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Chroniken
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202
203
Urkunden und Acten
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211
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229
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231
Titel
232
Název:
Zur Geschichtsschreibung der Stadt Brüx, MVGDB 28
Autor:
Schlesinger, Ludwig
Rok vydání:
1890
Místo vydání:
Praha, Wien
Česká národní bibliografie:
Počet stran celkem:
40
Obsah:
- 193: Chroniken
- 204: Urkunden und Acten
- 232: Titel
upravit
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Vlittheilungen tlex Pereines für Bexthittte oer Dontathen in Böhmen. Redigirt von Dr. Judwig Schlesingsn. Achtundzwanzigster Jahrgang. Drittes Heft. 1889/90. Zur Geschichtsschreibung der Stadt Brüx. Von Dr. Ludwig Schlesinger. I. Chroniken. Ende der Fünfziger Jahre war ich Schüler des Obergymnasiums in Brüx. Wir „Studenten von auswärts“ fühlten uns in der freund- lichen, Samals noch verhältnißmäßig kleinen und stillen Landstadt bald heimisch. Unser Verkehr beschränkte sich nicht bloß auf die verschiedenen „Kosthäuser“, unter denen sich ganz sonderliche Studentenherbergen be- fanden, wir wurden auch in andern Familien der studentenfreundlichen Bürgerschaft gerne gesehen. Am liebsten und darum am häufigsten wohl besuchten viele von uns die Familie Dittrich in der Fleischbankgasse. Mutter Dittrich war eine ungewöhnlich gutmüthige und uns jungen Leuten vom Herzen zugethane Frau. Im „alten Dittrich“ aber, wie wir ihn schon damals hießen, verehrten wir ein Original ganz seltener Art. Er war ein wahrer „Studentenvater" im besten Sinne des Wortes. Sein vom Vater übernommenes Uhrmachergewerbe betrieb er nur so halb und halb, ließ es später ganz auf und versah das Amt eines städtischen Quar- tiermeisters. Dasselbe gewährte ihm sattsam Muße zur Pflege von aller- hand Liebhabereien. Zu diesen gehörte der Verkehx mit den Studirenden. Wir konnten zu ihm kommen, wann wir wollten, wir waren immer will- kommen und fanden bei ihm stets väterliche Theilnahme, und wenn es galt, guten Rath und Hilfe. Gerne hörten wir ihm zu, wenn er uns aus dem reichen Schatze seiner Erfahrungen erzählte. Mit uns wurde er
Vlittheilungen tlex Pereines für Bexthittte oer Dontathen in Böhmen. Redigirt von Dr. Judwig Schlesingsn. Achtundzwanzigster Jahrgang. Drittes Heft. 1889/90. Zur Geschichtsschreibung der Stadt Brüx. Von Dr. Ludwig Schlesinger. I. Chroniken. Ende der Fünfziger Jahre war ich Schüler des Obergymnasiums in Brüx. Wir „Studenten von auswärts“ fühlten uns in der freund- lichen, Samals noch verhältnißmäßig kleinen und stillen Landstadt bald heimisch. Unser Verkehr beschränkte sich nicht bloß auf die verschiedenen „Kosthäuser“, unter denen sich ganz sonderliche Studentenherbergen be- fanden, wir wurden auch in andern Familien der studentenfreundlichen Bürgerschaft gerne gesehen. Am liebsten und darum am häufigsten wohl besuchten viele von uns die Familie Dittrich in der Fleischbankgasse. Mutter Dittrich war eine ungewöhnlich gutmüthige und uns jungen Leuten vom Herzen zugethane Frau. Im „alten Dittrich“ aber, wie wir ihn schon damals hießen, verehrten wir ein Original ganz seltener Art. Er war ein wahrer „Studentenvater" im besten Sinne des Wortes. Sein vom Vater übernommenes Uhrmachergewerbe betrieb er nur so halb und halb, ließ es später ganz auf und versah das Amt eines städtischen Quar- tiermeisters. Dasselbe gewährte ihm sattsam Muße zur Pflege von aller- hand Liebhabereien. Zu diesen gehörte der Verkehx mit den Studirenden. Wir konnten zu ihm kommen, wann wir wollten, wir waren immer will- kommen und fanden bei ihm stets väterliche Theilnahme, und wenn es galt, guten Rath und Hilfe. Gerne hörten wir ihm zu, wenn er uns aus dem reichen Schatze seiner Erfahrungen erzählte. Mit uns wurde er
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194 — selbst wieder jung und freute sich anch unserer jugendlichen „Streiche“, solange sie harmloser Natur blieben. Gegebenen Falls wußte er uns erfolgreich vor ernsten Verirrungen und Gefahren zu warnen und zu wahren. Er haßte das Gemeine und eiferte besonders gegen das Trinken und Kartenspielen. Dagegen lehrte er uns das edle Schachspiel, das er selbst mit großer Vorliebe betrieb. Ein großer Meister in demselben war er allerdings nicht, und es widerfuhr ihm öfter, daß er von dem einem oder anderen seiner Schüler matt gesetzt wurde. Darob konnte er sehr ingrimmig werden, wie er denn überhaupt nach Art gutmüthiger Menschen leicht aufbrauste, aber auch gleich wieder sich besänftigte. Aus seinem kleinen Büchervorrath lieh er uns ab und zu einen Band, wobei er aber mit großer Vorsicht vorging, weil er und seine Bücherei in dem Geruche der „Freigeisterei“ standen. Das war aber gar nicht so schlimm. Dittrich war eben ein alter Josephiner, und für den großen Volkskaiser, dessen Bilduiß in seinem Zimmer hing, und dessen Ideen hegte er die höchste Verehrung und Begeisterung. Ebenso schwärmte er für die freiheitlichen Errungenschaften der großen französischen Revolution, deren blutige Greuel er allerdings vom Herzen verabscheute. Schon vor uns waren die Studirenden gerne zum alten Dittrich gegangen, und auch nach uns erhielt sich diese Gepflogenheit. Auch an unsern weiteren Schicksalen nahm der alte Herr regen Antheil, und es freute ihn ungemein, wenn er von dem günstigen Lebensgang seiner Lieblinge hörte. Besonderes Vergnügen aber gewährte es ihm, wenn er von den zu Männern gereiften Studenten besucht wurde, die einst bei ihm aus und eingegangen. Diese mußten sich in die „Chronik“ einschreiben, das Zeichen der größten Ehrung, über das Dittrich verfügte. Dittrich führte nämlich mit peinlicher Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit Tage- bücher über alle großen und kleinen Vorkommnisse, die sich in seiner Vaterstadt Brüx ereigneten. Ursprünglich hatte er wohl nur die Anlage einer Familienchronik im Auge, nach und nach aber erweiterten sich seine Eintragungen auf alle von seinem Standpunkte aus bemerkens- werthen Ereignisse in der Stadt und ihrem Weichbilde. Personalien aller Art, Geburten, Hochzeiten, Todesfälle, Schicksale Brüxer Kinder in der Fremde, Vorgänge im Thier- und Pflanzenleben, Neubauten, Pflasterungen, Wasserversorgung, Feuerbrünste, Blitzschläge, Hagel und andere Elementar- ereignisse, Sitten und Gebränche, Gemeindeangelegenheiten, Wahlen, Ver- einswesen u. s. w. u. s. w. bilden den Stoff der Dittrichsschen Aufzeich¬ nungen, die sich wohl anch gelegentlich zu einer Bemerkung über wichtige Landess und Staatsangelegenheiten erhoben. Seinen auswärtigen Freunden
194 — selbst wieder jung und freute sich anch unserer jugendlichen „Streiche“, solange sie harmloser Natur blieben. Gegebenen Falls wußte er uns erfolgreich vor ernsten Verirrungen und Gefahren zu warnen und zu wahren. Er haßte das Gemeine und eiferte besonders gegen das Trinken und Kartenspielen. Dagegen lehrte er uns das edle Schachspiel, das er selbst mit großer Vorliebe betrieb. Ein großer Meister in demselben war er allerdings nicht, und es widerfuhr ihm öfter, daß er von dem einem oder anderen seiner Schüler matt gesetzt wurde. Darob konnte er sehr ingrimmig werden, wie er denn überhaupt nach Art gutmüthiger Menschen leicht aufbrauste, aber auch gleich wieder sich besänftigte. Aus seinem kleinen Büchervorrath lieh er uns ab und zu einen Band, wobei er aber mit großer Vorsicht vorging, weil er und seine Bücherei in dem Geruche der „Freigeisterei“ standen. Das war aber gar nicht so schlimm. Dittrich war eben ein alter Josephiner, und für den großen Volkskaiser, dessen Bilduiß in seinem Zimmer hing, und dessen Ideen hegte er die höchste Verehrung und Begeisterung. Ebenso schwärmte er für die freiheitlichen Errungenschaften der großen französischen Revolution, deren blutige Greuel er allerdings vom Herzen verabscheute. Schon vor uns waren die Studirenden gerne zum alten Dittrich gegangen, und auch nach uns erhielt sich diese Gepflogenheit. Auch an unsern weiteren Schicksalen nahm der alte Herr regen Antheil, und es freute ihn ungemein, wenn er von dem günstigen Lebensgang seiner Lieblinge hörte. Besonderes Vergnügen aber gewährte es ihm, wenn er von den zu Männern gereiften Studenten besucht wurde, die einst bei ihm aus und eingegangen. Diese mußten sich in die „Chronik“ einschreiben, das Zeichen der größten Ehrung, über das Dittrich verfügte. Dittrich führte nämlich mit peinlicher Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit Tage- bücher über alle großen und kleinen Vorkommnisse, die sich in seiner Vaterstadt Brüx ereigneten. Ursprünglich hatte er wohl nur die Anlage einer Familienchronik im Auge, nach und nach aber erweiterten sich seine Eintragungen auf alle von seinem Standpunkte aus bemerkens- werthen Ereignisse in der Stadt und ihrem Weichbilde. Personalien aller Art, Geburten, Hochzeiten, Todesfälle, Schicksale Brüxer Kinder in der Fremde, Vorgänge im Thier- und Pflanzenleben, Neubauten, Pflasterungen, Wasserversorgung, Feuerbrünste, Blitzschläge, Hagel und andere Elementar- ereignisse, Sitten und Gebränche, Gemeindeangelegenheiten, Wahlen, Ver- einswesen u. s. w. u. s. w. bilden den Stoff der Dittrichsschen Aufzeich¬ nungen, die sich wohl anch gelegentlich zu einer Bemerkung über wichtige Landess und Staatsangelegenheiten erhoben. Seinen auswärtigen Freunden
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195 sendete er in Vierteljahrsbriefen gedrängte Auszüge aus der Chronik, die über Brüxer Ereignisse im Laufenden halten sollten. Anton Dittrich, der zu Brüx am 13. Juli 1804 geboren war, ist am 8. Mai 1881 gestorben, und seine Aufzeichnungen sind in den Besitz des städtischen Archivs gelangt. Für die locale Geschichte von Brüx sind sie schon heute nicht ganz werthlos, in späteren Zeiten wird man aus Dittrichs „Chronik“ manches für die Culturgeschichte unserer Tage interessante Klein- materiale finden, das sich sonst nicht so leicht beschaffen ließe. Dittrich war ein Chronist von dem Schlage, wie sie im XVII. und XVIII. Jahr- hunderte sich zahlreicher vorfinden, heute aber in der Zeit der Tagess und Wochenblätter immer seltener werden. Der schlichte Uhrmacher von Brüx ließe sich in einen Vergleich bringen mit dem Maler Simon Hüttel, dem Chronisten von Trautenau aus dem XVI.1) oder dem Bäckermeister Hans Kriesche, dem Chronisten von Böhmisch-Leipa aus dem XVII. Jahrhun- derte,2) wenn auch beide einen schon etwas höheren Standpunkt einnehmen und ihre Aufzeichnungen für uns heute selbstverständlich ungleich werth- voller erscheinen. Man mag es meiner Vorliebe für Brüxer Erinnerungen aus der Jugendzeit zu Gute halten, wenn ich in einem Aufsatze über Brüxer Geschichtsschreibung des Studentenvaters und Chronisten Dittrich an erster Stelle gedacht habe. Gar manchen Mitlebenden, die den alten Herrn gekannt haben, wird die Erinnerung an ihn sicherlich erfreuen, und für Spätere, die einmal des Chronisten umfängliche Arbeit benützen sollten, wird die kleine Schilderung des Verfassers durch einen Zeitgenossen auch nicht unwillkommen erscheinen. Wer in Chronikenliteratur älterer Zeit arbeitet, empfindet gar oft lebhaft den Mangel an Nachrichten über die Lebensverhältnisse der Schreiber, dieser kleinen und doch so wichtigen Hilfsarbeiter der Geschichtswissenschaft. Der Chronikenschatz von Brüx aus früheren Jahrhunderten ist übrigens reicher, als bisher angenommen wurde. Ich sehe ab von den Memorabilienbüchern der Stadtdechantei, der Minoriten und der Kapuziner, die einen enger begrenzten amtlichen Zweck verfolgen, wenn sie auch mancherlei für die allgemeine Stadtgeschichte bieten. Als ältester Chronist von Brüx im engeren Sinne des Wortes kann Magister Johannes Leonis angesehen werden, dessen Erzählung über die siegreiche Verthei¬ digung der Stadt Brüx im Jahre 1421 auch für die allgemeine Landes- 1) Simon Hüttels Chronik der Stadt Trautenau (1484—1601). Prag 1881. 2) Vergl. Mittheilungen Jahrgang XX. Heft 4.
195 sendete er in Vierteljahrsbriefen gedrängte Auszüge aus der Chronik, die über Brüxer Ereignisse im Laufenden halten sollten. Anton Dittrich, der zu Brüx am 13. Juli 1804 geboren war, ist am 8. Mai 1881 gestorben, und seine Aufzeichnungen sind in den Besitz des städtischen Archivs gelangt. Für die locale Geschichte von Brüx sind sie schon heute nicht ganz werthlos, in späteren Zeiten wird man aus Dittrichs „Chronik“ manches für die Culturgeschichte unserer Tage interessante Klein- materiale finden, das sich sonst nicht so leicht beschaffen ließe. Dittrich war ein Chronist von dem Schlage, wie sie im XVII. und XVIII. Jahr- hunderte sich zahlreicher vorfinden, heute aber in der Zeit der Tagess und Wochenblätter immer seltener werden. Der schlichte Uhrmacher von Brüx ließe sich in einen Vergleich bringen mit dem Maler Simon Hüttel, dem Chronisten von Trautenau aus dem XVI.1) oder dem Bäckermeister Hans Kriesche, dem Chronisten von Böhmisch-Leipa aus dem XVII. Jahrhun- derte,2) wenn auch beide einen schon etwas höheren Standpunkt einnehmen und ihre Aufzeichnungen für uns heute selbstverständlich ungleich werth- voller erscheinen. Man mag es meiner Vorliebe für Brüxer Erinnerungen aus der Jugendzeit zu Gute halten, wenn ich in einem Aufsatze über Brüxer Geschichtsschreibung des Studentenvaters und Chronisten Dittrich an erster Stelle gedacht habe. Gar manchen Mitlebenden, die den alten Herrn gekannt haben, wird die Erinnerung an ihn sicherlich erfreuen, und für Spätere, die einmal des Chronisten umfängliche Arbeit benützen sollten, wird die kleine Schilderung des Verfassers durch einen Zeitgenossen auch nicht unwillkommen erscheinen. Wer in Chronikenliteratur älterer Zeit arbeitet, empfindet gar oft lebhaft den Mangel an Nachrichten über die Lebensverhältnisse der Schreiber, dieser kleinen und doch so wichtigen Hilfsarbeiter der Geschichtswissenschaft. Der Chronikenschatz von Brüx aus früheren Jahrhunderten ist übrigens reicher, als bisher angenommen wurde. Ich sehe ab von den Memorabilienbüchern der Stadtdechantei, der Minoriten und der Kapuziner, die einen enger begrenzten amtlichen Zweck verfolgen, wenn sie auch mancherlei für die allgemeine Stadtgeschichte bieten. Als ältester Chronist von Brüx im engeren Sinne des Wortes kann Magister Johannes Leonis angesehen werden, dessen Erzählung über die siegreiche Verthei¬ digung der Stadt Brüx im Jahre 1421 auch für die allgemeine Landes- 1) Simon Hüttels Chronik der Stadt Trautenau (1484—1601). Prag 1881. 2) Vergl. Mittheilungen Jahrgang XX. Heft 4.
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196 geschichte eine gewisse Bedeutung besitzt. Dieselbe ist von mir im Jahre 1877 veröffentlicht worden, und es genügt hier wohl auf diese Herausgabe zu verweisen.1) Auch über das Memoriale des Martin Rowber, welches die schätzenswerthesten Nachrichten über den Neubau der Brüxer Pfarrkirche aus den Jahren 1517, 1518 und 1519 bringt, und das als eine wahre Fundgrube für die Geschichte der Bauverhältnisse, der Preise, der Löhne u. dergl. jener Zeit angesehen werden muß, brauche ich mich nicht weiter zu verbreiten, da dies erst unlängst geschehen ist,2) und ich noch eine zweite Abhandlung auf Grundlage der Aufzeichnungen Rowbers zu veröffentlichen gedenke. Der Domherr Georg Barthold Potanus von Braitenberg, ein geborener Brüxer, kann füglich unter die Chronisten der Stadt Brüx nicht gut eingereiht werden, da er in seinem lateinischen „Carmen“ 3) über die Geschichte der Stadt Brüx sich alle Freiheiten eines Dichters gestattet und demgemäß Dichtung und Wahrheit verwebt. Dasselbe gilt von dem ein Jahr früher erschienenen „Carmen“ des G. Molitor.4) Pontanus benterkt übrigens im Vorworte zu seinem Gedichte, daß er Niemanden kenne, der sich mit der Brüxer Geschichte befaßt habe, außer seinen Zeitgenossen, den Schulmeister Christof Desner. Desners Arbeiten aber sind heute nicht mehr bekannt, was gewiß sehr zu beklagen ist.5) Bei meinen wiederholten Besuchen des Brüxer Stadtarchivs habe ich dagegen folgende chronikalische Aufzeichnungen vorgefunden, die meines Wissens bis jetzt unbekannt oder wenigstens unbesprochen sind: 1. Das Memorialbuch Andreas Piscators. Andreas Piscator wurde am 20. März 1597 Richter in Brüx und führte während seiner Amts- thätigkeit, welche bis zum 3. März 1598 dauerte, die Gerichtsprotokolle. Er gehörte auch später wiederholt zum Rathe der Stadt und war einer der Führer der protestantischen Partei. In das Gerichtsbuch aber trug er auch allerhand andere interessante Actenstücke ein, so „die Richterchronika der Stadt Brüx“, „die Statuta der Stadt Brüx“, „die alte Gerichts- instruktion“ „Verzeichniß wie man Ding und Recht hegen soll“ „Aus dem 1) Die Historien des Magister Johannes Leonis. Prag im Verlag des Stadt- rathes von Brüx 1877. 2) Mittheilungen, Jahrgang XXVIII. S. 17 flg. 3) Bruxia Bohemiae delineata carmine etc. Prag 1593. Vergl. die „Historien des Magister Leonis“ Einleitung S. 13, 14. 4) G. Molitoris Gablonensis, de urbe Brixia carmen panegyricum etc. Prag 1592. 5) Vergl. „Historien des Mag. Leonis“ Einleitung S. 14.
196 geschichte eine gewisse Bedeutung besitzt. Dieselbe ist von mir im Jahre 1877 veröffentlicht worden, und es genügt hier wohl auf diese Herausgabe zu verweisen.1) Auch über das Memoriale des Martin Rowber, welches die schätzenswerthesten Nachrichten über den Neubau der Brüxer Pfarrkirche aus den Jahren 1517, 1518 und 1519 bringt, und das als eine wahre Fundgrube für die Geschichte der Bauverhältnisse, der Preise, der Löhne u. dergl. jener Zeit angesehen werden muß, brauche ich mich nicht weiter zu verbreiten, da dies erst unlängst geschehen ist,2) und ich noch eine zweite Abhandlung auf Grundlage der Aufzeichnungen Rowbers zu veröffentlichen gedenke. Der Domherr Georg Barthold Potanus von Braitenberg, ein geborener Brüxer, kann füglich unter die Chronisten der Stadt Brüx nicht gut eingereiht werden, da er in seinem lateinischen „Carmen“ 3) über die Geschichte der Stadt Brüx sich alle Freiheiten eines Dichters gestattet und demgemäß Dichtung und Wahrheit verwebt. Dasselbe gilt von dem ein Jahr früher erschienenen „Carmen“ des G. Molitor.4) Pontanus benterkt übrigens im Vorworte zu seinem Gedichte, daß er Niemanden kenne, der sich mit der Brüxer Geschichte befaßt habe, außer seinen Zeitgenossen, den Schulmeister Christof Desner. Desners Arbeiten aber sind heute nicht mehr bekannt, was gewiß sehr zu beklagen ist.5) Bei meinen wiederholten Besuchen des Brüxer Stadtarchivs habe ich dagegen folgende chronikalische Aufzeichnungen vorgefunden, die meines Wissens bis jetzt unbekannt oder wenigstens unbesprochen sind: 1. Das Memorialbuch Andreas Piscators. Andreas Piscator wurde am 20. März 1597 Richter in Brüx und führte während seiner Amts- thätigkeit, welche bis zum 3. März 1598 dauerte, die Gerichtsprotokolle. Er gehörte auch später wiederholt zum Rathe der Stadt und war einer der Führer der protestantischen Partei. In das Gerichtsbuch aber trug er auch allerhand andere interessante Actenstücke ein, so „die Richterchronika der Stadt Brüx“, „die Statuta der Stadt Brüx“, „die alte Gerichts- instruktion“ „Verzeichniß wie man Ding und Recht hegen soll“ „Aus dem 1) Die Historien des Magister Johannes Leonis. Prag im Verlag des Stadt- rathes von Brüx 1877. 2) Mittheilungen, Jahrgang XXVIII. S. 17 flg. 3) Bruxia Bohemiae delineata carmine etc. Prag 1593. Vergl. die „Historien des Magister Leonis“ Einleitung S. 13, 14. 4) G. Molitoris Gablonensis, de urbe Brixia carmen panegyricum etc. Prag 1592. 5) Vergl. „Historien des Mag. Leonis“ Einleitung S. 14.
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197 Sachsen — Recht," das Gedicht Veith Neubauers über den Brand von 1515, eine Beschreibung des Brandes von 1578 und ein Verzeichniß der nach dem Brande eingelangten Geschenke. Schließlich folgt das eigentliche nicht amtliche Memoriale Piscators, beginnend mit dem 11. Mai 1601. Dasselbe enthält regelmäßig fortlaufende Aufzeichnungen über die Vor- gänge in der Familie Piscators, über den Betrieb seiner Oekonomie, zu der auch Wein und Hopfengärten gehörten, ferner aber auch Nachrichten über alle wichtigen Ereignisse, die sich in der Stadt zutrugen. Die letzte Eintragung schrieb Piscator am 10. Januar 1615 nieder. Um die Schreib- weise des schlichten Chronisten zu kennzeichnen, bringen wir einige Proben, wobei wir bemerken, daß es Piscator liebt, jeder Eintragung eine Ueber- schrift vorzusetzen. Wir wählen geflifsentlich die interessanten Eintra- gungen über den schon 1611 bestehenden Kinderwechsel behufs Erlernung der zweiten Landessprache, über die Weihe der protestantischen Kirche am 20. November 1612, die mit Cori (S. 202) im Widerspruche steht, und eine wirthschaftliche Notiz. Andreas Piscator und meine tochter Anna. Anno 1611 den 20 nofember hab ich mein töchterl Anna off Laun zum herr Nosydla nüber gefuhrt, dasz sie sol behmysch lernen, dargegen seyn ehnenckel mit namen Hensel mit myr wyder ruber gefuhrt, teuzsch zu lernen, so lange, als es beyderseyts gefellt. Der ewyge gott helf, dasz sie beyderseyts die schprache wol lernen (Fol. 25a). Andreas Piscator und George Goltman. Anno 1612 den 23. septembris hab ich mir wiedrum einen neyen weyner mit namen George Goltman gedingt zu den zweyen wein- gertten, so Balzer Eichhorn zwyschen ihne leyt, und zu ellerley arbey. Gib das jahr zum weyner lun 6 schock und einen alten hut. Darauff hat alsbald entpfangen 5 gr. 1 d. Gott helf, dasz er treulich auss- tyne. Mehr entpfangen den 30 septembris anno 1612 30 gr. Mehr entpfangen den 23 january 1 sch. Mehr ihm gegeben 12. february 15 gr. Mehr ihm gegeben den 14. february 25 gr. Mehr geben den 26 may 1 sch. Mehr geben den 3 september 30 gr. — Weingeradt ist zugezelt worden dem Goltman alsz nehmlich: 12 krazen, 12 karsch, 8 reymkrazeln, 4 schauffeln, 2 radhau, 1 keylha (Fol. 26b).
197 Sachsen — Recht," das Gedicht Veith Neubauers über den Brand von 1515, eine Beschreibung des Brandes von 1578 und ein Verzeichniß der nach dem Brande eingelangten Geschenke. Schließlich folgt das eigentliche nicht amtliche Memoriale Piscators, beginnend mit dem 11. Mai 1601. Dasselbe enthält regelmäßig fortlaufende Aufzeichnungen über die Vor- gänge in der Familie Piscators, über den Betrieb seiner Oekonomie, zu der auch Wein und Hopfengärten gehörten, ferner aber auch Nachrichten über alle wichtigen Ereignisse, die sich in der Stadt zutrugen. Die letzte Eintragung schrieb Piscator am 10. Januar 1615 nieder. Um die Schreib- weise des schlichten Chronisten zu kennzeichnen, bringen wir einige Proben, wobei wir bemerken, daß es Piscator liebt, jeder Eintragung eine Ueber- schrift vorzusetzen. Wir wählen geflifsentlich die interessanten Eintra- gungen über den schon 1611 bestehenden Kinderwechsel behufs Erlernung der zweiten Landessprache, über die Weihe der protestantischen Kirche am 20. November 1612, die mit Cori (S. 202) im Widerspruche steht, und eine wirthschaftliche Notiz. Andreas Piscator und meine tochter Anna. Anno 1611 den 20 nofember hab ich mein töchterl Anna off Laun zum herr Nosydla nüber gefuhrt, dasz sie sol behmysch lernen, dargegen seyn ehnenckel mit namen Hensel mit myr wyder ruber gefuhrt, teuzsch zu lernen, so lange, als es beyderseyts gefellt. Der ewyge gott helf, dasz sie beyderseyts die schprache wol lernen (Fol. 25a). Andreas Piscator und George Goltman. Anno 1612 den 23. septembris hab ich mir wiedrum einen neyen weyner mit namen George Goltman gedingt zu den zweyen wein- gertten, so Balzer Eichhorn zwyschen ihne leyt, und zu ellerley arbey. Gib das jahr zum weyner lun 6 schock und einen alten hut. Darauff hat alsbald entpfangen 5 gr. 1 d. Gott helf, dasz er treulich auss- tyne. Mehr entpfangen den 30 septembris anno 1612 30 gr. Mehr entpfangen den 23 january 1 sch. Mehr ihm gegeben 12. february 15 gr. Mehr ihm gegeben den 14. february 25 gr. Mehr geben den 26 may 1 sch. Mehr geben den 3 september 30 gr. — Weingeradt ist zugezelt worden dem Goltman alsz nehmlich: 12 krazen, 12 karsch, 8 reymkrazeln, 4 schauffeln, 2 radhau, 1 keylha (Fol. 26b).
