfbereit vor einer Burg standen. Und er hielt uns über der Schlacht- reihe in den Lüften und sprach zu uns: „Blicke hin und schaue!“ Und siehe da, ein anderer Engel fuhr mit feurigem Schwert vom Himmel herab, durchstieß einen Mann in der Mitte der Schlachtreihe und verstümmelte sein Glied mit dem Schwerte; anscheinend zum Sterben verwundet, rang dieser auf dem Pferde sitzend mit dem Tode. Da sprach der Engel, der uns an den Haaren hielt: „Erkennst du jenen, der vom Engel durchbohrt und zu Tode verwundet worden ist?“ — „Herr, ich kenne ihn nicht“, sprachen wir, „und auch den Ort erkenne ich nicht“. Er sprach: „Wisse, dies ist der Dauphin von Vienne, welcher wegen der Sünde der Ausschweifung so schwer von Gott geschlagen worden ist. Jetzt also nehmet euch in acht, und auch Euerm Vater mögt Ihr sagen, daß er sich vor ähnlichen Sünden hüte, oder es wird euch noch Schlimmeres treffen.“ Voll Mitleids mit 92 Südwestlich von Parma, nach Pontremoli zu.
42 JUGENDLEBEN KARLS IV. lange vorher von ihm in Versuchung geführt, doch durch die Hilfe der göttlichen Gnade nicht besiegt worden waren, schlechte und verderbte Leute, welche unseren Vater täglich umgaben, dazu an, daß sie uns vom rechten Pfade in die Schlinge des Elends und der Begierde lockten; und so von Verderbten verführt, waren wir mit den Verderbten verderbt. Als darauf unser Vater, nicht lange nach uns, den Weg nach Parma nahm, gelangten wir an einem Sonntag, auf welchen, als den 15. August, der Tag der Himmelfahrt der heiligen Jungfrau Maria fiel, zusammen in ein Dorf, namens Terenzo92. im Gebiete von Parma. Hier ward uns, als uns nachts der Schlaf beschlich, folgende Erscheinung. Ein Engel Gottes trat neben uns zur Linken unseres Lagers, stieß uns an und sprach: „Stehe auf und komme mit uns!“ Wir antworteten im Geiste: „Herr, ich weiß nicht, wohin, noch auch, wie ich mit Euch gehen soll.“ Indem er uns nun vorn an den Haaren faßte, trug er uns mit sich in die Luft empor bis über eine große Schlachtreihe bewaffneter Reiter, welche kampfbereit vor einer Burg standen. Und er hielt uns über der Schlacht- reihe in den Lüften und sprach zu uns: „Blicke hin und schaue!“ Und siehe da, ein anderer Engel fuhr mit feurigem Schwert vom Himmel herab, durchstieß einen Mann in der Mitte der Schlachtreihe und verstümmelte sein Glied mit dem Schwerte; anscheinend zum Sterben verwundet, rang dieser auf dem Pferde sitzend mit dem Tode. Da sprach der Engel, der uns an den Haaren hielt: „Erkennst du jenen, der vom Engel durchbohrt und zu Tode verwundet worden ist?“ — „Herr, ich kenne ihn nicht“, sprachen wir, „und auch den Ort erkenne ich nicht“. Er sprach: „Wisse, dies ist der Dauphin von Vienne, welcher wegen der Sünde der Ausschweifung so schwer von Gott geschlagen worden ist. Jetzt also nehmet euch in acht, und auch Euerm Vater mögt Ihr sagen, daß er sich vor ähnlichen Sünden hüte, oder es wird euch noch Schlimmeres treffen.“ Voll Mitleids mit 92 Südwestlich von Parma, nach Pontremoli zu.
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KAPITEL VII 43 jenem Dauphin von Vienne, namens Guigo?3, dessen Groß- mutter die Schwester unserer Großmutter gewesen", wäh- rend er selbst der Sohn einer Schwester König Karls I. von Ungarn wares, fragten wir tiefbekümmert den Engel, ob er vor dem Tode noch werde beichten können. Der Engel aber antwortete und sprach: „Er wird Beichtgelegenheit haben und noch einige Tage leben." Darauf sahen wir zur Linken der Schlachtreihe viele Männer stehen, welche mit weißen Gewändern angetan waren, anscheinend Männer von großer Würde und Heiligkeit; sie sprachen miteinander, während sie auf die Schlachtreihe und auf das Geschehene hinblickten, und wir beobachteten sie genau. Dennoch ward uns weder zu fragen vergönnt, noch berichtete der Engel von selbst, wer und welcher Art jene so ehrwürdigen Männer seien. Plötzlich sahen wir uns wieder an unseren Ort zurückversetzt; schon leuchtete die Morgenröte, und der Ritter Thomas von Neuern- burg bei Lüttich, der Kammerherr unseres Vaters, kam und weckte uns mit den Worten: „Herr, warum steht Ihr nicht auf? Schon ist Euer Vater in voller Rüstung zu Rosse ge- stiegen.“ Wir standen auf, waren aber gebrochen und matt, wie nach großer Reisestrapaze, und sagten ihm: „Wohin sollen wir gehen ? Haben wir diese Nacht doch so viel gelitten, daß wir nicht wissen, was wir tun sollen.“ „Wieso, Herr ?“sprach er, und wir sagten ihm : „Der Dauphin, der mit dem Grafen von Savoyen Krieg führt, ist tot, und unser Vater will ein Heer sammeln, um ihm Hilfe zu bringen; unsere Hilfe nützt ihm nichts, da er tot ist." Er aber verlachte uns an jenem Tage, und als wir nach Parma gekommen waren, erzählte er 23 Guigo VIII. von Vienne wurde bei der Belagerung des Schlosses la Perrière (Dep. Savoie, Arr. Moutiers) tödlich verwundet und starb tags darauf, an 28. Juli 1333: Valbonnais, Histoire de Dauphiné I.. S. 296—297. *4 Ungenau; Maria, die Schwester der Großmutter Karls Margareta. war die Schwiegermutter Hugos, des Oheims von Guigo; vgl. die Stammtafel im Anhang. 25 Beatrix, Tochter Karl Martells von Ungarn, Schwester Karl Ro- berts; vgl. oben S. 28 und die Stammtafel im Anhang.
KAPITEL VII 43 jenem Dauphin von Vienne, namens Guigo?3, dessen Groß- mutter die Schwester unserer Großmutter gewesen", wäh- rend er selbst der Sohn einer Schwester König Karls I. von Ungarn wares, fragten wir tiefbekümmert den Engel, ob er vor dem Tode noch werde beichten können. Der Engel aber antwortete und sprach: „Er wird Beichtgelegenheit haben und noch einige Tage leben." Darauf sahen wir zur Linken der Schlachtreihe viele Männer stehen, welche mit weißen Gewändern angetan waren, anscheinend Männer von großer Würde und Heiligkeit; sie sprachen miteinander, während sie auf die Schlachtreihe und auf das Geschehene hinblickten, und wir beobachteten sie genau. Dennoch ward uns weder zu fragen vergönnt, noch berichtete der Engel von selbst, wer und welcher Art jene so ehrwürdigen Männer seien. Plötzlich sahen wir uns wieder an unseren Ort zurückversetzt; schon leuchtete die Morgenröte, und der Ritter Thomas von Neuern- burg bei Lüttich, der Kammerherr unseres Vaters, kam und weckte uns mit den Worten: „Herr, warum steht Ihr nicht auf? Schon ist Euer Vater in voller Rüstung zu Rosse ge- stiegen.“ Wir standen auf, waren aber gebrochen und matt, wie nach großer Reisestrapaze, und sagten ihm: „Wohin sollen wir gehen ? Haben wir diese Nacht doch so viel gelitten, daß wir nicht wissen, was wir tun sollen.“ „Wieso, Herr ?“sprach er, und wir sagten ihm : „Der Dauphin, der mit dem Grafen von Savoyen Krieg führt, ist tot, und unser Vater will ein Heer sammeln, um ihm Hilfe zu bringen; unsere Hilfe nützt ihm nichts, da er tot ist." Er aber verlachte uns an jenem Tage, und als wir nach Parma gekommen waren, erzählte er 23 Guigo VIII. von Vienne wurde bei der Belagerung des Schlosses la Perrière (Dep. Savoie, Arr. Moutiers) tödlich verwundet und starb tags darauf, an 28. Juli 1333: Valbonnais, Histoire de Dauphiné I.. S. 296—297. *4 Ungenau; Maria, die Schwester der Großmutter Karls Margareta. war die Schwiegermutter Hugos, des Oheims von Guigo; vgl. die Stammtafel im Anhang. 25 Beatrix, Tochter Karl Martells von Ungarn, Schwester Karl Ro- berts; vgl. oben S. 28 und die Stammtafel im Anhang.
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44 JUGENDLEBEN KARLS IV. unserem Vater, was wir ihm gesagt hatten. Dieser ließ uns rufen und fragte, ob es wahr sei und ob wir dergleichen ge- sehen. „Allerdings, Herr“, antworteten wir ihm; „seid ge- wiß, daß der Dauphin tot ist.“ Unser Vater schalt uns und sprach: „Glaube doch Träumen nicht!“ Wir hatten unserem Vater und Thomas aber nicht alles gesagt, was wir gesehen hatten, sondern nur, daß der Dauphin gestorben sei. Einige Tage nachher kam ein Bote mit Briefen des Inhalts, daß der Dauphin, nachdem er sein Heer zusammengezogen, vor eine Burg des Grafen von Savoyen gekommen und hier inmitten aller seiner Ritter durch einen großen Pfeil von einer Arm- brust getroffen worden und einige Tage darauf nach Ab- legung der Beichte gestorben sei. Bei dieser schriftlichen Nach- richt sprach unser Vater: „Das setzt uns in großes Erstaunen, denn unser Sohn hat uns den Tod desselben vorher ver- kündet“; und er und Thomas wunderten sich lange, doch hat niemand weiter mit ihnen über den Gegenstand gesprochen. ACHTES KAPITEL Als unser Vater nun merkte, daß ihm die Geldmittel auf- gingen und daß er gegen die Herren der Lombardei die Fehde nicht fortsetzen könne, sann er auf Heimkehr und wollte die Städte und die Fehde uns überlassen. Wir jedoch lehnten ab, da wir nicht imstande waren, es mit Ehren zu halten. Er ge- stattete uns daher die Rückkehr und schickte uns nach Böh- men voraus. Nachdem wir von unseren Feinden sicheres Ge- leit erhalten, reisten wir durch das Gebiet von Mantua und Verona nach der Grafschaft Tirol, wo wir unseren Bruder Johann fanden, den unser Vater mit der Tochter des Herzogs von Kärnten und Grafen von Tirol verheiratet hatte"s. Dieser Herzog, der Schwiegervater unseres Bruders, hatte früher, wie oben erzählt?, die Schwester unserer Mutter, namens Anna, gehabt ; nach ihrem Tode aber hatte er die ☞6 Siehe oben S. 32, Anm. 73 und 74. 97 Siehe oben S. 27, Anm. 54.
44 JUGENDLEBEN KARLS IV. unserem Vater, was wir ihm gesagt hatten. Dieser ließ uns rufen und fragte, ob es wahr sei und ob wir dergleichen ge- sehen. „Allerdings, Herr“, antworteten wir ihm; „seid ge- wiß, daß der Dauphin tot ist.“ Unser Vater schalt uns und sprach: „Glaube doch Träumen nicht!“ Wir hatten unserem Vater und Thomas aber nicht alles gesagt, was wir gesehen hatten, sondern nur, daß der Dauphin gestorben sei. Einige Tage nachher kam ein Bote mit Briefen des Inhalts, daß der Dauphin, nachdem er sein Heer zusammengezogen, vor eine Burg des Grafen von Savoyen gekommen und hier inmitten aller seiner Ritter durch einen großen Pfeil von einer Arm- brust getroffen worden und einige Tage darauf nach Ab- legung der Beichte gestorben sei. Bei dieser schriftlichen Nach- richt sprach unser Vater: „Das setzt uns in großes Erstaunen, denn unser Sohn hat uns den Tod desselben vorher ver- kündet“; und er und Thomas wunderten sich lange, doch hat niemand weiter mit ihnen über den Gegenstand gesprochen. ACHTES KAPITEL Als unser Vater nun merkte, daß ihm die Geldmittel auf- gingen und daß er gegen die Herren der Lombardei die Fehde nicht fortsetzen könne, sann er auf Heimkehr und wollte die Städte und die Fehde uns überlassen. Wir jedoch lehnten ab, da wir nicht imstande waren, es mit Ehren zu halten. Er ge- stattete uns daher die Rückkehr und schickte uns nach Böh- men voraus. Nachdem wir von unseren Feinden sicheres Ge- leit erhalten, reisten wir durch das Gebiet von Mantua und Verona nach der Grafschaft Tirol, wo wir unseren Bruder Johann fanden, den unser Vater mit der Tochter des Herzogs von Kärnten und Grafen von Tirol verheiratet hatte"s. Dieser Herzog, der Schwiegervater unseres Bruders, hatte früher, wie oben erzählt?, die Schwester unserer Mutter, namens Anna, gehabt ; nach ihrem Tode aber hatte er die ☞6 Siehe oben S. 32, Anm. 73 und 74. 97 Siehe oben S. 27, Anm. 54.
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KAPITEL VIII 45 Schwester des Herzogs von Braunschweig zur Frau genom- men und mit ihr die vorgenannte Tochter Margareta gezeugt. Zugleich mit der Hand dieser Tochter hatte er dann für den Fall seines Todes unserem Bruder das Herzogtum Kärnten und die Grafschaft Tirol zugesagt"s, denn es gebrach ihm an männlicher Nachkommenschaft. So war es zwischen ihm und unserem Vater zum Frieden gekommen, nachdem sie vorher wegen der Verdrängung des Herzogs — unser Vater nämlich hatte ihn, wie oben erzählt worden, aus Böhmen vertrieben99 — Feinde gewesen waren. Dann reisten wir durch Bayern, wo wir unsere ältere Schwe- ster Margareta fanden 100, die mit Herzog Heinrich von Bayern einen einzigen Sohn, namens Johann. hatte. Endlich langten wir nach elfjähriger Abwesenheit in Böhmen an. Wir fanden aber unsere Mutter Elisabeth nicht mehr, da sie mehrere Jahre zuvor gestorben war101. Noch bei ihren Leb- zeiten war ihre Tochter Guta, unsere zweite Schwester, nach Frankreich geschickt und mit Johann, dem ältesten Sohne des Königs Philipp von Frankreich, vermählt worden 102, des- sen Schwester Blanche wir zur Frau hatten 103. Unsere dritte und letzte Schwester Anna104 endlich verweilte zu jener Zeit bei unserer vorgenannten Schwester in Frankreich. Und so trafen wir, als wir nach Böhmen kamen, weder Vater, noch Mutter, noch Bruder, noch Schwestern, noch sonst einen Be- kannten an. Auch die böhmische Sprache hatten wir völlig vergessen, lernten sie jedoch nachher wieder, so daß wir sie wie jeder andere Böhme redeten und verstanden. Dank der göttlichen Gnade haben wir aber nicht nur das Böhmische, sondern auch das Französische, Lombardische, Deutsche und La- teinische so sprechen, schreiben und lesen gelernt, daß wir 98 Siehe oben S. 32, Anm. 74. 99 Siehe oben S. 27, Anm. 53. 100 Siehe oben S. 34, Anm. 84 und 85. 101 Siehe oben S. 32, Anm. 75. 102 Siehe oben S. 33, Anm. 82 und S. 34, Anm. 83. 103 Siehe oben S. 28, Anm. 61. 106 Geb. 27. März 1323, vermählt mit Herzog Otto von Österreich 16. Febr. 1335, † 3. November 1338.
KAPITEL VIII 45 Schwester des Herzogs von Braunschweig zur Frau genom- men und mit ihr die vorgenannte Tochter Margareta gezeugt. Zugleich mit der Hand dieser Tochter hatte er dann für den Fall seines Todes unserem Bruder das Herzogtum Kärnten und die Grafschaft Tirol zugesagt"s, denn es gebrach ihm an männlicher Nachkommenschaft. So war es zwischen ihm und unserem Vater zum Frieden gekommen, nachdem sie vorher wegen der Verdrängung des Herzogs — unser Vater nämlich hatte ihn, wie oben erzählt worden, aus Böhmen vertrieben99 — Feinde gewesen waren. Dann reisten wir durch Bayern, wo wir unsere ältere Schwe- ster Margareta fanden 100, die mit Herzog Heinrich von Bayern einen einzigen Sohn, namens Johann. hatte. Endlich langten wir nach elfjähriger Abwesenheit in Böhmen an. Wir fanden aber unsere Mutter Elisabeth nicht mehr, da sie mehrere Jahre zuvor gestorben war101. Noch bei ihren Leb- zeiten war ihre Tochter Guta, unsere zweite Schwester, nach Frankreich geschickt und mit Johann, dem ältesten Sohne des Königs Philipp von Frankreich, vermählt worden 102, des- sen Schwester Blanche wir zur Frau hatten 103. Unsere dritte und letzte Schwester Anna104 endlich verweilte zu jener Zeit bei unserer vorgenannten Schwester in Frankreich. Und so trafen wir, als wir nach Böhmen kamen, weder Vater, noch Mutter, noch Bruder, noch Schwestern, noch sonst einen Be- kannten an. Auch die böhmische Sprache hatten wir völlig vergessen, lernten sie jedoch nachher wieder, so daß wir sie wie jeder andere Böhme redeten und verstanden. Dank der göttlichen Gnade haben wir aber nicht nur das Böhmische, sondern auch das Französische, Lombardische, Deutsche und La- teinische so sprechen, schreiben und lesen gelernt, daß wir 98 Siehe oben S. 32, Anm. 74. 99 Siehe oben S. 27, Anm. 53. 100 Siehe oben S. 34, Anm. 84 und 85. 101 Siehe oben S. 32, Anm. 75. 102 Siehe oben S. 33, Anm. 82 und S. 34, Anm. 83. 103 Siehe oben S. 28, Anm. 61. 106 Geb. 27. März 1323, vermählt mit Herzog Otto von Österreich 16. Febr. 1335, † 3. November 1338.
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46 JUGENDLEBEN KARLS IV. eine wie die andere dieser Sprachen geläufig schreiben, lesen, reden und verstehen konnten. Unser Vater, der wegen einer Fehde mit dem Herzog von Brabant damals samt seinen Genossen, dem Bischof von Lüt- tich, dem Markgrafen von Jülich, dem Grafen von Geldern u. a. m., nach der Grafschaft Luxemburg zog, übertrug uns für die Zeit seiner Abwesenheit seine Gewalt in Böhmen. Dies Königreich fanden wir so verwahrlost, daß wir nicht eine einzige Burg antrafen, die nicht mit allen ihren Kron- gütern verpfändet gewesen wäre, so daß wir nirgends anders als in den Häusern der Städte wohnen konnten wie jeder an- dere Bürger. Das Prager Schloß aber lag seit den Zeiten Kö- nig Ottokars so verödet, zerstört und in Trümmern, daß es so gut wie dem Boden gleichgemacht war. Hier ließen wir mit vielen Kosten den neuen, großen und schönen Palast bauen, wie er noch heutigen Tages zu sehen ist. Zu jener Zeit schickten wir nach unserer Gattin10s, welche noch immer in Luxemburg weilte. Sie kam und gebar nach einem Jahre unsere erste Tochter Margareta10s. Unser Vater hatte uns damals die Markgrafschaft Mähren gegeben, und wir führten daher diesen Titel. Doch in An- betracht, daß wir vom alten Stamme der böhmischen Könige waren, liebten uns sämtliche redlichen Männer Böhmens und leisteten uns Beistand zur Wiedererlangung der Burgen und königlichen Güter. Da erwarben wir mit großen Kosten und Mühen die Burgen Bürglitz, Teyrow, Lichtenberg, Lititz, Grätz, Pisek, Netschtin, Zbiroh, Tachau und Trautenau in Böhmen, in Mähren aber Lukow, Teltsch, Eichhorn, die Ka- stelle von Olmütz, Brünn und Znaim und noch viele andere verpfändete und dem Königreich entfremdete Güter. Wir hatten viele bereitwillig dienende Kriegsleute; das König- reich gedieh von Tag zu Tag, die Guten liebten uns insgesamt, 105 Am 12. Juni 1334 hielt sic ihren Einzug in Prag: Palacky, Gesch. v. Böhmen II. 2, S. 209. 106 Geb. 24. Mai 1335, vermählt mit König Ludwig von Ungarn und Polen 1338, † 1349.
46 JUGENDLEBEN KARLS IV. eine wie die andere dieser Sprachen geläufig schreiben, lesen, reden und verstehen konnten. Unser Vater, der wegen einer Fehde mit dem Herzog von Brabant damals samt seinen Genossen, dem Bischof von Lüt- tich, dem Markgrafen von Jülich, dem Grafen von Geldern u. a. m., nach der Grafschaft Luxemburg zog, übertrug uns für die Zeit seiner Abwesenheit seine Gewalt in Böhmen. Dies Königreich fanden wir so verwahrlost, daß wir nicht eine einzige Burg antrafen, die nicht mit allen ihren Kron- gütern verpfändet gewesen wäre, so daß wir nirgends anders als in den Häusern der Städte wohnen konnten wie jeder an- dere Bürger. Das Prager Schloß aber lag seit den Zeiten Kö- nig Ottokars so verödet, zerstört und in Trümmern, daß es so gut wie dem Boden gleichgemacht war. Hier ließen wir mit vielen Kosten den neuen, großen und schönen Palast bauen, wie er noch heutigen Tages zu sehen ist. Zu jener Zeit schickten wir nach unserer Gattin10s, welche noch immer in Luxemburg weilte. Sie kam und gebar nach einem Jahre unsere erste Tochter Margareta10s. Unser Vater hatte uns damals die Markgrafschaft Mähren gegeben, und wir führten daher diesen Titel. Doch in An- betracht, daß wir vom alten Stamme der böhmischen Könige waren, liebten uns sämtliche redlichen Männer Böhmens und leisteten uns Beistand zur Wiedererlangung der Burgen und königlichen Güter. Da erwarben wir mit großen Kosten und Mühen die Burgen Bürglitz, Teyrow, Lichtenberg, Lititz, Grätz, Pisek, Netschtin, Zbiroh, Tachau und Trautenau in Böhmen, in Mähren aber Lukow, Teltsch, Eichhorn, die Ka- stelle von Olmütz, Brünn und Znaim und noch viele andere verpfändete und dem Königreich entfremdete Güter. Wir hatten viele bereitwillig dienende Kriegsleute; das König- reich gedieh von Tag zu Tag, die Guten liebten uns insgesamt, 105 Am 12. Juni 1334 hielt sic ihren Einzug in Prag: Palacky, Gesch. v. Böhmen II. 2, S. 209. 106 Geb. 24. Mai 1335, vermählt mit König Ludwig von Ungarn und Polen 1338, † 1349.
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KAPITEL VIII 47 die Schlechten aber fürchteten sich und mieden das Böse, und die Gerechtigkeit gelangte wieder zu gebührendem An- sehn im Reiche, während bisher die Barone großenteils eigen- mächtig geherrscht und nicht, wie sich ziemte, den König ge- fürchtet, sondern die Herrschaft unter sich geteilt hatten. So besaßen wir zwei Jahre hindurch die Hauptmannschaft des Königreichs und verbesserten seinen Zustand von Tag zu Tag. Damals gaben wir unsere jüngere Schwester Anna dem Her- zog Otto von Österreich zur Frau 107. In jenen Tagen starb der Herzog von Kärnten, der Schwie- gervater unseres Bruders, 108 und während dieser nach dessen Ableben das Herzogtum Kärnten und die Grafschaft Tirol hätte in Besitz nehmen sollen10°, schloß Ludwig, der sich für den Kaiser ausgab, einen geheimen Bund mit den Herzögen Albert und Otto von Österreich, um die Herrschaft unseres Bruders mit ihnen heimlich und hinterlistig zu teilen, so zwar, daß Ludwig selbst die Grafschaft Tirol, die Herzöge aber das Herzogtum Kärnten erhalten sollten; Ludwig ver- gaß undankbar die Dienste, welche ihm unser Vater, wie oben erzählt110, bei der Erwerbung der Kaiserwürde geleistet hatte. Der Herzog von Österreich aber nahm, obwohl er unsere Schwester hatte, sogleich nach dem Tode genannten Herzogs auf Grund einer geheimen Verschwörung mit dem Herrn von Aufensteyn, welcher vom Herzog zum Hauptmann ganz Kärntens gemacht worden war, zugleich mit seinem Bruder das Land in Besitz, das der von Aufensteyn ihnen bereit- willig in die Hände gespielt hatte. So verlor unser Bruder das Herzogtum Kärnten. Die Leute der Grafschaft Tirol aber wollten sich Ludwig nicht unterwerfen, sondern ver- blieben unter der Botmäßigkeit unseres Bruders. 107 Am 16. Februar 1335; siehe oben S. 45, Anm. 104. — Otto der Fröhliche, geb. 1301, starb wenige Monate nach seiner Gemahlin, am 17. Februar 1339. 108 4. April 1335: siehe oben S. 27, Anm. 53. 100 Vgl. oben S. 32, Anm. 74 und S. 45, Anm. 98. 120 Siehe oben S. 31.
KAPITEL VIII 47 die Schlechten aber fürchteten sich und mieden das Böse, und die Gerechtigkeit gelangte wieder zu gebührendem An- sehn im Reiche, während bisher die Barone großenteils eigen- mächtig geherrscht und nicht, wie sich ziemte, den König ge- fürchtet, sondern die Herrschaft unter sich geteilt hatten. So besaßen wir zwei Jahre hindurch die Hauptmannschaft des Königreichs und verbesserten seinen Zustand von Tag zu Tag. Damals gaben wir unsere jüngere Schwester Anna dem Her- zog Otto von Österreich zur Frau 107. In jenen Tagen starb der Herzog von Kärnten, der Schwie- gervater unseres Bruders, 108 und während dieser nach dessen Ableben das Herzogtum Kärnten und die Grafschaft Tirol hätte in Besitz nehmen sollen10°, schloß Ludwig, der sich für den Kaiser ausgab, einen geheimen Bund mit den Herzögen Albert und Otto von Österreich, um die Herrschaft unseres Bruders mit ihnen heimlich und hinterlistig zu teilen, so zwar, daß Ludwig selbst die Grafschaft Tirol, die Herzöge aber das Herzogtum Kärnten erhalten sollten; Ludwig ver- gaß undankbar die Dienste, welche ihm unser Vater, wie oben erzählt110, bei der Erwerbung der Kaiserwürde geleistet hatte. Der Herzog von Österreich aber nahm, obwohl er unsere Schwester hatte, sogleich nach dem Tode genannten Herzogs auf Grund einer geheimen Verschwörung mit dem Herrn von Aufensteyn, welcher vom Herzog zum Hauptmann ganz Kärntens gemacht worden war, zugleich mit seinem Bruder das Land in Besitz, das der von Aufensteyn ihnen bereit- willig in die Hände gespielt hatte. So verlor unser Bruder das Herzogtum Kärnten. Die Leute der Grafschaft Tirol aber wollten sich Ludwig nicht unterwerfen, sondern ver- blieben unter der Botmäßigkeit unseres Bruders. 107 Am 16. Februar 1335; siehe oben S. 45, Anm. 104. — Otto der Fröhliche, geb. 1301, starb wenige Monate nach seiner Gemahlin, am 17. Februar 1339. 108 4. April 1335: siehe oben S. 27, Anm. 53. 100 Vgl. oben S. 32, Anm. 74 und S. 45, Anm. 98. 120 Siehe oben S. 31.
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48 JUGENDLEBEN KARLS IV. Nachdem dies geschehen war, kam unser Vater nach Böh- men und brachte seine zweite Gattin mit, die er sich zur Königin erwählt, Beatrix, die Tochter des Herzogs von Bour- bon111, vom Geschlechte der Könige Frankreichs, mit welcher er nachmals einen einzigen Sohn, namens Wenzel, zeugtel12. Damals gewannen böse und falsche Ratgeber, die ihren eige- nen Vorteil suchten, sowohl Böhmen als auch Luxemburger, wider uns bei unserem Vater die Oberhand und flüsterten ihm zu : „Herr, seht euch vor, Euer Sohn hat im Reiche viele Burgen und einen großen Anhang unter Euren Leuten. Wenn er lange solches Ubergewicht behält, wird er Euch verdrän- gen, sobald es ihm beliebt; denn er ist der Erbe des Reichs und vom Stamme der Könige Böhmens und bei dem Volke sehr beliebt, Ihr aber seid ein Fremdling.“ Also sprachen sie um ihres eigenen Vorteils und Besitzes willen, damit er ihnen die Burgen und die vorgenannten Güter überlasse. Er aber ging auf ihre Ratschläge so willig ein, daß er gegen uns miß- trauisch wurde und uns alle Burgen sowie auch die Verwal- tung Böhmens und der Markgrafschaft Mähren entzog. So blieb uns allein der wesenlose Titel eines Markgrafen von Mähren. In jenen Tagen ritten wir einst von Bürglitz nach Prag, um unsern Vater zu besuchen, welcher sich in Mähren aufhielt. In später Stunde kamen wir auf die Prager Burg, in das alte burggräfliche Haus, wo wir einige Jahre hindurch Wohnung genommen hatten, bevor der große Palast erbaut war. Zur Nachtzeit legten wir uns ins Bett, und Buschko von Wil- hartitz der Altere in das andere vor uns. Ein großes Feuer brannte in dem Zimmer, denn es war Winterszeit, auch viele Kerzen leuchteten, so daß es ausreichend hell war. Sämtliche Türen und Fenster waren geschlossen. Kaum aber waren wir eingeschlafen, da bewegte sich etwas durchs Zimmer, so daß 111 Herzog Ludwigs I. von Bourbon; die Vermählung hatte im Dezem- ber 1334 stattgehabt. 112 Wenzel, geb. 25. Februar 1337, Herzog von Luxemburg 1354, ver- mählt mit Johanna von Brabant 1352, † 7. Dezember 1383.
48 JUGENDLEBEN KARLS IV. Nachdem dies geschehen war, kam unser Vater nach Böh- men und brachte seine zweite Gattin mit, die er sich zur Königin erwählt, Beatrix, die Tochter des Herzogs von Bour- bon111, vom Geschlechte der Könige Frankreichs, mit welcher er nachmals einen einzigen Sohn, namens Wenzel, zeugtel12. Damals gewannen böse und falsche Ratgeber, die ihren eige- nen Vorteil suchten, sowohl Böhmen als auch Luxemburger, wider uns bei unserem Vater die Oberhand und flüsterten ihm zu : „Herr, seht euch vor, Euer Sohn hat im Reiche viele Burgen und einen großen Anhang unter Euren Leuten. Wenn er lange solches Ubergewicht behält, wird er Euch verdrän- gen, sobald es ihm beliebt; denn er ist der Erbe des Reichs und vom Stamme der Könige Böhmens und bei dem Volke sehr beliebt, Ihr aber seid ein Fremdling.“ Also sprachen sie um ihres eigenen Vorteils und Besitzes willen, damit er ihnen die Burgen und die vorgenannten Güter überlasse. Er aber ging auf ihre Ratschläge so willig ein, daß er gegen uns miß- trauisch wurde und uns alle Burgen sowie auch die Verwal- tung Böhmens und der Markgrafschaft Mähren entzog. So blieb uns allein der wesenlose Titel eines Markgrafen von Mähren. In jenen Tagen ritten wir einst von Bürglitz nach Prag, um unsern Vater zu besuchen, welcher sich in Mähren aufhielt. In später Stunde kamen wir auf die Prager Burg, in das alte burggräfliche Haus, wo wir einige Jahre hindurch Wohnung genommen hatten, bevor der große Palast erbaut war. Zur Nachtzeit legten wir uns ins Bett, und Buschko von Wil- hartitz der Altere in das andere vor uns. Ein großes Feuer brannte in dem Zimmer, denn es war Winterszeit, auch viele Kerzen leuchteten, so daß es ausreichend hell war. Sämtliche Türen und Fenster waren geschlossen. Kaum aber waren wir eingeschlafen, da bewegte sich etwas durchs Zimmer, so daß 111 Herzog Ludwigs I. von Bourbon; die Vermählung hatte im Dezem- ber 1334 stattgehabt. 112 Wenzel, geb. 25. Februar 1337, Herzog von Luxemburg 1354, ver- mählt mit Johanna von Brabant 1352, † 7. Dezember 1383.
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KAPITEL VIII 49 wir beide erwachten. Wir hießen Buschko aufstehen, um nachzusehen, was es sei. Er stand auf, ging suchend rings durchs Zimmer und sah nichts und konnte nichts finden. Da machte er ein größeres Feuer und zündete noch mehr Kerzen an, ging zu den Bechern, welche voll Weins auf den Bänken standen, trank und stellte den einen Becher in die Nähe einer großen brennenden Kerze. Er trank und legte sich wieder zu Bette. Wir aber saßen, in unsern Mantel gehüllt, im Bette aufrecht und hörten jemanden auf und ab gehen, konnten je- doch niemanden sehen ; und während wir so mit Buschko auf die Becher und Kerzen hinblickten, gewahrten wir, wie jener Becher umstürzte, dann von unsichtbarer Hand über das Bett Buschkos hinweg von einem Ende des Zimmers bis ans andere an die Wand geworfen wurde und, von der Wand zu- rückgeschleudert, mitten ins Zimmer fiel. Bei diesem An- blick erschraken wir gewaltig, und immer noch hörten wir jemanden im Zimmer auf und ab gehen, sahen jedoch nie- manden. Nachdem wir uns dann aber bekreuzigt hatten, schliefen wir in Christi Namen bis zum Morgen. Beim Auf- stehen fanden wir den Becher, so wie er hingeschleudert wor- den war, in der Mitte des Zimmers und zeigten dies unsern Dienern, als sie am Morgen zu uns kamen. Zu jener Zeit schickte uns unser Vater mit einem schönen Heere gegen Herzog Polko von Schlesien, den Herrn von Münsterberg. Jener Herzog nämlich war kein Fürst und Va- sall unseres Vaters und des Königreichs Böhmen. Unser Vater jedoch hatte durch Herrn Heinrich VII.113, Herzog von Bres- lau, welcher keine Erben besaß, die Stadt Breslau erworben. Dieser Herzog nämlich hatte die Landschaft Glatz auf Le- benszeit zum Geschenk erhalten und wollte daher Stadt und Herzogtum lieber unserm Vater und der Krone des König- reichs Böhmen für immer zuwenden114, als seinem Bruder 113 Septimum itümlich statt VI. — Heinrich VI. regierte 1311 bis 1335. Der Irrtum ist im Hinblick auf den Namen des Großvaters Karls erklärlich. 114 Die gegenseitige Schenkung erfolgte am 4. April 1327: Stenzel, Gesch. Schlesiens I, S. 121.
KAPITEL VIII 49 wir beide erwachten. Wir hießen Buschko aufstehen, um nachzusehen, was es sei. Er stand auf, ging suchend rings durchs Zimmer und sah nichts und konnte nichts finden. Da machte er ein größeres Feuer und zündete noch mehr Kerzen an, ging zu den Bechern, welche voll Weins auf den Bänken standen, trank und stellte den einen Becher in die Nähe einer großen brennenden Kerze. Er trank und legte sich wieder zu Bette. Wir aber saßen, in unsern Mantel gehüllt, im Bette aufrecht und hörten jemanden auf und ab gehen, konnten je- doch niemanden sehen ; und während wir so mit Buschko auf die Becher und Kerzen hinblickten, gewahrten wir, wie jener Becher umstürzte, dann von unsichtbarer Hand über das Bett Buschkos hinweg von einem Ende des Zimmers bis ans andere an die Wand geworfen wurde und, von der Wand zu- rückgeschleudert, mitten ins Zimmer fiel. Bei diesem An- blick erschraken wir gewaltig, und immer noch hörten wir jemanden im Zimmer auf und ab gehen, sahen jedoch nie- manden. Nachdem wir uns dann aber bekreuzigt hatten, schliefen wir in Christi Namen bis zum Morgen. Beim Auf- stehen fanden wir den Becher, so wie er hingeschleudert wor- den war, in der Mitte des Zimmers und zeigten dies unsern Dienern, als sie am Morgen zu uns kamen. Zu jener Zeit schickte uns unser Vater mit einem schönen Heere gegen Herzog Polko von Schlesien, den Herrn von Münsterberg. Jener Herzog nämlich war kein Fürst und Va- sall unseres Vaters und des Königreichs Böhmen. Unser Vater jedoch hatte durch Herrn Heinrich VII.113, Herzog von Bres- lau, welcher keine Erben besaß, die Stadt Breslau erworben. Dieser Herzog nämlich hatte die Landschaft Glatz auf Le- benszeit zum Geschenk erhalten und wollte daher Stadt und Herzogtum lieber unserm Vater und der Krone des König- reichs Böhmen für immer zuwenden114, als seinem Bruder 113 Septimum itümlich statt VI. — Heinrich VI. regierte 1311 bis 1335. Der Irrtum ist im Hinblick auf den Namen des Großvaters Karls erklärlich. 114 Die gegenseitige Schenkung erfolgte am 4. April 1327: Stenzel, Gesch. Schlesiens I, S. 121.
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50 JUGENDLEBEN KARLS IV. Boleslaus!15 überlassen, mit dem er in Feindschaft lebte. Nachdem unser Vater aber den Besitz der Stadt Breslau ge- wonnen hatte, unterwarfen sich alle Herzöge Schlesiens, auch der von Oppeln116, um von den Königen der Böhmen ge- schützt und verteidigt zu werden, für alle Zeit seiner Bot- mäßigkeit und der Krone des Königreichs Böhmen117, mit Ausnahme des Herzogs von Schlesien, des Herrn von Schweid- nitz, und Polkos, des Herrn von Münsterberg. Dessen Land- schaft nun verwüsteten wir118, wie in der Chronik geschrieben steht; und sie wurde dermaßen verheert, daß er sich ge- zwungen sah, vor versammelten Ständen, gleich den andern Herzögen, Vasall unseres Vaters und der Krone des König- reichs Böhmen zu werden119. Nachdem dies vollbracht war, gingen wir zu unserem Vater nach Ungarn und trafen ihn bei König Karl I. in Visegrad an der Donau. Dieser König hatte früher eine Schwester un- seres Vaters gehabt, nach ihrem Tode aber 120 eine Schwester des Königs Kasimir von Krakau121 genommen und mit ihr drei Söhne gezeugt: erstens Ludwig, zweitens Andreas, drit- tens Stephan. Dort nun stiftete König Karl zwischen un- serem Vater und dem Könige von Krakau Frieden: unser Vater verzichtete auf die ihm gebührenden Rechte in Nieder- polen, das ist in der Gnesener, der Kalischer und den andern unteren Provinzen Polens; der König von Krakau aber ent- 115 Boleslaus III. von Liegnitz und Brieg. 116 Boleslaus III. von Oppeln; seine Huldigung erfolgte einen Tag nach derjenigen Heinrichs VI., also am 5. April 1327; siehe Stenzel a.a. O. 117 11 schlesische Herzogtümer waren 1335 böhmische Lehen ; Stenzel, I, S. 123. 118 Als Vorwand diente die Vergewaltigung zweier Klöster durch Bolko. Der Zug wurde jedoch nicht durch Heinrichs VI. Tod ver- anlaßt, der erst während desselben, am 25. November, eintrat. 110 Die Unterwerfung erfolgte im Jahre 1336 zu Straubing. 130 Beatrix starb ein Jahr nach ihrer Verheiratung, 1319; siehe oben S. 28, Anm. 57 und 58. 121 Elisabeth; starb 1381.
50 JUGENDLEBEN KARLS IV. Boleslaus!15 überlassen, mit dem er in Feindschaft lebte. Nachdem unser Vater aber den Besitz der Stadt Breslau ge- wonnen hatte, unterwarfen sich alle Herzöge Schlesiens, auch der von Oppeln116, um von den Königen der Böhmen ge- schützt und verteidigt zu werden, für alle Zeit seiner Bot- mäßigkeit und der Krone des Königreichs Böhmen117, mit Ausnahme des Herzogs von Schlesien, des Herrn von Schweid- nitz, und Polkos, des Herrn von Münsterberg. Dessen Land- schaft nun verwüsteten wir118, wie in der Chronik geschrieben steht; und sie wurde dermaßen verheert, daß er sich ge- zwungen sah, vor versammelten Ständen, gleich den andern Herzögen, Vasall unseres Vaters und der Krone des König- reichs Böhmen zu werden119. Nachdem dies vollbracht war, gingen wir zu unserem Vater nach Ungarn und trafen ihn bei König Karl I. in Visegrad an der Donau. Dieser König hatte früher eine Schwester un- seres Vaters gehabt, nach ihrem Tode aber 120 eine Schwester des Königs Kasimir von Krakau121 genommen und mit ihr drei Söhne gezeugt: erstens Ludwig, zweitens Andreas, drit- tens Stephan. Dort nun stiftete König Karl zwischen un- serem Vater und dem Könige von Krakau Frieden: unser Vater verzichtete auf die ihm gebührenden Rechte in Nieder- polen, das ist in der Gnesener, der Kalischer und den andern unteren Provinzen Polens; der König von Krakau aber ent- 115 Boleslaus III. von Liegnitz und Brieg. 116 Boleslaus III. von Oppeln; seine Huldigung erfolgte einen Tag nach derjenigen Heinrichs VI., also am 5. April 1327; siehe Stenzel a.a. O. 117 11 schlesische Herzogtümer waren 1335 böhmische Lehen ; Stenzel, I, S. 123. 118 Als Vorwand diente die Vergewaltigung zweier Klöster durch Bolko. Der Zug wurde jedoch nicht durch Heinrichs VI. Tod ver- anlaßt, der erst während desselben, am 25. November, eintrat. 110 Die Unterwerfung erfolgte im Jahre 1336 zu Straubing. 130 Beatrix starb ein Jahr nach ihrer Verheiratung, 1319; siehe oben S. 28, Anm. 57 und 58. 121 Elisabeth; starb 1381.
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KAPITEL VIII 51 sagte zugunsten unseres Vaters und des Königreiches Böh- men für sich und seine Nachfolger, die Könige Unterpolens, auf immer jedem Anspruch an alle Herzogtümer Schlesiens, sowie an Oppeln und die Stadt Breslau. Denn vorher hatte zwischen ihnen Zwietracht geherrscht, weil unser Großvater, König Wenzel II. von Böhmen, durch die Heirat mit der ein- zigen Tochter des Königs von Niederpolen 128 und Herzogs von Krakau und Sandomir Przemysl123 genanntes Niederpolen nebst den Herzogtümern Krakau und Sandomir erworben hatte. Przemysl nämlich hatte bei seinem Tode unserm Groß- vater mit der Krone Böhmens sowohl das Königreich als auch das Herzogtum zu ewigem Besitz gegeben. Kasimir aber war väterlicherseits ein Verwandter jener Fürstin 124 und be- hauptete, er habe ein Recht auf die Regierung Niederpolens, indem er geltend machte, daß eine Frau das Reich nicht erben könne. Und so hatte seit langer Zeit 125 zwischen den Königen 122 Rixa Elisabeth; sie starb 1335, nachdem Wenzel 11. schon 1305, zwei Jahre nach ihrer Verheiratung, gestorben war. 128 Premislaus II. regierte nur von 1295—1296. 120 Kasimir der Große war in männlicher Linie nur sehr entfernt mit Rixa Elisabeth verwandt, indem sein Vater Wladislaus Lokietek im 4. Grade, ihr Vater Przemysl II. im 5. Grade von dem im Jahre 1138 verstorbenen Boleslaw III. Schiefmund abstammten (vgl. Grotefend, Stammtafeln der schlesischen Fürsten, Tafel 17, S. 26). Durch seine Mutter Hedwig v. Kalisch stand er ihr näher; denn Hedwigs und Przemysls II. Väter waren Brüder. In keinem Falle jedoch war er ihr Oheim; daher haben wir die ungenaue Angabe des Textes (Kazomirus vero erat patruus ipsius domine) durch eine minder wörtliche Uber- setzung berichtigt. 185 Gleich nach dem Tode Wenzels II. (1305) und der Ermordung Wenzels III. (1306) hatte sich Wladislaw Lokietek Polens bemächtigt und nach vieljährigen Kämpfen endlich im Jahre 1320 zu Krakau krönen lassen. König Johann von Böhmen jedoch, nicht geneigt, die böhmische Herrschaft über Polen aufzugeben, rüstete zum Kriege; schon zwischen ihnen vermittelte Karl Robert von Ungarn den Frie- den. Später brach der Krieg von neuem aus und wurde nach Wladi- slaws Tode (1333) von seinem Sohne Kasimir fortgesetzt; wiederum greift der König von Ungarn ein und bringt zwischen seinen beiden Schwägern 1335 obige Abmachung zustande.
KAPITEL VIII 51 sagte zugunsten unseres Vaters und des Königreiches Böh- men für sich und seine Nachfolger, die Könige Unterpolens, auf immer jedem Anspruch an alle Herzogtümer Schlesiens, sowie an Oppeln und die Stadt Breslau. Denn vorher hatte zwischen ihnen Zwietracht geherrscht, weil unser Großvater, König Wenzel II. von Böhmen, durch die Heirat mit der ein- zigen Tochter des Königs von Niederpolen 128 und Herzogs von Krakau und Sandomir Przemysl123 genanntes Niederpolen nebst den Herzogtümern Krakau und Sandomir erworben hatte. Przemysl nämlich hatte bei seinem Tode unserm Groß- vater mit der Krone Böhmens sowohl das Königreich als auch das Herzogtum zu ewigem Besitz gegeben. Kasimir aber war väterlicherseits ein Verwandter jener Fürstin 124 und be- hauptete, er habe ein Recht auf die Regierung Niederpolens, indem er geltend machte, daß eine Frau das Reich nicht erben könne. Und so hatte seit langer Zeit 125 zwischen den Königen 122 Rixa Elisabeth; sie starb 1335, nachdem Wenzel 11. schon 1305, zwei Jahre nach ihrer Verheiratung, gestorben war. 128 Premislaus II. regierte nur von 1295—1296. 120 Kasimir der Große war in männlicher Linie nur sehr entfernt mit Rixa Elisabeth verwandt, indem sein Vater Wladislaus Lokietek im 4. Grade, ihr Vater Przemysl II. im 5. Grade von dem im Jahre 1138 verstorbenen Boleslaw III. Schiefmund abstammten (vgl. Grotefend, Stammtafeln der schlesischen Fürsten, Tafel 17, S. 26). Durch seine Mutter Hedwig v. Kalisch stand er ihr näher; denn Hedwigs und Przemysls II. Väter waren Brüder. In keinem Falle jedoch war er ihr Oheim; daher haben wir die ungenaue Angabe des Textes (Kazomirus vero erat patruus ipsius domine) durch eine minder wörtliche Uber- setzung berichtigt. 185 Gleich nach dem Tode Wenzels II. (1305) und der Ermordung Wenzels III. (1306) hatte sich Wladislaw Lokietek Polens bemächtigt und nach vieljährigen Kämpfen endlich im Jahre 1320 zu Krakau krönen lassen. König Johann von Böhmen jedoch, nicht geneigt, die böhmische Herrschaft über Polen aufzugeben, rüstete zum Kriege; schon zwischen ihnen vermittelte Karl Robert von Ungarn den Frie- den. Später brach der Krieg von neuem aus und wurde nach Wladi- slaws Tode (1333) von seinem Sohne Kasimir fortgesetzt; wiederum greift der König von Ungarn ein und bringt zwischen seinen beiden Schwägern 1335 obige Abmachung zustande.
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52 JUGENDLEBEN KARLS IV. Böhmens und Kasimir und seinem verstorbenen Vater Wladi- slaw, den Königen von Krakau und Niederpolen, eine Fehde bestanden, die auf solche Weise nun durch den König von Ungarn beigelegt wurde. Dieser verpflichtete sich unserm Vater daher auch zum Bei- stand gegen den Herzog von Österreich, welcher unserm Bru- der das Herzogtum Kärnten genommen hatte, und gegen den vorgenannten Ludwig. Diesem Bunde aber gehörten folgende Fürsten an: unser Vater, der König von Ungarn und der Herzog Heinrich von Bayern, welcher unsere Schwester zur Frau hatte. Zu gleicher Zeit schickte uns unser Vater in die Grafschaft Tirol, um diese sowie unsern Bruder und seine Gattin, welche noch in kindlichem Alter standen 126, unter unsere Leitung zu nehmen. So reisten wir ab, unterzogen uns dem, was uns unser Vater aufgetragen hatte, und wurden von den Land- sassen der Grafschaft zur Regierung jenes Landes zuge- lassen. NEUNTES KAPITEL In der nächstfolgenden Zeit, einen Tag nach Ostern 27, zogen wir in der Grafschaft Tirol ein Heer zusammen und drangen in dem zur Diözese Brixen gehörigen Pustertal gegen den Grafen Görz vor. Wir eroberten die Burg auf dem St. Lam- bertusberge128 und verwüsteten auf unserem weiteren Zuge das Land des Grafen bis zur sogenannten Lienzer Klause129. Unter solcher Verwüstung verbrachten wir mit dem Heere drei Wochen lang im Felde, weil der Graf ein Helfer der Her- zöge von Österreich, unserer Feinde, war. 126 Johann war 13, Margareta 17 Jahre alt ; siehe oben S. 27, Anm. 54 und S. 28, Anm. 56. 127 Ostern 1336: 31. März. 188 Jetzt die Lamprechtsburg bei Bruneck, im westlichen Pustertal. 12° Auch jetzt die Lienzer Klause genannt, an der Drau; das Ostende des Pustertals.
52 JUGENDLEBEN KARLS IV. Böhmens und Kasimir und seinem verstorbenen Vater Wladi- slaw, den Königen von Krakau und Niederpolen, eine Fehde bestanden, die auf solche Weise nun durch den König von Ungarn beigelegt wurde. Dieser verpflichtete sich unserm Vater daher auch zum Bei- stand gegen den Herzog von Österreich, welcher unserm Bru- der das Herzogtum Kärnten genommen hatte, und gegen den vorgenannten Ludwig. Diesem Bunde aber gehörten folgende Fürsten an: unser Vater, der König von Ungarn und der Herzog Heinrich von Bayern, welcher unsere Schwester zur Frau hatte. Zu gleicher Zeit schickte uns unser Vater in die Grafschaft Tirol, um diese sowie unsern Bruder und seine Gattin, welche noch in kindlichem Alter standen 126, unter unsere Leitung zu nehmen. So reisten wir ab, unterzogen uns dem, was uns unser Vater aufgetragen hatte, und wurden von den Land- sassen der Grafschaft zur Regierung jenes Landes zuge- lassen. NEUNTES KAPITEL In der nächstfolgenden Zeit, einen Tag nach Ostern 27, zogen wir in der Grafschaft Tirol ein Heer zusammen und drangen in dem zur Diözese Brixen gehörigen Pustertal gegen den Grafen Görz vor. Wir eroberten die Burg auf dem St. Lam- bertusberge128 und verwüsteten auf unserem weiteren Zuge das Land des Grafen bis zur sogenannten Lienzer Klause129. Unter solcher Verwüstung verbrachten wir mit dem Heere drei Wochen lang im Felde, weil der Graf ein Helfer der Her- zöge von Österreich, unserer Feinde, war. 126 Johann war 13, Margareta 17 Jahre alt ; siehe oben S. 27, Anm. 54 und S. 28, Anm. 56. 127 Ostern 1336: 31. März. 188 Jetzt die Lamprechtsburg bei Bruneck, im westlichen Pustertal. 12° Auch jetzt die Lienzer Klause genannt, an der Drau; das Ostende des Pustertals.
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KAPITEL IX 53 Am Tage nach dem Feste des Martyrers St. Georg trieb un- ser Vater den Herzog Otto von Österreich über die Donau und gewann viele seiner Burgen. Ludwig aber, der sich als Kaiser ausgab, unterstützte die Herzöge von Österreich, und infolgedessen taten dies auch ganz Deutschland und die Statthalter der Städte in der Lombardei, insbesondere Ma- stinus della Scala, der Statthalter der Städte Verona, Vi- cenza, Padua, Treviso, Brescia, Parma und Lucca. Alle diese griffen uns und die Grafschaft Tirol mit voller Kraft an, so daß die Stadt Trient und das ganze Etschtal von den Lom- barden auf das äußerste gefährdet wurde, dem Inntal aber sowohl von den Schwaben als von den Bayern große Gefahr drohte, kurz, die ganze Grafschaft Tirol so gut wie von allen Seiten schwer bedrängt war. Damals machten wir unseren Kanzler Nicolaus aus Brünn zum Bischof von Trient, und den Kaplan unseres Bruders, Matthäus, zum Bischof von Brixen, da beide Bistümer zu gleicher Zeit erledigt waren. In demselben Sommer führte Ludwig, der sich als Kaiser aus- gab, mit allen Fürsten Deutschlands ein großes Heer gegen Herzog Heinrich von Bayern, unsern Schwestermann, wel- cher damals auf unserer Seite stand. Der Herzog von Öster- reich aber kam Ludwig über Passau zu Hilfe, während unser Vater genanntem Heinrich Beistand leistete. An einem Bache in der Nähe von Landau 130 schlugen diese ihr Lager auf: da rückte Ludwig samt dem Herzog von Österreich und anderen mit großer Heeresmacht heran, und weil ihnen der Bach den Zugang versperrte, so verwüsteten sie Bayern einen Monat lang und kehrten dann, obwohl das Heer des Herzogs Hein- rich kleiner war, unverrichteter Sache nach Hause zurück. Wir hatten um eben diese Zeit unserem Vater und Schwester- mann von der Grafschaft Tirol aus mit einer großen Menge Fußvolk und Reitern zu Hilfe kommen wollen, konnten je- doch bei Kufstein nicht hindurch, wo der Sohn Ludwigs 130 Landau in Niederbayern, an der Isar, kurz vor ihrer Mündung.
KAPITEL IX 53 Am Tage nach dem Feste des Martyrers St. Georg trieb un- ser Vater den Herzog Otto von Österreich über die Donau und gewann viele seiner Burgen. Ludwig aber, der sich als Kaiser ausgab, unterstützte die Herzöge von Österreich, und infolgedessen taten dies auch ganz Deutschland und die Statthalter der Städte in der Lombardei, insbesondere Ma- stinus della Scala, der Statthalter der Städte Verona, Vi- cenza, Padua, Treviso, Brescia, Parma und Lucca. Alle diese griffen uns und die Grafschaft Tirol mit voller Kraft an, so daß die Stadt Trient und das ganze Etschtal von den Lom- barden auf das äußerste gefährdet wurde, dem Inntal aber sowohl von den Schwaben als von den Bayern große Gefahr drohte, kurz, die ganze Grafschaft Tirol so gut wie von allen Seiten schwer bedrängt war. Damals machten wir unseren Kanzler Nicolaus aus Brünn zum Bischof von Trient, und den Kaplan unseres Bruders, Matthäus, zum Bischof von Brixen, da beide Bistümer zu gleicher Zeit erledigt waren. In demselben Sommer führte Ludwig, der sich als Kaiser aus- gab, mit allen Fürsten Deutschlands ein großes Heer gegen Herzog Heinrich von Bayern, unsern Schwestermann, wel- cher damals auf unserer Seite stand. Der Herzog von Öster- reich aber kam Ludwig über Passau zu Hilfe, während unser Vater genanntem Heinrich Beistand leistete. An einem Bache in der Nähe von Landau 130 schlugen diese ihr Lager auf: da rückte Ludwig samt dem Herzog von Österreich und anderen mit großer Heeresmacht heran, und weil ihnen der Bach den Zugang versperrte, so verwüsteten sie Bayern einen Monat lang und kehrten dann, obwohl das Heer des Herzogs Hein- rich kleiner war, unverrichteter Sache nach Hause zurück. Wir hatten um eben diese Zeit unserem Vater und Schwester- mann von der Grafschaft Tirol aus mit einer großen Menge Fußvolk und Reitern zu Hilfe kommen wollen, konnten je- doch bei Kufstein nicht hindurch, wo der Sohn Ludwigs 130 Landau in Niederbayern, an der Isar, kurz vor ihrer Mündung.
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34 JUGENDLEBEN KARLS IV. stand, und belagerten diesen hier mit jenem Kriegsvolke so lange, als jene Fürsten gegeneinander im Felde lagen. Nach- dem sie jedoch auseinander gegangen waren, kehrten wir nach Tirol zurück. Gegen Michaelis wurde dann zwischen unserem Vater und dem Herzog von Österreich eine Verständigung herbeigeführt, derzufolge der Herzog die Stadt Znaim, welche unser Vater ihm einst mit seiner Tochter als Mitgift gegeben hatte, wieder herausgab, ferner unserem Vater eine große Summe Geldes und unserem Bruder zur Grafschaft Tirol einige Burgen in der Nähe des Drauflusses, das Herzogtum Kärnten aber durfte er für sich behalten. In demselben Winter endlich zogen wir mit unserem Vater gegen die Litauer nach Preußen131. Es waren mit uns da- selbst die Grafen Wilhelm der Jüngere von Holland, der von Berg, der Jüngere von Loo und noch mehrere andere Grafen und Barone. Der Winter war jedoch so mild, daß es kein Eis gab, weshalb wir gegen die Litauer nicht vorrücken konnten, und so kehrten wir ein jeder nach Hause zurück. Unter den Lombarden aber war eine große Fehde entstanden. mit welcher wir uns schon vor unserem Weggang aus Tirol beschäftigt hatten: es handelte sich um den Bund, welchen die Venetianer, Florentiner, Mailänder, Ferraresen, Man- tuaner, Bolognesen und noch andere Städte mehr gegen den Statthalter von Verona und Padua, Mastinus della Scala, geschlossen hatten, der, wie oben zu ersehen gewesen 132, un- ser Feind war. Daher gingen wir jetzt, im Monat April, um in die Lombardei zu gelangen, durch Mähren nach Österreich, wo uns der Herzog jedoch kein Geleit gewähren wollte. Wir setzten uns deshalb auf Schiffe und fuhren zum Könige von Ungarn hinüber; dieser gab uns von der Stadt Ofen aus das Geleit durch Ungarn, Kroatien und Dalmatien bis zur Stadt 191 Am 28. Dezember 1336 (dem Tage der Unschuldigen Kinder) brach König Johann von Prag auf. 124 Siehe oben S. 53.
