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Název:
Die Kanzlei der böhmischen Könige Přemysl Ottokars II. und Wenzels II. und die aus derselben hervorgegangenen Formelbücher
Autor:
Emler, Josef
Rok vydání:
1878
Místo vydání:
Praha
Česká národní bibliografie:
Počet stran celkem:
63
Obsah:
- 1: Titel
- 3: Edice
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DIE KANZLEI DER BÖHMISCHEN KONIGE PREMYSL OTTOKARS II. UND WENZELS II. UND DIE AUS DERSELBEN HERVORGEGANGENEN FORMELBÜCHER. VON JOSEF EMLER. (ABHANDLUNGEN DER KÖNIGL. BÖHM. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. VI. FOLGE, 9. BAND.) (Klasse für Philosophie, Geschichte und Philologie. Nro. 2.) PRAG. Verlag der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. — Druck von Dr. Ed. Grégr. 1878. Commission: Dr. Grégr & Ferd. Dattel.
DIE KANZLEI DER BÖHMISCHEN KONIGE PREMYSL OTTOKARS II. UND WENZELS II. UND DIE AUS DERSELBEN HERVORGEGANGENEN FORMELBÜCHER. VON JOSEF EMLER. (ABHANDLUNGEN DER KÖNIGL. BÖHM. GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. VI. FOLGE, 9. BAND.) (Klasse für Philosophie, Geschichte und Philologie. Nro. 2.) PRAG. Verlag der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. — Druck von Dr. Ed. Grégr. 1878. Commission: Dr. Grégr & Ferd. Dattel.
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Die Nebenarbeiten, die ich bei der Zusammenstellung des 2. Bandes der Regesten von Böhmen und Mähren vornehmen musste, überzeugten mich, dass die Erörterungen welche über die Kanzlei der zwei bedeutendsten Premysliden, Ottokars II. und Wenzels II., in verschiedenen Werken, namentlich in den letzten zwei Decennien, der Öffentlichkeit über- geben wurden, theils einer Ergänzung theils einer Richtigstellung bedürfen. Dies hat mich bewogen den Gegenstand eingehender zu behandeln, um in dieser Richtung die Forschung wo möglich zum Abschlusse zu bringen. Das letztere schien mir aus dem Grunde ausführbar zu sein, da die Hauptmasse der bis jetzt aufgefundenen Urkunden der böhm. Könige Otto- kars II. und Wenzels II. nun beisammen ist und die Nachträge wol nicht bedeutend sein werden, so dass die gewonnenen Resultate wenigstens keine wesentliche Alterirung erleiden dürften. Um ein besseres Verständniss des behandelten Stoffes zu erzielen, habe ich mir erlaubt, auch eine Uibersicht des älteren böhm. Kanzleiwesens vor Premysl Ottokar II. voraus- zuschicken. Vor dem fünften Decennium des XII. Jahrhundertes ist uns über die Leitung des Kanzleiwesens der böhm. Fürsten gar nichts bekannt; denn weder die annalistischen Auf- zeichnungen noch die echten Urkunden enthalten über diesen Gegenstand Nachrichten, die vor diese Zeit reichen würden. Es lässt sich wol nicht denken, dass die böhmischen Herzoge bei ihren Regierungsgeschäften ohne eine eigene Kanzlei hätten bestehen können; diese exi- stirte sicher in Böhmen ebenso wie bei den benachbarten Fürstenhöfen, aber sie war mehr für den Verkehr mit dem Auslande bestimmt. Für Böhmen selbst wurden damals wie noch lange nach der Mitte des XII. Jahrhundertes verhältnissmässig wenige Urkunden ausgestellt: man half sich statt der urkundlichen Zeugnisse mit mündlicher Zeugenschaft, die in den meisten Fällen ausreichte, indem nach dem böhm. Rechte schon ein dreijähriger unange- fochtener Besitz von was immer für Gerechtsamen dieselben dem Besitzer sicherte. Dadurch lässt sich am besten der grosse Mangel an Urkunden böhmischer Fürsten vor 1150, na- mentlich an echten Urkunden erklären. Denn von den wenigen Urkundenstücken, die