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198 — Kyrchweyung an sant Andreas tage zu Bryx. Anno 1612 den 20 nofembris an sant Andres tage ist die ney efangelische kyrche zu Bryx am fordern ringe, sonsten an alten marckte genandt, in gottes namen eingeweyet worden, myt 12 pristern und mit einer grossen menge folck. Da wir sindt die fleyschergasse hindergangen und so fortt an dem behmyschen ringe nauff die klostergassen, weytengassen für, bysz man hadt können die kwar- gassen off die flaschbanke nunter sehen, ist noch immer folks hinten nachgangen. Und ist der name der kyrchen die heylige treyfaltigkeit. Gott vater, gott sohn, gott heyliger geist hoch gelobet in ewyckeit, amen (Fol. 27a). 2. Das Wirthschaftsbuch des Florian Jobst. Florian Jobst, der Schwiegersohn des Andreas Piscator, setzte dessen Chronik in demselben Folianten bis zum Jahre 1645 fort, jedoch nur mit Rücksicht auf die eigenen Wirthschaftsangelegenheiten. Schon in Piscators Chronik hatte Jobst eine oder die andere derartige Eintragung in Stellvertretung seines Schwiegervaters vorgenommen. Durch die pünktlichen Aufzeichnungen Jobsts gewinnen wir gründlichen Einblick in den Betrieb eines größeren Brüxer Oekonomiehofes in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Für besonders wichtig hält es Jobst, regelmäßige Eintragungen über die mit den gedungenen Dienstleuten verabredeten Bedingungen, sowie über die Auszahlungen der Löhne an dieselben vorzunehmen. Nur zweimal findet er sich veranlaßt, Bemerkungen allgemeineren Interesses einzu- schreiben u. z. zu den Jahren 1639 und 1645, in welchen die Schweden Brüx verwüsteten und auch seinem Besitzstande großen Schaden zufügten. Zwischen den Jobstsschen Aufzeichnungen findet sich der bekannte Kauf- contract Kaiser Rudolfs und der Stadt Brüx vom 2. October 1595 in tschechischer Sprache. Eine Probe aus Jobst Wirthschaftsbuche dürfte genügen: Heute dato den 16 semptembris anno 1636 hab ich einen neuen schaffer Andres Grünert von Kopicz und sein weib zu einer schafferin auf 1 jahr von jetzt bis a° 37 gedinget, jedoch dasselbe treulich, aufrichtig und vleissig seinen dienst, wie einen solchen schaffer eignet und gebühret, zu verrichten und in acht zu nehmen, auf feuer und licht bey tag und nacht gutte und wachtsambkeit zu haben, damit aus keiner nachläszigkeit kein schaden niemanden geschehen möchte, ingleichen alle das viehe in gutter worthung halten. Und ist sein lohn:
198 — Kyrchweyung an sant Andreas tage zu Bryx. Anno 1612 den 20 nofembris an sant Andres tage ist die ney efangelische kyrche zu Bryx am fordern ringe, sonsten an alten marckte genandt, in gottes namen eingeweyet worden, myt 12 pristern und mit einer grossen menge folck. Da wir sindt die fleyschergasse hindergangen und so fortt an dem behmyschen ringe nauff die klostergassen, weytengassen für, bysz man hadt können die kwar- gassen off die flaschbanke nunter sehen, ist noch immer folks hinten nachgangen. Und ist der name der kyrchen die heylige treyfaltigkeit. Gott vater, gott sohn, gott heyliger geist hoch gelobet in ewyckeit, amen (Fol. 27a). 2. Das Wirthschaftsbuch des Florian Jobst. Florian Jobst, der Schwiegersohn des Andreas Piscator, setzte dessen Chronik in demselben Folianten bis zum Jahre 1645 fort, jedoch nur mit Rücksicht auf die eigenen Wirthschaftsangelegenheiten. Schon in Piscators Chronik hatte Jobst eine oder die andere derartige Eintragung in Stellvertretung seines Schwiegervaters vorgenommen. Durch die pünktlichen Aufzeichnungen Jobsts gewinnen wir gründlichen Einblick in den Betrieb eines größeren Brüxer Oekonomiehofes in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Für besonders wichtig hält es Jobst, regelmäßige Eintragungen über die mit den gedungenen Dienstleuten verabredeten Bedingungen, sowie über die Auszahlungen der Löhne an dieselben vorzunehmen. Nur zweimal findet er sich veranlaßt, Bemerkungen allgemeineren Interesses einzu- schreiben u. z. zu den Jahren 1639 und 1645, in welchen die Schweden Brüx verwüsteten und auch seinem Besitzstande großen Schaden zufügten. Zwischen den Jobstsschen Aufzeichnungen findet sich der bekannte Kauf- contract Kaiser Rudolfs und der Stadt Brüx vom 2. October 1595 in tschechischer Sprache. Eine Probe aus Jobst Wirthschaftsbuche dürfte genügen: Heute dato den 16 semptembris anno 1636 hab ich einen neuen schaffer Andres Grünert von Kopicz und sein weib zu einer schafferin auf 1 jahr von jetzt bis a° 37 gedinget, jedoch dasselbe treulich, aufrichtig und vleissig seinen dienst, wie einen solchen schaffer eignet und gebühret, zu verrichten und in acht zu nehmen, auf feuer und licht bey tag und nacht gutte und wachtsambkeit zu haben, damit aus keiner nachläszigkeit kein schaden niemanden geschehen möchte, ingleichen alle das viehe in gutter worthung halten. Und ist sein lohn:
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199 — 12 schock am gelde, 19 strich halb korn und gersten sambt dem pohantsch 1) 1/2 strich waiz und 1 strich gersten zue kuchelspeisz und lichte gelt 1 schock. Das heu und grommet mit dirre mochen. Die kalber 4 wochen saugen. Von einem worff schweine, das achte drunter, nichts. Von einer henne drey mandel ayer. Von einer kuhe des jahres zins 4 sch. Holz nur so viel, alsz nur die nothurfft mäszig erfordert. N. B. Jezo hab ich in hoffe: 2 pferde, 2 zihe ochsen, 3 kühe 2 kuhe — und 10 ochsen — kalbel 3/4 jahr alt, 8 schaffe und 2 lamblin, 3 schweinel 3/4 jahr alt, drunter 2 mütterlin, 1 gansz, 14 alte hünner und 2 hahne (Fol. 58a). 3. Das Rathsmemorialbuch, auch Raths und Stadtmemorialbuch, schlechthin Memorialbuch genannt, ist ein wohlerhaltener Papiercodex in Kleinfolio von größerem geschichtlichen Werthe. Auf den ersten 21 Blättern, die nicht paginirt sind, befindet sich ein ausführliches Sach- und Personen- register, welchem 200 foliirte Blätter, beschrieben mit den unterschiedlichsten Eintragungen, folgen. Die erste datirt vom 15. Mai 1603, die letzte vom 10. November 1623. Die Schrift wechselt und kann wohl auf die ver- schiedenen Stadtschreiber zurückgeführt werden. Ein großer Theil des Buches wird angefüllt mit amtlichen Entscheidungen in Privatangelegen- heiten. Es folgen aufeinander Klagen (insbesondere Injurienklagen) und diesbezügliche Entscheidungen des Raths, Cessionen, Compromisse, Verträge, Urfehden u. s. w., Eintragungen, welche ein mehr juristisches, als historisches Interesse bieten. Dazwischen aber stoßen wir auf Stücke, welche werth- volles Materiale für die allgemeine Stadtgeschichte bilden, und welche für sich genommen eine Art Rathschronik darstellen. Es sind dies Raths-- erneuerungen, Rathsanordnungen, Abschiede, kaiserliche Schreiben, Befehle des königl. Richter, sowie der Kammer, Rathsbeschlüsse, Entscheidungen in Handwerksangelegenheiten, Streitigkeiten zwischen Katholiken und Prote- stanten, Instruktionen für die Abgeordneten zum Landtag, die Berichte dieser Abgeordneten, Steuers, Schuldangelegenheiten, Vermögensverhält- nisse der Stadt, Inventarien, Truppenausrüstungen, Baus, Kirchensachen, Correspondenzen u. s. w. u. s. w. Um den reichen Inhalt dieses Theils des Codex zu veranschaulichen, bringen wir eine Auswahl aus den Ueber- schriften der einzelnen diesbezüglichen Absätze. 1) Knecht.
199 — 12 schock am gelde, 19 strich halb korn und gersten sambt dem pohantsch 1) 1/2 strich waiz und 1 strich gersten zue kuchelspeisz und lichte gelt 1 schock. Das heu und grommet mit dirre mochen. Die kalber 4 wochen saugen. Von einem worff schweine, das achte drunter, nichts. Von einer henne drey mandel ayer. Von einer kuhe des jahres zins 4 sch. Holz nur so viel, alsz nur die nothurfft mäszig erfordert. N. B. Jezo hab ich in hoffe: 2 pferde, 2 zihe ochsen, 3 kühe 2 kuhe — und 10 ochsen — kalbel 3/4 jahr alt, 8 schaffe und 2 lamblin, 3 schweinel 3/4 jahr alt, drunter 2 mütterlin, 1 gansz, 14 alte hünner und 2 hahne (Fol. 58a). 3. Das Rathsmemorialbuch, auch Raths und Stadtmemorialbuch, schlechthin Memorialbuch genannt, ist ein wohlerhaltener Papiercodex in Kleinfolio von größerem geschichtlichen Werthe. Auf den ersten 21 Blättern, die nicht paginirt sind, befindet sich ein ausführliches Sach- und Personen- register, welchem 200 foliirte Blätter, beschrieben mit den unterschiedlichsten Eintragungen, folgen. Die erste datirt vom 15. Mai 1603, die letzte vom 10. November 1623. Die Schrift wechselt und kann wohl auf die ver- schiedenen Stadtschreiber zurückgeführt werden. Ein großer Theil des Buches wird angefüllt mit amtlichen Entscheidungen in Privatangelegen- heiten. Es folgen aufeinander Klagen (insbesondere Injurienklagen) und diesbezügliche Entscheidungen des Raths, Cessionen, Compromisse, Verträge, Urfehden u. s. w., Eintragungen, welche ein mehr juristisches, als historisches Interesse bieten. Dazwischen aber stoßen wir auf Stücke, welche werth- volles Materiale für die allgemeine Stadtgeschichte bilden, und welche für sich genommen eine Art Rathschronik darstellen. Es sind dies Raths-- erneuerungen, Rathsanordnungen, Abschiede, kaiserliche Schreiben, Befehle des königl. Richter, sowie der Kammer, Rathsbeschlüsse, Entscheidungen in Handwerksangelegenheiten, Streitigkeiten zwischen Katholiken und Prote- stanten, Instruktionen für die Abgeordneten zum Landtag, die Berichte dieser Abgeordneten, Steuers, Schuldangelegenheiten, Vermögensverhält- nisse der Stadt, Inventarien, Truppenausrüstungen, Baus, Kirchensachen, Correspondenzen u. s. w. u. s. w. Um den reichen Inhalt dieses Theils des Codex zu veranschaulichen, bringen wir eine Auswahl aus den Ueber- schriften der einzelnen diesbezüglichen Absätze. 1) Knecht.
Strana 200
200 — Donnerstag den 15 mai anno 1603: Raths personen zusammen- kunft (Fol. 1a). Verbot des hasenschiessens (1b). Handwerg der tuchmacher und gewandschneider (2b). Straff der becken, wenn sie im backen fehlen (3a). Gerberhandwerg (3a). Herr Melcher Stecher von Säbenitz mit Michael Neandro (3b). (Ein Injurienproceß allgemeineren Intresses. Ein vorkommender slawischer „Böhme“ wird schon damals „Czeche“ genannt 1603. Creuztragen und deutschsingen bey dem begrebniisz derer sub utraque betreffend 1605 (Fol. 13a. flg.). Abschied Johann Schössern 1606 (19b. flg.). Handwergk der becken wegen der weissbier höfen. Ein erbar rath anstadt des hospitals zum heiligen Geist mit Wenzel Seman von Schlatnick 1606—7 (28a, b). Herr D. Caspar Senffen wegen des salcz zinses in die commenda sancti Wencslai bey Brüx gehörig eingelegte gelder (1607—8) (29a). Handwergk der becken mit George Petzenke, küchlern 1607 (29b). Wollff Selenders abts von Braun schreiben 7. Juli 1607 (31b. 32a.). Merten Hirschens von Olmicz wegen des begangenen mords der gefangnus entledigung 1605 (38b). F. Catherinae Sauerzapfin übergab 200 sch. zu aufhengung der großzen zwo glocken 1608 (41b.). Herrn kais. richters admonition deren rathspersonen sub utraque, ob sie was anders wussten wegen des landtags als das, so ein e. raths abgesandte herausgeschrieben. 1609 (47a fig.). Relation derer sub utraque, so aus der stadt Brüx beym landtag gewesen. Geschehen in gegenwart der gemein sub utraque 1609 den 11 julii (47b flg.). Der fisch und heringsweiber abschiedt, bey welchen falsche gewicht befunden. 1609 (54a). Herr Andreas Wenceslaus Schoresius catholischer pfarrer all- hier in Brüx begehret ad notam zu nehmen. 1609 (54b.) (61a flg.). Herrn kayserl. richters ermahnung, beyderseit religion zu frid und ainigkeit. 1610 (59a). Bawern von Habern und Morawes 1610 (66a).
200 — Donnerstag den 15 mai anno 1603: Raths personen zusammen- kunft (Fol. 1a). Verbot des hasenschiessens (1b). Handwerg der tuchmacher und gewandschneider (2b). Straff der becken, wenn sie im backen fehlen (3a). Gerberhandwerg (3a). Herr Melcher Stecher von Säbenitz mit Michael Neandro (3b). (Ein Injurienproceß allgemeineren Intresses. Ein vorkommender slawischer „Böhme“ wird schon damals „Czeche“ genannt 1603. Creuztragen und deutschsingen bey dem begrebniisz derer sub utraque betreffend 1605 (Fol. 13a. flg.). Abschied Johann Schössern 1606 (19b. flg.). Handwergk der becken wegen der weissbier höfen. Ein erbar rath anstadt des hospitals zum heiligen Geist mit Wenzel Seman von Schlatnick 1606—7 (28a, b). Herr D. Caspar Senffen wegen des salcz zinses in die commenda sancti Wencslai bey Brüx gehörig eingelegte gelder (1607—8) (29a). Handwergk der becken mit George Petzenke, küchlern 1607 (29b). Wollff Selenders abts von Braun schreiben 7. Juli 1607 (31b. 32a.). Merten Hirschens von Olmicz wegen des begangenen mords der gefangnus entledigung 1605 (38b). F. Catherinae Sauerzapfin übergab 200 sch. zu aufhengung der großzen zwo glocken 1608 (41b.). Herrn kais. richters admonition deren rathspersonen sub utraque, ob sie was anders wussten wegen des landtags als das, so ein e. raths abgesandte herausgeschrieben. 1609 (47a fig.). Relation derer sub utraque, so aus der stadt Brüx beym landtag gewesen. Geschehen in gegenwart der gemein sub utraque 1609 den 11 julii (47b flg.). Der fisch und heringsweiber abschiedt, bey welchen falsche gewicht befunden. 1609 (54a). Herr Andreas Wenceslaus Schoresius catholischer pfarrer all- hier in Brüx begehret ad notam zu nehmen. 1609 (54b.) (61a flg.). Herrn kayserl. richters ermahnung, beyderseit religion zu frid und ainigkeit. 1610 (59a). Bawern von Habern und Morawes 1610 (66a).
Strana 201
201 — Herrn kayserlichen richters Melchiors Stechers von Sobenicz protestation wegen fortschickung des kriegsvolks. 1610 (72a.). E. e. rath und der andern räthe schlusz wegen abfertigung einer person nach Prag auf auschreibung der herrn stände. 1611 (75a) Instruction und vollmacht, welche dem herrn Georg Bencken mitgegeben und inne verlesen worden in kegenwart aller räthe. 1611 (76a). H. konigl. richters protestation wegen des Temperischen kriegs- volckes. 1611 (82a). Dem Mathes Schellenberger wird bevohlen einen giebel ab- tragen zu lassen. 1612 (94a). Herr kayserl. richter lässt dem auschuss der gemein einen cammerbevehl vorlesen. 1612 (95b). Schluss wegen auffnehmung der 1000 sch. von den jesuitern in Commethaw. 1613 (109a). E. e. raths angeben wegen der register. 1613 (111b). E. e. raths angeben über das handwerk der fleischer. 1613 (115a flg.). Registratur bey vorlesung eines cammerbevehls. 1613 (120b). Eines raths und der andern drey rathe schluss wegen der gethanen raittung. 1613 (129a). H. Andreae Blumensteins abdanckung wegen des stadtschreiber- dienstes. 1613 (132a). Erklärung der vorsteher der evangelischen kirchen wegen des verkaufften hauses. 1613 (132a). Verlauff zwischen h. kays. richter, e. e. rath und den seque- stratoren bey gethaner reitung den 15. februarii und 19. febr. anno 1614 (132b flg.) Schluss e. e. raths mit den andern räthen wegen der testament und sonsten. 1614 (136a). Eines raths schluss mit den andern räthen wegen anno 1614 zue Budweiss beschlossenen landtags auflagen. 1614 (136b.) E. e. rath neben den eldisten bewilliget ihr. gn. herrn obristen canczler 2000 sch. darzuleihen. 1614 (137b.) E. e. raths verbott allen unterthanen auf dero gründe wegen des salczverkauffs. 1614 (140b.) Anno 1614 den 7. octobris ist von e. e. rath die tax der ziegel und kalcks, wem und wie theuer jede sorth inkünftig soll verkaufft werden (143b).
201 — Herrn kayserlichen richters Melchiors Stechers von Sobenicz protestation wegen fortschickung des kriegsvolks. 1610 (72a.). E. e. rath und der andern räthe schlusz wegen abfertigung einer person nach Prag auf auschreibung der herrn stände. 1611 (75a) Instruction und vollmacht, welche dem herrn Georg Bencken mitgegeben und inne verlesen worden in kegenwart aller räthe. 1611 (76a). H. konigl. richters protestation wegen des Temperischen kriegs- volckes. 1611 (82a). Dem Mathes Schellenberger wird bevohlen einen giebel ab- tragen zu lassen. 1612 (94a). Herr kayserl. richter lässt dem auschuss der gemein einen cammerbevehl vorlesen. 1612 (95b). Schluss wegen auffnehmung der 1000 sch. von den jesuitern in Commethaw. 1613 (109a). E. e. raths angeben wegen der register. 1613 (111b). E. e. raths angeben über das handwerk der fleischer. 1613 (115a flg.). Registratur bey vorlesung eines cammerbevehls. 1613 (120b). Eines raths und der andern drey rathe schluss wegen der gethanen raittung. 1613 (129a). H. Andreae Blumensteins abdanckung wegen des stadtschreiber- dienstes. 1613 (132a). Erklärung der vorsteher der evangelischen kirchen wegen des verkaufften hauses. 1613 (132a). Verlauff zwischen h. kays. richter, e. e. rath und den seque- stratoren bey gethaner reitung den 15. februarii und 19. febr. anno 1614 (132b flg.) Schluss e. e. raths mit den andern räthen wegen der testament und sonsten. 1614 (136a). Eines raths schluss mit den andern räthen wegen anno 1614 zue Budweiss beschlossenen landtags auflagen. 1614 (136b.) E. e. rath neben den eldisten bewilliget ihr. gn. herrn obristen canczler 2000 sch. darzuleihen. 1614 (137b.) E. e. raths verbott allen unterthanen auf dero gründe wegen des salczverkauffs. 1614 (140b.) Anno 1614 den 7. octobris ist von e. e. rath die tax der ziegel und kalcks, wem und wie theuer jede sorth inkünftig soll verkaufft werden (143b).
Strana 202
202 — Austheilung auf der beckengülde. 1615 (146b). E. e. rath mit den herrn eldisten wegen seines lehens zue ihrer may. reise notturften. 1615 (150a). Aussage der herrn rathsfreunde sub utraque wegen einer sup- plication, so in namen der eldisten und ganzen gemein sub utraque der stadt Brüx ubergeben worden. 1615 (153a). E. e. raths und der anderen räthe schlues ein schreiben ihr. may. der kaiserin betreffend. 1615 (155b). H. Melchior Stechers von Sebenicz Röm. kays. may. richter protestation contra gewesenen ausschuss und constituirten mandatarien clagender gemein in Brüx. 1616 (167a). Herrn Johann Spanmüllers primatis protestation contra den in anno 1612 gewesenen ausschuss und mandatarien klagender gemeine alhiero zu Brüx. 1616 (168a flg.). Eines raths vergleichung wegen losslassung der unterthanen. 1616 (171b). Bewilligung e. e. raths und ganzer gemein der stadt Brüx wegen entseczung Hieremiae Müllers der haubtmanschaft des Brüxer schlosses. 1618 (183b.) Herrn Hansen Teuffel wegen nichtabwartung seines rathsambtes betreffend. 1619 (186a.) Abschiedt zwischen den handtwergken der kürschner und hueter. 1619 (189b). Acceptierung von allen vier räthen des vertrages, so die abge- sandten herr Hans Weidlich primas, Antonius Zeidler des raths und Caspar Littman stadtschreiber mit herrn Carl Chotken zu Postelberg gehalten. 1620 (191a). Hansen Fabern bürgern zu Sacz das procurieren bey diesem rathsstul eingestellt. 1620 (192a). Angeordnete sequestratores derer sub una von der stadt ent- wichenen personen gutter 1620 (196b.) Contract und vergleichung der evangelischen gemein mit etlichen personen auss der bürgerschaft derer sub una wegen 400 vass wein und 1/4 zu 25 sch. zu bezahlen. 1620 (197b- flg.). 4. Veit Albrechts Gerichtsbuch. Der Bürger Veit Albrecht wurde am 26. Juni 1626 zum Richter der Stadt Brüx bestellt, als welcher er das Gerichtsprotokoll führte. In dasselbe trug er als Einleitung Bibel- sprüche, „Gebet eines Richters“, „Vom Ambt der Richter“ und die
202 — Austheilung auf der beckengülde. 1615 (146b). E. e. rath mit den herrn eldisten wegen seines lehens zue ihrer may. reise notturften. 1615 (150a). Aussage der herrn rathsfreunde sub utraque wegen einer sup- plication, so in namen der eldisten und ganzen gemein sub utraque der stadt Brüx ubergeben worden. 1615 (153a). E. e. raths und der anderen räthe schlues ein schreiben ihr. may. der kaiserin betreffend. 1615 (155b). H. Melchior Stechers von Sebenicz Röm. kays. may. richter protestation contra gewesenen ausschuss und constituirten mandatarien clagender gemein in Brüx. 1616 (167a). Herrn Johann Spanmüllers primatis protestation contra den in anno 1612 gewesenen ausschuss und mandatarien klagender gemeine alhiero zu Brüx. 1616 (168a flg.). Eines raths vergleichung wegen losslassung der unterthanen. 1616 (171b). Bewilligung e. e. raths und ganzer gemein der stadt Brüx wegen entseczung Hieremiae Müllers der haubtmanschaft des Brüxer schlosses. 1618 (183b.) Herrn Hansen Teuffel wegen nichtabwartung seines rathsambtes betreffend. 1619 (186a.) Abschiedt zwischen den handtwergken der kürschner und hueter. 1619 (189b). Acceptierung von allen vier räthen des vertrages, so die abge- sandten herr Hans Weidlich primas, Antonius Zeidler des raths und Caspar Littman stadtschreiber mit herrn Carl Chotken zu Postelberg gehalten. 1620 (191a). Hansen Fabern bürgern zu Sacz das procurieren bey diesem rathsstul eingestellt. 1620 (192a). Angeordnete sequestratores derer sub una von der stadt ent- wichenen personen gutter 1620 (196b.) Contract und vergleichung der evangelischen gemein mit etlichen personen auss der bürgerschaft derer sub una wegen 400 vass wein und 1/4 zu 25 sch. zu bezahlen. 1620 (197b- flg.). 4. Veit Albrechts Gerichtsbuch. Der Bürger Veit Albrecht wurde am 26. Juni 1626 zum Richter der Stadt Brüx bestellt, als welcher er das Gerichtsprotokoll führte. In dasselbe trug er als Einleitung Bibel- sprüche, „Gebet eines Richters“, „Vom Ambt der Richter“ und die
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203 — — „Richterchronika“, d. i. ein Verzeichniß der Richter seit 1536 (wie Andreas Piscator) bis 1626 ein. Der amtliche Theil des Gerichtsbuches enthält „Vorträge, Verschreibungen, Vorpfendungen, Aussagen“ und „unterschiedliche Cümmer“. Dieselben bieten nur wenig allgemeineres Interesse. Dagegen besitzt der letzte Theil des Buches einen größeren, besonders cultur bistorischen Werth. Er bringt nämlich die „Inventarien“ des Besitzstandes der in Folge der Gegenreformation aus der Stadt „entwichenen“ Bürger. Dieselben wurden vom Richter, zwei Schöppen und zwei Sequestratoren anf das Sorgfältigste aufgenommen und gewähren einen schätzenswerthen Einblick in das innere Hauswesen unserer Vorfahren, die Art der Haus- und Küchengeräthe, der Kleidung, Wäsche, der Ackergeräthe, des Vieh¬ standes, der Vorräthe an Getreide, Wein und Bier u. s. w. Es wurde der Besitz folgender Exulanten inventarisirt: Mathes Braungartten (38a), Jacob Manlicher (39a), Ulbrich Babst (41a), Maria Sylvester (44b), Hans Fischer, Tischler (44a), Hans Teuffel der ältere (45a), Sigmund Schlaginhauffen, Sattler (47b), Georg Tümmel, Schneider (48b), Hans Hammerschmidt, Sattler (48b), Tobias Schindler (49a), Hans Tünckel, Fleischhacker (49b), Andreas Gürstadt, Lohgerber (50b), Jacob Aßman, Bäcker (51a), Caspar Aßman, Tuchmacher (52a), Benjamin Weidlich (53a), Maria Hübschin (53a), Hans Herolt, Bäcker (53a), Dietrich Eckert, Tuch- scherer (53a), Bartel Zeidler, Tuchmacher (53b), Melcher Klaußnitzer, Bäcker (54b), Andreas Klausnitzer (54b), Wolff Pach, Bäcker (55a), Maria Heczin (55a), Martin Laube, Fleischer (55b), Peter Steigert, Bader (56b), Wolff Weisse, Schuster (57a), Mathes Aßman, Schlosser (57a), Andres Neuber (58b), Hans Watzlow (59a), Christoff Rentsch, Tuchmacher (59a), Martin Rentsch, Tuchmacher (59b), Thomas Müller (60a), Thomas Merfleisch (60a), Wenzel Kippelt, Lohgerber (61b), Georg Mayner (61b), Zacharias Hecze (61b), Bartol Schön (62b), Hieremias Frawensteiner (65a), Stephan Schubert (65a), Jacob Mayner (65b), Wilhelm Teuffel (67a), Martha Müllerin (69b), Peter Görndt (69b), Andreas Neupawer (74a), Paul Zeyner (74b), Hans Richter, Bäcker (74b), Jacob Waczke (75b), der blinde Andreas (78a).1) Als Veit Albrecht am 26. Juni 1627 sein Richteramt niederlegte, übergab er seinem Nachfolger Gregor Hänel nebst anderen Gegenständen und Werthsachen 11 Gerichtsbücher „ailff absonderliche jeglich in son- derheit gebundene gerichtsbücher, 5 davon in der gerichtsladen zu 1) Siehe die unvollständige Liste bei Cori (S. 232), vergl. ferner Bilek, „Das nordwestliche Böhmen u. s. w.“ (Mitth. XXVII. S. 57 flg.)