34 JUGENDLEBEN KARLS IV. stand, und belagerten diesen hier mit jenem Kriegsvolke so lange, als jene Fürsten gegeneinander im Felde lagen. Nach- dem sie jedoch auseinander gegangen waren, kehrten wir nach Tirol zurück. Gegen Michaelis wurde dann zwischen unserem Vater und dem Herzog von Österreich eine Verständigung herbeigeführt, derzufolge der Herzog die Stadt Znaim, welche unser Vater ihm einst mit seiner Tochter als Mitgift gegeben hatte, wieder herausgab, ferner unserem Vater eine große Summe Geldes und unserem Bruder zur Grafschaft Tirol einige Burgen in der Nähe des Drauflusses, das Herzogtum Kärnten aber durfte er für sich behalten. In demselben Winter endlich zogen wir mit unserem Vater gegen die Litauer nach Preußen131. Es waren mit uns da- selbst die Grafen Wilhelm der Jüngere von Holland, der von Berg, der Jüngere von Loo und noch mehrere andere Grafen und Barone. Der Winter war jedoch so mild, daß es kein Eis gab, weshalb wir gegen die Litauer nicht vorrücken konnten, und so kehrten wir ein jeder nach Hause zurück. Unter den Lombarden aber war eine große Fehde entstanden. mit welcher wir uns schon vor unserem Weggang aus Tirol beschäftigt hatten: es handelte sich um den Bund, welchen die Venetianer, Florentiner, Mailänder, Ferraresen, Man- tuaner, Bolognesen und noch andere Städte mehr gegen den Statthalter von Verona und Padua, Mastinus della Scala, geschlossen hatten, der, wie oben zu ersehen gewesen 132, un- ser Feind war. Daher gingen wir jetzt, im Monat April, um in die Lombardei zu gelangen, durch Mähren nach Österreich, wo uns der Herzog jedoch kein Geleit gewähren wollte. Wir setzten uns deshalb auf Schiffe und fuhren zum Könige von Ungarn hinüber; dieser gab uns von der Stadt Ofen aus das Geleit durch Ungarn, Kroatien und Dalmatien bis zur Stadt 191 Am 28. Dezember 1336 (dem Tage der Unschuldigen Kinder) brach König Johann von Prag auf. 124 Siehe oben S. 53.
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KAPITEL IX 55 Zengg18s am Meeresgestade, woselbst wir in See stachen. Auf die Kunde hiervon wollten uns die Hauptleute der Venetianer, obwohl wir ihre Freunde waren, gefangennehmen; sie schlos- sen deshalb unser Schiff mit ihren Schiffen rings ein, so daß es nicht entrinnen konnte. Als wir nun am neunten Tage vor ihrer Stadt Grado 134 ankamen, ließen wir ihnen auf den Rat des Grafen Bartholomäus von Veglia135 und Zengg, der mit uns im Schiffe war, durch die Unsrigen sagen: „Sehet, Herren wir wissen, daß wir euren Händen nicht entrinnen können; möge es euch daher gefallen, zur Stadt vorauszuschicken und darüber zu unterhandeln, wie ihr uns in die Stadt aufnehmen wollt.“ Undwährend sie mit ihnen in schönen Worten redeten, ließen wir uns mit genanntem Bartholomäus und mit Jo- hannes von Lipa durch die Schiffsluken in eine kleine Fischer- barke hinab, fuhren, mit Säcken und Netzen bedeckt, durch ihre Schiffe hindurch und gelangten zwischen Schilf zum Hafen. So ihren Händen entronnen, gingen wir zu Fuß bis Aquileja. Sie aber bemächtigten sich unseres Schiffes samt aller Mannschaft, hielten diese einige Tage lang gefangen und entließen sie dann. In Aquileja meldeten wir uns bei unserem Gastfreunde, dieser machte sofort dem Rate der Stadt An- zeige, die Bürger aber brachten die Sache zur Kenntnis des Patriarchen. Dieser kam sogleich zur Stadt, empfing uns un- ter großen Ehrenbezeigungen seitens der Geistlichkeit und des Volkes und geleitete uns unter Glockengeläut in seinen Pa- last. Während nun auch unsere Leute aus der Gefangenschaft zu uns kamen, bewirtete er uns auf ehrenvolle Weise vier Wochen lang in seinem Gebiete und schloß mit uns einen festen Bund; dann geleitete er uns durch das Tal von Cadore bis zur Grafschaft Tirol, wo wir damals statt unseres Bruders, der noch ein kleiner Knabe war, die Herrschaft führten. 133 Früher Senia genannt; jetzt ein Freihafen in Jugoslawien. 136 Grado auf der gleichnamigen Insel in den Lagunen, südlich von Aquileja, zwischen Triest und Venedig. 185 Veglia, eine Stadt und Insel im Quarnero-Busen, südlich von Fiume.
KAPITEL IX 55 Zengg18s am Meeresgestade, woselbst wir in See stachen. Auf die Kunde hiervon wollten uns die Hauptleute der Venetianer, obwohl wir ihre Freunde waren, gefangennehmen; sie schlos- sen deshalb unser Schiff mit ihren Schiffen rings ein, so daß es nicht entrinnen konnte. Als wir nun am neunten Tage vor ihrer Stadt Grado 134 ankamen, ließen wir ihnen auf den Rat des Grafen Bartholomäus von Veglia135 und Zengg, der mit uns im Schiffe war, durch die Unsrigen sagen: „Sehet, Herren wir wissen, daß wir euren Händen nicht entrinnen können; möge es euch daher gefallen, zur Stadt vorauszuschicken und darüber zu unterhandeln, wie ihr uns in die Stadt aufnehmen wollt.“ Undwährend sie mit ihnen in schönen Worten redeten, ließen wir uns mit genanntem Bartholomäus und mit Jo- hannes von Lipa durch die Schiffsluken in eine kleine Fischer- barke hinab, fuhren, mit Säcken und Netzen bedeckt, durch ihre Schiffe hindurch und gelangten zwischen Schilf zum Hafen. So ihren Händen entronnen, gingen wir zu Fuß bis Aquileja. Sie aber bemächtigten sich unseres Schiffes samt aller Mannschaft, hielten diese einige Tage lang gefangen und entließen sie dann. In Aquileja meldeten wir uns bei unserem Gastfreunde, dieser machte sofort dem Rate der Stadt An- zeige, die Bürger aber brachten die Sache zur Kenntnis des Patriarchen. Dieser kam sogleich zur Stadt, empfing uns un- ter großen Ehrenbezeigungen seitens der Geistlichkeit und des Volkes und geleitete uns unter Glockengeläut in seinen Pa- last. Während nun auch unsere Leute aus der Gefangenschaft zu uns kamen, bewirtete er uns auf ehrenvolle Weise vier Wochen lang in seinem Gebiete und schloß mit uns einen festen Bund; dann geleitete er uns durch das Tal von Cadore bis zur Grafschaft Tirol, wo wir damals statt unseres Bruders, der noch ein kleiner Knabe war, die Herrschaft führten. 133 Früher Senia genannt; jetzt ein Freihafen in Jugoslawien. 136 Grado auf der gleichnamigen Insel in den Lagunen, südlich von Aquileja, zwischen Triest und Venedig. 185 Veglia, eine Stadt und Insel im Quarnero-Busen, südlich von Fiume.
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56 JUGENDLEBEN KARLS IV. ZEHNTES KAPITEL Im Monat Juni aber trug sich folgendes zu. Die Venetianer, Florentiner, Mailänder, Mantuaner, Ferraresen und andere Verbündete derselben hatten mit sehr zahlreichem Volke, etwa 10000 bewaffneten Reitern und einer unbegrenzten Zahl von Fußvolk die Stadt Padua, ein Teil derselben auch die Stadt Feltre und ihren Bischof Sicco de Caldonazzo, sowie die Grafen von Sene und die Herren von Camino belagert. Lange schon brachten sie mit 500 Ritterhelmen und vielem Fußvolk bei der Belagerung zu — die Stadt Padua nämlich nebst Feltre gehörte zur Herrschaft des Mastinus della Scala, des Herrn von Verona und den anderen obengenannten Städten 136; — die Venetianer hatten bereits Conegliano, Ser- ravalle und Bassano, welche unter der Herrschaft des Ma- stinus standen, erworben; auch Graf Colalto, der Vogt von Treviso, und noch mehrere andere hatten sich gegen Ma- stinus erhoben und den Venetianern angeschlossen: da er- innerte sich ein Bürger der Stadt Belluno, namens Sudracius de Bongajo, in Besorgnis, die Stadt Feltre möchte auf diese Weise verlorengehen und infolgedessen auch Belluno, von allen Seiten umringt, in die Hände der Venetianer geraten, gegen welche er einen besonderen Haß hatte, weil Jacobus da Avoscano sich einst mit der Burg Buchenstein137 und einigen anderen zur Herrschaft Bellunos gehörigen Berg- festen unter unsere Botmäßigkeit begeben hatte; und er kam zu uns und teilte uns heimlich auf einem kleinen Schiffe, da- mit es die Venetianer und der Herr von Verona, da er gegen ihn handelte, nicht erführe, seine Pläne mit und sprach 138. 186 Siehe oben S. 53. 187 Im Ampezzanertal, an der Boita, einem Zuflusse des Piave; viel- leicht ist aber das nahegelegene Buchenstein gemeint, und das im lateinischen Text stehende Budensteyn dahin zu emendieren; so emendiert auch Pavel, während man bisher „Budenstein" als Peutel- stein erklärte; Emendation schon von Oelsner vorgeschlagen, von Bulst nicht angenommen. 188 Hier ist der Text anscheinend gestört, daher haben wir die unzu- treffende Ortsbestimmung „Parma“ weggelassen.
56 JUGENDLEBEN KARLS IV. ZEHNTES KAPITEL Im Monat Juni aber trug sich folgendes zu. Die Venetianer, Florentiner, Mailänder, Mantuaner, Ferraresen und andere Verbündete derselben hatten mit sehr zahlreichem Volke, etwa 10000 bewaffneten Reitern und einer unbegrenzten Zahl von Fußvolk die Stadt Padua, ein Teil derselben auch die Stadt Feltre und ihren Bischof Sicco de Caldonazzo, sowie die Grafen von Sene und die Herren von Camino belagert. Lange schon brachten sie mit 500 Ritterhelmen und vielem Fußvolk bei der Belagerung zu — die Stadt Padua nämlich nebst Feltre gehörte zur Herrschaft des Mastinus della Scala, des Herrn von Verona und den anderen obengenannten Städten 136; — die Venetianer hatten bereits Conegliano, Ser- ravalle und Bassano, welche unter der Herrschaft des Ma- stinus standen, erworben; auch Graf Colalto, der Vogt von Treviso, und noch mehrere andere hatten sich gegen Ma- stinus erhoben und den Venetianern angeschlossen: da er- innerte sich ein Bürger der Stadt Belluno, namens Sudracius de Bongajo, in Besorgnis, die Stadt Feltre möchte auf diese Weise verlorengehen und infolgedessen auch Belluno, von allen Seiten umringt, in die Hände der Venetianer geraten, gegen welche er einen besonderen Haß hatte, weil Jacobus da Avoscano sich einst mit der Burg Buchenstein137 und einigen anderen zur Herrschaft Bellunos gehörigen Berg- festen unter unsere Botmäßigkeit begeben hatte; und er kam zu uns und teilte uns heimlich auf einem kleinen Schiffe, da- mit es die Venetianer und der Herr von Verona, da er gegen ihn handelte, nicht erführe, seine Pläne mit und sprach 138. 186 Siehe oben S. 53. 187 Im Ampezzanertal, an der Boita, einem Zuflusse des Piave; viel- leicht ist aber das nahegelegene Buchenstein gemeint, und das im lateinischen Text stehende Budensteyn dahin zu emendieren; so emendiert auch Pavel, während man bisher „Budenstein" als Peutel- stein erklärte; Emendation schon von Oelsner vorgeschlagen, von Bulst nicht angenommen. 188 Hier ist der Text anscheinend gestört, daher haben wir die unzu- treffende Ortsbestimmung „Parma“ weggelassen.
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KAPITEL X 57 „Wenn ihr die Feinde besiegen und von der Stadt Feltre ver- scheuchen könntet, so wollte ich euch ein Tor der Stadt öffnen; denn lieber möchte ich euch in der Stadt als irgend- einen anderen.“ Ich aber achtete auf seine Worte und setzte ihm einen bestimmten Tag fest, an welchem ich heimlich kommen würde. Da ich also vorsichtig Leute sammeln mußte, so benutzte ich ein Duell zweier Vornehmen im Bezirk von Neumarkt an der Etsch und berief viele Edelleute zu mir, unter dem Vorwande, sie beim Zweikampf zu schützen, falls ihre Freunde einen Streit anfängen. So erfuhr man nicht, weshalb ich Truppen zusammenzog, und ich konnte unvermerkt die Stadt Feltre erreichen. Nachdem ich nun den Sieger, der den anderen ge- tötet, im Duell triumphiert und die Oberhand behalten hatte, mit dem Ritterschwert umgürtet hatte, forderte ich die Kriegsmannschaft, welche zugegen war, auf, mit mir zu ziehen, ohne daß irgend jemand erfuhr, wohin ich wollte. Sie aber traten bereitwillig sogleich den Weg an und ritten mit mir während einer ganzen Nacht durch das Fleimsertal. Am folgenden Tage aber ritt ich auf öden Gebirgswegen, welche durch Castrozza führen139, auf denen die Menschen sonst nicht zu reiten pflegen. In einem Walde zwischen Castrozza und Primiero konnte ich wegen entwurzelter Bäume keinen Ausgang finden, und mein Heer verzweifelte. Da suchte ich mit einigen Leuten zu Fuß über steile Berge und längst ver- rottete Pfade einen Weg, so daß wir endlich über den Wald hinauskamen, während die Waldhüter wegen Sonnenunter- gangs sich längst zurückgezogen hatten und nicht ahnten, daß sie dort von irgendwelcher Seite eine Gefahr zu be- fürchten hätten. So bahnten wir uns in den Bergen einen Weg. Endlich gelangten wir, während uns die übrigen folgten, zum Kastell Primiero 140, welches ebenfalls von den Vene- tianern belagert wurde, und nahmen es nach Verjagung der Feinde in Besitz. Diese kamen zu ihren Genossen vor Feltre 180 In den Südtiroler Dolomitalpen. 140 Castrum Permense: Fontes rr. Bohem. S. 354 = Bulst S. 35; nicht, wie bei Böhmer S. 255, Parmense.
KAPITEL X 57 „Wenn ihr die Feinde besiegen und von der Stadt Feltre ver- scheuchen könntet, so wollte ich euch ein Tor der Stadt öffnen; denn lieber möchte ich euch in der Stadt als irgend- einen anderen.“ Ich aber achtete auf seine Worte und setzte ihm einen bestimmten Tag fest, an welchem ich heimlich kommen würde. Da ich also vorsichtig Leute sammeln mußte, so benutzte ich ein Duell zweier Vornehmen im Bezirk von Neumarkt an der Etsch und berief viele Edelleute zu mir, unter dem Vorwande, sie beim Zweikampf zu schützen, falls ihre Freunde einen Streit anfängen. So erfuhr man nicht, weshalb ich Truppen zusammenzog, und ich konnte unvermerkt die Stadt Feltre erreichen. Nachdem ich nun den Sieger, der den anderen ge- tötet, im Duell triumphiert und die Oberhand behalten hatte, mit dem Ritterschwert umgürtet hatte, forderte ich die Kriegsmannschaft, welche zugegen war, auf, mit mir zu ziehen, ohne daß irgend jemand erfuhr, wohin ich wollte. Sie aber traten bereitwillig sogleich den Weg an und ritten mit mir während einer ganzen Nacht durch das Fleimsertal. Am folgenden Tage aber ritt ich auf öden Gebirgswegen, welche durch Castrozza führen139, auf denen die Menschen sonst nicht zu reiten pflegen. In einem Walde zwischen Castrozza und Primiero konnte ich wegen entwurzelter Bäume keinen Ausgang finden, und mein Heer verzweifelte. Da suchte ich mit einigen Leuten zu Fuß über steile Berge und längst ver- rottete Pfade einen Weg, so daß wir endlich über den Wald hinauskamen, während die Waldhüter wegen Sonnenunter- gangs sich längst zurückgezogen hatten und nicht ahnten, daß sie dort von irgendwelcher Seite eine Gefahr zu be- fürchten hätten. So bahnten wir uns in den Bergen einen Weg. Endlich gelangten wir, während uns die übrigen folgten, zum Kastell Primiero 140, welches ebenfalls von den Vene- tianern belagert wurde, und nahmen es nach Verjagung der Feinde in Besitz. Diese kamen zu ihren Genossen vor Feltre 180 In den Südtiroler Dolomitalpen. 140 Castrum Permense: Fontes rr. Bohem. S. 354 = Bulst S. 35; nicht, wie bei Böhmer S. 255, Parmense.
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58 JUGENDLEBEN KARLS IV. und sagten ihnen, ein großer Heerhaufe, von dem sie nicht wüßten, wem er gehöre, rücke wider sie heran. Auf solche Nachricht zogen sie nachts von der Stadt ab ; wir aber zogen am folgenden Tage durch ihr Lager, wandten uns hierauf von Primiero nach Agordo und eilten von Agordo nach der Stadt Belluno. Dem Endrighettus 141, mit welchem wir unter- handelt hatten, kündigten wir durch einen vorausgesandten Boten an, daß wir mit Kriegsvolk in der Nähe der Stadt wären; dieser trat sogleich vor die Hauptleute und Führer hin und sagte ihnen, es seien Boten gekommen, die ihm mit- geteilt, daß die Grafen von Chiaromonte, die Verbündeten des Mastinus della Scala, ihres Herrn, mit großem Heere die Feinde verscheucht hätten und zu ihrer Hilfe herbeikämen. Freudig öffnete man die Tore, in der Meinung, daß es Freunde seien, und ich rückte am Tage des heiligen Prokopius 142, am 4. Juli, in die Stadt ein. Sobald alle eingedrungen waren, ent- faltete ich die Banner des Königreichs Böhmen und der Graf- schaft Tirol. Jene aber wußten, da sie Feinde sahen, in der Bestürzung nicht, was sie tun sollten. Sie konnten unserer Macht nicht widerstehen, und so nahmen wir durch Gottes Gnade die Stadt ein. Nur das Kastell wurde einige Tage lang gegen uns behauptet ; als jedoch unterirdische Gänge angelegt wurden, übergab es die Besatzung in unsere Hände. Hierauf schlugen wir vor der Stadt Feltre ein Lager auf; und weil der Veroneser damals mit den Venetianern und diese mit ihm zu tun hatten, so konnten sie uns und unserem Heere keinerlei Schaden zufügen und traten vielmehr beide mit uns in Unterhandlung, um unsere Unterstützung zu gewinnen. Nachdem wir sechs Wochen bei der Belagerung der Stadt Feltre verweilt hatten, vertrugen wir uns mit den Vene- tianern, und sie verpflichteten sich, uns in jenem Kriege ge- gen Mastinus della Scala mit ihrer ganzen Macht beizustehen. 141 Hier und weiter unten Andigetus de Bongagio genannt, also wohl derselbe, der vorher Sudracius de Bongagio hieß. 142 Prokopius, Abt zu Sazawa, starb 25. März 1053; Huber, Regesten Nr. 41d, korrigiert irrig: 8. Juli: er wurde am 4. Juli 1204 heilig gesprochen.
58 JUGENDLEBEN KARLS IV. und sagten ihnen, ein großer Heerhaufe, von dem sie nicht wüßten, wem er gehöre, rücke wider sie heran. Auf solche Nachricht zogen sie nachts von der Stadt ab ; wir aber zogen am folgenden Tage durch ihr Lager, wandten uns hierauf von Primiero nach Agordo und eilten von Agordo nach der Stadt Belluno. Dem Endrighettus 141, mit welchem wir unter- handelt hatten, kündigten wir durch einen vorausgesandten Boten an, daß wir mit Kriegsvolk in der Nähe der Stadt wären; dieser trat sogleich vor die Hauptleute und Führer hin und sagte ihnen, es seien Boten gekommen, die ihm mit- geteilt, daß die Grafen von Chiaromonte, die Verbündeten des Mastinus della Scala, ihres Herrn, mit großem Heere die Feinde verscheucht hätten und zu ihrer Hilfe herbeikämen. Freudig öffnete man die Tore, in der Meinung, daß es Freunde seien, und ich rückte am Tage des heiligen Prokopius 142, am 4. Juli, in die Stadt ein. Sobald alle eingedrungen waren, ent- faltete ich die Banner des Königreichs Böhmen und der Graf- schaft Tirol. Jene aber wußten, da sie Feinde sahen, in der Bestürzung nicht, was sie tun sollten. Sie konnten unserer Macht nicht widerstehen, und so nahmen wir durch Gottes Gnade die Stadt ein. Nur das Kastell wurde einige Tage lang gegen uns behauptet ; als jedoch unterirdische Gänge angelegt wurden, übergab es die Besatzung in unsere Hände. Hierauf schlugen wir vor der Stadt Feltre ein Lager auf; und weil der Veroneser damals mit den Venetianern und diese mit ihm zu tun hatten, so konnten sie uns und unserem Heere keinerlei Schaden zufügen und traten vielmehr beide mit uns in Unterhandlung, um unsere Unterstützung zu gewinnen. Nachdem wir sechs Wochen bei der Belagerung der Stadt Feltre verweilt hatten, vertrugen wir uns mit den Vene- tianern, und sie verpflichteten sich, uns in jenem Kriege ge- gen Mastinus della Scala mit ihrer ganzen Macht beizustehen. 141 Hier und weiter unten Andigetus de Bongagio genannt, also wohl derselbe, der vorher Sudracius de Bongagio hieß. 142 Prokopius, Abt zu Sazawa, starb 25. März 1053; Huber, Regesten Nr. 41d, korrigiert irrig: 8. Juli: er wurde am 4. Juli 1204 heilig gesprochen.
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KAPITEL X 59 In der Tat schickten sie uns auf ihre eigenen Kosten 700 Helme und zahlreiche Fußsoldaten. Wir aber ließen unseren Bruder beim Heere zurück und gingen nach Venedig, wo wir, mit großen Ehren empfangen und mit hoher Achtung be- handelt, den geschlossenen Bund festigten143. Von da zu- rückgekehrt, bezwangen wir die Stadt Feltre durch Hun- ger144 Auch die Carrara aus Padua unterhandelten mit uns, be- mächtigten sich ihrer Stadt, nahmen Albert, den älteren Bruder des Mastinus, gefangen und lieferten ihn den Vene- tianern aus. Unsere zurückbleibenden Leute behielten Padua in ihrer Gewalt ; wir aber setzten unter Zurücklassung unserer Kriegsknechte in den Städten Feltre und Belluno sowie in deren Burgen Hauptleute ein: den Volkmar von Burgstall 145 einen Vornehmen aus der Grafschaft Tirol, in Feltre; in der Stadt Belluno den Endrighettus von Bongajo; als Kriegs- hauptmann gegen die Veroneser aber den Johann von Lipa, und da er am siebenten Tage seiner Hauptmannschaft starb, als Nachfolger den Hasen. In die Grafschaft Tirol zurückgekehrt, begaben wir uns in das Inntal und von da in das Königreich Böhmen. Hier ver- ständigten wir uns mit den Herzögen von Österreich, mit denen wir vorher nicht befreundet gewesen waren. In jenem Winter, zur Fastnachtszeit146, übergaben wir un- sere älteste Tochter Margareta147 dem Erstgebornen des Kö- nigs Karl von Ungarn, Ludwig, und verbanden uns mit- einander gegen jedermann. 143 Uber die Daten vgl. Regesten Nr. 43b. 144 Vgl. daselbst 43c; die ganze Belagerung dauerte also nur etwa sechs Wochen, wie dort richtig bemerkt wird, und Karl hatte nicht bereits vor seiner venetianischen Reise sechs Wochen vor der Stadt gelegen. 145 Burgstall, ein Dorf in Tirol, Kreis Brixen, Bezirk Meran. 146 Genauer: 1. März 1338; Karl hielt sich damals in Wisegrad auf und schloß mit dem Könige von Ungarn einen Vertrag: Regesten Nr. 53. 147 Siebe oben S. 46. Anm. 106.
KAPITEL X 59 In der Tat schickten sie uns auf ihre eigenen Kosten 700 Helme und zahlreiche Fußsoldaten. Wir aber ließen unseren Bruder beim Heere zurück und gingen nach Venedig, wo wir, mit großen Ehren empfangen und mit hoher Achtung be- handelt, den geschlossenen Bund festigten143. Von da zu- rückgekehrt, bezwangen wir die Stadt Feltre durch Hun- ger144 Auch die Carrara aus Padua unterhandelten mit uns, be- mächtigten sich ihrer Stadt, nahmen Albert, den älteren Bruder des Mastinus, gefangen und lieferten ihn den Vene- tianern aus. Unsere zurückbleibenden Leute behielten Padua in ihrer Gewalt ; wir aber setzten unter Zurücklassung unserer Kriegsknechte in den Städten Feltre und Belluno sowie in deren Burgen Hauptleute ein: den Volkmar von Burgstall 145 einen Vornehmen aus der Grafschaft Tirol, in Feltre; in der Stadt Belluno den Endrighettus von Bongajo; als Kriegs- hauptmann gegen die Veroneser aber den Johann von Lipa, und da er am siebenten Tage seiner Hauptmannschaft starb, als Nachfolger den Hasen. In die Grafschaft Tirol zurückgekehrt, begaben wir uns in das Inntal und von da in das Königreich Böhmen. Hier ver- ständigten wir uns mit den Herzögen von Österreich, mit denen wir vorher nicht befreundet gewesen waren. In jenem Winter, zur Fastnachtszeit146, übergaben wir un- sere älteste Tochter Margareta147 dem Erstgebornen des Kö- nigs Karl von Ungarn, Ludwig, und verbanden uns mit- einander gegen jedermann. 143 Uber die Daten vgl. Regesten Nr. 43b. 144 Vgl. daselbst 43c; die ganze Belagerung dauerte also nur etwa sechs Wochen, wie dort richtig bemerkt wird, und Karl hatte nicht bereits vor seiner venetianischen Reise sechs Wochen vor der Stadt gelegen. 145 Burgstall, ein Dorf in Tirol, Kreis Brixen, Bezirk Meran. 146 Genauer: 1. März 1338; Karl hielt sich damals in Wisegrad auf und schloß mit dem Könige von Ungarn einen Vertrag: Regesten Nr. 53. 147 Siebe oben S. 46. Anm. 106.
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60 JUGENDLEBEN KARLS IV. Nach dieser Zeit148 aber hatte unser Schwestermann149 uns einmal für den folgenden Tag zum Frühstück eingeladen. Bei Sonnenaufgang weckte uns einer der Ritter aus dem Schlafe mit den Worten: „Herr, stehet auf, der Jüngste Tag ist da, denn die ganze Welt ist voller Heuschrecken“150. Wir standen auf, bestiegen ein Pferd und galoppierten, da wir das Ende derselben sehen wollten, sieben Meilen weit bis nach Pulkau151, wo ihr Zug zu Ende war. Ihre Ausdehnung in der Breite jedoch konnten wir nicht überblicken. Ihre Stimme glich einem Tosen. Ihre Flügel waren wie mit ge- schwärzten Buchstaben beschrieben, und sie waren so dicht wie zusammengewehter Schnee, so daß man vor ihnen die Sonne nicht sehen konnte. Ein großer Gestank ging von ihnen aus. Sie verteilten sich: die einen nach Bayern, die anderen nach Franken, andere nach der Lombardei, andere dahin und dorthin über die ganze Erde. Dabei waren sie sehr fruchtbar, da ihrer zwei in einer Nacht zwanzig und mehr zur Welt brachten. Sie waren sehr klein, aber sie wuchsen schnell. Man fand sie bis ins dritte Jahr hinein 152. 146 Die Heuschrecken erschienen erst im Juli und August 1338; vgl. Johannes Victoriensis bei Böhmer, Fontes, tom. I., p. 430—431, und u. a. das Chronogramm in den Matseer Annalen (MGH. SS. 9, S. 829): M ter centenis tribus X, tribus I quoque quinque Annis locustae per Bavariam volavere. 140 Herzog Otto von Österreich. 150 Vgl. Offenbarung Johannis, Kap. 9, 3—11. 181 Pulcania: Böhmer, Fontes 257; dazu S. 486 die seltsame Frage, ob darunter wohl die Bulgarei verstanden werde. Richtiger Fontes rr. Boh. I., 355: Pulcavia. Es ist das Dorf Pulkau in Niederösterreich, Bez. Retz, südwestlich von Znaim. Hier stellte Karl in der Tat am 28. Juli 1338 eine Urkunde aus, wie tags zuvor in Znaim: Regesten Nr. 65, 66. Der Ritt erstreckte sich also von Znaim bis Pulkau. 152 Nach der „Chronik von den Herzögen von Bayern“ erschienen „zahllose Heuschrecken, welche von Osten herkamen“, in Regens- burg, der wahrscheinlichen Heimat des Chronisten, also 4 Längengrade westlicher und unter demselben Breitengrade wie Znaim, erst am 7. August, dem Feste der hl. Afra. Vgl. Friedensburg. Quellen zur Gesch. Kaiser Ludwigs des Bayern [Gesch. d. dt. Vorzeit 81], S. 128.
60 JUGENDLEBEN KARLS IV. Nach dieser Zeit148 aber hatte unser Schwestermann149 uns einmal für den folgenden Tag zum Frühstück eingeladen. Bei Sonnenaufgang weckte uns einer der Ritter aus dem Schlafe mit den Worten: „Herr, stehet auf, der Jüngste Tag ist da, denn die ganze Welt ist voller Heuschrecken“150. Wir standen auf, bestiegen ein Pferd und galoppierten, da wir das Ende derselben sehen wollten, sieben Meilen weit bis nach Pulkau151, wo ihr Zug zu Ende war. Ihre Ausdehnung in der Breite jedoch konnten wir nicht überblicken. Ihre Stimme glich einem Tosen. Ihre Flügel waren wie mit ge- schwärzten Buchstaben beschrieben, und sie waren so dicht wie zusammengewehter Schnee, so daß man vor ihnen die Sonne nicht sehen konnte. Ein großer Gestank ging von ihnen aus. Sie verteilten sich: die einen nach Bayern, die anderen nach Franken, andere nach der Lombardei, andere dahin und dorthin über die ganze Erde. Dabei waren sie sehr fruchtbar, da ihrer zwei in einer Nacht zwanzig und mehr zur Welt brachten. Sie waren sehr klein, aber sie wuchsen schnell. Man fand sie bis ins dritte Jahr hinein 152. 146 Die Heuschrecken erschienen erst im Juli und August 1338; vgl. Johannes Victoriensis bei Böhmer, Fontes, tom. I., p. 430—431, und u. a. das Chronogramm in den Matseer Annalen (MGH. SS. 9, S. 829): M ter centenis tribus X, tribus I quoque quinque Annis locustae per Bavariam volavere. 140 Herzog Otto von Österreich. 150 Vgl. Offenbarung Johannis, Kap. 9, 3—11. 181 Pulcania: Böhmer, Fontes 257; dazu S. 486 die seltsame Frage, ob darunter wohl die Bulgarei verstanden werde. Richtiger Fontes rr. Boh. I., 355: Pulcavia. Es ist das Dorf Pulkau in Niederösterreich, Bez. Retz, südwestlich von Znaim. Hier stellte Karl in der Tat am 28. Juli 1338 eine Urkunde aus, wie tags zuvor in Znaim: Regesten Nr. 65, 66. Der Ritt erstreckte sich also von Znaim bis Pulkau. 152 Nach der „Chronik von den Herzögen von Bayern“ erschienen „zahllose Heuschrecken, welche von Osten herkamen“, in Regens- burg, der wahrscheinlichen Heimat des Chronisten, also 4 Längengrade westlicher und unter demselben Breitengrade wie Znaim, erst am 7. August, dem Feste der hl. Afra. Vgl. Friedensburg. Quellen zur Gesch. Kaiser Ludwigs des Bayern [Gesch. d. dt. Vorzeit 81], S. 128.
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KAPITEL XI 61 Um dieselbe Zeit starben innerhalb zweier Monate unsere Schwester und unser Schwestermann, der Herzog von Öster- reich, so daß wir sie in jenen Tagen zum letzten Male gesehen hatten153. ELFTES KAPITEL Als wir wieder in Böhmen angelangt waren, geschah es einst, daß wir von Bunzlau nach Tauschim kamen 154; und als uns eben der Schlaf übermannen wollte, kam uns eine lebhafte Vorstellung155 über jenes Evangelium: „Das Himmelreich ist gleich einem verborgenen Schatz im Acker156", welches am Tage der Ludmilla 157 gelesen wird; und indem ich so zu sinnen begann, entwarf ich im Traume die Auslegung. Beim Erwachen aber hatte ich die Bearbeitung des ersten Teils des Evangeliums noch vollkommen inne, und so führte ich sie unter dem Beistande der göttlichen Gnade völlig zu Ende158. Sie beginnt wie folgt159. 153 Nicht ganz genau, da Karls Schwester Anna am 3. November 1338, Herzog Otto jedoch erst am 16. oder 17. Februar 1339 starb. 154 Boleslavia, Tussyn; es ist jedenfalls hier nicht Jung-Bunzlau, sondern das Städtchen Alt-Bunzlau zu verstehen, welches Tauschim nahe benachbart und wie dieses zum Bezirk Karolinental des Kreises Prag gehört. 155 Forte: Böhmer 257; fortis ymaginacio: F. rr. B. 355, ebenso Pelzel 156 Matth. 13, 44. und Dobrowsky, Ss. rr. B. II, S. 315. — 157 16. September; der oben erzählte Vorfall ist also wohl Mitte Sep- tember 1338 anzusetzen. Ludmilla, Gemahlin des ersten christl. Herzogs in Böhmen, wurde 920 ermordet. 158 percepi: Böhmer 257; perfeci: F. rr. Boh. 355. 150 Böhmer hat diese interessante Predigt in seiner Ausgabe der Vita weggelassen, weil schon im Eingange eine Probe von Karls Theologie gegeben sei. In der Editio princeps des Reineccius fehlt das mittlere Stück, unser Kap. 12; er bemerkt am Rande, daß in seiner Hand- schrift ein ganzes Blatt ausgefallen sei. Unsere Ubersetzung schließt sich der vollständigen Wiedergabe des Textes in den Fontes rerum Bohemicarum t. III, an, die bis auf manche Einzelheiten genau mit der Ausgabe bei Pelzel und Dobrowsky, SS. rr. Bohemicarum II, p. 315—325, übereinstimmt.
KAPITEL XI 61 Um dieselbe Zeit starben innerhalb zweier Monate unsere Schwester und unser Schwestermann, der Herzog von Öster- reich, so daß wir sie in jenen Tagen zum letzten Male gesehen hatten153. ELFTES KAPITEL Als wir wieder in Böhmen angelangt waren, geschah es einst, daß wir von Bunzlau nach Tauschim kamen 154; und als uns eben der Schlaf übermannen wollte, kam uns eine lebhafte Vorstellung155 über jenes Evangelium: „Das Himmelreich ist gleich einem verborgenen Schatz im Acker156", welches am Tage der Ludmilla 157 gelesen wird; und indem ich so zu sinnen begann, entwarf ich im Traume die Auslegung. Beim Erwachen aber hatte ich die Bearbeitung des ersten Teils des Evangeliums noch vollkommen inne, und so führte ich sie unter dem Beistande der göttlichen Gnade völlig zu Ende158. Sie beginnt wie folgt159. 153 Nicht ganz genau, da Karls Schwester Anna am 3. November 1338, Herzog Otto jedoch erst am 16. oder 17. Februar 1339 starb. 154 Boleslavia, Tussyn; es ist jedenfalls hier nicht Jung-Bunzlau, sondern das Städtchen Alt-Bunzlau zu verstehen, welches Tauschim nahe benachbart und wie dieses zum Bezirk Karolinental des Kreises Prag gehört. 155 Forte: Böhmer 257; fortis ymaginacio: F. rr. B. 355, ebenso Pelzel 156 Matth. 13, 44. und Dobrowsky, Ss. rr. B. II, S. 315. — 157 16. September; der oben erzählte Vorfall ist also wohl Mitte Sep- tember 1338 anzusetzen. Ludmilla, Gemahlin des ersten christl. Herzogs in Böhmen, wurde 920 ermordet. 158 percepi: Böhmer 257; perfeci: F. rr. Boh. 355. 150 Böhmer hat diese interessante Predigt in seiner Ausgabe der Vita weggelassen, weil schon im Eingange eine Probe von Karls Theologie gegeben sei. In der Editio princeps des Reineccius fehlt das mittlere Stück, unser Kap. 12; er bemerkt am Rande, daß in seiner Hand- schrift ein ganzes Blatt ausgefallen sei. Unsere Ubersetzung schließt sich der vollständigen Wiedergabe des Textes in den Fontes rerum Bohemicarum t. III, an, die bis auf manche Einzelheiten genau mit der Ausgabe bei Pelzel und Dobrowsky, SS. rr. Bohemicarum II, p. 315—325, übereinstimmt.
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62 JUGENDLEBEN KARLS IV. „Das Himmelreich ist gleich“100 usw. Brüder! Einen Aus- spruch der heiligen Evangelien kann niemand erschöpfend er- läutern; denn ihr Sinn ist von solcher Tiefe, daß niemand an ihre Erhabenheit ganz hinanreichen und ihre Bedeutung ge- nügend darlegen kann. Paulus sagt dazu in seinem Briefe: „O welch’ eine Tiefe des Reichtums, beides der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt ? oder wer ist sein Ratgeber gewesen ?“161. Dennoch, soweit es mir von oben her durch die göttliche Gnade gegeben ist, von der ja „alle gute Gabe und alles vollkommene Ge- schenk herabkommt162“, wie Jakobus in seiner Epistel 16° Zur besseren Ubersicht lassen wir hier den ganzen Wortlaut des Bibeltextes (Evang. Matth. 13, 44—52) im Zusammenhange folgen: 44. Abermal ist gleich das Himmelreich einem verborgenen Schatz im Acker, welchen ein Mensch fand, und verbarg ihn, und ging hin vor Freude über denselben und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. 45. Abermal ist gleich das Himmelreich einem Kanfmann, der gute Perlen suchte. 46. Und da er Eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte dieselbe. 47. Abermal ist gleich das Himmelreich einem Netz, das ins Meer ge- worfen ist, damit man allerlei Gattung Fische fängt. 48. Wenn es aber voll ist, so ziehen sie es heraus an das Ufer, sitzen und lesen die guten in ein Gefäß zusammen, aber die faulen werfen sie weg. 49. Also wird es auch am Ende der Welt gehen. Die Engel werden aus- gehen und die Bösen von den Gerechten scheiden. 50. Und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein. 51. Und Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr das alles verstanden ? Sie sprachen: Ja, Herr. 52. Da sprach er: Darum ein jeglicher Schriftgelehrter, zum Himmel- reich gelehrt, ist gleich einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorträgt. 161 Römer 11, 33—34. 162 Jakob. 1, 17.
62 JUGENDLEBEN KARLS IV. „Das Himmelreich ist gleich“100 usw. Brüder! Einen Aus- spruch der heiligen Evangelien kann niemand erschöpfend er- läutern; denn ihr Sinn ist von solcher Tiefe, daß niemand an ihre Erhabenheit ganz hinanreichen und ihre Bedeutung ge- nügend darlegen kann. Paulus sagt dazu in seinem Briefe: „O welch’ eine Tiefe des Reichtums, beides der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt ? oder wer ist sein Ratgeber gewesen ?“161. Dennoch, soweit es mir von oben her durch die göttliche Gnade gegeben ist, von der ja „alle gute Gabe und alles vollkommene Ge- schenk herabkommt162“, wie Jakobus in seiner Epistel 16° Zur besseren Ubersicht lassen wir hier den ganzen Wortlaut des Bibeltextes (Evang. Matth. 13, 44—52) im Zusammenhange folgen: 44. Abermal ist gleich das Himmelreich einem verborgenen Schatz im Acker, welchen ein Mensch fand, und verbarg ihn, und ging hin vor Freude über denselben und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. 45. Abermal ist gleich das Himmelreich einem Kanfmann, der gute Perlen suchte. 46. Und da er Eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte dieselbe. 47. Abermal ist gleich das Himmelreich einem Netz, das ins Meer ge- worfen ist, damit man allerlei Gattung Fische fängt. 48. Wenn es aber voll ist, so ziehen sie es heraus an das Ufer, sitzen und lesen die guten in ein Gefäß zusammen, aber die faulen werfen sie weg. 49. Also wird es auch am Ende der Welt gehen. Die Engel werden aus- gehen und die Bösen von den Gerechten scheiden. 50. Und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein. 51. Und Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr das alles verstanden ? Sie sprachen: Ja, Herr. 52. Da sprach er: Darum ein jeglicher Schriftgelehrter, zum Himmel- reich gelehrt, ist gleich einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorträgt. 161 Römer 11, 33—34. 162 Jakob. 1, 17.
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KAPITEL XI 63 schreibt 83, möchte ich euch zum Verständnisse jenes heiligen Evangeliums einiges aufschreiben, was ich euch, Teuersten, brüderlich aufzunehmen und mit der Unbefangenheit eines reinen Herzens zu erwägen bitte. Euer Liebden habt gehört, daß Matthäus in dem vorliegenden Gleichnisse das Himmelreich mit einem im Acker verborge- nen Schatze vergleicht. Mit diesem Schatze wird sehr zu- treffend der heilige Geist bezeichnet, welchen der Mensch durch die Liebe und Gnade Jesu Christi findet. Denn er hat ihn den Gläubigen im Evangelium Johannis verheißen mit den Worten: „Ich will meinen Vater bitten, und er soll euch einen anderen Tröster geben, daß er bei euch bleibe ewiglich, den Geist der Wahrheit“164. Mit dem Acker aber oder dem Boden, in welchem jener Schatz gefunden wird, ist das menschliche Herz bezeichnet, darein der Mensch gute und böse Werke säet, die seiner Seele in der Folge, je nachdem er gesäet hat, Früchte tragen, wie Lukas mit den Worten aus- drücklich andeutet: „Was aber auf das gute Land fiel, sind die, so das Wort hören und behalten in einem freien, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld“165. Jener Schatz aber ist wahrlich verborgen vor den Sündern und Unwürdigen, welche keine Zerknirschunglss empfinden noch Buße tun wollen und dadurch die Augen der Gnade verlieren, so daß sie in ihrer Blindheit jenen Schatz nicht finden können. Von ihnen sagt der Prophet: „Sie haben Augen und sehen nicht“167. Aber der wahrhaft zerknirschte Mensch findet jenen Schatz durch die Gnade Jesu Christi, wie oben gesagt worden ist, weil nach dem Worte des Psalmisten, „Gott ein geängstetes und zerschlagenes Herz nicht verachtet16s, sondern es in seinem überfließenden Erbarmen allezeit tröstet und auf- richtet, wie es im Psalm heißt: „Habe deine Lust an dem 102 In canonica sua ; gleich: catholica, wie nach Oelsners Vermutung auch Bulst druckt. 165 Luk. 8, 15. 164 Joh. 14, 16—17. 166 Cognicionem: Fontes 356; contritionem: Scriptores 316. Letzteres offenbar das Richtigere, auch von Bulst eingesetzt. 167 Jerem. 5, 21. 168 Ps. 51. 19.
KAPITEL XI 63 schreibt 83, möchte ich euch zum Verständnisse jenes heiligen Evangeliums einiges aufschreiben, was ich euch, Teuersten, brüderlich aufzunehmen und mit der Unbefangenheit eines reinen Herzens zu erwägen bitte. Euer Liebden habt gehört, daß Matthäus in dem vorliegenden Gleichnisse das Himmelreich mit einem im Acker verborge- nen Schatze vergleicht. Mit diesem Schatze wird sehr zu- treffend der heilige Geist bezeichnet, welchen der Mensch durch die Liebe und Gnade Jesu Christi findet. Denn er hat ihn den Gläubigen im Evangelium Johannis verheißen mit den Worten: „Ich will meinen Vater bitten, und er soll euch einen anderen Tröster geben, daß er bei euch bleibe ewiglich, den Geist der Wahrheit“164. Mit dem Acker aber oder dem Boden, in welchem jener Schatz gefunden wird, ist das menschliche Herz bezeichnet, darein der Mensch gute und böse Werke säet, die seiner Seele in der Folge, je nachdem er gesäet hat, Früchte tragen, wie Lukas mit den Worten aus- drücklich andeutet: „Was aber auf das gute Land fiel, sind die, so das Wort hören und behalten in einem freien, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld“165. Jener Schatz aber ist wahrlich verborgen vor den Sündern und Unwürdigen, welche keine Zerknirschunglss empfinden noch Buße tun wollen und dadurch die Augen der Gnade verlieren, so daß sie in ihrer Blindheit jenen Schatz nicht finden können. Von ihnen sagt der Prophet: „Sie haben Augen und sehen nicht“167. Aber der wahrhaft zerknirschte Mensch findet jenen Schatz durch die Gnade Jesu Christi, wie oben gesagt worden ist, weil nach dem Worte des Psalmisten, „Gott ein geängstetes und zerschlagenes Herz nicht verachtet16s, sondern es in seinem überfließenden Erbarmen allezeit tröstet und auf- richtet, wie es im Psalm heißt: „Habe deine Lust an dem 102 In canonica sua ; gleich: catholica, wie nach Oelsners Vermutung auch Bulst druckt. 165 Luk. 8, 15. 164 Joh. 14, 16—17. 166 Cognicionem: Fontes 356; contritionem: Scriptores 316. Letzteres offenbar das Richtigere, auch von Bulst eingesetzt. 167 Jerem. 5, 21. 168 Ps. 51. 19.
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64 JUGENDLEBEN KARLS IV. Herrn, und er wird dir geben, was dein Herz wünscht“109. Wenn der geängstete Mensch aber jenen Schatz gefunden hat, verbirgt er ihn in seinem Herzen, indem er ängstlich darüber wacht und ihn hütet, damit nicht der Teufel, „unser Widersacher“, der, wie Petrus sagt, „umhergeht und suchet, welchen er verschlinge“170, ihn aus seinem Herzen raube. Da- nach kann man verstehen, was im Evangelium Matthäi zu lesen ist: „Laß deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut“ 171. Es ist aber zu beachten, daß jener Mann ,vor Freude über den Schatz hinging“172 — was die Eile be- zeichnet; denn zu guten Werken sollen wir eilen, wie es im Evangelium Lucä heißt : „Gehe alsbald auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Lahmen und Krüppel herein“173. Es folgt aber in dem obigen Gleichnis, daß jener Mann, nach- dem er den Schatz gefunden, „hinging und alles verkaufte, was er hatte“ 174 — seine Sünden nämlich, durch Preisgabe seiner bösen Werke. Dazu kommt, was im Evangelium Lucä von Matthäus geschrieben steht: „Und er verließ alles Sei- nige“ 175 ; und jenes andere Wort: „Wenn einer nicht absagt allem, das er hat, kann er mein Jünger nicht sein “176. Dieser Verkauf und Verzicht muß vor Gericht geschehen, und zwar nicht vor jedem beliebigen, sondern lediglich vor dem Ge- richt des Gewissens, durch das reine Bekenntnis nämlich und vollständige Zerknirschung, und vor dem durch Gott hierzu eingesetzten Priester, nach der Lehre Christi: „Gehet hin und zeiget euch den Priestern“177, wozu uns auch Jacobus in seinem Briefe mit den Worten ermahnt : „Bekennt einer dem andern eure Sünden“178. Statt dieser bösen Werke, sobald er sie verkauft und ihnen abgesagt hat, soll er die guten Werke empfangen und den Besitz jenes Ackers 179, nämlich des Herzens, den er in Liebe 169 Ps. 37, 4. 170 1. Petr. 8, 15. 171 Matth. 6, 3. 173 Matth. 13,44. 178 Luk. 14, 21. 174 Matth. 13, 44. 175 Luk. 5, 28. 176 Luk. 14, 33. 177 Luk. 17, 14. 178 Jak. 5, 16. 170 possessione: Fontes; possessionem: Reineccius, Scriptores u. Bulst.
64 JUGENDLEBEN KARLS IV. Herrn, und er wird dir geben, was dein Herz wünscht“109. Wenn der geängstete Mensch aber jenen Schatz gefunden hat, verbirgt er ihn in seinem Herzen, indem er ängstlich darüber wacht und ihn hütet, damit nicht der Teufel, „unser Widersacher“, der, wie Petrus sagt, „umhergeht und suchet, welchen er verschlinge“170, ihn aus seinem Herzen raube. Da- nach kann man verstehen, was im Evangelium Matthäi zu lesen ist: „Laß deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut“ 171. Es ist aber zu beachten, daß jener Mann ,vor Freude über den Schatz hinging“172 — was die Eile be- zeichnet; denn zu guten Werken sollen wir eilen, wie es im Evangelium Lucä heißt : „Gehe alsbald auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Lahmen und Krüppel herein“173. Es folgt aber in dem obigen Gleichnis, daß jener Mann, nach- dem er den Schatz gefunden, „hinging und alles verkaufte, was er hatte“ 174 — seine Sünden nämlich, durch Preisgabe seiner bösen Werke. Dazu kommt, was im Evangelium Lucä von Matthäus geschrieben steht: „Und er verließ alles Sei- nige“ 175 ; und jenes andere Wort: „Wenn einer nicht absagt allem, das er hat, kann er mein Jünger nicht sein “176. Dieser Verkauf und Verzicht muß vor Gericht geschehen, und zwar nicht vor jedem beliebigen, sondern lediglich vor dem Ge- richt des Gewissens, durch das reine Bekenntnis nämlich und vollständige Zerknirschung, und vor dem durch Gott hierzu eingesetzten Priester, nach der Lehre Christi: „Gehet hin und zeiget euch den Priestern“177, wozu uns auch Jacobus in seinem Briefe mit den Worten ermahnt : „Bekennt einer dem andern eure Sünden“178. Statt dieser bösen Werke, sobald er sie verkauft und ihnen abgesagt hat, soll er die guten Werke empfangen und den Besitz jenes Ackers 179, nämlich des Herzens, den er in Liebe 169 Ps. 37, 4. 170 1. Petr. 8, 15. 171 Matth. 6, 3. 173 Matth. 13,44. 178 Luk. 14, 21. 174 Matth. 13, 44. 175 Luk. 5, 28. 176 Luk. 14, 33. 177 Luk. 17, 14. 178 Jak. 5, 16. 170 possessione: Fontes; possessionem: Reineccius, Scriptores u. Bulst.
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KAPITEL XII 65. und Geduld innehaben und darin den vorgenannten Schatz bewahren soll. Diesen Schatz wird er im Himmelreiche, wenn er ausdauernd geblieben, in Ewigkeit besitzen, nach dem Worte Matthäi: „Sammelt euch Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen“180. ZWOLFTES KAPITEL „Das Himmelreich ist gleich einem Kaufmann, der gute Per- len suchte. Und da er eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte dieselbe“181. Inbetreff dieses Gleichnisses ist zunächst zu bemerken, daß die Perle das allerreinste Juwel ist, klar von Farbe und makel- los. Sie kann daher in diesem Gleichnis im mystischen Sinne mit dem göttlichen Gesetze 182, in welchem viele, gute, reine, klare und fleckenlose Werke enthalten sind, mit vollem Recht verglichen werden. Jener Kaufmann aber, von welchem der Evangelist erzählt, steht im eigentlichen Sinne statt des Menschen überhaupt, der auf dem Wege dieser Welt umher- treibt, von mannigfachen Mühen und vielen Leiden und welt- lichen Geschäften anhaltend in Anspruch genommen wird und, wie es bei Hiob heißt, „niemals in demselben Zustande verbleibt“183. Deshalb wird er passend ein Kaufmann ge- nannt und mit einem Kaufmann verglichen, welcher stets suchend umhergehen und umhergehend suchen muß, um jene köstliche Perle, das Gesetz Gottes nämlich, zu finden, wel- ches er also suchend und umhergehend gewiß auch finden 181 Matth. 13, 45—46. 180 Matth. 6, 20. 182 Für das unverständliche legi debet beider Ausgaben (Scriptores p. 318, Fontes 356) muß ohne Zweifel legi divinae oder domini gelesen werden, wie es auch etwas weiter unten heißt : illam preciosam mar- garitam, videlicet legem domini. Dasselbe beweisen die gleich darauf folgenden Worte: invonit legem domini, in qua, ut supra dictum est (damit kann aber nur die vorliegende Stelle gemeint sein), sunt multa bona, munda, clara et immaculata opera etc.; domini hat auch Bulst. 188 Hiob 14, 2.
KAPITEL XII 65. und Geduld innehaben und darin den vorgenannten Schatz bewahren soll. Diesen Schatz wird er im Himmelreiche, wenn er ausdauernd geblieben, in Ewigkeit besitzen, nach dem Worte Matthäi: „Sammelt euch Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen“180. ZWOLFTES KAPITEL „Das Himmelreich ist gleich einem Kaufmann, der gute Per- len suchte. Und da er eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte dieselbe“181. Inbetreff dieses Gleichnisses ist zunächst zu bemerken, daß die Perle das allerreinste Juwel ist, klar von Farbe und makel- los. Sie kann daher in diesem Gleichnis im mystischen Sinne mit dem göttlichen Gesetze 182, in welchem viele, gute, reine, klare und fleckenlose Werke enthalten sind, mit vollem Recht verglichen werden. Jener Kaufmann aber, von welchem der Evangelist erzählt, steht im eigentlichen Sinne statt des Menschen überhaupt, der auf dem Wege dieser Welt umher- treibt, von mannigfachen Mühen und vielen Leiden und welt- lichen Geschäften anhaltend in Anspruch genommen wird und, wie es bei Hiob heißt, „niemals in demselben Zustande verbleibt“183. Deshalb wird er passend ein Kaufmann ge- nannt und mit einem Kaufmann verglichen, welcher stets suchend umhergehen und umhergehend suchen muß, um jene köstliche Perle, das Gesetz Gottes nämlich, zu finden, wel- ches er also suchend und umhergehend gewiß auch finden 181 Matth. 13, 45—46. 180 Matth. 6, 20. 182 Für das unverständliche legi debet beider Ausgaben (Scriptores p. 318, Fontes 356) muß ohne Zweifel legi divinae oder domini gelesen werden, wie es auch etwas weiter unten heißt : illam preciosam mar- garitam, videlicet legem domini. Dasselbe beweisen die gleich darauf folgenden Worte: invonit legem domini, in qua, ut supra dictum est (damit kann aber nur die vorliegende Stelle gemeint sein), sunt multa bona, munda, clara et immaculata opera etc.; domini hat auch Bulst. 188 Hiob 14, 2.
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66 JUGENDLEBEN KARLS IV. wird, wie Lukas in seinem Evangelium sagt: „Suchet, so werdet ihr finden 184. Wenn der Mensch aber also suchend in dieser Welt das Ge- setz des Herrn gefunden hat, in welchem, wie oben gesagt worden, viele gute, reine, klare und makellose, tugendreiche Werke enthalten sind, dann kann er es mit Recht jener köst- lichen Perle vergleichen, welche der Mann fand, dann hinging und alles, was er hatte, verkaufte und sie kaufte, die mit Recht köstlich genannt wird, weil nichts in dieser Welt köst- licher und größer ist, als der Vorschrift Gottes gemäß seine Gebote, wie sie in jenem Gesetz enthalten sind, sorgfältig zu beobachten. Dies wird uns nach Gottes Geheiß in dem Evangelium Johannis vorgeschrieben, wenn gesagt wird: „Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote“185. An der Beob- achtung dieser Gebote wird der Mensch als Diener Gottes er- kannt werden und demzufolge mitregieren ; und so wäre zu verstehen, was Augustinus sagt: „Gott dienen heißt herr- schen“; ferner: „Wer das Gesetz und die Gebote Gottes, die in dem Gesetze Gottes enthalten sind, beobachtet, dient Gott und wird mit ihm herrschen“186. Wenn aber oben im Gleichnis gesagt wird, daß jener Mann hinging und alles, was er hatte, verkaufte und jene Perle kaufte, so bezeichnet dies das vergängliche Leben, in welchem wir jetzt handeln und wandeln. In ihm schreitet der Mensch von einem Tage zum andern hin und fort, indem er sich täg- lich mehr dem Tode nähert; daher soll er sich in diesem Leben aller Sünden, die er hat, und aller irdischen Gelüste und fleischlichen Begierden entäußern, indem er sich durch Ent- haltsamkeit und andere gute Werke im Zaume hält. Statt ihrer soll er das Gesetz Gottes, jene köstliche Perle, erkaufen, und wenn er diese wohl gehütet hat, indem er auf dem rechten 166 Joh. 14, 15. 184 Luk. 11, 9. 186 In Augustinus' Werken, z. B. seinem Soliloquium, ließ sich man- cher ähnliche Ausspruch, doch nicht obiger Wortlaut finden. — Uber Karls Vorliebe für den hl. Augustinus vgl. Höfler, Aus Avignon (Abh. d. böhm. Ges. d. Wiss. 1868), S. 47.