wir aus der Zeit vor 1150 aus Böhmen besitzen, sind fast alle wenigstens der Form nach für ver- dächtig oder gar für ganz unecht anzusehen. Es scheint, dass erst unter dem Herzoge, später Könige Wladislaw I. eine Reform der böhm. Hofkanzlei vorgenommen wurde; denn erst unter seiner Regierung werden Persön- lichkeiten genannt, denen die Leitung der böhmischen Hofkanzlei anvertraut war, und erst seit dieser Zeit bekommen die von böhm. Herzogen und Königen ausgestellten Urkunden nach und nach eine solche Form, wie wir sie bei den gleichzeitigen Urkunden der Nachbar- fürsten antreffen. Es lässt sich kaum leugnen, dass in dieser Richtung vor allem die Bezie-
Die Nebenarbeiten, die ich bei der Zusammenstellung des 2. Bandes der Regesten von Böhmen und Mähren vornehmen musste, überzeugten mich, dass die Erörterungen welche über die Kanzlei der zwei bedeutendsten Premysliden, Ottokars II. und Wenzels II., in verschiedenen Werken, namentlich in den letzten zwei Decennien, der Öffentlichkeit über- geben wurden, theils einer Ergänzung theils einer Richtigstellung bedürfen. Dies hat mich bewogen den Gegenstand eingehender zu behandeln, um in dieser Richtung die Forschung wo möglich zum Abschlusse zu bringen. Das letztere schien mir aus dem Grunde ausführbar zu sein, da die Hauptmasse der bis jetzt aufgefundenen Urkunden der böhm. Könige Otto- kars II. und Wenzels II. nun beisammen ist und die Nachträge wol nicht bedeutend sein werden, so dass die gewonnenen Resultate wenigstens keine wesentliche Alterirung erleiden dürften. Um ein besseres Verständniss des behandelten Stoffes zu erzielen, habe ich mir erlaubt, auch eine Uibersicht des älteren böhm. Kanzleiwesens vor Premysl Ottokar II. voraus- zuschicken. Vor dem fünften Decennium des XII. Jahrhundertes ist uns über die Leitung des Kanzleiwesens der böhm. Fürsten gar nichts bekannt; denn weder die annalistischen Auf- zeichnungen noch die echten Urkunden enthalten über diesen Gegenstand Nachrichten, die vor diese Zeit reichen würden. Es lässt sich wol nicht denken, dass die böhmischen Herzoge bei ihren Regierungsgeschäften ohne eine eigene Kanzlei hätten bestehen können; diese exi- stirte sicher in Böhmen ebenso wie bei den benachbarten Fürstenhöfen, aber sie war mehr für den Verkehr mit dem Auslande bestimmt. Für Böhmen selbst wurden damals wie noch lange nach der Mitte des XII. Jahrhundertes verhältnissmässig wenige Urkunden ausgestellt: man half sich statt der urkundlichen Zeugnisse mit mündlicher Zeugenschaft, die in den meisten Fällen ausreichte, indem nach dem böhm. Rechte schon ein dreijähriger unange- fochtener Besitz von was immer für Gerechtsamen dieselben dem Besitzer sicherte. Dadurch lässt sich am besten der grosse Mangel an Urkunden böhmischer Fürsten vor 1150, na- mentlich an echten Urkunden erklären. Denn von den wenigen Urkundenstücken, die wir aus der Zeit vor 1150 aus Böhmen besitzen, sind fast alle wenigstens der Form nach für ver- dächtig oder gar für ganz unecht anzusehen. Es scheint, dass erst unter dem Herzoge, später Könige Wladislaw I. eine Reform der böhm. Hofkanzlei vorgenommen wurde; denn erst unter seiner Regierung werden Persön- lichkeiten genannt, denen die Leitung der böhmischen Hofkanzlei anvertraut war, und erst seit dieser Zeit bekommen die von böhm. Herzogen und Königen ausgestellten Urkunden nach und nach eine solche Form, wie wir sie bei den gleichzeitigen Urkunden der Nachbar- fürsten antreffen. Es lässt sich kaum leugnen, dass in dieser Richtung vor allem die Bezie-