203 — — „Richterchronika“, d. i. ein Verzeichniß der Richter seit 1536 (wie Andreas Piscator) bis 1626 ein. Der amtliche Theil des Gerichtsbuches enthält „Vorträge, Verschreibungen, Vorpfendungen, Aussagen“ und „unterschiedliche Cümmer“. Dieselben bieten nur wenig allgemeineres Interesse. Dagegen besitzt der letzte Theil des Buches einen größeren, besonders cultur bistorischen Werth. Er bringt nämlich die „Inventarien“ des Besitzstandes der in Folge der Gegenreformation aus der Stadt „entwichenen“ Bürger. Dieselben wurden vom Richter, zwei Schöppen und zwei Sequestratoren anf das Sorgfältigste aufgenommen und gewähren einen schätzenswerthen Einblick in das innere Hauswesen unserer Vorfahren, die Art der Haus- und Küchengeräthe, der Kleidung, Wäsche, der Ackergeräthe, des Vieh¬ standes, der Vorräthe an Getreide, Wein und Bier u. s. w. Es wurde der Besitz folgender Exulanten inventarisirt: Mathes Braungartten (38a), Jacob Manlicher (39a), Ulbrich Babst (41a), Maria Sylvester (44b), Hans Fischer, Tischler (44a), Hans Teuffel der ältere (45a), Sigmund Schlaginhauffen, Sattler (47b), Georg Tümmel, Schneider (48b), Hans Hammerschmidt, Sattler (48b), Tobias Schindler (49a), Hans Tünckel, Fleischhacker (49b), Andreas Gürstadt, Lohgerber (50b), Jacob Aßman, Bäcker (51a), Caspar Aßman, Tuchmacher (52a), Benjamin Weidlich (53a), Maria Hübschin (53a), Hans Herolt, Bäcker (53a), Dietrich Eckert, Tuch- scherer (53a), Bartel Zeidler, Tuchmacher (53b), Melcher Klaußnitzer, Bäcker (54b), Andreas Klausnitzer (54b), Wolff Pach, Bäcker (55a), Maria Heczin (55a), Martin Laube, Fleischer (55b), Peter Steigert, Bader (56b), Wolff Weisse, Schuster (57a), Mathes Aßman, Schlosser (57a), Andres Neuber (58b), Hans Watzlow (59a), Christoff Rentsch, Tuchmacher (59a), Martin Rentsch, Tuchmacher (59b), Thomas Müller (60a), Thomas Merfleisch (60a), Wenzel Kippelt, Lohgerber (61b), Georg Mayner (61b), Zacharias Hecze (61b), Bartol Schön (62b), Hieremias Frawensteiner (65a), Stephan Schubert (65a), Jacob Mayner (65b), Wilhelm Teuffel (67a), Martha Müllerin (69b), Peter Görndt (69b), Andreas Neupawer (74a), Paul Zeyner (74b), Hans Richter, Bäcker (74b), Jacob Waczke (75b), der blinde Andreas (78a).1) Als Veit Albrecht am 26. Juni 1627 sein Richteramt niederlegte, übergab er seinem Nachfolger Gregor Hänel nebst anderen Gegenständen und Werthsachen 11 Gerichtsbücher „ailff absonderliche jeglich in son- derheit gebundene gerichtsbücher, 5 davon in der gerichtsladen zu 1) Siehe die unvollständige Liste bei Cori (S. 232), vergl. ferner Bilek, „Das nordwestliche Böhmen u. s. w.“ (Mitth. XXVII. S. 57 flg.)
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204 — finden“. Dieselben sind nicht mehr alle im Brüxer Archiv vorhanden. Das Gerichtsbuch des Mathes Meißner (Gablensis) von 1595—1596, sowie das des Martin Meißner vom Jahre 1606, welch letzteres sich im Privatbesitze befindet, enthalten für die allgemeine Stadtgeschichte nichts Bemerkenswerthes. 5. Liber renovationum amplissimi magistratus Pontensis. Dieser im Brüxer Archiv vorfindliche Codex, welcher auf dem Rückendeckel den vielversprechenden Titel „Liber antiquitatum regiae civitatis Ponti“ trägt, enthält lediglich ein Verzeichniß der königlichen Richter, der Primatoren, Schöffen, Bürgermeister, Rathsherrn und sonstiger Magistratspersonen, angefangen vom Jahre 1590 und fortgesetzt von verschiedenen Schreibern bis zum Jahre 1810. Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß sich Chroniken und chronikalisches Materiale aus älterer Zeit im Brüxer Archiv oder auch im Privatbesitz noch vorfinden dürften, falls eine gründliche Forschung nach dieser Richtung vorgenommen wird. Ich habe im Vorstehenden eben nur auf das aufmerksam machen wollen, was mir gelegentlich aufstieß und mir genauer bekannt geworden ist. Einen im Brüxer Archiv auf- gestellten Coder mit der Rückenaufschrift „Copialbuch 1640“ konnte ich nur flüchtig durchsehen. Er enthält anscheinend wichtiges Materiale über die Zeit des dreißigiährigen Krieges. Es würde übrigens das oben Besprochene bis jetzt noch unbekannte Materiale ausreichen, um einen starken Druckband „Brüxer Chroniken“ zu füllen. Die Veröffentlichung eines solchen stellt sich für die Geschichtsschreibung der Stadt Brüx heute als sehr dringlich heraus, wie wir noch später zeigen werden, und die „Brüxer Chroniken“ dürfen in dem von unserem Vereine herausgegebenen Sammelwerk „deutsche Chroniken aus Böhmen“ nicht fehlen. Sie werden sich den bis jetzt veröffentlichten Chroniken von Elbogen, Trautenau und Eger würdig anreihen. II. Urkunden und Acten. Die Stadt Brüx ist in der glücklichen Lage, über ein Archiv älteren Bestandes verfügen zu können.1) Es ist zwar im Verlaufe der Zeiten sehr viel verloren gegangen, der erhaltene Rest ist aber immer noch von großem Werthe. Dank der Fürsorge des gegenwärtigen Herrn Bürgermeisters Karl von Pohnert, dessen Verdienste um den Aufschwung und die Blüthe 1) Vergl. Brüxer Stadtbuch Einleitung S. IV. Daselbst findet sich das mir be- kannt gewordene über die älteren Schicksale des Archivs.
204 — finden“. Dieselben sind nicht mehr alle im Brüxer Archiv vorhanden. Das Gerichtsbuch des Mathes Meißner (Gablensis) von 1595—1596, sowie das des Martin Meißner vom Jahre 1606, welch letzteres sich im Privatbesitze befindet, enthalten für die allgemeine Stadtgeschichte nichts Bemerkenswerthes. 5. Liber renovationum amplissimi magistratus Pontensis. Dieser im Brüxer Archiv vorfindliche Codex, welcher auf dem Rückendeckel den vielversprechenden Titel „Liber antiquitatum regiae civitatis Ponti“ trägt, enthält lediglich ein Verzeichniß der königlichen Richter, der Primatoren, Schöffen, Bürgermeister, Rathsherrn und sonstiger Magistratspersonen, angefangen vom Jahre 1590 und fortgesetzt von verschiedenen Schreibern bis zum Jahre 1810. Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß sich Chroniken und chronikalisches Materiale aus älterer Zeit im Brüxer Archiv oder auch im Privatbesitz noch vorfinden dürften, falls eine gründliche Forschung nach dieser Richtung vorgenommen wird. Ich habe im Vorstehenden eben nur auf das aufmerksam machen wollen, was mir gelegentlich aufstieß und mir genauer bekannt geworden ist. Einen im Brüxer Archiv auf- gestellten Coder mit der Rückenaufschrift „Copialbuch 1640“ konnte ich nur flüchtig durchsehen. Er enthält anscheinend wichtiges Materiale über die Zeit des dreißigiährigen Krieges. Es würde übrigens das oben Besprochene bis jetzt noch unbekannte Materiale ausreichen, um einen starken Druckband „Brüxer Chroniken“ zu füllen. Die Veröffentlichung eines solchen stellt sich für die Geschichtsschreibung der Stadt Brüx heute als sehr dringlich heraus, wie wir noch später zeigen werden, und die „Brüxer Chroniken“ dürfen in dem von unserem Vereine herausgegebenen Sammelwerk „deutsche Chroniken aus Böhmen“ nicht fehlen. Sie werden sich den bis jetzt veröffentlichten Chroniken von Elbogen, Trautenau und Eger würdig anreihen. II. Urkunden und Acten. Die Stadt Brüx ist in der glücklichen Lage, über ein Archiv älteren Bestandes verfügen zu können.1) Es ist zwar im Verlaufe der Zeiten sehr viel verloren gegangen, der erhaltene Rest ist aber immer noch von großem Werthe. Dank der Fürsorge des gegenwärtigen Herrn Bürgermeisters Karl von Pohnert, dessen Verdienste um den Aufschwung und die Blüthe 1) Vergl. Brüxer Stadtbuch Einleitung S. IV. Daselbst findet sich das mir be- kannt gewordene über die älteren Schicksale des Archivs.
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205 — seiner Vaterstadt überhaupt nicht hoch genug anzuerkennen sind, wurden die älteren Archivalien in einem freundlichen Zimmer unterbracht und wenigstens im allgemeinen geordnet und katalogisirt. Anfangs der siebziger Jahre, als ich die Vorarbeiten für das „Stadtbuch von Brüx“ besorgte, fand ich die alte Registratur noch in der allergrößten Unordnung in einem ungeeigneten Locale, nicht aufgestellt, sondern wirr durcheinander geworfen. Die alten kaiserlichen und königlichen Originalprivilegien, päpstliche Bullen und wichtigere Privaturkunden wurden damals in der Bürgermeisteramts kanzlei aufbewahrt. Wenn nun dieselben neuestens in das Archivszimmer übertragen worden sind, so war das an sich wohl ganz natürlich. Allein mit Rücksicht auf den großen antiquarischen Werth dieser bis auf König Johann zurückreichenden Originalien wäre es wünschenswerth, dieselben in einem besonderen verschließbaren Schxank, jede einzelne in einem Papier umschlag gehüllt, in geeigneter Verwahrung zu halten. Das Einlegen derselben in Fascikel mitunter ganz werthloser Acten ist unzweckmäßig und schützt sie nicht vor Verstaubung und allmählicher Zerstörung. Bürgermeister Pohnert hat in seinem geschichtsfreundlichen Sinne auch die Begründung eines städtischen Museums in die Hand genommen. Ich wäre der un- maßgeblichen Ansicht, daß die älteren Kaisers und Königss Originalur- kunden, unter Glas gebracht, dem Museum zur großen Zierde gereichen würden. Ich habe diese Art der Aufbewahrung und Ausstellung älterer werthvoller Urkunden in städtischen Museen Deutschlands immer mit großer Freude wahrgenommen. In meinem im Jahre 1876 erschienenen „Stadtbuch von Brüx“, welches bis 1526 reicht, konnte ich 98 Originalurkunden des Brüxer Archives zum Abdrucke bringen. Dazu kommen noch 22 Stücke, welche ich einem Copialbuche entlehnte.1) Weitere 8 Originalurkunden, 1 Copie und 1 längeres Actenstück aus dem Brüxer Archiv veröffentlichte ich 1882 in dem in diesen Blättern erschienenen „zweiten Nachtrag zum Brüxer Stadtbuch“.2) Selbstverständlich mußten bei dem Bestreben nach möglicher Vollständigkeit des Stadtbuches auch andere Archive durchforscht werden, ganz abgesehen von der Heranziehung des bereits im Drucke Vorhandenen. Ich habe über die diesbezüglichen Forschungsergebnisse in der Einleitung zum Stadtbuche Bericht erstattet und wiederhole hier nur die eine That- sache, daß das königlich sächsische Haupt-Staatsarchiv in Dresden nicht weniger als 159 mehr oder minder wichtige Stücke, 1) Das Nähere über dasselbe s. Einleitung zum Stadtbuch V. 2) Jahrgang XX.
205 — seiner Vaterstadt überhaupt nicht hoch genug anzuerkennen sind, wurden die älteren Archivalien in einem freundlichen Zimmer unterbracht und wenigstens im allgemeinen geordnet und katalogisirt. Anfangs der siebziger Jahre, als ich die Vorarbeiten für das „Stadtbuch von Brüx“ besorgte, fand ich die alte Registratur noch in der allergrößten Unordnung in einem ungeeigneten Locale, nicht aufgestellt, sondern wirr durcheinander geworfen. Die alten kaiserlichen und königlichen Originalprivilegien, päpstliche Bullen und wichtigere Privaturkunden wurden damals in der Bürgermeisteramts kanzlei aufbewahrt. Wenn nun dieselben neuestens in das Archivszimmer übertragen worden sind, so war das an sich wohl ganz natürlich. Allein mit Rücksicht auf den großen antiquarischen Werth dieser bis auf König Johann zurückreichenden Originalien wäre es wünschenswerth, dieselben in einem besonderen verschließbaren Schxank, jede einzelne in einem Papier umschlag gehüllt, in geeigneter Verwahrung zu halten. Das Einlegen derselben in Fascikel mitunter ganz werthloser Acten ist unzweckmäßig und schützt sie nicht vor Verstaubung und allmählicher Zerstörung. Bürgermeister Pohnert hat in seinem geschichtsfreundlichen Sinne auch die Begründung eines städtischen Museums in die Hand genommen. Ich wäre der un- maßgeblichen Ansicht, daß die älteren Kaisers und Königss Originalur- kunden, unter Glas gebracht, dem Museum zur großen Zierde gereichen würden. Ich habe diese Art der Aufbewahrung und Ausstellung älterer werthvoller Urkunden in städtischen Museen Deutschlands immer mit großer Freude wahrgenommen. In meinem im Jahre 1876 erschienenen „Stadtbuch von Brüx“, welches bis 1526 reicht, konnte ich 98 Originalurkunden des Brüxer Archives zum Abdrucke bringen. Dazu kommen noch 22 Stücke, welche ich einem Copialbuche entlehnte.1) Weitere 8 Originalurkunden, 1 Copie und 1 längeres Actenstück aus dem Brüxer Archiv veröffentlichte ich 1882 in dem in diesen Blättern erschienenen „zweiten Nachtrag zum Brüxer Stadtbuch“.2) Selbstverständlich mußten bei dem Bestreben nach möglicher Vollständigkeit des Stadtbuches auch andere Archive durchforscht werden, ganz abgesehen von der Heranziehung des bereits im Drucke Vorhandenen. Ich habe über die diesbezüglichen Forschungsergebnisse in der Einleitung zum Stadtbuche Bericht erstattet und wiederhole hier nur die eine That- sache, daß das königlich sächsische Haupt-Staatsarchiv in Dresden nicht weniger als 159 mehr oder minder wichtige Stücke, 1) Das Nähere über dasselbe s. Einleitung zum Stadtbuch V. 2) Jahrgang XX.
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206 — eine größere Zahl als das Brüxer Stadtarchiv selbst lieferte, geboten hat. Einem nach dem Erscheinen des Stadtbuches in den Besitz unseres Vereins gelangten Formelbuche1) konnte ich für den „zweiten Nachtrag" 12 Num- mern entlehnen, ja ein eigenthümlicher Zufall fügte es, daß ich im Jahre 1883 in dem halbvermoderten Inhalte einer Dorflade die bisher bekannte älteste (v. I. 1263) ausgestellte Urkunde vorfand, in welcher der Brüxer Richter und Brüxer Bürger (als Zeugen) namhaft gemacht werden.2) So dürfte denn auch in Hinkunft noch mancherlei urkundliches Materiale über die Stadt Brüx aus der im Stadtbuche behandelten Zeit zum Vorschein kommen. Selbst das nur im Groben geordnete sich immer noch ergänzende Stadtarchiv wiro bei genauer Nachlese noch einiges bieten, sowie ich denn z. B. im Sommer vorigen Jahres bei einem nur flüchtigen Eesuche des Archivs mehrere, wenn auch nicht belangreiche Privaturkunden aus dem XIV. Jahrh. vorfand. Vom Jahre 1526 an häuft sich das archivalische Materiale der Stadt Brüx mit jedem Jahrzehnt. Schon das städtische Archiv bietet einen kaum übersehbaren Stoff. Dazu kommen die Schätze der aus- wärtigen Archive. Nebst den im Stadtbuche benützten hebe ich als nächst liegende nur das Domcapitelarchiv, das Statthaltereiarchiv, das Landes archiv, das Archiv der Kreuzherren in Prag und die böhmische Landtafel hervor. Bei einer etwaigen Abfassung eines zweiten Bandes des Stadt- buches, müßte eine strenge Auswahl getroffen, und es könnte nur auf das Allerwesentlichste eingegangen werden. Hiezu gehören allerdings die Land- tafelurkunden. Ich habe mir seiner Zeit Copien folgender Urkunden der Landtafel angefertigt, deren Inhalt ich gefliffentlich in Kürze anzeigen will. 1. K. Ferdinand ertheilt den Brüxern die Erlaubniß, für das Spital zum h. Geist ein jährliches Einkommen von 100 Schock b. Gr. zu kaufen. 1539 Januar 21. 2. Sigmund Kölbel von Geising und seine Vettern Hermann und Bernhard verkaufen dem Herrn Johann Türmitzky von Mühlen das Dorf Pockau sammt Zubehör für 1200 Sch., sowie ihr Recht, daß sie auf das als Lehen zur Burg Brüx gehörige Dorf Gartitz haben, für 225 Schock. 1543 December 31. 3. Erbverkauf zwischen den Brüdern Stephan und Johann Krinesen und deren Vetter Joachim Krines einerseits und der Stadt Brüx anderer- seits betreffend den Stoppelhof und Rosenthal. 1563 April 16. 1) Vergl. „Ein deutsches Formelbuch" Mitth. Jahrg. XXI. 2) Vergl. „Eine alte Dorfurkunde“ Mitth. Jahrg. XXII.
206 — eine größere Zahl als das Brüxer Stadtarchiv selbst lieferte, geboten hat. Einem nach dem Erscheinen des Stadtbuches in den Besitz unseres Vereins gelangten Formelbuche1) konnte ich für den „zweiten Nachtrag" 12 Num- mern entlehnen, ja ein eigenthümlicher Zufall fügte es, daß ich im Jahre 1883 in dem halbvermoderten Inhalte einer Dorflade die bisher bekannte älteste (v. I. 1263) ausgestellte Urkunde vorfand, in welcher der Brüxer Richter und Brüxer Bürger (als Zeugen) namhaft gemacht werden.2) So dürfte denn auch in Hinkunft noch mancherlei urkundliches Materiale über die Stadt Brüx aus der im Stadtbuche behandelten Zeit zum Vorschein kommen. Selbst das nur im Groben geordnete sich immer noch ergänzende Stadtarchiv wiro bei genauer Nachlese noch einiges bieten, sowie ich denn z. B. im Sommer vorigen Jahres bei einem nur flüchtigen Eesuche des Archivs mehrere, wenn auch nicht belangreiche Privaturkunden aus dem XIV. Jahrh. vorfand. Vom Jahre 1526 an häuft sich das archivalische Materiale der Stadt Brüx mit jedem Jahrzehnt. Schon das städtische Archiv bietet einen kaum übersehbaren Stoff. Dazu kommen die Schätze der aus- wärtigen Archive. Nebst den im Stadtbuche benützten hebe ich als nächst liegende nur das Domcapitelarchiv, das Statthaltereiarchiv, das Landes archiv, das Archiv der Kreuzherren in Prag und die böhmische Landtafel hervor. Bei einer etwaigen Abfassung eines zweiten Bandes des Stadt- buches, müßte eine strenge Auswahl getroffen, und es könnte nur auf das Allerwesentlichste eingegangen werden. Hiezu gehören allerdings die Land- tafelurkunden. Ich habe mir seiner Zeit Copien folgender Urkunden der Landtafel angefertigt, deren Inhalt ich gefliffentlich in Kürze anzeigen will. 1. K. Ferdinand ertheilt den Brüxern die Erlaubniß, für das Spital zum h. Geist ein jährliches Einkommen von 100 Schock b. Gr. zu kaufen. 1539 Januar 21. 2. Sigmund Kölbel von Geising und seine Vettern Hermann und Bernhard verkaufen dem Herrn Johann Türmitzky von Mühlen das Dorf Pockau sammt Zubehör für 1200 Sch., sowie ihr Recht, daß sie auf das als Lehen zur Burg Brüx gehörige Dorf Gartitz haben, für 225 Schock. 1543 December 31. 3. Erbverkauf zwischen den Brüdern Stephan und Johann Krinesen und deren Vetter Joachim Krines einerseits und der Stadt Brüx anderer- seits betreffend den Stoppelhof und Rosenthal. 1563 April 16. 1) Vergl. „Ein deutsches Formelbuch" Mitth. Jahrg. XXI. 2) Vergl. „Eine alte Dorfurkunde“ Mitth. Jahrg. XXII.
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207 4. Vertrag des Moriz Schwab von Chwatlina und seiner Brüder mit der Stadt Brüx, betreffend zwei Höfe in Moraves. 1584 April 12. 5. Kaufcontract zwischen K. Rudolf und der Stadt Brüx, betreffend das Schloß und dessen Güter. 1592 October 12. 6. K. Rudolf bestellt zu Relatoren bei der Landtafel die Herren Sternberg und Čzernin in Bezug auf den Verkauf des Schlosses und der Herrschaft an die Stadt Brüx. 1595 November 3. 7. K. Rudolf bestätigt die Havran-Brüxer Stiftung des Georg Oppel von Vitzthum v. 1496 Juni 22. — 1595. 8. Die Stadt Brüx verkauft an die Vettern Wenzel und Peter Kölbel von Geising die Mannslehen und Herrschaft über die Dörfer Straden und Priesen für 1200 Schock. 1597 August 14. 9. K. Rudolf gibt der Landtafel bekannt, daß die Brüxer die Kauf summe für Schloß und Herrschaft gezahlt, und daß die Quittung ver- landtafelt werden kann. 1597 November 10. 10. Quittung K. Rudolfs über 69.480 Schock Meißn. sammt In- teressen, welche Brüx für die Schloßherrschaft erlegt hatte. 1597 Nov. 21. 11. Die Stadt Brüx verkauft dem Bürger Christof Modlischowsky das Gut Steinwasser. 1598 October 16. 12. Die Stadt Brüx verkauft das Dorf Lindau sammt Zugehör an Wenzel von Lobkowitz. 1598 November 11. 13. K. Rudolf genehmigt den Verkauf von Steinwasser Seitens der Stadt Brüx an Ch. Modlischowsky. 1599 März 24. 14. Die Stadt Brüx verkauft die Dörfer Polet und Holschitz an Herrn Kaspar Belwicz d. Ae. 1603 October 28. 15. Abänderung des Kaufvertrages zwischen Brüx und Modlischowsky (1598 Oct. 16.). 1604 Januar 13. 16. Die Brüxer quittiren dem Kaspar Belwicz d. Ae. 15.700 Sch. Meiß. 1604. 17. K. Leopolds Resolution betreffend die Wildbahn der Brüxer an der Meißnischen Grenze. 1666 Juli 16. 18. Eintragung der kais. Resolution von 1666 Juli 16. in die Landtafel. 1669 Februar 11. 19. Georg von Funk, kais. Rath und Procurator, gibt der Stadt Brüx bekannt, daß der Kaiser die Schloßgrundstücke einzulösen beabsichtige. 1686 September 7. 20. Kaufcontract zwischen der Stadt Brüx und Ferdinand Wilhelm Popel von Lobkowitz betreffend die Schloßgüter. 1689 März 2.
207 4. Vertrag des Moriz Schwab von Chwatlina und seiner Brüder mit der Stadt Brüx, betreffend zwei Höfe in Moraves. 1584 April 12. 5. Kaufcontract zwischen K. Rudolf und der Stadt Brüx, betreffend das Schloß und dessen Güter. 1592 October 12. 6. K. Rudolf bestellt zu Relatoren bei der Landtafel die Herren Sternberg und Čzernin in Bezug auf den Verkauf des Schlosses und der Herrschaft an die Stadt Brüx. 1595 November 3. 7. K. Rudolf bestätigt die Havran-Brüxer Stiftung des Georg Oppel von Vitzthum v. 1496 Juni 22. — 1595. 8. Die Stadt Brüx verkauft an die Vettern Wenzel und Peter Kölbel von Geising die Mannslehen und Herrschaft über die Dörfer Straden und Priesen für 1200 Schock. 1597 August 14. 9. K. Rudolf gibt der Landtafel bekannt, daß die Brüxer die Kauf summe für Schloß und Herrschaft gezahlt, und daß die Quittung ver- landtafelt werden kann. 1597 November 10. 10. Quittung K. Rudolfs über 69.480 Schock Meißn. sammt In- teressen, welche Brüx für die Schloßherrschaft erlegt hatte. 1597 Nov. 21. 11. Die Stadt Brüx verkauft dem Bürger Christof Modlischowsky das Gut Steinwasser. 1598 October 16. 12. Die Stadt Brüx verkauft das Dorf Lindau sammt Zugehör an Wenzel von Lobkowitz. 1598 November 11. 13. K. Rudolf genehmigt den Verkauf von Steinwasser Seitens der Stadt Brüx an Ch. Modlischowsky. 1599 März 24. 14. Die Stadt Brüx verkauft die Dörfer Polet und Holschitz an Herrn Kaspar Belwicz d. Ae. 1603 October 28. 15. Abänderung des Kaufvertrages zwischen Brüx und Modlischowsky (1598 Oct. 16.). 1604 Januar 13. 16. Die Brüxer quittiren dem Kaspar Belwicz d. Ae. 15.700 Sch. Meiß. 1604. 17. K. Leopolds Resolution betreffend die Wildbahn der Brüxer an der Meißnischen Grenze. 1666 Juli 16. 18. Eintragung der kais. Resolution von 1666 Juli 16. in die Landtafel. 1669 Februar 11. 19. Georg von Funk, kais. Rath und Procurator, gibt der Stadt Brüx bekannt, daß der Kaiser die Schloßgrundstücke einzulösen beabsichtige. 1686 September 7. 20. Kaufcontract zwischen der Stadt Brüx und Ferdinand Wilhelm Popel von Lobkowitz betreffend die Schloßgüter. 1689 März 2.
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208 — 21. K. Leopold bestätiget den Kaufcontract von 1689 März 2 und cassirt das kaiserliche Rückkaufsrecht. 1689 Juli 26. 22. Quittung der Brüxer über von F. W. Popel von Lobkowitz erhaltene 50.000 Gulden. 1690 Juni 12. 23. Gerichtliche Schätzung des Dorfes Neudorf auf dem Gebirge, des Dorfes Kummern, des Dorfes Trübschitz, des Resselbusches, der Ressler Weingärten, des Lippacher Teuchel und der Seilwiesen. 1690 Septbr. 4. 24. K. Leopold quittirt der Stadt Brüx den Empfang von 10.638 fl. 10 kr. 3 D. 1690 November 7. 25. Kaiserliche Sentenz betreffend Trübschitz zwischen den Brüxern und Ullrich Felix Popel von Lobkowitz. 1713 Januar 10. 26. Streitsache zwischen den Brüxern und Ullrich Felix Popel von Lobkowitz. 1712 Juni 2. 27. Ullrich Felix Popel von Lobkowitz quittirt den Brüxern über 18.000 fl. Rh. 1713 Juni 13. 28. Vergleich zwischen der Stadt Brüx und Ullrich Felix Popel von Lobkowitz betreffend das Dorf Trübschitz. 1713 Juni 21. 29. Die Wiederspergischen Erben quittiren der Stadt Brüx über 1400 fl. 1736 November 15. 30. Vergleich zwischen den Brüxern und Herrn Leopold Audritzky von Audritz betreffend Kummerpursch. 1736 December 21. 31. Josef Anton Unger quittirt der Stadt Brüx über 1100 ft. 1737 October 16. 32. Wenzel Bavor Neumann von Puchholz quittirt der Stadt Brüx Über 400 fl. 1738 October 20. 33. Desselben Quittung über 500 fl. 1738 October 20. 34. Das erzbischöfliche Consistorium quittirt der Stadt Brüx über 7000 fl. 1738 October 24. 35. Leopold Audritzky von Audritz cedirt von den ihm laut Vertrag vom 21. December 1736 Seitens der Stadt Brüx gebührenden 7500 fl. — 5000 fl. an Frau Elisabeth, verwitwete Gräftn von Kokoržowa. 1741 October 16. 36. Derselbe quittirt der Stadt Brüx über 2700 fl. 1741 Oct. 17. 37. K. Maria Theresia verleiht der Stadt Brüx die Landtafel- fähigkeit in corpore und bestätiget die 4 Jahrmärkte u. s. w. 1749 Oc- tober 18.1) 1) Vergleiche die Landtafelurkunden über Brüx, welche Bilek in jeinem Werke über die Confiscationen und neuestens in seinem Aufsatze „Das nordwestliche Böhmen u. d. Aufstand im I. 1618" (Mitth. Jahrg. XXVII. S. 54 flg.) anführt.