66 JUGENDLEBEN KARLS IV. wird, wie Lukas in seinem Evangelium sagt: „Suchet, so werdet ihr finden 184. Wenn der Mensch aber also suchend in dieser Welt das Ge- setz des Herrn gefunden hat, in welchem, wie oben gesagt worden, viele gute, reine, klare und makellose, tugendreiche Werke enthalten sind, dann kann er es mit Recht jener köst- lichen Perle vergleichen, welche der Mann fand, dann hinging und alles, was er hatte, verkaufte und sie kaufte, die mit Recht köstlich genannt wird, weil nichts in dieser Welt köst- licher und größer ist, als der Vorschrift Gottes gemäß seine Gebote, wie sie in jenem Gesetz enthalten sind, sorgfältig zu beobachten. Dies wird uns nach Gottes Geheiß in dem Evangelium Johannis vorgeschrieben, wenn gesagt wird: „Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote“185. An der Beob- achtung dieser Gebote wird der Mensch als Diener Gottes er- kannt werden und demzufolge mitregieren ; und so wäre zu verstehen, was Augustinus sagt: „Gott dienen heißt herr- schen“; ferner: „Wer das Gesetz und die Gebote Gottes, die in dem Gesetze Gottes enthalten sind, beobachtet, dient Gott und wird mit ihm herrschen“186. Wenn aber oben im Gleichnis gesagt wird, daß jener Mann hinging und alles, was er hatte, verkaufte und jene Perle kaufte, so bezeichnet dies das vergängliche Leben, in welchem wir jetzt handeln und wandeln. In ihm schreitet der Mensch von einem Tage zum andern hin und fort, indem er sich täg- lich mehr dem Tode nähert; daher soll er sich in diesem Leben aller Sünden, die er hat, und aller irdischen Gelüste und fleischlichen Begierden entäußern, indem er sich durch Ent- haltsamkeit und andere gute Werke im Zaume hält. Statt ihrer soll er das Gesetz Gottes, jene köstliche Perle, erkaufen, und wenn er diese wohl gehütet hat, indem er auf dem rechten 166 Joh. 14, 15. 184 Luk. 11, 9. 186 In Augustinus' Werken, z. B. seinem Soliloquium, ließ sich man- cher ähnliche Ausspruch, doch nicht obiger Wortlaut finden. — Uber Karls Vorliebe für den hl. Augustinus vgl. Höfler, Aus Avignon (Abh. d. böhm. Ges. d. Wiss. 1868), S. 47.
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KAPITEL XIII 67 Weg gewandelt, wird er in Wahrheit selig sein. Denn im Psalm heißt es: „Wohl denen, die ohne Wandel leben, die im Gesetz des Herrn wandeln“187. Und so wird er beglückt, makellos und rein durch die Pforte des Himmelreichs ein- ziehen, durch jene Pforte, welche eine von den köstlichen Perlen ist und welche sich ihm durch die Kraft jener Perle, des göttlichen Gesetzes nämlich, sogleich öffnen wird. Dann wird er die Macht jener Perle erkennen, welche zu den Toren der heiligen Stadt Jerusalem gehört, wenn er durch sie in eben jene heilige Stadt einziehen wird, von welcher und von deren Toren Johannes in der Offenbarung sagt: „Die zwölf Tore der Stadt sind zwölf Perlen, und ein jegliches Tor war von einer Perle“188. DREIZEHNTES KAPITEL „Das Himmelreich ist gleich einem Netz, das ins Meer ge- worfen ist, damit man allerlei Gattung Fische fängt“180. Unter dem Netz können wir das Wort Gottes verstehen, und es ist durch die Apostel ausgeworfen worden, als ihnen im Evangelium des Markus befohlen war: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur“190. Es wurde von ihnen aber in das Meer geworfen, d. h. in diese Welt, weshalb ihnen bedeutsam gesagt worden ist: „Gehet hin in alle Welt“; denn diese wird hier mystisch und sehr passend durch das Meer bezeichnet. Denn wie das Meer nie- mals ruht, sondern durch den Wandel von Flut und Ebbe beständig wallt und seine Schiffer durch seine Wellen und Stürme umtreibt und aufregt : so wird jene Welt durch un- zählige Bewegungen beständig erregt, und sie beunruhigt die auf ihr Treibenden ständig durch Nachstellungen und Ge- fahren und ficht sie an. Von solchen Gefahren in diesem schiffbrüchigen Meere umringt, ruft der Prophet zu dem 187 Ps. 119, 1. 188 Offenb. Joh. 21, 21. 189 Matth. 13, 47. 190 Mark. 16, 15.
KAPITEL XIII 67 Weg gewandelt, wird er in Wahrheit selig sein. Denn im Psalm heißt es: „Wohl denen, die ohne Wandel leben, die im Gesetz des Herrn wandeln“187. Und so wird er beglückt, makellos und rein durch die Pforte des Himmelreichs ein- ziehen, durch jene Pforte, welche eine von den köstlichen Perlen ist und welche sich ihm durch die Kraft jener Perle, des göttlichen Gesetzes nämlich, sogleich öffnen wird. Dann wird er die Macht jener Perle erkennen, welche zu den Toren der heiligen Stadt Jerusalem gehört, wenn er durch sie in eben jene heilige Stadt einziehen wird, von welcher und von deren Toren Johannes in der Offenbarung sagt: „Die zwölf Tore der Stadt sind zwölf Perlen, und ein jegliches Tor war von einer Perle“188. DREIZEHNTES KAPITEL „Das Himmelreich ist gleich einem Netz, das ins Meer ge- worfen ist, damit man allerlei Gattung Fische fängt“180. Unter dem Netz können wir das Wort Gottes verstehen, und es ist durch die Apostel ausgeworfen worden, als ihnen im Evangelium des Markus befohlen war: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur“190. Es wurde von ihnen aber in das Meer geworfen, d. h. in diese Welt, weshalb ihnen bedeutsam gesagt worden ist: „Gehet hin in alle Welt“; denn diese wird hier mystisch und sehr passend durch das Meer bezeichnet. Denn wie das Meer nie- mals ruht, sondern durch den Wandel von Flut und Ebbe beständig wallt und seine Schiffer durch seine Wellen und Stürme umtreibt und aufregt : so wird jene Welt durch un- zählige Bewegungen beständig erregt, und sie beunruhigt die auf ihr Treibenden ständig durch Nachstellungen und Ge- fahren und ficht sie an. Von solchen Gefahren in diesem schiffbrüchigen Meere umringt, ruft der Prophet zu dem 187 Ps. 119, 1. 188 Offenb. Joh. 21, 21. 189 Matth. 13, 47. 190 Mark. 16, 15.
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68 JUGENDLEBEN KARLS IV. Herrn: „Rette mich, o Gott, denn die Wasser umgeben mich bis an mein Leben“191. Ferner: „Es verschlinge mich nicht der Sturm des Meeres“192. Das sind die Gefahren dieser Welt. Denn ohne Zweifel wollte der Prophet hier mit dem Sturme die Gefahren und mit dem Meere die Welt bezeichnen. Mit den Fischen aber werden an dieser Stelle die Menschen angedeutet. Daher heißt es im Evangelium Matthäi : „Folget mir nach, ich will euch zu Fischern machen“193; und an einer andern Stelle, im Evangelium des Lukas, sagt der Herr zu Petrus: „Fürchte dich nicht, denn von nun an wirst du Men- schen fangen“194. Es heißt oben aber: „damit man allerlei Gattung Fische“, das ist Menschen, „fängt“, weil dieses Netz, das Wort Gottes nämlich, alle Menschen jedes Geschlechts, Standes und Wesens, die Guten wie die Schlechten, sammelt und erfaßt. Denn nicht nur zu den Juden, sondern auch zu- gleich zu allen Heiden ist es gesandt worden, wie in der Apostelgeschichte zu lesen ist 195; es ist aber durch die Apostel ausgesandt worden, von denen im Psalm steht: „Uber die ganze Erde erging der Ton derselben“ usw.196; ferner durch den heiligen Geist, welcher, wie der Weise sagt, „den Erd- kreis erfüllte“197; auch durch unseren Erlöser, welcher solche Worte persönlich und segenbringend in die Welt pflanzte und ausstreute. Deshalb sagt Johannes im Evangelium: „Wenn ich nicht gekommen wäre und hätte es ihnen gesagt, so hätten sie keine Sünde; nun aber können sie nichts vorwenden, ihre Sünde zu entschuldigen“198. Dies Wort jedoch muß erfüllt werden, und darum heißt es oben: „wenn es aber voll ist“19°. Voll aber wird dies Netz, das ist das Wort, dann sein, wenn alles, was mit ebendiesem Worte durch den Mund des Herrn und seiner Heiligen aus- gesprochen worden, ganz und wirklich erfüllt ist. Denn im Evangelium Matthäi heißt es: „Nicht der kleinste Buchstabe hiervon wird zergehen, und dies Geschlecht wird nicht auf- 191 Ps. 68, 2. 192 Ps. 68, 16. 193 Matth. 4, 19. 194 Luk. 5, 10. 196 Ps. 18, 5. 198 Apostelgesch. 19, 17. 17 Buch der Weisheit 1, 7. 19s Joh. 15, 22. 180 Matth. 13, 48.
68 JUGENDLEBEN KARLS IV. Herrn: „Rette mich, o Gott, denn die Wasser umgeben mich bis an mein Leben“191. Ferner: „Es verschlinge mich nicht der Sturm des Meeres“192. Das sind die Gefahren dieser Welt. Denn ohne Zweifel wollte der Prophet hier mit dem Sturme die Gefahren und mit dem Meere die Welt bezeichnen. Mit den Fischen aber werden an dieser Stelle die Menschen angedeutet. Daher heißt es im Evangelium Matthäi : „Folget mir nach, ich will euch zu Fischern machen“193; und an einer andern Stelle, im Evangelium des Lukas, sagt der Herr zu Petrus: „Fürchte dich nicht, denn von nun an wirst du Men- schen fangen“194. Es heißt oben aber: „damit man allerlei Gattung Fische“, das ist Menschen, „fängt“, weil dieses Netz, das Wort Gottes nämlich, alle Menschen jedes Geschlechts, Standes und Wesens, die Guten wie die Schlechten, sammelt und erfaßt. Denn nicht nur zu den Juden, sondern auch zu- gleich zu allen Heiden ist es gesandt worden, wie in der Apostelgeschichte zu lesen ist 195; es ist aber durch die Apostel ausgesandt worden, von denen im Psalm steht: „Uber die ganze Erde erging der Ton derselben“ usw.196; ferner durch den heiligen Geist, welcher, wie der Weise sagt, „den Erd- kreis erfüllte“197; auch durch unseren Erlöser, welcher solche Worte persönlich und segenbringend in die Welt pflanzte und ausstreute. Deshalb sagt Johannes im Evangelium: „Wenn ich nicht gekommen wäre und hätte es ihnen gesagt, so hätten sie keine Sünde; nun aber können sie nichts vorwenden, ihre Sünde zu entschuldigen“198. Dies Wort jedoch muß erfüllt werden, und darum heißt es oben: „wenn es aber voll ist“19°. Voll aber wird dies Netz, das ist das Wort, dann sein, wenn alles, was mit ebendiesem Worte durch den Mund des Herrn und seiner Heiligen aus- gesprochen worden, ganz und wirklich erfüllt ist. Denn im Evangelium Matthäi heißt es: „Nicht der kleinste Buchstabe hiervon wird zergehen, und dies Geschlecht wird nicht auf- 191 Ps. 68, 2. 192 Ps. 68, 16. 193 Matth. 4, 19. 194 Luk. 5, 10. 196 Ps. 18, 5. 198 Apostelgesch. 19, 17. 17 Buch der Weisheit 1, 7. 19s Joh. 15, 22. 180 Matth. 13, 48.
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KAPITEL XIII 69 hören, bis daß es alles geschehe900, denn „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht“, wie es im Evangelium Lucä heißt 01. Nachdem aber jenes Netz, das ist das Wort Gottes, erfüllt sein wird, dann wird sogleich auch die Zahl der Heiligen im Worte Gottes und die der Ruchlosen wegen des Wortes Gottes voll sein, wie Johannes in der Of- fenbarung schaute und im Bilde beschrieb: „Ich sah unter dem Altar Gottes die Seelen derer, die erwürget waren, um des Wortes Gottes willen [und um des Zeugnisses willen"2], das sie hatten, und sie schrien mit großer Stimme und spra- chen: , Wie lange, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen ?" Und ihnen wurde gegeben einem jeglichen ein weißes Kleid, und ward zu ihnen gesagt, daß sie ruheten noch eine kleine Zeit, bis daß voll würde die Zahl ihrer Brüder, die auch noch sollten getötet werden gleich wie sie“203. Nach Erfüllung des Netzes, das ist des Wortes und der Zahl der Vorgenannten, wird der letzte Tag und das Jüngste Ge- richt herannahen, wie der Evangelist in den oben angeführten Worten andeutet, wenn es heißt: „Also wird es am Ende der Welt gehen“ usw.204. In jenem Gerichte wird alsdann das ge- füllte Netz herausgezogen werden, weshalb er sagt: „Sie ziehen es heraus ans Ufer“205 ; und ebendieselben werden es herausziehen, die es hineingeworfen haben, nämlich die Apo- stel. Sie werden das Netz, das ist das Wort, welches sie in uns gepflanzt haben, mit dem Boden und der Frucht des Samens und ganz gefüllt herausziehen, gefüllt nämlich mit den Guten und den Schlechten, mit jenen, in denen das Wort Gottes gut, und jenen, in denen es schlecht gefruchtet, wie es im Evan- gelium des Lukas heißt: „Was der Mensch säet, das wird er 281 Luk. 21, 33; vgl. 16, 17. 200 Matth. 5, 18; vgl. Luk. 21, 32. 202 et propter testimonium; diese drei Worte, auf welche sich das fol- gende quod habebant in der Apokalypse bezieht, fehlen in allen drei Ausgaben der Predigt, sind auch von Bulst nicht aufgenommen. 28 Offenb. Joh. 6, 9—11. 204 Matth. 13, 49. 205 Matth. 13, 48.
KAPITEL XIII 69 hören, bis daß es alles geschehe900, denn „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht“, wie es im Evangelium Lucä heißt 01. Nachdem aber jenes Netz, das ist das Wort Gottes, erfüllt sein wird, dann wird sogleich auch die Zahl der Heiligen im Worte Gottes und die der Ruchlosen wegen des Wortes Gottes voll sein, wie Johannes in der Of- fenbarung schaute und im Bilde beschrieb: „Ich sah unter dem Altar Gottes die Seelen derer, die erwürget waren, um des Wortes Gottes willen [und um des Zeugnisses willen"2], das sie hatten, und sie schrien mit großer Stimme und spra- chen: , Wie lange, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen ?" Und ihnen wurde gegeben einem jeglichen ein weißes Kleid, und ward zu ihnen gesagt, daß sie ruheten noch eine kleine Zeit, bis daß voll würde die Zahl ihrer Brüder, die auch noch sollten getötet werden gleich wie sie“203. Nach Erfüllung des Netzes, das ist des Wortes und der Zahl der Vorgenannten, wird der letzte Tag und das Jüngste Ge- richt herannahen, wie der Evangelist in den oben angeführten Worten andeutet, wenn es heißt: „Also wird es am Ende der Welt gehen“ usw.204. In jenem Gerichte wird alsdann das ge- füllte Netz herausgezogen werden, weshalb er sagt: „Sie ziehen es heraus ans Ufer“205 ; und ebendieselben werden es herausziehen, die es hineingeworfen haben, nämlich die Apo- stel. Sie werden das Netz, das ist das Wort, welches sie in uns gepflanzt haben, mit dem Boden und der Frucht des Samens und ganz gefüllt herausziehen, gefüllt nämlich mit den Guten und den Schlechten, mit jenen, in denen das Wort Gottes gut, und jenen, in denen es schlecht gefruchtet, wie es im Evan- gelium des Lukas heißt: „Was der Mensch säet, das wird er 281 Luk. 21, 33; vgl. 16, 17. 200 Matth. 5, 18; vgl. Luk. 21, 32. 202 et propter testimonium; diese drei Worte, auf welche sich das fol- gende quod habebant in der Apokalypse bezieht, fehlen in allen drei Ausgaben der Predigt, sind auch von Bulst nicht aufgenommen. 28 Offenb. Joh. 6, 9—11. 204 Matth. 13, 49. 205 Matth. 13, 48.
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70 JUGENDLEBEN KARLS IV. ernten “206, und im Psalm: „Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten“ usw.207. Und weil sie selbst es in uns ge- pflanzt haben, werden sie es auch aus uns ernten und uns herausziehen. Sie werden uns aber an vier Seilen herausziehen, welche am genannten Netze nach Art eines wirklichen Netzes hängen, das in ähnlicher Weise an vier Seilen emporgezogen wird. An jedem Netze nämlich sind vier Seile 908 : zwei, welche oberhalb des Wassers sich spannen, und zwei, welche unten im Wasser schwimmen; und diese zwei unteren entsprechen den beiden oberen, so daß jenes, welches auf der rechten unteren Seite ist, jenem auf der rechten oberen, und das auf der linken unteren jenem entspricht, welches auf der linken oberen Seite ist. So verhält es sich auch mit jenem geistigen Netz; an ihm befinden sich ebenfalls vier Seile, mit denen alle em- porgezogen werden, und zwar zwei obenschwimmende, und diese sind auf seiten Gottes, die Gnade nämlich und die Stärke; und zwei untenschwimmende, welche auf unserer Seite sind, nämlich die Liebe und der Haß. Dem ersten oberen Seile, das ist der Gnade Gottes, entspricht das erste untere, das ist die Liebe, und an diesen zwei guten Seilen werden die Guten emporgezogen. Vom ersteren sagt der Herr im Evangelium Johannis: „Es kann niemand zu mir kom- men, es sei denn, daß ihn ziehe der Vater“209, das ist durch die Gnade. Vom zweiten heißt es ahnlich im Evangelium Jo- hannis: „So jemand mich liebet, wird auch mein Vater ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen“; nämlich in Liebe emporgezogen, „und Wohnung bei ihm machen“210. Und von diesen zwei Seilen kann verstanden werden, was der Psalmist sagt „Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche“211. 206 Nicht Ev. Luk., sondern Galat. 6, 7. 207 Ps. 126, 5. 208 Ein ergänzender Beitrag zu H. Rinns interessanter Abhandlung: „Kulturgeschichtliches aus deutschen Predigten des Mittelalters“, im Programm des Hamburger Johanneums 1883. 200 Joh. 6, 44. 210 Joh. 14, 23. 211 Ps. 16, 6; eigentlich: die Seile (funes ceciderunt mihi in praectaris).
70 JUGENDLEBEN KARLS IV. ernten “206, und im Psalm: „Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten“ usw.207. Und weil sie selbst es in uns ge- pflanzt haben, werden sie es auch aus uns ernten und uns herausziehen. Sie werden uns aber an vier Seilen herausziehen, welche am genannten Netze nach Art eines wirklichen Netzes hängen, das in ähnlicher Weise an vier Seilen emporgezogen wird. An jedem Netze nämlich sind vier Seile 908 : zwei, welche oberhalb des Wassers sich spannen, und zwei, welche unten im Wasser schwimmen; und diese zwei unteren entsprechen den beiden oberen, so daß jenes, welches auf der rechten unteren Seite ist, jenem auf der rechten oberen, und das auf der linken unteren jenem entspricht, welches auf der linken oberen Seite ist. So verhält es sich auch mit jenem geistigen Netz; an ihm befinden sich ebenfalls vier Seile, mit denen alle em- porgezogen werden, und zwar zwei obenschwimmende, und diese sind auf seiten Gottes, die Gnade nämlich und die Stärke; und zwei untenschwimmende, welche auf unserer Seite sind, nämlich die Liebe und der Haß. Dem ersten oberen Seile, das ist der Gnade Gottes, entspricht das erste untere, das ist die Liebe, und an diesen zwei guten Seilen werden die Guten emporgezogen. Vom ersteren sagt der Herr im Evangelium Johannis: „Es kann niemand zu mir kom- men, es sei denn, daß ihn ziehe der Vater“209, das ist durch die Gnade. Vom zweiten heißt es ahnlich im Evangelium Jo- hannis: „So jemand mich liebet, wird auch mein Vater ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen“; nämlich in Liebe emporgezogen, „und Wohnung bei ihm machen“210. Und von diesen zwei Seilen kann verstanden werden, was der Psalmist sagt „Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche“211. 206 Nicht Ev. Luk., sondern Galat. 6, 7. 207 Ps. 126, 5. 208 Ein ergänzender Beitrag zu H. Rinns interessanter Abhandlung: „Kulturgeschichtliches aus deutschen Predigten des Mittelalters“, im Programm des Hamburger Johanneums 1883. 200 Joh. 6, 44. 210 Joh. 14, 23. 211 Ps. 16, 6; eigentlich: die Seile (funes ceciderunt mihi in praectaris).
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KAPITEL XIII 71 Ebenso entspricht dem zweiten oberen Seile, das ist der Stärke, das zweite untere, das ist der Haß; und durch sie werden alle Bösen heraufgezogen. Denn „jeder, der Arges tut, hasset das Licht“, wie es im Evangelium Johannis heißt212, und für solche ist die Stärke Gottes notwendiger als für die ersteren. Denn die ersteren kommen bereitwillig zum Gericht; da sie auf Belohnung hoffen. Jene aber werden das Gericht fliehen, da sie ewige Bestrafung fürchten, und „werden sich in den Klüften und den Felsen der Berge verstecken und zu den Bergen und Felsen sprechen: ,Fallet auf uns und ver- berget uns vor dem Angesichte dess', der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes' ; denn es wird der große Tag ihres Zornes kommen, und wer kann bestehen ?“ wie in der Offenbarung zu lesen ist213. Bei jenen ist daher die Stärke nötig, damit sie wider ihren Willen durch sie heraufgezogen werden. Von diesem ersteren Seile, nämlich der Stärke, kann gelten, was der Apostel sagt: „Wir alle werden hingerückt werden", das ist durch die Stärke Gottes, „dem Herrn ent- gegen in die Luft“214 und was der Erlöser im Evangelium sagt: „Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, so will ich sie alle zu mir ziehen“215, das ist durch die Stärke. Vom zweiten Seile aber ist im Buche der Könige zu lesen: „Er wird Jerusalem die Meßschnur Samarias ziehen und das Gewicht des Hauses Ahabs“216. Von beiden sagt der Psalmist: „Die Seile der Gottlosen haben mich umstrickt“217. Und so werden sie alle durch die Apostel in jenem Netze herausgezogen wer- den. Denn ,wir alle werden", wie der Apostel sagt, "vor dem Richterstuhle Gottes dargestellt werden, um zu empfangen, wie wir bei Leibes Leben gehandelt haben“218. Sie werden uns aber ans Ufer ziehen, d. h. zum Richterstuhl des allmächtigen Gottes, welcher passend mit dem Ufer ver- glichen wird. Denn wie das Ufer das Ziel der Schiffahrer ist, ebenso ist jener Richterstuhl das Ziel und Ende aller in dieser 212 Joh. 3, 20. 214 1. Thessal. 4, 17. 217 Ps. 119, 61. 213 Offenb. Joh. 6, 15—17. 215 Joh. 12, 32. 216 2. Kön. 21, 13. 218 Röm. 14, 10; 2 Kor. 5, 10.
KAPITEL XIII 71 Ebenso entspricht dem zweiten oberen Seile, das ist der Stärke, das zweite untere, das ist der Haß; und durch sie werden alle Bösen heraufgezogen. Denn „jeder, der Arges tut, hasset das Licht“, wie es im Evangelium Johannis heißt212, und für solche ist die Stärke Gottes notwendiger als für die ersteren. Denn die ersteren kommen bereitwillig zum Gericht; da sie auf Belohnung hoffen. Jene aber werden das Gericht fliehen, da sie ewige Bestrafung fürchten, und „werden sich in den Klüften und den Felsen der Berge verstecken und zu den Bergen und Felsen sprechen: ,Fallet auf uns und ver- berget uns vor dem Angesichte dess', der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes' ; denn es wird der große Tag ihres Zornes kommen, und wer kann bestehen ?“ wie in der Offenbarung zu lesen ist213. Bei jenen ist daher die Stärke nötig, damit sie wider ihren Willen durch sie heraufgezogen werden. Von diesem ersteren Seile, nämlich der Stärke, kann gelten, was der Apostel sagt: „Wir alle werden hingerückt werden", das ist durch die Stärke Gottes, „dem Herrn ent- gegen in die Luft“214 und was der Erlöser im Evangelium sagt: „Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, so will ich sie alle zu mir ziehen“215, das ist durch die Stärke. Vom zweiten Seile aber ist im Buche der Könige zu lesen: „Er wird Jerusalem die Meßschnur Samarias ziehen und das Gewicht des Hauses Ahabs“216. Von beiden sagt der Psalmist: „Die Seile der Gottlosen haben mich umstrickt“217. Und so werden sie alle durch die Apostel in jenem Netze herausgezogen wer- den. Denn ,wir alle werden", wie der Apostel sagt, "vor dem Richterstuhle Gottes dargestellt werden, um zu empfangen, wie wir bei Leibes Leben gehandelt haben“218. Sie werden uns aber ans Ufer ziehen, d. h. zum Richterstuhl des allmächtigen Gottes, welcher passend mit dem Ufer ver- glichen wird. Denn wie das Ufer das Ziel der Schiffahrer ist, ebenso ist jener Richterstuhl das Ziel und Ende aller in dieser 212 Joh. 3, 20. 214 1. Thessal. 4, 17. 217 Ps. 119, 61. 213 Offenb. Joh. 6, 15—17. 215 Joh. 12, 32. 216 2. Kön. 21, 13. 218 Röm. 14, 10; 2 Kor. 5, 10.
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72 JUGENDLEBEN KARLS IV. Welt Umhertreibenden. Nachdem sie uns aber herausge- zogen, dann werden sie am Ufer, das ist (wie gesagt) neben dem Richterstuhl, sitzen, wie der Erlöser im Evangelium spricht: „Da des Menschen Sohn wird sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, werdet auch ihr sitzen auf 12 Stühlen und richten die 12 Geschlechter Israels“21°. Und sie werden, mit unserem Herrn richtend, die Guten in ein Gefäß zusam- menlesen, d. h. durch ihr gerechtes Gericht „den ewigen Hütten“200 zuweisen, wo der Friede und die Freude herrscht. Die Bösen aber werden sie wegwerfen, d. h. zur ewigen Hölle verurteilen, wo „Heulen und Zähneklappern“ ist221; und das wird auf Gottes Wort geschehen, indem er den Guten sagen wird: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, empfanget das Reich“ usw.222, zu den Bösen aber: „Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer“, wie im Evangelium Matthäi gelesen wird223. Und nach Beendigung des Gerichts werden die Engel sogleich als die Diener des Gerichtes und als die Vollstrecker der gesprochenen Urteile ,die Bösen von den Gerechten scheiden und sie in den Feuerofen werfen“, wie es in den Worten des vorangestellten Evangeliums weiter heißt 24. Denn sie sind die Diener des Wortes Gottes, wie der Psalmist von ihnen sagt: „Lobet den Herrn, alle seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seine Befehle ausrichtet, daß man höre die Stimme seines Worts. Lobet den Herrn, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut“225. Weiter aber heißt es an der vorangeführten Stelle : „Habt ihr das alles verstanden ? Sie sprachen: Ja, Herr“226. Diese Worte sind fragend. Nachdem der Herr also seinen Jüngern die obigen drei Gleichnisse vorgelegt hatte, fragte er sie mit die- sen Worten: „Habt ihr das alles verstanden ?“ Er fragtens? sie aber, nicht weil er an ihrem Verständnis zweifelte — „weiß 219 Matth. 19, 28. 220 Luk. 16, 9. 223 Matth. 25, 41. 228 Matth. 25, 34. 236 Matth. 13, 51. 225 Ps. 103, 20—21. 227 interrogavit: Scriptores 324: interrogabit, Fontes 359, ist wohl nur ein Druckfehler; auch Bulst druckt: -avit. 231 Matth. 13, 50. 224 Matth. 13, 49-50.
72 JUGENDLEBEN KARLS IV. Welt Umhertreibenden. Nachdem sie uns aber herausge- zogen, dann werden sie am Ufer, das ist (wie gesagt) neben dem Richterstuhl, sitzen, wie der Erlöser im Evangelium spricht: „Da des Menschen Sohn wird sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, werdet auch ihr sitzen auf 12 Stühlen und richten die 12 Geschlechter Israels“21°. Und sie werden, mit unserem Herrn richtend, die Guten in ein Gefäß zusam- menlesen, d. h. durch ihr gerechtes Gericht „den ewigen Hütten“200 zuweisen, wo der Friede und die Freude herrscht. Die Bösen aber werden sie wegwerfen, d. h. zur ewigen Hölle verurteilen, wo „Heulen und Zähneklappern“ ist221; und das wird auf Gottes Wort geschehen, indem er den Guten sagen wird: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, empfanget das Reich“ usw.222, zu den Bösen aber: „Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer“, wie im Evangelium Matthäi gelesen wird223. Und nach Beendigung des Gerichts werden die Engel sogleich als die Diener des Gerichtes und als die Vollstrecker der gesprochenen Urteile ,die Bösen von den Gerechten scheiden und sie in den Feuerofen werfen“, wie es in den Worten des vorangestellten Evangeliums weiter heißt 24. Denn sie sind die Diener des Wortes Gottes, wie der Psalmist von ihnen sagt: „Lobet den Herrn, alle seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seine Befehle ausrichtet, daß man höre die Stimme seines Worts. Lobet den Herrn, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut“225. Weiter aber heißt es an der vorangeführten Stelle : „Habt ihr das alles verstanden ? Sie sprachen: Ja, Herr“226. Diese Worte sind fragend. Nachdem der Herr also seinen Jüngern die obigen drei Gleichnisse vorgelegt hatte, fragte er sie mit die- sen Worten: „Habt ihr das alles verstanden ?“ Er fragtens? sie aber, nicht weil er an ihrem Verständnis zweifelte — „weiß 219 Matth. 19, 28. 220 Luk. 16, 9. 223 Matth. 25, 41. 228 Matth. 25, 34. 236 Matth. 13, 51. 225 Ps. 103, 20—21. 227 interrogavit: Scriptores 324: interrogabit, Fontes 359, ist wohl nur ein Druckfehler; auch Bulst druckt: -avit. 231 Matth. 13, 50. 224 Matth. 13, 49-50.
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KAPITEL XIII 73 er doch alles, bevor es geschieht“228, — sondern um durch das Fragen ihre Einsicht zu höherer Erkenntnis seiner selbst zu erheben, wie uns an der Person Petri im Evangelium Matthäi deutlich dargetan wird. Als dieser nämlich auf die Frage: „Wer, sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei?“ ant- wortete: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn“, da sprach sogleich der Herr: „Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbaret, sondern mein Vater im Himmel“22°. Auf diese Weise wurde mit der Frage die Einsicht der Jünger augen- blicklich erhöht, weshalb sic sogleich antworteten: „Ja, Herr.“ Indem der Herr nun die Erhöhung ihrer Einsicht wahrnimmt und sie für die Aufnahme der Worte seiner hei- ligen Lehre erglüht sieht und noch mehr zu fesseln und anzu- regen wünscht, verspricht er ihnen himmlische Geschenke zum Lohn, indem er sagt: „Darum ist ein jeglicher Schrift- gelehrter, der vom Himmelreiche lehrt, einem Hausvater gleich, der aus seinem Schatze Neues und Altes hervor- trägt“23°. Und treffend sagt er: „ein lehrender Schriftge- lehrter", der nämlich durch das Wort der Lehre und das Bei- spiel guten Lebenswandels die Menschen unterweist und bil- det. Denn diejenigen, welche lehren und nicht handeln, wer- den wohl Schriftgelehrte, aber nicht Lehrende genannt, wie im Evangelium Matthäi : „Auf Moses Stuhl sitzen die Schrift- gelehrten und Pharisäer. Alles nun, was sie euch sagen, das haltet und tut es; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht tun231.“ Diese werden also Schriftgelehrte genannt, abernicht Lehrer. Daher ist nicht jeder Schriftgelehrte, sondern nur der lehrende Schriftgelehrte dem Hausvater gleich, welcher aus seinem Schatze Neues und Altes hervorträgt. Denn der Schatz ist ein allmählich angesammelter Reichtum. Wie also 218 Dan. 13, 42. 22 Matth. 16, 13—17. 230 Matth. 13, 52. Karl faßt das scriba doctus in regno coelorum (voau- uarsô naôrrevôslg ri Baotdelq cöv obgarör) offenbar aktivisch = lehrend, doctor; wie auch Luther die unten folgende Stelle aus Daniel : „Qui autem docti fuerint, fulgebunt quasi splendor firmamenti“ über- setzt: „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz." 291 Matth. 23, 2—3.
KAPITEL XIII 73 er doch alles, bevor es geschieht“228, — sondern um durch das Fragen ihre Einsicht zu höherer Erkenntnis seiner selbst zu erheben, wie uns an der Person Petri im Evangelium Matthäi deutlich dargetan wird. Als dieser nämlich auf die Frage: „Wer, sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei?“ ant- wortete: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn“, da sprach sogleich der Herr: „Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbaret, sondern mein Vater im Himmel“22°. Auf diese Weise wurde mit der Frage die Einsicht der Jünger augen- blicklich erhöht, weshalb sic sogleich antworteten: „Ja, Herr.“ Indem der Herr nun die Erhöhung ihrer Einsicht wahrnimmt und sie für die Aufnahme der Worte seiner hei- ligen Lehre erglüht sieht und noch mehr zu fesseln und anzu- regen wünscht, verspricht er ihnen himmlische Geschenke zum Lohn, indem er sagt: „Darum ist ein jeglicher Schrift- gelehrter, der vom Himmelreiche lehrt, einem Hausvater gleich, der aus seinem Schatze Neues und Altes hervor- trägt“23°. Und treffend sagt er: „ein lehrender Schriftge- lehrter", der nämlich durch das Wort der Lehre und das Bei- spiel guten Lebenswandels die Menschen unterweist und bil- det. Denn diejenigen, welche lehren und nicht handeln, wer- den wohl Schriftgelehrte, aber nicht Lehrende genannt, wie im Evangelium Matthäi : „Auf Moses Stuhl sitzen die Schrift- gelehrten und Pharisäer. Alles nun, was sie euch sagen, das haltet und tut es; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht tun231.“ Diese werden also Schriftgelehrte genannt, abernicht Lehrer. Daher ist nicht jeder Schriftgelehrte, sondern nur der lehrende Schriftgelehrte dem Hausvater gleich, welcher aus seinem Schatze Neues und Altes hervorträgt. Denn der Schatz ist ein allmählich angesammelter Reichtum. Wie also 218 Dan. 13, 42. 22 Matth. 16, 13—17. 230 Matth. 13, 52. Karl faßt das scriba doctus in regno coelorum (voau- uarsô naôrrevôslg ri Baotdelq cöv obgarör) offenbar aktivisch = lehrend, doctor; wie auch Luther die unten folgende Stelle aus Daniel : „Qui autem docti fuerint, fulgebunt quasi splendor firmamenti“ über- setzt: „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz." 291 Matth. 23, 2—3.
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74 JUGENDLEBEN KARLS IV. ein Hausvater zur Zeit des Ungemachs und der Not um den irdischen Ehre willen aus seinem Schatze Neues hervorträgt, das er jüngst zurückgelegt, und Altes, das er längst aufbe- wahrt hat: so trägt der lehrende Schriftgelehrte aus seinem Schatze, den er durch die Eingebung des heiligen Geistes in seinem Herzen angesammelt hat, um des in der himmlischen Heimat zu erlangenden Ruhmes willen zur Unterweisung und Rechtfertigung anderer durch seine heilige Predigt und Be- lehrung die Geheimnisse des neuen und alten Testaments segenbringend hervor und erläutert sie. Denn solche werden mit Recht lehrende Schriftgelehrte genannt, von denen es im Daniel heißt: „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich“232. VIERZEHNTES KAPITEL In demselben Sommer brach ich in der Nähe von Hohen- maut die Burg Chotzen und noch mehrere andere Burgen des Herrn von Pottenstein, mit welchem ich zu jener Zeit eine Fehde hatte; nachher wurde der Streit beigelegt238. Um die gleiche Zeit ist die Silbergrube in Vřesník gefunden worden234. In eben jenem Sommer begab ich mich mit vielen Baronen Böhmens auf die Reise, um zu meinem Vater, der nach mir geschickt hatte, in die Grafschaft Luxemburg zu gehen ; aber von Frankfurt aus kehrte ich wieder zurück235. 233 Dan. 12, 3. 233 Pottenstein, ein Ort in Böhmen, im SO von Königgrätz; noch weiter südwärts liegen Chotzen und Hohenmaut. — Die Zeit ergibt sich vielleicht daraus, daß Karl am 17. und 18. August in Kolin ver- weilt: Regesten Nr. 68—70. 234 Das Vresnik der Vita ist jedenfalls woll diese böhmische Stadt, im Kreise Pisek, südlich von Birkenberg, dem noch gegenwärtigen Mittelpunkte des böhmischen Silberbergbaus. 235 Am 14. Juni urkundet Karl zu Nürnberg, also wohl auf der Reise nach Frankfurt: Regesten Nr. 64. — Von einer eigentümlichen Be-
74 JUGENDLEBEN KARLS IV. ein Hausvater zur Zeit des Ungemachs und der Not um den irdischen Ehre willen aus seinem Schatze Neues hervorträgt, das er jüngst zurückgelegt, und Altes, das er längst aufbe- wahrt hat: so trägt der lehrende Schriftgelehrte aus seinem Schatze, den er durch die Eingebung des heiligen Geistes in seinem Herzen angesammelt hat, um des in der himmlischen Heimat zu erlangenden Ruhmes willen zur Unterweisung und Rechtfertigung anderer durch seine heilige Predigt und Be- lehrung die Geheimnisse des neuen und alten Testaments segenbringend hervor und erläutert sie. Denn solche werden mit Recht lehrende Schriftgelehrte genannt, von denen es im Daniel heißt: „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich“232. VIERZEHNTES KAPITEL In demselben Sommer brach ich in der Nähe von Hohen- maut die Burg Chotzen und noch mehrere andere Burgen des Herrn von Pottenstein, mit welchem ich zu jener Zeit eine Fehde hatte; nachher wurde der Streit beigelegt238. Um die gleiche Zeit ist die Silbergrube in Vřesník gefunden worden234. In eben jenem Sommer begab ich mich mit vielen Baronen Böhmens auf die Reise, um zu meinem Vater, der nach mir geschickt hatte, in die Grafschaft Luxemburg zu gehen ; aber von Frankfurt aus kehrte ich wieder zurück235. 233 Dan. 12, 3. 233 Pottenstein, ein Ort in Böhmen, im SO von Königgrätz; noch weiter südwärts liegen Chotzen und Hohenmaut. — Die Zeit ergibt sich vielleicht daraus, daß Karl am 17. und 18. August in Kolin ver- weilt: Regesten Nr. 68—70. 234 Das Vresnik der Vita ist jedenfalls woll diese böhmische Stadt, im Kreise Pisek, südlich von Birkenberg, dem noch gegenwärtigen Mittelpunkte des böhmischen Silberbergbaus. 235 Am 14. Juni urkundet Karl zu Nürnberg, also wohl auf der Reise nach Frankfurt: Regesten Nr. 64. — Von einer eigentümlichen Be-
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KAPITEL XIV 75 Nach dieser Rückreise stiftete ich das Kollegium an der könig- lichen Kapelle zu Allerheiligen auf dem Prager Schlosse236. Hierauf reiste ich zum Könige von Ungarn, welcher schwer erkrankt war. Bevor ich dann nach Böhmen zurückkam, doch während meiner Heimreise aus Ungarn, begab sich mein Va- ter zu Ludwig, welcher sich als Kaiser ausgab, um wegen einer Verständigung zu unterhandeln. Und doch hatte Lud- wig mir versprochen, mit meinem Vater keine Unterhand- lungen wegen irgendwelcher Verständigung ohne mich führen zu wollen, sondern sich mit ihm nur meinem Rate gemäß, gütlich auseinanderzusetzen. Ludwig aber, seines Wortes und seiner Versprechungen uneingedenk, und meinen Vater hin- terlistig täuschend, verleitete ihn zur Versöhnung, indem er ihm versicherte, er habe sich schon früher mit mir verstän- digt. So erweckte er zwischen mir und meinem Vater ein großes Mißtrauen und bewirkte, daß auf Grund der zwischen mir und ihm angeblich erfolgten Versöhnung mein Vater von ihm seine Lehen wie von einem Kaiser empfing237. Auch in mehreren anderen Dingen verständigte er sich mit ihm und gab seinem Willen nach, wie er es keineswegs getan haben würde, wenn er gewußt hätte, daß ich mit ihm mich noch nicht verständigt hatte. Als ich dies aber erfuhr, eilte ich zu gegnung mit Kaiser Ludwig zu Frankfurt erzählt Wilhelm Occam bei Höfler, Aus Avignon, S. 20, Anm. 2; sein Bericht gleicht, wie es scheint, der Darstellung, welche Ludwig selbst („hinterlistig täu- schend“, wie Karl versichert) dem Könige Johann gegeben hat; siehe weiter unten. 236 Zum Andenken an das oben S. 42 ff erzählte Traumgesicht zu Te- renzo. Die Stiftung trat jedoch erst 1343 ins Leben; die 24 Chorherren erhielten den von Karl gewählten Namen Mansionarii, weil immer einige von ihnen in der Kirche anwesend sein mußten; vgl. Dobner, Monumenta historica Boemiae III, 324. — Ahnliche Stiftungen ent- standen in Terenzo selbst („für unser und unseres Vaters Johann Seelenheil“: Dobner, p. 373) und in Nürnberg während des Jahres 1355; siehe Regesten Nr. 1989 und 2168. 237 Böhmer, Regesten Kaiser Ludwigs Nr. 1980, König Johanns Nr. 256.
KAPITEL XIV 75 Nach dieser Rückreise stiftete ich das Kollegium an der könig- lichen Kapelle zu Allerheiligen auf dem Prager Schlosse236. Hierauf reiste ich zum Könige von Ungarn, welcher schwer erkrankt war. Bevor ich dann nach Böhmen zurückkam, doch während meiner Heimreise aus Ungarn, begab sich mein Va- ter zu Ludwig, welcher sich als Kaiser ausgab, um wegen einer Verständigung zu unterhandeln. Und doch hatte Lud- wig mir versprochen, mit meinem Vater keine Unterhand- lungen wegen irgendwelcher Verständigung ohne mich führen zu wollen, sondern sich mit ihm nur meinem Rate gemäß, gütlich auseinanderzusetzen. Ludwig aber, seines Wortes und seiner Versprechungen uneingedenk, und meinen Vater hin- terlistig täuschend, verleitete ihn zur Versöhnung, indem er ihm versicherte, er habe sich schon früher mit mir verstän- digt. So erweckte er zwischen mir und meinem Vater ein großes Mißtrauen und bewirkte, daß auf Grund der zwischen mir und ihm angeblich erfolgten Versöhnung mein Vater von ihm seine Lehen wie von einem Kaiser empfing237. Auch in mehreren anderen Dingen verständigte er sich mit ihm und gab seinem Willen nach, wie er es keineswegs getan haben würde, wenn er gewußt hätte, daß ich mit ihm mich noch nicht verständigt hatte. Als ich dies aber erfuhr, eilte ich zu gegnung mit Kaiser Ludwig zu Frankfurt erzählt Wilhelm Occam bei Höfler, Aus Avignon, S. 20, Anm. 2; sein Bericht gleicht, wie es scheint, der Darstellung, welche Ludwig selbst („hinterlistig täu- schend“, wie Karl versichert) dem Könige Johann gegeben hat; siehe weiter unten. 236 Zum Andenken an das oben S. 42 ff erzählte Traumgesicht zu Te- renzo. Die Stiftung trat jedoch erst 1343 ins Leben; die 24 Chorherren erhielten den von Karl gewählten Namen Mansionarii, weil immer einige von ihnen in der Kirche anwesend sein mußten; vgl. Dobner, Monumenta historica Boemiae III, 324. — Ahnliche Stiftungen ent- standen in Terenzo selbst („für unser und unseres Vaters Johann Seelenheil“: Dobner, p. 373) und in Nürnberg während des Jahres 1355; siehe Regesten Nr. 1989 und 2168. 237 Böhmer, Regesten Kaiser Ludwigs Nr. 1980, König Johanns Nr. 256.
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76 JUGENDLEBEN KARLS IV. meinem Vater nach Miltenberg, einem Orte der Mainzer Diö- zese, und bedeutete ihm, daß alles null und nichtig sei, was eben jener Ludwig von Bayern mit ihm unterhandelt hätte. Daher wollte ich das, was zwischen ihnen geschehen war, gleich den Baronen Böhmens weder besiegeln noch jene Ver- ständigung als gültig erkennen; vielmehr sah ich alles, was dort verhandelt worden war, als nicht geschehen an und er- klärte es für nichtig. Von dort kam ich nach Preßburg, das an der Grenze Un- garns und Österreichs liegt, und versöhnte den König von Ungarn mit dem Herzog von Österreich. Mein Vater rückte sodann gegen Mähren vor, um den Herzog Nikolaus von Troppau und Ratibor zu überwältigen; mit Mühe brachte ich zwischen ihnen eine Versöhnung zustande, doch mußte er meinem Vater Burgen und viel Geld geben. Von da wandte ich mich zur Belagerung der Burg Potten- stein, welche sich gegen mich und den König von Böhmen aufgelehnt hatte und von wo aus viele Räubereien begangen wurden ; und obwohl sie als uneinnehmbar galt, nahm ich sie doch nach neun Wochen ein, warf den Turm nieder samt dem Baron, dem die Burg gehörte, und machte auch die Mauern nebst der ganzen Burg dem Boden gleich. Hierauf ging ich mit meinem Vater nach Breslau. Der Bi- schof jenes Ortes aber war meinem Vater ungehorsam ge- wesen, weshalb ihm dieser die Burg Militsch weggenommen hatte. Aus diesem Grunde bannte er ihn jetzt; mein Vater dagegen jagte ihn mitsamt der Geistlichkeit aus der Stadt. Dieser Zwist zwischen meinem Vater und genannter Geist- lichkeit dauerte noch ganze zwei Jahre fort. Von Breslau ging mein Vater nach Bautzen; dann nach Frankreich, dem dortigen König zu Hilfe, weil damals der Krieg zwischen den Königen von Frankreich und England begann; mich ließ er an seiner statt im Königreiche zurück. Ich aber setzte statt meiner den Peter von Rosenberg ein und folgte ihm durch Bayern, wo soeben mein Schwester- mann, Herzog Heinrich von Bayern, verstorben war, der mit
76 JUGENDLEBEN KARLS IV. meinem Vater nach Miltenberg, einem Orte der Mainzer Diö- zese, und bedeutete ihm, daß alles null und nichtig sei, was eben jener Ludwig von Bayern mit ihm unterhandelt hätte. Daher wollte ich das, was zwischen ihnen geschehen war, gleich den Baronen Böhmens weder besiegeln noch jene Ver- ständigung als gültig erkennen; vielmehr sah ich alles, was dort verhandelt worden war, als nicht geschehen an und er- klärte es für nichtig. Von dort kam ich nach Preßburg, das an der Grenze Un- garns und Österreichs liegt, und versöhnte den König von Ungarn mit dem Herzog von Österreich. Mein Vater rückte sodann gegen Mähren vor, um den Herzog Nikolaus von Troppau und Ratibor zu überwältigen; mit Mühe brachte ich zwischen ihnen eine Versöhnung zustande, doch mußte er meinem Vater Burgen und viel Geld geben. Von da wandte ich mich zur Belagerung der Burg Potten- stein, welche sich gegen mich und den König von Böhmen aufgelehnt hatte und von wo aus viele Räubereien begangen wurden ; und obwohl sie als uneinnehmbar galt, nahm ich sie doch nach neun Wochen ein, warf den Turm nieder samt dem Baron, dem die Burg gehörte, und machte auch die Mauern nebst der ganzen Burg dem Boden gleich. Hierauf ging ich mit meinem Vater nach Breslau. Der Bi- schof jenes Ortes aber war meinem Vater ungehorsam ge- wesen, weshalb ihm dieser die Burg Militsch weggenommen hatte. Aus diesem Grunde bannte er ihn jetzt; mein Vater dagegen jagte ihn mitsamt der Geistlichkeit aus der Stadt. Dieser Zwist zwischen meinem Vater und genannter Geist- lichkeit dauerte noch ganze zwei Jahre fort. Von Breslau ging mein Vater nach Bautzen; dann nach Frankreich, dem dortigen König zu Hilfe, weil damals der Krieg zwischen den Königen von Frankreich und England begann; mich ließ er an seiner statt im Königreiche zurück. Ich aber setzte statt meiner den Peter von Rosenberg ein und folgte ihm durch Bayern, wo soeben mein Schwester- mann, Herzog Heinrich von Bayern, verstorben war, der mit
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KAPITEL XIV 77 meiner Schwester Margareta einen einzigen Sohn, einen Kna- ben von zehn Jahren, als Erben hinterlassen hatte238. Seine und zugleich des Landes vormundschaftliche Leitung nahm Ludwig, der sich als Kaiser ausgab, auf Grund eines Heirats- vertrages in Anspruch, welchen er mit dem Vater des Knaben geschlossen hatte. Er hatte nämlich die Tochter des bayri- schen Herzogs und Pfalzgrafen Rudolf, seines Neffen, welche jenem Knaben zugesagt und angelobt war, zurückgedrängt und hatte ihm seine eigene Tochter, welche noch nicht spre- chen konnte, gegeben, indem er erklärte, er wolle für sie zu- sagen, bis sie selbst für sich reden würde; sie aber ist durch Gottes Fügung stumm geworden. Von dort kam ich durch Bayern zu meinem Vater in die Grafschaft Luxemburg. Ich zog nun, wie es mein Wunsch war, dem Könige von Frankreich zu Hilfe, dem damals der König von England die Stadt Cambray belagerte, bevor er selbst sein Kriegsvolk ge- sammelt hatte. Diese wandten sich dann gegen die Stadt St. Quentin, hierauf gegen Ribemont, endlich bis in die Nähe von Laon. Dann aber wich er nach der Grafschaft Hennegau zurück, wobei der König von Frankreich ihm bis zur Grenze folgte. Beide schlugen an der Grenze von Hennegau ihr Lager auf. Der König von England aber brach wieder auf und zog sich zurück, indem er dem Könige von Frankreich das Feld überließ, nachdem dieser ihn einen ganzen Tag erwartet und die Schlachtreihen bereitgestanden hatten. Gleichwohl hatte er viele deutsche Fürsten in seinem Heere, so aus Nieder- deutschland den Herzog von Brabant, den Markgrafen von Jülich und Berg und den Grafen von Flandern; aus Ober- deutschland den Markgrafen von Meißen, den Markgrafen von Brandenburg (den Sohn des Bayern) u. a. m. mit Ge- nehmigung Ludwigs, welcher jenen englischen König zum Reichsverweser in Deutschland ernannt hatte. Da mein Vater ein Auge verloren hatte und auf dem andern schwach zu sehen anfing, so begab er sich in jenen Tagen 238 Siehe oben S. 34, Anm. 84 und 85, S. 45, Anm. 100.
KAPITEL XIV 77 meiner Schwester Margareta einen einzigen Sohn, einen Kna- ben von zehn Jahren, als Erben hinterlassen hatte238. Seine und zugleich des Landes vormundschaftliche Leitung nahm Ludwig, der sich als Kaiser ausgab, auf Grund eines Heirats- vertrages in Anspruch, welchen er mit dem Vater des Knaben geschlossen hatte. Er hatte nämlich die Tochter des bayri- schen Herzogs und Pfalzgrafen Rudolf, seines Neffen, welche jenem Knaben zugesagt und angelobt war, zurückgedrängt und hatte ihm seine eigene Tochter, welche noch nicht spre- chen konnte, gegeben, indem er erklärte, er wolle für sie zu- sagen, bis sie selbst für sich reden würde; sie aber ist durch Gottes Fügung stumm geworden. Von dort kam ich durch Bayern zu meinem Vater in die Grafschaft Luxemburg. Ich zog nun, wie es mein Wunsch war, dem Könige von Frankreich zu Hilfe, dem damals der König von England die Stadt Cambray belagerte, bevor er selbst sein Kriegsvolk ge- sammelt hatte. Diese wandten sich dann gegen die Stadt St. Quentin, hierauf gegen Ribemont, endlich bis in die Nähe von Laon. Dann aber wich er nach der Grafschaft Hennegau zurück, wobei der König von Frankreich ihm bis zur Grenze folgte. Beide schlugen an der Grenze von Hennegau ihr Lager auf. Der König von England aber brach wieder auf und zog sich zurück, indem er dem Könige von Frankreich das Feld überließ, nachdem dieser ihn einen ganzen Tag erwartet und die Schlachtreihen bereitgestanden hatten. Gleichwohl hatte er viele deutsche Fürsten in seinem Heere, so aus Nieder- deutschland den Herzog von Brabant, den Markgrafen von Jülich und Berg und den Grafen von Flandern; aus Ober- deutschland den Markgrafen von Meißen, den Markgrafen von Brandenburg (den Sohn des Bayern) u. a. m. mit Ge- nehmigung Ludwigs, welcher jenen englischen König zum Reichsverweser in Deutschland ernannt hatte. Da mein Vater ein Auge verloren hatte und auf dem andern schwach zu sehen anfing, so begab er sich in jenen Tagen 238 Siehe oben S. 34, Anm. 84 und 85, S. 45, Anm. 100.
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78 JUGENDLEBEN KARLS IV. heimlich nach Montpellier zu den Arzten, ob er vielleicht ge- heilt werden könnte; er ist jedoch damals ganz erblindet. Ich aber wollte zum Könige von Spanien ziehen, um ihn gegen den König Feragacius von Granada beizustehen, und hatte bereits Leute und Vorräte nach Montauban239 voraus- schickt. Doch mein Vater hielt mich heimlich in Montpellier zurück und erlaubte nicht, daß ich weiterginge240. Da mein Vater nicht hatte geheilt werden können, begleitete ich ihn nach Avignon zum Papst Benedikt XII., um mit ihm über den Peterspfennig ,welcher in der Diözese Breslau ent- richtet wird, ein Abkommen zu treffen. Aber das Abkom- men kam damals nicht zustande, sondern es verblieb beim Zwist; später jedoch wurde der Zwiespalt, welcher wegen jenes Pfennigs zwischen der römischen Kirche und der ge- nannten Diözese bestand, beigelegt. Während wir dort verweilten, beichteten wir dem Papste von der oben erzählten Erscheinung, welche uns, als wir in Italien waren, über den Dauphin von Vienne geworden war241. Den- noch schien es uns für den Augenblick aus gewissen Gründen besser, davon zu schweigen, als meinem Vater den Sachver- halt zu sagen und zu offenbaren. Damals, als wir uns beim Papste aufhielten, war Petrus, der ehemalige Abt von Fécamp, der aus der Diözese Limoges stammte, dann zum Bischof von Auxerre und zum Erz- bischof von Sens befördert, endlich an das Erzbistum Rouen versetzt worden war, Kardinalbischof der Kirche der heiligen Märtyrer Nereus und Achilleus. Es ist obenerwähnt worden, daß er einst zum Rate des Königs Philipp gehört und vor 230 Oder Montalban, bei Teruel, in Aragonien ? So Pelzel S. 91. 260 Uber diesen Krieg der Könige von Kastilien und Aragonien gegen Granada im Jahre 1340 siehe Näheres bei Joh. v. Victring, Böhmer Fontes I, S. 439, und bei Franz v. Prag, Fontes rr. Austr. I, 8, S. 562 bis 563; nach Letzterem „konnten die Könige von Frankreich, von Eng- land und von Böhmen nebst anderen Fürsten diesem Kriege wegen des unerwartet schnellen Erscheinens der Ungläubigen und des schnellen glücklichen Ausganges nicht beiwohnen“. 61 Siehe oben Kap. 7.