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4 hungen Wladislaws I. zum deutschen Hofe und seine Erhebung zum Könige von Böhmen von entscheidendem Einflusse war. Einige Jahre nach der Kronbesteigung dieses Fürsten wird der älteste uns bekannte böhmische Hofkanzler genannt. Er hiess Alexander, war ein Bruder des nachmaligen berühmten Prager Bischofs Daniel und bekleidete auch die Stelle des Probstes von Wyšehrad, zu welcher er wahrscheinlich nach der Absetzung des früheren, verheirateten Probstes Hugo, die durch den päpstlichen Legaten Quido im J. 1143 erfolgte, gelangt war. Alexander starb am 18. Oktober 1146 in Konstantinopel, wo er als Gesandter des Herzogs weilte. 1) Das Amt eines böhm. Kanzlers nahm wol unmittelbar nach ihm ein gewisser Bartholomäus ein, von dem wir weiter nichts mehr wissen, als dass er den Herzog Wladislaw im J. 1148 auf dem Kreuzzuge begleitete, mit vielen anderen Böhmen in die Gefangenschaft der Türken gerieth und abgeführt wurde, so dass man in der Folge nichts sicheres von ihm erfahren konnte. 2) Es ist höchst wahrscheinlich, dass dem Bartholomäus in der Kanzlerwürde der Wyšehrader Probst Gervasius unmittelbar folgte, obgleich derselbe erst im J. 1157 ausdrücklich Kanzler von Böhmen genannt wird. 3) Gervasius war ein Ausländer 4) und übte einen entscheidenden Einfluss auf die Regierungsgeschäfte Wladislaws I. aus. Ihn und den Prager Bischof Daniel bezeichnet der gleichzeitige und wolunterrichtete Prager Domherr und Chronist Vincentius nicht ganz vorwurfsfrei als die Urheber der zwischen Kaiser Friedrich I. und Wladislaw getroffenen Abmachung, in Folge welcher der Böhmenherzog gegen Verleihung der Königswürde und der Burg Bautzen sammt Gebiet dem Kaiser versprach, ein Kriegsheer gegen Mailand in eigener Person zuzuführen. Gervasius begleitete sodann seinen König nach Italien und war sowol vor als auch nach diesem glorreichen Zuge die Seele der meisten Verhandlungen mit dem Auslande unter Wladislaw. Dies bezeugen die Worte des Domherrn Vincentius, wenn er den Gervasius als „virum magni consilii,“ „in quo maxime domini regis pendebat consilium“ und als "vir venerabilis et coram deo et hominibus approbatus“ bezeichnet. Seine Stellung als Kanzler behielt Gervasius auch unter Wladislaws Nachfolgern Friedrich und Soběslaw bis zu seinem Tode (1178). 5) Während der Kanzlerschaft des Gervasius tauchen auch zum erstenmale Personen auf, die in der böhm. Kanzlei beschäftigt waren und zum Kanzler im Verhältniss einer Unterordnung standen. Leider sind gar keine Anhaltspunkte vorhanden, um die Art und Weise der Geschäftstheilung zwischen dem Kanzler und dessen untergeordneten Beamten zu bestimmen. Diese werden bald notarii bald subcancellarii genannt und hiessen Martinus und Florianus. Der erstere war ein Neffe (nepos) des Kanzlers Gervasius *) und wird theils 1) Vincentii chronicon. Font. rer. Boh. II, 416. — Reg. Boh. I, 105, 109, 110. 2) Vincentii chr. Font. rer. Boh. II, 418. Vincentii chron. Fontes rer. Boh. II, 424. — Gervasius wird wol schon im J. 1146 (Reg. Boh. I, N. 265) als Kanzler angeführt, aber dieses Schriftstück ist das Produkt einer späteren Zeit, da in demselben Wladislaw bereits König genannt wird. Dies erhellt aus der Contin. Cosmae canonici Wissegrad. Fontes rerum Boh. II, 237, welche auch die Ansicht zu unterstützen scheint, dass Gervasius unmittelbar nach Bartholomäus Kanzler wurde. Reg. Boh. I, N. 304, 306, 315, 319, 327, 330, 337, 340, 354, 357, 358, 366. 6) Vincentii chron. Font. rer. Boh. II, 457. 3) 1) 5)