208 — 21. K. Leopold bestätiget den Kaufcontract von 1689 März 2 und cassirt das kaiserliche Rückkaufsrecht. 1689 Juli 26. 22. Quittung der Brüxer über von F. W. Popel von Lobkowitz erhaltene 50.000 Gulden. 1690 Juni 12. 23. Gerichtliche Schätzung des Dorfes Neudorf auf dem Gebirge, des Dorfes Kummern, des Dorfes Trübschitz, des Resselbusches, der Ressler Weingärten, des Lippacher Teuchel und der Seilwiesen. 1690 Septbr. 4. 24. K. Leopold quittirt der Stadt Brüx den Empfang von 10.638 fl. 10 kr. 3 D. 1690 November 7. 25. Kaiserliche Sentenz betreffend Trübschitz zwischen den Brüxern und Ullrich Felix Popel von Lobkowitz. 1713 Januar 10. 26. Streitsache zwischen den Brüxern und Ullrich Felix Popel von Lobkowitz. 1712 Juni 2. 27. Ullrich Felix Popel von Lobkowitz quittirt den Brüxern über 18.000 fl. Rh. 1713 Juni 13. 28. Vergleich zwischen der Stadt Brüx und Ullrich Felix Popel von Lobkowitz betreffend das Dorf Trübschitz. 1713 Juni 21. 29. Die Wiederspergischen Erben quittiren der Stadt Brüx über 1400 fl. 1736 November 15. 30. Vergleich zwischen den Brüxern und Herrn Leopold Audritzky von Audritz betreffend Kummerpursch. 1736 December 21. 31. Josef Anton Unger quittirt der Stadt Brüx über 1100 ft. 1737 October 16. 32. Wenzel Bavor Neumann von Puchholz quittirt der Stadt Brüx Über 400 fl. 1738 October 20. 33. Desselben Quittung über 500 fl. 1738 October 20. 34. Das erzbischöfliche Consistorium quittirt der Stadt Brüx über 7000 fl. 1738 October 24. 35. Leopold Audritzky von Audritz cedirt von den ihm laut Vertrag vom 21. December 1736 Seitens der Stadt Brüx gebührenden 7500 fl. — 5000 fl. an Frau Elisabeth, verwitwete Gräftn von Kokoržowa. 1741 October 16. 36. Derselbe quittirt der Stadt Brüx über 2700 fl. 1741 Oct. 17. 37. K. Maria Theresia verleiht der Stadt Brüx die Landtafel- fähigkeit in corpore und bestätiget die 4 Jahrmärkte u. s. w. 1749 Oc- tober 18.1) 1) Vergleiche die Landtafelurkunden über Brüx, welche Bilek in jeinem Werke über die Confiscationen und neuestens in seinem Aufsatze „Das nordwestliche Böhmen u. d. Aufstand im I. 1618" (Mitth. Jahrg. XXVII. S. 54 flg.) anführt.
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— 209 — III. Geschichte der königl. Stadt Brüx bis zum Jabre 1788 von Johann Nep. Cori, fortgesezt bis in die Gegen- wart von Med. & Chir. Dr. Franz Siegel sen. nebst einer geologischen Skizze der Umgegend von Brüx von Fer- dinand von Hochstetter. Im Verlage der Stadt Brüx 1889. Bereits im Jahre 1882 hat die Gemeindevertretung von Brüx den Beschluß gefaßt, eine vom Domherrn J. Cori verfaßte und dem Bürger meister Karl von Pohnert gewidmete handschriftliche Geschichte von Brüx, reichend bis z. I. 1788, in Druck legen zu lassen. Zur Durchführung dieses Beschlusses gelangte es erst in diesem Jahre. Ueber Wunsch des Herrn Bürgermeisters schrieb Herr Dr. Siegel eine Fortsetzung der Corischen Geschichte von 1788 bis auf die Gegenwart und Hochstetter die geologische Skizze der Umgegend von Brüx. Durch diese beiden Arbeiten bereichert, stellt sich Cori's Stadtgeschichte als ein stattlicher Band dar, welchem der Herr Bürgermeister noch ein Schlußwort und die Abbildung des großen Stadtsiegels (um 1500), wohl nach dem in dem von mir herausgegebenen Stadtbuche aufgenommenen, anfügte. In Cori's Buch haben wir nach seiner eigenen Aussage „ein stetiges Zeichen der Zuneigung zu erblicken“, das der Verfasser jener Stadt widmete, „die seinem Bruder eine dauernde Heimstätte geworden, und die ihm selbst bei öfter verlebten Urlaubswochen ein angenehmer Aufenthalt gewesen ists.1) Dieser edlen Absicht des Ver- fassers will ich eingedenk bleiben, wenn ich an eine Besprechung seines Buches herantrete. Bei derselben leitet mich eben auch gar kein anderer Gedanke, als der mir von Jugendzeit an liebgewordenen Stadt ein neu erliches Zeichen meiner Anhänglichkeit zu bieten und deren Geschichtschreibung, mit welcher ja eigene Arbeiten vielfach verslochten sind, nach Kräften zu fördern. Deswegen schon habe ich diesem Aufsatz, wie die Ueberschrift und die obigen Ausführungen zeigen, den ganz allgemeinen Stoff „der Geschichts- schreibung von Brüx“ zu Grunde gelegt. Um aber meinen bezeichneten Zwecken zu dienen, wird man es wohl nicht verargen, wenn ich mein un- maßgebliches Urtheil, enthalte es nun Lob oder Tadel, mit bestem Wissen und Gewissen ganz unumwunden anszusprechen mir erlaube. In diesem Sinne glaube ich auch einem Wunsche des von mir hochverehrten Herrn Bürgermeisters nachzukommen, welcher im Schlußworte in echt objectiver Deukungsart, die nicht die Person sondern nur die Sache im Auge behält, die Erklärung abgibt, daß jede wisseuschaftliche Besprechung des Corisschen 1) Schlußwort S. 453. Mittheilungen. 28. Jahrgang, 3. Heft. 14
— 209 — III. Geschichte der königl. Stadt Brüx bis zum Jabre 1788 von Johann Nep. Cori, fortgesezt bis in die Gegen- wart von Med. & Chir. Dr. Franz Siegel sen. nebst einer geologischen Skizze der Umgegend von Brüx von Fer- dinand von Hochstetter. Im Verlage der Stadt Brüx 1889. Bereits im Jahre 1882 hat die Gemeindevertretung von Brüx den Beschluß gefaßt, eine vom Domherrn J. Cori verfaßte und dem Bürger meister Karl von Pohnert gewidmete handschriftliche Geschichte von Brüx, reichend bis z. I. 1788, in Druck legen zu lassen. Zur Durchführung dieses Beschlusses gelangte es erst in diesem Jahre. Ueber Wunsch des Herrn Bürgermeisters schrieb Herr Dr. Siegel eine Fortsetzung der Corischen Geschichte von 1788 bis auf die Gegenwart und Hochstetter die geologische Skizze der Umgegend von Brüx. Durch diese beiden Arbeiten bereichert, stellt sich Cori's Stadtgeschichte als ein stattlicher Band dar, welchem der Herr Bürgermeister noch ein Schlußwort und die Abbildung des großen Stadtsiegels (um 1500), wohl nach dem in dem von mir herausgegebenen Stadtbuche aufgenommenen, anfügte. In Cori's Buch haben wir nach seiner eigenen Aussage „ein stetiges Zeichen der Zuneigung zu erblicken“, das der Verfasser jener Stadt widmete, „die seinem Bruder eine dauernde Heimstätte geworden, und die ihm selbst bei öfter verlebten Urlaubswochen ein angenehmer Aufenthalt gewesen ists.1) Dieser edlen Absicht des Ver- fassers will ich eingedenk bleiben, wenn ich an eine Besprechung seines Buches herantrete. Bei derselben leitet mich eben auch gar kein anderer Gedanke, als der mir von Jugendzeit an liebgewordenen Stadt ein neu erliches Zeichen meiner Anhänglichkeit zu bieten und deren Geschichtschreibung, mit welcher ja eigene Arbeiten vielfach verslochten sind, nach Kräften zu fördern. Deswegen schon habe ich diesem Aufsatz, wie die Ueberschrift und die obigen Ausführungen zeigen, den ganz allgemeinen Stoff „der Geschichts- schreibung von Brüx“ zu Grunde gelegt. Um aber meinen bezeichneten Zwecken zu dienen, wird man es wohl nicht verargen, wenn ich mein un- maßgebliches Urtheil, enthalte es nun Lob oder Tadel, mit bestem Wissen und Gewissen ganz unumwunden anszusprechen mir erlaube. In diesem Sinne glaube ich auch einem Wunsche des von mir hochverehrten Herrn Bürgermeisters nachzukommen, welcher im Schlußworte in echt objectiver Deukungsart, die nicht die Person sondern nur die Sache im Auge behält, die Erklärung abgibt, daß jede wisseuschaftliche Besprechung des Corisschen 1) Schlußwort S. 453. Mittheilungen. 28. Jahrgang, 3. Heft. 14
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210 — Buches mit „Vergnügen aufgenommen und gebührend berücksichtigt werden würde". Cori's Arbeit ist der erste Versuch, eine lesbare, auch den wissen- schaftlichen Anforderungen entsprechende Stadtgeschichte von Brüx zu bieten. Aller Anfang ist schwer, und schon daß ein Anfang gemacht wurde, ist in seiner Art nur anzuerkennen. Der Verfasser gehört nicht zu den Geschichtforschern von Beruf, ein solcher ist ja auch nicht immer nothwendig, manchmal auch gar nicht berufen, eine gute Stadtgeschichte zu schreiben. Aber was gefordert werden muß, das ist in allererster Linie Kenntniß und Verständniß der Quellen und der Literatur, sowie Vertrautheit mit dem jeweiligen Stande der Forschung über den betreffenden und ein- schlägigen Stoff. Diese Voraussetzungen können dem neuesten Geschichts- schreiber von Brüx keineswegs ohne Weiteres zugesprochen werden. Es ist sehr bedauerlich, daß dem Buche Cori's das Vorwort fehlt, in welchem er sich über das von ihm benützte Materiale der allgemeinen Uebung gemäß wohl hätte aussprechen müssen. So sehen wir uns genöthigt, nach den Citaten allein unsere Schlüsse über das benützte Quellenmateriale zu ziehen. Aber auch diese Citate schon tragen wegen ihrer Ungenauigkeit und Allgemeinheit den Stempel der Unwissenschaftlichkeit. Cori's Hauptquelle bildete das Brüxer Stadtarchiv, dessen wesentliche Stücke bis 1526 im „Brüxer Stadtbuch“ vorlagen. Ferner entlehnte er dem Domcapitelarchiv (so soll wohl das Citat Erzbischöfliches Archiv lauten) und dem Statthalterei- archiv in Prag reichlicheres Materiale, vereinzelte Nummern über un- wesentliche Dinge dem Neuhauser, Wittingauer, Innsbrucker und Raudnitzer Archive. Daß er aus den Archiven von Mainz, Magdeburg, Frankfurt a. M. und Ulm geschöpft habe, wie es im Schlußworte heißt, ist ein Irrthum, von dem ich nicht begreife, wie er überhaupt aufkommen konnte. Es hätte sich ja immerhin durch irgend einen Zufall in die Archive der genannten Städte Brüxer Materiale verschlagen haben können, aber ich finde von Cori selbst kein einziges dieser Archive citirt und sonst auch im Texte keine Spur irgend einer Benützung derselben. In so weite Ferne zu schweifen, war nicht nothwendig. Aus dem „Stadtbuche“ war mit geringer Mühe zu entnehmen, wo sich die Nachforschungen auch nach 1526 reichlich gelohnt haben würden. Die Nachbarstädte Saaz, Laun, Komotau und Kaaden, deren Geschichte mit der von Brüx vielfach verwoben ist, Kloster Osseg mit seinen reichen Sammlungen, die Universitäts bibliothek in Prag mit den Zderaser Urkunden und den Memorabilien der Saraser Magdalenitinnen, das Kreuzherrnarchiv in Prag, auf das die Commenda in Wenzelsdorf hinweisen mußte, die gar nicht zu umgehende
210 — Buches mit „Vergnügen aufgenommen und gebührend berücksichtigt werden würde". Cori's Arbeit ist der erste Versuch, eine lesbare, auch den wissen- schaftlichen Anforderungen entsprechende Stadtgeschichte von Brüx zu bieten. Aller Anfang ist schwer, und schon daß ein Anfang gemacht wurde, ist in seiner Art nur anzuerkennen. Der Verfasser gehört nicht zu den Geschichtforschern von Beruf, ein solcher ist ja auch nicht immer nothwendig, manchmal auch gar nicht berufen, eine gute Stadtgeschichte zu schreiben. Aber was gefordert werden muß, das ist in allererster Linie Kenntniß und Verständniß der Quellen und der Literatur, sowie Vertrautheit mit dem jeweiligen Stande der Forschung über den betreffenden und ein- schlägigen Stoff. Diese Voraussetzungen können dem neuesten Geschichts- schreiber von Brüx keineswegs ohne Weiteres zugesprochen werden. Es ist sehr bedauerlich, daß dem Buche Cori's das Vorwort fehlt, in welchem er sich über das von ihm benützte Materiale der allgemeinen Uebung gemäß wohl hätte aussprechen müssen. So sehen wir uns genöthigt, nach den Citaten allein unsere Schlüsse über das benützte Quellenmateriale zu ziehen. Aber auch diese Citate schon tragen wegen ihrer Ungenauigkeit und Allgemeinheit den Stempel der Unwissenschaftlichkeit. Cori's Hauptquelle bildete das Brüxer Stadtarchiv, dessen wesentliche Stücke bis 1526 im „Brüxer Stadtbuch“ vorlagen. Ferner entlehnte er dem Domcapitelarchiv (so soll wohl das Citat Erzbischöfliches Archiv lauten) und dem Statthalterei- archiv in Prag reichlicheres Materiale, vereinzelte Nummern über un- wesentliche Dinge dem Neuhauser, Wittingauer, Innsbrucker und Raudnitzer Archive. Daß er aus den Archiven von Mainz, Magdeburg, Frankfurt a. M. und Ulm geschöpft habe, wie es im Schlußworte heißt, ist ein Irrthum, von dem ich nicht begreife, wie er überhaupt aufkommen konnte. Es hätte sich ja immerhin durch irgend einen Zufall in die Archive der genannten Städte Brüxer Materiale verschlagen haben können, aber ich finde von Cori selbst kein einziges dieser Archive citirt und sonst auch im Texte keine Spur irgend einer Benützung derselben. In so weite Ferne zu schweifen, war nicht nothwendig. Aus dem „Stadtbuche“ war mit geringer Mühe zu entnehmen, wo sich die Nachforschungen auch nach 1526 reichlich gelohnt haben würden. Die Nachbarstädte Saaz, Laun, Komotau und Kaaden, deren Geschichte mit der von Brüx vielfach verwoben ist, Kloster Osseg mit seinen reichen Sammlungen, die Universitäts bibliothek in Prag mit den Zderaser Urkunden und den Memorabilien der Saraser Magdalenitinnen, das Kreuzherrnarchiv in Prag, auf das die Commenda in Wenzelsdorf hinweisen mußte, die gar nicht zu umgehende
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211 böhmische Landtafel, das Landesarchiv in Prag, das königlich sächsische Hauptstaatsarchiv, dem ich bis 1526, wie ich schon oben anführte, 159 Brüxer Nummern entlehnen konnte, die Wiener Archive (geheim. H. h. u. St. A. Finanz. A.), die für spätere Zeiten der Städte- geschichte so reichhaltig sind — alle diese Archive waren als für die Brüxer Geschichte höchst ergiebig durch das „Stadtbuch“ bekannt gegeben worden, und es muß einem heutigen Geschichtschreiber von Brüx als Unterlassungs sünde ersten Ranges angerechnet werden, dieselben ganz und gar um- gangen zu haben. Selbst bis zum Jahre 1526 war der Hinweis auf das „Stadtbuch“ nicht völlig genügend, ich erinnere nur z. B. an die ganz directe Mahnung des Stadtbuches,1) in dem wörtlich zu lesen ist: „Einen etwaigen Geschichtschreiber des Brüxer Schlosses mache ich aufmerksam auf die Rechnungsbücher (W. A. Loc. 5432 u. flg.) im Hauptstaatsarchive in Dresden, die ich nur im Allgemeinen auszog, und wo noch eine Menge interessanter Nachrichten über Ausrüstungsgegenstände, Preise 2c. während der Mitte des XV. Jahrh. zu holen sind." Aber gerade in einigen der genannten Archive beginnt erst nach 1526 die größere Ergiebigkeit für die Brüxer Geschichte, und ausdrücklich habe ich im „Stadtbuche“ 2) ange merkt: „Für die spätere Zeit, für einen etwaigen zweiten Band dieses Buches wird insbesondere das durch Prof. Gindely in kurzer Zeit zu hoher Bedeutung gebrachte königl. Böhmische Landesarchiv, ferner das erzbischöfliche und Domcapitelarchiv, das Archiv der Kreuzherrn daselbst und die böhmische Landtafel zu berücksichtigen sein." Cori aber berücksichtigte von diesen nur das erzbischöfliche Archiv und citirt, damit ich genau bin die Landtafel an zwei Stellen (S. 186 und 324), aus denen aber er- sichtlich ist, daß selbst für diese zwei Stellen eine directe Benützung der Landtafel nicht stattgefunden hat. Ich bin weit entfernt davon, von einem Localhistoriker zu verlangen, daß er alle möglichen in und ausländischen Archive zu durchforschen habe. Die allmähliche Vertiefung in seinen Stoff wird ihn schon auf die richtige Fährte leiten und ihm die geeigneten Anhaltspunkte gewähren, wohin er seine Schritte mit Erfolg zu lenken habe, und was er ohne Gefahr bei Seite liegen lassen könne. Aber jenes Stoffes sich nicht zu bemächtigen, auf welchen gedruckte Vorarbeiten ausdrücklich aufmerksam gemacht haben, das bleibt gelinde gesagt, ganz unverständlich. Lückenhaft bleibt ja all unser Wissen, das gilt besonders für historische Arbeiten im Großen und 1) Einleitung S. VII. 2) Daselbst S. VII und VIII.
211 böhmische Landtafel, das Landesarchiv in Prag, das königlich sächsische Hauptstaatsarchiv, dem ich bis 1526, wie ich schon oben anführte, 159 Brüxer Nummern entlehnen konnte, die Wiener Archive (geheim. H. h. u. St. A. Finanz. A.), die für spätere Zeiten der Städte- geschichte so reichhaltig sind — alle diese Archive waren als für die Brüxer Geschichte höchst ergiebig durch das „Stadtbuch“ bekannt gegeben worden, und es muß einem heutigen Geschichtschreiber von Brüx als Unterlassungs sünde ersten Ranges angerechnet werden, dieselben ganz und gar um- gangen zu haben. Selbst bis zum Jahre 1526 war der Hinweis auf das „Stadtbuch“ nicht völlig genügend, ich erinnere nur z. B. an die ganz directe Mahnung des Stadtbuches,1) in dem wörtlich zu lesen ist: „Einen etwaigen Geschichtschreiber des Brüxer Schlosses mache ich aufmerksam auf die Rechnungsbücher (W. A. Loc. 5432 u. flg.) im Hauptstaatsarchive in Dresden, die ich nur im Allgemeinen auszog, und wo noch eine Menge interessanter Nachrichten über Ausrüstungsgegenstände, Preise 2c. während der Mitte des XV. Jahrh. zu holen sind." Aber gerade in einigen der genannten Archive beginnt erst nach 1526 die größere Ergiebigkeit für die Brüxer Geschichte, und ausdrücklich habe ich im „Stadtbuche“ 2) ange merkt: „Für die spätere Zeit, für einen etwaigen zweiten Band dieses Buches wird insbesondere das durch Prof. Gindely in kurzer Zeit zu hoher Bedeutung gebrachte königl. Böhmische Landesarchiv, ferner das erzbischöfliche und Domcapitelarchiv, das Archiv der Kreuzherrn daselbst und die böhmische Landtafel zu berücksichtigen sein." Cori aber berücksichtigte von diesen nur das erzbischöfliche Archiv und citirt, damit ich genau bin die Landtafel an zwei Stellen (S. 186 und 324), aus denen aber er- sichtlich ist, daß selbst für diese zwei Stellen eine directe Benützung der Landtafel nicht stattgefunden hat. Ich bin weit entfernt davon, von einem Localhistoriker zu verlangen, daß er alle möglichen in und ausländischen Archive zu durchforschen habe. Die allmähliche Vertiefung in seinen Stoff wird ihn schon auf die richtige Fährte leiten und ihm die geeigneten Anhaltspunkte gewähren, wohin er seine Schritte mit Erfolg zu lenken habe, und was er ohne Gefahr bei Seite liegen lassen könne. Aber jenes Stoffes sich nicht zu bemächtigen, auf welchen gedruckte Vorarbeiten ausdrücklich aufmerksam gemacht haben, das bleibt gelinde gesagt, ganz unverständlich. Lückenhaft bleibt ja all unser Wissen, das gilt besonders für historische Arbeiten im Großen und 1) Einleitung S. VII. 2) Daselbst S. VII und VIII.
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212 — Kleinen. Nur jene Lücken lassen sich vor Allem nicht rechtfertigen, welche durch Nachforschung in bereits bekannten Fundorten leicht hätten aus- gefüllt werden können. Noch eher läßt sich entschuldigen, daß Cori, der zugestandener Maßen das Brüxer Stadtarchiv sehr fleißig benützte, doch mancherlei Wesentliches in demselben übersehen hat. Er hatte eben auch mit der seiner Zeit bestandenen Unordnung zu kämpfen. So scheint er die Chroniken des Andreas Piscator und des Florian Jobst, das Gerichtsbuch Veit Albrechts, sowie das Memoriale Martin Rowbers nicht gekannt zu haben. Sonst hätte er sicherlich wichtige Nachrichten Piscators über die Reformationszeit, Albrechts über die Exulanten und Rowbers über den Neubau der Pfarr- kirche von 1516—19 berücksichtigen müssen, ganz abgesehen von dem cul- turhistorischen Materiale, das die Genannten und Florian Jobst bringen. Ich hebe namentlich noch Rowbers Aufzeichnungen über den Kirchenbau hervor, deren genaues Studium unter andern schwere Bedenken hätten hervorrufen müssen, Gruber über das Verhältniß Benesch’s von Laun zum Baue blindlings nachzuschreiben. Das oben besprochene Rathsmemoriale hat allem Anscheine nach Benützung gefunden, nur läßt sich nicht ent scheiden, in wie weit dies geschehen ist, da Cori sich durchwegs bei allen seinen Hinweisen nur ganz allgemein auf das „Brüxer Archiv“ beruft. Aus dem Gesagten geht wohl mit genügender Deutlichkeit hervor, daß dem Buche Cori's zunächst der Mangel großer Lückenhaftigkeit in Bezug auf bekannten und leicht erreichbaren archivalischen Stoff anhaftet. Es entsteht nun aber die weitere Frage, mit welchem Verständniß, und in welcher Weise das benützte Materiale zur Verarbeitung gelangte. Bei Beantwortung dieser Frage wird sich wohl auch darthun lassen, in- wieweit sich der Verfasser mit den gedruckten einschlägigen Vorarbeiten und mit dem Stande der dermaligen Forschung über böhmische Stadt- geschichte überhaupt vertraut gemacht hat. Cori gliedert die Geschichte von Brüx in folgende Perioden: I. Aelteste Geschichte der Burg und des Marktfleckens Brüx bis zur Erhebung dieses Ortes in die Reihe der königlichen Städte. Vom XI. Jahrh. bis z. I. 1273. II. Von der Erhebung des Ortes Brüx zur königlichen Stadt bis zu ihrer ersten Verpfändung an Meißen. 1273—1377.1) III. Brüx während der mehrmaligen Abhängigkeit von Meißen 1377—1459. 1) 1397 S. 29 ist uur Druckfehler.
212 — Kleinen. Nur jene Lücken lassen sich vor Allem nicht rechtfertigen, welche durch Nachforschung in bereits bekannten Fundorten leicht hätten aus- gefüllt werden können. Noch eher läßt sich entschuldigen, daß Cori, der zugestandener Maßen das Brüxer Stadtarchiv sehr fleißig benützte, doch mancherlei Wesentliches in demselben übersehen hat. Er hatte eben auch mit der seiner Zeit bestandenen Unordnung zu kämpfen. So scheint er die Chroniken des Andreas Piscator und des Florian Jobst, das Gerichtsbuch Veit Albrechts, sowie das Memoriale Martin Rowbers nicht gekannt zu haben. Sonst hätte er sicherlich wichtige Nachrichten Piscators über die Reformationszeit, Albrechts über die Exulanten und Rowbers über den Neubau der Pfarr- kirche von 1516—19 berücksichtigen müssen, ganz abgesehen von dem cul- turhistorischen Materiale, das die Genannten und Florian Jobst bringen. Ich hebe namentlich noch Rowbers Aufzeichnungen über den Kirchenbau hervor, deren genaues Studium unter andern schwere Bedenken hätten hervorrufen müssen, Gruber über das Verhältniß Benesch’s von Laun zum Baue blindlings nachzuschreiben. Das oben besprochene Rathsmemoriale hat allem Anscheine nach Benützung gefunden, nur läßt sich nicht ent scheiden, in wie weit dies geschehen ist, da Cori sich durchwegs bei allen seinen Hinweisen nur ganz allgemein auf das „Brüxer Archiv“ beruft. Aus dem Gesagten geht wohl mit genügender Deutlichkeit hervor, daß dem Buche Cori's zunächst der Mangel großer Lückenhaftigkeit in Bezug auf bekannten und leicht erreichbaren archivalischen Stoff anhaftet. Es entsteht nun aber die weitere Frage, mit welchem Verständniß, und in welcher Weise das benützte Materiale zur Verarbeitung gelangte. Bei Beantwortung dieser Frage wird sich wohl auch darthun lassen, in- wieweit sich der Verfasser mit den gedruckten einschlägigen Vorarbeiten und mit dem Stande der dermaligen Forschung über böhmische Stadt- geschichte überhaupt vertraut gemacht hat. Cori gliedert die Geschichte von Brüx in folgende Perioden: I. Aelteste Geschichte der Burg und des Marktfleckens Brüx bis zur Erhebung dieses Ortes in die Reihe der königlichen Städte. Vom XI. Jahrh. bis z. I. 1273. II. Von der Erhebung des Ortes Brüx zur königlichen Stadt bis zu ihrer ersten Verpfändung an Meißen. 1273—1377.1) III. Brüx während der mehrmaligen Abhängigkeit von Meißen 1377—1459. 1) 1397 S. 29 ist uur Druckfehler.
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213 — IV. Von der Befreiung aus der Verpfändung von Meißen bis zum Ausbruch des dreißigjährigen Krieges. 1459—1618. V. Brüx während des dreißigjährigen Krieges 1618—1648. VI. Vom Ende des dreißigiährigen Krieges bis zur Aufhebung der Freien Gemeindeverfassung. 1649—1788. Nach meinem Erachten hat die Periodisirung einer Stadtgeschichte ihren Ausgangspunkt von der inneren Entwicklungsgeschichte zu nehmen und jene äußeren Ereignisse als Wendepunkte festzuhalten, welche auf den Gang des inneren Lebens maßgebenden Einfluß geübt haben. Bei der Umgrenzung der ersten und bei Bestimmung des Schlußjahres der sech sten Periode ist ganz richtig von der inneren Organisationsgeschichte der Stadt Brüx ausgegangen worden, welche durch die Maßnahmen K. Ottokars II. und K. Josefs II. in neue Bahnen gelenkt wurde. Bei der Bestimmung des Zeitraumes der andern Perioden dagegen sind rein äußerliche Ereignisse zu Grunde gelegt worden, die ohne wesentliche Einwirkung auf den Gang der inneren Verhältnisse sich abspielten. Die wiederholten Verpfändungen der Stadt Brüx an Meißen sind gewiß für die Geschichte der Stadt von Bedeutung, und man kann allerdings eine Meißnische Periode der Stadt- geschichte annehmen. Allein dieselbe beginnt erst dann, wo thatsächlich der Meißnische Einfluß auf Brüx und dessen Verhältnisse von greifbarem Einfluß wird. Es fäslt diese Periode mit der Husitenzeit zusammen. Die Verpfändung unter Karl IV. im Jahre 1377 (richtiger 1373), welche Cori als Wendepunkt der zweiten und dritten Periode annimmt, hatte eigentlich ihr Vorspiel schon im Jahre 1307 und gelangte nur zur theil weisen und vorübergehenden Durchführung. Für die Brüxer Geschichte gewiunt die Pfandschaftsangelegenheit thatsächliche Bedeutung erst im Jahre 1420 mit dem nachhaltigen Eingreifen der Meißner, da auch die Ueber- antwortung der Stadt durch Wenzel im Jahre 1397 später wieder rück gängig gemacht worden war.1) Das Jahr 1459 aber, welches als Grenze zwischen der dritten und vierten Periode angenommen wird, brachte lediglich den Abschluß diplo- matischer Verhandlungen und blieb für den Gang der inneren Geschichte von Brüx so ziemlich belanglos. Auch der Abschnittseintheilung mit Zugrundelegung der Zeitepoche des dreißigjährigen Krieges fehlt die innere Berechtigung. Der un- glückliche Krieg brachte zwar viel Jammer und Elend über die Stadt, aber die maßgebenden inneren Umwälzungen vollzogen sich durch die 1) Vergl. Magister Leonis Einleitung S. 3 flg.