78 JUGENDLEBEN KARLS IV. heimlich nach Montpellier zu den Arzten, ob er vielleicht ge- heilt werden könnte; er ist jedoch damals ganz erblindet. Ich aber wollte zum Könige von Spanien ziehen, um ihn gegen den König Feragacius von Granada beizustehen, und hatte bereits Leute und Vorräte nach Montauban239 voraus- schickt. Doch mein Vater hielt mich heimlich in Montpellier zurück und erlaubte nicht, daß ich weiterginge240. Da mein Vater nicht hatte geheilt werden können, begleitete ich ihn nach Avignon zum Papst Benedikt XII., um mit ihm über den Peterspfennig ,welcher in der Diözese Breslau ent- richtet wird, ein Abkommen zu treffen. Aber das Abkom- men kam damals nicht zustande, sondern es verblieb beim Zwist; später jedoch wurde der Zwiespalt, welcher wegen jenes Pfennigs zwischen der römischen Kirche und der ge- nannten Diözese bestand, beigelegt. Während wir dort verweilten, beichteten wir dem Papste von der oben erzählten Erscheinung, welche uns, als wir in Italien waren, über den Dauphin von Vienne geworden war241. Den- noch schien es uns für den Augenblick aus gewissen Gründen besser, davon zu schweigen, als meinem Vater den Sachver- halt zu sagen und zu offenbaren. Damals, als wir uns beim Papste aufhielten, war Petrus, der ehemalige Abt von Fécamp, der aus der Diözese Limoges stammte, dann zum Bischof von Auxerre und zum Erz- bischof von Sens befördert, endlich an das Erzbistum Rouen versetzt worden war, Kardinalbischof der Kirche der heiligen Märtyrer Nereus und Achilleus. Es ist obenerwähnt worden, daß er einst zum Rate des Königs Philipp gehört und vor 230 Oder Montalban, bei Teruel, in Aragonien ? So Pelzel S. 91. 260 Uber diesen Krieg der Könige von Kastilien und Aragonien gegen Granada im Jahre 1340 siehe Näheres bei Joh. v. Victring, Böhmer Fontes I, S. 439, und bei Franz v. Prag, Fontes rr. Austr. I, 8, S. 562 bis 563; nach Letzterem „konnten die Könige von Frankreich, von Eng- land und von Böhmen nebst anderen Fürsten diesem Kriege wegen des unerwartet schnellen Erscheinens der Ungläubigen und des schnellen glücklichen Ausganges nicht beiwohnen“. 61 Siehe oben Kap. 7.
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KAPITEL XIV 79 ihm am Aschermittwoch die Messe gefeiert hatte242. Dieser hatte mich jetzt in sein Haus aufgenommen, mich, der nun, da ich beim Papst Benedikt weilte, Markgraf von Mähren war; und als er sich eines Tages mit mir in seinem Hause be- fand, sprach er zu mir: „Du wirst noch König der Römer werden.“ Ich antwortete ihm: „Du wirst vorher Papst sein." Beides ist, wie unten erzählt werden wird, wirklich einge- troffen. Hierauf kehrte ich mit meinem Vater zusammen nach Frank- reich zurück, und von da schickte er mich zu meiner Schwe- ster, der Witwe des Herzogs Heinrich von Bayern, um ihr Hilfe und Rat zu bringen, da sie von Ludwig, der sich als Kaiser ausgab, bedrängt wurde. Doch als ich zu ihr kam, fand ich, daß sie sich mit ihm bereits verständigt hatte. Dann nahm ich meinen Weg durch das Erzbistum Salzburg und über die Alpen, welche Tauern genannt werden. Als ich da einen ganzen Tag lang durch das Gerlos-Tal wanderte, gedachte ich des Wunders und des Gesichtes, welches mir am Tage der heiligen Jungfrau — an Mariä Himmelfahrt — zu Terenzo in der Diözese von Parma begegnet war243. Von der Zeit an beschloß ich zu Ehren der glorreichen Jungfrau in der Prager Kirche täglich Betgesänge singen zu lassen, so daß über ihr Leben, ihre Taten und Wunder jeden Tag eine neue Legende gelesen werden sollte. Dies ist nachmals ge- schehen, wie unten erzàhlt werden wird. Nun kam ich zu meinem Bruder ins Innsbrucker Tal; und nachdem dieser den Bischof von Trient als Hauptmann in der Grafschaft Tirol zurückgelassen hatte, reiste er mit mir nach Böhmen, dann zum Könige von Krakau, endlich zum König Karl von Ungarn und verband sich mit ihm und sei- nem Sohne Ludwig, meinem Schwiegersohne, durch die festesten Bündnisse und Verträge. Während er dort war, kamen Boten, welche meldeten, seine Frau habe sich mit den Baronen seiner Grafschaft gegen ihn verschworen. Er mußte daher durch Bayern und Böhmen 242 Siehe oben S. 30. 268 Siehe oben S. 75, Anm. 236.
KAPITEL XIV 79 ihm am Aschermittwoch die Messe gefeiert hatte242. Dieser hatte mich jetzt in sein Haus aufgenommen, mich, der nun, da ich beim Papst Benedikt weilte, Markgraf von Mähren war; und als er sich eines Tages mit mir in seinem Hause be- fand, sprach er zu mir: „Du wirst noch König der Römer werden.“ Ich antwortete ihm: „Du wirst vorher Papst sein." Beides ist, wie unten erzählt werden wird, wirklich einge- troffen. Hierauf kehrte ich mit meinem Vater zusammen nach Frank- reich zurück, und von da schickte er mich zu meiner Schwe- ster, der Witwe des Herzogs Heinrich von Bayern, um ihr Hilfe und Rat zu bringen, da sie von Ludwig, der sich als Kaiser ausgab, bedrängt wurde. Doch als ich zu ihr kam, fand ich, daß sie sich mit ihm bereits verständigt hatte. Dann nahm ich meinen Weg durch das Erzbistum Salzburg und über die Alpen, welche Tauern genannt werden. Als ich da einen ganzen Tag lang durch das Gerlos-Tal wanderte, gedachte ich des Wunders und des Gesichtes, welches mir am Tage der heiligen Jungfrau — an Mariä Himmelfahrt — zu Terenzo in der Diözese von Parma begegnet war243. Von der Zeit an beschloß ich zu Ehren der glorreichen Jungfrau in der Prager Kirche täglich Betgesänge singen zu lassen, so daß über ihr Leben, ihre Taten und Wunder jeden Tag eine neue Legende gelesen werden sollte. Dies ist nachmals ge- schehen, wie unten erzàhlt werden wird. Nun kam ich zu meinem Bruder ins Innsbrucker Tal; und nachdem dieser den Bischof von Trient als Hauptmann in der Grafschaft Tirol zurückgelassen hatte, reiste er mit mir nach Böhmen, dann zum Könige von Krakau, endlich zum König Karl von Ungarn und verband sich mit ihm und sei- nem Sohne Ludwig, meinem Schwiegersohne, durch die festesten Bündnisse und Verträge. Während er dort war, kamen Boten, welche meldeten, seine Frau habe sich mit den Baronen seiner Grafschaft gegen ihn verschworen. Er mußte daher durch Bayern und Böhmen 242 Siehe oben S. 30. 268 Siehe oben S. 75, Anm. 236.
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80 JUGENDLEBEN KARLS IV. schleunigst nach der Grafschaft Tirol zurückkehren; ich aber folgte ihm kurze Zeit darauf in dieselbe Grafschaft und ins Inntal nach. Dort erfuhr ich vertraulich, daß ein gewisser Albertus244, ein natürlicher Bruder der Gattin meines Bru- ders, und ein Baron, welcher ihr Hofmeister war, mit ihrem und anderer Landesbarone Einverständnis damit umgingen, daß sie meinen Bruder verstoßen und Ludwig, den Sohn des Bayern, welcher sich als Kaiser ausgab, heiraten sollte; alle Barone wären geneigt, diesem als ihrem Herrn zu gehorchen, und sie selbst, seine Gattin zu sein. Da ich dies mit Sicherheit erfahren wollte, legte ich mit dem jüngeren Buschko jenem Albert heimlich einen Hinterhalt, nahm ihn wirklich ge- fangen und führte ihn durch einen Wald bis zu dem Schlosse Sonnenburg bei Innsbruck. Dort auf die Folter gelegt, be- kannte er, daß sich alles so verhalte, wie mir berichtet wor- den war. Hierauf bemühte ich mich, den Hofmeister gefangen zu nehmen; dieser jedoch entrann für damals meinen Händen, wohingegen seine Burg von mir dem Boden gleichgemacht wurde. Auch er wurde nachmals durch seine Freunde in meine Hände geliefert, und zwar sollte er unter Schonung seines Lebens in allen anderen Dingen meinem Belieben über- lassen bleiben. Dies alles teilte ich meinem Bruder mit, wel- cher dankend auf meinen Rat einging, wonach wir die Burg Tirol und seine Gattin unter Bewachung stellten. Darauf zog ich zu meiner Schwester nach Bayern, da sie meiner Hilfe bedurfte. Von hier kehrte ich auf demselben Wege durch das Erzbis- tum Salzburg zurück und gelangte in das Bistum Brixen zur Burg Taufers245. Ich ging durch das Cadore-Tal auf Bel- luno zu, drang am Vortage des hl. Wenceslaus zur Nacht- zeit in die Vorstadt der sehr starken Burg Mel246, belagerte diese selbst und nahm sie ein. Diese Burg gehörte dem Grafen 266 Uber die falsche Lesart in betreff dieses Albert und ihre Wider- legung, namentlich auch aus tirolischen Urkunden, hat Böhmer in seiner Anmerkung zu obiger Stelle das Nötige gesagt. 245 Taufers in einem Seitentale des oberen Pustertales, nördlich von 246 Zwischen Belluno und Feltre. Bruneck.
80 JUGENDLEBEN KARLS IV. schleunigst nach der Grafschaft Tirol zurückkehren; ich aber folgte ihm kurze Zeit darauf in dieselbe Grafschaft und ins Inntal nach. Dort erfuhr ich vertraulich, daß ein gewisser Albertus244, ein natürlicher Bruder der Gattin meines Bru- ders, und ein Baron, welcher ihr Hofmeister war, mit ihrem und anderer Landesbarone Einverständnis damit umgingen, daß sie meinen Bruder verstoßen und Ludwig, den Sohn des Bayern, welcher sich als Kaiser ausgab, heiraten sollte; alle Barone wären geneigt, diesem als ihrem Herrn zu gehorchen, und sie selbst, seine Gattin zu sein. Da ich dies mit Sicherheit erfahren wollte, legte ich mit dem jüngeren Buschko jenem Albert heimlich einen Hinterhalt, nahm ihn wirklich ge- fangen und führte ihn durch einen Wald bis zu dem Schlosse Sonnenburg bei Innsbruck. Dort auf die Folter gelegt, be- kannte er, daß sich alles so verhalte, wie mir berichtet wor- den war. Hierauf bemühte ich mich, den Hofmeister gefangen zu nehmen; dieser jedoch entrann für damals meinen Händen, wohingegen seine Burg von mir dem Boden gleichgemacht wurde. Auch er wurde nachmals durch seine Freunde in meine Hände geliefert, und zwar sollte er unter Schonung seines Lebens in allen anderen Dingen meinem Belieben über- lassen bleiben. Dies alles teilte ich meinem Bruder mit, wel- cher dankend auf meinen Rat einging, wonach wir die Burg Tirol und seine Gattin unter Bewachung stellten. Darauf zog ich zu meiner Schwester nach Bayern, da sie meiner Hilfe bedurfte. Von hier kehrte ich auf demselben Wege durch das Erzbis- tum Salzburg zurück und gelangte in das Bistum Brixen zur Burg Taufers245. Ich ging durch das Cadore-Tal auf Bel- luno zu, drang am Vortage des hl. Wenceslaus zur Nacht- zeit in die Vorstadt der sehr starken Burg Mel246, belagerte diese selbst und nahm sie ein. Diese Burg gehörte dem Grafen 266 Uber die falsche Lesart in betreff dieses Albert und ihre Wider- legung, namentlich auch aus tirolischen Urkunden, hat Böhmer in seiner Anmerkung zu obiger Stelle das Nötige gesagt. 245 Taufers in einem Seitentale des oberen Pustertales, nördlich von 246 Zwischen Belluno und Feltre. Bruneck.
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KAPITEL XIV 81 von Ceneda, Herrn von Camino, und den Venetianern, welche damals meine Feinde waren ; nach dem Friedensschluß jedoch verblieb sie in meiner Gewalt. Von hier ging ich nach Trient und in die Grafschaft Tirol, wo ich bis zum 24. November verweilte; an diesem Tage stand ich vor der Burg Penede am Gardasee, welche von dem Kriegsvolk des Mailänders Lu- chinus und dem Herrn von Arco eingeschlossen wurde. Ich hatte mit dem Bischof von Trient heimlich ein Heer zusam- mengezogen und vertrieb nun die Feinde von dort, worauf die Burg am Tage der hl. Katharina in meine Hände ge- liefert wurde; ich übertrug sie der Kirche von Trient. Nun wurde mir auch die Burg Belvicino in der Diözese Vicenza übergeben, welche Stadt samt der ganzen Grafschaft Ma- stinus della Scala innehatte. Ich mußte mich der Burg mit vielem Volke in stiller Nachtzeit nähern und sie sodann mit Kriegsleuten besetzen. Von hier kehrte ich nach Trient und von Trient nach Belluno zurück. Während ich mich dort aufhielt, schickte mir der Patriarch von Aquileja247, welcher von seinen nahe bei Cormons in Friaul lagernden Feinden, dem Herzog von Österreich und dem Grafen von Verona24s, bedrängt wurde und ihnen mit 247 Bertrandus. 248 Der Bericht des Benesch, S. 330, redet in Ubereinstimmung mit Joh. Vict. (Böhmer Fontes I, S. 440) von dem Grafen von Görz (nicht Verona) als Feinde des Patriarchen; gewiß mit Recht. Sodann nennt er nicht das unerklärbare Veronium, sondern die Stadt Udine als den Ort, vor welchem die Feinde sich lagerten; als die nachher von Karl eingeschlossene Burg, deren Name in der Vita fehlt, bezeichnet er Clemon, der Patriarch selbst in seiner Autobiographie richtiger Cor- monum (das heutige Cormons im Westen von Görz); siehe die Stellen in den Regesten Nr. 94b und c. — Vielleicht ist daher auch an obiger Stelle der Vita Cormonum statt Veronium zu lesen; dann wäre Cor- mons, nicht das entferntere Udine, der Ort gewesen, von welchem aus die feindlichen Scharen das bischöfliche Gebiet verwüsteten und dem Hilferuf nach die Stadt Aquileja selbst bedrohten. Die Begegnung der beiden Heere wäre somit etwa an den Torre, einen rechten Neben- fluß des Isonzo, oder an diesen selbst zu setzen; der siegreiche Karl
KAPITEL XIV 81 von Ceneda, Herrn von Camino, und den Venetianern, welche damals meine Feinde waren ; nach dem Friedensschluß jedoch verblieb sie in meiner Gewalt. Von hier ging ich nach Trient und in die Grafschaft Tirol, wo ich bis zum 24. November verweilte; an diesem Tage stand ich vor der Burg Penede am Gardasee, welche von dem Kriegsvolk des Mailänders Lu- chinus und dem Herrn von Arco eingeschlossen wurde. Ich hatte mit dem Bischof von Trient heimlich ein Heer zusam- mengezogen und vertrieb nun die Feinde von dort, worauf die Burg am Tage der hl. Katharina in meine Hände ge- liefert wurde; ich übertrug sie der Kirche von Trient. Nun wurde mir auch die Burg Belvicino in der Diözese Vicenza übergeben, welche Stadt samt der ganzen Grafschaft Ma- stinus della Scala innehatte. Ich mußte mich der Burg mit vielem Volke in stiller Nachtzeit nähern und sie sodann mit Kriegsleuten besetzen. Von hier kehrte ich nach Trient und von Trient nach Belluno zurück. Während ich mich dort aufhielt, schickte mir der Patriarch von Aquileja247, welcher von seinen nahe bei Cormons in Friaul lagernden Feinden, dem Herzog von Österreich und dem Grafen von Verona24s, bedrängt wurde und ihnen mit 247 Bertrandus. 248 Der Bericht des Benesch, S. 330, redet in Ubereinstimmung mit Joh. Vict. (Böhmer Fontes I, S. 440) von dem Grafen von Görz (nicht Verona) als Feinde des Patriarchen; gewiß mit Recht. Sodann nennt er nicht das unerklärbare Veronium, sondern die Stadt Udine als den Ort, vor welchem die Feinde sich lagerten; als die nachher von Karl eingeschlossene Burg, deren Name in der Vita fehlt, bezeichnet er Clemon, der Patriarch selbst in seiner Autobiographie richtiger Cor- monum (das heutige Cormons im Westen von Görz); siehe die Stellen in den Regesten Nr. 94b und c. — Vielleicht ist daher auch an obiger Stelle der Vita Cormonum statt Veronium zu lesen; dann wäre Cor- mons, nicht das entferntere Udine, der Ort gewesen, von welchem aus die feindlichen Scharen das bischöfliche Gebiet verwüsteten und dem Hilferuf nach die Stadt Aquileja selbst bedrohten. Die Begegnung der beiden Heere wäre somit etwa an den Torre, einen rechten Neben- fluß des Isonzo, oder an diesen selbst zu setzen; der siegreiche Karl
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82 JUGENDLEBEN KARLS IV. seinem Kriegsvolk nicht widerstehen konnte, ein Schreiben folgenden Wortlautes: „Euch, dem erlauchten Fürsten Karl aus dem Königs- geschlechte Böhmens, Markgrafen von Mähren sowie Eurer Kriegsmannschaft tue ich kund, daß das Haus der Herrin der Herrinnen und der Jungfrau der Jungfrauen zu Aqui- leja von Feinden hart bedrängt wird; die Diener der Her- rinnen und Jungfrauen aber sollen ihm desto kräftiger bei- stehen. Daher bitte ich Euch und Eure Fürsten insgesamt, aus Liebe zur Herrin der Herrinnen nicht zuzulassen, daß ihr Haus und ihr Gebiet in solcher Weise verletzt werde." Auf diese Nachricht zogen wir samt unseren Rittern, wohl 200 Helmen und 1000 Fußgängern, über die höchsten Berge, wo man gewöhnlich nicht passierte. Der Herr bahnte uns auch den Weg durch Serravalle, und unter großen Schwierig- keiten kamen wir bis in die Diözese von Aquileja und Tags darauf zum Patriarchen. Dieser hatte sein Kriegsvolk zu- sammengezogen und schlug sein Lager neben uns in der Nähe eines Flusses gegen seine Feinde auf, welche auf der anderen Seite des zwischen uns und ihnen befindlichen Was- sers lagen. Sobald sie unsere Ankunft erfuhren, entflohen sie noch in selbiger Nacht, und ihr Heer zerstreute sich. Wir verfolgten sie und schlossen einen Teil von ihnen in der Burg ein. Hier lagen wir lange Zeit und machten wiederholte An- griffe auf die Burg ; viele der Unsrigen wurden daselbst ver- wundet249. verfolgte die Fliehenden dann bis Cormons (daher das „dictum cu- strum“ der Vita), und von hier weiter, wovon die Vita nichts mehr be- richtet, bis Görz. — Böhmers Erläuterungsversuch ist folgender (Fon- tes I, S. 486) : er will statt Veronium Venzonum lesen und erkennt darin das bei Udine gelegene Venzone am Tagliamento, hält daher auch die- sen Fluß für das Gewässer, welches die Heere schied. Bulst hält an dem hal. Veronium fest. 240 Hier bricht das Kapitel, und mit ihm die eigne Erzählung Karls. offenbar mitten im Bericht über den Friauler Krieg ab und enthält daher nichts von der Belagerung der Stadt Görz, von der die übrigen Quellen erzählen: vgl. Regesten 94c.
82 JUGENDLEBEN KARLS IV. seinem Kriegsvolk nicht widerstehen konnte, ein Schreiben folgenden Wortlautes: „Euch, dem erlauchten Fürsten Karl aus dem Königs- geschlechte Böhmens, Markgrafen von Mähren sowie Eurer Kriegsmannschaft tue ich kund, daß das Haus der Herrin der Herrinnen und der Jungfrau der Jungfrauen zu Aqui- leja von Feinden hart bedrängt wird; die Diener der Her- rinnen und Jungfrauen aber sollen ihm desto kräftiger bei- stehen. Daher bitte ich Euch und Eure Fürsten insgesamt, aus Liebe zur Herrin der Herrinnen nicht zuzulassen, daß ihr Haus und ihr Gebiet in solcher Weise verletzt werde." Auf diese Nachricht zogen wir samt unseren Rittern, wohl 200 Helmen und 1000 Fußgängern, über die höchsten Berge, wo man gewöhnlich nicht passierte. Der Herr bahnte uns auch den Weg durch Serravalle, und unter großen Schwierig- keiten kamen wir bis in die Diözese von Aquileja und Tags darauf zum Patriarchen. Dieser hatte sein Kriegsvolk zu- sammengezogen und schlug sein Lager neben uns in der Nähe eines Flusses gegen seine Feinde auf, welche auf der anderen Seite des zwischen uns und ihnen befindlichen Was- sers lagen. Sobald sie unsere Ankunft erfuhren, entflohen sie noch in selbiger Nacht, und ihr Heer zerstreute sich. Wir verfolgten sie und schlossen einen Teil von ihnen in der Burg ein. Hier lagen wir lange Zeit und machten wiederholte An- griffe auf die Burg ; viele der Unsrigen wurden daselbst ver- wundet249. verfolgte die Fliehenden dann bis Cormons (daher das „dictum cu- strum“ der Vita), und von hier weiter, wovon die Vita nichts mehr be- richtet, bis Görz. — Böhmers Erläuterungsversuch ist folgender (Fon- tes I, S. 486) : er will statt Veronium Venzonum lesen und erkennt darin das bei Udine gelegene Venzone am Tagliamento, hält daher auch die- sen Fluß für das Gewässer, welches die Heere schied. Bulst hält an dem hal. Veronium fest. 240 Hier bricht das Kapitel, und mit ihm die eigne Erzählung Karls. offenbar mitten im Bericht über den Friauler Krieg ab und enthält daher nichts von der Belagerung der Stadt Görz, von der die übrigen Quellen erzählen: vgl. Regesten 94c.
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KAPITEL XVIXVI 83 FUNFZEHNTES KAPITEL35O Einige Zeit nachher waren König Johann und Karl nach Böhmen zurückgekehrt; und König Johann gab die Verwal- tung des ganzen Königreichs Karl in die Hände, wobei ab- gemacht wurde, daß dieser dem Könige 5000 Mark bar über- weisen und daß König Johann innerhalb zweier Jahre nicht bleibend nach Böhmen komme, noch vom Lande innerhalb dieser Frist irgendwelche Geldleistung fordern solle. Er nahm also jene von Karl aufgebrachte Summe in Empfang und verzog sich nach Frankreich. Nach seinem Weggang lenkte Karl mit Glück und vielem Eifer die Zügel der Regierung und brachte alles Verschleuderte und Zerstreute durch Wie- dereinlösung in den gebührenden Stand wie vordem251. SECHZEHNTES KAPITEL252 Als nun nach Verlauf der zwei Jahre, von denen oben die Rede gewesen, König Johann nach Böhmen zurückkam, be- schloß er, mit Karl zusammen nach Preußen zu ziehen, um 25° Der unbekannte Fortsetzer Karls überspringt nun volle 11/2 Jahre. Denn was nach dem kurzen Ubergangssatze folgt, fällt frühestens in den Februar, wahrscheinlich aber erst in die Mitte des Jahres 1342, so daß die zweijährige Abwesenheit Johanns aus Böhmen wahr- scheinlich vom Sommer 1342 bis zum Sommer 1344 dauerte. Er hielt sich nämlich vom 26. März 1341 bis 8. Februar 1342 fast ununter- brochen in Prag auf; erst am 23. November 1344 aber urkundet er wieder von dort aus. 251 Vgl. die zahireichen auf die Besitz- und Rechtsverhältnisse des Landes bezüglichen Urkunden: Regesten Nr. 125—196. 252 Mit wenigen Worten eilt die Vita über einen fast dreijährigen Zeit- raum hinweg; denn das preußische Unternehmen begann frühestens im Dezember 1344, die Anstalten dazu nicht vor dem November. Noch am 21. Oktober finden wir Johann in Lüttich; am 21. November wohnen Johann und Karl der feierlichen Erhebung Prags zum Erz- bistum und der Grundsteinlegung zur neuen Prager Schloßkirche bei (siehe Regesten Johanns S. 211, Karls IV., Nr. 201a).
KAPITEL XVIXVI 83 FUNFZEHNTES KAPITEL35O Einige Zeit nachher waren König Johann und Karl nach Böhmen zurückgekehrt; und König Johann gab die Verwal- tung des ganzen Königreichs Karl in die Hände, wobei ab- gemacht wurde, daß dieser dem Könige 5000 Mark bar über- weisen und daß König Johann innerhalb zweier Jahre nicht bleibend nach Böhmen komme, noch vom Lande innerhalb dieser Frist irgendwelche Geldleistung fordern solle. Er nahm also jene von Karl aufgebrachte Summe in Empfang und verzog sich nach Frankreich. Nach seinem Weggang lenkte Karl mit Glück und vielem Eifer die Zügel der Regierung und brachte alles Verschleuderte und Zerstreute durch Wie- dereinlösung in den gebührenden Stand wie vordem251. SECHZEHNTES KAPITEL252 Als nun nach Verlauf der zwei Jahre, von denen oben die Rede gewesen, König Johann nach Böhmen zurückkam, be- schloß er, mit Karl zusammen nach Preußen zu ziehen, um 25° Der unbekannte Fortsetzer Karls überspringt nun volle 11/2 Jahre. Denn was nach dem kurzen Ubergangssatze folgt, fällt frühestens in den Februar, wahrscheinlich aber erst in die Mitte des Jahres 1342, so daß die zweijährige Abwesenheit Johanns aus Böhmen wahr- scheinlich vom Sommer 1342 bis zum Sommer 1344 dauerte. Er hielt sich nämlich vom 26. März 1341 bis 8. Februar 1342 fast ununter- brochen in Prag auf; erst am 23. November 1344 aber urkundet er wieder von dort aus. 251 Vgl. die zahireichen auf die Besitz- und Rechtsverhältnisse des Landes bezüglichen Urkunden: Regesten Nr. 125—196. 252 Mit wenigen Worten eilt die Vita über einen fast dreijährigen Zeit- raum hinweg; denn das preußische Unternehmen begann frühestens im Dezember 1344, die Anstalten dazu nicht vor dem November. Noch am 21. Oktober finden wir Johann in Lüttich; am 21. November wohnen Johann und Karl der feierlichen Erhebung Prags zum Erz- bistum und der Grundsteinlegung zur neuen Prager Schloßkirche bei (siehe Regesten Johanns S. 211, Karls IV., Nr. 201a).
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84 JUGENDLEBEN KARLS IV. die Litauer zu bekämpfen. Nachdem also das Nötige für die Heerfahrt eilig beschafft war, kamen sie durch Breslau und dort trafen auch der König von Ungarn, der Graf von Hol- land und mehrere andere Fürsten, Markgrafen, Herzöge und viele angesehene Männer in derselben Absicht aus verschiede- nen Teilen der Welt zusammen. Während diese nun in Bres- lau weilten, trieben sie neben anderer fürstlicher Kurzweil auch jenes widerwärtige und leidenschaftliche Spiel mit Wür- feln. Dabei spielten der König von Ungarn und der Graf von Holland miteinander so hitzig, daß der Graf dem König 600 Goldgulden abgewann. Da er nun den König hierüber zornig und aufgeregt sah, brach er, von Heftigkeit und Anmaßung getrieben, in die Worte aus: „O königlicher Herr, es ist zu verwundern, daß Ihr, ein so herrlicher Fürst, dessen Land, wie man sagt, von Golde überfließt, wegen einer so mäßigen Summe ein dermaßen erregtes Gemüt zeigen und Eure Seele in Unruhe setzen solltet. Wohlan denn, damit Ihr erkennt, daß ich auf derart erworbenes Geld keinen Wert lege, will ich es auch nicht besitzen, sondern es soll großzügig weiter- wandern!“ Mit diesen Worten warf er alles im Spiel ge- wonnene Geld mitten unter die Volksmenge, die umher- stand. Der König fand hierin noch größeren Grund zum Zorne, verbarg ihn jedoch als ein kluger Mann, unterdrückte ihn und schwieg stille. Wenige Tage nachher zogen alle jene Fürsten und vornehmen Männer von Breslau nach Preußen weiter. Dort lagen sie lange Zeit in Erwartung des Frostes, aber der Winter war so mild und gelinde, daß ihnen kein Eis, wie in sonstigen Jahren, den Ubergang möglich machte; und so in ihren Wünschen betrogen, hatten viele vornehme Männer zugleich Mühe und Kosten verloren253. 253 Von den militärischen Vorgängen auf dieser Heerfahrt (vgl. Re gesten Nr. 205a) sagt der Autor kein Wort.
84 JUGENDLEBEN KARLS IV. die Litauer zu bekämpfen. Nachdem also das Nötige für die Heerfahrt eilig beschafft war, kamen sie durch Breslau und dort trafen auch der König von Ungarn, der Graf von Hol- land und mehrere andere Fürsten, Markgrafen, Herzöge und viele angesehene Männer in derselben Absicht aus verschiede- nen Teilen der Welt zusammen. Während diese nun in Bres- lau weilten, trieben sie neben anderer fürstlicher Kurzweil auch jenes widerwärtige und leidenschaftliche Spiel mit Wür- feln. Dabei spielten der König von Ungarn und der Graf von Holland miteinander so hitzig, daß der Graf dem König 600 Goldgulden abgewann. Da er nun den König hierüber zornig und aufgeregt sah, brach er, von Heftigkeit und Anmaßung getrieben, in die Worte aus: „O königlicher Herr, es ist zu verwundern, daß Ihr, ein so herrlicher Fürst, dessen Land, wie man sagt, von Golde überfließt, wegen einer so mäßigen Summe ein dermaßen erregtes Gemüt zeigen und Eure Seele in Unruhe setzen solltet. Wohlan denn, damit Ihr erkennt, daß ich auf derart erworbenes Geld keinen Wert lege, will ich es auch nicht besitzen, sondern es soll großzügig weiter- wandern!“ Mit diesen Worten warf er alles im Spiel ge- wonnene Geld mitten unter die Volksmenge, die umher- stand. Der König fand hierin noch größeren Grund zum Zorne, verbarg ihn jedoch als ein kluger Mann, unterdrückte ihn und schwieg stille. Wenige Tage nachher zogen alle jene Fürsten und vornehmen Männer von Breslau nach Preußen weiter. Dort lagen sie lange Zeit in Erwartung des Frostes, aber der Winter war so mild und gelinde, daß ihnen kein Eis, wie in sonstigen Jahren, den Ubergang möglich machte; und so in ihren Wünschen betrogen, hatten viele vornehme Männer zugleich Mühe und Kosten verloren253. 253 Von den militärischen Vorgängen auf dieser Heerfahrt (vgl. Re gesten Nr. 205a) sagt der Autor kein Wort.
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KAPITEL XVII 85 SIEBZEHNTES KAPITEL Die genannten Herren kehrten also zurück, und ein jeder von ihnen zog nach dem eignen Lande254. Der König von Krakau aber und Herzog Bolko255 ersannen betrüglicherweise einen böswilligen Plan, wie sie König Jo- hann und Karl bei ihrer Rückkehr aus Preußen ergreifen und ihnen nach vieler Schmach den letzten Pfennig erpressen könnten. Diese aber hatten von solchen Nachstellungen keine Kunde, und König Johann begab sich mit den Seinigen durch die Mark Brandenburg und die Lausitz in die Grafschaft Luxemburg zurück, während Karl nicht vermeiden konnte, durch das Land des Königs von Krakau nach Breslau zurück- zukehren. Er kam also nach der Stadt Kalisch, und es wurde ihm hier auf Veranlassung des Königs nachgestellt, nicht daß er wie ein öffentlicher Feind ergriffen, sondern nur so, daß er heimlich bewacht wurde, damit er die Stadt nicht ver- lassen könne. Sobald Karl dies gewahrte, stellte er sich, als merke er die Bewachung nicht, und sagte vielmehr, er wolle hier einige Tage ausruhen. Er schickte nun einen Boten zu Fuß an den Hauptmann von Breslau, um ihm den Hergang der ganzen Begebenheit darzu- legen. Dieser erschien sogleich mit 300 Bewaffneten bis auf eine Meile vor Kalisch und sandte Karl einen kräftigen Wal- lach bis vor das Stadttor. Karl untersuchte denselben sehr genau, wie er von dem nach Breslau gesandten Boten belehrt war. Auf das so herbeigebrachte Pferd nun schwang er sich und eilte in schnellem Lauf zu den aus Breslau zu seiner Be- 254 Das nun Folgende hat sich im März 1345 zugetragen, wie aus dem Briefe eines italienischen Ritters hervorgeht; die in den Regesten Nr. 206 und 207 angeführten Urkunden Karls vom 1. und 14. Februar sind daher aus dem Jahre 1345 zu entfernen. Vgl. die nähere Aus- führung Grünhagens in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens, Bd. 16, S. 266ff. 255 Bolko II. von Fürstenberg und Schweidnitz war der Sohn Kuni- gundens, einer Schwester König Kasimirs des Großen von Polen: Grotefend, Stammtafeln der schlesischen Fürsten, Nr. IV und XVII.
KAPITEL XVII 85 SIEBZEHNTES KAPITEL Die genannten Herren kehrten also zurück, und ein jeder von ihnen zog nach dem eignen Lande254. Der König von Krakau aber und Herzog Bolko255 ersannen betrüglicherweise einen böswilligen Plan, wie sie König Jo- hann und Karl bei ihrer Rückkehr aus Preußen ergreifen und ihnen nach vieler Schmach den letzten Pfennig erpressen könnten. Diese aber hatten von solchen Nachstellungen keine Kunde, und König Johann begab sich mit den Seinigen durch die Mark Brandenburg und die Lausitz in die Grafschaft Luxemburg zurück, während Karl nicht vermeiden konnte, durch das Land des Königs von Krakau nach Breslau zurück- zukehren. Er kam also nach der Stadt Kalisch, und es wurde ihm hier auf Veranlassung des Königs nachgestellt, nicht daß er wie ein öffentlicher Feind ergriffen, sondern nur so, daß er heimlich bewacht wurde, damit er die Stadt nicht ver- lassen könne. Sobald Karl dies gewahrte, stellte er sich, als merke er die Bewachung nicht, und sagte vielmehr, er wolle hier einige Tage ausruhen. Er schickte nun einen Boten zu Fuß an den Hauptmann von Breslau, um ihm den Hergang der ganzen Begebenheit darzu- legen. Dieser erschien sogleich mit 300 Bewaffneten bis auf eine Meile vor Kalisch und sandte Karl einen kräftigen Wal- lach bis vor das Stadttor. Karl untersuchte denselben sehr genau, wie er von dem nach Breslau gesandten Boten belehrt war. Auf das so herbeigebrachte Pferd nun schwang er sich und eilte in schnellem Lauf zu den aus Breslau zu seiner Be- 254 Das nun Folgende hat sich im März 1345 zugetragen, wie aus dem Briefe eines italienischen Ritters hervorgeht; die in den Regesten Nr. 206 und 207 angeführten Urkunden Karls vom 1. und 14. Februar sind daher aus dem Jahre 1345 zu entfernen. Vgl. die nähere Aus- führung Grünhagens in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens, Bd. 16, S. 266ff. 255 Bolko II. von Fürstenberg und Schweidnitz war der Sohn Kuni- gundens, einer Schwester König Kasimirs des Großen von Polen: Grotefend, Stammtafeln der schlesischen Fürsten, Nr. IV und XVII.
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86 JUGENDLEBEN KARLS IV. freiung Herbeigeeilten. Als dann der König von Krakau er- fuhr, daß Karl in dieser Weise seinen Schlingen entronnen sei. ließ er dessen ganze Dienerschaft, welche in Kalisch verweilte, verhaften; da er jedoch Karl nicht, wie er gewünscht, hatte zurückhalten können, gestattete er ihnen später den Abzug. Dagegen hatte König Kasimir die zum Gebiete von Breslau gehörige Stadt Steinau belagert und eingenommen, woselbst er durch Schändung von Mädchen und Bürgersfrauen viele Frevel verübte. Als dies dem Könige Johann von Böhmen, welcher damals am Rhein seine Zeit verbrachte256, gemeldet ward, kam er sogleich nach Böhmen, sammelte ein Heer, be- lagerte die Stadt Schweidnitz, und nachdem er die Umgebung derselben verheert und ihr Gebiet zum Großteil verwüstet, eroberte und vernichtete er die Stadt Landshut. Weil näm- lich der Herzog von Schweidnitz jene feindlichen Nachstel- lungen und Ränke, durch welche Karl, wie oben erzählt, in Kalisch zurückgehalten worden war, hinterlistiger und frevel- hafterweise begünstigt hatte, lagen König Johann und Karl zehn Wochen lang im Lande des Herzogs257 und kehrten erst nach Böhmen zurück, nachdem sie das Land, zur Strafe für das begangene Verbrechen, rücksichtsloser Plünderung preis- gegeben. ACHTZEHNTES KAPITEL Kurze Zeit, nachdem dies geschehen war, errichtete Ludwig der Bayer, der sich Kaiser nannte, mit dem König von Un- garn, dem Herzog von Österreich, dem König von Krakau, dem Markgrafen von Meißen und dem Herzog von Schweid- nitz einen starken Bund gegen den König Johann von Böh- men und den Markgrafen Karl von Mähren. Sie alle sandten in einer und derselben Woche an Johann und Karl ihre Fehde- briefe; denn sie wollten sie anfallen und wie ihre Todfeinde verfolgen. Durch diese Nachrichten erschreckt, schickte König 256 Am 18. März war er in Trier: Regesten K. Johanns Nr. 325. 257 Am 27. April erteilten beide eine Urkunde „im Lager vor Schweid- nitz“: Regesten Karls, Nr. 212, Johanns. Nr. 327.
86 JUGENDLEBEN KARLS IV. freiung Herbeigeeilten. Als dann der König von Krakau er- fuhr, daß Karl in dieser Weise seinen Schlingen entronnen sei. ließ er dessen ganze Dienerschaft, welche in Kalisch verweilte, verhaften; da er jedoch Karl nicht, wie er gewünscht, hatte zurückhalten können, gestattete er ihnen später den Abzug. Dagegen hatte König Kasimir die zum Gebiete von Breslau gehörige Stadt Steinau belagert und eingenommen, woselbst er durch Schändung von Mädchen und Bürgersfrauen viele Frevel verübte. Als dies dem Könige Johann von Böhmen, welcher damals am Rhein seine Zeit verbrachte256, gemeldet ward, kam er sogleich nach Böhmen, sammelte ein Heer, be- lagerte die Stadt Schweidnitz, und nachdem er die Umgebung derselben verheert und ihr Gebiet zum Großteil verwüstet, eroberte und vernichtete er die Stadt Landshut. Weil näm- lich der Herzog von Schweidnitz jene feindlichen Nachstel- lungen und Ränke, durch welche Karl, wie oben erzählt, in Kalisch zurückgehalten worden war, hinterlistiger und frevel- hafterweise begünstigt hatte, lagen König Johann und Karl zehn Wochen lang im Lande des Herzogs257 und kehrten erst nach Böhmen zurück, nachdem sie das Land, zur Strafe für das begangene Verbrechen, rücksichtsloser Plünderung preis- gegeben. ACHTZEHNTES KAPITEL Kurze Zeit, nachdem dies geschehen war, errichtete Ludwig der Bayer, der sich Kaiser nannte, mit dem König von Un- garn, dem Herzog von Österreich, dem König von Krakau, dem Markgrafen von Meißen und dem Herzog von Schweid- nitz einen starken Bund gegen den König Johann von Böh- men und den Markgrafen Karl von Mähren. Sie alle sandten in einer und derselben Woche an Johann und Karl ihre Fehde- briefe; denn sie wollten sie anfallen und wie ihre Todfeinde verfolgen. Durch diese Nachrichten erschreckt, schickte König 256 Am 18. März war er in Trier: Regesten K. Johanns Nr. 325. 257 Am 27. April erteilten beide eine Urkunde „im Lager vor Schweid- nitz“: Regesten Karls, Nr. 212, Johanns. Nr. 327.
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KAPITEL XVIII 87 Johann eine feierliche Gesandtschaft, nämlich Herrn Nikolaus von Luxemburg, seinen vertrauten Rat, und den Schatz- meister Herrn Heinrich von Neuernburg, seinen obersten No- tar, zu Ludwig, um mit ihm zur Unterhandlung über den Frieden oder über einen zwischen ihnen zu schließenden Waf- fenstillstand zu einem bestimmten Zeitpunkt zu konferieren. Doch dieser antwortete einfach, daß er mit ihm keinen Waf- fenstillstand wolle noch irgendwelche Friedensverhandlungen mit ihm suche. Als König Johann dies hörte, sprach er: „In Gottes Namen denn! Je mehr wir Feinde haben, desto mehr Kriegsbeute haben wir zu erhoffen; und ich schwöre bei dem Herrn Jesus Christus, daß ich jeden von ihnen, der mich zu- erst angreift, so niederschmettern will, daß alle anderen darob zittern.“ Nicht lange nachher griff König Kasimir von Krakau eine Stadt des Herzogs von Troppau, namens Sohrau258 an und schloß sie feindlich ein. Der Herzog schickte sogleich zum Kö- nig Johann nach Prag und bat inständigst um eine Anzahl Bewaffneter, mit deren Hilfe er seine von König Kasimir belagerte Stadt befreien könnte. König Johann antwortete, als er dies vernommen hatte, fröhlichen Mutes, er wolle ihm kein Kriegsvolk senden, sondern ihm binnen vier Tagen in eigner Person mit einer großen Menge Bewaffneter Hilfe bringen. Sogleich rief Johann alle Barone des Königreichs Böhmen an einen Ort259 zusammen und sprach, daß es alle hörten: „Wohlan, edle und tapfre Männer und geliebte Ge- treue! Es ist Pflicht, daß wir Krone und Land gegen alle, die uns und euch widerrechtlich anfallen, mit Schwert und Waf- fen verteidigen. Weil nun dieser Kasimir, der König von Kra- kau, zu unserer Schmach den Vasallen und Fürsten unseres Reiches Böhmen und unserer Krone Herzog Nikolaus von Troppau feindlich überfallen hat, so halten wir dadurch un- sere Majestät für schwer beleidigt und dürfen es nicht leicht 258 In Oberschlesien, jetzt Polen. 28° Dieser Ort war, wie sich weiter unten zeigt, Kuttenberg, im SO von Prag, südlich von Kolin, etwa auf der Mitte des Weges nach Mähren.
KAPITEL XVIII 87 Johann eine feierliche Gesandtschaft, nämlich Herrn Nikolaus von Luxemburg, seinen vertrauten Rat, und den Schatz- meister Herrn Heinrich von Neuernburg, seinen obersten No- tar, zu Ludwig, um mit ihm zur Unterhandlung über den Frieden oder über einen zwischen ihnen zu schließenden Waf- fenstillstand zu einem bestimmten Zeitpunkt zu konferieren. Doch dieser antwortete einfach, daß er mit ihm keinen Waf- fenstillstand wolle noch irgendwelche Friedensverhandlungen mit ihm suche. Als König Johann dies hörte, sprach er: „In Gottes Namen denn! Je mehr wir Feinde haben, desto mehr Kriegsbeute haben wir zu erhoffen; und ich schwöre bei dem Herrn Jesus Christus, daß ich jeden von ihnen, der mich zu- erst angreift, so niederschmettern will, daß alle anderen darob zittern.“ Nicht lange nachher griff König Kasimir von Krakau eine Stadt des Herzogs von Troppau, namens Sohrau258 an und schloß sie feindlich ein. Der Herzog schickte sogleich zum Kö- nig Johann nach Prag und bat inständigst um eine Anzahl Bewaffneter, mit deren Hilfe er seine von König Kasimir belagerte Stadt befreien könnte. König Johann antwortete, als er dies vernommen hatte, fröhlichen Mutes, er wolle ihm kein Kriegsvolk senden, sondern ihm binnen vier Tagen in eigner Person mit einer großen Menge Bewaffneter Hilfe bringen. Sogleich rief Johann alle Barone des Königreichs Böhmen an einen Ort259 zusammen und sprach, daß es alle hörten: „Wohlan, edle und tapfre Männer und geliebte Ge- treue! Es ist Pflicht, daß wir Krone und Land gegen alle, die uns und euch widerrechtlich anfallen, mit Schwert und Waf- fen verteidigen. Weil nun dieser Kasimir, der König von Kra- kau, zu unserer Schmach den Vasallen und Fürsten unseres Reiches Böhmen und unserer Krone Herzog Nikolaus von Troppau feindlich überfallen hat, so halten wir dadurch un- sere Majestät für schwer beleidigt und dürfen es nicht leicht 258 In Oberschlesien, jetzt Polen. 28° Dieser Ort war, wie sich weiter unten zeigt, Kuttenberg, im SO von Prag, südlich von Kolin, etwa auf der Mitte des Weges nach Mähren.
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88 JUGENDLEBEN KARLS IV. hinnehmen, daß diejenigen, welche sich des Friedens und der Ruhe wegen unter unsere Herrschaft begeben haben, einen schweren Angriff erleiden. Damit uns daher nicht gleich- gültige Trägheit zur Last gelegt und Schläfrigkeit müßiger Ruhe vorgeworfen werde, wollen wir und befehlen euch, jedem einzelnen und allen insgesamt, sogleich zu den Waffen zu greifen und uns kampfbereit ohne Verzug Folge zu leisten, um die törichte Keckheit jenes Königs zurückzuweisen, der unseren Fürsten und Vasallen anzugreifen wagt, während sich dieser, unseres Schutzes teilhaftig, mit Recht der Ruhe des Friedens erfreuen sollte." Die Barone aber antworteten auf die Rede des Königs: „Kö- niglicher Herr! Es gehört zu unserem Rechte und ist von aller Zeit her unverletzlich beobachtet worden, daß wir über das Königreich hinaus nicht mit den Waffen ausziehen müs- sen, sondern nur innerhalb der Grenzen desselben verpflichtet sind, das Reich gegen diejenigen, welche es feindlich anzu- greifen wagen, nach Kräften zu verteidigen und zu schützen." Da sprach der König zu ihnen: „Es ist klar, daß das Herzog- tum Troppau gleichwie die anderen Herzogtümer Polens dem König von Böhmen und der Krone des Reiches zu Gehorsam verbunden; deshalb begebe ich mich schwertumgürtet stracks auf den Weg und will sehen, wer unter euch von so kühner Verwogenheit und so unbesonnener Vermessenheit ist, daß er sich erdreisten kann, nicht zu folgen." Noch in derselben Nacht brach König Johann von Kutten- berg, wo er mit den Baronen des Reiches solche Zwiesprach gehalten, mit 500 Helmen auf und eilte Tag und Nacht zum Herzog Nikolaus von Troppau200. Sogleich folgten ihm 200 Bis Mitte Juni finden wir Johann und Karl noch in Prag (Regesten Johanns S. 332 Karls, Nr. 215). Gleich darauf wird die Versammlung in Kuttenberg stattgefunden haben; denn schon am 29. Juni ver- spricht Karl „im Feldlager zwischen Freistadt und Loslau“ (an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze, nahe von Oderberg), mehreren Rittern und Herren, die in seinem Dienst gegen den König von Krakau ziehen, alle Schäden und Auslagen ersetzen zu wollen: Regesten Karls Nr. 216.
88 JUGENDLEBEN KARLS IV. hinnehmen, daß diejenigen, welche sich des Friedens und der Ruhe wegen unter unsere Herrschaft begeben haben, einen schweren Angriff erleiden. Damit uns daher nicht gleich- gültige Trägheit zur Last gelegt und Schläfrigkeit müßiger Ruhe vorgeworfen werde, wollen wir und befehlen euch, jedem einzelnen und allen insgesamt, sogleich zu den Waffen zu greifen und uns kampfbereit ohne Verzug Folge zu leisten, um die törichte Keckheit jenes Königs zurückzuweisen, der unseren Fürsten und Vasallen anzugreifen wagt, während sich dieser, unseres Schutzes teilhaftig, mit Recht der Ruhe des Friedens erfreuen sollte." Die Barone aber antworteten auf die Rede des Königs: „Kö- niglicher Herr! Es gehört zu unserem Rechte und ist von aller Zeit her unverletzlich beobachtet worden, daß wir über das Königreich hinaus nicht mit den Waffen ausziehen müs- sen, sondern nur innerhalb der Grenzen desselben verpflichtet sind, das Reich gegen diejenigen, welche es feindlich anzu- greifen wagen, nach Kräften zu verteidigen und zu schützen." Da sprach der König zu ihnen: „Es ist klar, daß das Herzog- tum Troppau gleichwie die anderen Herzogtümer Polens dem König von Böhmen und der Krone des Reiches zu Gehorsam verbunden; deshalb begebe ich mich schwertumgürtet stracks auf den Weg und will sehen, wer unter euch von so kühner Verwogenheit und so unbesonnener Vermessenheit ist, daß er sich erdreisten kann, nicht zu folgen." Noch in derselben Nacht brach König Johann von Kutten- berg, wo er mit den Baronen des Reiches solche Zwiesprach gehalten, mit 500 Helmen auf und eilte Tag und Nacht zum Herzog Nikolaus von Troppau200. Sogleich folgten ihm 200 Bis Mitte Juni finden wir Johann und Karl noch in Prag (Regesten Johanns S. 332 Karls, Nr. 215). Gleich darauf wird die Versammlung in Kuttenberg stattgefunden haben; denn schon am 29. Juni ver- spricht Karl „im Feldlager zwischen Freistadt und Loslau“ (an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze, nahe von Oderberg), mehreren Rittern und Herren, die in seinem Dienst gegen den König von Krakau ziehen, alle Schäden und Auslagen ersetzen zu wollen: Regesten Karls Nr. 216.
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KAPITEL XVIII 89 sämtliche Barone und Edlen des Reiches, und bevor er noch zu jenem Herzog stieß, hatte er bereits 2000 Helme, die Bo- genschützen und anderen Waffen nicht mitgerechnet. Der edle Czenko von Lipa261 mit 300 Bewaffneten war schneller im Marsch. Er eröffnete mit den Ungarn und an- deren, welche auf König Kasimirs Befehl die Stadt des Her- zogs belagerten, einen heißen Kampf und verfolgte sie, da sie die Flucht ergriffen, bis zur Stadt Krakau. Auf dieser Flucht wurden 300 Ungarn getötet und 60 Edle gefangen. Den Übri- gen setzte er so hastig nach, daß er selbst und ein großer Teil der Seinen rasenden Muts in die Stadt gerieten; hier wurden sie, da man das Gitter des Turmes niederließ, festgenommen. König Johann empfand es sehr schmerzlich, daß er das Scharmützel versäumte, denn er hätte die Stadt leicht ohne jeden Widerstand eingenommen. Gleich am selben Tage je- doch schloß er Krakau mit einem großen Heere ein und ver- wüstete während der Belagerung die Vorstädte und teils auch die Landschaft. Damals ließ König Kasimir von Krakau dem König Johann sagen: er möchte sich doch, um vieler Menschen Lebens- gefährdung zu meiden, mit ihm allein in ein Zimmer schließen, und wer da den andern besiegte, solle mit ihm tun können, was er wolle. Da König Johann damals schon vollständig blind war, ließ er ihm sagen, er möge sich zuvördest blenden lassen, so würden die Waffen gleich sein, und er wolle dann sehr gern den Zweikampf eingehn. Auf Kasimirs Wunsch kam nun sogleich ein dreiwöchiger Waffenstillstand zwischen ihnen zustande; und während die- ser noch dauerte, wurde der ganze Gegenstand der Feindselig- keiten dahin beglichen, Markgraf Karl von Mähren sei be- treffs einer Summe von 10000 Mark Silbers, welche ihm Kasimir einst leihweise überlassen, aller Schuld und Verbind- 261 Ein sehr begüterter Bergwerksbesitzer, vgl. Regesten Karls Nr. 85, 1370. — Böhmisch-Leipa: östlich von Aussig, in der Nähe der sächsi- schen Oberlausitz.
KAPITEL XVIII 89 sämtliche Barone und Edlen des Reiches, und bevor er noch zu jenem Herzog stieß, hatte er bereits 2000 Helme, die Bo- genschützen und anderen Waffen nicht mitgerechnet. Der edle Czenko von Lipa261 mit 300 Bewaffneten war schneller im Marsch. Er eröffnete mit den Ungarn und an- deren, welche auf König Kasimirs Befehl die Stadt des Her- zogs belagerten, einen heißen Kampf und verfolgte sie, da sie die Flucht ergriffen, bis zur Stadt Krakau. Auf dieser Flucht wurden 300 Ungarn getötet und 60 Edle gefangen. Den Übri- gen setzte er so hastig nach, daß er selbst und ein großer Teil der Seinen rasenden Muts in die Stadt gerieten; hier wurden sie, da man das Gitter des Turmes niederließ, festgenommen. König Johann empfand es sehr schmerzlich, daß er das Scharmützel versäumte, denn er hätte die Stadt leicht ohne jeden Widerstand eingenommen. Gleich am selben Tage je- doch schloß er Krakau mit einem großen Heere ein und ver- wüstete während der Belagerung die Vorstädte und teils auch die Landschaft. Damals ließ König Kasimir von Krakau dem König Johann sagen: er möchte sich doch, um vieler Menschen Lebens- gefährdung zu meiden, mit ihm allein in ein Zimmer schließen, und wer da den andern besiegte, solle mit ihm tun können, was er wolle. Da König Johann damals schon vollständig blind war, ließ er ihm sagen, er möge sich zuvördest blenden lassen, so würden die Waffen gleich sein, und er wolle dann sehr gern den Zweikampf eingehn. Auf Kasimirs Wunsch kam nun sogleich ein dreiwöchiger Waffenstillstand zwischen ihnen zustande; und während die- ser noch dauerte, wurde der ganze Gegenstand der Feindselig- keiten dahin beglichen, Markgraf Karl von Mähren sei be- treffs einer Summe von 10000 Mark Silbers, welche ihm Kasimir einst leihweise überlassen, aller Schuld und Verbind- 261 Ein sehr begüterter Bergwerksbesitzer, vgl. Regesten Karls Nr. 85, 1370. — Böhmisch-Leipa: östlich von Aussig, in der Nähe der sächsi- schen Oberlausitz.