4 hungen Wladislaws I. zum deutschen Hofe und seine Erhebung zum Könige von Böhmen von entscheidendem Einflusse war. Einige Jahre nach der Kronbesteigung dieses Fürsten wird der älteste uns bekannte böhmische Hofkanzler genannt. Er hiess Alexander, war ein Bruder des nachmaligen berühmten Prager Bischofs Daniel und bekleidete auch die Stelle des Probstes von Wyšehrad, zu welcher er wahrscheinlich nach der Absetzung des früheren, verheirateten Probstes Hugo, die durch den päpstlichen Legaten Quido im J. 1143 erfolgte, gelangt war. Alexander starb am 18. Oktober 1146 in Konstantinopel, wo er als Gesandter des Herzogs weilte. 1) Das Amt eines böhm. Kanzlers nahm wol unmittelbar nach ihm ein gewisser Bartholomäus ein, von dem wir weiter nichts mehr wissen, als dass er den Herzog Wladislaw im J. 1148 auf dem Kreuzzuge begleitete, mit vielen anderen Böhmen in die Gefangenschaft der Türken gerieth und abgeführt wurde, so dass man in der Folge nichts sicheres von ihm erfahren konnte. 2) Es ist höchst wahrscheinlich, dass dem Bartholomäus in der Kanzlerwürde der Wyšehrader Probst Gervasius unmittelbar folgte, obgleich derselbe erst im J. 1157 ausdrücklich Kanzler von Böhmen genannt wird. 3) Gervasius war ein Ausländer 4) und übte einen entscheidenden Einfluss auf die Regierungsgeschäfte Wladislaws I. aus. Ihn und den Prager Bischof Daniel bezeichnet der gleichzeitige und wolunterrichtete Prager Domherr und Chronist Vincentius nicht ganz vorwurfsfrei als die Urheber der zwischen Kaiser Friedrich I. und Wladislaw getroffenen Abmachung, in Folge welcher der Böhmenherzog gegen Verleihung der Königswürde und der Burg Bautzen sammt Gebiet dem Kaiser versprach, ein Kriegsheer gegen Mailand in eigener Person zuzuführen. Gervasius begleitete sodann seinen König nach Italien und war sowol vor als auch nach diesem glorreichen Zuge die Seele der meisten Verhandlungen mit dem Auslande unter Wladislaw. Dies bezeugen die Worte des Domherrn Vincentius, wenn er den Gervasius als „virum magni consilii,“ „in quo maxime domini regis pendebat consilium“ und als "vir venerabilis et coram deo et hominibus approbatus“ bezeichnet. Seine Stellung als Kanzler behielt Gervasius auch unter Wladislaws Nachfolgern Friedrich und Soběslaw bis zu seinem Tode (1178). 5) Während der Kanzlerschaft des Gervasius tauchen auch zum erstenmale Personen auf, die in der böhm. Kanzlei beschäftigt waren und zum Kanzler im Verhältniss einer Unterordnung standen. Leider sind gar keine Anhaltspunkte vorhanden, um die Art und Weise der Geschäftstheilung zwischen dem Kanzler und dessen untergeordneten Beamten zu bestimmen. Diese werden bald notarii bald subcancellarii genannt und hiessen Martinus und Florianus. Der erstere war ein Neffe (nepos) des Kanzlers Gervasius *) und wird theils 1) Vincentii chronicon. Font. rer. Boh. II, 416. — Reg. Boh. I, 105, 109, 110. 2) Vincentii chr. Font. rer. Boh. II, 418. Vincentii chron. Fontes rer. Boh. II, 424. — Gervasius wird wol schon im J. 1146 (Reg. Boh. I, N. 265) als Kanzler angeführt, aber dieses Schriftstück ist das Produkt einer späteren Zeit, da in demselben Wladislaw bereits König genannt wird. Dies erhellt aus der Contin. Cosmae canonici Wissegrad. Fontes rerum Boh. II, 237, welche auch die Ansicht zu unterstützen scheint, dass Gervasius unmittelbar nach Bartholomäus Kanzler wurde. Reg. Boh. I, N. 304, 306, 315, 319, 327, 330, 337, 340, 354, 357, 358, 366. 6) Vincentii chron. Font. rer. Boh. II, 457. 3) 1) 5)