213 — IV. Von der Befreiung aus der Verpfändung von Meißen bis zum Ausbruch des dreißigjährigen Krieges. 1459—1618. V. Brüx während des dreißigjährigen Krieges 1618—1648. VI. Vom Ende des dreißigiährigen Krieges bis zur Aufhebung der Freien Gemeindeverfassung. 1649—1788. Nach meinem Erachten hat die Periodisirung einer Stadtgeschichte ihren Ausgangspunkt von der inneren Entwicklungsgeschichte zu nehmen und jene äußeren Ereignisse als Wendepunkte festzuhalten, welche auf den Gang des inneren Lebens maßgebenden Einfluß geübt haben. Bei der Umgrenzung der ersten und bei Bestimmung des Schlußjahres der sech sten Periode ist ganz richtig von der inneren Organisationsgeschichte der Stadt Brüx ausgegangen worden, welche durch die Maßnahmen K. Ottokars II. und K. Josefs II. in neue Bahnen gelenkt wurde. Bei der Bestimmung des Zeitraumes der andern Perioden dagegen sind rein äußerliche Ereignisse zu Grunde gelegt worden, die ohne wesentliche Einwirkung auf den Gang der inneren Verhältnisse sich abspielten. Die wiederholten Verpfändungen der Stadt Brüx an Meißen sind gewiß für die Geschichte der Stadt von Bedeutung, und man kann allerdings eine Meißnische Periode der Stadt- geschichte annehmen. Allein dieselbe beginnt erst dann, wo thatsächlich der Meißnische Einfluß auf Brüx und dessen Verhältnisse von greifbarem Einfluß wird. Es fäslt diese Periode mit der Husitenzeit zusammen. Die Verpfändung unter Karl IV. im Jahre 1377 (richtiger 1373), welche Cori als Wendepunkt der zweiten und dritten Periode annimmt, hatte eigentlich ihr Vorspiel schon im Jahre 1307 und gelangte nur zur theil weisen und vorübergehenden Durchführung. Für die Brüxer Geschichte gewiunt die Pfandschaftsangelegenheit thatsächliche Bedeutung erst im Jahre 1420 mit dem nachhaltigen Eingreifen der Meißner, da auch die Ueber- antwortung der Stadt durch Wenzel im Jahre 1397 später wieder rück gängig gemacht worden war.1) Das Jahr 1459 aber, welches als Grenze zwischen der dritten und vierten Periode angenommen wird, brachte lediglich den Abschluß diplo- matischer Verhandlungen und blieb für den Gang der inneren Geschichte von Brüx so ziemlich belanglos. Auch der Abschnittseintheilung mit Zugrundelegung der Zeitepoche des dreißigjährigen Krieges fehlt die innere Berechtigung. Der un- glückliche Krieg brachte zwar viel Jammer und Elend über die Stadt, aber die maßgebenden inneren Umwälzungen vollzogen sich durch die 1) Vergl. Magister Leonis Einleitung S. 3 flg.
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214 — Reformation und Gegenreformation, die sich um so geeigneter als Grundlage für die Periodisirung der Stadtgeschichte ergeben hätten, als über dieselben sich so reichhaltiges und werthvolles Materiale erhalten hat. Als andere Marksteine einzelner für sich abgeschlossener Zeiträume der heimischen Städtegeschichte stellen sich die in Brüx mit der Meiß- nischen Periode zusammenfallende Husitenzeit, und die Gesetzgebungen Wladislaws II., Ferdinands I. und Ferdinands II. dar. Daß Cori sich nicht gedrängt fühlte, bei der Zeitbemessung der einzelnen Abschnitte seiner Geschichte auf diese und die früher genannten tief in das innere Leben von Brüx einschneidenden Thatsachen Rücksicht zu nehmen, sondern mehr an rein Aeußerlichem haften blieb, kann in uns nur das Urtheil erwecken, daß der Verfasser seinen Stoff nur oberflächlich erfaßt hat und lange nicht bis zur Erkenntniß jener Kernfragen vorgedrungen ist, auf die es heute bei der Abfassung einer Städtegeschichte eigentlich ankömmt. Dieses Urtheil erhält nur seine weitere Bekräftigung in der Wahrnehmung, daß der Verfasser in seiner Arbeit eine Scheidung der äußeren von den inneren Verhältnissen nicht vornimmt und auf die letzteren sowie auf den cultur- historischen Theil nur ein ganz nebensächliches Gewicht legt. Da er aber doch wohl fühlte, daß es nicht angehe, gar keine Rücksicht auf die Ver- fassungsverhältnisse, Handel, Gewerbe u. s. w. zu nehmen, so läßt er sich zu einer ganz merkwürdigen Planlosigkeit verleiten, durch welche er seine eigene Periodisirung selbst wieder zerstört. In dem Abschnitte der zweiten Periode, welche von 1273 bis 1377 reicht, erledigt er nämlich ein und für allemal die wichtigsten Fragen des Verfassungslebens und der Cultur- geschichte der Stadt bis zum XVII. Jahrhundert (S. 32 flg.). In welchs oberflächlicher Weise dieses sachlich geschieht, werden wir noch später zu zeigen haben. Bezeichnend aber für die geschichtliche Anschauungsweise des Verfassers sind jene Worte, die er seiner in die zweite Periode ein geschalteten Schilderung der inneren Verhältnisse voranschictt. Den Umstand, daß er in der Zeit so willkührlich vorausgreift, begründet er damit, daß er „der nachfolgenden Geschichte eine Grundlage legen will“ (S. 32). Als ob nicht gerade umgekehrt die großen im Lande vor sich gegangenen geschichtlichen Ereignisse die Grundlage für die innere Entwicklung der Stadt bilden würden und die Kenntniß der Einflußnahme derselben für das Verständniß des inneren Entwicklungsganges der Stadt nicht unbe- dingt nothwendig wäre und somit vorhergehen müßte. Indem wir nunmehr zur Erörterung der Forschungsergebnisse der neuen Stadtgeschichte selbst schreiten, bemerken wir, daß wir uns nur auf die Besprechung einiger Hauptpunkte beschränken müssen, da wir nicht die
214 — Reformation und Gegenreformation, die sich um so geeigneter als Grundlage für die Periodisirung der Stadtgeschichte ergeben hätten, als über dieselben sich so reichhaltiges und werthvolles Materiale erhalten hat. Als andere Marksteine einzelner für sich abgeschlossener Zeiträume der heimischen Städtegeschichte stellen sich die in Brüx mit der Meiß- nischen Periode zusammenfallende Husitenzeit, und die Gesetzgebungen Wladislaws II., Ferdinands I. und Ferdinands II. dar. Daß Cori sich nicht gedrängt fühlte, bei der Zeitbemessung der einzelnen Abschnitte seiner Geschichte auf diese und die früher genannten tief in das innere Leben von Brüx einschneidenden Thatsachen Rücksicht zu nehmen, sondern mehr an rein Aeußerlichem haften blieb, kann in uns nur das Urtheil erwecken, daß der Verfasser seinen Stoff nur oberflächlich erfaßt hat und lange nicht bis zur Erkenntniß jener Kernfragen vorgedrungen ist, auf die es heute bei der Abfassung einer Städtegeschichte eigentlich ankömmt. Dieses Urtheil erhält nur seine weitere Bekräftigung in der Wahrnehmung, daß der Verfasser in seiner Arbeit eine Scheidung der äußeren von den inneren Verhältnissen nicht vornimmt und auf die letzteren sowie auf den cultur- historischen Theil nur ein ganz nebensächliches Gewicht legt. Da er aber doch wohl fühlte, daß es nicht angehe, gar keine Rücksicht auf die Ver- fassungsverhältnisse, Handel, Gewerbe u. s. w. zu nehmen, so läßt er sich zu einer ganz merkwürdigen Planlosigkeit verleiten, durch welche er seine eigene Periodisirung selbst wieder zerstört. In dem Abschnitte der zweiten Periode, welche von 1273 bis 1377 reicht, erledigt er nämlich ein und für allemal die wichtigsten Fragen des Verfassungslebens und der Cultur- geschichte der Stadt bis zum XVII. Jahrhundert (S. 32 flg.). In welchs oberflächlicher Weise dieses sachlich geschieht, werden wir noch später zu zeigen haben. Bezeichnend aber für die geschichtliche Anschauungsweise des Verfassers sind jene Worte, die er seiner in die zweite Periode ein geschalteten Schilderung der inneren Verhältnisse voranschictt. Den Umstand, daß er in der Zeit so willkührlich vorausgreift, begründet er damit, daß er „der nachfolgenden Geschichte eine Grundlage legen will“ (S. 32). Als ob nicht gerade umgekehrt die großen im Lande vor sich gegangenen geschichtlichen Ereignisse die Grundlage für die innere Entwicklung der Stadt bilden würden und die Kenntniß der Einflußnahme derselben für das Verständniß des inneren Entwicklungsganges der Stadt nicht unbe- dingt nothwendig wäre und somit vorhergehen müßte. Indem wir nunmehr zur Erörterung der Forschungsergebnisse der neuen Stadtgeschichte selbst schreiten, bemerken wir, daß wir uns nur auf die Besprechung einiger Hauptpunkte beschränken müssen, da wir nicht die
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— 215 — Zeit finden, auf alle Einzelheiten einzugehen. Auf der ersten Seite der Corischen Arbeit lesen wir: „Ueber die Zeit, wann Brüx gegründet wurde, fehlen alle sicheren Nachrichten, ebenso darüber, ob die Burg oder der Ort Brüx ältern Ursprungs ist. Die erste Anlage von Brüx hat bereits vor der Einwanderung der Tschechen in Böhmen stattgefunden; denn der Name der Stadt Pruks, Bruck, Brix, Brüx weist nämlich auf keltischen Ursprung hin u. zw. die keltisch-germanische Sprachwurzel bru im keltischen — Wasser, im germanischen einen vom Wasser durchtränkten Boden; aus derselben bildete sich der alte, hochdeutsche Stamm bruch (neuhochdeutsch bruch und Bruckh), welcher ein morastisches Gehblze, Rohr und Schilf bedeu tete. Konnte demnach eine Ansiedlung wie Brüx inmitten einer wasserreichen, sumpfigen Au anders als Bruch oder Bruck oder Bruks — Brüx heißen. Und konnten sie die späteren Besitzer des Landes, die Tschechen, in Ansehung ihrer Lage dieselben auch anders als Most heißen, da die Brücke eine große Rolle spielt. Einen so schlimmen Anfang hätte ich mir nicht vorgestellt. Ich hatte geglaubt, durch „die Geschichte des Kummerner Sees"1) sowie durch das „Stadtbuch von Brüx“ die Frage, ob die Burg oder der Ort Brüx älteren Ursprungs ist, endgiltig erledigt zu haben. Auf Grund der Zeugnisse der Chronisten Widukind, Thietmar und Cosmas ist der Bestand der Burg Gnewin seit 936 wahrscheinlich, seit 1040 gewiß. Im letztgenannten Jahre erscheint der Name pons zum erstenmale, aber nicht als Ortsbezeichnung, sondern in seiner eigentlichen Bedeutung als Brücke, die über den alten Sumpf, das ist einem östlichen versumpften Busen des Kummerner Sees, zur Wasserburg Gnevin führte. Die Burg ist slavischen Ursprungs, wie schon aus dem Namen hervorgeht. Ob der Landesfürst oder noch früher einer der böhmischen Theilfürsten oder ein mächtiges Herrengeschlecht sie begründete, läßt sich nicht entscheiden. Die Burg und die Seebrücke, ein System von Brücken oder von weithin sich erstreckenden Knüppeldämmen, stehen von allem Anfang im engsten Zusammenhang, der selbst im Namen Gnevinmost, Hnevin Most seinen Ausdruck fand. Der Schutz der Brücke scheint die ursprüngliche Hauptaufgabe der Burg gewesen zu sein, der wir also zunächst die strategische Bedeutung eines Brückenkopfes beizumessen 1) Festschrift des Vereins 1871.
— 215 — Zeit finden, auf alle Einzelheiten einzugehen. Auf der ersten Seite der Corischen Arbeit lesen wir: „Ueber die Zeit, wann Brüx gegründet wurde, fehlen alle sicheren Nachrichten, ebenso darüber, ob die Burg oder der Ort Brüx ältern Ursprungs ist. Die erste Anlage von Brüx hat bereits vor der Einwanderung der Tschechen in Böhmen stattgefunden; denn der Name der Stadt Pruks, Bruck, Brix, Brüx weist nämlich auf keltischen Ursprung hin u. zw. die keltisch-germanische Sprachwurzel bru im keltischen — Wasser, im germanischen einen vom Wasser durchtränkten Boden; aus derselben bildete sich der alte, hochdeutsche Stamm bruch (neuhochdeutsch bruch und Bruckh), welcher ein morastisches Gehblze, Rohr und Schilf bedeu tete. Konnte demnach eine Ansiedlung wie Brüx inmitten einer wasserreichen, sumpfigen Au anders als Bruch oder Bruck oder Bruks — Brüx heißen. Und konnten sie die späteren Besitzer des Landes, die Tschechen, in Ansehung ihrer Lage dieselben auch anders als Most heißen, da die Brücke eine große Rolle spielt. Einen so schlimmen Anfang hätte ich mir nicht vorgestellt. Ich hatte geglaubt, durch „die Geschichte des Kummerner Sees"1) sowie durch das „Stadtbuch von Brüx“ die Frage, ob die Burg oder der Ort Brüx älteren Ursprungs ist, endgiltig erledigt zu haben. Auf Grund der Zeugnisse der Chronisten Widukind, Thietmar und Cosmas ist der Bestand der Burg Gnewin seit 936 wahrscheinlich, seit 1040 gewiß. Im letztgenannten Jahre erscheint der Name pons zum erstenmale, aber nicht als Ortsbezeichnung, sondern in seiner eigentlichen Bedeutung als Brücke, die über den alten Sumpf, das ist einem östlichen versumpften Busen des Kummerner Sees, zur Wasserburg Gnevin führte. Die Burg ist slavischen Ursprungs, wie schon aus dem Namen hervorgeht. Ob der Landesfürst oder noch früher einer der böhmischen Theilfürsten oder ein mächtiges Herrengeschlecht sie begründete, läßt sich nicht entscheiden. Die Burg und die Seebrücke, ein System von Brücken oder von weithin sich erstreckenden Knüppeldämmen, stehen von allem Anfang im engsten Zusammenhang, der selbst im Namen Gnevinmost, Hnevin Most seinen Ausdruck fand. Der Schutz der Brücke scheint die ursprüngliche Hauptaufgabe der Burg gewesen zu sein, der wir also zunächst die strategische Bedeutung eines Brückenkopfes beizumessen 1) Festschrift des Vereins 1871.
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216 — hätten. In welchem Verhältnisse das Geschlecht der Grabissa zur Burg Brüx stand, haben wir im „Stadtbuche“1) erörtert. Schon in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts aber stellt sich der landesfürstliche Charakter der Burg als unzweifelhaft heraus. Unter König Wenzel I. wird das alte Gnevin die Gauburg des vom Biliner Gau losgetrennten und für sich bestehenden besonderen Brüxer Gaues. — Wie allenthalben im Lande hatte sich am Fuße der Brüxer Burg allmählich eine Dorfansiedelung gebildet, die sich noch mehr entwickelte, als der Gaugraf seinen Sitz in der Burg aufschlug. Daß dieses Dorf ausschließlich von Slawen bewohnt wurde, kann keinem weiteren Zweifel unterliegen. Wenn nun Cori entgegen dem Gesagten die Anlage von Brüx (er scheint das Dorf zu meinen) in die keltische Zeit verlegt, so verirrt er sich in die Märchenwelt der Phantasie, mit welcher der Geschichtsforscher nichts zu thun hat. Er geräth dabei noch in Widerspruch mit sich selbst, wenn er auf S. 21 es dahin gestellt sein läßt, ob die Burg oder der Ort früher gegründet worden ist, auf der nächsten S. 22 aber meint, daß die Burg in „so früher Zeit“ (nämlich vor Einwanderung der Tschechen) nicht entstanden sein kann. Die wunderlich krause Namensforschung mit der keltisch-germanischen Sprachwurzel „bru“ zerfällt, auch wenn sie sprachlich richtig wäre, in sich selbst, da es Niemanden einfallen wird, aus derselben die chronikalisch und urkundlich als älteste Bezeichnungen für Brüx vorkommenden „Hnevin, Pons, Pruks, Most“ u. s. w. ableiten zu wollen.2) Was sollen wir aber erst zu der weiteren Beweisführung sagen, die also lautet: „Die Dörfer und Flecken jedoch, welche Brüx in einem weiten Bogen umgeben, sind insgesammt viel später entstanden, die meisten (?) derselben erst nach der Einwanderung der Tschechen und tragen in ihren slawischen Namen noch heutzutage den Stempel ihres tschechischen Ursprungs an sich. Indem aber alle diese Dörfer auch nach ihrer Germanisirung ihren slawischen Namen bis auf die Gegenwart be- halten haben, Brüx aber schon frühzeitig sowohl in den Ur- kunden als auch bei den Chronisten unter seinem deutschen Namen erscheint, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die Ansiedelung Brüxoder Brucks schon vor der Einwanderung der Tschechen bestand und der tschechische Name Most eine bloße Uebertragung ist. (S. 21, 22.) 1) Anmerkung zu Nr. 8 und 9. S. 202. flg. 2) Ueber den Namen Brüx siehe Kummerner See Anm. 1. S. 9.
216 — hätten. In welchem Verhältnisse das Geschlecht der Grabissa zur Burg Brüx stand, haben wir im „Stadtbuche“1) erörtert. Schon in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts aber stellt sich der landesfürstliche Charakter der Burg als unzweifelhaft heraus. Unter König Wenzel I. wird das alte Gnevin die Gauburg des vom Biliner Gau losgetrennten und für sich bestehenden besonderen Brüxer Gaues. — Wie allenthalben im Lande hatte sich am Fuße der Brüxer Burg allmählich eine Dorfansiedelung gebildet, die sich noch mehr entwickelte, als der Gaugraf seinen Sitz in der Burg aufschlug. Daß dieses Dorf ausschließlich von Slawen bewohnt wurde, kann keinem weiteren Zweifel unterliegen. Wenn nun Cori entgegen dem Gesagten die Anlage von Brüx (er scheint das Dorf zu meinen) in die keltische Zeit verlegt, so verirrt er sich in die Märchenwelt der Phantasie, mit welcher der Geschichtsforscher nichts zu thun hat. Er geräth dabei noch in Widerspruch mit sich selbst, wenn er auf S. 21 es dahin gestellt sein läßt, ob die Burg oder der Ort früher gegründet worden ist, auf der nächsten S. 22 aber meint, daß die Burg in „so früher Zeit“ (nämlich vor Einwanderung der Tschechen) nicht entstanden sein kann. Die wunderlich krause Namensforschung mit der keltisch-germanischen Sprachwurzel „bru“ zerfällt, auch wenn sie sprachlich richtig wäre, in sich selbst, da es Niemanden einfallen wird, aus derselben die chronikalisch und urkundlich als älteste Bezeichnungen für Brüx vorkommenden „Hnevin, Pons, Pruks, Most“ u. s. w. ableiten zu wollen.2) Was sollen wir aber erst zu der weiteren Beweisführung sagen, die also lautet: „Die Dörfer und Flecken jedoch, welche Brüx in einem weiten Bogen umgeben, sind insgesammt viel später entstanden, die meisten (?) derselben erst nach der Einwanderung der Tschechen und tragen in ihren slawischen Namen noch heutzutage den Stempel ihres tschechischen Ursprungs an sich. Indem aber alle diese Dörfer auch nach ihrer Germanisirung ihren slawischen Namen bis auf die Gegenwart be- halten haben, Brüx aber schon frühzeitig sowohl in den Ur- kunden als auch bei den Chronisten unter seinem deutschen Namen erscheint, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die Ansiedelung Brüxoder Brucks schon vor der Einwanderung der Tschechen bestand und der tschechische Name Most eine bloße Uebertragung ist. (S. 21, 22.) 1) Anmerkung zu Nr. 8 und 9. S. 202. flg. 2) Ueber den Namen Brüx siehe Kummerner See Anm. 1. S. 9.
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217 — Mehr geschichtliche Irrthümer in so wenig Zeilen anzuhäufen, als es in den eben angeführten geschieht, ist wohl kaum möglich. Welche Dörfer in der Umgebung von Brüx sollen denn nicht slavischen Ursprungs sein? Bei welchem älteren Chronisten kommt der Name Brüx oder Brucks vor? Mir ist keiner bekannt. In den Urkunden aber taucht der deutsche Name von Brüx erst in jener Zeit auf, als sich die Umwandlung des slavischen Burgortes in eine deutsche Stadt vollzog. In den diesbezüglichen Urkunden der Kreuzherren von 1253, 1255 und 1269 wechseln die Namen Pons mit Prucks, Prueckes und Prueckis ab. Hätte Cori sich über die Art und Weise der Gründung einer freien königlichen Stadt überhaupt genaner unterrichtet, so wäre er wohl kaum in seine keltischen Irrthümer verfallen. Die ganze Darstellung über die Umwandlung des Burgortes in eine freie deutsche Stadt ist in Folge dessen unklar und verschwommen und läßt das eigentlich Entscheidende gänzlich vermissen. Dieses Ent- scheidende aber ist die Heranziehung deutscher Colonisatoren durch den König, die Abschließung eines Vertrages zwischen dem König und den neuen Ansiedlern, kraft welchem die Zuweisung landesfürstlichen Grundes in der Mark des alten Dorfes als freies Eigenthum an die Ansiedler erfolgte, diesen die unmittelbare Stellung unter dem König, d. i. die Un- abhängigkeit von der Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Gaugrafen, ferner die Freiheit, nach ihrem mitgebrachten Rechte zu leben, zugesichert und allerlei andere Gerechtsame verbrieft wurden. Die Bewohner des slavischen Dorfes, unterthänige Leute ohne freien Besitz an Grund und Boden, mußten weichen — an manchen Orten geschah dies nicht ohne Gewalt — und die deutschen Bürger schritten zur Anlage einer Stadt, nach einem genau bestimmten Plane, in welchem insbesondere die Befestigung mit Mauern, Thürmen und Gräben vorgesehen war. In der angegebenen Weise ging denn auch die Gründung der Stadt Brüx vor sich. Seit dieser Zeit kann auch nicht mehr an dem deutschen Charakter derselben gezweifelt werden, wiewohl noch Einzelbeweise genug dafür erbracht werden können. Zu diesen darf freilich nur nebenher auch der Umstand gerechnet werden, daß eine alte Capelle von Brüx dem hl. Michael, einem deutschen Nationalheiligen, geweiht war. Aber geradezu verblüffend ist die Folgerung, die S. 27 an den Bestand der Michaels- capelle, welcher erst für das Jahr 1273 erwiesen ist, geknüpft wird. „Dieser Umstand mag uns ein Beleg dafür sein, daß die Bevöl- kerung von Brüx deutsch war, als sie die neue Lehre an- nahm, weil es sonst nicht einleuchtend wäre, daß eine slavische Bevöl- kerung den Nationalheiligen der Deutschen zu ihrem Kirchenpatron gewählt
217 — Mehr geschichtliche Irrthümer in so wenig Zeilen anzuhäufen, als es in den eben angeführten geschieht, ist wohl kaum möglich. Welche Dörfer in der Umgebung von Brüx sollen denn nicht slavischen Ursprungs sein? Bei welchem älteren Chronisten kommt der Name Brüx oder Brucks vor? Mir ist keiner bekannt. In den Urkunden aber taucht der deutsche Name von Brüx erst in jener Zeit auf, als sich die Umwandlung des slavischen Burgortes in eine deutsche Stadt vollzog. In den diesbezüglichen Urkunden der Kreuzherren von 1253, 1255 und 1269 wechseln die Namen Pons mit Prucks, Prueckes und Prueckis ab. Hätte Cori sich über die Art und Weise der Gründung einer freien königlichen Stadt überhaupt genaner unterrichtet, so wäre er wohl kaum in seine keltischen Irrthümer verfallen. Die ganze Darstellung über die Umwandlung des Burgortes in eine freie deutsche Stadt ist in Folge dessen unklar und verschwommen und läßt das eigentlich Entscheidende gänzlich vermissen. Dieses Ent- scheidende aber ist die Heranziehung deutscher Colonisatoren durch den König, die Abschließung eines Vertrages zwischen dem König und den neuen Ansiedlern, kraft welchem die Zuweisung landesfürstlichen Grundes in der Mark des alten Dorfes als freies Eigenthum an die Ansiedler erfolgte, diesen die unmittelbare Stellung unter dem König, d. i. die Un- abhängigkeit von der Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Gaugrafen, ferner die Freiheit, nach ihrem mitgebrachten Rechte zu leben, zugesichert und allerlei andere Gerechtsame verbrieft wurden. Die Bewohner des slavischen Dorfes, unterthänige Leute ohne freien Besitz an Grund und Boden, mußten weichen — an manchen Orten geschah dies nicht ohne Gewalt — und die deutschen Bürger schritten zur Anlage einer Stadt, nach einem genau bestimmten Plane, in welchem insbesondere die Befestigung mit Mauern, Thürmen und Gräben vorgesehen war. In der angegebenen Weise ging denn auch die Gründung der Stadt Brüx vor sich. Seit dieser Zeit kann auch nicht mehr an dem deutschen Charakter derselben gezweifelt werden, wiewohl noch Einzelbeweise genug dafür erbracht werden können. Zu diesen darf freilich nur nebenher auch der Umstand gerechnet werden, daß eine alte Capelle von Brüx dem hl. Michael, einem deutschen Nationalheiligen, geweiht war. Aber geradezu verblüffend ist die Folgerung, die S. 27 an den Bestand der Michaels- capelle, welcher erst für das Jahr 1273 erwiesen ist, geknüpft wird. „Dieser Umstand mag uns ein Beleg dafür sein, daß die Bevöl- kerung von Brüx deutsch war, als sie die neue Lehre an- nahm, weil es sonst nicht einleuchtend wäre, daß eine slavische Bevöl- kerung den Nationalheiligen der Deutschen zu ihrem Kirchenpatron gewählt
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218 hätte." Demnach wäre Brüx schon von Deutschen bewohnt gewesen, als diese noch Heiden waren, das hätten aber doch nur Markomannen sein können — man kann nur staunen über eine solche heillose Verirrung. Und ganz hartnäckig wird in derselben verharrt. Denn wir stoßen später immer wieder auf Sätze wie folgende: „Was die Nationalität der Ein- wohner von Brüx betrifft, so herrschte daselbst bereits seit frühester Zeit das deutsche Element. Schon ehe Brüx zur königlichen Stadt erhoben wurde, war es deutsch.“ (S. 44.) „Ein vollständiges Uebergewicht und die gesetzliche Oberherrschaft erhielt das Deutschthum in Brüx bei Er- hebung des Ortes zur königlichen Stadt, indem damals das Magdeburger Stadtrecht eingeführt wurde.“ (S. 45.) In der letzteren Stelle und deren Fortsetzung wird nun auf einmal wieder zugestanden, daß Slaven vor der Erhebung zur königlichen Stadt doch vorhanden waren. Auch über den Zeitpunkt, in welchem Brüx eine freie königliche Stadt wurde, bringt uns die neue Stadtgeschichte unrichtige Angaben. Es soll dieses nicht vor 1270 geschehen sein, weil bis dahin der Name civitas, cives nicht vorkommt. (S. 28). Der angeführte Grund ist an sich nicht beweisend, er entspricht aber auch nicht in seiner thatsächlichen Angabe der Wahrheit. Die von mir veröffentliche Dorfurkunde von Georgenthal vom Jahre 1263 bringt uns die Namen mehrerer Brüxer Zeugen, die ausdrücklich „Bürger“ genannt werden, und an deren Spitze der „Richter" Seyffried erscheint. Somit war die städtische Organisation schon vor 1263 vor sich gegangen. Da ferner in der Urkunde des Bischofs Nikolaus vom Jahre 1257, durch welche der Besitzstand der Kreuzherrn bestätigt wird, die Mauern von Brüx erwähnt werden, und die Lage von St. Wenzel als außerhalb derselben bezeichnet wird („ecclesia in Ponte s. Wenceslai extra muros.“), da die genannte Urkunde im inneren Zusammenhange mit den schon angezogenen königlichen Confirmationsurkunden des Kreuz- herrnbesitzes steht, in welchen zum erstenmale der deutsche Name von Brüx erscheint, so dürfte die eigentliche Location und die damit verbundene deutsche Colonisation der Stadt Brüx in die ersten Regierungsjahre Otto- kars II, wenn nicht in die letzte Zeit Wenzels I. zu verlegen sein. Das ist überhaupt die Zeit der Städtegründungen, als deren gewaltigster Förderer der staatskluge Ottokar II. bekannt ist. Die städtische Aussetzung der benachbarten Egerorte Saaz 1) und Kaaden fällt in dieselbe Zeit, wie sich ja immer mehr herausstellt, daß Ottokar mit seinen Städtegründungen höchst zielbewußt und nach einem großen wohlerwogenen Plan vorgegangen 1) Vergl. „Die älteste Geschichte der Stadt Saaz" Mittheil. Jahrg. XXVI.