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90 JUGENDLEBEN KARLS IV. lichkeit los und ledig262. Nachdem so der Grund des Streites beseitigt war, wurde zwischen ihnen ein fester Friede ge- stiftet und in diesen Friedensvertrag alle jene Fürsten, welche zuvor dem Könige Johann und dem Markgrafen Karl von Mähren abgesagt hatten, einmütig einbezogen263. NEUNZEHNTES KAPITEL Hierauf2' schickte Ludwig der Bayer eine feierliche Gesandt- schaft an König Johann und Karl mit der dringenden Bitte, mit ihm einen bestimmten Tag zu einer Unterredung an- 262 Wenn Palacky den von ihm einem Formelbuche entnommenen Brief (Gesch. Böhmens II., 2, S. 261, Anm. 336) mit Recht auf diese Vorgänge bezöge, so würde mit Schötter, Johann Graf v. Luxemburg und König v. Böhmen II, 239, daraus zu schließen sein, daß Markgraf Karl nicht mitgezogen, sondern in Böhmen zum Schutze des Landes gegen einen etwaigen Einfall der Bayern zurückgeblieben war (ad de- fendendum regnum...dominus noster rex nos domi et in metis versus Bavariam reliquit). Dagegen spricht jedoch, von der obigen Friedens- bedingung abgesehen, ganz unwiderleglich die soeben zitierte, „im Feldlager“ ausgestellte Urkunde Karls. 268 Aus den übrigen von Böhmer in den Regesten angeführten Quellen geht hervor, daß die Belagerung Krakaus am 12. Juli begann und ent- weder 3 oder 8 Tage dauerte, daß ferner die Waffenruhe bis zum nächsten Martinitag, also bis zum 11. November ausgedehnt wurde. was freilich mit den drei Wochen der Vita nicht zu vereinigen ist. — Die Gefangennahme des Czenko von Lipa stellt Benesch, p. 288—289, in ganz anderer und so ungünstiger Weise dar, daß auch hier ein un- vereinbarer Widerspruch mit der Vita vorliegt, in welchem sich Pa- lacky a. a. O., S. 337, zugunsten der letzteren entscheidet. 264 Über die Glaubwürdigkeit dieses „Post hoc“ ist von Herausgebern und Bearbeitern viel geschrieben worden, und Palacky wie Böhmer und Schötter verlegen die hier erzählte Begebenheit vom Jahre 1345 zurück in die Jahre 1341 bis 1343. Bei der schwankenden Politik
90 JUGENDLEBEN KARLS IV. lichkeit los und ledig262. Nachdem so der Grund des Streites beseitigt war, wurde zwischen ihnen ein fester Friede ge- stiftet und in diesen Friedensvertrag alle jene Fürsten, welche zuvor dem Könige Johann und dem Markgrafen Karl von Mähren abgesagt hatten, einmütig einbezogen263. NEUNZEHNTES KAPITEL Hierauf2' schickte Ludwig der Bayer eine feierliche Gesandt- schaft an König Johann und Karl mit der dringenden Bitte, mit ihm einen bestimmten Tag zu einer Unterredung an- 262 Wenn Palacky den von ihm einem Formelbuche entnommenen Brief (Gesch. Böhmens II., 2, S. 261, Anm. 336) mit Recht auf diese Vorgänge bezöge, so würde mit Schötter, Johann Graf v. Luxemburg und König v. Böhmen II, 239, daraus zu schließen sein, daß Markgraf Karl nicht mitgezogen, sondern in Böhmen zum Schutze des Landes gegen einen etwaigen Einfall der Bayern zurückgeblieben war (ad de- fendendum regnum...dominus noster rex nos domi et in metis versus Bavariam reliquit). Dagegen spricht jedoch, von der obigen Friedens- bedingung abgesehen, ganz unwiderleglich die soeben zitierte, „im Feldlager“ ausgestellte Urkunde Karls. 268 Aus den übrigen von Böhmer in den Regesten angeführten Quellen geht hervor, daß die Belagerung Krakaus am 12. Juli begann und ent- weder 3 oder 8 Tage dauerte, daß ferner die Waffenruhe bis zum nächsten Martinitag, also bis zum 11. November ausgedehnt wurde. was freilich mit den drei Wochen der Vita nicht zu vereinigen ist. — Die Gefangennahme des Czenko von Lipa stellt Benesch, p. 288—289, in ganz anderer und so ungünstiger Weise dar, daß auch hier ein un- vereinbarer Widerspruch mit der Vita vorliegt, in welchem sich Pa- lacky a. a. O., S. 337, zugunsten der letzteren entscheidet. 264 Über die Glaubwürdigkeit dieses „Post hoc“ ist von Herausgebern und Bearbeitern viel geschrieben worden, und Palacky wie Böhmer und Schötter verlegen die hier erzählte Begebenheit vom Jahre 1345 zurück in die Jahre 1341 bis 1343. Bei der schwankenden Politik
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KAPITEL. XIX 91 zuberaumen; er wolle ihm nämlich wegen aller Kränkungen und Gewalttaten, welche dessen Sohn Johann von seinem Sohne Ludwig durch Wegnahme der Gattin und der Graf- schaft Tirol erlitten, vollständige Genugtuung geben und an- gemessene Entschädigung leisten. Als Termin für diese Be- sprechungen wurde ein Tag festgesetzt, an welchem man vor dem Bischof von Trier, der des Königs Johann Oheim war, in Trier erscheinen sollte. Es trafen zu diesem Termin von seiten des Königs Johann viele Herren und Vornehme ein, welche über die wichtige Angelegenheit lange Verhandlungen führten, wie die Ungeheuerlichkeit der Tat und die verab- scheuungswürdige Größe des begangenen Verbrechens sie er- forderlich machte. „Ist es doch von der Welt an nicht er- hört“265, daß je ein großer und edler Fürst und Herr durch feindselige Umtriebe und verräterische List eines so schönen Landes und der eignen Gattin so nichtswürdig wäre beraubt worden. Nachdem daher viele Vorschläge geprüft worden waren, wurde verkündet: es zieme sich nicht für Johann, welcher durch böswillige und trügerische List von den Seini- gen aus der Grafschaft Tirol und seinen übrigen Gebieten vertrieben und verwiesen war, und wäre für ihn eine Schande, in die Grafschaft Tirol und seine übrigen Gebiete nochmals zurückzukehren, auch die Gattin wieder aufzunehmen, welche durch die Schmach des Ehebruchs so entehrt sei, daß er sie niemals wieder in sanfter Umarmung halten und mit ehe- licher Empfindung, frei von Widerwillen und Abscheu, wie es das Verhältnis von Gatten erfordere, lieben könne. End- lich gelangte man dahin, daß Ludwig von Bayern sich dazu herbeiließ, dem Könige Johann und seinem Sohne, der, wie jener Zeit jedoch, die eine Politik im höheren Sinne überhaupt nicht war, hat diese chronologische Frage woll kaum einige Bedeutung. Ubrigens schließt sich das hier folgende Faktum inhaltlich recht gut dem Vorhergehenden an; es erscheint als Wirkung des Krakauer Frie- dens, daß König Ludwig, der kurz zuvor (oben S. 87) jede Verhand- lung mit Johann abgelehnt, eine solche nunmehr selbst nachsucht 26s Nach der Bibelstelle Joh. 9, 32: I sacculo non est auditum.
KAPITEL. XIX 91 zuberaumen; er wolle ihm nämlich wegen aller Kränkungen und Gewalttaten, welche dessen Sohn Johann von seinem Sohne Ludwig durch Wegnahme der Gattin und der Graf- schaft Tirol erlitten, vollständige Genugtuung geben und an- gemessene Entschädigung leisten. Als Termin für diese Be- sprechungen wurde ein Tag festgesetzt, an welchem man vor dem Bischof von Trier, der des Königs Johann Oheim war, in Trier erscheinen sollte. Es trafen zu diesem Termin von seiten des Königs Johann viele Herren und Vornehme ein, welche über die wichtige Angelegenheit lange Verhandlungen führten, wie die Ungeheuerlichkeit der Tat und die verab- scheuungswürdige Größe des begangenen Verbrechens sie er- forderlich machte. „Ist es doch von der Welt an nicht er- hört“265, daß je ein großer und edler Fürst und Herr durch feindselige Umtriebe und verräterische List eines so schönen Landes und der eignen Gattin so nichtswürdig wäre beraubt worden. Nachdem daher viele Vorschläge geprüft worden waren, wurde verkündet: es zieme sich nicht für Johann, welcher durch böswillige und trügerische List von den Seini- gen aus der Grafschaft Tirol und seinen übrigen Gebieten vertrieben und verwiesen war, und wäre für ihn eine Schande, in die Grafschaft Tirol und seine übrigen Gebiete nochmals zurückzukehren, auch die Gattin wieder aufzunehmen, welche durch die Schmach des Ehebruchs so entehrt sei, daß er sie niemals wieder in sanfter Umarmung halten und mit ehe- licher Empfindung, frei von Widerwillen und Abscheu, wie es das Verhältnis von Gatten erfordere, lieben könne. End- lich gelangte man dahin, daß Ludwig von Bayern sich dazu herbeiließ, dem Könige Johann und seinem Sohne, der, wie jener Zeit jedoch, die eine Politik im höheren Sinne überhaupt nicht war, hat diese chronologische Frage woll kaum einige Bedeutung. Ubrigens schließt sich das hier folgende Faktum inhaltlich recht gut dem Vorhergehenden an; es erscheint als Wirkung des Krakauer Frie- dens, daß König Ludwig, der kurz zuvor (oben S. 87) jede Verhand- lung mit Johann abgelehnt, eine solche nunmehr selbst nachsucht 26s Nach der Bibelstelle Joh. 9, 32: I sacculo non est auditum.
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92 JUGENDLEBEN KARLS IV. gesagt, aus seinen Gebieten verbannt war, das Lausitzer Land, nämlich die Städte Görlitz und Bautzen, geben zu wollen, welche mit allen Gebieten und dem gesamten Zu- behör dem Königreiche Böhmen einverleibt werden und so- in aller Folgezeit bleiben sollten, dazu noch 20000 Markreinen Silbers, für welche der Markgraf die Städte Berlin, Branden- burg und Stendal mit jedem dazu gehörigen Einkommen, Nutzen und Nießbrauch samt und sonders so lange dem Kö- nige oder seinem Sohne Johann zu Besitz und Nutzung ver- pfänden wollte, als jene 20000 Mark nicht in barem Gelde zu Prag bezahlt wären bis auf den letzten Pfennig. In diese Abmachung willigte König Johann ein. Als sie aber seinen Söhnen, dem Markgrafen Karl von Mähren und Jo- hann hinterbracht wurde, wollten sie nicht zustimmen. Sie erklärten: „Sobald unser Vater jene Gelder an sich genom- men hat, wird er sie mit den Rheinländer Junkern ver- geuden266, so daß wir geprellt und betrogen bleiben.“ Als daher Ludwig hörte, daß die Söhne König Johanns jene Ab- machung weder mündlich noch schriftlich bestätigen wollten, blieb alles, was verhandelt und abgemacht worden war, null und nichtig. Ludwig der Bayer erschrak darüber sehr und war unsäglich betroffen; er ahnte darin das Vorzeichen bösen Ausgangs, daß sich die Söhne des Königs Johann weigerten, eine von hohen Fürsten nach reiflicher und umsichtiger Uber- legung beschlossene und geordnete, von ihrem eigenen Vater angenommene Abmachung genehmigend gutzuheißen, und ihr vielmehr so leidenschaftlich und stolz widersprachen. 266 „inter Rinenses henkinos.“ Bei Ducange erscheint für „henkinos" der Provinzialismus „Henchen“ oder „Hencken“, keinesfalls „Hen- cker“, das von Böhmer, S. 486, mit Recht verworfen wird. Böhmers. Auslegung „Hennegauer“ jedoch scheint nach Oelsner nur dann an- nehmbar, wenn die beiden Wörter durch ein ,und“ verbunden wären. Der gut luxemburgische Schötter hilft sich mit der freien Uber- tragung: „rheinische Günstlinge“ (II, S. 222).
92 JUGENDLEBEN KARLS IV. gesagt, aus seinen Gebieten verbannt war, das Lausitzer Land, nämlich die Städte Görlitz und Bautzen, geben zu wollen, welche mit allen Gebieten und dem gesamten Zu- behör dem Königreiche Böhmen einverleibt werden und so- in aller Folgezeit bleiben sollten, dazu noch 20000 Markreinen Silbers, für welche der Markgraf die Städte Berlin, Branden- burg und Stendal mit jedem dazu gehörigen Einkommen, Nutzen und Nießbrauch samt und sonders so lange dem Kö- nige oder seinem Sohne Johann zu Besitz und Nutzung ver- pfänden wollte, als jene 20000 Mark nicht in barem Gelde zu Prag bezahlt wären bis auf den letzten Pfennig. In diese Abmachung willigte König Johann ein. Als sie aber seinen Söhnen, dem Markgrafen Karl von Mähren und Jo- hann hinterbracht wurde, wollten sie nicht zustimmen. Sie erklärten: „Sobald unser Vater jene Gelder an sich genom- men hat, wird er sie mit den Rheinländer Junkern ver- geuden266, so daß wir geprellt und betrogen bleiben.“ Als daher Ludwig hörte, daß die Söhne König Johanns jene Ab- machung weder mündlich noch schriftlich bestätigen wollten, blieb alles, was verhandelt und abgemacht worden war, null und nichtig. Ludwig der Bayer erschrak darüber sehr und war unsäglich betroffen; er ahnte darin das Vorzeichen bösen Ausgangs, daß sich die Söhne des Königs Johann weigerten, eine von hohen Fürsten nach reiflicher und umsichtiger Uber- legung beschlossene und geordnete, von ihrem eigenen Vater angenommene Abmachung genehmigend gutzuheißen, und ihr vielmehr so leidenschaftlich und stolz widersprachen. 266 „inter Rinenses henkinos.“ Bei Ducange erscheint für „henkinos" der Provinzialismus „Henchen“ oder „Hencken“, keinesfalls „Hen- cker“, das von Böhmer, S. 486, mit Recht verworfen wird. Böhmers. Auslegung „Hennegauer“ jedoch scheint nach Oelsner nur dann an- nehmbar, wenn die beiden Wörter durch ein ,und“ verbunden wären. Der gut luxemburgische Schötter hilft sich mit der freien Uber- tragung: „rheinische Günstlinge“ (II, S. 222).
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KAPITEL XX 93 ZWANZIGSTES KAPITEL Hierauf begab sich König Johann zum Papste Benedikt267 an den Hof zu Avignon und einigte sich mit ihm dahin, daf dieser vor allen einberufenen Kurfürsten erklären sollte, Lud- wig von Bayern sei nicht der wahre Kaiser, da er sich gegen die heilige römische Kirche, die Mutter der Christenheit, auf- lehne und zum Zweck seiner Krönung einen Minoritenbruder als Papst eingesetzt habe. Und so schritten die Wähler so- gleich zur Wahl und erhoben den Markgrafen Karl von Mähren unter glücklichen Zeichen zum König der Römer. — 267 Irrtümlich statt Klemens VI., des oben, S. 30 und S. 78 genannten Abtes Peter von Fécamp. Benedikt XII. war bereits am 25. April 1342 gestorben und Klemens VI. ihm im Mai desselben Jahres gefolgt.
KAPITEL XX 93 ZWANZIGSTES KAPITEL Hierauf begab sich König Johann zum Papste Benedikt267 an den Hof zu Avignon und einigte sich mit ihm dahin, daf dieser vor allen einberufenen Kurfürsten erklären sollte, Lud- wig von Bayern sei nicht der wahre Kaiser, da er sich gegen die heilige römische Kirche, die Mutter der Christenheit, auf- lehne und zum Zweck seiner Krönung einen Minoritenbruder als Papst eingesetzt habe. Und so schritten die Wähler so- gleich zur Wahl und erhoben den Markgrafen Karl von Mähren unter glücklichen Zeichen zum König der Römer. — 267 Irrtümlich statt Klemens VI., des oben, S. 30 und S. 78 genannten Abtes Peter von Fécamp. Benedikt XII. war bereits am 25. April 1342 gestorben und Klemens VI. ihm im Mai desselben Jahres gefolgt.
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DIE ST.-WENZELS-LEGENDE KAISER KARLS IV.
DIE ST.-WENZELS-LEGENDE KAISER KARLS IV.
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EINFUHRUNG Der Luxemburger Karl IV., nach seiner Mutter Elisabeth aus přemyslidischem Geblüt', im Jahre 1346 zum deutschen König gekrönt, schenkte die Krone, mit der er im folgenden Jahre zum König von Böhmen gekrönt wurde, dem heiligen Wenzel, seinem Taufpatron und dem himmlischen Schutz- herrn seines Erblandes Böhmen, der in der Prager St.-Veits- kirche auf dem Hradschin ruhte und über dessen Grabe sich ein wundervoller gotischer Prachtbau erheben sollte2 als Wahrzeichen der neuen Metropole, während in der nachbar- lichen romanischen St.-Georgskirche die heilige Ludmila bei- gesetzt war. Dabei hat aber der Luxemburger den Kult Karls des Großen, seines Firmpatrons, nach dem er sich fortan nannte, keineswegs vernachlässigt, sondern er fühlte sich ihm zeitlebens aus persönlichen und dynastischen Gründen in- nigst verbunden, wie auch die Errichtung des Karlsstifts in der Prager Neustadt beweist. In seiner letzten großen Arbeit zur Böhmischen Landesgeschichte hat Wilhelm Wostry, der Verfasser der vielbeachteten „Drei St.- Wenzel-Studien“, unter dem Titel „Die Ursprünge der Primisliden" festgestellt, „daß die Primisliden“ — tschechisch Přemyslovci, da- nach auch deutsch Přemysliden genannt — „eigentlich keine ,Pri- misliden' sind, daß nicht Primisl, sondern erst Bořivoj ihr historisch greifbarer Ahnherr ist“. Wostry fügt hinzu, diese Erkenntnis „nimmt dem nach dem sagenhaften Ackermann-Fürsten benannten Fürstengeschlecht nichts von seiner geschichtlichen Bedeutung“. Der Erstdruck dieser Arbeit für den 7. Band der Zeitschrift für Ge- schichte der Sudetenländer wurde durch Kriegseinwirkung ver- nichtet, doch erschien zusammen mit den Beiträgen anderer For- scher ein Neudruck in den Forschungen zur Geschichte und Landes- kunde der Sudetenländer Band I („Prager Festgabe für Theodor Mayer“) Freilassing-Salzburg 1953, S. 156—253. Wostry ergänzt: es ist die auch heute bestehende Zierde Prags, der nach den Plänen des deutschen Baumeisters Peter Parler errichtete Dom.
EINFUHRUNG Der Luxemburger Karl IV., nach seiner Mutter Elisabeth aus přemyslidischem Geblüt', im Jahre 1346 zum deutschen König gekrönt, schenkte die Krone, mit der er im folgenden Jahre zum König von Böhmen gekrönt wurde, dem heiligen Wenzel, seinem Taufpatron und dem himmlischen Schutz- herrn seines Erblandes Böhmen, der in der Prager St.-Veits- kirche auf dem Hradschin ruhte und über dessen Grabe sich ein wundervoller gotischer Prachtbau erheben sollte2 als Wahrzeichen der neuen Metropole, während in der nachbar- lichen romanischen St.-Georgskirche die heilige Ludmila bei- gesetzt war. Dabei hat aber der Luxemburger den Kult Karls des Großen, seines Firmpatrons, nach dem er sich fortan nannte, keineswegs vernachlässigt, sondern er fühlte sich ihm zeitlebens aus persönlichen und dynastischen Gründen in- nigst verbunden, wie auch die Errichtung des Karlsstifts in der Prager Neustadt beweist. In seiner letzten großen Arbeit zur Böhmischen Landesgeschichte hat Wilhelm Wostry, der Verfasser der vielbeachteten „Drei St.- Wenzel-Studien“, unter dem Titel „Die Ursprünge der Primisliden" festgestellt, „daß die Primisliden“ — tschechisch Přemyslovci, da- nach auch deutsch Přemysliden genannt — „eigentlich keine ,Pri- misliden' sind, daß nicht Primisl, sondern erst Bořivoj ihr historisch greifbarer Ahnherr ist“. Wostry fügt hinzu, diese Erkenntnis „nimmt dem nach dem sagenhaften Ackermann-Fürsten benannten Fürstengeschlecht nichts von seiner geschichtlichen Bedeutung“. Der Erstdruck dieser Arbeit für den 7. Band der Zeitschrift für Ge- schichte der Sudetenländer wurde durch Kriegseinwirkung ver- nichtet, doch erschien zusammen mit den Beiträgen anderer For- scher ein Neudruck in den Forschungen zur Geschichte und Landes- kunde der Sudetenländer Band I („Prager Festgabe für Theodor Mayer“) Freilassing-Salzburg 1953, S. 156—253. Wostry ergänzt: es ist die auch heute bestehende Zierde Prags, der nach den Plänen des deutschen Baumeisters Peter Parler errichtete Dom.
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98 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Als dann Karl im Jahre 1355 auf seiner ersten Romfahrt vom Papst zum römischen Kaiser gekront worden war, empfand er die erlangte Weihe als Diakonatsverpflichtung — das Festgewand, das er hiebei getragen, war ja die sogenannte Krönungsdalmatik Karls des Großen — und er ließ es sich angelegen sein, bei feierlichem Anlaß am Altare das Evan- gelium zu lesen°. Auch die kanonischen Tagzeiten betete er wie ein Geistlicher. Wie er die heilige Schrift auszulegen ver- stand, dafür hat er in seinen Jugendmemoiren ein treffliches Beispiel zum Ludmilatage hinterlassen. Aus besonderer Verehrung zum hl. Wenzel ließ er im Jahre 1358 die Hauptreliquien des Heiligen in lauteres Gold fassen und ihm eine Tumba aus purem Golde machen und schmückte sie mit köstlicher Zier aus Edelsteinen und Halbedelsteinen, daß es auf der ganzen Welt nichts dergleichen gab. In diesem Jahre ließ er auch in Karlstein das Wenzelsleben im Treppen- aufgang zur Passionskapelle malen. Und in diesem Jahre hat er unseres Erachtens wohl auch das neue Offizium" zum Preise des Premyslidenfürsten geschaffen, das Offizium, des- sen Legende sein eigenstes Werk ist, nachdem er bereits in seinem römischen Krönungsjahre am neuen lateinischen Fest- offizium zur Speerfeier maßgeblich mitgewirkt hatte. Diesen Ansatz schöpfe ich aus der Uberlegung, daß das Kind, das ihm in diesem Jahre 1358 seine dritte Gemahlin, Anna 3 Hierzu erinnert Wostry: Bekanntlich hat auch sein Sohn, der spätere Kaiser Sigismund, in der Christmette des Jahres 1414 beim Konstanzer Konzil — als römisch-deutscher König war er ja Dia- kon der Kirche — das Evangelium gelesen. Es war ein Reimoffizium, die mittelalterliche Höchstleistung litur- gischen Charakters neben dem Officium missae. Im Reimoffizium vereinigte sich Psalmodie mit reimgetragenem Chorgesang und Re- zitation zu einem Gesamtkunstwerk der Gemeinschaft während der Tagzeitenfeier, zu der die Domkapitel und Klöster verpflichtet waren. Uber das St.-Wenzels-Reimoffizium vgl. Dobroslav Orel, Hudební prvky svatováclavské, in Svatováclavský sborník II 3. S. 321—527, Prag 1937. Der musikalische Rahmen zur Legende Karls IV. ist vorkarolinisch.
98 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Als dann Karl im Jahre 1355 auf seiner ersten Romfahrt vom Papst zum römischen Kaiser gekront worden war, empfand er die erlangte Weihe als Diakonatsverpflichtung — das Festgewand, das er hiebei getragen, war ja die sogenannte Krönungsdalmatik Karls des Großen — und er ließ es sich angelegen sein, bei feierlichem Anlaß am Altare das Evan- gelium zu lesen°. Auch die kanonischen Tagzeiten betete er wie ein Geistlicher. Wie er die heilige Schrift auszulegen ver- stand, dafür hat er in seinen Jugendmemoiren ein treffliches Beispiel zum Ludmilatage hinterlassen. Aus besonderer Verehrung zum hl. Wenzel ließ er im Jahre 1358 die Hauptreliquien des Heiligen in lauteres Gold fassen und ihm eine Tumba aus purem Golde machen und schmückte sie mit köstlicher Zier aus Edelsteinen und Halbedelsteinen, daß es auf der ganzen Welt nichts dergleichen gab. In diesem Jahre ließ er auch in Karlstein das Wenzelsleben im Treppen- aufgang zur Passionskapelle malen. Und in diesem Jahre hat er unseres Erachtens wohl auch das neue Offizium" zum Preise des Premyslidenfürsten geschaffen, das Offizium, des- sen Legende sein eigenstes Werk ist, nachdem er bereits in seinem römischen Krönungsjahre am neuen lateinischen Fest- offizium zur Speerfeier maßgeblich mitgewirkt hatte. Diesen Ansatz schöpfe ich aus der Uberlegung, daß das Kind, das ihm in diesem Jahre 1358 seine dritte Gemahlin, Anna 3 Hierzu erinnert Wostry: Bekanntlich hat auch sein Sohn, der spätere Kaiser Sigismund, in der Christmette des Jahres 1414 beim Konstanzer Konzil — als römisch-deutscher König war er ja Dia- kon der Kirche — das Evangelium gelesen. Es war ein Reimoffizium, die mittelalterliche Höchstleistung litur- gischen Charakters neben dem Officium missae. Im Reimoffizium vereinigte sich Psalmodie mit reimgetragenem Chorgesang und Re- zitation zu einem Gesamtkunstwerk der Gemeinschaft während der Tagzeitenfeier, zu der die Domkapitel und Klöster verpflichtet waren. Uber das St.-Wenzels-Reimoffizium vgl. Dobroslav Orel, Hudební prvky svatováclavské, in Svatováclavský sborník II 3. S. 321—527, Prag 1937. Der musikalische Rahmen zur Legende Karls IV. ist vorkarolinisch.
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EINFUHRUNG 99 von Schweidnitz, geboren hatte, nicht der ersehnte Thron- erbe war. So wäre das neue Reimoffizium eine Votivgabe wie die 16 Mark Goldes, mit denen der Kaiser nach Geburt des Prinzen Wenzel im Jahre 1361 das Gewicht des Kindes im Münster Karls des Großen zu Aachen der Gottesmutter auf- wog, und wie die Stiftung eines Altaristen dortselbst im fol- genden Jahre zum Preise des hl. Wenzel und zur geistlichen Betreuung der tschechischen Pilger. Das Offizium, das die Kapitularen feiern sollten, umschloß wohl auch die Karo- linische Legende. Das wären die Lebens- und Zeitumstände, welche zur Ab- fassung der Legende geführt haben. Und der Schüler Peters von Fécamp, des nachmals zur päpstlichen Würde aufge- stiegenen Abtes, hat als Kaiser und böhmischer König zu- gleich die mittelalterlichen St.-Wenzelslegenden mit einer Schöpfung abgeschlossen, welche nicht bloß ein Idealbild des ersten heiligen Premyslidenfürsten ist, sondern ein Idealbild seiner selbst, ein echter Fürstenspiegel Karls IV., während der vermeintliche Fürstenspiegel Karls IV. (hgg. v. S. Stein- herz, Prag 1925) nicht aus seiner Feder geflossen ist. Gewiß hat Karl am geistigen Leben seiner Zeit regsten und führenden Anteil genommen. Es mag der Hinweis genügen, daß er in Prag unter dem Schutze St. Wenzels die älteste Universität Mitteleuropas gegründet hat, die er nicht bloß materiell, sondern auch personell aufs beste ausstattete, daß er einem Petrarca freundschaftlich verbunden war und einen Johann von Neumarkt, den nachmaligen Verfasser der Wen- zelslegende Ut annuncietur, zum Hofkanzler hatte, daß er selbst an dem großen didaktisch-lexikalischen Werke des Klaretschen Kreises mitarbeitete, daß er selbst geeigneten Persönlichkeiten weltchronikalische und zeitgeschichtliche Aufgaben stellte (Krabice-Pulkava-Marignola). Von den Auf- trägen an Architekten und Baumeister, Bildhauer und Maler, von seinen Weisungen an seine Räte und Richter, von seinen Beziehungen zu Männern der Naturwissenschaften soll hier erst gar nicht die Rede sein.
EINFUHRUNG 99 von Schweidnitz, geboren hatte, nicht der ersehnte Thron- erbe war. So wäre das neue Reimoffizium eine Votivgabe wie die 16 Mark Goldes, mit denen der Kaiser nach Geburt des Prinzen Wenzel im Jahre 1361 das Gewicht des Kindes im Münster Karls des Großen zu Aachen der Gottesmutter auf- wog, und wie die Stiftung eines Altaristen dortselbst im fol- genden Jahre zum Preise des hl. Wenzel und zur geistlichen Betreuung der tschechischen Pilger. Das Offizium, das die Kapitularen feiern sollten, umschloß wohl auch die Karo- linische Legende. Das wären die Lebens- und Zeitumstände, welche zur Ab- fassung der Legende geführt haben. Und der Schüler Peters von Fécamp, des nachmals zur päpstlichen Würde aufge- stiegenen Abtes, hat als Kaiser und böhmischer König zu- gleich die mittelalterlichen St.-Wenzelslegenden mit einer Schöpfung abgeschlossen, welche nicht bloß ein Idealbild des ersten heiligen Premyslidenfürsten ist, sondern ein Idealbild seiner selbst, ein echter Fürstenspiegel Karls IV., während der vermeintliche Fürstenspiegel Karls IV. (hgg. v. S. Stein- herz, Prag 1925) nicht aus seiner Feder geflossen ist. Gewiß hat Karl am geistigen Leben seiner Zeit regsten und führenden Anteil genommen. Es mag der Hinweis genügen, daß er in Prag unter dem Schutze St. Wenzels die älteste Universität Mitteleuropas gegründet hat, die er nicht bloß materiell, sondern auch personell aufs beste ausstattete, daß er einem Petrarca freundschaftlich verbunden war und einen Johann von Neumarkt, den nachmaligen Verfasser der Wen- zelslegende Ut annuncietur, zum Hofkanzler hatte, daß er selbst an dem großen didaktisch-lexikalischen Werke des Klaretschen Kreises mitarbeitete, daß er selbst geeigneten Persönlichkeiten weltchronikalische und zeitgeschichtliche Aufgaben stellte (Krabice-Pulkava-Marignola). Von den Auf- trägen an Architekten und Baumeister, Bildhauer und Maler, von seinen Weisungen an seine Räte und Richter, von seinen Beziehungen zu Männern der Naturwissenschaften soll hier erst gar nicht die Rede sein.
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100 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Aus dem uns erhaltenen Auftrag an den Weltreisenden Jo- hannes von Marignola lassen sich genau die Ziele und Wege erkennen, die Karl in der Geschichtschreibung verfolgen und beschreiten wollte: einfache Darstellung unter Verzicht auf dunkeln Wortschwall, Weglassen von Uberflüssigem, Hinzu- fügen von Nützlichem, damit der junge Adel durch gefällige Beispiele zu guten Sitten angeeifert werde und damit sich sein Staat leiblich und seelisch des Friedens erfreue, alles zum Lobe des dreieinigen Gottes5. Ein Beispiel, wie im Sinne Karls die Geschichtschreibung dem angedeuteten Ziele dienen sollte, ist eben seine St.- Wenzelslegende, und der Minorit Marignola ließ in seinem Entwurf aus dieser Erkenntnis die Wenzelsgeschichte weg mit dem Hinweis, man könne hier füglich die Zusammen- fassung des Kaisers einschalten. Ohne Hinweis und still- schweigend hat es auch Pulkava getan, der Karls Arbeit un- merklich und wörtlich fast ganz in sein Werk einfließen ließ; aus dem fortlaufenden Text ist dort lediglich das Kapitel von der Nachkommenschaft Boleslavs weggefallen wie im Raudnitzer Brevier. Das Werk Karls, eine Meditation über die Motive der ihm bekannten Wenzelsüberlieferung, soweit sie den Herrscher interessierte, ist eine meisterliche Abbreviatur im Sinne seines historiographischen Programms. Daß dieses Programm nicht jenen Anforderungen entsprechen kann, die heute an ein wissenschaftliches Werk gestellt werden, ist klar. Doch mit einer nicht zu überbietenden Straffheit, wie sie allein in der lateinischen Sprache möglich ist, hat der kaiserliche Autor in der ersten Lektion die Vorgeschichte gezeichnet: die Bekehrung des Großmährischen Reiches und die Taufe der Großeltern seines Schutzheiligen im Bereich des sla- wischen Ritus in byzantinischer Einflußsphäre ; Wenzels Ab- 5 Wostry ergänzt: „Leider hat sich der Minorit Marignola schon in formeller Hinsicht nicht an die Wünsche und Weisungen seines hohen Auftraggebers gehalten; in sachlicher Hinsicht fehlten ihm ohnehin die notigen Kenntnisse.“ Hier hat aber — meine ich — ein Meister der Historiographie zu streng geurteilt.
100 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Aus dem uns erhaltenen Auftrag an den Weltreisenden Jo- hannes von Marignola lassen sich genau die Ziele und Wege erkennen, die Karl in der Geschichtschreibung verfolgen und beschreiten wollte: einfache Darstellung unter Verzicht auf dunkeln Wortschwall, Weglassen von Uberflüssigem, Hinzu- fügen von Nützlichem, damit der junge Adel durch gefällige Beispiele zu guten Sitten angeeifert werde und damit sich sein Staat leiblich und seelisch des Friedens erfreue, alles zum Lobe des dreieinigen Gottes5. Ein Beispiel, wie im Sinne Karls die Geschichtschreibung dem angedeuteten Ziele dienen sollte, ist eben seine St.- Wenzelslegende, und der Minorit Marignola ließ in seinem Entwurf aus dieser Erkenntnis die Wenzelsgeschichte weg mit dem Hinweis, man könne hier füglich die Zusammen- fassung des Kaisers einschalten. Ohne Hinweis und still- schweigend hat es auch Pulkava getan, der Karls Arbeit un- merklich und wörtlich fast ganz in sein Werk einfließen ließ; aus dem fortlaufenden Text ist dort lediglich das Kapitel von der Nachkommenschaft Boleslavs weggefallen wie im Raudnitzer Brevier. Das Werk Karls, eine Meditation über die Motive der ihm bekannten Wenzelsüberlieferung, soweit sie den Herrscher interessierte, ist eine meisterliche Abbreviatur im Sinne seines historiographischen Programms. Daß dieses Programm nicht jenen Anforderungen entsprechen kann, die heute an ein wissenschaftliches Werk gestellt werden, ist klar. Doch mit einer nicht zu überbietenden Straffheit, wie sie allein in der lateinischen Sprache möglich ist, hat der kaiserliche Autor in der ersten Lektion die Vorgeschichte gezeichnet: die Bekehrung des Großmährischen Reiches und die Taufe der Großeltern seines Schutzheiligen im Bereich des sla- wischen Ritus in byzantinischer Einflußsphäre ; Wenzels Ab- 5 Wostry ergänzt: „Leider hat sich der Minorit Marignola schon in formeller Hinsicht nicht an die Wünsche und Weisungen seines hohen Auftraggebers gehalten; in sachlicher Hinsicht fehlten ihm ohnehin die notigen Kenntnisse.“ Hier hat aber — meine ich — ein Meister der Historiographie zu streng geurteilt.
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EINFUHRUNG 101 stammung und erste Erziehung, die die zweite Hälfte der Lektion einnimmt, gibt bereits die Exposition der Handlung: Wenzel in der Obhut seiner frommen Großmutter Ludmila, sein Bruder Boleslav aber im Banne seiner Mutter, der Heidin Drahomiř. In lieblichen Bildern erschließt die zweite Lektion unter der sorgsamen Hand Ludmilas die Jugendblüte Wenzels der christlichen Tugend, Drahomiř aber läßt aus Neid und Herrschsucht die Lehrerin durch ihre Schergen erwürgen. Der Prinz setzt aber der ausgebrochenen Christenverfolgung zum Trotz mit eigenen Mitteln den Gottesdienst und die Werke der Demut fort, so daß ein Nachbarfürst den ver- meintlichen Schwächling im Wahne der Überlegenheit an- greift. Der junge Herzog stellt sich ihm wohl zum Zweikampf ; doch kommt es nicht dazu, da sich der Gegner aus Entsetzen vor den geleitenden Engeln und vor dem blitzenden Kreuze unterwirft und Gnade findet. Das berichtet die dritte Lek- tion. Die nächste Lektion zeigt den Heiligen bereits im Be- reich des römischen Einflusses erstarkt. Engelgeleit und ein strahlendes Kreuz an der Stirn läßt auch in der nächsten Lektion den Kaiser und seine Fürsten beim Hoftag eine Verspätung verzeihen. Wenzel erhält als Gast- geschenk eine Armreliquie des hl. Veit, baut diesem Heiligen in Prag eine Kirche und bittet den Regensburger Bischof um die Einweihung. Doch dieser hält sich für diesen Akt nicht würdig genug, da er die Kirche zur Metropole erhoben schaut, schickt aber dann seinen Weihbischof (Tuto selbst war ja blind). In der fünften Lektion ist der Leibknappe Podiven Zeuge einer nächtlichen Barfüber-Wallfahrt des Heiligen zur Win- terzeit und wärmt sich seine beschuhten Füße in den blutigen Fußspuren seines Herrn. Wenzel kauft Sklavenkinder frei, reißt Kerker und Galgen nieder. Kraft der Gabe der Pro- phetie sagt er die Unversehrtheit Ludmilas voraus und über- trägt ihren Leib in die St.-Georgskirche, womit die byzanti- nische Phase symbolisch abgeschlossen ist. Wenzel ist rö- misch orientiert. Er will Benediktiner werden, falls es der
EINFUHRUNG 101 stammung und erste Erziehung, die die zweite Hälfte der Lektion einnimmt, gibt bereits die Exposition der Handlung: Wenzel in der Obhut seiner frommen Großmutter Ludmila, sein Bruder Boleslav aber im Banne seiner Mutter, der Heidin Drahomiř. In lieblichen Bildern erschließt die zweite Lektion unter der sorgsamen Hand Ludmilas die Jugendblüte Wenzels der christlichen Tugend, Drahomiř aber läßt aus Neid und Herrschsucht die Lehrerin durch ihre Schergen erwürgen. Der Prinz setzt aber der ausgebrochenen Christenverfolgung zum Trotz mit eigenen Mitteln den Gottesdienst und die Werke der Demut fort, so daß ein Nachbarfürst den ver- meintlichen Schwächling im Wahne der Überlegenheit an- greift. Der junge Herzog stellt sich ihm wohl zum Zweikampf ; doch kommt es nicht dazu, da sich der Gegner aus Entsetzen vor den geleitenden Engeln und vor dem blitzenden Kreuze unterwirft und Gnade findet. Das berichtet die dritte Lek- tion. Die nächste Lektion zeigt den Heiligen bereits im Be- reich des römischen Einflusses erstarkt. Engelgeleit und ein strahlendes Kreuz an der Stirn läßt auch in der nächsten Lektion den Kaiser und seine Fürsten beim Hoftag eine Verspätung verzeihen. Wenzel erhält als Gast- geschenk eine Armreliquie des hl. Veit, baut diesem Heiligen in Prag eine Kirche und bittet den Regensburger Bischof um die Einweihung. Doch dieser hält sich für diesen Akt nicht würdig genug, da er die Kirche zur Metropole erhoben schaut, schickt aber dann seinen Weihbischof (Tuto selbst war ja blind). In der fünften Lektion ist der Leibknappe Podiven Zeuge einer nächtlichen Barfüber-Wallfahrt des Heiligen zur Win- terzeit und wärmt sich seine beschuhten Füße in den blutigen Fußspuren seines Herrn. Wenzel kauft Sklavenkinder frei, reißt Kerker und Galgen nieder. Kraft der Gabe der Pro- phetie sagt er die Unversehrtheit Ludmilas voraus und über- trägt ihren Leib in die St.-Georgskirche, womit die byzanti- nische Phase symbolisch abgeschlossen ist. Wenzel ist rö- misch orientiert. Er will Benediktiner werden, falls es der
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102 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Papst erlaubt, und die Herrschaft seinem weltlich gesinnten Bruder Boleslav überlassen, doch dieser lädt ihn in tragi- scher Verblendung zu einem Gastmahl auf seinen Landsitz Bunzlau, um ihn zu töten. Wenzel weiß es, folgt aber der Einladung. Es beginnt die Passion, die sechste Lektion, die auch in das Wortgewand der Christuspassion gehüllt ist. Das Gastmahl wird zum Abendmahl. Wenzel prophezeit bei der Michaels- minne seinen Tod für den kommenden Tag, beichtet, wohnt den Metten bei, kommuniziert in der Frühmesse und wird dann von Boleslav vor der Kirche verwundet. Er ringt ihn zwar nieder, gibt ihm aber das Schwert wieder und läßt ihm seinen Willen. So empfängt er denn von seinem Bruder und dessen Helfern den Todesstreich. Die Blutspuren bleiben. Zur gleichen Stunde wird der Dänenkönig vom Gekreuzigten zum Bau einer Wenzelskirche aufgefordert. Drahomiř, die Urheberin des Mordes, wird von der Erde verschlungen. Die Helfer kommen jämmerlich um. Daß sich bei der Darstellung auch Berührungen mit dem Meßopfer ergeben, mag nicht wundernehmen, wenn man sich erinnert, daß die Messe ja eine Wiederholung der Christuspassion ist. Der sprachliche Ausdruck ist bei Karl das Unterpfand der Gnade, die dem Heiligen in der vollkommenen Nachfolge zuteil ward. Die Ubertragungsgeschichte Wenzels ist bei Karl ebenso Ab- breviatur wie die Lebens- und Leidensgeschichte, namentlich am Anfang mehr Meditation als Bericht. Wenn also in der ersten Lektion die Translation von Bunzlau nach Prag in die St.-Veitskirche im Sinne Boleslavs die Wenzelswunder ver- schleiern sollte, so war die Huldigung der vier Elemente mit der Gefangenenbefreiung im Kerker, den wir zu Füßen des Burgberges auf der späteren Kleinseite zu suchen haben, wo bis 1784 eine aus diesem Anlaß erbaute St.-Wenzelskirche stand, die Unversehrtheit des Leibes und die Heilung aller Wunden, samt der Ohrwunde, von der wir erst jetzt erfahren. wie die in Parenthese mitgeteilte Offenbarung an seine Schwester Pribyslava und der ganz nebenbei erwähnte Zeit- raum von drei Jahren seit der Ermordung eine derart trium-
102 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Papst erlaubt, und die Herrschaft seinem weltlich gesinnten Bruder Boleslav überlassen, doch dieser lädt ihn in tragi- scher Verblendung zu einem Gastmahl auf seinen Landsitz Bunzlau, um ihn zu töten. Wenzel weiß es, folgt aber der Einladung. Es beginnt die Passion, die sechste Lektion, die auch in das Wortgewand der Christuspassion gehüllt ist. Das Gastmahl wird zum Abendmahl. Wenzel prophezeit bei der Michaels- minne seinen Tod für den kommenden Tag, beichtet, wohnt den Metten bei, kommuniziert in der Frühmesse und wird dann von Boleslav vor der Kirche verwundet. Er ringt ihn zwar nieder, gibt ihm aber das Schwert wieder und läßt ihm seinen Willen. So empfängt er denn von seinem Bruder und dessen Helfern den Todesstreich. Die Blutspuren bleiben. Zur gleichen Stunde wird der Dänenkönig vom Gekreuzigten zum Bau einer Wenzelskirche aufgefordert. Drahomiř, die Urheberin des Mordes, wird von der Erde verschlungen. Die Helfer kommen jämmerlich um. Daß sich bei der Darstellung auch Berührungen mit dem Meßopfer ergeben, mag nicht wundernehmen, wenn man sich erinnert, daß die Messe ja eine Wiederholung der Christuspassion ist. Der sprachliche Ausdruck ist bei Karl das Unterpfand der Gnade, die dem Heiligen in der vollkommenen Nachfolge zuteil ward. Die Ubertragungsgeschichte Wenzels ist bei Karl ebenso Ab- breviatur wie die Lebens- und Leidensgeschichte, namentlich am Anfang mehr Meditation als Bericht. Wenn also in der ersten Lektion die Translation von Bunzlau nach Prag in die St.-Veitskirche im Sinne Boleslavs die Wenzelswunder ver- schleiern sollte, so war die Huldigung der vier Elemente mit der Gefangenenbefreiung im Kerker, den wir zu Füßen des Burgberges auf der späteren Kleinseite zu suchen haben, wo bis 1784 eine aus diesem Anlaß erbaute St.-Wenzelskirche stand, die Unversehrtheit des Leibes und die Heilung aller Wunden, samt der Ohrwunde, von der wir erst jetzt erfahren. wie die in Parenthese mitgeteilte Offenbarung an seine Schwester Pribyslava und der ganz nebenbei erwähnte Zeit- raum von drei Jahren seit der Ermordung eine derart trium-
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EINFUHRUNG 103 phale Durchkreuzung der Absicht Boleslavs, daß auch die folgenden Wunderzeichen des Bruders unbestritten blieben. Es mag erinnert werden, daß auf die Angabe verzichtet wird, daß die Ubertragung an einem Sonntag, dem 4. März 932, stattfand. Nach der zweiten Lektion sind es zwei Kinder Boleslavs selbst, die den Kult des Blutzeugen fördern: Boleslav der Fromme durch Gründung des Prager Bistums bei St. Veit, seine Schwester Mlada durch Errichtung eines Frauenstifts bei St. Georg, während ein drittes Kind Boleslavs, dessen Geburt — wie jetzt erst erwähnt wird — den Vorwand zur verhängnisvollen Einladung geboten und dem Neugeborenen dann den Namen „Schauerschmaus“ eingetragen hatte, Be- nediktinermönch zu Regensburg wurde, aber nicht Prager Bischof werden durfte. Der dritten Lektion zufolge ist Boleslav auch gegen den ge- treuen Knappen Podiven machtlos, da er ihn zwar auf- knüpfen lassen kann, ohne daß aber sein Leib nach zwei Jahren verwest, ja mehr noch: Bart und Nägel wachsen weiter, so daß er schließlich zu seinem Herrn nach St. Veit übertragen wird. In der vierten Lektion bewährt sich St. Wenzel als Patron der Gefangenen, und ein aus dem Kerker befreiter Heide wird Christ und läßt seinen Sohn Priester werden. Eine lahme Blinde wird gesund. In der fünften Lektion wird ein fußlahmer Mann aus Fran- kenland geheilt und damit der Wenzelskult bis an den Rhein getragen. Historisch ist dieser Zug, wie Wostry erinnert, ein Beweis für alte westliche Handelsbeziehungen. In der sechsten Lektion lassen die beiden böhmischen Lan- despatrone, St. Wenzel und St. Adalbert, durch befreite Ge- fangene aus dem Kleinseitner Kerker die Versöhnung zwi- schen König Vratislav und dessen Sohn Břetislav in der Burgkirche vorausverkünden. Mit diesem politischen Wun- der einer Friedensstiftung — man denkt an Karls historio-
EINFUHRUNG 103 phale Durchkreuzung der Absicht Boleslavs, daß auch die folgenden Wunderzeichen des Bruders unbestritten blieben. Es mag erinnert werden, daß auf die Angabe verzichtet wird, daß die Ubertragung an einem Sonntag, dem 4. März 932, stattfand. Nach der zweiten Lektion sind es zwei Kinder Boleslavs selbst, die den Kult des Blutzeugen fördern: Boleslav der Fromme durch Gründung des Prager Bistums bei St. Veit, seine Schwester Mlada durch Errichtung eines Frauenstifts bei St. Georg, während ein drittes Kind Boleslavs, dessen Geburt — wie jetzt erst erwähnt wird — den Vorwand zur verhängnisvollen Einladung geboten und dem Neugeborenen dann den Namen „Schauerschmaus“ eingetragen hatte, Be- nediktinermönch zu Regensburg wurde, aber nicht Prager Bischof werden durfte. Der dritten Lektion zufolge ist Boleslav auch gegen den ge- treuen Knappen Podiven machtlos, da er ihn zwar auf- knüpfen lassen kann, ohne daß aber sein Leib nach zwei Jahren verwest, ja mehr noch: Bart und Nägel wachsen weiter, so daß er schließlich zu seinem Herrn nach St. Veit übertragen wird. In der vierten Lektion bewährt sich St. Wenzel als Patron der Gefangenen, und ein aus dem Kerker befreiter Heide wird Christ und läßt seinen Sohn Priester werden. Eine lahme Blinde wird gesund. In der fünften Lektion wird ein fußlahmer Mann aus Fran- kenland geheilt und damit der Wenzelskult bis an den Rhein getragen. Historisch ist dieser Zug, wie Wostry erinnert, ein Beweis für alte westliche Handelsbeziehungen. In der sechsten Lektion lassen die beiden böhmischen Lan- despatrone, St. Wenzel und St. Adalbert, durch befreite Ge- fangene aus dem Kleinseitner Kerker die Versöhnung zwi- schen König Vratislav und dessen Sohn Břetislav in der Burgkirche vorausverkünden. Mit diesem politischen Wun- der einer Friedensstiftung — man denkt an Karls historio-
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104 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. graphisches Programm — schließt die Legende, formal mit einer Doxologies. Das Karolinische St.-Wenzelsleben verfließt in Zeitlosigkeit: keine Jahreszahl, nicht einmal das Datum seiner Marter (929), kein Name des Papstes, kein Name des Kaisers, kein Name des Bischofs. Anders ists am Schlusse der Translations- legende. Bei Christian spielt der Teufel mit. Die Darstellung Karls IV. ist völlig menschlich. Aus Neid und Herrschsucht läßt Draho- miř ihre Schwiegermutter Ludmila umbringen, aus Neid und Herrschsucht beschließt Boleslav seinen Bruder Wenzel zu töten. So warnt Karl auch in seinen Jugendmemoiren seine Nachfolger vor dem Neid, und in der Goldenen Bulle erblickt er im personifizierten Neid das Verhängnis des Reiches. Die zentrale Hauptsünde der Katechismusreihe schafft die beiden Märtyrer. Die zentrale Mönchstugend aber, die Demut, macht den Herzog seinem Nachbarn verächtlich; Hochmut wäre nach der Meinung der mittelalterlichen Fürsten mit dem Kaiser an der Spitze eher eine fürstliche Eigenschaft; — wie er dann in Person den beiden Partnern entgegentritt, im Engelgeleit, voran das Kreuz, ist der gleichbleibende augenfällige Ausdruck für die sieghafte Macht eines ganzen Christen. Nur unter diesem Gesichtspunkt erlangen die bei- den aufeinanderfolgenden gleichförmigen Szenen ihren Sinn. Dem dargestellten Leben des heiligen Herzogs gleicht jedoch wiederum das Leben seines Autors in der Schilderung des Benesch Krabice von Weitmühle: der Anschlag der Pisaner Gambacurta wird vom Teufel aus Neid angezettelt und der Einzug in Rom zur Krönung ist ein Beispiel tiefster Demut. In den Diakonsdiensten seines fernen Vorgängers findet der 6 Korrekturnachtrag : Es mag hier angemerkt werden, daß in Über- einstimmung damit auch „des großen Luxemburgers reifste Lei- stung“ auf dem Gebiete der Politik darin erblickt wird, „daß er dem Reich, seinen verschiedensprachigen Angehörigen und gro€en Teilen des christlichen Abendlandes den Frieden gewahrt hat“ (Heinz Zatschek in: Ostdeutsche Wissenschaft I 310, München 1954).
104 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. graphisches Programm — schließt die Legende, formal mit einer Doxologies. Das Karolinische St.-Wenzelsleben verfließt in Zeitlosigkeit: keine Jahreszahl, nicht einmal das Datum seiner Marter (929), kein Name des Papstes, kein Name des Kaisers, kein Name des Bischofs. Anders ists am Schlusse der Translations- legende. Bei Christian spielt der Teufel mit. Die Darstellung Karls IV. ist völlig menschlich. Aus Neid und Herrschsucht läßt Draho- miř ihre Schwiegermutter Ludmila umbringen, aus Neid und Herrschsucht beschließt Boleslav seinen Bruder Wenzel zu töten. So warnt Karl auch in seinen Jugendmemoiren seine Nachfolger vor dem Neid, und in der Goldenen Bulle erblickt er im personifizierten Neid das Verhängnis des Reiches. Die zentrale Hauptsünde der Katechismusreihe schafft die beiden Märtyrer. Die zentrale Mönchstugend aber, die Demut, macht den Herzog seinem Nachbarn verächtlich; Hochmut wäre nach der Meinung der mittelalterlichen Fürsten mit dem Kaiser an der Spitze eher eine fürstliche Eigenschaft; — wie er dann in Person den beiden Partnern entgegentritt, im Engelgeleit, voran das Kreuz, ist der gleichbleibende augenfällige Ausdruck für die sieghafte Macht eines ganzen Christen. Nur unter diesem Gesichtspunkt erlangen die bei- den aufeinanderfolgenden gleichförmigen Szenen ihren Sinn. Dem dargestellten Leben des heiligen Herzogs gleicht jedoch wiederum das Leben seines Autors in der Schilderung des Benesch Krabice von Weitmühle: der Anschlag der Pisaner Gambacurta wird vom Teufel aus Neid angezettelt und der Einzug in Rom zur Krönung ist ein Beispiel tiefster Demut. In den Diakonsdiensten seines fernen Vorgängers findet der 6 Korrekturnachtrag : Es mag hier angemerkt werden, daß in Über- einstimmung damit auch „des großen Luxemburgers reifste Lei- stung“ auf dem Gebiete der Politik darin erblickt wird, „daß er dem Reich, seinen verschiedensprachigen Angehörigen und gro€en Teilen des christlichen Abendlandes den Frieden gewahrt hat“ (Heinz Zatschek in: Ostdeutsche Wissenschaft I 310, München 1954).
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EINFUHRUNG 105 kaiserliche Diakon sein Vorbild; der weltlichen „Milde“ des hochmittelalterlichen Herrschers, dem nichts fremder sein sollte als der Geiz, wie der goldliebende Dictator in marmor- glatter Prosa des Fürstenspiegels deklamiert, setzt der Lu- xemburger die Freigebigkeit aus Nächstenliebe entgegen, die der heilige Premyslide geübt hat. Vermochte auch Karl das Ideal mönchischer Profeß nicht zu erreichen, nach dem er den hl. Wenzel streben läßt, so sind doch seine regelmäßigen Exerzitien in der Weltabgeschiedenheit seiner Gralsburg Karlstein hinreichendes Zeugnis seiner eigenen Geistes- haltung, seiner Ferienfeier und Seelenpflege. Das Rudiment der Ehe Wenzels ist bei Karl noch erhalten in der Rombitte des Heiligen um den Ordenseintritt, wiewohl eine seiner Vorlagen, Dalimil, das Motiv ausdrücklich ins Ge- genteil verkehrt hatte. Karl, der schon zum drittenmal ver- heiratet war, erwähnt die Ehefrage Wenzels überhaupt nicht. Auch die Reliquienwunder, welche seine Vorlagen boten, das muß auffallen, hat der eifrige Reliquiensammler Karl nicht berührt7. Wostry findet es auch bemerkenswert, daß in der Legende nirgends des russischen Brüderpaares Boris und Glöb Erwähnung geschieht. Dagegen enthält seine Legende in der Vorgeschichte ein neues Motiv in der Nennung der Taufkirche Bořivojs. Diese St.- Veitskirche in Welehrad, die St.-Veitsrotunde Wenzels und der an ihrer Stelle von Karl emporgesteilte gotische Pracht- bau der Prager Metropolitankirche zu St. Veit, für die er in seinem römischen Krönungsjahre auch noch das Haupt des hl. Veit aus Pavia erwarb, das sind die Meilensteine auf dem Wege der Ubertragung des Großmährischen Reiches durch Man mag an das besondere Anliegen Karls denken. Uber diese zeitgegebene Leidenschaft Karls IV. und ihre Haupttendenz: die Verherrlichung Böhmens und vornehmlich Prags, handelt Gustav Pirchan in seiner erst postum bekanntgewordenen Arbeit „Karl- stein“ (in der Anm. 1 genannten Festschrift S. 56—90); dortselbst S. 67 der Hinweis auf ein Wunder, das einen Reliquienerwerb in Prag zwar vereitelte, den Herrscher aber durch das Erlebnis selbst höchlich entschädigte.
EINFUHRUNG 105 kaiserliche Diakon sein Vorbild; der weltlichen „Milde“ des hochmittelalterlichen Herrschers, dem nichts fremder sein sollte als der Geiz, wie der goldliebende Dictator in marmor- glatter Prosa des Fürstenspiegels deklamiert, setzt der Lu- xemburger die Freigebigkeit aus Nächstenliebe entgegen, die der heilige Premyslide geübt hat. Vermochte auch Karl das Ideal mönchischer Profeß nicht zu erreichen, nach dem er den hl. Wenzel streben läßt, so sind doch seine regelmäßigen Exerzitien in der Weltabgeschiedenheit seiner Gralsburg Karlstein hinreichendes Zeugnis seiner eigenen Geistes- haltung, seiner Ferienfeier und Seelenpflege. Das Rudiment der Ehe Wenzels ist bei Karl noch erhalten in der Rombitte des Heiligen um den Ordenseintritt, wiewohl eine seiner Vorlagen, Dalimil, das Motiv ausdrücklich ins Ge- genteil verkehrt hatte. Karl, der schon zum drittenmal ver- heiratet war, erwähnt die Ehefrage Wenzels überhaupt nicht. Auch die Reliquienwunder, welche seine Vorlagen boten, das muß auffallen, hat der eifrige Reliquiensammler Karl nicht berührt7. Wostry findet es auch bemerkenswert, daß in der Legende nirgends des russischen Brüderpaares Boris und Glöb Erwähnung geschieht. Dagegen enthält seine Legende in der Vorgeschichte ein neues Motiv in der Nennung der Taufkirche Bořivojs. Diese St.- Veitskirche in Welehrad, die St.-Veitsrotunde Wenzels und der an ihrer Stelle von Karl emporgesteilte gotische Pracht- bau der Prager Metropolitankirche zu St. Veit, für die er in seinem römischen Krönungsjahre auch noch das Haupt des hl. Veit aus Pavia erwarb, das sind die Meilensteine auf dem Wege der Ubertragung des Großmährischen Reiches durch Man mag an das besondere Anliegen Karls denken. Uber diese zeitgegebene Leidenschaft Karls IV. und ihre Haupttendenz: die Verherrlichung Böhmens und vornehmlich Prags, handelt Gustav Pirchan in seiner erst postum bekanntgewordenen Arbeit „Karl- stein“ (in der Anm. 1 genannten Festschrift S. 56—90); dortselbst S. 67 der Hinweis auf ein Wunder, das einen Reliquienerwerb in Prag zwar vereitelte, den Herrscher aber durch das Erlebnis selbst höchlich entschädigte.