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5 als vicecancellarius theils als notarius curiae regalis erwähnt. Im J. 1164 ging Martinus an der Spitze einer Gesandschaft des Königs Wladislaw nach Konstantinopel, später wurde er wahrscheinlich Probst von Leitmeritz (1169), sodann Probst von Prag (cc. 1175) und schliesslich (zwischen 1186—1189), wenn wir zwei Urkunden des Prager Johanniterhospitals trauen dürfen, „praeceptor hospitalis Jerosolimitani Ungariae, Bohemiae et omnium aliarum terrarum ab oriente et meridie et septentrione adjacentium.“ 1) Auch von ihm sagt Vincentius, dass er vom Könige Wladislaw hochgeachtet wurde („quem maxime fidelem sibi et dilectum habebat“). 2) Als zweiten Notar während der Kanzlerschaft des Wyšehrader Probstes Gervasius, welcher der Nachfolger des Gervasius war, findet man den Florianus. Er kommt zum ersten- male in einer vom Könige Wladislaw für die Prager Johanniter ausgestellten aber nicht ganz tadellosen Urkunde vom J. 1169 unter den Zeugen als vicecancellarius und in gleicher Eigenschaft in demselben Jahre in zwei anderen von diesem Könige dem Kloster Raigern verliehenen Privilegien, sodann im folgenden Jahre in einer Privaturkunde als Prager Domherr und notarius regis und in gleicher Eigenschaft im J. 1175 in der Kanzlei des Herzogs Soběslaw vor.3) Der Notar oder Vicekanzler Florian ist wol identisch mit derselben Person, der wir unter gleichem Namen seit dem J. 1180 in der Kanzlerwürde begegnen. Er gelangte zu derselben wahrscheinlich unmittelbar nach dem Tode des Gervasius (10. Febr. 1178), während zur Wyšehrader Probstei, die, wie oben erwähnt wurde, Gervasius auch besass, Heinrich Břetislaw, ein Sohn des Prinzen Heinrich, eines Bruders Wladislaw I, befördert wurde, und erst als dieser den Prager Bischofsitz bestieg, erhielt Florian zu seiner Kanzler- würde, auch die Präpositur von Wyšehrad (1182). Seit dieser Zeit wird Florian bald als Probst von Wyšehrad, bald in beiden Eigenschaften erwähnt 4). In der Zeit zwischen 1192 bis 1194 erlangte er die Präpositur der Prager Kirche, blieb jedoch auch dann Kanzler, und zwar, wie es scheint, bis zum J. 1197. Florian besass also die einflussreiche Hofwürde eines Kanzlers in den unruhigen und wechselvollen Zeiten der Herzoge Friedrich, Konrad Otto, Premysl und Heinrich Břetislaw, wahrscheinlich auch während der kurzen Regierung Wenzels (1191—1192), aus der sich jedoch von ihm keine Urkunde erhalten hat; erst die Umwälzung des J. 1197, bei welcher Premysl Ottokar I. auf den Thron gelangte, scheint einen Wechsel in der Kanzlerwürde hervorgebracht zu haben. Wir machen diesen Schluss aus dem Umstande, dass nach dem Tode des Herzogs und Bischofs Heinrich Břetislaw Florian nicht mehr als Kanzler vorkommt, sondern selbst in königl. Urkunden immer nur Probst der Prager Kirche genannt wird; doch wird während dieser Zeit (1197—1203) auch kein anderer Kanzler angeführt. Wenn nun im J. 1187 in zwei für das Wyšehrader Kapitel vom Herzoge Friedrich ausgestellten Urkunden magister Alexander Pragensis et cancellarius und mag. Alexander cancellarius als Datar erscheint, 5) und wenn man in einer im J. 1195 für das mährische 1) Reg. Boh. I, 174, 175. Vincentii chron. Fontes rer. Boh. II, 457. Reg. Boh. et Mor. I, N. 327, 329, 330, 352 und 357. Reg. Boh. I, N. 373, 374, 376, 378, 380, 381, 388, 392, 393, 401, 406, 411. 5) Reg. Boh. I, N. 392, 393. 2) 3y 4)