218 hätte." Demnach wäre Brüx schon von Deutschen bewohnt gewesen, als diese noch Heiden waren, das hätten aber doch nur Markomannen sein können — man kann nur staunen über eine solche heillose Verirrung. Und ganz hartnäckig wird in derselben verharrt. Denn wir stoßen später immer wieder auf Sätze wie folgende: „Was die Nationalität der Ein- wohner von Brüx betrifft, so herrschte daselbst bereits seit frühester Zeit das deutsche Element. Schon ehe Brüx zur königlichen Stadt erhoben wurde, war es deutsch.“ (S. 44.) „Ein vollständiges Uebergewicht und die gesetzliche Oberherrschaft erhielt das Deutschthum in Brüx bei Er- hebung des Ortes zur königlichen Stadt, indem damals das Magdeburger Stadtrecht eingeführt wurde.“ (S. 45.) In der letzteren Stelle und deren Fortsetzung wird nun auf einmal wieder zugestanden, daß Slaven vor der Erhebung zur königlichen Stadt doch vorhanden waren. Auch über den Zeitpunkt, in welchem Brüx eine freie königliche Stadt wurde, bringt uns die neue Stadtgeschichte unrichtige Angaben. Es soll dieses nicht vor 1270 geschehen sein, weil bis dahin der Name civitas, cives nicht vorkommt. (S. 28). Der angeführte Grund ist an sich nicht beweisend, er entspricht aber auch nicht in seiner thatsächlichen Angabe der Wahrheit. Die von mir veröffentliche Dorfurkunde von Georgenthal vom Jahre 1263 bringt uns die Namen mehrerer Brüxer Zeugen, die ausdrücklich „Bürger“ genannt werden, und an deren Spitze der „Richter" Seyffried erscheint. Somit war die städtische Organisation schon vor 1263 vor sich gegangen. Da ferner in der Urkunde des Bischofs Nikolaus vom Jahre 1257, durch welche der Besitzstand der Kreuzherrn bestätigt wird, die Mauern von Brüx erwähnt werden, und die Lage von St. Wenzel als außerhalb derselben bezeichnet wird („ecclesia in Ponte s. Wenceslai extra muros.“), da die genannte Urkunde im inneren Zusammenhange mit den schon angezogenen königlichen Confirmationsurkunden des Kreuz- herrnbesitzes steht, in welchen zum erstenmale der deutsche Name von Brüx erscheint, so dürfte die eigentliche Location und die damit verbundene deutsche Colonisation der Stadt Brüx in die ersten Regierungsjahre Otto- kars II, wenn nicht in die letzte Zeit Wenzels I. zu verlegen sein. Das ist überhaupt die Zeit der Städtegründungen, als deren gewaltigster Förderer der staatskluge Ottokar II. bekannt ist. Die städtische Aussetzung der benachbarten Egerorte Saaz 1) und Kaaden fällt in dieselbe Zeit, wie sich ja immer mehr herausstellt, daß Ottokar mit seinen Städtegründungen höchst zielbewußt und nach einem großen wohlerwogenen Plan vorgegangen 1) Vergl. „Die älteste Geschichte der Stadt Saaz" Mittheil. Jahrg. XXVI.
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219 — ist. Daß Brüx durch seine hervorragende strategische Lage, die Ottokar aus den Kämpfen mit seinem Vater bekannt war, als alter Grenz und Zollort sich vor Allem zur Anlage einer Stadt eignete, konnte dem Scharf blicke des königlichen Städtegründers nicht entgangen sein. Selbstverständlich vollzog sich der Ausbau der städtischen Organisation des neu begründeten deutschen bürgerlichen Gemeinwesens nicht mit einem Schlage. Zwischen der eigentlichen Location und der Verleihung der wichtigeren städtischen Gerechtsame, des Weichbildsrechtes, der Bannmeile, des Straßenzwanges, des Zoll und Stapelrechtes u. dgl. verfließt eine gewisse Zeit, wie denn überhaupt eine Erweiterung und Ausbildung der städtischen Freiheiten durch Erlangung königlicher Privilegien sich auf größere Zeiträume in einer gewissen Abgeschlossenheit zunächst bis zur Husitenzeit erstreckt. So wichtig daher das Privilegium Ottokars II. ist, welches er am 26. März 1273 der Stadt Brüx verliehen hat, so ist es doch nicht als Gründungsurkunde anzusehen, die wahrscheinlicher Weise gegen zwanzig Jahre früher ausgestellt worden ist. Daß Cori die deutsche Uebersetzung dieses Privilegiums seinem Buch einverleibte,1) läßt sich bei der großen Bedeutung desselben nur billigen. Nur hätte dieses an einem geeigneteren Platze (als S. 48) geschehen sollen, und hätte der Geschicht- schreiber von Brüx über gewisse Schwierigkeiten, die z. B. das „trans nemus per Wartham sive per Mutam" oder das „in lacu“ bieten, nicht flüchtig hinwegeilen dürfen. Er hätte vielleicht Gelegenheit gefunden, die Erörterungen des „Stadtbuches“ zu ergänzen oder auch zu verbessern. Eine Ueberschätzung aber des Privilegiums ist es, wenn (S. 50) bemerkt wird, daß das Niederlags und Stapelrecht ein sehr seltenes gewesen und nebst Brüx nur den Städten Kolin und Budweis verliehen worden sei. Früher oder später treffen wir die meisten königlichen Städte im Besitze dieses Rechtes; so erfreute sich z. B. die Stadt Leitmeritz desselben schon zu König Wenzels I. Zeiten, also noch früher als Brüx.2) Es würde zu weit führen hier noch auf nähere Untersuchungen über andere Fragen, die mit der Begründung der deutschen Stadt im Zusam- menhang stehen, einzugehen, Fragen, die Cori schon vermöge seiner ver fehlten Auffassung der ganzen Gründungsgeschichte zu stellen gar nicht in die Lage kam. Ich erwähne nur z. B. die sich nothwendig aufdrängende Erörterung über die Herkunft der ersten städtischen Ansiedler, über ihre mitgebrachten Rechte, Gebräuche u. dgl. 1) Zu verbesfern wäre „Handwerker“ statt „Gewerbe“, „Getreide“ statt Frucht“. 2) Lippert, Gesch. von Leitmeritz S. 32.
219 — ist. Daß Brüx durch seine hervorragende strategische Lage, die Ottokar aus den Kämpfen mit seinem Vater bekannt war, als alter Grenz und Zollort sich vor Allem zur Anlage einer Stadt eignete, konnte dem Scharf blicke des königlichen Städtegründers nicht entgangen sein. Selbstverständlich vollzog sich der Ausbau der städtischen Organisation des neu begründeten deutschen bürgerlichen Gemeinwesens nicht mit einem Schlage. Zwischen der eigentlichen Location und der Verleihung der wichtigeren städtischen Gerechtsame, des Weichbildsrechtes, der Bannmeile, des Straßenzwanges, des Zoll und Stapelrechtes u. dgl. verfließt eine gewisse Zeit, wie denn überhaupt eine Erweiterung und Ausbildung der städtischen Freiheiten durch Erlangung königlicher Privilegien sich auf größere Zeiträume in einer gewissen Abgeschlossenheit zunächst bis zur Husitenzeit erstreckt. So wichtig daher das Privilegium Ottokars II. ist, welches er am 26. März 1273 der Stadt Brüx verliehen hat, so ist es doch nicht als Gründungsurkunde anzusehen, die wahrscheinlicher Weise gegen zwanzig Jahre früher ausgestellt worden ist. Daß Cori die deutsche Uebersetzung dieses Privilegiums seinem Buch einverleibte,1) läßt sich bei der großen Bedeutung desselben nur billigen. Nur hätte dieses an einem geeigneteren Platze (als S. 48) geschehen sollen, und hätte der Geschicht- schreiber von Brüx über gewisse Schwierigkeiten, die z. B. das „trans nemus per Wartham sive per Mutam" oder das „in lacu“ bieten, nicht flüchtig hinwegeilen dürfen. Er hätte vielleicht Gelegenheit gefunden, die Erörterungen des „Stadtbuches“ zu ergänzen oder auch zu verbessern. Eine Ueberschätzung aber des Privilegiums ist es, wenn (S. 50) bemerkt wird, daß das Niederlags und Stapelrecht ein sehr seltenes gewesen und nebst Brüx nur den Städten Kolin und Budweis verliehen worden sei. Früher oder später treffen wir die meisten königlichen Städte im Besitze dieses Rechtes; so erfreute sich z. B. die Stadt Leitmeritz desselben schon zu König Wenzels I. Zeiten, also noch früher als Brüx.2) Es würde zu weit führen hier noch auf nähere Untersuchungen über andere Fragen, die mit der Begründung der deutschen Stadt im Zusam- menhang stehen, einzugehen, Fragen, die Cori schon vermöge seiner ver fehlten Auffassung der ganzen Gründungsgeschichte zu stellen gar nicht in die Lage kam. Ich erwähne nur z. B. die sich nothwendig aufdrängende Erörterung über die Herkunft der ersten städtischen Ansiedler, über ihre mitgebrachten Rechte, Gebräuche u. dgl. 1) Zu verbesfern wäre „Handwerker“ statt „Gewerbe“, „Getreide“ statt Frucht“. 2) Lippert, Gesch. von Leitmeritz S. 32.
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220 — Es ist übrigens anzunehmen, daß Ottokar der Stadt Brüx noch weitere Gnadenbriefe verliehen hat, namentlich solche, die auf das innere Rechtsleben Bezug nahmen. Dieselben haben sich allerdings nicht erhalten, aber schon im Jahre 1315 spricht Johann nicht bloß von einem, sondern von mehreren Privilegien Ottokars, die ihm zur Bestätigung vorlagen.1) Was nun die Privilegien der Luxemburgischen und späteren Könige anbe- langt, deren sich so zahlreiche zumeist im Originale erhalten haben, so werden dieselben in der Corischen Geschichte ganz ungenügend verarbeitet- Es wäre beinahe besser gewesen, dieselben chronologisch im Auszuge anzu- führen, als sie in so ungeordneter und auch unverstandener Weise auszunützen, wie dies S. 50 flg. geschieht. Hier im engen Rahmen dieser Besprechung Ordnung zu schaffen, ist nicht thunlich, ich will nur einiges andeuten. Es wird z. B. ein Anlauf genommen, die Privilegien für die Geschichte des Handels und der Gewerbe auszubeuten (S. 50, 51), was ja ganz richtig wäre. Doch es bleibt nur beim Anlauf. Plötzlich wird vom Hopfen und Weinbau gehandelt (52—54), unmittelbar daran wird wieder der Handel in Angriff genommen (54, 55), worauf auf einmal die Besprechung des Erbrechts (56), die Darstellung des häuslichen Lebens (56—59), und der Trachten (59—61) bis ins XVII. Jahrh. folgt. Sodann schließen fich herausgerissene Bemerkungen über die Stadtbefestigung an (61—63), bis endlich beim Steinpflaster-Privilegium von 1359 angelangt wird. Dann heißt es wörtlich weiter (63) ohne alle innere Verbindung: „Dann bauten die Brüxer 1361 ein Kaufhaus.“ Diese Errichtung des Kaufhauses ist aber für die Geschichte von Brüx als einem großen mittelalterlichen Handelsplatze von maßgebender Bedeutung, und es ist nur durch das mangelude Verständniß von der Tragweite der Gründung zu erklären, wenn von derselben an ganz vereinzeltem Platze zwischen Pflaster und Wasser- leitung (64) gesprochen wird. Wäre wirtlich die Bedeutung des „theatrum sive domus mercatoria,“ dessen Erbauung K. Karl auf Bitten der Brüxer durch ein besonderes Privilegium vom 2. August 1361 gestattete, erkannt worden, so hätte nicht S. 54 von derselben Zeit geschrieben werden können: „Jeglicher Waarenverkauf wurde auf offenem Marktplatze, wo auch Kirchen und Gemeindehäuser standen, betrieben und mußte derselbe in Brüx einst sehr lebhaft gewesen sein, da man es für nothwendig hielt, hier drei Marktplätze zu errichten.“ Nebenbei sei nur bemerkt, daß man in Brüx wohl heute von 3 Plätzen, wohl auch Ringen, spricht, in der Luxemburger Zeit aber es nur einen einzigen gab, wie in allen anderen 1) Stadtbuch Nr. 54.
220 — Es ist übrigens anzunehmen, daß Ottokar der Stadt Brüx noch weitere Gnadenbriefe verliehen hat, namentlich solche, die auf das innere Rechtsleben Bezug nahmen. Dieselben haben sich allerdings nicht erhalten, aber schon im Jahre 1315 spricht Johann nicht bloß von einem, sondern von mehreren Privilegien Ottokars, die ihm zur Bestätigung vorlagen.1) Was nun die Privilegien der Luxemburgischen und späteren Könige anbe- langt, deren sich so zahlreiche zumeist im Originale erhalten haben, so werden dieselben in der Corischen Geschichte ganz ungenügend verarbeitet- Es wäre beinahe besser gewesen, dieselben chronologisch im Auszuge anzu- führen, als sie in so ungeordneter und auch unverstandener Weise auszunützen, wie dies S. 50 flg. geschieht. Hier im engen Rahmen dieser Besprechung Ordnung zu schaffen, ist nicht thunlich, ich will nur einiges andeuten. Es wird z. B. ein Anlauf genommen, die Privilegien für die Geschichte des Handels und der Gewerbe auszubeuten (S. 50, 51), was ja ganz richtig wäre. Doch es bleibt nur beim Anlauf. Plötzlich wird vom Hopfen und Weinbau gehandelt (52—54), unmittelbar daran wird wieder der Handel in Angriff genommen (54, 55), worauf auf einmal die Besprechung des Erbrechts (56), die Darstellung des häuslichen Lebens (56—59), und der Trachten (59—61) bis ins XVII. Jahrh. folgt. Sodann schließen fich herausgerissene Bemerkungen über die Stadtbefestigung an (61—63), bis endlich beim Steinpflaster-Privilegium von 1359 angelangt wird. Dann heißt es wörtlich weiter (63) ohne alle innere Verbindung: „Dann bauten die Brüxer 1361 ein Kaufhaus.“ Diese Errichtung des Kaufhauses ist aber für die Geschichte von Brüx als einem großen mittelalterlichen Handelsplatze von maßgebender Bedeutung, und es ist nur durch das mangelude Verständniß von der Tragweite der Gründung zu erklären, wenn von derselben an ganz vereinzeltem Platze zwischen Pflaster und Wasser- leitung (64) gesprochen wird. Wäre wirtlich die Bedeutung des „theatrum sive domus mercatoria,“ dessen Erbauung K. Karl auf Bitten der Brüxer durch ein besonderes Privilegium vom 2. August 1361 gestattete, erkannt worden, so hätte nicht S. 54 von derselben Zeit geschrieben werden können: „Jeglicher Waarenverkauf wurde auf offenem Marktplatze, wo auch Kirchen und Gemeindehäuser standen, betrieben und mußte derselbe in Brüx einst sehr lebhaft gewesen sein, da man es für nothwendig hielt, hier drei Marktplätze zu errichten.“ Nebenbei sei nur bemerkt, daß man in Brüx wohl heute von 3 Plätzen, wohl auch Ringen, spricht, in der Luxemburger Zeit aber es nur einen einzigen gab, wie in allen anderen 1) Stadtbuch Nr. 54.
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221 freien Städten. Etwas von dieser allgemein bekannten Thatsache scheint auch der Verfasser geahnt zu haben, wenn er S. 28 im Widerspruch zu S. 54 sagt: „Nach einer allgemein herrschenden Sage(?) erstreckte sich das alte Brüx bis zum heutigen Minoritenkloster, wo damals die Pfarr- kirche stand, der erste Ring wurde durch mehrere Jahrhunderte der alte Ring genannt. Hinter der Pfarrkirche befand sich in einiger Entfernung auf offenem Raume das Minoritenkloster.“ Uebrigens ist es auch nicht richtig, daß das Kaufhaus nur für zugereiste Kaufleute“ bestimmt war. Im Privilegium heißt es ganz allgemein: „ad utilitatem et com- modum mercatorum ibidem." Hätte man die Brüxer Handelsverhältnisse im Mittelalter wirklich gründlich darstellen wollen, so hätte von dem Marktrechte ausgegangen werden müssen, welches Brüx besaß, ehe es noch zur freien Stadt erhoben wurde. Dann mußte der reiche Privilegienschatz herangezogen werden, der ja im Stadtbuche gedruckt vorlag. Wie aber das Stadtbuch über- haupt oft ganz mißverständlich beuützt wurde, und wie der Verfasser mit Urkunden umzugehen versteht, möge nur an einem Beispiele gezeigt werden. Es wird mehrere Male in den älteren Urkunden des Ossegger Klosters von einem „Kopitzer Zoll“ gesprochen. Als ich die Geschichte des Kum- merner Sees schrieb, dachte ich an das Kopitz bei Brüx. Später wurde ich eines Besseren belehrt, und stand nicht an, meinen Irrthum richtig zu stellen, indem ich im Stadtbuche S. 201, Anm. 4 schrieb: „der hier und in späteren Urkunden erwähnte Kopitzer Zoll bezieht sich auf Kopitz iu Sachsen, gegenüber von Pirna, nach welcher Stadt der Zoll nachher benannt wird. Ich ergreife diese Ge- legenheit, um meine in der Abhandlung „Geschichte des Kummerner Sees“ festgehaltene irrthümliche Ansicht, als ob das erwähnte Kopitz mit dem gleichnamigen Dorfe bei Brüx identisch wäre, hiemit zu corrigiren“. Cori aber schreibt S. 25 mit Anziehung der Anmerkung 4 aus dem Stadtbuch (S. 201) und Palacky, Erben Reg. S. 624: „Die Angabe, daß der Grenzzoll in dem nahen Kopitz erlegt werden mußte, während die Märkte in Brüx abgehalten wurden, muß so lange beanstandet werden, als die mit wichtigen Gründen in Zweifel gezogene Echtheit der Urkunden, aus welche sich solche Angabe stützt, nicht sichergestellt ist.“ Demzufolge wäre, die Echtheit der Urkunden vorausgesetzt, doch das Dorf Kopitz bei Brüx zu verstehen. Nun sind allerdings die betreffenden Urkunden Ottokars I. von 1203 und 1208 von Palacky schon mit Recht als unecht bezeichnet worden, dagegen trägt dieser gegen die Bestätigung des Kopitzer Zolles durch Wenzel I. vom 28. December 1230 keinerlei Bedenken. Cori, der
221 freien Städten. Etwas von dieser allgemein bekannten Thatsache scheint auch der Verfasser geahnt zu haben, wenn er S. 28 im Widerspruch zu S. 54 sagt: „Nach einer allgemein herrschenden Sage(?) erstreckte sich das alte Brüx bis zum heutigen Minoritenkloster, wo damals die Pfarr- kirche stand, der erste Ring wurde durch mehrere Jahrhunderte der alte Ring genannt. Hinter der Pfarrkirche befand sich in einiger Entfernung auf offenem Raume das Minoritenkloster.“ Uebrigens ist es auch nicht richtig, daß das Kaufhaus nur für zugereiste Kaufleute“ bestimmt war. Im Privilegium heißt es ganz allgemein: „ad utilitatem et com- modum mercatorum ibidem." Hätte man die Brüxer Handelsverhältnisse im Mittelalter wirklich gründlich darstellen wollen, so hätte von dem Marktrechte ausgegangen werden müssen, welches Brüx besaß, ehe es noch zur freien Stadt erhoben wurde. Dann mußte der reiche Privilegienschatz herangezogen werden, der ja im Stadtbuche gedruckt vorlag. Wie aber das Stadtbuch über- haupt oft ganz mißverständlich beuützt wurde, und wie der Verfasser mit Urkunden umzugehen versteht, möge nur an einem Beispiele gezeigt werden. Es wird mehrere Male in den älteren Urkunden des Ossegger Klosters von einem „Kopitzer Zoll“ gesprochen. Als ich die Geschichte des Kum- merner Sees schrieb, dachte ich an das Kopitz bei Brüx. Später wurde ich eines Besseren belehrt, und stand nicht an, meinen Irrthum richtig zu stellen, indem ich im Stadtbuche S. 201, Anm. 4 schrieb: „der hier und in späteren Urkunden erwähnte Kopitzer Zoll bezieht sich auf Kopitz iu Sachsen, gegenüber von Pirna, nach welcher Stadt der Zoll nachher benannt wird. Ich ergreife diese Ge- legenheit, um meine in der Abhandlung „Geschichte des Kummerner Sees“ festgehaltene irrthümliche Ansicht, als ob das erwähnte Kopitz mit dem gleichnamigen Dorfe bei Brüx identisch wäre, hiemit zu corrigiren“. Cori aber schreibt S. 25 mit Anziehung der Anmerkung 4 aus dem Stadtbuch (S. 201) und Palacky, Erben Reg. S. 624: „Die Angabe, daß der Grenzzoll in dem nahen Kopitz erlegt werden mußte, während die Märkte in Brüx abgehalten wurden, muß so lange beanstandet werden, als die mit wichtigen Gründen in Zweifel gezogene Echtheit der Urkunden, aus welche sich solche Angabe stützt, nicht sichergestellt ist.“ Demzufolge wäre, die Echtheit der Urkunden vorausgesetzt, doch das Dorf Kopitz bei Brüx zu verstehen. Nun sind allerdings die betreffenden Urkunden Ottokars I. von 1203 und 1208 von Palacky schon mit Recht als unecht bezeichnet worden, dagegen trägt dieser gegen die Bestätigung des Kopitzer Zolles durch Wenzel I. vom 28. December 1230 keinerlei Bedenken. Cori, der
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222 sich auch auf Palacky beruft, müßte also wenigstens von 1230 angefangen den wirklichen Bestand des Kopitzer Zolles annehmen, wenn er nur ein klein wenig besser zugesehen hätte. Somit ist die Berufung auf Palacky, der nur die Urkunden von 1203 und 1208 anficht, gerade so verkehrt, wie die auf das Stadtbuch, welches ohne Rücksicht darauf, ob die Urkunden echt oder unecht sind, das fragliche Kopitz nach Sachsen verlegt. Auch Ottokar II. bestätigte am 14. Juli 1272 den Ofseggern den Kopitzer Zoll. Unter König Johann, welcher dem Kloster Ossegg das Patronatsrecht in Pirna verlieh (4. September 1331) (25. Juli 1335), wird das Zollrecht der Ofsegger in Pirna gewahrt, nur wird der Name Kopitz nicht mehr genannt, und es liegt dann noch eine diesbezügliche Bestätigungsurkunde vom Markgrafen Karl vom 24. Februar 1342 vor. Der Kopitzer und der Pirnaer Zoll sind eben identisch. Von diesen Urkunden seit Ottokar II. nahm allerdings Cori keine Kenntniß, wenn auch bereits Scheinpflug1) im Jahre 1870 Inhaltsangaben derselben veröffentlicht hatte, und über das Patronatsrecht und Zolleinkünfte der Ossegger in Pirna die betreffenden Urkunden des Codex Damascus nebst andern einschlägigen im Codex diplomaticus Saxoniae regiae2) vollinhaltlich im Jahre 1875 bekannt gemacht worden waren. Die Ausführungen Coris über das häusliche Leben, Tracht, Mode u.s.w. sind mit Ausnahme der Beziehung auf das Privileg vom 16. April 1371 irgend einer veralteten allgemeinen Culturgeschichte,3) nicht aber besonderem Brüxer Materiale entlehnt. Sie hätten in dieser Allgemeinheit füglich wegbleiben können, oder mußte ihre Anwendbarkeit auf die Brüxer Ver- hältnisse nachgewiesen werden, was freilich sehr schwer gehalten hätte. Gute heimische Quellen für diese Dinge wären Piscators, Jobst's und Rowber's Memorabilien und die Inventarien des Veit Albrecht ge- wesen. Bei Piscator und Jobst hätte man insbesondere auch reicheres 1) Mittheilungen Jahrgang VIII. S. 37 flg. 2) II. Hauptth. 5. Bd. v. Posern-Klett und O. Posse: Urkundenbuch der Städte Dresden und Pirna S. 342 flg. Die Kopitzer, beziehungsweise Pirnaer Zoll- einkünfte hingen schon in der Přemyslidischen Zeit mit dem Patronatsrechte zusammen. (S. Cod. dipl. Sax. 1. c. S. 328.) Wir können hier nicht weiter untersuchen, ob Ossegg in dieser Zeit schon Patronatsrechte besaß oder bean- spruchte, so viel aber ist sicher, daß die Mönche mit einer gewissen historischen Thatsache rechneten, selbst wenn sie auch zu dem damals nicht ungewöhnlichen Mittel der Fiction älterer Urkunden griffen. 3) Darauf bezieht sich wohl der soust unverständliche Satz (S. 32) „auch muß erwähnt werden, daß bei dieser Schilderung auf die deutschen Quellen besondere Rücksicht genommen werden mußte“.
222 sich auch auf Palacky beruft, müßte also wenigstens von 1230 angefangen den wirklichen Bestand des Kopitzer Zolles annehmen, wenn er nur ein klein wenig besser zugesehen hätte. Somit ist die Berufung auf Palacky, der nur die Urkunden von 1203 und 1208 anficht, gerade so verkehrt, wie die auf das Stadtbuch, welches ohne Rücksicht darauf, ob die Urkunden echt oder unecht sind, das fragliche Kopitz nach Sachsen verlegt. Auch Ottokar II. bestätigte am 14. Juli 1272 den Ofseggern den Kopitzer Zoll. Unter König Johann, welcher dem Kloster Ossegg das Patronatsrecht in Pirna verlieh (4. September 1331) (25. Juli 1335), wird das Zollrecht der Ofsegger in Pirna gewahrt, nur wird der Name Kopitz nicht mehr genannt, und es liegt dann noch eine diesbezügliche Bestätigungsurkunde vom Markgrafen Karl vom 24. Februar 1342 vor. Der Kopitzer und der Pirnaer Zoll sind eben identisch. Von diesen Urkunden seit Ottokar II. nahm allerdings Cori keine Kenntniß, wenn auch bereits Scheinpflug1) im Jahre 1870 Inhaltsangaben derselben veröffentlicht hatte, und über das Patronatsrecht und Zolleinkünfte der Ossegger in Pirna die betreffenden Urkunden des Codex Damascus nebst andern einschlägigen im Codex diplomaticus Saxoniae regiae2) vollinhaltlich im Jahre 1875 bekannt gemacht worden waren. Die Ausführungen Coris über das häusliche Leben, Tracht, Mode u.s.w. sind mit Ausnahme der Beziehung auf das Privileg vom 16. April 1371 irgend einer veralteten allgemeinen Culturgeschichte,3) nicht aber besonderem Brüxer Materiale entlehnt. Sie hätten in dieser Allgemeinheit füglich wegbleiben können, oder mußte ihre Anwendbarkeit auf die Brüxer Ver- hältnisse nachgewiesen werden, was freilich sehr schwer gehalten hätte. Gute heimische Quellen für diese Dinge wären Piscators, Jobst's und Rowber's Memorabilien und die Inventarien des Veit Albrecht ge- wesen. Bei Piscator und Jobst hätte man insbesondere auch reicheres 1) Mittheilungen Jahrgang VIII. S. 37 flg. 2) II. Hauptth. 5. Bd. v. Posern-Klett und O. Posse: Urkundenbuch der Städte Dresden und Pirna S. 342 flg. Die Kopitzer, beziehungsweise Pirnaer Zoll- einkünfte hingen schon in der Přemyslidischen Zeit mit dem Patronatsrechte zusammen. (S. Cod. dipl. Sax. 1. c. S. 328.) Wir können hier nicht weiter untersuchen, ob Ossegg in dieser Zeit schon Patronatsrechte besaß oder bean- spruchte, so viel aber ist sicher, daß die Mönche mit einer gewissen historischen Thatsache rechneten, selbst wenn sie auch zu dem damals nicht ungewöhnlichen Mittel der Fiction älterer Urkunden griffen. 3) Darauf bezieht sich wohl der soust unverständliche Satz (S. 32) „auch muß erwähnt werden, daß bei dieser Schilderung auf die deutschen Quellen besondere Rücksicht genommen werden mußte“.