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106 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Traditionsübernahme seiner Metropole in Prag, wo bereits am anderen Moldauufer am Rande der Neustadt das Emaus- stift emporstrebte, das, für die Pflege der slawischen Liturgie bestimmt, nachmals im Jahre 1372 der Gottesmutter und den Dolmetschern der heiligen Schriften (Hieronymus und dem Brüderpaare Cyrill und Method), ferner den böhmischen heiligen Kirchenfürsten Adalbert und Prokop geweiht wurde. Peter Parlers steinerne Moldaubrücke sollte ein dauerndes Sinnbild sein. Es drängt sich die Erkenntnis auf, daß hier ein Herrscher sein heißes Bemühen um Verherrlichung seines Erblandes be- wußt mit dem Anteil seiner mütterlichen Ahnherren am Aus- bau des Gottesstaates verknüpft, und indem er sich mit ihnen durch Blut und Glauben verbunden bekennt, sich auch ihres Beistands für den glückhaften Fortbestand dessen verge- wissert, was er als ihr Vollstrecker und Vollender ins Werk setzt. So wie der erste herzogliche Blutzeuge des Landes vom Führer der gottgetreuen Heerscharen und Schutzherrn des Deutschen Reiches in die Seligkeit einbegleitet wird, so wird der erste König, der diese Würde vom deutschen Kaiser empfangen hat, von den beiden heimischen Blutzeugen, dem Fürsten Wenzel und dem Bischof Adalbert, mit seinem Sohne versöhnt, wobei sich die beiden Heiligen der Vermitt- lung durch den Königsbruder Konrad bedienen. Man mag hiebei an die romanischen Siegel der böhmischen Herrscher und des böhmischen Landrechts erinnern, welche beide durch Bild und Wort den Landfrieden unter den Schutz des hl. Wenzel stellten. Daß in der Karolinischen Abbreviatur der peripheren Lage Böhmens, wie wir sie bei Christian finden, kein Raum gegeben wird wie in anderen älteren Legenden, findet seine natür- liche Erklärung in dem seither vollzogenen Wandel des po- litischen Weltbildes und in der persönlichen Beziehung des Autors zum Schauplatz der dargestellten Begebenheiten. Für Karl ist ja Böhmen, nicht zuletzt durch sein Zutun, ein Schatz und eine Augenweide, mag es auch für das lichtfrohe Auge des Humanisten des Südens weiterhin eine unfreund-
106 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Traditionsübernahme seiner Metropole in Prag, wo bereits am anderen Moldauufer am Rande der Neustadt das Emaus- stift emporstrebte, das, für die Pflege der slawischen Liturgie bestimmt, nachmals im Jahre 1372 der Gottesmutter und den Dolmetschern der heiligen Schriften (Hieronymus und dem Brüderpaare Cyrill und Method), ferner den böhmischen heiligen Kirchenfürsten Adalbert und Prokop geweiht wurde. Peter Parlers steinerne Moldaubrücke sollte ein dauerndes Sinnbild sein. Es drängt sich die Erkenntnis auf, daß hier ein Herrscher sein heißes Bemühen um Verherrlichung seines Erblandes be- wußt mit dem Anteil seiner mütterlichen Ahnherren am Aus- bau des Gottesstaates verknüpft, und indem er sich mit ihnen durch Blut und Glauben verbunden bekennt, sich auch ihres Beistands für den glückhaften Fortbestand dessen verge- wissert, was er als ihr Vollstrecker und Vollender ins Werk setzt. So wie der erste herzogliche Blutzeuge des Landes vom Führer der gottgetreuen Heerscharen und Schutzherrn des Deutschen Reiches in die Seligkeit einbegleitet wird, so wird der erste König, der diese Würde vom deutschen Kaiser empfangen hat, von den beiden heimischen Blutzeugen, dem Fürsten Wenzel und dem Bischof Adalbert, mit seinem Sohne versöhnt, wobei sich die beiden Heiligen der Vermitt- lung durch den Königsbruder Konrad bedienen. Man mag hiebei an die romanischen Siegel der böhmischen Herrscher und des böhmischen Landrechts erinnern, welche beide durch Bild und Wort den Landfrieden unter den Schutz des hl. Wenzel stellten. Daß in der Karolinischen Abbreviatur der peripheren Lage Böhmens, wie wir sie bei Christian finden, kein Raum gegeben wird wie in anderen älteren Legenden, findet seine natür- liche Erklärung in dem seither vollzogenen Wandel des po- litischen Weltbildes und in der persönlichen Beziehung des Autors zum Schauplatz der dargestellten Begebenheiten. Für Karl ist ja Böhmen, nicht zuletzt durch sein Zutun, ein Schatz und eine Augenweide, mag es auch für das lichtfrohe Auge des Humanisten des Südens weiterhin eine unfreund-
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EINFUHRUNG 107 liche Stätte nördlicher Düsternis bleiben. Für Karl ist Prag ein neues Rom, während der Schwärmer Rienzi die ver- lassene Ewige Stadt wieder zum alten Glanze erheben will. Der Prager Thron ist ja unter Karl der ruhende Pol der Christenheit, während der Heilige Stuhl von seiner Stelle gerückt ist; in Karl selbst sehen die Blicke vieler Christ- gläubigen einen kommenden Papst, Eiferer aber auch den Antichrist, der ob seines Glücks mit dem Bösen im Bunde stehen müsse. Im Bereich der sinnfälligen Wirklichkeiten haben sich beide Erwartungen geirrt. Das überschwängliche Lob späterer Ge- schichtschreiber (Vater des Vaterlands für Böhmen) wie den unmäßigen Tadel (des Reiches Erzstiefvater) hätte Karl wohl bescheiden abgelehnt oder entrüstet zurückgewisen, die Brandmarkung als Pfaffenknecht allein jedoch kaum als Schimpf empfunden, sondern als Selbstverständlichkeit, ja vielleicht als Ehrentitel hingenommen. Denn im römischen Krönungsritus begründet und symbolisch ausgeübt, erschien €hm dieser Dienst wie weiland seinem Lieblingsheiligen als mittelbarer Gottesdienst. Einen solchen Kaiser aber, der das liturgisch beste St.- Wenzelsoffizium geschrieben hat, hatte die mittelalterliche Welt noch nicht gesehen. Vom gereimten Antiphonar des Prager Propriums nahm er den stimmenden Akkord auf, von der ältesten lateinischen Bearbeitung des St.-Wenzelslebens Crescente fide christiana übernahm er den Eingang und schrieb: Crescente religione christiana, die Fassungen Gum- polds, Christians und Kosmas', Oriente iam sole und Ut an- nuncietur waren ihm ebenso bekannt wie die tschechische Reimchronik Dalimils, das Brevieroffizium des Cyrill -und Methodfestes,die St.-Katharinenlegende und das St.-Hedwigs- leben. So wollte er mit seinem Werke die bisherige Bre- vierlegende Inclytam et gloriosam reformieren, da sie infolge ihrer Länge beim Gebrauche niemals erschöpft wurde. Karls Wenzelsleben und -leiden erfordert nur 18 Minuten Rezita- tionszeit, seine Ubertragungslegende samt Wundern nut 12 Minuten.
EINFUHRUNG 107 liche Stätte nördlicher Düsternis bleiben. Für Karl ist Prag ein neues Rom, während der Schwärmer Rienzi die ver- lassene Ewige Stadt wieder zum alten Glanze erheben will. Der Prager Thron ist ja unter Karl der ruhende Pol der Christenheit, während der Heilige Stuhl von seiner Stelle gerückt ist; in Karl selbst sehen die Blicke vieler Christ- gläubigen einen kommenden Papst, Eiferer aber auch den Antichrist, der ob seines Glücks mit dem Bösen im Bunde stehen müsse. Im Bereich der sinnfälligen Wirklichkeiten haben sich beide Erwartungen geirrt. Das überschwängliche Lob späterer Ge- schichtschreiber (Vater des Vaterlands für Böhmen) wie den unmäßigen Tadel (des Reiches Erzstiefvater) hätte Karl wohl bescheiden abgelehnt oder entrüstet zurückgewisen, die Brandmarkung als Pfaffenknecht allein jedoch kaum als Schimpf empfunden, sondern als Selbstverständlichkeit, ja vielleicht als Ehrentitel hingenommen. Denn im römischen Krönungsritus begründet und symbolisch ausgeübt, erschien €hm dieser Dienst wie weiland seinem Lieblingsheiligen als mittelbarer Gottesdienst. Einen solchen Kaiser aber, der das liturgisch beste St.- Wenzelsoffizium geschrieben hat, hatte die mittelalterliche Welt noch nicht gesehen. Vom gereimten Antiphonar des Prager Propriums nahm er den stimmenden Akkord auf, von der ältesten lateinischen Bearbeitung des St.-Wenzelslebens Crescente fide christiana übernahm er den Eingang und schrieb: Crescente religione christiana, die Fassungen Gum- polds, Christians und Kosmas', Oriente iam sole und Ut an- nuncietur waren ihm ebenso bekannt wie die tschechische Reimchronik Dalimils, das Brevieroffizium des Cyrill -und Methodfestes,die St.-Katharinenlegende und das St.-Hedwigs- leben. So wollte er mit seinem Werke die bisherige Bre- vierlegende Inclytam et gloriosam reformieren, da sie infolge ihrer Länge beim Gebrauche niemals erschöpft wurde. Karls Wenzelsleben und -leiden erfordert nur 18 Minuten Rezita- tionszeit, seine Ubertragungslegende samt Wundern nut 12 Minuten.
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108 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Wie bereits aus der Inhaltsangabe ersichtlich, ist die Legende ideell auf dem Prinzip der polaren Paarung aufgebaut, ent- sprechend dem beherrschenden Kain-Abel-Komplex. Die Zweigliedrigkeit finden wir auch bei den abschreckenden Vor- bildern. In der Translatio erweitert sich dieses Prinzip auf die Gegenüberstellung zweier Dreiergruppen: je einer from- men Schwester zwischen zwei ungleichen Brüdern, und schließlich bis zum Doppelwunder. Auch der materielle Satz- bau unterliegt diesem Prinzip und dem Gesetz der wachsen- den Glieder. Die Beweglichkeit des Verbs und der Apposition sind Mittel der Abwechslung. Je einem Schriftzitat in der Vita und in der Translatio stehen zahlreiche sprachliche An- klänge aus den Passionstexten der Evangelien gegenüber, desgleichen aus anderen Schriften des Alten und Neuen Bundes. Gleichklänge der Reimprosa begleiten den Gang der verdichteten Satzgebilde, die von einem eigenartigen Akzent- fluß getragen und leicht gestaut werden. Wenngleich die Durchformung und Ausfeilung an den An- fangsperioden am deutlichsten wird, so bewahrt doch die Tonhöhenbewegung in beiden Teilen der Karolinischen St.- Wenzelslegende in ihrem ganzen Verlaufe dieselbe Beständig- keit : ohne Pathos, ohne dynamische Steigerung halten sich die Akzentgipfel der einzelnen Sinnesgruppen auf annähernd gleicher Höhe ; in Linienform umgesetzt, ergibt sich folgendes Bild dieser eigentümlichen Spannungsverhältnisse: Es ist der gleiche Satzverlauf, der auch in den Jugendmemoi- ren hervortritt, nämlich in der ersten Hälfte. Den Zeitgenossen schien Karl IV. schwer zu durchschauen. Diese abstrakte Kurve ist der sinnfällige Ausdruck seines Wesens, der Inbegriff der ganzen Persönlichkeit. Den nähe- ren Kommentar gibt seine St.-Wenzelslegende in einem Maße, wie man dies bei einem literarischen Denkmal dieser Art nicht erwarten würde. Karl gibt keine Quellenschrift für die Ge- schichte des historischen Herzogs Wenzel, er will verherr- lichen — den Heiligen und sein Tun — und erbauen. In den engen Grenzen, welche ihm der Stoff bot, und in dem Spiel-
108 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Wie bereits aus der Inhaltsangabe ersichtlich, ist die Legende ideell auf dem Prinzip der polaren Paarung aufgebaut, ent- sprechend dem beherrschenden Kain-Abel-Komplex. Die Zweigliedrigkeit finden wir auch bei den abschreckenden Vor- bildern. In der Translatio erweitert sich dieses Prinzip auf die Gegenüberstellung zweier Dreiergruppen: je einer from- men Schwester zwischen zwei ungleichen Brüdern, und schließlich bis zum Doppelwunder. Auch der materielle Satz- bau unterliegt diesem Prinzip und dem Gesetz der wachsen- den Glieder. Die Beweglichkeit des Verbs und der Apposition sind Mittel der Abwechslung. Je einem Schriftzitat in der Vita und in der Translatio stehen zahlreiche sprachliche An- klänge aus den Passionstexten der Evangelien gegenüber, desgleichen aus anderen Schriften des Alten und Neuen Bundes. Gleichklänge der Reimprosa begleiten den Gang der verdichteten Satzgebilde, die von einem eigenartigen Akzent- fluß getragen und leicht gestaut werden. Wenngleich die Durchformung und Ausfeilung an den An- fangsperioden am deutlichsten wird, so bewahrt doch die Tonhöhenbewegung in beiden Teilen der Karolinischen St.- Wenzelslegende in ihrem ganzen Verlaufe dieselbe Beständig- keit : ohne Pathos, ohne dynamische Steigerung halten sich die Akzentgipfel der einzelnen Sinnesgruppen auf annähernd gleicher Höhe ; in Linienform umgesetzt, ergibt sich folgendes Bild dieser eigentümlichen Spannungsverhältnisse: Es ist der gleiche Satzverlauf, der auch in den Jugendmemoi- ren hervortritt, nämlich in der ersten Hälfte. Den Zeitgenossen schien Karl IV. schwer zu durchschauen. Diese abstrakte Kurve ist der sinnfällige Ausdruck seines Wesens, der Inbegriff der ganzen Persönlichkeit. Den nähe- ren Kommentar gibt seine St.-Wenzelslegende in einem Maße, wie man dies bei einem literarischen Denkmal dieser Art nicht erwarten würde. Karl gibt keine Quellenschrift für die Ge- schichte des historischen Herzogs Wenzel, er will verherr- lichen — den Heiligen und sein Tun — und erbauen. In den engen Grenzen, welche ihm der Stoff bot, und in dem Spiel-
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EINFUHRUNG 109 raum, den ihm der liturgische Zweck freigab, strebte Karl in weiser Auswahl dem ins Auge gefaßten Ziele zu, unbeirrt durch die Stimmen seiner Vorlagen. Er tritt an sein lite- rarisches Werk mit einem wohlvorbereiteten Plan heran, den er mit eiserner Zähigkeit von Anfang bis zu Ende unentwegt verfolgt. Entsprechend diesem seinem politischen Programm legt er seine Worte gewissermaßen auf die Goldwaage, um sie auf ihr rechtes Gewicht zu prüfen. Darum finden wir in Vita und Translatio (im Text wird nur von ,allacio“ gesprochen wie in Karls Reliquienurkunden) die gleich niedrige Verhält- niszahl der Zwischentonsilben, mit deren Hilfe wir seinerzeit versucht haben, die Autorengleichheit von Vita und Trans- latio nachzuweisen. Das vielseitige Genie Karls, erwachsen aus seiner Begabung, gehegt durch sorgsame Erziehung, ge- pflegt durch anhaltenden Fleiß, gezügelt durch strenge Dis- ziplin bis zur Verzichtbereitschaft, macht die Entscheidung schwer, ob seine philosophische Umsicht, seine juristische Vorsicht oder seine theologische Einsicht höher zu stellen sei. Die Schriftzüge seiner Hand sprechen dieselbe Sprache, namentlich aber bezeugen sie noch die seltene Eigenschaft, Fehler einzugestehen und zu verbessern. Bewährt in der Schule des Lebens, erfüllte Karl alle Voraussetzungen, um temperamentvollere Naturen seiner Mitarbeiter nach seinem Willen zu leiten (man beachte die liebevolle Behandlung der Podiven-Episode!). So entsprechen einander in Karls Cha- rakterbild Geste und Geist im Wirbel der Welt an einer Wende, so ist er bemüht, die Ernte der Vorzeit zu bergen, um sie als köstliches Erbe seinem Geschlecht im geliebten Heimatlande zu hinterlassen... Die Karolinische Legende ist nicht ins Prager Proprium über- gegangen. Die Legende Inclytam et gloriosam blieb auch wei- terhin in Gebrauch, bis sie von der Legende Wenceslaus Bo- hemiae dux abgelöst wurde, die auch im Benediktinerbrevier verwendet wird. Die Rezitationsdauer beträgt höchstens fünf Minuten. Der Tatsachenbericht ist weiter gekürzt durch Ver- zicht auf die altslawischen Anfänge des böhmischen Christen- tums. Die Taufe Bořivojs wird nicht erwähnt, sondern die
EINFUHRUNG 109 raum, den ihm der liturgische Zweck freigab, strebte Karl in weiser Auswahl dem ins Auge gefaßten Ziele zu, unbeirrt durch die Stimmen seiner Vorlagen. Er tritt an sein lite- rarisches Werk mit einem wohlvorbereiteten Plan heran, den er mit eiserner Zähigkeit von Anfang bis zu Ende unentwegt verfolgt. Entsprechend diesem seinem politischen Programm legt er seine Worte gewissermaßen auf die Goldwaage, um sie auf ihr rechtes Gewicht zu prüfen. Darum finden wir in Vita und Translatio (im Text wird nur von ,allacio“ gesprochen wie in Karls Reliquienurkunden) die gleich niedrige Verhält- niszahl der Zwischentonsilben, mit deren Hilfe wir seinerzeit versucht haben, die Autorengleichheit von Vita und Trans- latio nachzuweisen. Das vielseitige Genie Karls, erwachsen aus seiner Begabung, gehegt durch sorgsame Erziehung, ge- pflegt durch anhaltenden Fleiß, gezügelt durch strenge Dis- ziplin bis zur Verzichtbereitschaft, macht die Entscheidung schwer, ob seine philosophische Umsicht, seine juristische Vorsicht oder seine theologische Einsicht höher zu stellen sei. Die Schriftzüge seiner Hand sprechen dieselbe Sprache, namentlich aber bezeugen sie noch die seltene Eigenschaft, Fehler einzugestehen und zu verbessern. Bewährt in der Schule des Lebens, erfüllte Karl alle Voraussetzungen, um temperamentvollere Naturen seiner Mitarbeiter nach seinem Willen zu leiten (man beachte die liebevolle Behandlung der Podiven-Episode!). So entsprechen einander in Karls Cha- rakterbild Geste und Geist im Wirbel der Welt an einer Wende, so ist er bemüht, die Ernte der Vorzeit zu bergen, um sie als köstliches Erbe seinem Geschlecht im geliebten Heimatlande zu hinterlassen... Die Karolinische Legende ist nicht ins Prager Proprium über- gegangen. Die Legende Inclytam et gloriosam blieb auch wei- terhin in Gebrauch, bis sie von der Legende Wenceslaus Bo- hemiae dux abgelöst wurde, die auch im Benediktinerbrevier verwendet wird. Die Rezitationsdauer beträgt höchstens fünf Minuten. Der Tatsachenbericht ist weiter gekürzt durch Ver- zicht auf die altslawischen Anfänge des böhmischen Christen- tums. Die Taufe Bořivojs wird nicht erwähnt, sondern die
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110 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Genealogie Wenzels beginnt mit Vratislav; nur die Erziehung des Knaben durch Ludmila wird erwähnt. Abweichend von der Karolinischen Fassung erregt das gottlose Leben Draho- miras und ihres Sohnes Boleslav den Unwillen der Großen, so daß sie Wenzel zum König ausrufen. In der Kampfszene mit dem Fürsten von Kouřim werden Wenzel von den En- geln Waffen gereicht und sein Gegner Radislav durch ihr Ver- bot am Angriff gehindert. Beim Hoftag wird Wenzel von den Engeln mit einem goldenen Kreuze geschmückt. Wenzel wird in der Kirche getötet, als er dort betet. In diesem Zu- sammenhang erscheint die Ermordung als Racheakt. Die Po- diven-Geschichte fehlt. Die Podiven-Episode hat — zwar nicht unmittelbar durch die Karolinische Legende und nicht durch Karls Tochter Anna, die englische Königin geworden war — selbständiges Leben gewonnen in einem englischen Christmas Carol „Good king Wenceslas“. Zwar erst um die Mitte der Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts gedichtet, hat diese Weih- nachts-Koleda von den Wohltaten des guten „Königs"Wenzel den Weg um die Welt genommen, um Wohltun zur Weih- nacht werbend. So bleibt am Ende die gute Tat, die Zeit und Raum überwindet. Im Druck erschien die St.-Wenzelslegende Karls IV. erst- malig im Bollandistenwerk Acta Sanctorum, September, VII. Band, S. 780—82, herausgeg. von Karl Suysken, Paris und Rom 1867, nach der Handschrift M mit klassischer Or- thographie und einigen stilistischen Anderungen und selb- ständiger Kapiteleinteilung. In unserer Edition = A. Der Bibliophildruck von František Mašlaň, Život sv. Václava sepsaný Karlem IV. otcem vlasti (= Leben des hl. Wenzel, verfaßt von Karl IV., Vater des Vaterlands), Hranice (Mähr.- Weißkirchen), Herbst 1929, enthält vor der alten tschech. Übersetzung aus dem Passional den indirekten Text aus den Fontes rerum Bohemicarum. Den tschech. Passionaltext hat derselbe Mašlañ in der Sammlung Kněhyně noch gesondert herausgegeben.
110 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Genealogie Wenzels beginnt mit Vratislav; nur die Erziehung des Knaben durch Ludmila wird erwähnt. Abweichend von der Karolinischen Fassung erregt das gottlose Leben Draho- miras und ihres Sohnes Boleslav den Unwillen der Großen, so daß sie Wenzel zum König ausrufen. In der Kampfszene mit dem Fürsten von Kouřim werden Wenzel von den En- geln Waffen gereicht und sein Gegner Radislav durch ihr Ver- bot am Angriff gehindert. Beim Hoftag wird Wenzel von den Engeln mit einem goldenen Kreuze geschmückt. Wenzel wird in der Kirche getötet, als er dort betet. In diesem Zu- sammenhang erscheint die Ermordung als Racheakt. Die Po- diven-Geschichte fehlt. Die Podiven-Episode hat — zwar nicht unmittelbar durch die Karolinische Legende und nicht durch Karls Tochter Anna, die englische Königin geworden war — selbständiges Leben gewonnen in einem englischen Christmas Carol „Good king Wenceslas“. Zwar erst um die Mitte der Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts gedichtet, hat diese Weih- nachts-Koleda von den Wohltaten des guten „Königs"Wenzel den Weg um die Welt genommen, um Wohltun zur Weih- nacht werbend. So bleibt am Ende die gute Tat, die Zeit und Raum überwindet. Im Druck erschien die St.-Wenzelslegende Karls IV. erst- malig im Bollandistenwerk Acta Sanctorum, September, VII. Band, S. 780—82, herausgeg. von Karl Suysken, Paris und Rom 1867, nach der Handschrift M mit klassischer Or- thographie und einigen stilistischen Anderungen und selb- ständiger Kapiteleinteilung. In unserer Edition = A. Der Bibliophildruck von František Mašlaň, Život sv. Václava sepsaný Karlem IV. otcem vlasti (= Leben des hl. Wenzel, verfaßt von Karl IV., Vater des Vaterlands), Hranice (Mähr.- Weißkirchen), Herbst 1929, enthält vor der alten tschech. Übersetzung aus dem Passional den indirekten Text aus den Fontes rerum Bohemicarum. Den tschech. Passionaltext hat derselbe Mašlañ in der Sammlung Kněhyně noch gesondert herausgegeben.
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EINFUHRUNG 111 J. Emler hat i. J. 1893 in den Fontes rerum Bohemicarum (= Böhmische Geschichtsquellen), V. Band, die Pulkava- chronik (Pulkavae Chronicon Bohemiae) herausgegeben, in welcher die St.-Wenzelslegende Karls IV. eingebettet ist. Bei der Spärlichkeit der Uberlieferung des Urtextes ein wertvoller Zeuge. In unserer Edition = F. Emler hat in den Spisové cis. Karla IV. (= Schriften Kaiser Karls IV., in den Památky staré literatury české č. 4) die alttschech. Ubersetzung aus dem Musealpassional v. J. 1379 abgedruckt. Monographisch befaßt sich mit der Legende Anton Blaschka " in der Schrift „Die St.-Wenzelslegende Kaiser Karls IV." (Prag 1934). Neben dem lateinischen Originaltext werden dort die entsprechenden Partien aus zwei ungedruckten deut- schen Pulkava-Ubersetzungen vorgelegt (cod. R 304 der Stadtbibliothek zu Breslau und cod. germ. 1112 der Bay- rischen Staatsbibliothek in München). Auf den dort ge- botenen Kommentar sei besonders hingewiesen. Der Uni- versitäts- und Landesbibliothek Halle/S. danke ich, daß sie mir diese meine Arbeit zur Verfügung gestellt hat. Inmitten eines sprachlichen Kulturbilds erscheint die karo- linische Legende tschechisch in der Sammlung Próza z doby Karla IV. von Jan Vilikovský (Prosa aus der Zeit Karls IV.), Prag 1943. Grundlage der vorliegenden deutschen Ubersetzung ist die letztgenannte Ausgabe in den Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte. Herausgegeben von der Histori- schen Kommission der Deutschen Gesellschaft der Wissen- schaften und Künste für die Tschechoslowakische Republik, 14. Band, Prag 1934. Benützt wurden hiezu folgende Handschriften: M = Kodex XIII A 12 des Prager Nationalmuseums (das illuminierte Brevier — Liber viaticus — des Johannes von Neumarkt), Nachtrag, fol. 313r ff. Aus der Zeit 1355—1364/5. Grundlage der Edition.
EINFUHRUNG 111 J. Emler hat i. J. 1893 in den Fontes rerum Bohemicarum (= Böhmische Geschichtsquellen), V. Band, die Pulkava- chronik (Pulkavae Chronicon Bohemiae) herausgegeben, in welcher die St.-Wenzelslegende Karls IV. eingebettet ist. Bei der Spärlichkeit der Uberlieferung des Urtextes ein wertvoller Zeuge. In unserer Edition = F. Emler hat in den Spisové cis. Karla IV. (= Schriften Kaiser Karls IV., in den Památky staré literatury české č. 4) die alttschech. Ubersetzung aus dem Musealpassional v. J. 1379 abgedruckt. Monographisch befaßt sich mit der Legende Anton Blaschka " in der Schrift „Die St.-Wenzelslegende Kaiser Karls IV." (Prag 1934). Neben dem lateinischen Originaltext werden dort die entsprechenden Partien aus zwei ungedruckten deut- schen Pulkava-Ubersetzungen vorgelegt (cod. R 304 der Stadtbibliothek zu Breslau und cod. germ. 1112 der Bay- rischen Staatsbibliothek in München). Auf den dort ge- botenen Kommentar sei besonders hingewiesen. Der Uni- versitäts- und Landesbibliothek Halle/S. danke ich, daß sie mir diese meine Arbeit zur Verfügung gestellt hat. Inmitten eines sprachlichen Kulturbilds erscheint die karo- linische Legende tschechisch in der Sammlung Próza z doby Karla IV. von Jan Vilikovský (Prosa aus der Zeit Karls IV.), Prag 1943. Grundlage der vorliegenden deutschen Ubersetzung ist die letztgenannte Ausgabe in den Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte. Herausgegeben von der Histori- schen Kommission der Deutschen Gesellschaft der Wissen- schaften und Künste für die Tschechoslowakische Republik, 14. Band, Prag 1934. Benützt wurden hiezu folgende Handschriften: M = Kodex XIII A 12 des Prager Nationalmuseums (das illuminierte Brevier — Liber viaticus — des Johannes von Neumarkt), Nachtrag, fol. 313r ff. Aus der Zeit 1355—1364/5. Grundlage der Edition.
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112 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Md = U = B = P = Kodex XIII C 1 des Prager Nationalmuseums (Bre- vier des Propstes Johannes von Raudnitz), fol. 322v.ff. Wohl aus dem Jahre 1394. Enthält nur die Translatio unter Weglassung der 2. Lektion. Papierhandschrift XIV C 2 des Prager National- museums (Passional), fol. 69v. b. Abgeschlossen 5. 6. 1436. Von Dobrowsky benützt, daher die Sigle d. Inhalt wie Mt. Papierhandschrift V B 1 der National- und Universi- tätsbibliothek in Prag (Passional), fol. 189r. b ff., da- zu Anhang. 15. Jahrh. Enthält getrennt die Vita und die Translatio mit einem Nachtrag. Cod. lat. fol. 393 der ehem. Preuß. Staatsbibliothek in Berlin (Pulkava); vgl. O. Odložilík, Časopis archivní školy IX/X — 1931/2, Prag, S. 98ff. Hs. I C 24 der National- und Universitätsbibliothek in Prag (Pulkava) Mt =
112 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Md = U = B = P = Kodex XIII C 1 des Prager Nationalmuseums (Bre- vier des Propstes Johannes von Raudnitz), fol. 322v.ff. Wohl aus dem Jahre 1394. Enthält nur die Translatio unter Weglassung der 2. Lektion. Papierhandschrift XIV C 2 des Prager National- museums (Passional), fol. 69v. b. Abgeschlossen 5. 6. 1436. Von Dobrowsky benützt, daher die Sigle d. Inhalt wie Mt. Papierhandschrift V B 1 der National- und Universi- tätsbibliothek in Prag (Passional), fol. 189r. b ff., da- zu Anhang. 15. Jahrh. Enthält getrennt die Vita und die Translatio mit einem Nachtrag. Cod. lat. fol. 393 der ehem. Preuß. Staatsbibliothek in Berlin (Pulkava); vgl. O. Odložilík, Časopis archivní školy IX/X — 1931/2, Prag, S. 98ff. Hs. I C 24 der National- und Universitätsbibliothek in Prag (Pulkava) Mt =
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HIER BEGINNT DAS NEUE REIMOFFIZIUM VOM MARTYRER ST. WENCESLAUS, HERZOG DER BÖH- MEN, ZUSAMMENGESTELLT VON HERRN KARL, RÖMISCHEM KAISER UND KÖNIG VON BÖHMEN? 1b. [I.] Als die christliche Religion zunahm, ließ sich durch Gunst der göttlichen Güte Swatopluk, der König der Mährer, von dem dortigen Erzbischof Cyrillus taufen, und als ihm sein Bruder, der heilige Metudius, auf dem erzbischöflichen Stuhl nachfolgte, wurde der erlauchte Borziwoj, Herzog von Böhmen, samt seiner Gemahlin, der heiligen Martyrin Lud- mila, von demselben heiligen Bischof Metudius in der Metro- politanstadt Mährens Wellegrad in der Kirche des heiligen Vitus getauft1. Der genannte Fürst Borziwoj zeugte dann den Spytigneus und den Wratislaus. Der fromme Spytigneus aber hinterließ bei seinem Abscheiden von dieser Welt das Herzogtum dem Wratislaus. Wratislaus aber zeugte mit Drahomirz zwei a So lautet das Rubruim vor dem Reimoffizium im Prachtbrevier Johanns von Neumarkt; die anschließende 1. Vesperantiphon lautet Adest dies leticic..., in Ubersetzung: Der Tag der Freude kommt heran, An dem der Kirche Rittersmann Nach des Fleisches Kampf und Streit Einzieht in die Herrlichkeit Himmlischer Glückseligkeit Mit der Sieges Ruhmesfahn'. b Die arabischen Ziffern bedeuten die Lektionen im Brevier Johanns von Neumarkt. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Kapitel- einteilung in den Acta Sanctorum. 1 Einzig und allein in dieser Legende wird der Patron der Taufkirche genannt. Tatsächlich befand sich unter den drei Kirchen von Alt- stadt (Staré Město) bei Welehrad eine in josefinischer Zeit abge- tragene St.-Veitskirche (vgl. Hurt, R.: Dějiny cist. kláštera na Vele- hradě).
HIER BEGINNT DAS NEUE REIMOFFIZIUM VOM MARTYRER ST. WENCESLAUS, HERZOG DER BÖH- MEN, ZUSAMMENGESTELLT VON HERRN KARL, RÖMISCHEM KAISER UND KÖNIG VON BÖHMEN? 1b. [I.] Als die christliche Religion zunahm, ließ sich durch Gunst der göttlichen Güte Swatopluk, der König der Mährer, von dem dortigen Erzbischof Cyrillus taufen, und als ihm sein Bruder, der heilige Metudius, auf dem erzbischöflichen Stuhl nachfolgte, wurde der erlauchte Borziwoj, Herzog von Böhmen, samt seiner Gemahlin, der heiligen Martyrin Lud- mila, von demselben heiligen Bischof Metudius in der Metro- politanstadt Mährens Wellegrad in der Kirche des heiligen Vitus getauft1. Der genannte Fürst Borziwoj zeugte dann den Spytigneus und den Wratislaus. Der fromme Spytigneus aber hinterließ bei seinem Abscheiden von dieser Welt das Herzogtum dem Wratislaus. Wratislaus aber zeugte mit Drahomirz zwei a So lautet das Rubruim vor dem Reimoffizium im Prachtbrevier Johanns von Neumarkt; die anschließende 1. Vesperantiphon lautet Adest dies leticic..., in Ubersetzung: Der Tag der Freude kommt heran, An dem der Kirche Rittersmann Nach des Fleisches Kampf und Streit Einzieht in die Herrlichkeit Himmlischer Glückseligkeit Mit der Sieges Ruhmesfahn'. b Die arabischen Ziffern bedeuten die Lektionen im Brevier Johanns von Neumarkt. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Kapitel- einteilung in den Acta Sanctorum. 1 Einzig und allein in dieser Legende wird der Patron der Taufkirche genannt. Tatsächlich befand sich unter den drei Kirchen von Alt- stadt (Staré Město) bei Welehrad eine in josefinischer Zeit abge- tragene St.-Veitskirche (vgl. Hurt, R.: Dějiny cist. kláštera na Vele- hradě).
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114 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Söhne: den heiligen Wenceslaus und Boleslaus, den Gott- losen. Wenceslaus hegte und pflegte aus reinem Herzen den christlichen Glauben, Drahomirz aber hielt es mit den Götzendienern1a. [II.] Als nun der durchleuchtigste Fürst Wratislaus gestorben war, hinterließ er den glorreichen Knaben Wenceslaus und die Regierung des Vaterlandes seiner Mutter, der heiligen Ludmila, Drahomirz aber, seine Frau, erzog den zweiten Sohn, den gottlosen Boleslaus, und hielt ihn beständig zu den heidnischen Bräuchen an. 2. Die glorwürdige Frau und Patronin der Böhmen nun, die erste Perle und die erste Blume von Böhmens Aue, nämlich die heilige Ludmila, unterwies ihren Enkel, den heiligen Wen- ceslaus, im christlichen Glauben, in der Heiligen Schrift und im Worte des Evangeliums. Der milde Tröster, der Heilige Geist, machte denn das Herz des Knaben empfänglich und entflammte sein Inneres, daß die Funken seiner Lehre hervor- sprühten gleich Sternen unter den Frommen und Gerechtenlb und daß die Früchte der Ewigkeit hervorblühten aus seinem honigfließenden Munde. Denn durch seine Predigt wurde das Böhmerland erleuchtet2. Die jungfräuliche Reinheit trug er an Leib und Seele3 und dürstete nach dem Martertod um 1a Der Anfang dieses Absatzes ist dem Stammbaum Christi im Mat- thäus-Evangelium nachgebildet. Am Schluß spiegelt sich bereits die Abel-Kain-Beziehung (vgl. 1 Mos. 4, 2). 1b Vgl. Weish, 3, 7 und Dan. 12, 3. 2 Das lateinische Wort illuminare, das hier verwendet ist, hat neben „erleuchten“ auch die Bedeutung „aufklären“, „das Licht des Glaubens bringen“ — für das Christentum gewinnen, taufen. 3 Im Sinne der Christianschen Legende, die Karl wohlbekannt war, ist hiebei auch an das Tragen eines Bußhemdes zu denken, wie dort gesagt wird: zur Bewahrung der Taufgnade. Die Entstehungszeit der umfangreichen Ludmila- und Wenzelslegende des Mönches Christian, die Josef Pekař dem 10. Jh. zuwies, ist durch die Arbeit von Rudolf Urbánek (Legenda t. zv. Kristiána, Prag 1947—48) wieder kontro- vers geworden: er setzt ihre Entstehung in den Anfang des 14. Jh. und bezeichnet als ihren wahrscheinlichen Autor den Břevnover Abt
114 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Söhne: den heiligen Wenceslaus und Boleslaus, den Gott- losen. Wenceslaus hegte und pflegte aus reinem Herzen den christlichen Glauben, Drahomirz aber hielt es mit den Götzendienern1a. [II.] Als nun der durchleuchtigste Fürst Wratislaus gestorben war, hinterließ er den glorreichen Knaben Wenceslaus und die Regierung des Vaterlandes seiner Mutter, der heiligen Ludmila, Drahomirz aber, seine Frau, erzog den zweiten Sohn, den gottlosen Boleslaus, und hielt ihn beständig zu den heidnischen Bräuchen an. 2. Die glorwürdige Frau und Patronin der Böhmen nun, die erste Perle und die erste Blume von Böhmens Aue, nämlich die heilige Ludmila, unterwies ihren Enkel, den heiligen Wen- ceslaus, im christlichen Glauben, in der Heiligen Schrift und im Worte des Evangeliums. Der milde Tröster, der Heilige Geist, machte denn das Herz des Knaben empfänglich und entflammte sein Inneres, daß die Funken seiner Lehre hervor- sprühten gleich Sternen unter den Frommen und Gerechtenlb und daß die Früchte der Ewigkeit hervorblühten aus seinem honigfließenden Munde. Denn durch seine Predigt wurde das Böhmerland erleuchtet2. Die jungfräuliche Reinheit trug er an Leib und Seele3 und dürstete nach dem Martertod um 1a Der Anfang dieses Absatzes ist dem Stammbaum Christi im Mat- thäus-Evangelium nachgebildet. Am Schluß spiegelt sich bereits die Abel-Kain-Beziehung (vgl. 1 Mos. 4, 2). 1b Vgl. Weish, 3, 7 und Dan. 12, 3. 2 Das lateinische Wort illuminare, das hier verwendet ist, hat neben „erleuchten“ auch die Bedeutung „aufklären“, „das Licht des Glaubens bringen“ — für das Christentum gewinnen, taufen. 3 Im Sinne der Christianschen Legende, die Karl wohlbekannt war, ist hiebei auch an das Tragen eines Bußhemdes zu denken, wie dort gesagt wird: zur Bewahrung der Taufgnade. Die Entstehungszeit der umfangreichen Ludmila- und Wenzelslegende des Mönches Christian, die Josef Pekař dem 10. Jh. zuwies, ist durch die Arbeit von Rudolf Urbánek (Legenda t. zv. Kristiána, Prag 1947—48) wieder kontro- vers geworden: er setzt ihre Entstehung in den Anfang des 14. Jh. und bezeichnet als ihren wahrscheinlichen Autor den Břevnover Abt
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2./3. LEKTION 115 Christi willen. Er hielt die Wahrheit des christlichen Glau- bens nicht verborgen, sondern predigte sie öffentlich, immer- dar Gebeten, Nachtwachen, Almosengeben und anderen frommen Werken zugetan und demütig vor allen seinen Ge- spielen. [III.] Die neidische Drahomirz aber strebte danach, über ihre Schwiegermutter im Herzogtum zu herrschen, und sandte zwei Erzbösewichter, Tunna und Gumo, auf das Bürglein Tetin, welche die heilige Ludmila mit einem Strange er- würgten und ihr den Martertod gaben. Christus aber legte ihr eine goldne Kette um den Hals und nahm sie in den Him- mel auft. 3. Hierauf entbrannte die gottlose Wüterichin in Wut gegen die Christgläubigen. Ihr erstgeborener Sohn aber, der heilige Wenceslaus, hielt fest an der Lehre des christlichen Gesetzes seiner Großmutter, der heiligen Ludmila, rief die versprengten Christen zurück und erwies ihnen alles Gute5. Brot und Wein zum Meßopfer baute er mit eigener Hände Arbeit, Holz und andere Notdurft trug er den Waisen und Witwen und ihren Kindern auf seinen eigenen Schultern nächtlicherweile zu. Da begann der Herzog von Gurim° aus Mißachtung vor der Demut des Heiligen sein Herzogland zu schänden und zu ver- wüsten, so daß der heilige Wenceslaus gezwungen war, mit Bavor. Urbánek bestreitet Karls Abhängigkeit von Christian und wünscht, daß diese Streitfrage von den tschechischen Gelehrten allein ausgetragen werde. Der Philologe Jar. Ludvíkovský wies die These Urbáneks zurück. " Die goldene Kette (Dan. 5, 29) ist Sinnbild der Gelehrsamkeit, und Ludmila verdient diese Auszeichnung als Lehrerin Wenzels ; beim Pro- motionszeremoniell wurde in alter Zeit dem Doktoranden eine goldene Kette umgehängt. 5 Aus der Christianschen Legende wissen wir, daß es sich bei den Geistlichen, die vertrieben worden waren, um Priester aus Deutsch- land handelte, namentlich aus Bayern und Schwaben. 6 Es ist das Gebiet um Kouřim gemeint. Der Fürst heißt in der tsche- chischen Reimchronik Dalimils Radslav.
2./3. LEKTION 115 Christi willen. Er hielt die Wahrheit des christlichen Glau- bens nicht verborgen, sondern predigte sie öffentlich, immer- dar Gebeten, Nachtwachen, Almosengeben und anderen frommen Werken zugetan und demütig vor allen seinen Ge- spielen. [III.] Die neidische Drahomirz aber strebte danach, über ihre Schwiegermutter im Herzogtum zu herrschen, und sandte zwei Erzbösewichter, Tunna und Gumo, auf das Bürglein Tetin, welche die heilige Ludmila mit einem Strange er- würgten und ihr den Martertod gaben. Christus aber legte ihr eine goldne Kette um den Hals und nahm sie in den Him- mel auft. 3. Hierauf entbrannte die gottlose Wüterichin in Wut gegen die Christgläubigen. Ihr erstgeborener Sohn aber, der heilige Wenceslaus, hielt fest an der Lehre des christlichen Gesetzes seiner Großmutter, der heiligen Ludmila, rief die versprengten Christen zurück und erwies ihnen alles Gute5. Brot und Wein zum Meßopfer baute er mit eigener Hände Arbeit, Holz und andere Notdurft trug er den Waisen und Witwen und ihren Kindern auf seinen eigenen Schultern nächtlicherweile zu. Da begann der Herzog von Gurim° aus Mißachtung vor der Demut des Heiligen sein Herzogland zu schänden und zu ver- wüsten, so daß der heilige Wenceslaus gezwungen war, mit Bavor. Urbánek bestreitet Karls Abhängigkeit von Christian und wünscht, daß diese Streitfrage von den tschechischen Gelehrten allein ausgetragen werde. Der Philologe Jar. Ludvíkovský wies die These Urbáneks zurück. " Die goldene Kette (Dan. 5, 29) ist Sinnbild der Gelehrsamkeit, und Ludmila verdient diese Auszeichnung als Lehrerin Wenzels ; beim Pro- motionszeremoniell wurde in alter Zeit dem Doktoranden eine goldene Kette umgehängt. 5 Aus der Christianschen Legende wissen wir, daß es sich bei den Geistlichen, die vertrieben worden waren, um Priester aus Deutsch- land handelte, namentlich aus Bayern und Schwaben. 6 Es ist das Gebiet um Kouřim gemeint. Der Fürst heißt in der tsche- chischen Reimchronik Dalimils Radslav.
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116 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. seinem Heerbanne eilends gegen ihn ins Feld zu rücken zur Verteidigung seines Stammes. [IV.] Der Herzog von Gurim unterschätzte ihn und sein Heer, zog ihm entgegen und erklärte ihm den Krieg. Der heilige Wenceslaus schickte Gesandte zu ihm und ließ ihm sagen: Strebst du nach meinem Herzogtum, weshalb sollen da im Kampfe fallen, denen du gebieten willst ? Ich verlange nicht danach, das Blut der Deinen zu vergießen. Hast du aber Lust zum Kampfe, überwinde mich allein und herrsche über all die Meinen in Frieden. Gewinne aber ich, so sollen ebenso die Deinen meiner Herrschaft untertan sein. Als der Herzog von Gurim dies vernahm, ging er unter dieser Be- dingung gern auf einen Zweikampf mit ihm ein, und die beiderseitigen Heere sollten Zeuge sein. Als aber die ge- nannten Herzoge zum Zweikampf angetreten waren und die Heere von beiden Seiten zuschauten, da standen Engel vom Himmel dem heiligen Wenceslaus zur Seite und ein blitzendes Kreuz schwebte vor seinem Antlitz. Sobald dies aber der Gu- rimer Herzog sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte um Gnade. Da sprach der heilige Wenceslaus zu ihm: Kehre in dein Eigentum zurück und sei mit dem Deinen zufrieden; ich ver- lange nicht nach deinem Gut, ziehe in Frieden!7 7 Diese Episode, die bei Christian am Schlusse der Wunder berichtet wurde, vor der Evangelienperikope Matth. 16 vom Kreuztragen, steht hier am Schlusse der 3. Lektion. Der Liturgiker Karl läßt darum auch vor der 4. Lektion die sinnentsprechende Antiphon folgen : Vor dem Kreuz, dem wunderbaren, Sinkt der Gegner in die Knie; Jubelnd ziehen heim die Scharen, Da der Himmel Schutz verlieh. Kouřims Fürst liegt hingeschmettert, Vor dem Kreuz sein Stolz entblättert. Das materielle Substrat ist die blitzende Kreuzspange an dem Topf- helm, der als Reliquie noch vorhanden ist. (Dazu vgl. Jos. Schránil, O zbroji sv. Václava, im Svatováclavský sborník I, 159ff., Prag 1934.)
116 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. seinem Heerbanne eilends gegen ihn ins Feld zu rücken zur Verteidigung seines Stammes. [IV.] Der Herzog von Gurim unterschätzte ihn und sein Heer, zog ihm entgegen und erklärte ihm den Krieg. Der heilige Wenceslaus schickte Gesandte zu ihm und ließ ihm sagen: Strebst du nach meinem Herzogtum, weshalb sollen da im Kampfe fallen, denen du gebieten willst ? Ich verlange nicht danach, das Blut der Deinen zu vergießen. Hast du aber Lust zum Kampfe, überwinde mich allein und herrsche über all die Meinen in Frieden. Gewinne aber ich, so sollen ebenso die Deinen meiner Herrschaft untertan sein. Als der Herzog von Gurim dies vernahm, ging er unter dieser Be- dingung gern auf einen Zweikampf mit ihm ein, und die beiderseitigen Heere sollten Zeuge sein. Als aber die ge- nannten Herzoge zum Zweikampf angetreten waren und die Heere von beiden Seiten zuschauten, da standen Engel vom Himmel dem heiligen Wenceslaus zur Seite und ein blitzendes Kreuz schwebte vor seinem Antlitz. Sobald dies aber der Gu- rimer Herzog sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte um Gnade. Da sprach der heilige Wenceslaus zu ihm: Kehre in dein Eigentum zurück und sei mit dem Deinen zufrieden; ich ver- lange nicht nach deinem Gut, ziehe in Frieden!7 7 Diese Episode, die bei Christian am Schlusse der Wunder berichtet wurde, vor der Evangelienperikope Matth. 16 vom Kreuztragen, steht hier am Schlusse der 3. Lektion. Der Liturgiker Karl läßt darum auch vor der 4. Lektion die sinnentsprechende Antiphon folgen : Vor dem Kreuz, dem wunderbaren, Sinkt der Gegner in die Knie; Jubelnd ziehen heim die Scharen, Da der Himmel Schutz verlieh. Kouřims Fürst liegt hingeschmettert, Vor dem Kreuz sein Stolz entblättert. Das materielle Substrat ist die blitzende Kreuzspange an dem Topf- helm, der als Reliquie noch vorhanden ist. (Dazu vgl. Jos. Schránil, O zbroji sv. Václava, im Svatováclavský sborník I, 159ff., Prag 1934.)
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4. LEKTION 117 4. [V.] Als dann der heilige Wenceslaus zum kaiserlichen Hof- tag geladen war, wurde er vom Kaiser8 und den Fürsten mit allen Ehren empfangen und zu den Gesprächen und Be- ratungen des Kaisers beigezogen. Eines Morgens aber ver- spätete er sich wegen der ermüdenden nächtlichen Anstren- gungen mit Wachen und Beten. Der Kaiser aber und die Für- sten dachten, er säume aus Hochmut. Und der Kaiser mit den Fürsten beschloß daher, ihm deswegen beim verspäteten Eintreffen die Ehre zu versagen. Als aber der heilige Wence- slaus im Rate des Kaisers und der Fürsten erschien, sah der Kaiser, daß ihn Engel geleiteten und daß ein goldenes Kreuz an seiner Stirne in hellstem Glanze strahlte. Da fiel ihm der Kaiser zu Füßen, flehte ihn mit den Fürsten um Verzeihung an und bat ihn dann, frank und frei einen Wunsch auszu- sprechen, der ihm Befehl sein solle. Da bat er ihn um den Arm des heiligen Martyrers Vitus, und der Kaiser gab ihm ihn°. [VI.] Er brachte ihn nach Prag, ließ eine Kirche unter dem Titel dieses glorreichen Martyrers bauen und bat den ehr- * Die gereimte Behandlung dieser Szene im Responsorium folgt erst nach der 5. Lektion: Des Kreuzes Diener tritt herein —; dazu der Versikel: Den Kaiser nimmt das Staunen ein, | Sein Groll zerfließt, er muß verzeihn,] Und Thron an Thron wird aufgericht'. Gemeint ist der Sachsenkönig Heinrich I. Wostry bemerkt hiezu: diese Szene dürfte als Reflex des von den Historikern als zwischen Wenzel und König Heinrich I. angenommenen guten Verhältnisses anzusehen sein. In der St.-Wenzelskapelle des Prager St.-Veitsdoms steht die Parler- sche Steinplastik des Heiligen an der Wand, von zwei gemalten En- gelsgestalten beseitet, auch das Medaillonbild des Böhmenherzogs Wenzel im Hermannseifener Stammbaum der böhmischen Herrscher (Genealogia principum regumque Bohemiae des Humanisten David Crinitus) aus rudolfinischer Zeit zeigt den Heiligen zwischen zwei En- geln (Anton Blaschka in: Mitteilungen d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen, 68, 1930, S. 162 ff.). € Diese Szene, eigentlich die Motivierung des Baues der St.-Veits- basilika, fehlt bei Christian; daß Karl, der Stifter des gotischen Neu- baus, sie nicht entbehren konnte, erweist ihn als bewußten Vollender des von St. Wenzel begonnenen Werkes in weitestem Sinne.
4. LEKTION 117 4. [V.] Als dann der heilige Wenceslaus zum kaiserlichen Hof- tag geladen war, wurde er vom Kaiser8 und den Fürsten mit allen Ehren empfangen und zu den Gesprächen und Be- ratungen des Kaisers beigezogen. Eines Morgens aber ver- spätete er sich wegen der ermüdenden nächtlichen Anstren- gungen mit Wachen und Beten. Der Kaiser aber und die Für- sten dachten, er säume aus Hochmut. Und der Kaiser mit den Fürsten beschloß daher, ihm deswegen beim verspäteten Eintreffen die Ehre zu versagen. Als aber der heilige Wence- slaus im Rate des Kaisers und der Fürsten erschien, sah der Kaiser, daß ihn Engel geleiteten und daß ein goldenes Kreuz an seiner Stirne in hellstem Glanze strahlte. Da fiel ihm der Kaiser zu Füßen, flehte ihn mit den Fürsten um Verzeihung an und bat ihn dann, frank und frei einen Wunsch auszu- sprechen, der ihm Befehl sein solle. Da bat er ihn um den Arm des heiligen Martyrers Vitus, und der Kaiser gab ihm ihn°. [VI.] Er brachte ihn nach Prag, ließ eine Kirche unter dem Titel dieses glorreichen Martyrers bauen und bat den ehr- * Die gereimte Behandlung dieser Szene im Responsorium folgt erst nach der 5. Lektion: Des Kreuzes Diener tritt herein —; dazu der Versikel: Den Kaiser nimmt das Staunen ein, | Sein Groll zerfließt, er muß verzeihn,] Und Thron an Thron wird aufgericht'. Gemeint ist der Sachsenkönig Heinrich I. Wostry bemerkt hiezu: diese Szene dürfte als Reflex des von den Historikern als zwischen Wenzel und König Heinrich I. angenommenen guten Verhältnisses anzusehen sein. In der St.-Wenzelskapelle des Prager St.-Veitsdoms steht die Parler- sche Steinplastik des Heiligen an der Wand, von zwei gemalten En- gelsgestalten beseitet, auch das Medaillonbild des Böhmenherzogs Wenzel im Hermannseifener Stammbaum der böhmischen Herrscher (Genealogia principum regumque Bohemiae des Humanisten David Crinitus) aus rudolfinischer Zeit zeigt den Heiligen zwischen zwei En- geln (Anton Blaschka in: Mitteilungen d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen, 68, 1930, S. 162 ff.). € Diese Szene, eigentlich die Motivierung des Baues der St.-Veits- basilika, fehlt bei Christian; daß Karl, der Stifter des gotischen Neu- baus, sie nicht entbehren konnte, erweist ihn als bewußten Vollender des von St. Wenzel begonnenen Werkes in weitestem Sinne.
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118 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. würdigen Bischof von Regensburg, der damals Diözesan- bischof von Böhmen war, er möge ungesäumt zur Ein- weihung der genannten Basilika kommen. Der ehrwürdige Bischof ließ ihm sagen: Was bedarfst du meiner, mein Sohn ? Ich habe ja deine Kirche, die du ge- weiht haben willst, vor Gott zu einer Metropolitankirche er- hoben und erhöht gesehen 1°. Aber auf deinen Wink will ich gerne einen schicken, um sie einzuweihen. 5. Als einmal der heilige Wenceslaus zur Nachtzeit barfuß zur Kirche ging, zur Winterszeit, da Schnee und Eis Feld und Weg bedeckte, da begleitete ihn sein Leibknappe Podiwen, den an die Füße fror, obwohl er beschuht war, daß er es nicht aushalten konnte. Da sagte der heilige Wenceslaus zu ihm und sprach: Setze deine Füße in meine Fußtapfen! Er tat es, und es erwärmten sich die Füße des Knappen, daß er für- derhin keine Kälte mehr empfand. Die Fußtapfen des glor- reichen Martyrers aber erschienen stark mit geronnenem Blute bedeckt. [VII.] Der glorreiche Fürst Wenceslaus war der liebreichen Milde so ergeben, daß er Sklavenkinder freikaufte und sie für Christus zu Herren machte, Kerker und Galgen beseitigte, aus Furcht, es könnte das Blut des Nächsten ungerechter- weise verurteilt werden. Viele Dinge hat er für die Zukunft wahrheitsgetreu voraus- gesagt oder angedeutet. Darunter wurde ihm unter anderem die Übertragung seiner glorreichen Großmutter, der heiligen Martyrin Ludmila, geoffenbart, deren Leib er, wie ihm ge- offenbart worden war, unverwest auffand. Er selbst übertrug ihn mit großer Andacht und allen Ehren in die Kirche des heiligen Georgius im Prager Schloß. Hierauf schickte der heilige Wenceslaus in seiner Vorliebe für das Himmlische und seiner Abneigung gegen das Ir- dische eine Botschaft an den Papst, daß er ihm die Erlaubnis 10 Eine sogenannte Vaticinatio ex eventu, eine nachträgliche Prophetie, wie sie erst der kaiserliche Autor als Urheber der Rangserhöhung aus- sprechen konnte.
118 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. würdigen Bischof von Regensburg, der damals Diözesan- bischof von Böhmen war, er möge ungesäumt zur Ein- weihung der genannten Basilika kommen. Der ehrwürdige Bischof ließ ihm sagen: Was bedarfst du meiner, mein Sohn ? Ich habe ja deine Kirche, die du ge- weiht haben willst, vor Gott zu einer Metropolitankirche er- hoben und erhöht gesehen 1°. Aber auf deinen Wink will ich gerne einen schicken, um sie einzuweihen. 5. Als einmal der heilige Wenceslaus zur Nachtzeit barfuß zur Kirche ging, zur Winterszeit, da Schnee und Eis Feld und Weg bedeckte, da begleitete ihn sein Leibknappe Podiwen, den an die Füße fror, obwohl er beschuht war, daß er es nicht aushalten konnte. Da sagte der heilige Wenceslaus zu ihm und sprach: Setze deine Füße in meine Fußtapfen! Er tat es, und es erwärmten sich die Füße des Knappen, daß er für- derhin keine Kälte mehr empfand. Die Fußtapfen des glor- reichen Martyrers aber erschienen stark mit geronnenem Blute bedeckt. [VII.] Der glorreiche Fürst Wenceslaus war der liebreichen Milde so ergeben, daß er Sklavenkinder freikaufte und sie für Christus zu Herren machte, Kerker und Galgen beseitigte, aus Furcht, es könnte das Blut des Nächsten ungerechter- weise verurteilt werden. Viele Dinge hat er für die Zukunft wahrheitsgetreu voraus- gesagt oder angedeutet. Darunter wurde ihm unter anderem die Übertragung seiner glorreichen Großmutter, der heiligen Martyrin Ludmila, geoffenbart, deren Leib er, wie ihm ge- offenbart worden war, unverwest auffand. Er selbst übertrug ihn mit großer Andacht und allen Ehren in die Kirche des heiligen Georgius im Prager Schloß. Hierauf schickte der heilige Wenceslaus in seiner Vorliebe für das Himmlische und seiner Abneigung gegen das Ir- dische eine Botschaft an den Papst, daß er ihm die Erlaubnis 10 Eine sogenannte Vaticinatio ex eventu, eine nachträgliche Prophetie, wie sie erst der kaiserliche Autor als Urheber der Rangserhöhung aus- sprechen konnte.