5 als vicecancellarius theils als notarius curiae regalis erwähnt. Im J. 1164 ging Martinus an der Spitze einer Gesandschaft des Königs Wladislaw nach Konstantinopel, später wurde er wahrscheinlich Probst von Leitmeritz (1169), sodann Probst von Prag (cc. 1175) und schliesslich (zwischen 1186—1189), wenn wir zwei Urkunden des Prager Johanniterhospitals trauen dürfen, „praeceptor hospitalis Jerosolimitani Ungariae, Bohemiae et omnium aliarum terrarum ab oriente et meridie et septentrione adjacentium.“ 1) Auch von ihm sagt Vincentius, dass er vom Könige Wladislaw hochgeachtet wurde („quem maxime fidelem sibi et dilectum habebat“). 2) Als zweiten Notar während der Kanzlerschaft des Wyšehrader Probstes Gervasius, welcher der Nachfolger des Gervasius war, findet man den Florianus. Er kommt zum ersten- male in einer vom Könige Wladislaw für die Prager Johanniter ausgestellten aber nicht ganz tadellosen Urkunde vom J. 1169 unter den Zeugen als vicecancellarius und in gleicher Eigenschaft in demselben Jahre in zwei anderen von diesem Könige dem Kloster Raigern verliehenen Privilegien, sodann im folgenden Jahre in einer Privaturkunde als Prager Domherr und notarius regis und in gleicher Eigenschaft im J. 1175 in der Kanzlei des Herzogs Soběslaw vor.3) Der Notar oder Vicekanzler Florian ist wol identisch mit derselben Person, der wir unter gleichem Namen seit dem J. 1180 in der Kanzlerwürde begegnen. Er gelangte zu derselben wahrscheinlich unmittelbar nach dem Tode des Gervasius (10. Febr. 1178), während zur Wyšehrader Probstei, die, wie oben erwähnt wurde, Gervasius auch besass, Heinrich Břetislaw, ein Sohn des Prinzen Heinrich, eines Bruders Wladislaw I, befördert wurde, und erst als dieser den Prager Bischofsitz bestieg, erhielt Florian zu seiner Kanzler- würde, auch die Präpositur von Wyšehrad (1182). Seit dieser Zeit wird Florian bald als Probst von Wyšehrad, bald in beiden Eigenschaften erwähnt 4). In der Zeit zwischen 1192 bis 1194 erlangte er die Präpositur der Prager Kirche, blieb jedoch auch dann Kanzler, und zwar, wie es scheint, bis zum J. 1197. Florian besass also die einflussreiche Hofwürde eines Kanzlers in den unruhigen und wechselvollen Zeiten der Herzoge Friedrich, Konrad Otto, Premysl und Heinrich Břetislaw, wahrscheinlich auch während der kurzen Regierung Wenzels (1191—1192), aus der sich jedoch von ihm keine Urkunde erhalten hat; erst die Umwälzung des J. 1197, bei welcher Premysl Ottokar I. auf den Thron gelangte, scheint einen Wechsel in der Kanzlerwürde hervorgebracht zu haben. Wir machen diesen Schluss aus dem Umstande, dass nach dem Tode des Herzogs und Bischofs Heinrich Břetislaw Florian nicht mehr als Kanzler vorkommt, sondern selbst in königl. Urkunden immer nur Probst der Prager Kirche genannt wird; doch wird während dieser Zeit (1197—1203) auch kein anderer Kanzler angeführt. Wenn nun im J. 1187 in zwei für das Wyšehrader Kapitel vom Herzoge Friedrich ausgestellten Urkunden magister Alexander Pragensis et cancellarius und mag. Alexander cancellarius als Datar erscheint, 5) und wenn man in einer im J. 1195 für das mährische 1) Reg. Boh. I, 174, 175. Vincentii chron. Fontes rer. Boh. II, 457. Reg. Boh. et Mor. I, N. 327, 329, 330, 352 und 357. Reg. Boh. I, N. 373, 374, 376, 378, 380, 381, 388, 392, 393, 401, 406, 411. 5) Reg. Boh. I, N. 392, 393. 2) 3y 4)