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223 — Materiale über den landwirthschaftlichen Betrieb auf den Brüxer Höfen in früherer Zeit vorgefunden. Am allerwenigsten kann uns die Darstellung der Verfassungs- und Rechtsverhältnisse befriedigen. (32 flg.) Wie befremdend muß es auch auf den weniger Kundigen wirken, wenn gleich im Anfang für die älteste Zeit bemerkt wird: „Der Unterkämmerer ernannte im Namen des Königs aus der Liste der von der Stadtgemeinde gewählten Candi- daten die Magistratspersonen auf bestimmte Zeit, in der Regel aus ein Jahr,“ (S. 32) und später wieder (S. 38) der Satz zu lesen ist: „Die Schöffen oder Rathsherrn 12 an der Zahl wurden aus den ange- sehendsten und ältesten Familien gewählt.“ Ein solches Schwanken und Vergreifen zieht sich durch die ganze betreffende Erörterung hindurch. Die Unklarheit wird noch erhöht durch das Durcheinanderwerfen der verschie- denen Zeiträume, die gerade in Bezug auf die Verfassungsverhältnisse strenge auseinander gehalten werden können und müssen. Da das Brüxer Materiale zur völligen Klarstellung für die ältere Zeit nicht ausreicht, so waren die Arbeiten Röplers, Schmidts v. Bergenhold, Gaupps, Tomeks, Lipperts (Geschichte der Stadt Leitmeritz 1871) u. a. heranzuziehen. Das Studium der älteren Entwicklungsgeschichte der Stadt Leitmeritz, die mit der von Brüx so viele Aehnlichkeiten aufweist, hätte aus mancher Klemme geholfen und vor vielen Irrthümern bewahrt. Das Verhältniß von Brüx zum Magdeburger Rechte insbesondere, sowie die Appellationen nach Leit- meritz, welche erst 1549 untersagt wurden, mußten Veranlassung geben, sich mit Lippert genau zu beschäftigen. Dazu mag noch bemerkt werden, daß die 20 Magdeburger Schöppensprüche, welche im Brüxer Archive im Originale sich vorfinden, keine Benutzung erfahren haben.1) Eine Anzahl nach Brüx ergangener Magdeburger Schöppensprüche befinden sich auch in dem von mir besprochenen „deutschen Formelbuche“, welches überhaupt für die innere Brüxer Geschichte zahlreiche und höchst werthvolle Aufschlüsse ertheilt.2) So wäre weiter für die vorhusitische Zeit die Stellung des judex, der consules, scabini, des magister civium, der jurati, der seniores u. s. w. viel eindringlicher zu untersuchen gewesen. Was über den Unterkämmerer gesagt wird, ist völlig ungenügend, und ist z. B. das Rügerecht desselben aus der Meißnischen Zeit uicht erörtert worden, obwohl das Stadtbuch eine besondere Urkunde darüber bringt (Nr. 247). Ueber Kammerding, gehegtes Ding, Elichding (der Dörfer) über das 1) Ich habe dieselben in den Mittheilungen Jahrg. XXI. veröffentlicht. 2) Mittheil. Jahrg. XXI.
223 — Materiale über den landwirthschaftlichen Betrieb auf den Brüxer Höfen in früherer Zeit vorgefunden. Am allerwenigsten kann uns die Darstellung der Verfassungs- und Rechtsverhältnisse befriedigen. (32 flg.) Wie befremdend muß es auch auf den weniger Kundigen wirken, wenn gleich im Anfang für die älteste Zeit bemerkt wird: „Der Unterkämmerer ernannte im Namen des Königs aus der Liste der von der Stadtgemeinde gewählten Candi- daten die Magistratspersonen auf bestimmte Zeit, in der Regel aus ein Jahr,“ (S. 32) und später wieder (S. 38) der Satz zu lesen ist: „Die Schöffen oder Rathsherrn 12 an der Zahl wurden aus den ange- sehendsten und ältesten Familien gewählt.“ Ein solches Schwanken und Vergreifen zieht sich durch die ganze betreffende Erörterung hindurch. Die Unklarheit wird noch erhöht durch das Durcheinanderwerfen der verschie- denen Zeiträume, die gerade in Bezug auf die Verfassungsverhältnisse strenge auseinander gehalten werden können und müssen. Da das Brüxer Materiale zur völligen Klarstellung für die ältere Zeit nicht ausreicht, so waren die Arbeiten Röplers, Schmidts v. Bergenhold, Gaupps, Tomeks, Lipperts (Geschichte der Stadt Leitmeritz 1871) u. a. heranzuziehen. Das Studium der älteren Entwicklungsgeschichte der Stadt Leitmeritz, die mit der von Brüx so viele Aehnlichkeiten aufweist, hätte aus mancher Klemme geholfen und vor vielen Irrthümern bewahrt. Das Verhältniß von Brüx zum Magdeburger Rechte insbesondere, sowie die Appellationen nach Leit- meritz, welche erst 1549 untersagt wurden, mußten Veranlassung geben, sich mit Lippert genau zu beschäftigen. Dazu mag noch bemerkt werden, daß die 20 Magdeburger Schöppensprüche, welche im Brüxer Archive im Originale sich vorfinden, keine Benutzung erfahren haben.1) Eine Anzahl nach Brüx ergangener Magdeburger Schöppensprüche befinden sich auch in dem von mir besprochenen „deutschen Formelbuche“, welches überhaupt für die innere Brüxer Geschichte zahlreiche und höchst werthvolle Aufschlüsse ertheilt.2) So wäre weiter für die vorhusitische Zeit die Stellung des judex, der consules, scabini, des magister civium, der jurati, der seniores u. s. w. viel eindringlicher zu untersuchen gewesen. Was über den Unterkämmerer gesagt wird, ist völlig ungenügend, und ist z. B. das Rügerecht desselben aus der Meißnischen Zeit uicht erörtert worden, obwohl das Stadtbuch eine besondere Urkunde darüber bringt (Nr. 247). Ueber Kammerding, gehegtes Ding, Elichding (der Dörfer) über das 1) Ich habe dieselben in den Mittheilungen Jahrg. XXI. veröffentlicht. 2) Mittheil. Jahrg. XXI.
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224 Gerichtsverfahren, Aenderungen des Magdeburger Rechtes durch königliche Privilegien z. B. betreffend das Erbrecht, erfahren wir Nichts. Der Dar- stellung des Kampfes zwischen den alten Patricierfamilien und den demo- kratischen Zünften, dieser wichtigen und folgereichen Erscheinung im mittel- alterlichen Städteleben, sind nur wenige Zeilen gewidmet (S. 39. 47).1) Es mußte auf das Innungswesen überhaupt viel mehr eingegangen werden und dazu hätte das Brüxer Archiv reiche Nachweise geliefert. Es liegen in demselben folgende Stücke, zumeist Zunftartikel: Schuhmacher 1356, 1462, 1480, 1562, 1574 und 1675; Seiler 1506 und 1668; —Schneider 1517, 1575, 1716, 1718 und 1729; Leinweber 1518, 1664 und 1733; Schmiede 1520 und 1534; Tischler 1535 und 1596; Tuch- macher 1555; Hutmacher 1562; Goldschmiede, Schlosser 1564; Bäcker 1570, 1676; Töpfer 1571; Kürschner 1573; Lohgerber 1584 und 1593; Büttner 1584; Krämer, Schmeidler 1591 und 1671; Sattler 1566 und 1614; Bader 1615; Seifensieder 1620 und 1653; Fleischhauer 1559, 1623, 1710 und 1722; Melzer 1627; Weißgerber 1651 und 1666; Maurer 1575; Müller 1699; Zeugmacher 1699; Zimmerleute 1724. — Bei solchem Vorrathe kann man nicht sagen, daß es an einheimischem Materiale fehlt. Von der husitischen Zeit angefangen bewegt sich der Verfasser auf einem etwas sichererem Boden. Nur fehlt fast ganz das Verständniß für den nationalen Charakter der blutigen Kämpfe, welcher insbesondere ja in der Geschichte der Stadt Brüx so scharf hervortritt. Für die Schicksale der Stadt im I. 1421 sind die Historien des Magister Leonis maßgebend; über dieselben hinauszugehen und Pontanus von Braitenberg für die Glaub- würdigkeit der Saraser Legende als Gewährsmann anzuführen (S. 87) ist nicht statthaft. Das Verhältniß Leonis zu den tschechischen Chronisten ist in der Einleitung zum Leonis klargestellt worden und wäre allerdings mehr zu berücksichtigen gewesen. Der Vortrag, den Professor Tupetz 1881 in Brüx gehalten, hätte besser über als unter der Zeile als einheitlicher Leitfaden der Belagerungsgeschichte seinen Platz gefunden. Ueber die weitere Stellung von Brüx in der Husitenzeit ist mancherlei im Dunkel geblieben, so erwähne ich nur z. B. das Verhältniß der Stadt zum Saazer Land- frieden, über das ich mich neuestens eingehend verbreitet habe.2) Die selbst- süchtige Politik der Meißner ist nicht scharf genug beleuchtet worden, wie denn überhaupt die Palacky'sche Forschung, auf welcher der Verfasser fußt, 1) XII. Jahrhundert (S. 47) ist Druckfehler. 2) Vergl. „Saaz in der Husitenzeit“ Jahrg. XXVII.
224 Gerichtsverfahren, Aenderungen des Magdeburger Rechtes durch königliche Privilegien z. B. betreffend das Erbrecht, erfahren wir Nichts. Der Dar- stellung des Kampfes zwischen den alten Patricierfamilien und den demo- kratischen Zünften, dieser wichtigen und folgereichen Erscheinung im mittel- alterlichen Städteleben, sind nur wenige Zeilen gewidmet (S. 39. 47).1) Es mußte auf das Innungswesen überhaupt viel mehr eingegangen werden und dazu hätte das Brüxer Archiv reiche Nachweise geliefert. Es liegen in demselben folgende Stücke, zumeist Zunftartikel: Schuhmacher 1356, 1462, 1480, 1562, 1574 und 1675; Seiler 1506 und 1668; —Schneider 1517, 1575, 1716, 1718 und 1729; Leinweber 1518, 1664 und 1733; Schmiede 1520 und 1534; Tischler 1535 und 1596; Tuch- macher 1555; Hutmacher 1562; Goldschmiede, Schlosser 1564; Bäcker 1570, 1676; Töpfer 1571; Kürschner 1573; Lohgerber 1584 und 1593; Büttner 1584; Krämer, Schmeidler 1591 und 1671; Sattler 1566 und 1614; Bader 1615; Seifensieder 1620 und 1653; Fleischhauer 1559, 1623, 1710 und 1722; Melzer 1627; Weißgerber 1651 und 1666; Maurer 1575; Müller 1699; Zeugmacher 1699; Zimmerleute 1724. — Bei solchem Vorrathe kann man nicht sagen, daß es an einheimischem Materiale fehlt. Von der husitischen Zeit angefangen bewegt sich der Verfasser auf einem etwas sichererem Boden. Nur fehlt fast ganz das Verständniß für den nationalen Charakter der blutigen Kämpfe, welcher insbesondere ja in der Geschichte der Stadt Brüx so scharf hervortritt. Für die Schicksale der Stadt im I. 1421 sind die Historien des Magister Leonis maßgebend; über dieselben hinauszugehen und Pontanus von Braitenberg für die Glaub- würdigkeit der Saraser Legende als Gewährsmann anzuführen (S. 87) ist nicht statthaft. Das Verhältniß Leonis zu den tschechischen Chronisten ist in der Einleitung zum Leonis klargestellt worden und wäre allerdings mehr zu berücksichtigen gewesen. Der Vortrag, den Professor Tupetz 1881 in Brüx gehalten, hätte besser über als unter der Zeile als einheitlicher Leitfaden der Belagerungsgeschichte seinen Platz gefunden. Ueber die weitere Stellung von Brüx in der Husitenzeit ist mancherlei im Dunkel geblieben, so erwähne ich nur z. B. das Verhältniß der Stadt zum Saazer Land- frieden, über das ich mich neuestens eingehend verbreitet habe.2) Die selbst- süchtige Politik der Meißner ist nicht scharf genug beleuchtet worden, wie denn überhaupt die Palacky'sche Forschung, auf welcher der Verfasser fußt, 1) XII. Jahrhundert (S. 47) ist Druckfehler. 2) Vergl. „Saaz in der Husitenzeit“ Jahrg. XXVII.
Strana 225
225 — abgesehen von ihrer nationalen Einseitigkeit heute auch schon sachlich vielfach überholt erscheint. Da die meißnischen Herzoge in der Husitenzeit in den wirklichen Besitz von Brüx gelangten, so erliegt aus dieser Zeit im Haupt- staatsarchiv in Dresden umfangreiches Materiale, das ich im Stadtbuche eben nur andeuten konnte, aber sicherlich bei der Bearbeitung einer Brüxer Stadtgeschichte hätte herangezogen werden müssen. Was es eigentlich für ein Bewandtniß mit dem Kriegszuge hatte, den Herzog Sigmund von Sachsen am 11. August 1431 über Ossegg in die Nähe von Brüx unter- nahm, bleibt ununtersucht.1) Ueber den Kampf von Sellnitz vom Jahre 1438 und die daselbst gefangenen Husiten habe ich auf Grund Dresdner Archivalien eine 61 Seiten starke Abhandlung im Jahre 1881 veröffentlicht.2) Daß der Verfasser keinen Einblick in dieselbe genommen hat, geht aus der gänzlich verfehlten Darstellung der auch für Brüx nicht unwichtigen Nieder- werfung des husitischen Landsturmes durch die Meißner hervor. (S. 117, 118.) Auf weitere Einzelheiten wollen wir uns nicht einlassen, wiewohl auch in der dritten Periode des Verfassers noch so mancherlei Schiefes gerade zu richten und viele Lücken auszufüllen wären. In Bezug auf die drei letzten Perioden der Brüxer Stadtgeschichte können wir uns kürzer fassen, und es wird genügen, wenige Hauptsachen zur Besprechung zu bringen. Den großen Umwälzungen, welche in der nachhusitischen Zeit durch Regierungsmaßnahmen in dem inneren geschicht lichen Entwicklungsgang der freien Städte hervorgerufen wurden, legt der Verfasser entweder gar keine oder nur ganz nebensächliche Bedeutung bei. Wenn sich die Brüxer durch die eigene Tapferkeit, sowie durch die Hilfe der Meißzner während der husitischen Zeit ihre bürgerliche Autonomie und den deutschen Charakter der Stadt zu bewahren verstanden, so erlitten in der nachhusitischen Zeit, besonders als der Zusammenhang mit Meißen aufhörte, die städtischen Freiheiten wesentlichen Abbruch, und auch das Deutschthum von Brüx blieb nicht ohne Beeinträchtigung. In den Ur- kunden, selbst solcher privater Natur, tritt ab und zu die tschechische Sprache auf. König Georg bedient sich zwar in einer Privilegiums- verleihung noch des Deutschen, eine andere aber wird von ihm schon tschechisch ausgestellt, während alle übrigen noch in lateinischer Sprache erscheinen. Dagegen gebraucht König Wladislaw fast ausschließlich das Tschechische. Unter Wladislaw treten die Tschechisirungsbestrebungen bekanntlich am rücksichtslosesten auf. Wie sich diesen gegenüber unsere 1) Vergl. Bezold K. Sigmund und die Reichskriege III. S. 148. 2) Mittheilungen, Jahrgang XX. Mittheilungen. 28. Jahrgang, 3. Heft.
225 — abgesehen von ihrer nationalen Einseitigkeit heute auch schon sachlich vielfach überholt erscheint. Da die meißnischen Herzoge in der Husitenzeit in den wirklichen Besitz von Brüx gelangten, so erliegt aus dieser Zeit im Haupt- staatsarchiv in Dresden umfangreiches Materiale, das ich im Stadtbuche eben nur andeuten konnte, aber sicherlich bei der Bearbeitung einer Brüxer Stadtgeschichte hätte herangezogen werden müssen. Was es eigentlich für ein Bewandtniß mit dem Kriegszuge hatte, den Herzog Sigmund von Sachsen am 11. August 1431 über Ossegg in die Nähe von Brüx unter- nahm, bleibt ununtersucht.1) Ueber den Kampf von Sellnitz vom Jahre 1438 und die daselbst gefangenen Husiten habe ich auf Grund Dresdner Archivalien eine 61 Seiten starke Abhandlung im Jahre 1881 veröffentlicht.2) Daß der Verfasser keinen Einblick in dieselbe genommen hat, geht aus der gänzlich verfehlten Darstellung der auch für Brüx nicht unwichtigen Nieder- werfung des husitischen Landsturmes durch die Meißner hervor. (S. 117, 118.) Auf weitere Einzelheiten wollen wir uns nicht einlassen, wiewohl auch in der dritten Periode des Verfassers noch so mancherlei Schiefes gerade zu richten und viele Lücken auszufüllen wären. In Bezug auf die drei letzten Perioden der Brüxer Stadtgeschichte können wir uns kürzer fassen, und es wird genügen, wenige Hauptsachen zur Besprechung zu bringen. Den großen Umwälzungen, welche in der nachhusitischen Zeit durch Regierungsmaßnahmen in dem inneren geschicht lichen Entwicklungsgang der freien Städte hervorgerufen wurden, legt der Verfasser entweder gar keine oder nur ganz nebensächliche Bedeutung bei. Wenn sich die Brüxer durch die eigene Tapferkeit, sowie durch die Hilfe der Meißzner während der husitischen Zeit ihre bürgerliche Autonomie und den deutschen Charakter der Stadt zu bewahren verstanden, so erlitten in der nachhusitischen Zeit, besonders als der Zusammenhang mit Meißen aufhörte, die städtischen Freiheiten wesentlichen Abbruch, und auch das Deutschthum von Brüx blieb nicht ohne Beeinträchtigung. In den Ur- kunden, selbst solcher privater Natur, tritt ab und zu die tschechische Sprache auf. König Georg bedient sich zwar in einer Privilegiums- verleihung noch des Deutschen, eine andere aber wird von ihm schon tschechisch ausgestellt, während alle übrigen noch in lateinischer Sprache erscheinen. Dagegen gebraucht König Wladislaw fast ausschließlich das Tschechische. Unter Wladislaw treten die Tschechisirungsbestrebungen bekanntlich am rücksichtslosesten auf. Wie sich diesen gegenüber unsere 1) Vergl. Bezold K. Sigmund und die Reichskriege III. S. 148. 2) Mittheilungen, Jahrgang XX. Mittheilungen. 28. Jahrgang, 3. Heft.
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226 deutsche Stadt verhielt, darüber erfahren wir nichts. Noch auffallender bleibt es, daß die Niederwerfung aller bürgerlichen Freiheiten und die schmähliche Knechtung des Volkes, welche der Feudaladel durch die be- rüchtigte Wladislawische Landesordnung durchzusetzen verstand, in ihrer Rückwirkung auf die Brüxer Geschichte keinerlei Erwähnung finden. Es ist nur folgerichtig, wenn dann über die Drucklegung der Stadt rechte i. I. 1536, sowie über die vermehrten Auflagen der Landes- ordnung und der Stadtrechte Stillschweigen beobachtet wird. Die ein schneidenden Maßregeln Ferdinands I. nach dem blutigen Landtage werden wohl gestreift, doch nicht im nothwendigen Zusammenhange und eingehend genug behandelt. Was S. 38 und S. 164 gesagt wird, gehört zusammen. Die Errichtung des Appellationshofes in Prag 1548 und der Landtags beschluß von 1610 sind auch für die Brüxer Geschichte zu wichtige Ereig- nisse und lassen sich nicht mit ein Paar Zeilen abthun. Warum bringt der Verfasser das so bedeutsame Privilegium Ferdinands I. vom 30. März 1549 nicht zur Gänze, welchen Vorgang er bei viel minder wichtigen Urkunden beobachtet? Sein Auszug (S. 164) ist überdies von sachlichen Irrthümern nicht frei. So scheint es, als ob er die Einsetzung der Königsrichter nicht als eine vollständig neue Einrichtung ansehen, sondern in der Ferdinandischen Bestimmung uur eine Erweiterung des Wirkungs- kreises der früheren Richter erblicken würde. Dem ist aber in Wirklichkeit nicht so. Das alte Erbrichteramt war längst erloschen und steht mit dem Königsrichteramte in gar keiner Beziehung. Die Königsrichter waren von Ferdinand I. ganz neu geschaffene königliche Beamte, welche dem Stadt- rathe gegenüber eine überwachende Stellung einnahmen und dessen auto- nomen Wirkungskreis durch eine Art von Betorecht wesentlich einschränkten. Ferdinand III. erließ übrigens für die königlichen Richter eine umfassende Instruction, aus welcher die ausgedehnte Amtscompetenz dieser königlichen Organe auf das Genaueste zu erfahren ist. Die Handwerkerzechen wurden durch oben genanntes Privilegium Ferdinands gänzlich aufgehoben und die Zunftordnungen nur in jenen Theilen belassen, welche sich auf die Aufnahme ins Handwerk bezogen. Uebrigens bestätigte Ferdinand nur jene Privilegien der Stadt, die ihm vorgelegt worden waren, ausdrücklich bemerkend, daß alle Anderen keine Geltung besitzen sollten. Wir fragen weiter — um noch einiges von Cori gar nicht Berück- sichtigte hervorzuheben — sind denn die vernewerte Landesordnung Fer- dinands II., die Declarationen und Novellen Ferdinands III., die von Weingarten herausgegebenen Codices (Ferdinandeo-Leopoldinus, Fer- dinandeo-Leopoldino, Josephino-Carolinus), die drei Fortsetzungen zu
226 deutsche Stadt verhielt, darüber erfahren wir nichts. Noch auffallender bleibt es, daß die Niederwerfung aller bürgerlichen Freiheiten und die schmähliche Knechtung des Volkes, welche der Feudaladel durch die be- rüchtigte Wladislawische Landesordnung durchzusetzen verstand, in ihrer Rückwirkung auf die Brüxer Geschichte keinerlei Erwähnung finden. Es ist nur folgerichtig, wenn dann über die Drucklegung der Stadt rechte i. I. 1536, sowie über die vermehrten Auflagen der Landes- ordnung und der Stadtrechte Stillschweigen beobachtet wird. Die ein schneidenden Maßregeln Ferdinands I. nach dem blutigen Landtage werden wohl gestreift, doch nicht im nothwendigen Zusammenhange und eingehend genug behandelt. Was S. 38 und S. 164 gesagt wird, gehört zusammen. Die Errichtung des Appellationshofes in Prag 1548 und der Landtags beschluß von 1610 sind auch für die Brüxer Geschichte zu wichtige Ereig- nisse und lassen sich nicht mit ein Paar Zeilen abthun. Warum bringt der Verfasser das so bedeutsame Privilegium Ferdinands I. vom 30. März 1549 nicht zur Gänze, welchen Vorgang er bei viel minder wichtigen Urkunden beobachtet? Sein Auszug (S. 164) ist überdies von sachlichen Irrthümern nicht frei. So scheint es, als ob er die Einsetzung der Königsrichter nicht als eine vollständig neue Einrichtung ansehen, sondern in der Ferdinandischen Bestimmung uur eine Erweiterung des Wirkungs- kreises der früheren Richter erblicken würde. Dem ist aber in Wirklichkeit nicht so. Das alte Erbrichteramt war längst erloschen und steht mit dem Königsrichteramte in gar keiner Beziehung. Die Königsrichter waren von Ferdinand I. ganz neu geschaffene königliche Beamte, welche dem Stadt- rathe gegenüber eine überwachende Stellung einnahmen und dessen auto- nomen Wirkungskreis durch eine Art von Betorecht wesentlich einschränkten. Ferdinand III. erließ übrigens für die königlichen Richter eine umfassende Instruction, aus welcher die ausgedehnte Amtscompetenz dieser königlichen Organe auf das Genaueste zu erfahren ist. Die Handwerkerzechen wurden durch oben genanntes Privilegium Ferdinands gänzlich aufgehoben und die Zunftordnungen nur in jenen Theilen belassen, welche sich auf die Aufnahme ins Handwerk bezogen. Uebrigens bestätigte Ferdinand nur jene Privilegien der Stadt, die ihm vorgelegt worden waren, ausdrücklich bemerkend, daß alle Anderen keine Geltung besitzen sollten. Wir fragen weiter — um noch einiges von Cori gar nicht Berück- sichtigte hervorzuheben — sind denn die vernewerte Landesordnung Fer- dinands II., die Declarationen und Novellen Ferdinands III., die von Weingarten herausgegebenen Codices (Ferdinandeo-Leopoldinus, Fer- dinandeo-Leopoldino, Josephino-Carolinus), die drei Fortsetzungen zu
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227 denselben, sowie die ganze Maria Theresianische Verwaltungss und Gesetz- gebungsreform so gauz spurlos an den Verhältnissen und Geschicken der königlichen Stadt Brüx vorübergegangen, so daß sie gar nicht erwähnt zu werden brauchen? Und was sollen wir erst dazu sagen, daß in der Geschichte einer deutschen Stadt, und eine solche zu sein von ihrer Begründung angefangen darf sich Brüx mit vollem Rechte rühmen, von den großen Reformen des edlen Volkskaisers Josephs II. auch nicht ein Sterbenswörtchen zu lesen ist? Und das konnte in einer Zeit geschehen, in welcher in allen deutschen Gauen des Landes die Liebe und Begeisterung für den unvergeßlichen Fürsten in hellen Flammen emporloderte und dem „Schätzer der Menschheit“ auf Bergen und in Thälern, in Städten und Dörfern die herrlichsten Bildsäulen in Stein und Erz aufgestellt wurden! Die Errichtung des schönen Kaiser Josef-Denkmals in Brüx im Jahre 1882 bildet einen scharfen Einspruch der Bürger gegen den Vorgang ihres Geschichtsschreibers. Es liegt aber auch ein zweiter nicht minder schneidiger Protest aus Brüx vor und zwar im Vorworte des von Dr. Franz Siegel verfaßten Anhangs zur Corischen Geschichte. Siegel schreibt, er habe die Fortsetzung auf Wunsch des Herrn Bürgermeisters aber „besonders auch darum übernommen, weil die von Herrn Canonicus Cori über die Regierung Kaiser Josef II. gemachten Er- örterungen mit den Ansichten und Gefühlen aller Deutsch- österreicher, und was weit mehr ist, mit der geschichtlichen Wahrheit, dem vbjectiven Thatbestande in Widerspruch stehen und einer Berichtigung bedürfen. 1) Es hieße ungerecht sein, wollten wir schließlich nicht anerkennen, daß sachlich einzelne Partien der Corischen Geschichte sich in günstiger Weise von dem Ganzen abheben. Es sind dies namentlich die Ausführungen 1) Ich muß gestehen, daß ich eben nur zu wenig Erörterungen über Kaiser Joseph bei Cori fand. Des Näheren wird eigentlich uur die Reorganisation der Magistrate ausgeführt. Dieselbe wird freilich fälschlich beurtheilt, wenn sie „eine Aufhebung der freien Gemeindeverfassung“ (im Titel der VI. Periode) genannt wird. Die freie Gemeindeverfassung war lange vor Josef verschwunden, und die Städte beklagten es keineswegs, daß die königlichen Richter, eine wahre Geißel der Gemeinden, von Kaiser Joseph abgeschafft wurden. Die Wahl der Bürgermeister und Räthe wurde ja durch die kaiserlichen Decrete der Bürgerschaft überlassen. Daß aber bei Criminalgerichten wenigstens drei, bei Collegialgerichten wenigstens zwei und bei den übrigen regulirten Magi¬ straten wenigstens ein politisch und appellatorisch geprüfter Justizmann syste- misirt werden mißte, stellt sich als eine vom rein wissenschaftlich technischen Standpunkte aus wohl begründete und nothwendige Verfügung dar.