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5./6. LEKTION 119 erteile, das Mönchsgewand nach der Regel des heiligen Be- nediktus zu nehmen, in der Absicht, sein Fürstentum seinem Bruder Boleslaus zu überlassen. Sein Bruder Boleslaus aber sah seinen frommen Wandel mit scheelem Blick. In seiner Vorliebe für das Irdische und seiner Abneigung gegen das Himmlische, in seinem Verlangen nach dem Fürstentum ließ er sich flugs in ein Verbrechen ein und lud den glor- reichen Fürsten zu einem Gastmahl auf sein Schloß zu Bunz- lau11, das er sich erbaut hatte. [VIII.] Er wußte zwar seinen Tod voraus, ließ sich aber wie ein Schaf zur Schlachtbank führen. Hintergangen von seinem irdischen Bruder aber ging er der himmlischen Marterpalme entgegen, voller Freude und Dank gegen Gott. 6. Denn als er mit seinen Rittern beim Mahle saß, sprach er und sagte: Morgen, am Vortage des Beschließers des Para- dieses 12, werde ich aus Liebe zum Herrn den Leidenskelch trinken, und er wird meine Seele meinem Gott vorstellen. Nun aber esset und trinket mit mir, denn ich werde von nun an von dem Gewächse dieser Rebe nicht mehr mit euch trinken 3. Dann erhob er sich vom Mahle, verlegte sich aufs Beten, dankte Gott, legte mit zerknirschtem und reumütigem Herzen ein aufrichtiges Bekenntnis ab, bat mit dem Vorsatze genugzutun den Priester um Vergebung und betete unter Tränen für seine eigene und seiner Mitmenschen Sünden bis zum Hahnschrei14, setzte dann das Gebet in tiefster Andacht in den Metten fort und empfing beim Morgenrot 15 die wahre 11 Altbunzlau, Stará Boleslav, östlich Prags. 12 Der Gedächtnistag des hl. Erzengels Michael wird am 29. Septem- ber gefeiert; 1. Mose 3, 24 ist aber nicht von Michael die Rede, son- dern von Cherubim. Der Ausdruck „Beschließer des Paradieses“ steht im Festoffizium des Erzengels nach der 5. Lektion. 13 Immer deutlicher spiegelt sich die Leidensgeschichte des Heiligen in der Passion Christi. Vgl. hier Matth. 26, 29: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken. 14 Das heißt bis Mitternacht, da die Metten beginnen. 15 Das heißt in der Frühmesse, man beachte die Kommunion unter einer Gestalt.
5./6. LEKTION 119 erteile, das Mönchsgewand nach der Regel des heiligen Be- nediktus zu nehmen, in der Absicht, sein Fürstentum seinem Bruder Boleslaus zu überlassen. Sein Bruder Boleslaus aber sah seinen frommen Wandel mit scheelem Blick. In seiner Vorliebe für das Irdische und seiner Abneigung gegen das Himmlische, in seinem Verlangen nach dem Fürstentum ließ er sich flugs in ein Verbrechen ein und lud den glor- reichen Fürsten zu einem Gastmahl auf sein Schloß zu Bunz- lau11, das er sich erbaut hatte. [VIII.] Er wußte zwar seinen Tod voraus, ließ sich aber wie ein Schaf zur Schlachtbank führen. Hintergangen von seinem irdischen Bruder aber ging er der himmlischen Marterpalme entgegen, voller Freude und Dank gegen Gott. 6. Denn als er mit seinen Rittern beim Mahle saß, sprach er und sagte: Morgen, am Vortage des Beschließers des Para- dieses 12, werde ich aus Liebe zum Herrn den Leidenskelch trinken, und er wird meine Seele meinem Gott vorstellen. Nun aber esset und trinket mit mir, denn ich werde von nun an von dem Gewächse dieser Rebe nicht mehr mit euch trinken 3. Dann erhob er sich vom Mahle, verlegte sich aufs Beten, dankte Gott, legte mit zerknirschtem und reumütigem Herzen ein aufrichtiges Bekenntnis ab, bat mit dem Vorsatze genugzutun den Priester um Vergebung und betete unter Tränen für seine eigene und seiner Mitmenschen Sünden bis zum Hahnschrei14, setzte dann das Gebet in tiefster Andacht in den Metten fort und empfing beim Morgenrot 15 die wahre 11 Altbunzlau, Stará Boleslav, östlich Prags. 12 Der Gedächtnistag des hl. Erzengels Michael wird am 29. Septem- ber gefeiert; 1. Mose 3, 24 ist aber nicht von Michael die Rede, son- dern von Cherubim. Der Ausdruck „Beschließer des Paradieses“ steht im Festoffizium des Erzengels nach der 5. Lektion. 13 Immer deutlicher spiegelt sich die Leidensgeschichte des Heiligen in der Passion Christi. Vgl. hier Matth. 26, 29: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken. 14 Das heißt bis Mitternacht, da die Metten beginnen. 15 Das heißt in der Frühmesse, man beachte die Kommunion unter einer Gestalt.
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120 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. morgenschöne Sonne der Seele, nämlich den Leib des Herrn. Und so geläutert und versehen, trat er wie der Frührotschein der hinterhältigen Nacht entgegen, und als er seinen gottlosen Bruder, der aus der Macht der Finsternis hervortrat, freund- lich ansprach und grüßte, wurde er wie ein zweiter Abel von Kain verwundet. [IX.] Und der ihn geschlagen hatte, wich zurück und fiel hin, machtlos gegen den Mann Gottes. Aber der heilige Wenceslaus wollte willig Gott ein Opfer bringen und sein Leben für Christus lassen. Er gab jenem das Schwert wieder mit den Worten 16: Dein Wille sei in deinen Händen. Jener aber überbot die arge Bosheit mit der ärgsten Bosheit und stürzte sich wie ein lauernder Bärl7 aus der Höhle samt seinen Spießgesellen erneut auf ihn, und lüstern wie eine Viper, ihn blutig zu zerfleischen, richtete er mitsamt seinen Spießgesellen sein Schwert gegen seinen eigenen Bruder, und so gaben sie ihm den Todesstoß und ließen seine Seele Gott, seinen Leib der Erde18. Sein Blut aber schrie Brudermord vor Gott 19 und konnte durch keine menschliche Kunst jemals getilgt werden. Zur Zeit seiner glorreichen Marter aber er- schien Christus auf dem Kreuze dem König von Dänemark 16 Daß Wenzel den Boleslav niedergerungen und ihm das Schwert ent- wunden hat, muß vorausgesetzt werden, d. h. der vorangehende Satz muß in diesem Sinne gedeutet werden. 17 Daß der kaiserliche Autor den Mörder nicht mit dem König der Tiere, dem Löwen, vergleicht, wiewohl die vorschwebende Schrift- stelle (Klag. 3, 10) beide Tiere nennt, kann mit dem Hinweis auf die heraldische Bedeutung des Löwen als Wappentieres erklärt werden. das Karl in seinem Majestätssiegel als König von Böhmen zu seiner Linken führt, zumal da der Löwe auch Symbol Christi ist. 16 Nach dieser Darstellung wird Wenzel auf dem Wege aus der Kirche ermordet, bei Christian auf dem Wege zur Kirche, eine Auffassung. die sich auch in der Miniatur der Initiale A des Reimoffiziums spiegelt. Karl hat die Situation der Legende Crescente fide vor Augen, an die auch sein Einleitungssatz gemahnt. 10 Wie das Blut Abels (1. Mose 4, 10). Das entsprechende Reimrespon- sorium folgt erst nach der 6. Lektion.
120 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. morgenschöne Sonne der Seele, nämlich den Leib des Herrn. Und so geläutert und versehen, trat er wie der Frührotschein der hinterhältigen Nacht entgegen, und als er seinen gottlosen Bruder, der aus der Macht der Finsternis hervortrat, freund- lich ansprach und grüßte, wurde er wie ein zweiter Abel von Kain verwundet. [IX.] Und der ihn geschlagen hatte, wich zurück und fiel hin, machtlos gegen den Mann Gottes. Aber der heilige Wenceslaus wollte willig Gott ein Opfer bringen und sein Leben für Christus lassen. Er gab jenem das Schwert wieder mit den Worten 16: Dein Wille sei in deinen Händen. Jener aber überbot die arge Bosheit mit der ärgsten Bosheit und stürzte sich wie ein lauernder Bärl7 aus der Höhle samt seinen Spießgesellen erneut auf ihn, und lüstern wie eine Viper, ihn blutig zu zerfleischen, richtete er mitsamt seinen Spießgesellen sein Schwert gegen seinen eigenen Bruder, und so gaben sie ihm den Todesstoß und ließen seine Seele Gott, seinen Leib der Erde18. Sein Blut aber schrie Brudermord vor Gott 19 und konnte durch keine menschliche Kunst jemals getilgt werden. Zur Zeit seiner glorreichen Marter aber er- schien Christus auf dem Kreuze dem König von Dänemark 16 Daß Wenzel den Boleslav niedergerungen und ihm das Schwert ent- wunden hat, muß vorausgesetzt werden, d. h. der vorangehende Satz muß in diesem Sinne gedeutet werden. 17 Daß der kaiserliche Autor den Mörder nicht mit dem König der Tiere, dem Löwen, vergleicht, wiewohl die vorschwebende Schrift- stelle (Klag. 3, 10) beide Tiere nennt, kann mit dem Hinweis auf die heraldische Bedeutung des Löwen als Wappentieres erklärt werden. das Karl in seinem Majestätssiegel als König von Böhmen zu seiner Linken führt, zumal da der Löwe auch Symbol Christi ist. 16 Nach dieser Darstellung wird Wenzel auf dem Wege aus der Kirche ermordet, bei Christian auf dem Wege zur Kirche, eine Auffassung. die sich auch in der Miniatur der Initiale A des Reimoffiziums spiegelt. Karl hat die Situation der Legende Crescente fide vor Augen, an die auch sein Einleitungssatz gemahnt. 10 Wie das Blut Abels (1. Mose 4, 10). Das entsprechende Reimrespon- sorium folgt erst nach der 6. Lektion.
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6. LEKTION 121 und forderte ihn auf, eine Kirche unter dem Titel seines Martyrers Wenceslaus zu bauen, falls er bei ihm Gnade finden wolle, was er auch tat20. [X.] Zu jener Zeit wurde auch die schlimme und schändliche Drahomirz, seine Mutter, welche wie eine zweite Jezabel, der verruchten Athalia2€, die gegen das eigene königliche Geblüt wütete, in der Grausamkeit gleich, die unschuldige Blutvergießung des Martyrers, ihres erstgeborenen Sohnes, des heiligen Wenceslaus, angestiftet hatte, wie Dathan und Abiron22 auf offener Straße westlich vor dem Prager Schloß von der Erde verschlungen, wie man die Spuren davon an der Erdoberfläche bis zum heutigen Tage sehen kann23. Die Spießgesellen des Brudermordes an dem heiligen Wenceslaus aber wurden ebenso grimmig als gräßlich geschlagen24. 20 Erich IV. Pogpennig oder Plovpennig (1241—1250) gründete ein Michaelsstift in Reval. Dieses Wunder erscheint erstmalig in der Le- gende Oriente iam sole. Auch Erich fiel von Bruderhand. Daß diese Gestalt in die Zeit Wenzels zurückversetzt wird, illustriert schlag- artig die auch sonst im Legendenschaffen wirksame Zeitlosigkeit. 21 Jezabels (Isebels) Untergang 2. Kön. 9, 33; Athaljas Ende 2. Kön. 11, 20. Das letztere Thema hat in späterer Zeit namentlich durch das Werk Racines allgemeine Beachtung gefunden. 22 Die Höllenfahrt Dathans und Abirons (Abirams) 4. Mose 31 ff. Die Strafe wurde im Mittelalter auch Privilegienbrechern angedroht. 23 Im Jahre 1788 wurde nach Pelzels Memoiren am Hradschin die Drahomiř-Säule mit der Darstellung der Höllenfahrt abgetragen; der genaue Standort dieses Denkmals, das zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch nicht bestand, ist unbekannt. Das Vorhandensein eines Abgrun- des dürite die Sage veranlaßt haben und Karl IV. ist der erste Le- gendist, der sie — offenbar aus Volksmund — berichtet. Das ent- sprechende Reim-Responsorium folgt erst nach der 8. Lektion. 24 Das Responsorium faßt die Summe des Heiligenlebens ebenfalls mit dem Abelvorbild zusammen: So wie Abel schloß sein Leben, Bricht des Fürsten edles Streben Schwertstreich von des Bruders Hand. Blut blieb an den Fliesen kleben, Daß es sollte Zeugnis geben, Unverwischt von Menschenhand.
6. LEKTION 121 und forderte ihn auf, eine Kirche unter dem Titel seines Martyrers Wenceslaus zu bauen, falls er bei ihm Gnade finden wolle, was er auch tat20. [X.] Zu jener Zeit wurde auch die schlimme und schändliche Drahomirz, seine Mutter, welche wie eine zweite Jezabel, der verruchten Athalia2€, die gegen das eigene königliche Geblüt wütete, in der Grausamkeit gleich, die unschuldige Blutvergießung des Martyrers, ihres erstgeborenen Sohnes, des heiligen Wenceslaus, angestiftet hatte, wie Dathan und Abiron22 auf offener Straße westlich vor dem Prager Schloß von der Erde verschlungen, wie man die Spuren davon an der Erdoberfläche bis zum heutigen Tage sehen kann23. Die Spießgesellen des Brudermordes an dem heiligen Wenceslaus aber wurden ebenso grimmig als gräßlich geschlagen24. 20 Erich IV. Pogpennig oder Plovpennig (1241—1250) gründete ein Michaelsstift in Reval. Dieses Wunder erscheint erstmalig in der Le- gende Oriente iam sole. Auch Erich fiel von Bruderhand. Daß diese Gestalt in die Zeit Wenzels zurückversetzt wird, illustriert schlag- artig die auch sonst im Legendenschaffen wirksame Zeitlosigkeit. 21 Jezabels (Isebels) Untergang 2. Kön. 9, 33; Athaljas Ende 2. Kön. 11, 20. Das letztere Thema hat in späterer Zeit namentlich durch das Werk Racines allgemeine Beachtung gefunden. 22 Die Höllenfahrt Dathans und Abirons (Abirams) 4. Mose 31 ff. Die Strafe wurde im Mittelalter auch Privilegienbrechern angedroht. 23 Im Jahre 1788 wurde nach Pelzels Memoiren am Hradschin die Drahomiř-Säule mit der Darstellung der Höllenfahrt abgetragen; der genaue Standort dieses Denkmals, das zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch nicht bestand, ist unbekannt. Das Vorhandensein eines Abgrun- des dürite die Sage veranlaßt haben und Karl IV. ist der erste Le- gendist, der sie — offenbar aus Volksmund — berichtet. Das ent- sprechende Reim-Responsorium folgt erst nach der 8. Lektion. 24 Das Responsorium faßt die Summe des Heiligenlebens ebenfalls mit dem Abelvorbild zusammen: So wie Abel schloß sein Leben, Bricht des Fürsten edles Streben Schwertstreich von des Bruders Hand. Blut blieb an den Fliesen kleben, Daß es sollte Zeugnis geben, Unverwischt von Menschenhand.
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122 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. ES FOLGT DIE LEGENDE VON DER UBERTRAGUNG DES HOCHHEILIGEN UND AUSGEZEICHNETEN MARTYRERS WENCESLAUS, HERZOGS DER BÖHMEN. 1. Doch die Ubertragung des glorreichen Martyrers von der Bunzlauer zur Prager Kirche, die der Brudermörder, der gottlose Fürst Boleslaus angeordnet hatte, um den Ruf von den Wundern, die um seiner Verdienste willen von Gott aus- gingen, zu verschleiern, ließ den verstockten Sinn des Bruder- mörders zusammenbrechen25. Denn das Licht des Lichtes er- leuchtete bei seiner Einholung die nächtliche Finsternis, er- hellte die dunkeln Prager Kerker und erlöste die Gefangenen, das Wasser ließ sich treten und trug das Gefährt mit dem Ge- folge über die Flüsse Rokytnice und Moldau; auch die Erde erbebte und begrüßte den Streiter Christi, und die Luft ließ seinem drei Jahre begrabenen Leibe Wohlgeruch entströmen. und so wollte ihn Gott bei seiner Einholung durch alle vier Elemente ehren26. Und so zog sein Leib in die ersehnte, von ihm selbst erbaute Kirche26a seiner glückseligen Bestattung Der dazugehörige Versikel lautet: Bruder nahm des Bruders Leben, Doch mit einer Kron' umgeben Hat ihn Christ im Sternenland. 25 Im Sinne Boleslavs sollten also die Wunder künftig dem hl. Veit zugeschrieben werden, ebenso wie nach der Darstellung Christians Drahomiř über dem Grabe Ludmilas eine Michaelskirche bauen ließ, damit die Wunder dem Erzengel zugeschrieben würden. 26 Himmelslicht, Erde, Luft und Wasser sind nach der Auffassung der karolinischen Zeit die Bausteine des Weltalls, wie dies auch im Lehrbuch Complexionarius des Klaretschen Kreises, dessen Bestre- bungen Karl selbst tatkräftig förderte, ausdrücklich festgestellt wird (vgl. Flajšhans, V.: Klaret a jeho družina). 26a Diese Stelle kann man nur verstehen, wenn man sich erinnert, daß an der analogen Stelle bei Christian nachholend Wenzel der Vers Ps. 131, 14 in den Mund gelegt wird: Dies ist meine Ruhe ewiglich.
122 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. ES FOLGT DIE LEGENDE VON DER UBERTRAGUNG DES HOCHHEILIGEN UND AUSGEZEICHNETEN MARTYRERS WENCESLAUS, HERZOGS DER BÖHMEN. 1. Doch die Ubertragung des glorreichen Martyrers von der Bunzlauer zur Prager Kirche, die der Brudermörder, der gottlose Fürst Boleslaus angeordnet hatte, um den Ruf von den Wundern, die um seiner Verdienste willen von Gott aus- gingen, zu verschleiern, ließ den verstockten Sinn des Bruder- mörders zusammenbrechen25. Denn das Licht des Lichtes er- leuchtete bei seiner Einholung die nächtliche Finsternis, er- hellte die dunkeln Prager Kerker und erlöste die Gefangenen, das Wasser ließ sich treten und trug das Gefährt mit dem Ge- folge über die Flüsse Rokytnice und Moldau; auch die Erde erbebte und begrüßte den Streiter Christi, und die Luft ließ seinem drei Jahre begrabenen Leibe Wohlgeruch entströmen. und so wollte ihn Gott bei seiner Einholung durch alle vier Elemente ehren26. Und so zog sein Leib in die ersehnte, von ihm selbst erbaute Kirche26a seiner glückseligen Bestattung Der dazugehörige Versikel lautet: Bruder nahm des Bruders Leben, Doch mit einer Kron' umgeben Hat ihn Christ im Sternenland. 25 Im Sinne Boleslavs sollten also die Wunder künftig dem hl. Veit zugeschrieben werden, ebenso wie nach der Darstellung Christians Drahomiř über dem Grabe Ludmilas eine Michaelskirche bauen ließ, damit die Wunder dem Erzengel zugeschrieben würden. 26 Himmelslicht, Erde, Luft und Wasser sind nach der Auffassung der karolinischen Zeit die Bausteine des Weltalls, wie dies auch im Lehrbuch Complexionarius des Klaretschen Kreises, dessen Bestre- bungen Karl selbst tatkräftig förderte, ausdrücklich festgestellt wird (vgl. Flajšhans, V.: Klaret a jeho družina). 26a Diese Stelle kann man nur verstehen, wenn man sich erinnert, daß an der analogen Stelle bei Christian nachholend Wenzel der Vers Ps. 131, 14 in den Mund gelegt wird: Dies ist meine Ruhe ewiglich.
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TRANSLATIONSLEGENDE, 1./2. LEKTION 123 ein, an allen Wunden heil, zusamt26d der Wunde am Ohre, das ihm der Bruder mit eigener Hand abgehauen, dann seine Schwester Przibyslawa in der Bunzlauer Kirche zwischen Tür und Schwelle27 gefunden und nach drei Jahren an sein Haupt gelegt hatte, so daß es völlig spurlos anheilte, ohne daß sich eine Narbe an der Wunde zeigte. [XII.] Bei seinem glorwürdigen Leibe hat sowohl bei der Ein- holung als auch nach dem Begräbnis in der Prager Kirche der Herr durch seine Verdienste viele Wunder in allen mög- lichen Krankheiten gewirkt und wirkt sie noch an den Christ- gläubigen, wie geschrieben steht : Gar sehr geehrt sind deine Freunde, Gott, gar sehr befestigt ist ihre Herrschaft28; denn durch seine Fürbitten und Verdienste hat Gott sein, das heißt der Böhmen, Reich erhöht und zu Ehren gebracht. 2. Sein Brudermörder aber, der gottlose Boleslaus, hinterließ einen erstgeborenen Sohn, nämlich den frommen Boleslaus, der die Prager St.-Veitskirche, die der heilige Wenceslaus er- baut hatte, zur Kathedralkirche erhob, und eine Tochter, namens Mlada, welche das Nonnenkloster des heiligen Ge- orgius im Prager Schloß gründete, in der Kirche, die 260 Diesen Sinn muß preterquam hier haben, nicht wie in der alten Pulkawa-Übersetzung „der allein nicht“. 27 Die tschechische Reimchronik Dalimils aus vorkarolinischer Zeit hat ebenso wie Christian die Angabe des Fundortes : zwischen Wand und Baum, nach einer anderen Lesart aber : zwischen Wand und Tor, wie auch der deutsche Dalimil-Übersetzer gelesen hat. Diese Situation dürfte Karl IV. zur Grundlage seines Ausdrucks genommen haben. — Von einem abgehauenen Ohr ist ebenso wie bei Christian erst an dieser Stelle der Legende die Rede. — Uber die Entwicklung des Ohrmotivs vgl. Wostry 1. c. S. 200f. 28 Ps. 139, 17 in Luthers Ubersetzung nach dem hebräischen Wortlaut stimmt nicht zu dem oben übertragenen Vulgatatext. Die Vulgata- stelle wird liturgisch im Vesperpsalm des Donnerstags und im In- troitus der Apostelmessen verwendet und entspricht — wie Wostry erinnert — völlig der Tendenz, von der sich Karl auch bei der Ab- fassung dieses Werkes leiten ließ.
TRANSLATIONSLEGENDE, 1./2. LEKTION 123 ein, an allen Wunden heil, zusamt26d der Wunde am Ohre, das ihm der Bruder mit eigener Hand abgehauen, dann seine Schwester Przibyslawa in der Bunzlauer Kirche zwischen Tür und Schwelle27 gefunden und nach drei Jahren an sein Haupt gelegt hatte, so daß es völlig spurlos anheilte, ohne daß sich eine Narbe an der Wunde zeigte. [XII.] Bei seinem glorwürdigen Leibe hat sowohl bei der Ein- holung als auch nach dem Begräbnis in der Prager Kirche der Herr durch seine Verdienste viele Wunder in allen mög- lichen Krankheiten gewirkt und wirkt sie noch an den Christ- gläubigen, wie geschrieben steht : Gar sehr geehrt sind deine Freunde, Gott, gar sehr befestigt ist ihre Herrschaft28; denn durch seine Fürbitten und Verdienste hat Gott sein, das heißt der Böhmen, Reich erhöht und zu Ehren gebracht. 2. Sein Brudermörder aber, der gottlose Boleslaus, hinterließ einen erstgeborenen Sohn, nämlich den frommen Boleslaus, der die Prager St.-Veitskirche, die der heilige Wenceslaus er- baut hatte, zur Kathedralkirche erhob, und eine Tochter, namens Mlada, welche das Nonnenkloster des heiligen Ge- orgius im Prager Schloß gründete, in der Kirche, die 260 Diesen Sinn muß preterquam hier haben, nicht wie in der alten Pulkawa-Übersetzung „der allein nicht“. 27 Die tschechische Reimchronik Dalimils aus vorkarolinischer Zeit hat ebenso wie Christian die Angabe des Fundortes : zwischen Wand und Baum, nach einer anderen Lesart aber : zwischen Wand und Tor, wie auch der deutsche Dalimil-Übersetzer gelesen hat. Diese Situation dürfte Karl IV. zur Grundlage seines Ausdrucks genommen haben. — Von einem abgehauenen Ohr ist ebenso wie bei Christian erst an dieser Stelle der Legende die Rede. — Uber die Entwicklung des Ohrmotivs vgl. Wostry 1. c. S. 200f. 28 Ps. 139, 17 in Luthers Ubersetzung nach dem hebräischen Wortlaut stimmt nicht zu dem oben übertragenen Vulgatatext. Die Vulgata- stelle wird liturgisch im Vesperpsalm des Donnerstags und im In- troitus der Apostelmessen verwendet und entspricht — wie Wostry erinnert — völlig der Tendenz, von der sich Karl auch bei der Ab- fassung dieses Werkes leiten ließ.
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124 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Wratislaus, der Vater des heiligen Wenceslaus, vorzeiten ge- stiftet hatte, und sie wurde die erste Abtissin in diesem Kloster29. [XIII.] Der zweite Sohn aber, namens Strachquas, zu dessen Geburtstag auf Einladung des Bruders der glorreiche Mar- tyrer, der heilige Wenceslaus, die Marter empfing, nahm das Mönchskleid des Ordens des heiligen Benediktus im Kloster des heiligen Emmeram in der Stadt Regensburg und maßte sich schließlich das Prager Bistum an, nicht wie Aaron von Gott berufen30, sondern er nahm es aus eigener Vermessen- heit in Besitz zum Nachteil des hochheiligen Adalbertus, des Bischofs der genannten Prager Kirche, und wurde am Tage seiner unwürdigen Weihe vom bösen Geist ergriffen und zu Tode gequält31. 3. Wir halten es der Erinnerung wert, die Wunder des hoch- heiligen Martyrers wahrheitsgetreu niederzuschreiben, die Gott in seiner Güte offenbar werden ließ an seinen Getreuen und Verehrern. Denn aus alten Schriften und glaubwürdigen Berichten wissen wir, daß sein Leibknappe, namens Podiwen, nachdem er bei vielen guten Werken sein Gefährte gewesen war, nämlich bei Nachtwachen, Wallfahrten und Arbeiten, auf Befehl des gottlosen Boleslaus, des genannten Bruder- mörders, weil er den guten und hochheiligen Lebenswandel des heiligen Wenceslaus auch nach dessen Tode eifrig ge- rühmt hatte, an den Galgen geknüpft, nach zwei Jahren aber unverwest mit wachsendem Bart und wachsenden Nägeln am 2e Das genaue Gründungsjahr des Frauenstiftes bei St. Georg im Prager Schloß, der Kultstätte der hl. Ludmila, ist nicht bekannt, die Gründung erfolgte jedenfalls erst nach Errichtung des Prager Bistums. 20 Ebr. 5, 4: Und niemand nimmt ihm selbst die Ehre, sondern er wird berufen von Gott gleichwie der Aaron. — Von dem Vorwand zur Einladung war bisher in der Legende nicht die Rede. 31 Der Prager Domherr Kosmas († 1125), ein Chronist und lustiger Anektodenerzähler, berichtet (I, 30) erstmalig diese Geschichte. Karl IV. hat die Erzählung übernommen, offenbar gutgläubig in der Absicht, die Sünde des Vaters am Sohne strafen zu lassen.
124 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV. Wratislaus, der Vater des heiligen Wenceslaus, vorzeiten ge- stiftet hatte, und sie wurde die erste Abtissin in diesem Kloster29. [XIII.] Der zweite Sohn aber, namens Strachquas, zu dessen Geburtstag auf Einladung des Bruders der glorreiche Mar- tyrer, der heilige Wenceslaus, die Marter empfing, nahm das Mönchskleid des Ordens des heiligen Benediktus im Kloster des heiligen Emmeram in der Stadt Regensburg und maßte sich schließlich das Prager Bistum an, nicht wie Aaron von Gott berufen30, sondern er nahm es aus eigener Vermessen- heit in Besitz zum Nachteil des hochheiligen Adalbertus, des Bischofs der genannten Prager Kirche, und wurde am Tage seiner unwürdigen Weihe vom bösen Geist ergriffen und zu Tode gequält31. 3. Wir halten es der Erinnerung wert, die Wunder des hoch- heiligen Martyrers wahrheitsgetreu niederzuschreiben, die Gott in seiner Güte offenbar werden ließ an seinen Getreuen und Verehrern. Denn aus alten Schriften und glaubwürdigen Berichten wissen wir, daß sein Leibknappe, namens Podiwen, nachdem er bei vielen guten Werken sein Gefährte gewesen war, nämlich bei Nachtwachen, Wallfahrten und Arbeiten, auf Befehl des gottlosen Boleslaus, des genannten Bruder- mörders, weil er den guten und hochheiligen Lebenswandel des heiligen Wenceslaus auch nach dessen Tode eifrig ge- rühmt hatte, an den Galgen geknüpft, nach zwei Jahren aber unverwest mit wachsendem Bart und wachsenden Nägeln am 2e Das genaue Gründungsjahr des Frauenstiftes bei St. Georg im Prager Schloß, der Kultstätte der hl. Ludmila, ist nicht bekannt, die Gründung erfolgte jedenfalls erst nach Errichtung des Prager Bistums. 20 Ebr. 5, 4: Und niemand nimmt ihm selbst die Ehre, sondern er wird berufen von Gott gleichwie der Aaron. — Von dem Vorwand zur Einladung war bisher in der Legende nicht die Rede. 31 Der Prager Domherr Kosmas († 1125), ein Chronist und lustiger Anektodenerzähler, berichtet (I, 30) erstmalig diese Geschichte. Karl IV. hat die Erzählung übernommen, offenbar gutgläubig in der Absicht, die Sünde des Vaters am Sohne strafen zu lassen.
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125 Galgen gefunden, abgenommen und in der Prager Kirche ehrenvoll begraben wurde. TRANSLATIONSLEGENDE, 3.—5. LEKTION 4. [XIV.] Wir finden auch in seinen Wundern geschildert, daß viele Gefangene, die ihn anriefen, durch seine Verdienste aus gräßlichen Kerkern befreit wurden. Unter diesen erfuhr auch ein Heide durch seine Befreiung die Gnade Gottes und die Wunderwirkung des Martyrers und empfing das Sakra- ment der Taufe mit seinem einzigen Sohne, den er Gott zum geistlichen Stande darbrachte zum Lobe des Martyrers. Er stieg dann zur priesterlichen Würde auf und diente Gott und seinem Martyrer bis an sein Lebensende. Auch eine erblindete Frau, welche von Geburt an mit verkrümmten Händen ge- lähmt, die Kirche des heiligen Martyrers Vitus betrat und sich vor das Grab des heiligen Wenceslaus führen ließ, er- langte, während sie inbrünstig unter Tränen flehte, ihr Augenlicht und die Gesundheit ihrer Hände wieder. 5. [XV.] Ein Mann aus Frankenland, infolge eines Geburts- fehlers von Jugend auf an den Füßen gelähmt, daß er sich bloß kriechend fortbewegen konnte, sah nachts im Schlafe einen ehrwürdigen Mann in weißem Gewande, der zu ihm sprach: Laß dich zur Stadt Prag zur Kirche des heiligen Vitus bringen, wo der Leib des heiligen Martyrers Wence- slaus ruht, und um seiner Verdienste willen wirst du die volle Gesundheit erlangen. Er glaubte geträumt zu haben und kümmerte sich nicht darum, dem Geheiß nachzukommen. Doch in der folgenden Nacht wurde er von demselben Greise, der ihm mit der größten Herrlichkeit erschien, wiederum auf- gefordert, ungesäumt der erwähnten Aufforderung nachzu- kommen. Da folgte er dem Geheiß des ehrwürdigen Mannes, der ihm erschienen war, ließ sich endlich nach Prag bringen, warf sich vor dem Grabe des glorreichen Martyrers in der ge- nannten Basilika des heiligen Vitus zu Boden, und es reckten sich seine Sehnen, Kraft durchströmte Waden und Sohlen und er wurde vollkommen gesund, kehrte in seine Heimat zurück und lobte und pries Gott und den glorreichen Mar- tyrer Wenceslaus.
125 Galgen gefunden, abgenommen und in der Prager Kirche ehrenvoll begraben wurde. TRANSLATIONSLEGENDE, 3.—5. LEKTION 4. [XIV.] Wir finden auch in seinen Wundern geschildert, daß viele Gefangene, die ihn anriefen, durch seine Verdienste aus gräßlichen Kerkern befreit wurden. Unter diesen erfuhr auch ein Heide durch seine Befreiung die Gnade Gottes und die Wunderwirkung des Martyrers und empfing das Sakra- ment der Taufe mit seinem einzigen Sohne, den er Gott zum geistlichen Stande darbrachte zum Lobe des Martyrers. Er stieg dann zur priesterlichen Würde auf und diente Gott und seinem Martyrer bis an sein Lebensende. Auch eine erblindete Frau, welche von Geburt an mit verkrümmten Händen ge- lähmt, die Kirche des heiligen Martyrers Vitus betrat und sich vor das Grab des heiligen Wenceslaus führen ließ, er- langte, während sie inbrünstig unter Tränen flehte, ihr Augenlicht und die Gesundheit ihrer Hände wieder. 5. [XV.] Ein Mann aus Frankenland, infolge eines Geburts- fehlers von Jugend auf an den Füßen gelähmt, daß er sich bloß kriechend fortbewegen konnte, sah nachts im Schlafe einen ehrwürdigen Mann in weißem Gewande, der zu ihm sprach: Laß dich zur Stadt Prag zur Kirche des heiligen Vitus bringen, wo der Leib des heiligen Martyrers Wence- slaus ruht, und um seiner Verdienste willen wirst du die volle Gesundheit erlangen. Er glaubte geträumt zu haben und kümmerte sich nicht darum, dem Geheiß nachzukommen. Doch in der folgenden Nacht wurde er von demselben Greise, der ihm mit der größten Herrlichkeit erschien, wiederum auf- gefordert, ungesäumt der erwähnten Aufforderung nachzu- kommen. Da folgte er dem Geheiß des ehrwürdigen Mannes, der ihm erschienen war, ließ sich endlich nach Prag bringen, warf sich vor dem Grabe des glorreichen Martyrers in der ge- nannten Basilika des heiligen Vitus zu Boden, und es reckten sich seine Sehnen, Kraft durchströmte Waden und Sohlen und er wurde vollkommen gesund, kehrte in seine Heimat zurück und lobte und pries Gott und den glorreichen Mar- tyrer Wenceslaus.
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126 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV., 6. LEKTION 6. [XVI.] Im Jahre des Herrn 1092 am Feste der Geburt der heiligen Maria32, der glorreichen Jungfrau und Gottesmutter, nach den Metten, als es bereits tagte, erschienen die hoch- heiligen Martyrer Wenceslaus und Adalbertus leibhaftig und sprengten die verriegelten Eisentore am Prager Kerker auf. Und sie betraten den Kerker, lösten die Gefesselten, warfen den gewaltigen Stock, der mit eisernen Klammern an der Mauer befestigt war, in den Winkel des Kerkers und geboten den befreiten Männern: Lauft in aller Eile zur Kirche und verkündet allen, daß ihr, von Gott gesandt, dem König- reiche den Frieden gebracht habt in dem Streit, der zwischen dem Könige Wratislaus und seinem Sohne Brzetislaus schwebte und den Gott bisher zur Strafe für die Sünden des Volkes zugelassen hatte. Die Erlösten aber liefen alsbald zur Kirche und verkündeten es mit Freude dem ganzen Volke. Und gleich am anderen Tage erfüllte sich glücklich, was die heiligen Männer vorausgesagt hatten. Denn Konrad, der Bruder des Königs, stiftete Eintracht zwischen dem König und seinem Sohne und legte den Hauszwist bei, der die Böh- men zuhöchst bekümmert hatte. Und es ist nicht daran zu zweifeln, daß es Gott war, der jenen Frieden und jene Ein- tracht um der Fürbitten und Verdienste unserer heiligen Schutzherren Wenceslaus und Adalbertus beschert hat, Gott, der hochgelobt ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. 38 Auch hier wiederholt Karl IV. einen aus Kosmas stammenden Be- richt (II, 47) zum Jahre 1091. Die Datierung zum 8. September 1092 kann nur aus dem sogenannten Inkarnationsstil erklärt werden, nach dem das Jahr mit dem 25. März begann ; Vratislav starb am 14. Ja- nuar 1092 unserer Zeitrechnung. In den Handschriften der karolini- schen Wenzelslegende heißt der Sohn versehentlich Boleslav, was man dem Schreiber der Wenzelslegende, in welcher der Bruder Boleslav als Mörder eine überschattende Rolle spielt, als Schreibversehen zu- gute halten mag.
126 ST.-WENZELS-LEGENDE KARLS IV., 6. LEKTION 6. [XVI.] Im Jahre des Herrn 1092 am Feste der Geburt der heiligen Maria32, der glorreichen Jungfrau und Gottesmutter, nach den Metten, als es bereits tagte, erschienen die hoch- heiligen Martyrer Wenceslaus und Adalbertus leibhaftig und sprengten die verriegelten Eisentore am Prager Kerker auf. Und sie betraten den Kerker, lösten die Gefesselten, warfen den gewaltigen Stock, der mit eisernen Klammern an der Mauer befestigt war, in den Winkel des Kerkers und geboten den befreiten Männern: Lauft in aller Eile zur Kirche und verkündet allen, daß ihr, von Gott gesandt, dem König- reiche den Frieden gebracht habt in dem Streit, der zwischen dem Könige Wratislaus und seinem Sohne Brzetislaus schwebte und den Gott bisher zur Strafe für die Sünden des Volkes zugelassen hatte. Die Erlösten aber liefen alsbald zur Kirche und verkündeten es mit Freude dem ganzen Volke. Und gleich am anderen Tage erfüllte sich glücklich, was die heiligen Männer vorausgesagt hatten. Denn Konrad, der Bruder des Königs, stiftete Eintracht zwischen dem König und seinem Sohne und legte den Hauszwist bei, der die Böh- men zuhöchst bekümmert hatte. Und es ist nicht daran zu zweifeln, daß es Gott war, der jenen Frieden und jene Ein- tracht um der Fürbitten und Verdienste unserer heiligen Schutzherren Wenceslaus und Adalbertus beschert hat, Gott, der hochgelobt ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. 38 Auch hier wiederholt Karl IV. einen aus Kosmas stammenden Be- richt (II, 47) zum Jahre 1091. Die Datierung zum 8. September 1092 kann nur aus dem sogenannten Inkarnationsstil erklärt werden, nach dem das Jahr mit dem 25. März begann ; Vratislav starb am 14. Ja- nuar 1092 unserer Zeitrechnung. In den Handschriften der karolini- schen Wenzelslegende heißt der Sohn versehentlich Boleslav, was man dem Schreiber der Wenzelslegende, in welcher der Bruder Boleslav als Mörder eine überschattende Rolle spielt, als Schreibversehen zu- gute halten mag.
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NAMEN- UND SACHREGISTER Die arabischen Ziffern beziehen sich auf die Seiten, die rómischen auf die Stammiafeln. Verschieden geschriebene Namen sind jeweils unter eine Normalform zusammengefaßt Aachen, Münster 99, St.-Wen- zels-Altar, Stiftung 99 Aaron 124 Abel 120ff, s. Kain und Abel Abendmahl 102 Abiram (Abiron), s. Dathan und Abiron Ackermann-Fürst 97 St. Adalbert, zweiter Bischof von Prag 103, 106, 124, 126 Adda, s. Etsch Adelheid von Braunschweig 27, 31, 45; I Adler 19 Aegidius de Belarer (Berlario), in Reggio 37 Aetiologische Fabel 121 Agordo 58 Albert, Herzog von Österveich 47 Albert, watürl. Bruder der Mar- garele Maultasch 80 Albertus della Scala 59 Albrecht III. von Osterreśch: II Alemannien, s. Deutschland Altbunzlau (Stará Boleslav), in Böhmen 61, 102, 119, 123; Todesstàite St. Wensels 120 Alpen 38, 79 Altstadt (Staré Město) bei Wele- hrad in Mähren 113 Amadeus V. vos Savoyen: IV Ampezzanertal 56 Ancona, Mark 39 Andigetus de Bongagio, s. En- drighettus Andreas, Sohn Karis I. von Un- gars, 50; IV Anna, Tochter Wensels II. von Böhmen 27, 31, 44; I Anna, Schwester Kaiser KarlsIV. 45, 47, 52, 54, 61; I Anna von der Pfalz, 2. Gemahlin Karls IV.: II Anna von Schweidniis, 3. Ge- mahlin Kaiser Karls IV.: 98, 99; II Anna, Tochter Kaiser Karls IV. 110; II Antichrist 107 Aquileja 55, 81, 82; Paíriarch 55, 81, 82 Aquitanien 29 Aragonien 78 Arco, Herr von 81 Askese: Karls IV. 105; St. Wensels 114ff., 118, 124 Athalia 121 Aufensteyn, Herr von 47 Auferstehung 23 | Augustinerchorherren 33 St. Augustinus: Kloster in Pavia 33; Werke 66 Auxerre, Bischof von 78 Avignon 78, 93, 107 Avoscano, s. Jacobus Azzo Visconti, in Mailand 32, 33, 34, 35, 38 Bär 120 Bärwald, Herm. 19 Barbara von Cilli: II Barcze in Gerimano, Stadt 36 Batholomäus, Graf von Veglia und Zengg 55 Bassano 56 Baumgartenberger Formelbuch 19
NAMEN- UND SACHREGISTER Die arabischen Ziffern beziehen sich auf die Seiten, die rómischen auf die Stammiafeln. Verschieden geschriebene Namen sind jeweils unter eine Normalform zusammengefaßt Aachen, Münster 99, St.-Wen- zels-Altar, Stiftung 99 Aaron 124 Abel 120ff, s. Kain und Abel Abendmahl 102 Abiram (Abiron), s. Dathan und Abiron Ackermann-Fürst 97 St. Adalbert, zweiter Bischof von Prag 103, 106, 124, 126 Adda, s. Etsch Adelheid von Braunschweig 27, 31, 45; I Adler 19 Aegidius de Belarer (Berlario), in Reggio 37 Aetiologische Fabel 121 Agordo 58 Albert, Herzog von Österveich 47 Albert, watürl. Bruder der Mar- garele Maultasch 80 Albertus della Scala 59 Albrecht III. von Osterreśch: II Alemannien, s. Deutschland Altbunzlau (Stará Boleslav), in Böhmen 61, 102, 119, 123; Todesstàite St. Wensels 120 Alpen 38, 79 Altstadt (Staré Město) bei Wele- hrad in Mähren 113 Amadeus V. vos Savoyen: IV Ampezzanertal 56 Ancona, Mark 39 Andigetus de Bongagio, s. En- drighettus Andreas, Sohn Karis I. von Un- gars, 50; IV Anna, Tochter Wensels II. von Böhmen 27, 31, 44; I Anna, Schwester Kaiser KarlsIV. 45, 47, 52, 54, 61; I Anna von der Pfalz, 2. Gemahlin Karls IV.: II Anna von Schweidniis, 3. Ge- mahlin Kaiser Karls IV.: 98, 99; II Anna, Tochter Kaiser Karls IV. 110; II Antichrist 107 Aquileja 55, 81, 82; Paíriarch 55, 81, 82 Aquitanien 29 Aragonien 78 Arco, Herr von 81 Askese: Karls IV. 105; St. Wensels 114ff., 118, 124 Athalia 121 Aufensteyn, Herr von 47 Auferstehung 23 | Augustinerchorherren 33 St. Augustinus: Kloster in Pavia 33; Werke 66 Auxerre, Bischof von 78 Avignon 78, 93, 107 Avoscano, s. Jacobus Azzo Visconti, in Mailand 32, 33, 34, 35, 38 Bär 120 Bärwald, Herm. 19 Barbara von Cilli: II Barcze in Gerimano, Stadt 36 Batholomäus, Graf von Veglia und Zengg 55 Bassano 56 Baumgartenberger Formelbuch 19
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128 Bautzen 76, 92 Bavor, Abi von Brevnov 115 Bayern, Land, u.a. 45, 53, 60, 76, 77, 80, 115; Kriegsvolk 53 Reatrix, Schwester Johanns von Böhmen, Gemahlin Karls I. von Ungarn 28, 50; I, IV Beatrix von Bourbon, zweite Ge- mahlin Johanns von Böhmen 48; I Beatrix, Schwester Karls I. von Ungarn, Mutter Guigos von Vienne 43; IV Beauvais, Bischof von 38 Beccaria, die von, in Pavia 34 Beicht 43, 44, 102, 119 Belluno 34, 56, 58, 59, 80, 81 Belvicino, bei Vicenza 81 St. Benedikt von Nursia, Ordens- stifter 119, 124 Benedikt XII., Papst 78, 79, 93 Benediktiner 101, 103, 109 Benesch Krabice von Weitmühl 81, 90, 99, 104 Berg, Markgraf von Jülich und Berg 54, 77 Bergamo 32, 34, 38 Berlin 92 Bertrand(us), papsilicher Legat in der Lombardei 37, 39 Bertrand(us), Patriarch von Aqui- leja 8Y BeschlieBer des Paradieses 119 Bethlehem, Etymologie 22 s. Denkformen Bigo, s. Guigo Birkenberg (Březové Hory) in Böhmen 74 Bischoff, Bernhard 17 Blanche (Margareta), erste Ge- mahlin Kaiser Karis IV. 16, 30, 45, 46; II, s. auch Mar- gareta Blanka, s. Blanche Blancza, s. Blanche ——M———M——————————— NAMEN- UND SACHREGISTER Blaschka, Anton 15, 111, 117 Blut 20, 21, 22, 102, 120 Bóhmen, Kónigreich 44 — 52, 581., 76f., 76 (Konig), 79, 83. 861f., 92,97, 105f., 109, 114; bóhms- sche Sprache, s. Tschechisch; Stammbaum der Herrscher 117 Böhmer, Joh. Friedr. 20, 57, 60f., 63ff., 69, 72, 75, 78, 80ff., 90 Boita 56 Boleslaus (Boleslav) I. der Graw- same, Bruder des hl. Wenzel 100—104, 110, 119f., 122ff. (versehentlich) 126 Boleslaus (Boleslav) II. der Fromme, Sohn des vorigen 103, 123 Boleslaus III. von Liegnitz und Brieg 50 Boleslaus III. von Oppeln 50 Boleslaus III. Schiefmund, König von Polen 51 Bolko (Polko) von Münsterberg 49, 50 Bolko (Polko) II. von Schweid- nitz 50, 85, 86 Bologna 37, 39; Bolognesen 54 Bona, s. Guta de Bongajo (Bongagio), Sudra- cius 56; Andigetus 58, 59 Bordeaux 29 Borivoj (Borziwoj), erster greif- barer Ahnherr des Geschlechtes der Pyemysliden 97, 105, 109, 113 Boris und Gléb 105 Bourbon, Herzog von 48 Brabant, Herzog von 46, 77 Brandenburg: Mark 85; Stadt 92; Markgraf Ludwig 77, 92 Braunschweig, Herzog von 31, 45 Brescia 32, 34, 53 Breslau (Wroctaw) 49, 51, 76, 78, 84, 85, 86; Bischof 76 Břetislav (Brzetislaus) 103, 126
128 Bautzen 76, 92 Bavor, Abi von Brevnov 115 Bayern, Land, u.a. 45, 53, 60, 76, 77, 80, 115; Kriegsvolk 53 Reatrix, Schwester Johanns von Böhmen, Gemahlin Karls I. von Ungarn 28, 50; I, IV Beatrix von Bourbon, zweite Ge- mahlin Johanns von Böhmen 48; I Beatrix, Schwester Karls I. von Ungarn, Mutter Guigos von Vienne 43; IV Beauvais, Bischof von 38 Beccaria, die von, in Pavia 34 Beicht 43, 44, 102, 119 Belluno 34, 56, 58, 59, 80, 81 Belvicino, bei Vicenza 81 St. Benedikt von Nursia, Ordens- stifter 119, 124 Benedikt XII., Papst 78, 79, 93 Benediktiner 101, 103, 109 Benesch Krabice von Weitmühl 81, 90, 99, 104 Berg, Markgraf von Jülich und Berg 54, 77 Bergamo 32, 34, 38 Berlin 92 Bertrand(us), papsilicher Legat in der Lombardei 37, 39 Bertrand(us), Patriarch von Aqui- leja 8Y BeschlieBer des Paradieses 119 Bethlehem, Etymologie 22 s. Denkformen Bigo, s. Guigo Birkenberg (Březové Hory) in Böhmen 74 Bischoff, Bernhard 17 Blanche (Margareta), erste Ge- mahlin Kaiser Karis IV. 16, 30, 45, 46; II, s. auch Mar- gareta Blanka, s. Blanche Blancza, s. Blanche ——M———M——————————— NAMEN- UND SACHREGISTER Blaschka, Anton 15, 111, 117 Blut 20, 21, 22, 102, 120 Bóhmen, Kónigreich 44 — 52, 581., 76f., 76 (Konig), 79, 83. 861f., 92,97, 105f., 109, 114; bóhms- sche Sprache, s. Tschechisch; Stammbaum der Herrscher 117 Böhmer, Joh. Friedr. 20, 57, 60f., 63ff., 69, 72, 75, 78, 80ff., 90 Boita 56 Boleslaus (Boleslav) I. der Graw- same, Bruder des hl. Wenzel 100—104, 110, 119f., 122ff. (versehentlich) 126 Boleslaus (Boleslav) II. der Fromme, Sohn des vorigen 103, 123 Boleslaus III. von Liegnitz und Brieg 50 Boleslaus III. von Oppeln 50 Boleslaus III. Schiefmund, König von Polen 51 Bolko (Polko) von Münsterberg 49, 50 Bolko (Polko) II. von Schweid- nitz 50, 85, 86 Bologna 37, 39; Bolognesen 54 Bona, s. Guta de Bongajo (Bongagio), Sudra- cius 56; Andigetus 58, 59 Bordeaux 29 Borivoj (Borziwoj), erster greif- barer Ahnherr des Geschlechtes der Pyemysliden 97, 105, 109, 113 Boris und Gléb 105 Bourbon, Herzog von 48 Brabant, Herzog von 46, 77 Brandenburg: Mark 85; Stadt 92; Markgraf Ludwig 77, 92 Braunschweig, Herzog von 31, 45 Brescia 32, 34, 53 Breslau (Wroctaw) 49, 51, 76, 78, 84, 85, 86; Bischof 76 Břetislav (Brzetislaus) 103, 126
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NAMEN- UND SACHREGISTER Brevier, s. Stundengebet Brieg (Brzeg), i» Schlesien 50 Brig am Simplonpap 32 Brixen: Bistwm 52, 80; Bischof | Matthäus 53 Brot 20ff. Brudermord 102, 120f., Mord- stätte 120 Buch des Lebens 26 Buchenstein, i» Tirol 56 Budenstein, s. Buchenstein Bulst, Walther 17, 56f., 140 Bunzlau, s. Altbunzlau Bůrglitz (Křivoklát), sm Böhmen 46, 48 Burgstall, in Tirol 59 Burgund 32 Buschko vos Wilhartitzd. 4.481. ; d. J. 80 BuBhemd, s. Askese Byzantinischer Einfluß 100 f., 109 Cadore-Tal 55, 80 Cambray 77 Camino, die von 56, 81 Carrara, die von, in Padua 59 Castrozza, i» Tirol 57 Ceneda, Graf von 81 Chaloupecky, Vśclav 17 Cherubim 119 Chiaromonte, Grafen von 58 Chotzen (Choceń) iz Bókmes 74 Christenverfolgung 101 Christian, Verfasser einer St.- Wenzels-Legende 1061., 1141., 117, 120, 122 Chronicon Aulae Regiae (Kónig- saaler Geschichisquellen) 22 Chronik, Böhmische 27, Ró- mische 30, von den Herzógen von Bayern 60 Chronogramm 60, 117 Clemon, s. Cormons Colalto, Graf, in Treviso 56 l | i | mamie em 0. 129 de'Colleoni sw Bergamo 38 i Conegliano 56 Cormons (Cormonum, Clemon), bei Gors 811. Crécy 27 Cremona 32, 34f., 38£f. Crescente fide (Wenzelslegende) 107, 120 Crescente religione (Wensels- legende Karls IV.) 107 Crinitus, David 117 Cyrill und Method 106f. Czenko vos Lipa 89f. Dänemark, König von 102, 120f. Dalimil 105, 107, 115, 123 Dalmatien 54 Dathan und Abiron (Abiram) 21, 121 Dauphin von Vienne 43f. David 22, 63 Delfin, s. Dauphin Demut 25, 101, 104, 115 Denkformen : Etymologie 14, 19, 20, 22; Zahl 14 Deutschland 53 Diakon der Kirche 98, 104f. Dobner, Gelasius 75 Dobrowsky, Josef 61 Dolomiten 57 Donau 50 Doxologie 104 Drahomiř (Drahomirz) 101, 104, 113ff.; Drahomiř-Sáule 121, Drahomira 110 Drau 54 Ducange, Dufresne, Charles 92 Eduard II., König von England 29; III Eduard III., König von England 29; III Ehe 26, 105 Eichhorn (Veveří), in Mähren 46
NAMEN- UND SACHREGISTER Brevier, s. Stundengebet Brieg (Brzeg), i» Schlesien 50 Brig am Simplonpap 32 Brixen: Bistwm 52, 80; Bischof | Matthäus 53 Brot 20ff. Brudermord 102, 120f., Mord- stätte 120 Buch des Lebens 26 Buchenstein, i» Tirol 56 Budenstein, s. Buchenstein Bulst, Walther 17, 56f., 140 Bunzlau, s. Altbunzlau Bůrglitz (Křivoklát), sm Böhmen 46, 48 Burgstall, in Tirol 59 Burgund 32 Buschko vos Wilhartitzd. 4.481. ; d. J. 80 BuBhemd, s. Askese Byzantinischer Einfluß 100 f., 109 Cadore-Tal 55, 80 Cambray 77 Camino, die von 56, 81 Carrara, die von, in Padua 59 Castrozza, i» Tirol 57 Ceneda, Graf von 81 Chaloupecky, Vśclav 17 Cherubim 119 Chiaromonte, Grafen von 58 Chotzen (Choceń) iz Bókmes 74 Christenverfolgung 101 Christian, Verfasser einer St.- Wenzels-Legende 1061., 1141., 117, 120, 122 Chronicon Aulae Regiae (Kónig- saaler Geschichisquellen) 22 Chronik, Böhmische 27, Ró- mische 30, von den Herzógen von Bayern 60 Chronogramm 60, 117 Clemon, s. Cormons Colalto, Graf, in Treviso 56 l | i | mamie em 0. 129 de'Colleoni sw Bergamo 38 i Conegliano 56 Cormons (Cormonum, Clemon), bei Gors 811. Crécy 27 Cremona 32, 34f., 38£f. Crescente fide (Wenzelslegende) 107, 120 Crescente religione (Wensels- legende Karls IV.) 107 Crinitus, David 117 Cyrill und Method 106f. Czenko vos Lipa 89f. Dänemark, König von 102, 120f. Dalimil 105, 107, 115, 123 Dalmatien 54 Dathan und Abiron (Abiram) 21, 121 Dauphin von Vienne 43f. David 22, 63 Delfin, s. Dauphin Demut 25, 101, 104, 115 Denkformen : Etymologie 14, 19, 20, 22; Zahl 14 Deutschland 53 Diakon der Kirche 98, 104f. Dobner, Gelasius 75 Dobrowsky, Josef 61 Dolomiten 57 Donau 50 Doxologie 104 Drahomiř (Drahomirz) 101, 104, 113ff.; Drahomiř-Sáule 121, Drahomira 110 Drau 54 Ducange, Dufresne, Charles 92 Eduard II., König von England 29; III Eduard III., König von England 29; III Ehe 26, 105 Eichhorn (Veveří), in Mähren 46
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130 Elemente, vier, Huldigung 102, 122 Elisabeth von Böhmen, Mutter Kaiser Karls IV. 11, 27, 32, 45, 97; I, II Elisabeth, Schwester Karls IV.: I Elisabeth von Polen, Gemahlin Karls I. Robert von Ungarn 50; IV Elisabeth von Pommern, 4. Ge- mahlin Kaiser Karls IV.: II Elisabeth, Tochter Karls IV.: II Elsaß 31 Emler, Josef 17, 111 St. Emmeram 124 Endrighettus de Bongajo 58f. Engel(geleit) 101, 104, 110, 116f. England 29, 761. Erlóser 21ff. Erzstiefvater des Reiches 107 Etsch 39; Etschtal 53 Etymologie, s. Denkformen Eu, Graf vos 38 Exerzitien, s. Askese Paenza ? 39 Fécamp (Fescan), in der Nor- mandie 30, 78 Felice, s. San Felice Feltre 34, 56 ff. Feragacius, Kônig von Granada 78 Ferdinand I., Kaiser 16 Ferrara, Ferraresen 54, 56; Statthalter und ihr Kriegs- volk 34f., 35, 39 ff. Fiume (Rijeka) 55 Flandern, Graf von 77 Fleimsertal 57 Fleisch, s. Leib Fliegender Becher, s. Okkultes Phänomen Florenz, Florentiner 34, 36, 41, 54, 56 Fogliani, die, in Reggio, s. da Fogliano NAMEN- UND SACHREGISTER da Fogliano 35, 41; s. auch Ghi- bertus, Johannes Folter 33, 80 Franken, Landschaft 60, 103, 125 Frankfurt am Main 74 Frankreich 38, 45, 76, 79, 83; Kriegsvolk 77; französische Sprache, s. Karls IV. Sprach- kenntnisse Franz von Prag 78 Frauenschändung 86 Freher, Marquard 17 Freistadt (Fry&tát) 0. Oderberg 88 Freigebigkeit 105 Friaul 81 Friedensfiirst 103 ff. Friedrich der Schône von Oster- reich 31 Frühmesse 119 Fürstenberg 85 Fiirstenspiegel 13, 16, 99, 105 Galgen 101, 103, 118, 1241. Gambacurta, in Pisa 104 Gefangenenbefreiung 102, 103, 126 Geist, Heiliger 25 Geiz, s. Habsucht Gekreuzigter 120 Geldern, Graf von 46 St. Georg, Kirche s. Prag Gerlostal 79 Ghibertus de Fogliano, in Reggiv 37 Glatz (Klodzko), Landschaft 49 Gléb, s. Boris Gnesen (Gniezno), pols. Provins 50 Görlitz 92 Görz 82, Graf von 52, 81 Goldene Bulle 13 Goldener Schnitt, s. Sprach- liches und Stilistisches Good King Wenceslas 110 Gottesfurcht 23; Gottesliebe 23
130 Elemente, vier, Huldigung 102, 122 Elisabeth von Böhmen, Mutter Kaiser Karls IV. 11, 27, 32, 45, 97; I, II Elisabeth, Schwester Karls IV.: I Elisabeth von Polen, Gemahlin Karls I. Robert von Ungarn 50; IV Elisabeth von Pommern, 4. Ge- mahlin Kaiser Karls IV.: II Elisabeth, Tochter Karls IV.: II Elsaß 31 Emler, Josef 17, 111 St. Emmeram 124 Endrighettus de Bongajo 58f. Engel(geleit) 101, 104, 110, 116f. England 29, 761. Erlóser 21ff. Erzstiefvater des Reiches 107 Etsch 39; Etschtal 53 Etymologie, s. Denkformen Eu, Graf vos 38 Exerzitien, s. Askese Paenza ? 39 Fécamp (Fescan), in der Nor- mandie 30, 78 Felice, s. San Felice Feltre 34, 56 ff. Feragacius, Kônig von Granada 78 Ferdinand I., Kaiser 16 Ferrara, Ferraresen 54, 56; Statthalter und ihr Kriegs- volk 34f., 35, 39 ff. Fiume (Rijeka) 55 Flandern, Graf von 77 Fleimsertal 57 Fleisch, s. Leib Fliegender Becher, s. Okkultes Phänomen Florenz, Florentiner 34, 36, 41, 54, 56 Fogliani, die, in Reggio, s. da Fogliano NAMEN- UND SACHREGISTER da Fogliano 35, 41; s. auch Ghi- bertus, Johannes Folter 33, 80 Franken, Landschaft 60, 103, 125 Frankfurt am Main 74 Frankreich 38, 45, 76, 79, 83; Kriegsvolk 77; französische Sprache, s. Karls IV. Sprach- kenntnisse Franz von Prag 78 Frauenschändung 86 Freher, Marquard 17 Freistadt (Fry&tát) 0. Oderberg 88 Freigebigkeit 105 Friaul 81 Friedensfiirst 103 ff. Friedrich der Schône von Oster- reich 31 Frühmesse 119 Fürstenberg 85 Fiirstenspiegel 13, 16, 99, 105 Galgen 101, 103, 118, 1241. Gambacurta, in Pisa 104 Gefangenenbefreiung 102, 103, 126 Geist, Heiliger 25 Geiz, s. Habsucht Gekreuzigter 120 Geldern, Graf von 46 St. Georg, Kirche s. Prag Gerlostal 79 Ghibertus de Fogliano, in Reggiv 37 Glatz (Klodzko), Landschaft 49 Gléb, s. Boris Gnesen (Gniezno), pols. Provins 50 Görlitz 92 Görz 82, Graf von 52, 81 Goldene Bulle 13 Goldener Schnitt, s. Sprach- liches und Stilistisches Good King Wenceslas 110 Gottesfurcht 23; Gottesliebe 23
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NAMEN- UND SACHREGISTER Grado 55 Granada 78 Grátz (Hradec Králové) is Běh- men 46 GroBmáhrisches Reich 100, 105 f., 113 Grotefend, Hermann 51, 85 Grünhagen, Colmar 85 GruBformel, s. Sprachliches und Stilistischęs Guigo VIII., Dauphin von Vienne 43; IV Gumo, s. Tunna Gumpold, Bischof von Mantua107 Gurim, Stadt in Böhmen, s. Kouřim Guta (Bona), Schwester Kaiser Karls IV. 33, 45; I, III Guta vos Habsburg, I. Gemahlin Wenzels II: I Habsucht 24, 30, 105 Hahnschrei, s. Tagzeiten (Mette) Hase (Lepus, Zajic), bôhm. Ge- schlecht 59 St. Hedwig, Legende 107 Hedwig vos Kalisch 51 Heidenbekehrung 125 Heidenkind wird Priester 125 Heiliger Stuhl 107 Heinrich L, Sachsenhónig 117 Heinrich VIL, Kaiser 11, 27, 30, 31; I, IV Heinrich von Kärnten und Tirol, König von Böhmen 27, 31, 44ff., 47; I Heinrich IL, Herzog von (Nie- der-) Bayern (Landshut) 34, 45, 521., 76, 79; I Heinrich VI., Herzog von Breslau (irrtüml. als VII.bezeichnet) 49, 50 Heinrich vos Newernburg 87 Helmreliquie St. Wenzels 116 Hennegau 77, 92 131 Herrschsucht 104 Heuschrecken 60 St. Hieronymus 106 Historiographische Grundeütze Kaiser Karls IV. 22, 100, 123 Hóllenfahrt 121 Hófler, Constantin 66, 75 Hoffart 25, 104, 117 Hoftag 101, 116f. Horen, s. Stundengebet Hohenmaut (Vysokć Myto) in Böhmen 74 Homilie 62ff. 98. Holland, Grafen von 54, 84 Hugo, Oheim Gwigos von Vienne; 43 Humbert I., Dauphin von Vienne IV Humbert II. von Vienne: IV Hunger 59 Hurt, Rudolf 113 Hystoria s. Stundengebet Inclytam et gloriosam (eine Wen- zelslegende) 107, 109 Inkarnationsstil 126 Innsbrucker Tal 79 Inntal 53, 59, 80 Isabella von Frankreich, Gemahlin Eduards II.von England 29 ; 111 Isabella, Tochter Philipps V. von Frankreich: IV Isebel, s. Jezabel Isonzo 81 St. Jacobus, Apostel 62, 64 Jacobus da Avoscano 56 Jezabel 121 Johann, König von Böhmen 11{f., 27, 30f., 33, 38, 40, 42ff., 46ff., 50—54, 75f., 79, 83, 85—93; I, II, IV Johann, König von Frankreich 34; I Johann XXII., Papst 31, 33
NAMEN- UND SACHREGISTER Grado 55 Granada 78 Grátz (Hradec Králové) is Běh- men 46 GroBmáhrisches Reich 100, 105 f., 113 Grotefend, Hermann 51, 85 Grünhagen, Colmar 85 GruBformel, s. Sprachliches und Stilistischęs Guigo VIII., Dauphin von Vienne 43; IV Gumo, s. Tunna Gumpold, Bischof von Mantua107 Gurim, Stadt in Böhmen, s. Kouřim Guta (Bona), Schwester Kaiser Karls IV. 33, 45; I, III Guta vos Habsburg, I. Gemahlin Wenzels II: I Habsucht 24, 30, 105 Hahnschrei, s. Tagzeiten (Mette) Hase (Lepus, Zajic), bôhm. Ge- schlecht 59 St. Hedwig, Legende 107 Hedwig vos Kalisch 51 Heidenbekehrung 125 Heidenkind wird Priester 125 Heiliger Stuhl 107 Heinrich L, Sachsenhónig 117 Heinrich VIL, Kaiser 11, 27, 30, 31; I, IV Heinrich von Kärnten und Tirol, König von Böhmen 27, 31, 44ff., 47; I Heinrich IL, Herzog von (Nie- der-) Bayern (Landshut) 34, 45, 521., 76, 79; I Heinrich VI., Herzog von Breslau (irrtüml. als VII.bezeichnet) 49, 50 Heinrich vos Newernburg 87 Helmreliquie St. Wenzels 116 Hennegau 77, 92 131 Herrschsucht 104 Heuschrecken 60 St. Hieronymus 106 Historiographische Grundeütze Kaiser Karls IV. 22, 100, 123 Hóllenfahrt 121 Hófler, Constantin 66, 75 Hoffart 25, 104, 117 Hoftag 101, 116f. Horen, s. Stundengebet Hohenmaut (Vysokć Myto) in Böhmen 74 Homilie 62ff. 98. Holland, Grafen von 54, 84 Hugo, Oheim Gwigos von Vienne; 43 Humbert I., Dauphin von Vienne IV Humbert II. von Vienne: IV Hunger 59 Hurt, Rudolf 113 Hystoria s. Stundengebet Inclytam et gloriosam (eine Wen- zelslegende) 107, 109 Inkarnationsstil 126 Innsbrucker Tal 79 Inntal 53, 59, 80 Isabella von Frankreich, Gemahlin Eduards II.von England 29 ; 111 Isabella, Tochter Philipps V. von Frankreich: IV Isebel, s. Jezabel Isonzo 81 St. Jacobus, Apostel 62, 64 Jacobus da Avoscano 56 Jezabel 121 Johann, König von Böhmen 11{f., 27, 30f., 33, 38, 40, 42ff., 46ff., 50—54, 75f., 79, 83, 85—93; I, II, IV Johann, König von Frankreich 34; I Johann XXII., Papst 31, 33
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132 Johann Heinrich, Bruder Kaiser Karls IV., Graf von Tirol 28, 32, 44, 45, 47f., 52, 54f., 91£.; I Johann, Sohn Kaiser Karls IV.:II Johann I. von Brabant 27; IV Johann II. von Vienne: IV Johann, Sohn Philipps VI. v. Frankreich: III Johann, Sohn Heinrichs IT. von Bayern 45, 77; I Johann III., Burggraf von Niirn- berg: II Johann, Erzbischof von Prag 26 Johann vos Berge 33 Johann vos Honhirin 33 Johann vos Lipa 55, 59 Johann von Neumarkt 15, 99, 113 Johanna, Gräfin von Hennegas 29; III Johanna v. Bayern-Straubing: II Johanna von Brabant 48 Johannes, Evangelist 19 ff, 23, 63 Johannes von Victring 78, 81 Judas Iskariot 21 Jugendieben Karls IV., Aus- gaben 17 Jülich, Marhgraf 46; Markgraf von Jülich und Berg 77 Kain und Abel 108, 114, 120f. Kalisch (Kalisz), poln. Provins 50; Stadt 85£. Karl der Grope 11, 97 ff. Karl IV. (Wenzel), Kaiser 11f., 16, 27, 46, 48, 79, 81ff., 85f., 89f.,92,971f., 104 —107, 116f., 123f.; I—IV; Handschrift 109; Sprachenkenninis 45 Volisivecker u. Vollender des Werkes des kl. Wenzel 106, 117 Karl IV., der Schöne, König von Frankreich 11, 28ff.; I, III Ker] Martell von Ungarn 43; IV NAMEN- UND SACHREGISTER Karll. vos Neapel: IV KarlIL, verm. m. Maria v. Un- garn: IV Karl I., Robert von Anjou, Ko- nig von Ungarn 28, 43, 50ff., 54, 59, 75f., 79; I, IV Karl von Valois, Schwiegervater Kaiser Kayls IV. 28f.; III Karl, Sohn Karls IV.: II Karlsberg beś Lucca, s. Monte Carlo Karlstein (Karlätejn), in Böhmen 98, 105 Kasimir (Kazimirus, Kazomirus) der Große, König von Polen (Krakau) 50ff., 79, 85ff., 89 Kastilien 78 Katharina, Tochter Karls IV.: II St. Katharina, Festiag 35, 81; Legende 107 Kathedrale su St. Veit, s. Prag, Bistum Kerker 101ff., 118, 122, 126 Kette, goldene 115 Klaretsches Wörterbuch 12, 99, 122 Klemens VI., Papst 16, 93, 99 Koln, Ersbischof vom 31 Kolin, in Böhmen 74 Kolmar (Chodziež) 31 Kommunion unter Einer Gestalt 102, 119 Konrad 106, 126 Konstanz, Konzil 98 Kosmas 107, 124, 126 Kouřim 101, 110, 115f. Krabice von Weitmühl, s. Be- nesch Krakau (Kraków) 511., 79, 891., (Frieden) 91, König von 85f. Kreuz 22, 101, 104, 110, 116f. Kriegslist 55, 57 Kroatien 54 Kufstein 53
132 Johann Heinrich, Bruder Kaiser Karls IV., Graf von Tirol 28, 32, 44, 45, 47f., 52, 54f., 91£.; I Johann, Sohn Kaiser Karls IV.:II Johann I. von Brabant 27; IV Johann II. von Vienne: IV Johann, Sohn Philipps VI. v. Frankreich: III Johann, Sohn Heinrichs IT. von Bayern 45, 77; I Johann III., Burggraf von Niirn- berg: II Johann, Erzbischof von Prag 26 Johann vos Berge 33 Johann vos Honhirin 33 Johann vos Lipa 55, 59 Johann von Neumarkt 15, 99, 113 Johanna, Gräfin von Hennegas 29; III Johanna v. Bayern-Straubing: II Johanna von Brabant 48 Johannes, Evangelist 19 ff, 23, 63 Johannes von Victring 78, 81 Judas Iskariot 21 Jugendieben Karls IV., Aus- gaben 17 Jülich, Marhgraf 46; Markgraf von Jülich und Berg 77 Kain und Abel 108, 114, 120f. Kalisch (Kalisz), poln. Provins 50; Stadt 85£. Karl der Grope 11, 97 ff. Karl IV. (Wenzel), Kaiser 11f., 16, 27, 46, 48, 79, 81ff., 85f., 89f.,92,971f., 104 —107, 116f., 123f.; I—IV; Handschrift 109; Sprachenkenninis 45 Volisivecker u. Vollender des Werkes des kl. Wenzel 106, 117 Karl IV., der Schöne, König von Frankreich 11, 28ff.; I, III Ker] Martell von Ungarn 43; IV NAMEN- UND SACHREGISTER Karll. vos Neapel: IV KarlIL, verm. m. Maria v. Un- garn: IV Karl I., Robert von Anjou, Ko- nig von Ungarn 28, 43, 50ff., 54, 59, 75f., 79; I, IV Karl von Valois, Schwiegervater Kaiser Kayls IV. 28f.; III Karl, Sohn Karls IV.: II Karlsberg beś Lucca, s. Monte Carlo Karlstein (Karlätejn), in Böhmen 98, 105 Kasimir (Kazimirus, Kazomirus) der Große, König von Polen (Krakau) 50ff., 79, 85ff., 89 Kastilien 78 Katharina, Tochter Karls IV.: II St. Katharina, Festiag 35, 81; Legende 107 Kathedrale su St. Veit, s. Prag, Bistum Kerker 101ff., 118, 122, 126 Kette, goldene 115 Klaretsches Wörterbuch 12, 99, 122 Klemens VI., Papst 16, 93, 99 Koln, Ersbischof vom 31 Kolin, in Böhmen 74 Kolmar (Chodziež) 31 Kommunion unter Einer Gestalt 102, 119 Konrad 106, 126 Konstanz, Konzil 98 Kosmas 107, 124, 126 Kouřim 101, 110, 115f. Krabice von Weitmühl, s. Be- nesch Krakau (Kraków) 511., 79, 891., (Frieden) 91, König von 85f. Kreuz 22, 101, 104, 110, 116f. Kriegslist 55, 57 Kroatien 54 Kufstein 53
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NAMEN- UND SACHREGISTER 133 Kunigunde, Schwester Kasimirs von Polen, Mutter Bolkos von Ludmil(l)a, Großmutter des hl, Wenzel 61, 97, 101, 104, 110, Schweidnitz 85 113ff., 118, 124 Kurfürsten 93 Ludwig von Bayern oder der Kuttenberg (Kutná Hora) is» Bayer, als Kaiser IV. 31, 33, Bóhmen 87f. 47, 53, T5ff., 79, 86f., 90ff.; III Ludwig, Sohn des vorigen, Mark- graf von Brandenburg 77, 79, 91f.; I Ludwig I. der Große, König von | Ungarn und Polen 46, 50, 59, 79, 91; II, IV Ludwig I., Herzog von Bourbon 48 Lamprechtsburg (St. Lam- bertusberg), im Pustertal 52 Landau, iw Niederbayern 53 Landeshut (Kamienna Góra), in Schlesien 86 Landfrieden 106 Landshut, s. Landeshut Landrecht, Böhmisches 106 Lanze, heilige, Offizium 13, 98 Ludwig X., der Zänker: III Ludwig, Graf von Savoyen 33, 34 Lukow (Lukov), i» Mähren 46 Laon 77 Lüttich 43, 83, Bischof von 46 Lausanne 32 Luther, Martin 73, 123 Lausitz 85, 92 Luxemburg, Stadt und Grafschaft Leib des Herrn 21, 37; Leib- Seele 19 ff. Mähren, Markgrafschaft 46, 48, Lepus, s. Hase 54 Licht des Menschen 20 Mährer, im Großmährischen Reich Lichtenberg (Světlík), ss Běhmen 113 46 Mailand, Mailánder 32, 381., 41 Lienzer Klause, im Pustertal 52 Limoges 30, 78 Lipa (Bóhmisch-Leipa), Jokann von 55, 59; Czenko von 891. Lititz (Litice), in Böhmen 46 (Kriegsvolk), 54f., 81; Statt- halter s. Azzo Visconti Majestätssiegel 120 Majestas Carolina 13 de Manfredi, die, in Reggio 35 Litauer 54, 83 Manfredus de Psis, in Modena 37 Löwe 120 Mansionarii 75 Lombardei, Lombarden 32, 37ff., | Mantua, Mantuaner 36, 40f., 44, 44, 531., 60; lombardische 54, 56; Statthalter 341. Sprache == Italienisch Margareta von Brabant, Gemahlin Loo, Graf von, der Jüngere 54 Loslau (Wodzisław), nó. Oderberg 88 Kaiser Heinrichs VII. 11, 271.; I, IV Margareta, Schwester Kaiser Karls IV. 34, 45, 77, 791.; I Margareta (Blanche, Blanka) vos Frankreich, Gemahlin Kaiser Kayls IV. 11£., 16, 30, 46; III Lothringen, Hersogtum 32 Luchinus, i* Mailand 81 Lucca 32, 34£f., 41, 53 | i | Leben, Ewiges 19ff. 30ff., 46, 74, 77, 85 Ludvíkovsky, Jaroslav 115
NAMEN- UND SACHREGISTER 133 Kunigunde, Schwester Kasimirs von Polen, Mutter Bolkos von Ludmil(l)a, Großmutter des hl, Wenzel 61, 97, 101, 104, 110, Schweidnitz 85 113ff., 118, 124 Kurfürsten 93 Ludwig von Bayern oder der Kuttenberg (Kutná Hora) is» Bayer, als Kaiser IV. 31, 33, Bóhmen 87f. 47, 53, T5ff., 79, 86f., 90ff.; III Ludwig, Sohn des vorigen, Mark- graf von Brandenburg 77, 79, 91f.; I Ludwig I. der Große, König von | Ungarn und Polen 46, 50, 59, 79, 91; II, IV Ludwig I., Herzog von Bourbon 48 Lamprechtsburg (St. Lam- bertusberg), im Pustertal 52 Landau, iw Niederbayern 53 Landeshut (Kamienna Góra), in Schlesien 86 Landfrieden 106 Landshut, s. Landeshut Landrecht, Böhmisches 106 Lanze, heilige, Offizium 13, 98 Ludwig X., der Zänker: III Ludwig, Graf von Savoyen 33, 34 Lukow (Lukov), i» Mähren 46 Laon 77 Lüttich 43, 83, Bischof von 46 Lausanne 32 Luther, Martin 73, 123 Lausitz 85, 92 Luxemburg, Stadt und Grafschaft Leib des Herrn 21, 37; Leib- Seele 19 ff. Mähren, Markgrafschaft 46, 48, Lepus, s. Hase 54 Licht des Menschen 20 Mährer, im Großmährischen Reich Lichtenberg (Světlík), ss Běhmen 113 46 Mailand, Mailánder 32, 381., 41 Lienzer Klause, im Pustertal 52 Limoges 30, 78 Lipa (Bóhmisch-Leipa), Jokann von 55, 59; Czenko von 891. Lititz (Litice), in Böhmen 46 (Kriegsvolk), 54f., 81; Statt- halter s. Azzo Visconti Majestätssiegel 120 Majestas Carolina 13 de Manfredi, die, in Reggio 35 Litauer 54, 83 Manfredus de Psis, in Modena 37 Löwe 120 Mansionarii 75 Lombardei, Lombarden 32, 37ff., | Mantua, Mantuaner 36, 40f., 44, 44, 531., 60; lombardische 54, 56; Statthalter 341. Sprache == Italienisch Margareta von Brabant, Gemahlin Loo, Graf von, der Jüngere 54 Loslau (Wodzisław), nó. Oderberg 88 Kaiser Heinrichs VII. 11, 271.; I, IV Margareta, Schwester Kaiser Karls IV. 34, 45, 77, 791.; I Margareta (Blanche, Blanka) vos Frankreich, Gemahlin Kaiser Kayls IV. 11£., 16, 30, 46; III Lothringen, Hersogtum 32 Luchinus, i* Mailand 81 Lucca 32, 34£f., 41, 53 | i | Leben, Ewiges 19ff. 30ff., 46, 74, 77, 85 Ludvíkovsky, Jaroslav 115
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134 älteste Tochter Kaiser Karls IV. 46, 59; II, IV Margareta, jüngste Tochter Kaiser Karls IV.: II Margareta Maultasch von Tirol 271., 32, 441., 79f.; ihr Hof- meister 80 Margareta von Holland: III Margareta von Troppau: I Margareta von Österreich: I St. Maria 82, 106; Mariä Geburt 126; Mariä Himmelfahrt 79 Maria, Tochter Johanns I. von Brabant 43; IV Maria, Schwester Johanns von Böhmen 11, 28; I, III Maria vos Ungarn: IL, IV Marignola, Johann, Chronih 13, 99£. Marsilius de'Rossi (Rubeis), is Parma 37 Mašlaň, František 110 Mastinus della Scala 531., 56, 58, 81 Matseer Annalen 60 Matthäus, Evangelist 621. Mattháus, Bischof von Brixen 53 Maximilian I., Kaiser 16 MeiBen, Markgraf von 77, 86 Mel, zwischen Belluno und Felive 80 Memoiren Karls IV. (außerhalb des Textes) 98, 104, 108 Meßopfer 102 Methodius (Metudius) 113; s. auch Cyrill Metropole, s. Prag, Erzbistum Mette, s. Stundengebet, Tag- zeiten St. Michael 106, 117; Kirche in Tetin 122; Stift in Reval 121; Michaelsminne 102 Milde 105 Militsch (Milicz), i» ScAlesien 76 Miltenberg 76 NAMEN- UND SACHREGISTER Minnetrunk 119 Mlada, Schwester Boleslaus des Frommen 103, 123 Modena 32, 34ff., 37, 41 Mónchisches Ideal 105 Moldau (Vitava), Fiu8 in Bók- men 122 Mons, Graf von, s. Berg Montalban, s. Montauban Monte Carlo bei Lucca 36 Montferrat, Marhgrafschaft 38 Montpellier, berühmtes Medisin- studium 78 Moralitates, Schrift Kaiser Karls IV. 13 Morauia regio Sclanorum = An- fang der Christianslegende Morgenrot, s. Stundengebet, Tagzeiten Miinsterberg (Ziębice) 50 Nachfolge Christi 102 Nächstenliebe 23ff., 105 Nebeltal, s. Valdinievole Neid 25, 104 St. Nereus und Achilles, Kirche 78 Netschtin (Nettiny), in Böhmen 46 Netzparabel 67 ff. Neuernburg, bei Lüttich 43£., 87 Neumarkt, a» der Etsch 57 Niederpolen 50ff. Nikolaus, Herzog von Troppau und Ratibor 76, 881. Nikolaus V., Gegenpapst Johanns XXII, 31 Nikolaus von Brünn, Bischof von Trient 53 Nikolaus von Luxemburg 87 Normandie 30, 78 Novara 32 Nürnberg 741.
134 älteste Tochter Kaiser Karls IV. 46, 59; II, IV Margareta, jüngste Tochter Kaiser Karls IV.: II Margareta Maultasch von Tirol 271., 32, 441., 79f.; ihr Hof- meister 80 Margareta von Holland: III Margareta von Troppau: I Margareta von Österreich: I St. Maria 82, 106; Mariä Geburt 126; Mariä Himmelfahrt 79 Maria, Tochter Johanns I. von Brabant 43; IV Maria, Schwester Johanns von Böhmen 11, 28; I, III Maria vos Ungarn: IL, IV Marignola, Johann, Chronih 13, 99£. Marsilius de'Rossi (Rubeis), is Parma 37 Mašlaň, František 110 Mastinus della Scala 531., 56, 58, 81 Matseer Annalen 60 Matthäus, Evangelist 621. Mattháus, Bischof von Brixen 53 Maximilian I., Kaiser 16 MeiBen, Markgraf von 77, 86 Mel, zwischen Belluno und Felive 80 Memoiren Karls IV. (außerhalb des Textes) 98, 104, 108 Meßopfer 102 Methodius (Metudius) 113; s. auch Cyrill Metropole, s. Prag, Erzbistum Mette, s. Stundengebet, Tag- zeiten St. Michael 106, 117; Kirche in Tetin 122; Stift in Reval 121; Michaelsminne 102 Milde 105 Militsch (Milicz), i» ScAlesien 76 Miltenberg 76 NAMEN- UND SACHREGISTER Minnetrunk 119 Mlada, Schwester Boleslaus des Frommen 103, 123 Modena 32, 34ff., 37, 41 Mónchisches Ideal 105 Moldau (Vitava), Fiu8 in Bók- men 122 Mons, Graf von, s. Berg Montalban, s. Montauban Monte Carlo bei Lucca 36 Montferrat, Marhgrafschaft 38 Montpellier, berühmtes Medisin- studium 78 Moralitates, Schrift Kaiser Karls IV. 13 Morauia regio Sclanorum = An- fang der Christianslegende Morgenrot, s. Stundengebet, Tagzeiten Miinsterberg (Ziębice) 50 Nachfolge Christi 102 Nächstenliebe 23ff., 105 Nebeltal, s. Valdinievole Neid 25, 104 St. Nereus und Achilles, Kirche 78 Netschtin (Nettiny), in Böhmen 46 Netzparabel 67 ff. Neuernburg, bei Lüttich 43£., 87 Neumarkt, a» der Etsch 57 Niederpolen 50ff. Nikolaus, Herzog von Troppau und Ratibor 76, 881. Nikolaus V., Gegenpapst Johanns XXII, 31 Nikolaus von Brünn, Bischof von Trient 53 Nikolaus von Luxemburg 87 Normandie 30, 78 Novara 32 Nürnberg 741.
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NAMEN- UND SACHREGISTER Occam, Wilhelm 75 Oderberg (Bohumín) 88 Oelsner, Ludwig 15, 56, 92 Ofen (Budapester Burgberg), Ungarn 54 Officium, s. Stundengebet, Tag- zeiten Officium missae = Meßopfer Ohrwunde 102, 123 Okkultes Phänomen 49 Olmütz (Olomouc) 46 Oppeln (Opole) 51 Orel, Dobroslav 98 Oriente iam sole (eine Wenzels- legende) 107, 121 Österreich 31, 45, 52ff., 59, 76, 81, 86 Ostia, Kardinał von 37, 39 Otto von Brandenburg: II Otto der Fröhliche, Herzog von Österreich 45, 47, 53, 61 Ottokar (Otakar) II., König von Böhmen 46 Ottokar (Ottogar), Bruder Kaiser Karls IV. 27; I Padua 34, 53, 56, 59; Statthalter 54 Palacky, Franz 46, 90 Papst 107, 118, s. auch Benedikt, Klemens Paris 11, 28; Universität (Sor- bonne) 11, 16, 28 Parler, Peter 97, 106, 117 Parma 32—39, 41ff., 53, 56, 79 Passau 53 Passion Christi 102, 119 Paulus, der Vôlkerapostel 62 Pavel, Jakub 17, 140 Pavia, Pavesen 32ff., 38ff., 105 Pekař. Josef 114 Pelzel, Franz Martin 28, 61, 78 Penede, am Gardasee 81 Perlenparabel 16, 65—67 135 Permense castrum 57 la Perričre, in Savoyen 43 Peter Roger, Abt von Fécamp 15, 28, 30, 78f., 99; s. auch Klemens VI. Peter von Rosenberg 76 Peter von Zittau (Chronicon Aulae Regiae) 22 Peterspfennig 78 Petrarca, Francesco 99, 106 Peutelstein, śm Ampezzanertal 56 Pfaffenknecht 107 Pfalzgraf 31 Philipp III. der Kühne, König von Frankreich: III Philipp IV. der Schöne, König von Frankreich 28, 30, 33, 45; III Philipp V. der Lange: III Philipp VI., König von Frank- reich 28, 76; III Philipp von Pistoja 35 Philippa von Hennegau, Gemahlin Eduards III. von England 29; III Piacenza 39 Piave 56 de'Pii, die, i» Modena 35, 41 Pirchan, Gustav 105 Pisa 104 Pisek, in Böhmen 46, 74 Pistoja, s. Simon und Philipp von Pizzighettone, beś Cremona 39f. Po 39ff. Podiven (Podiwen) 101, 109f., 118, 124 Pogpennig, Erich IV. 102, 120f. Polen (Nieder-) 51, 88 Polko, s. Bolko Pontremoli 42 de'Ponzoni 35, 41 Pottenstein (Potštejn), +% Böhmen 74, 76 103,
NAMEN- UND SACHREGISTER Occam, Wilhelm 75 Oderberg (Bohumín) 88 Oelsner, Ludwig 15, 56, 92 Ofen (Budapester Burgberg), Ungarn 54 Officium, s. Stundengebet, Tag- zeiten Officium missae = Meßopfer Ohrwunde 102, 123 Okkultes Phänomen 49 Olmütz (Olomouc) 46 Oppeln (Opole) 51 Orel, Dobroslav 98 Oriente iam sole (eine Wenzels- legende) 107, 121 Österreich 31, 45, 52ff., 59, 76, 81, 86 Ostia, Kardinał von 37, 39 Otto von Brandenburg: II Otto der Fröhliche, Herzog von Österreich 45, 47, 53, 61 Ottokar (Otakar) II., König von Böhmen 46 Ottokar (Ottogar), Bruder Kaiser Karls IV. 27; I Padua 34, 53, 56, 59; Statthalter 54 Palacky, Franz 46, 90 Papst 107, 118, s. auch Benedikt, Klemens Paris 11, 28; Universität (Sor- bonne) 11, 16, 28 Parler, Peter 97, 106, 117 Parma 32—39, 41ff., 53, 56, 79 Passau 53 Passion Christi 102, 119 Paulus, der Vôlkerapostel 62 Pavel, Jakub 17, 140 Pavia, Pavesen 32ff., 38ff., 105 Pekař. Josef 114 Pelzel, Franz Martin 28, 61, 78 Penede, am Gardasee 81 Perlenparabel 16, 65—67 135 Permense castrum 57 la Perričre, in Savoyen 43 Peter Roger, Abt von Fécamp 15, 28, 30, 78f., 99; s. auch Klemens VI. Peter von Rosenberg 76 Peter von Zittau (Chronicon Aulae Regiae) 22 Peterspfennig 78 Petrarca, Francesco 99, 106 Peutelstein, śm Ampezzanertal 56 Pfaffenknecht 107 Pfalzgraf 31 Philipp III. der Kühne, König von Frankreich: III Philipp IV. der Schöne, König von Frankreich 28, 30, 33, 45; III Philipp V. der Lange: III Philipp VI., König von Frank- reich 28, 76; III Philipp von Pistoja 35 Philippa von Hennegau, Gemahlin Eduards III. von England 29; III Piacenza 39 Piave 56 de'Pii, die, i» Modena 35, 41 Pirchan, Gustav 105 Pisa 104 Pisek, in Böhmen 46, 74 Pistoja, s. Simon und Philipp von Pizzighettone, beś Cremona 39f. Po 39ff. Podiven (Podiwen) 101, 109f., 118, 124 Pogpennig, Erich IV. 102, 120f. Polen (Nieder-) 51, 88 Polko, s. Bolko Pontremoli 42 de'Ponzoni 35, 41 Pottenstein (Potštejn), +% Böhmen 74, 76 103,
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136 Prag 11f., 27, 32, 46, 48, 54, 83, 87, 92, 105, 125; Bistum 103, 123f.; Ersbistum 12, 17, 101, 106, 118; Schloß (Burg) 46, 48, 121; Schłofikśrche zu St. Veit 79, 83, 97, 101ff., 105, 117, 122f., 125; Grabsidite St. Wen- zels 98, 122£., St. Georgshirche und Frauenstift 97, 101, 103, 118, 1231., Alerheiligenha- pelle 75; Karisbriiche 106; Universitat 12, 99; Kleinseste 102; Neustadt 97, 106; Karls- stift 97; Emausstift 106 Prager Proprium 107, 109; s. auch Stundengebet, Tag- zeiten Přemysl, sagenhafiey Ahnhevr der böhmischen Dynastie der Pre- mysliden 97; Přemysl Otta- Preßburg (Bratislava) 76 PreuBen 54, 83ff., Pribyslava (Przibyslawa), Schwester d. hl. Wensel 102, 123 Primiero 57f. Primisl, s. Přemysl Privilegienbrecher 121 St. Prokop 58, 106 Promotionszeremoniell 115 Prophetie 101f., 118, 126 Psalmist, s. David Pulkau, in Niederóüsterreich 60 Pulkava, Přibík 99f., 111, (deutsch) 123 Punczones (Ponzines), die, in Cre- mona, s. Ponzoni Pustertal 52, 80 Quarnero-Busen 55 Racine, Jean 121 Rad(i)slav 101, 104, 110, 115 NAMEN- UND SACHREGISTER Ratibor (Racibórz) śm Schlesien 76 Raudnitzer Brevier 100 Ravenna 39 Realismus des Mittelalters 14 Regensburg 60, 101 (Bischof Tuto), 103, 118, 124 Reggio 32, 34£., 37, 41, Bischof 37 Reimoffizium, s. Stundengebet, Tagzeiten Reineccius, Reiner 17, 20, 61 Reliquiensammeln 105 Reval (Tallinn), Michaelsstift 104, 121, nach der Leg. Wen- zelsstift Rezitationsdauer 107, 109 Rheinland 86, 92 Ribemont, in Frankreich 77 Richard IT. von England: II Rienzi, Cola 107 Rimini, Graf von 39, 41 Rinn, H. 70 Ritterschlag 36, 57 Rixa Elisabeth, Gemahlin König Wenzels II. von Bôhmen 51; I Robert, König von Neapel (Apulien) 34 Römischer Einfluß 101 Rokytnice, Bach bei Prag 122 Rom 31, 104, 107, Karls IV. Erste Romfahrt 98, Zweite 104 Romagna 39 de'Rossi, i» Parma 35, 41 Rouen, Erzbischof von 78 Rubei, s. de'Rossi Rudolf IV. vos Ósterreich: II Rudolf, Herzog vos Bayern und Pfalsgraf 77, seine TocMer 77 Sachsen, Herzog vom 31 Salzburg, Ersbistum 79f. Sancerre, Graf von 38 Sandomir (Sandomierz), Hersog- tum 31
136 Prag 11f., 27, 32, 46, 48, 54, 83, 87, 92, 105, 125; Bistum 103, 123f.; Ersbistum 12, 17, 101, 106, 118; Schloß (Burg) 46, 48, 121; Schłofikśrche zu St. Veit 79, 83, 97, 101ff., 105, 117, 122f., 125; Grabsidite St. Wen- zels 98, 122£., St. Georgshirche und Frauenstift 97, 101, 103, 118, 1231., Alerheiligenha- pelle 75; Karisbriiche 106; Universitat 12, 99; Kleinseste 102; Neustadt 97, 106; Karls- stift 97; Emausstift 106 Prager Proprium 107, 109; s. auch Stundengebet, Tag- zeiten Přemysl, sagenhafiey Ahnhevr der böhmischen Dynastie der Pre- mysliden 97; Přemysl Otta- Preßburg (Bratislava) 76 PreuBen 54, 83ff., Pribyslava (Przibyslawa), Schwester d. hl. Wensel 102, 123 Primiero 57f. Primisl, s. Přemysl Privilegienbrecher 121 St. Prokop 58, 106 Promotionszeremoniell 115 Prophetie 101f., 118, 126 Psalmist, s. David Pulkau, in Niederóüsterreich 60 Pulkava, Přibík 99f., 111, (deutsch) 123 Punczones (Ponzines), die, in Cre- mona, s. Ponzoni Pustertal 52, 80 Quarnero-Busen 55 Racine, Jean 121 Rad(i)slav 101, 104, 110, 115 NAMEN- UND SACHREGISTER Ratibor (Racibórz) śm Schlesien 76 Raudnitzer Brevier 100 Ravenna 39 Realismus des Mittelalters 14 Regensburg 60, 101 (Bischof Tuto), 103, 118, 124 Reggio 32, 34£., 37, 41, Bischof 37 Reimoffizium, s. Stundengebet, Tagzeiten Reineccius, Reiner 17, 20, 61 Reliquiensammeln 105 Reval (Tallinn), Michaelsstift 104, 121, nach der Leg. Wen- zelsstift Rezitationsdauer 107, 109 Rheinland 86, 92 Ribemont, in Frankreich 77 Richard IT. von England: II Rienzi, Cola 107 Rimini, Graf von 39, 41 Rinn, H. 70 Ritterschlag 36, 57 Rixa Elisabeth, Gemahlin König Wenzels II. von Bôhmen 51; I Robert, König von Neapel (Apulien) 34 Römischer Einfluß 101 Rokytnice, Bach bei Prag 122 Rom 31, 104, 107, Karls IV. Erste Romfahrt 98, Zweite 104 Romagna 39 de'Rossi, i» Parma 35, 41 Rouen, Erzbischof von 78 Rubei, s. de'Rossi Rudolf IV. vos Ósterreich: II Rudolf, Herzog vos Bayern und Pfalsgraf 77, seine TocMer 77 Sachsen, Herzog vom 31 Salzburg, Ersbistum 79f. Sancerre, Graf von 38 Sandomir (Sandomierz), Hersog- tum 31
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NAMEN- UND SACHREGISTER San Felice, bei Modena 35, 36 Savoyen 32, 38, 43f., Graf von 43f. Sazawa (Sázava) 58 Scala, s. Mastinus Schatzparabel 61 ff. Schauerschmaus, s. Strachkvas Schlesien 50f. Schôtter, Joh. 90, 92 Schránil, Josef 116 Schriftauslegung 13, 61—74, 98 Schwaben, Kriegsvolk und Land 53, 115 Schmidt, E. A. 29 Schweidnitz (Świdnica) 86, Herr von 50, 86 Schwur beim Leibe Christi 37 Sene, Grafen von 56 Senia, s. Zengg de’Senis, die, in Cremona 35 Sens, Erzbischof von 78 Serravalle 56, 82 Sicco de Caldonazzo, Bischof von Feltye 56 Sigmund (Sigismund), Kaiser: II Simon vos Keyla 33 Simon, Sohn Philipps, von Pistoja 351. Sklavenkinder 101, 118 Slawischer Ritus 100, 106 Sohrau (Zory), sn Oberschlesien 87 Sonnenburg, bei Innsbruch 80 Sonnenuhr: erste Stunde = um 5 Uhr früh usw. Sophie vos Bayern-Milnchen: II Spanien, König 78 Speise 20 Spiegel 19; Spiegelung 102 Spuk 49 Spytihněv (Spytigneus) 113 Steinau (Ścinawa), św Schlesien 86 Steinherz, Samuel 16 Stendal 92 Stenzel, Gust. Ad. 49f. Stephan, Sohn Karls I. von Un- garn 50; IV 137 Stolz 25, 104, 116 Studium 26 Stundengebet. Die Matutin (Mette, beim Hahnschrei, um Mitternacht), Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Complet sind die sieben ,,Stunden'' (Horen) oder Tagseiten, su denen sich geistliche Gemeinschaften zu ge- meinsamem Gebet und Gesang versammelten. Das für diesen „Dienst (Officium) zusam- mengestellile Handbuch heißt Brevier, lat. (Liber) viaticus, was durchaus nicht mit „„Reise- breviesr'' wiedergegeben werden muj. Zum Preise der sel. Jungfrau Maria waren be- sondere Tagseiten abgefapt 12, 13, 98, 102, 119, 140. Das Mittelalter hat als Gesamt- kunsiwerk das Reimoffisium ausgebildet (Hystoria) 113, Kiérchensprengel hatten ihre be- sonderen Feste, vgl. Prager Proprium 107, 109. Ums Mor- genvoi wurde die Messe, Früh- messe gehalten 119 Strachkvas (Strachquas) 103, 124 Strang 115 Straubing 50 Sudracius de Bongajo, is Bel- luno 56, 58 Sünde 19, 25f., 126 Suysken, Karl 110 Svatopluk (Swatopluk) 113 Svmbolische Zahlen 14 Tachau (Tachov), i» BOhmen 46 Tagliamento 82 Tagzeiten, kanonische, s. Stun- dengebet Tauern 79 Taufe 113f.
NAMEN- UND SACHREGISTER San Felice, bei Modena 35, 36 Savoyen 32, 38, 43f., Graf von 43f. Sazawa (Sázava) 58 Scala, s. Mastinus Schatzparabel 61 ff. Schauerschmaus, s. Strachkvas Schlesien 50f. Schôtter, Joh. 90, 92 Schránil, Josef 116 Schriftauslegung 13, 61—74, 98 Schwaben, Kriegsvolk und Land 53, 115 Schmidt, E. A. 29 Schweidnitz (Świdnica) 86, Herr von 50, 86 Schwur beim Leibe Christi 37 Sene, Grafen von 56 Senia, s. Zengg de’Senis, die, in Cremona 35 Sens, Erzbischof von 78 Serravalle 56, 82 Sicco de Caldonazzo, Bischof von Feltye 56 Sigmund (Sigismund), Kaiser: II Simon vos Keyla 33 Simon, Sohn Philipps, von Pistoja 351. Sklavenkinder 101, 118 Slawischer Ritus 100, 106 Sohrau (Zory), sn Oberschlesien 87 Sonnenburg, bei Innsbruch 80 Sonnenuhr: erste Stunde = um 5 Uhr früh usw. Sophie vos Bayern-Milnchen: II Spanien, König 78 Speise 20 Spiegel 19; Spiegelung 102 Spuk 49 Spytihněv (Spytigneus) 113 Steinau (Ścinawa), św Schlesien 86 Steinherz, Samuel 16 Stendal 92 Stenzel, Gust. Ad. 49f. Stephan, Sohn Karls I. von Un- garn 50; IV 137 Stolz 25, 104, 116 Studium 26 Stundengebet. Die Matutin (Mette, beim Hahnschrei, um Mitternacht), Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Complet sind die sieben ,,Stunden'' (Horen) oder Tagseiten, su denen sich geistliche Gemeinschaften zu ge- meinsamem Gebet und Gesang versammelten. Das für diesen „Dienst (Officium) zusam- mengestellile Handbuch heißt Brevier, lat. (Liber) viaticus, was durchaus nicht mit „„Reise- breviesr'' wiedergegeben werden muj. Zum Preise der sel. Jungfrau Maria waren be- sondere Tagseiten abgefapt 12, 13, 98, 102, 119, 140. Das Mittelalter hat als Gesamt- kunsiwerk das Reimoffisium ausgebildet (Hystoria) 113, Kiérchensprengel hatten ihre be- sonderen Feste, vgl. Prager Proprium 107, 109. Ums Mor- genvoi wurde die Messe, Früh- messe gehalten 119 Strachkvas (Strachquas) 103, 124 Strang 115 Straubing 50 Sudracius de Bongajo, is Bel- luno 56, 58 Sünde 19, 25f., 126 Suysken, Karl 110 Svatopluk (Swatopluk) 113 Svmbolische Zahlen 14 Tachau (Tachov), i» BOhmen 46 Tagliamento 82 Tagzeiten, kanonische, s. Stun- dengebet Tauern 79 Taufe 113f.
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138 Taufers, bei Bruneck 80 Tauschim (Toužim) is Böhmen 61 Teltsch (Teleć), in Mähren 406 Terenzo, bei Parma 42, 61, 75, 79 Tetin (Tetín), i$ Böhmen 115, 122 (St. Veitskirche) Teufel 104, 107, 124 Thomas von Neuernburg bei Lüttich 431. Tirol 31, 441., 47, 52—55, 581., 79ft., 91 Tod 19—22 Torre, NebenfluB des Isonso 81 Toskana 32, 36 Trágheit 26 Translatio imperii 105 Traumgesicht 42, 75, 102 Trautenau, in Bóhmen (Trutnov) 46 Treviso 34, 53, 56 Trient 32, 53, 81; Bischof von 53, 79, 81 Trier 86, 91; Ersbischof von 31, 91 Troppau (Opava), Herzogium 871., Stadt 88 Tschechisch 12, 45 Tunna und Gumo 115 Tuscien, s. Toskana Tuto, Bischof von Regensburg 101, 118 Tyrov (Tyrzow), is Böhmen 46 Udine 81 Ubertragung, des Reiches, s. Translatio imperii; des hl. Wenzel 102ff., 122f. Ungarn 54, 75; König 84, 86; Kriegsvolk 89 Unkeuschheit 26 Unmäßigkeit 25 Unversehrtheit 102f. Unterpolen, s. Niederpolen Urbänek, Rudolf 114 Ut annuncietur (Wenzelslegende Joh. v. Neumarkt) 99, 107 NAMEN- UND SACHREGISTER Valbonnais 43 Valdinievole 36 Vater des Vaterlands 107 Vaticinatio ex eventu 118 Veglia, bei Fiume 55 St. Veit, Reliquie 101, 105, 118; Kirche, s. Prag wnd Velehrad Velehrad (Wellehrad), is Mdhren, St. Veitskirche 105, 113 Venedig, Venetianer 54— 59, 81; Bischof von 31 Venzone, am Tagliamento 82 Vergiftung des Gefolges KarlsIV. 32 Verona 44, 53, 56; Statthalter und ihr Kriegsvolk 34-37, 41, 54, 58; Graf von 81 Veronium, in Friaul 81 Verschleierung 102, 122 Vicenza 34, 53, 81 Vienne, Dauphis von 42ff. Vigilie == Vortag 80 Vilikovsky, Jan 111 Visconti, Azzo, s. Azzo Volkmar vos Burgstall, aus Tivol 59 Volksiiberlieferung 121 Vorbilder 107 Votivgabe 99 Vratislav (Wratislaus), Hersog von Böhmen 110, 113 Vratislav (Wratislaus), König von Böhmen 103, 124, 126 Vtesník, i& Böhmen 74 Wachsender Bart und wachsende Nagel an einem Toten 103, 124 Waldemar, Markgraf von Bran- denburg 31 Weihnachtsheischelied 110 Weisheit 231. Wel(l)ehrad, s. Velehrad
138 Taufers, bei Bruneck 80 Tauschim (Toužim) is Böhmen 61 Teltsch (Teleć), in Mähren 406 Terenzo, bei Parma 42, 61, 75, 79 Tetin (Tetín), i$ Böhmen 115, 122 (St. Veitskirche) Teufel 104, 107, 124 Thomas von Neuernburg bei Lüttich 431. Tirol 31, 441., 47, 52—55, 581., 79ft., 91 Tod 19—22 Torre, NebenfluB des Isonso 81 Toskana 32, 36 Trágheit 26 Translatio imperii 105 Traumgesicht 42, 75, 102 Trautenau, in Bóhmen (Trutnov) 46 Treviso 34, 53, 56 Trient 32, 53, 81; Bischof von 53, 79, 81 Trier 86, 91; Ersbischof von 31, 91 Troppau (Opava), Herzogium 871., Stadt 88 Tschechisch 12, 45 Tunna und Gumo 115 Tuscien, s. Toskana Tuto, Bischof von Regensburg 101, 118 Tyrov (Tyrzow), is Böhmen 46 Udine 81 Ubertragung, des Reiches, s. Translatio imperii; des hl. Wenzel 102ff., 122f. Ungarn 54, 75; König 84, 86; Kriegsvolk 89 Unkeuschheit 26 Unmäßigkeit 25 Unversehrtheit 102f. Unterpolen, s. Niederpolen Urbänek, Rudolf 114 Ut annuncietur (Wenzelslegende Joh. v. Neumarkt) 99, 107 NAMEN- UND SACHREGISTER Valbonnais 43 Valdinievole 36 Vater des Vaterlands 107 Vaticinatio ex eventu 118 Veglia, bei Fiume 55 St. Veit, Reliquie 101, 105, 118; Kirche, s. Prag wnd Velehrad Velehrad (Wellehrad), is Mdhren, St. Veitskirche 105, 113 Venedig, Venetianer 54— 59, 81; Bischof von 31 Venzone, am Tagliamento 82 Vergiftung des Gefolges KarlsIV. 32 Verona 44, 53, 56; Statthalter und ihr Kriegsvolk 34-37, 41, 54, 58; Graf von 81 Veronium, in Friaul 81 Verschleierung 102, 122 Vicenza 34, 53, 81 Vienne, Dauphis von 42ff. Vigilie == Vortag 80 Vilikovsky, Jan 111 Visconti, Azzo, s. Azzo Volkmar vos Burgstall, aus Tivol 59 Volksiiberlieferung 121 Vorbilder 107 Votivgabe 99 Vratislav (Wratislaus), Hersog von Böhmen 110, 113 Vratislav (Wratislaus), König von Böhmen 103, 124, 126 Vtesník, i& Böhmen 74 Wachsender Bart und wachsende Nagel an einem Toten 103, 124 Waldemar, Markgraf von Bran- denburg 31 Weihnachtsheischelied 110 Weisheit 231. Wel(l)ehrad, s. Velehrad
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NAMEN- UND SACHREGISTER Weltflucht 119 139 Widmung des Jugendiebens 14 Wenceslaus Bohemiae dux (eine | Wilhelm der Jüngere, Graf von Wenzelslegende) 109 Wenceslaus, s. Wenzel Wenzel der Heilige (Véäclau), Herzog vom Běhmen (t 28.9. 929), 12, 80, 97f., 100, 103— 106, 110, 114f., 117f., 120, 124ff.; Altar śn Aachen 99; Grab bei St. Veit und Kopf- reliquie 98, 1221£.; Kirche auf der Prager Kleinseite 102; St. Wenselshrone 12; St.-Wen- zels-Legende Kaiser Karls I V., 13, 981., 107, Awsgaben 110f., Handschriften 111£.; St.- Wensels-Legende Johanns von Neumarkt 99; St.-Wensels- Siegel 106 Wenzel II., König von Böhmen 27, 51; I Wenzel 111., König von Böhmen 51; I Wenzel, Siiefbruder Kaiser Karls IV., 48; I Wenzel, erstes Kind Kaiser Karls IV.: I Wenzel IV., Kaiser 99; II Werke der Barmherzigkeit 11511. Holland 54 Wilhelm III. von Hennegau und Holland: III Wilhelm IV. vos Holland: III Witwen und Waisen 115 Wladislaw Lokietek, Kónig von Polen 51f. Wort śm Johannesevangelium 19ff. Wostry, Wilhelm 5, 97f., 100, 103, 117, 123 Wiirfelspiel 84 Wunder 37, 101—103, 118, 123, 124ff. 105f., Zahlen, s. Symbolische Z. und Denkformen Zatschek, Heinz 104 Zbiroh, i» Bóhmen 46 Zeitlosigkeit in der Karolinischen Legende 103f., 121 Zengg, früher Senia, am Adriati- schen Meer 55 Znaim, in Mähren (Znojmo) 46. 54, 60 Zorn 25 Zweikampf 57, 89, 101, 116 Sprachliches und Stilistisches Abbreviatur 100, 102, 106 accidia 26 allacio 122 dextrarii 36 Gliederung: Fibonaccische l‘ulge (Lamésche Reihe) 14. (Golde- ner Schnitt), Wachsende Glieder 108 GruBformel 19 henkini 92 hystoria = Reimoffizium illuminare 114 mansionarii 75 Polare Paarung 108 Reimprosa 108 Rezitationsdauer 107, 109 Rhythmische Prosa im zweiten Teil des Jugendlebens 15, 83—93 Secundis sedentibus 14 Stilkurve Kaiser Karls IV. 108 Tonhóhenbewegung 108 Zwischentonsilbenfrequenz 109 Für Beihilfe bei Identifizierung der polnischen Ortsnamen danke ich Herrn Kollegen Doz. Dr. Rósel.
NAMEN- UND SACHREGISTER Weltflucht 119 139 Widmung des Jugendiebens 14 Wenceslaus Bohemiae dux (eine | Wilhelm der Jüngere, Graf von Wenzelslegende) 109 Wenceslaus, s. Wenzel Wenzel der Heilige (Véäclau), Herzog vom Běhmen (t 28.9. 929), 12, 80, 97f., 100, 103— 106, 110, 114f., 117f., 120, 124ff.; Altar śn Aachen 99; Grab bei St. Veit und Kopf- reliquie 98, 1221£.; Kirche auf der Prager Kleinseite 102; St. Wenselshrone 12; St.-Wen- zels-Legende Kaiser Karls I V., 13, 981., 107, Awsgaben 110f., Handschriften 111£.; St.- Wensels-Legende Johanns von Neumarkt 99; St.-Wensels- Siegel 106 Wenzel II., König von Böhmen 27, 51; I Wenzel 111., König von Böhmen 51; I Wenzel, Siiefbruder Kaiser Karls IV., 48; I Wenzel, erstes Kind Kaiser Karls IV.: I Wenzel IV., Kaiser 99; II Werke der Barmherzigkeit 11511. Holland 54 Wilhelm III. von Hennegau und Holland: III Wilhelm IV. vos Holland: III Witwen und Waisen 115 Wladislaw Lokietek, Kónig von Polen 51f. Wort śm Johannesevangelium 19ff. Wostry, Wilhelm 5, 97f., 100, 103, 117, 123 Wiirfelspiel 84 Wunder 37, 101—103, 118, 123, 124ff. 105f., Zahlen, s. Symbolische Z. und Denkformen Zatschek, Heinz 104 Zbiroh, i» Bóhmen 46 Zeitlosigkeit in der Karolinischen Legende 103f., 121 Zengg, früher Senia, am Adriati- schen Meer 55 Znaim, in Mähren (Znojmo) 46. 54, 60 Zorn 25 Zweikampf 57, 89, 101, 116 Sprachliches und Stilistisches Abbreviatur 100, 102, 106 accidia 26 allacio 122 dextrarii 36 Gliederung: Fibonaccische l‘ulge (Lamésche Reihe) 14. (Golde- ner Schnitt), Wachsende Glieder 108 GruBformel 19 henkini 92 hystoria = Reimoffizium illuminare 114 mansionarii 75 Polare Paarung 108 Reimprosa 108 Rezitationsdauer 107, 109 Rhythmische Prosa im zweiten Teil des Jugendlebens 15, 83—93 Secundis sedentibus 14 Stilkurve Kaiser Karls IV. 108 Tonhóhenbewegung 108 Zwischentonsilbenfrequenz 109 Für Beihilfe bei Identifizierung der polnischen Ortsnamen danke ich Herrn Kollegen Doz. Dr. Rósel.
Strana 140
140 Exhurs zum Prager Marienoffizium Die auf S. 79, Z. 13 v. u. stehengebliebene Olsnersche Ubersetzung: „daß über ihr [d. h. Mariä] Leben, ihre Taten und Wunder jeden Tag eine neue Legende gelesen werden sollte", scheint sich in dieser Knappheit dem auch bei Bulst gegebenen Wortlaut: cottidie legeretur nova legenda zwanglos anzuschließen, erregt aber nichtsdestoweniger schwerste Bedenken, wenngleich auch Pavel schreibt: aby... bylo na každý den čteno nové čtení. Es hält schwer, sich vorzustellen, daß jeden Tag eine neue (d. h. andere) Legende gelesen werden sollte. also im Laufe des Jahres 365 (366) verschiedene. Ich glaube vielmehr, daß Karl IV. eine neue Legende verfassen oder verfassen lassen wollte, die jedesmal gelesen (rezitiert) werden sollte, also die neue Legende des Prager Propriums, bzw. die Neue Legende, Nova legenda, Nové čteni, wie in der Folge auch das Karolinische St.-Wenzels- Offizium )Hystoria nova« heißt. So wären wir vielleicht einem neuen hagiographischen bzw. liturgischen Werke Karls IV. auf der Spur. —.
140 Exhurs zum Prager Marienoffizium Die auf S. 79, Z. 13 v. u. stehengebliebene Olsnersche Ubersetzung: „daß über ihr [d. h. Mariä] Leben, ihre Taten und Wunder jeden Tag eine neue Legende gelesen werden sollte", scheint sich in dieser Knappheit dem auch bei Bulst gegebenen Wortlaut: cottidie legeretur nova legenda zwanglos anzuschließen, erregt aber nichtsdestoweniger schwerste Bedenken, wenngleich auch Pavel schreibt: aby... bylo na každý den čteno nové čtení. Es hält schwer, sich vorzustellen, daß jeden Tag eine neue (d. h. andere) Legende gelesen werden sollte. also im Laufe des Jahres 365 (366) verschiedene. Ich glaube vielmehr, daß Karl IV. eine neue Legende verfassen oder verfassen lassen wollte, die jedesmal gelesen (rezitiert) werden sollte, also die neue Legende des Prager Propriums, bzw. die Neue Legende, Nova legenda, Nové čteni, wie in der Folge auch das Karolinische St.-Wenzels- Offizium )Hystoria nova« heißt. So wären wir vielleicht einem neuen hagiographischen bzw. liturgischen Werke Karls IV. auf der Spur. —.
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