227 denselben, sowie die ganze Maria Theresianische Verwaltungss und Gesetz- gebungsreform so gauz spurlos an den Verhältnissen und Geschicken der königlichen Stadt Brüx vorübergegangen, so daß sie gar nicht erwähnt zu werden brauchen? Und was sollen wir erst dazu sagen, daß in der Geschichte einer deutschen Stadt, und eine solche zu sein von ihrer Begründung angefangen darf sich Brüx mit vollem Rechte rühmen, von den großen Reformen des edlen Volkskaisers Josephs II. auch nicht ein Sterbenswörtchen zu lesen ist? Und das konnte in einer Zeit geschehen, in welcher in allen deutschen Gauen des Landes die Liebe und Begeisterung für den unvergeßlichen Fürsten in hellen Flammen emporloderte und dem „Schätzer der Menschheit“ auf Bergen und in Thälern, in Städten und Dörfern die herrlichsten Bildsäulen in Stein und Erz aufgestellt wurden! Die Errichtung des schönen Kaiser Josef-Denkmals in Brüx im Jahre 1882 bildet einen scharfen Einspruch der Bürger gegen den Vorgang ihres Geschichtsschreibers. Es liegt aber auch ein zweiter nicht minder schneidiger Protest aus Brüx vor und zwar im Vorworte des von Dr. Franz Siegel verfaßten Anhangs zur Corischen Geschichte. Siegel schreibt, er habe die Fortsetzung auf Wunsch des Herrn Bürgermeisters aber „besonders auch darum übernommen, weil die von Herrn Canonicus Cori über die Regierung Kaiser Josef II. gemachten Er- örterungen mit den Ansichten und Gefühlen aller Deutsch- österreicher, und was weit mehr ist, mit der geschichtlichen Wahrheit, dem vbjectiven Thatbestande in Widerspruch stehen und einer Berichtigung bedürfen. 1) Es hieße ungerecht sein, wollten wir schließlich nicht anerkennen, daß sachlich einzelne Partien der Corischen Geschichte sich in günstiger Weise von dem Ganzen abheben. Es sind dies namentlich die Ausführungen 1) Ich muß gestehen, daß ich eben nur zu wenig Erörterungen über Kaiser Joseph bei Cori fand. Des Näheren wird eigentlich uur die Reorganisation der Magistrate ausgeführt. Dieselbe wird freilich fälschlich beurtheilt, wenn sie „eine Aufhebung der freien Gemeindeverfassung“ (im Titel der VI. Periode) genannt wird. Die freie Gemeindeverfassung war lange vor Josef verschwunden, und die Städte beklagten es keineswegs, daß die königlichen Richter, eine wahre Geißel der Gemeinden, von Kaiser Joseph abgeschafft wurden. Die Wahl der Bürgermeister und Räthe wurde ja durch die kaiserlichen Decrete der Bürgerschaft überlassen. Daß aber bei Criminalgerichten wenigstens drei, bei Collegialgerichten wenigstens zwei und bei den übrigen regulirten Magi¬ straten wenigstens ein politisch und appellatorisch geprüfter Justizmann syste- misirt werden mißte, stellt sich als eine vom rein wissenschaftlich technischen Standpunkte aus wohl begründete und nothwendige Verfügung dar.
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228 über die kirchlichen Verhältnisse im allgemeinen, über das Eindringen der Reformation, über die leidenschaftlichen Parteikämpfe zwischen Protestanten und Katholiken, über die Gegenreformation und über die Schicksale der Stadt und Burg während des dreißigjährigen Krieges. In diesen Ab- schnitten zeigt der Verfasser Verständniß des Stoffes und bemüht sich mit großem Fleiße die archivalischen Quellen auszunützen.1) Die allgemeine Literatur wird allerdings fast ganz vernachlässigt. Daß der Standpunkt des Verfassers in religiösen Dingen ein streng katholischer ist, bleibe unange- fochten, es muß vielmehr anerkannt werden, daß die gegnerischen Meinungen und Bestrebungen keineswegs in gehässiger Weise beurtheilt werden. Soll ich ein Endurtheil über die Geschichte der königlichen Stadt Brüx von Cori in Kürze abgeben, so glaube ich wohl den Nachweis er stattet zu haben, daß dieselben auch nur mäßig gestellten wissenschaftlichen Anforderungen nicht entspricht. Guter Wille und Fleiß können dem Ver-- fasser nicht abgesprochen werden, und manches Brauchbare hat er zu Tage gefördert, das einem späteren Bearbeiter der Brüxer Stadtgeschichte zu Gute kommen wird. Sehr bedauerlich aber wäre es, wenn man in maß- gebenden Kreisen der Stadt sich der Anschauung hingeben würde, als wäre mit Cori's Arbeit für längere Zeit hinaus den Bedürfnissen der localen Geschichtsforschung Genüge geleistet. Im Gegentheil das wirkliche Bild der so ruhmreichen und glänzenden Vergangenheit von Brüx sollte ohne Verzeichnungen, in echten und vollen Farben und in wahrheitsgemäßer Beleuchtung der wackern Bürgerschaft, die nun seit mehr als sechshundert Jahren treue deutsche Wacht am Fuße der Landeswart hält, sobald als möglich zur wahren Belehrung, zur erfolgreichen Weckung der Liebe zur Heimat und zur thatsächlichen nationalen Erbauung vor Augen geführt werden. Aber es wird ganz vom Frischen eingesetzt werden müssen. Das Ausbessern und Flicken am alten Bau würde nicht zum Ziele führen. Der Grundrißz ist verfehlt, die Bausteine sind lückenhaft und brüchig, der verbindende Mörtel ohne Halt. Möge der neue Baumeister auch wirklich deutsch fühlen und deutsch schreiben. Nur noch wenig Worte über Dr. Siegels Fortsezung der Geschichte Cori's bis auf die Gegenwart. (S. 347—452). Muthet uns 1) Nicht benützte Quellen, wie Rowber, Piscator, Veit Albrecht haben wir schon oben nachgewiesen. Ergänzungen bieten die späteren Bände der Confirmations- bücher (Emler) sowie die Erectionsbücher (Borowy). S. 205 ist nicht der Bau nach dem Brande von 1515, sondern nach 1578 zu verstehen.
228 über die kirchlichen Verhältnisse im allgemeinen, über das Eindringen der Reformation, über die leidenschaftlichen Parteikämpfe zwischen Protestanten und Katholiken, über die Gegenreformation und über die Schicksale der Stadt und Burg während des dreißigjährigen Krieges. In diesen Ab- schnitten zeigt der Verfasser Verständniß des Stoffes und bemüht sich mit großem Fleiße die archivalischen Quellen auszunützen.1) Die allgemeine Literatur wird allerdings fast ganz vernachlässigt. Daß der Standpunkt des Verfassers in religiösen Dingen ein streng katholischer ist, bleibe unange- fochten, es muß vielmehr anerkannt werden, daß die gegnerischen Meinungen und Bestrebungen keineswegs in gehässiger Weise beurtheilt werden. Soll ich ein Endurtheil über die Geschichte der königlichen Stadt Brüx von Cori in Kürze abgeben, so glaube ich wohl den Nachweis er stattet zu haben, daß dieselben auch nur mäßig gestellten wissenschaftlichen Anforderungen nicht entspricht. Guter Wille und Fleiß können dem Ver-- fasser nicht abgesprochen werden, und manches Brauchbare hat er zu Tage gefördert, das einem späteren Bearbeiter der Brüxer Stadtgeschichte zu Gute kommen wird. Sehr bedauerlich aber wäre es, wenn man in maß- gebenden Kreisen der Stadt sich der Anschauung hingeben würde, als wäre mit Cori's Arbeit für längere Zeit hinaus den Bedürfnissen der localen Geschichtsforschung Genüge geleistet. Im Gegentheil das wirkliche Bild der so ruhmreichen und glänzenden Vergangenheit von Brüx sollte ohne Verzeichnungen, in echten und vollen Farben und in wahrheitsgemäßer Beleuchtung der wackern Bürgerschaft, die nun seit mehr als sechshundert Jahren treue deutsche Wacht am Fuße der Landeswart hält, sobald als möglich zur wahren Belehrung, zur erfolgreichen Weckung der Liebe zur Heimat und zur thatsächlichen nationalen Erbauung vor Augen geführt werden. Aber es wird ganz vom Frischen eingesetzt werden müssen. Das Ausbessern und Flicken am alten Bau würde nicht zum Ziele führen. Der Grundrißz ist verfehlt, die Bausteine sind lückenhaft und brüchig, der verbindende Mörtel ohne Halt. Möge der neue Baumeister auch wirklich deutsch fühlen und deutsch schreiben. Nur noch wenig Worte über Dr. Siegels Fortsezung der Geschichte Cori's bis auf die Gegenwart. (S. 347—452). Muthet uns 1) Nicht benützte Quellen, wie Rowber, Piscator, Veit Albrecht haben wir schon oben nachgewiesen. Ergänzungen bieten die späteren Bände der Confirmations- bücher (Emler) sowie die Erectionsbücher (Borowy). S. 205 ist nicht der Bau nach dem Brande von 1515, sondern nach 1578 zu verstehen.
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229 zunächst die im Vorworte angekündigte und auf S. 347 fig. ausgefühxte Ehrenrettung Kaiser Josephs wohlthuend an, so lesen wir um so lieber in den schlichten Ausführungen Siegels weiter, da dieselben nur thatsächlich Beglaubigtes und zum großen Theile vom greisen Verfafser Miterlebtes enthalten. Mit liebevoller Theilnahme schildert er uns die Schicksale seiner Baterstadt, die Leiden und Freuden der Bürgerschaft innerhalb des Zeit- raumes von hundert Jahren, den er, das Jahr 1848 als Grenze festhaltend, in zwei Abschnitte zerlegt. So oft es zum Verständnisse nothwendig er- scheint, wirft er einen Ausblick auf die entscheidenden im Lande und Staate sich vollziehenden Umwälzungen und zeigt uns deren Rückwirkung auf die Entwicklung der städtischen Verhältnisse. Wiewohl enge verknüpft mit der Führung der städtischen Angelegenheiten — seit 1848 war Siegel durch eine lange Reihe von Jahren Mitglied des Gemeindeausschusses und der Stadtvertretung — spricht er in großer Bescheidenheit uur selten von seiner eigenen Wirksamkeit (S. 387, 407, 416) und läßt gleiche Gerechtigkeit und Milde Freund und Feind gegenüber walten. Seine Ausführungen über das Jahr 1848, die folgenden Schilderungen der absolutistischen Zeit, der Verfassungskämpfe seit 1860 und der Art und Weise, wie auch nach Brüx in neuester Zeit der nationale Hader verpflanzt wurde, verdienen auch in weiteren Kreisen gelesen zu werden. Recht zeitgemäß ist die Erin- nerung an die Versammlung, die über Anregung der Stadt Politschka von Vertretern aller königlichen und Leibgedingstädte des Landes im April 1849 in Prag beschickt wurde. Die Tschechen waren weitaus in der Mehrheit, aber einer ihrer Abgeordneten stellte mit Rücksicht auf die Deutschen den Antrag, nur in deutscher Sprache zu verhandeln, und ohne jeglichen Wider spruch wurde dieser Antrag zum Beschlusse erhoben. (S. 382.) Klingt es ferner nicht wie ein Märchen aus uralter Zeit, wenn uns der Verfafser von den Launern, die heute eine deutsche Zuschrift des Leitmeritzer Con- sistoriums nicht mehr annehmen, folgenden Zwischenfall mittheilt: Am 9. Juli 1848 wurde in Brüx die Wahl für den constituirenden öster- reichischen Reichstag vorgenommen. Auch die Wähler des tschechischen Bezirkes Laun betheiligten sich an derselben. Gewählt wurde der deutsche Dichter Ed. Pokorny. „Die Wahl“ — so erzählt nun Siegel weiter, (S. 378) — „schloß mit einer Tafel im festlich geschmückten Schießhause, an welcher auch die tschechischen Wähler theilnahmen. Diese hatten sich bisher fest zusammen und von den deutschen Wählern fern gehalten. Anch an der Tafel zeigten sie Anfangs große Schüchternheit und Schweigsamkeit. Erst als die allgemeine Fröhlichkeit und der Wein sie etwas erwärmt hatten, vereinigten sich bei den zahlreichen Trinksprüchen auf den Kaiser,
229 zunächst die im Vorworte angekündigte und auf S. 347 fig. ausgefühxte Ehrenrettung Kaiser Josephs wohlthuend an, so lesen wir um so lieber in den schlichten Ausführungen Siegels weiter, da dieselben nur thatsächlich Beglaubigtes und zum großen Theile vom greisen Verfafser Miterlebtes enthalten. Mit liebevoller Theilnahme schildert er uns die Schicksale seiner Baterstadt, die Leiden und Freuden der Bürgerschaft innerhalb des Zeit- raumes von hundert Jahren, den er, das Jahr 1848 als Grenze festhaltend, in zwei Abschnitte zerlegt. So oft es zum Verständnisse nothwendig er- scheint, wirft er einen Ausblick auf die entscheidenden im Lande und Staate sich vollziehenden Umwälzungen und zeigt uns deren Rückwirkung auf die Entwicklung der städtischen Verhältnisse. Wiewohl enge verknüpft mit der Führung der städtischen Angelegenheiten — seit 1848 war Siegel durch eine lange Reihe von Jahren Mitglied des Gemeindeausschusses und der Stadtvertretung — spricht er in großer Bescheidenheit uur selten von seiner eigenen Wirksamkeit (S. 387, 407, 416) und läßt gleiche Gerechtigkeit und Milde Freund und Feind gegenüber walten. Seine Ausführungen über das Jahr 1848, die folgenden Schilderungen der absolutistischen Zeit, der Verfassungskämpfe seit 1860 und der Art und Weise, wie auch nach Brüx in neuester Zeit der nationale Hader verpflanzt wurde, verdienen auch in weiteren Kreisen gelesen zu werden. Recht zeitgemäß ist die Erin- nerung an die Versammlung, die über Anregung der Stadt Politschka von Vertretern aller königlichen und Leibgedingstädte des Landes im April 1849 in Prag beschickt wurde. Die Tschechen waren weitaus in der Mehrheit, aber einer ihrer Abgeordneten stellte mit Rücksicht auf die Deutschen den Antrag, nur in deutscher Sprache zu verhandeln, und ohne jeglichen Wider spruch wurde dieser Antrag zum Beschlusse erhoben. (S. 382.) Klingt es ferner nicht wie ein Märchen aus uralter Zeit, wenn uns der Verfafser von den Launern, die heute eine deutsche Zuschrift des Leitmeritzer Con- sistoriums nicht mehr annehmen, folgenden Zwischenfall mittheilt: Am 9. Juli 1848 wurde in Brüx die Wahl für den constituirenden öster- reichischen Reichstag vorgenommen. Auch die Wähler des tschechischen Bezirkes Laun betheiligten sich an derselben. Gewählt wurde der deutsche Dichter Ed. Pokorny. „Die Wahl“ — so erzählt nun Siegel weiter, (S. 378) — „schloß mit einer Tafel im festlich geschmückten Schießhause, an welcher auch die tschechischen Wähler theilnahmen. Diese hatten sich bisher fest zusammen und von den deutschen Wählern fern gehalten. Anch an der Tafel zeigten sie Anfangs große Schüchternheit und Schweigsamkeit. Erst als die allgemeine Fröhlichkeit und der Wein sie etwas erwärmt hatten, vereinigten sich bei den zahlreichen Trinksprüchen auf den Kaiser,
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230 — die Verfassung, die Freiheit, die Einigkeit der Natio- nalitäten u. s. w., die vom Bürgermeister Kutschera jedesmal ins Tschechische übersetzt wurden, die Živioš und Vyborně der Tschechen offen und freudig mit den Hochrufen der Deutschen. Daß Siegel nicht nur seiner deutschen Vaterstadt, sondern auch seinem deutschen Volke in inniger Liebe zugethan ist, das zeigt er auch als Chronist. Aber er ist nichts weniger, als ein nationaler Heißsporn, und die Ruhe und Abklärung des Alters führen seine Feder. Wenn er defsenungeachtet mit einer gewissen Erbitterung von den tschechischen Be- strebungen seit 1882 spricht, in die deutsche Stadt den Zündstoff zum uationalen Hader zu schleudern, so wird man das allzu erklärlich finden. Man braucht nur den ganz sachlich gehaltenen Abschnitt über die Einbür- gerung tschechischer Schulen in Brüx und Wenzelsdorf zu lesen (S. 444 flg.), um zu begreifen, wie schwer sich auch die Gemäßigsten unter der Bürger schaft über die hiebei angewandten Mittel und leicht zu errathenden Ziele nicht nur in ihrer nationalen Empfindung, sondern auch in ihrem Rechts- bewußtsein verletzt fühlen mußten. Es lag in der Absicht Siegels, nur einen gedrängten Abriß der Geschichte der Stadt Brüx in den letzten hundert Jahren zu liefern und uur auf die wichtigeren Ereignisse dieses Zeitraumes hinzuweisen. Daß er manches ihm unwesentlich erscheinende überschlägt, das Andere dagegen für recht bedeutsam halten, kann nicht unerwähnt bleiben. So ist es z. B. auffallend, daß er des Niederganges des Gymnastums unter dem „gewissen Rector“ eingehend gedenkt, dagegen es unterläßt, den großen Auf- schwung dieser Lehxanstalt in jener Zeit hervorzuheben, als Ressel, Albrecht, Voigt und Kahl an derselben wirkten. Insbesondere aber vermissen wir einige Worte der Anerkennung, gewidmet der unvergeßlichen Wirksamkeit des Professor Wenzel Zacharias Ressel, der in Brüx und über das Weich¬ bild der Stadt hinaus in so hohem Ansehen stand. Die hervorragende und erfolgreiche Thätigkeit dieses bedeutenden Mannes, welcher in Brüx seine zweite Heimat gefunden hatte, auf dem Gebiete der Schule und Wissenschaft hätte wenigstens angedeutet werden können. Für die Hervor hebung der Thatsache aber, daß Ressel als Mitglied der Gemeindever tretung den wenn auch erfolglosen Antrag auf Behebung der Ungleichheit der Steuerfreiheit in der Bürgerschaft im Jahre 1862 einbrachte, daß die Gemeindevertretung dem wackern Manne, als er sich im Jahre 1872 in den Ruhestand zurückzog, den wohlverdienten Dank aussprach und ihm als äußeres Zeichen der Anerkennung einen Ehren-Ruhegehalt anbot, daß endlich die Mitbürger das Andenken des im Jahre 1886 Dahingeschiedenen
230 — die Verfassung, die Freiheit, die Einigkeit der Natio- nalitäten u. s. w., die vom Bürgermeister Kutschera jedesmal ins Tschechische übersetzt wurden, die Živioš und Vyborně der Tschechen offen und freudig mit den Hochrufen der Deutschen. Daß Siegel nicht nur seiner deutschen Vaterstadt, sondern auch seinem deutschen Volke in inniger Liebe zugethan ist, das zeigt er auch als Chronist. Aber er ist nichts weniger, als ein nationaler Heißsporn, und die Ruhe und Abklärung des Alters führen seine Feder. Wenn er defsenungeachtet mit einer gewissen Erbitterung von den tschechischen Be- strebungen seit 1882 spricht, in die deutsche Stadt den Zündstoff zum uationalen Hader zu schleudern, so wird man das allzu erklärlich finden. Man braucht nur den ganz sachlich gehaltenen Abschnitt über die Einbür- gerung tschechischer Schulen in Brüx und Wenzelsdorf zu lesen (S. 444 flg.), um zu begreifen, wie schwer sich auch die Gemäßigsten unter der Bürger schaft über die hiebei angewandten Mittel und leicht zu errathenden Ziele nicht nur in ihrer nationalen Empfindung, sondern auch in ihrem Rechts- bewußtsein verletzt fühlen mußten. Es lag in der Absicht Siegels, nur einen gedrängten Abriß der Geschichte der Stadt Brüx in den letzten hundert Jahren zu liefern und uur auf die wichtigeren Ereignisse dieses Zeitraumes hinzuweisen. Daß er manches ihm unwesentlich erscheinende überschlägt, das Andere dagegen für recht bedeutsam halten, kann nicht unerwähnt bleiben. So ist es z. B. auffallend, daß er des Niederganges des Gymnastums unter dem „gewissen Rector“ eingehend gedenkt, dagegen es unterläßt, den großen Auf- schwung dieser Lehxanstalt in jener Zeit hervorzuheben, als Ressel, Albrecht, Voigt und Kahl an derselben wirkten. Insbesondere aber vermissen wir einige Worte der Anerkennung, gewidmet der unvergeßlichen Wirksamkeit des Professor Wenzel Zacharias Ressel, der in Brüx und über das Weich¬ bild der Stadt hinaus in so hohem Ansehen stand. Die hervorragende und erfolgreiche Thätigkeit dieses bedeutenden Mannes, welcher in Brüx seine zweite Heimat gefunden hatte, auf dem Gebiete der Schule und Wissenschaft hätte wenigstens angedeutet werden können. Für die Hervor hebung der Thatsache aber, daß Ressel als Mitglied der Gemeindever tretung den wenn auch erfolglosen Antrag auf Behebung der Ungleichheit der Steuerfreiheit in der Bürgerschaft im Jahre 1862 einbrachte, daß die Gemeindevertretung dem wackern Manne, als er sich im Jahre 1872 in den Ruhestand zurückzog, den wohlverdienten Dank aussprach und ihm als äußeres Zeichen der Anerkennung einen Ehren-Ruhegehalt anbot, daß endlich die Mitbürger das Andenken des im Jahre 1886 Dahingeschiedenen
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231 — durch Aufstellung eines würdigen Grabdenkmals auszeichneten — für die Erwähnung dieser Thatsachen hätte sich in der Chronik Siegels schon Raum finden lassen. Die letzten Blätter seiner Geschichte widmet Siegel der Darstellung des großen inneren und äußeren Aufschwunges, den die Stadt Brüx unter dem seit 1877 bis heute an der Spitze des Gemeinwesens stehenden Bür- germeister Karl von Pohnert genommen hat. Mit vollem Rechte hebt er das unermüdliche und von reichen Erfolgen begleitete Wirken desselben in warmen Worten hervor. Seiner rastlosen, opferwilligen und umsichtigen Thätigkeit gelang es, eine Reihe wichtiger Angelegenheiten, die seit längerer Zeit in Schwebe standen, der glücklichen Lösung zuzuführen. Er führte den Neubau des Gerichtsgebäudes, den man schon vor 30 Jahren in Berathung genommen hatte, trotz aller Schwierigkeiten in gelungener Weise durch und ließ sich durch den unter seinem Vorgänger mißrathenen Versuch nicht zurückschrecken, seine volle Kraft für die Bewältigung der so dringlichen Wasserfrage einzusetzen. Die Herstellung einer Wasserversorgung von mächtiger Ausdehnung und reicher Fülle, wie sich deren keine zweite Stadt des Landes rühmen kann, krönte sein unablässiges Bemühen. Ein weiteres Denkmal setzte sich Pohnert durch die Aufführung eines höchst zweckmäßigen städtischen Badehauses, wodurch er ein lange empfundenes Bedürfniß der Bewohnerschaft befriedigte. Und so greift denn, wie Siegel schildert, Carl von Pohnert überall mit kräftiger Hand ein, wo es gilt, Gemeinnüttziges zu schaffen, die Blüthe seiner Vaterstadt zu fördern, aber auch den nationalen Charakter derselben treu zu wahren. Möge der Herr Bürgermeister, welcher durch die Neuaufstellung des Archivs, durch Gründung des städtischen Museums, durch Förderung der Herausgabe von Quellenschriften der Geschichte seiner Vaterstadt, durch den überaus warmen Empfang unseres Vereines bei Gelegenheit seiner Wanderver- sammlung im Jahre 1882 den vollen Beweis seiner Werthschätzung histo- rischer Forschung erbracht hat, auch fernerhin in dieser Richtung seine Thätigkeit nicht erlahmen lassen zum Nutz und Frommen, zur Ehre und zum Ruhme der deutschen Stadt Brüx.
231 — durch Aufstellung eines würdigen Grabdenkmals auszeichneten — für die Erwähnung dieser Thatsachen hätte sich in der Chronik Siegels schon Raum finden lassen. Die letzten Blätter seiner Geschichte widmet Siegel der Darstellung des großen inneren und äußeren Aufschwunges, den die Stadt Brüx unter dem seit 1877 bis heute an der Spitze des Gemeinwesens stehenden Bür- germeister Karl von Pohnert genommen hat. Mit vollem Rechte hebt er das unermüdliche und von reichen Erfolgen begleitete Wirken desselben in warmen Worten hervor. Seiner rastlosen, opferwilligen und umsichtigen Thätigkeit gelang es, eine Reihe wichtiger Angelegenheiten, die seit längerer Zeit in Schwebe standen, der glücklichen Lösung zuzuführen. Er führte den Neubau des Gerichtsgebäudes, den man schon vor 30 Jahren in Berathung genommen hatte, trotz aller Schwierigkeiten in gelungener Weise durch und ließ sich durch den unter seinem Vorgänger mißrathenen Versuch nicht zurückschrecken, seine volle Kraft für die Bewältigung der so dringlichen Wasserfrage einzusetzen. Die Herstellung einer Wasserversorgung von mächtiger Ausdehnung und reicher Fülle, wie sich deren keine zweite Stadt des Landes rühmen kann, krönte sein unablässiges Bemühen. Ein weiteres Denkmal setzte sich Pohnert durch die Aufführung eines höchst zweckmäßigen städtischen Badehauses, wodurch er ein lange empfundenes Bedürfniß der Bewohnerschaft befriedigte. Und so greift denn, wie Siegel schildert, Carl von Pohnert überall mit kräftiger Hand ein, wo es gilt, Gemeinnüttziges zu schaffen, die Blüthe seiner Vaterstadt zu fördern, aber auch den nationalen Charakter derselben treu zu wahren. Möge der Herr Bürgermeister, welcher durch die Neuaufstellung des Archivs, durch Gründung des städtischen Museums, durch Förderung der Herausgabe von Quellenschriften der Geschichte seiner Vaterstadt, durch den überaus warmen Empfang unseres Vereines bei Gelegenheit seiner Wanderver- sammlung im Jahre 1882 den vollen Beweis seiner Werthschätzung histo- rischer Forschung erbracht hat, auch fernerhin in dieser Richtung seine Thätigkeit nicht erlahmen lassen zum Nutz und Frommen, zur Ehre und zum Ruhme der deutschen Stadt Brüx.
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Iiftheiſungen bes Vereines für Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXVIII. Jahrgang. Redigirt von Dr. Cudwig Scceſinger. Nebst der literartschen Beilage. — Prag 1890. Im Selbstverlage des Vereins und in Commission bei H. Dominieus für die Desterreichisch-Ungarische Monarchie. Leipzig und Wien. In Commission bei F. A. Brockhaus.
Iiftheiſungen bes Vereines für Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXVIII. Jahrgang. Redigirt von Dr. Cudwig Scceſinger. Nebst der literartschen Beilage. — Prag 1890. Im Selbstverlage des Vereins und in Commission bei H. Dominieus für die Desterreichisch-Ungarische Monarchie. Leipzig und Wien. In Commission bei F. A. Brockhaus.
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