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6 Stift Klosterbruck ausgefertigten Urkunde Zdislaw (Stizlaus) als Probst von Wyšehrad und Kanzler des böhm. Herzogs erwähnt findet, 1) so liegt die Vermuthung nahe, dass gegen die Echtheit dieser Schriftstücke nicht unberechtigte Bedenken erhoben werden können. Die Klosterbrucker Urkunde müssen wir ohne weiters für falsch erklären. Die Wyšehrader Privile- gien lassen wol die Erklärung des Umstandes, dass gleichzeitig zwei Kanzler vorkommen, in der Weise zu, dass mag. Alexander, welcher Prager Domherr war, vielleicht als Kanzler der Prager Kirche angesehen werden könnte und bei der Ausstellung jener zwei Schriftstücke aus dem Grunde verwendet wurde, damit der Kanzler Florian nicht als Miturheber von Ur� kunden erscheine, die ihn und sein Capitel betrafen; indessen überzeugt uns die nähere Untersuchung des Inhaltes, dass diese Schriftstücke in der uns erhaltenen Form einer spä- teren Zeit angehören. 37 Während der Kanzlerschaft Florians finden wir in der herzoglichen Kanzlei als Notare einen gewissen Heinrich (cc. 1182)2) und Rapoto (Rabodo) seit 1192 beschäftigt;3) der letztere wird auch einfach scriba genannt. In dem ersten Decennium des XIII. Jahrhundertes sind die Namen der in der k. Kanzlei beschäftigten Persönlichkeiten so durcheinander geworfen, dass es schwer wird sich in dem Gewirre der Widersprüche zurechtznfinden und das rechte Verhältniss zu bestimmen. In der verdächtigen Urkunde des Klosters Ossek vom J. 1203 (April 24) lesen wir unter den Zeugen und als Datar den Wyšehrader Probst und k. Hofkanzler Cristannus, als Schreiber Benedikt und als Sigillator Anselm. 4) Eine gleichfalls verdächtige Urkunde vom 20. Juni desselben Jahres, welche der König Premysl Ottokar I. dem Kloster Hradišt in Mähren gegeben haben soll, nennt als Datar Arnoldus, angeblich Probst von Wyšehrad und Kanzler des Königs, 5) und eine echte undatirte aber etwa aus dem J. 1204 herrührende Urkunde zählt unter den Zeugen den Cristannus, Probst der Prager Kirche und Kanzler des Königs, und Benedikt, den königl. Notar und Domherrn derselben Kirche auf. 5) Dieser kommt in gleicher Eigenschaft unter den Zeugen der unechten Urkunde des Klosters Ostrow (17. Jän. 1205) vor ; als Datar wird in diesem Schriftstücke Rapoto angeführt, dem der Titel Hofkanzler beigelegt wird. ") Dieser ist auch der Datar einer für die Olmützer Kirche im J. 1207 aus- gestellten aber nicht tadellosen Urkunde; er heisst in derselben jedoch nur Notar; s) aber in einer andern Urkunde des Plasser Klosters von demselben Jahre hat er den Titel Kanzler.9) Eine Osseker Urkunde v. J. 1207 führt als Kanzler Benedikt an, und eine andere Urkunde desselben Stiftes vom 25. Apr. des folgenden Jahres (1208) nennt den Kanzler Christian als Datar. 1°) Nach diesen lückenhaften sich widersprechenden Daten ist es schwer über das da- 1) Reg. Boh. I, 424. Daselbst N. 374. 3) Daselbst N. 411, 413, 445. 5) Regesta Boh. I, N. 470. Daselbst I, N. 471. 6) Daselbst. N. 485. 1) Daselbst I, N. 489. Daselbst I, N. 501. * Daselbst I, N. 505. 10) Daselbst I, N. 504, 510. 2) 5) sv
6 Stift Klosterbruck ausgefertigten Urkunde Zdislaw (Stizlaus) als Probst von Wyšehrad und Kanzler des böhm. Herzogs erwähnt findet, 1) so liegt die Vermuthung nahe, dass gegen die Echtheit dieser Schriftstücke nicht unberechtigte Bedenken erhoben werden können. Die Klosterbrucker Urkunde müssen wir ohne weiters für falsch erklären. Die Wyšehrader Privile- gien lassen wol die Erklärung des Umstandes, dass gleichzeitig zwei Kanzler vorkommen, in der Weise zu, dass mag. Alexander, welcher Prager Domherr war, vielleicht als Kanzler der Prager Kirche angesehen werden könnte und bei der Ausstellung jener zwei Schriftstücke aus dem Grunde verwendet wurde, damit der Kanzler Florian nicht als Miturheber von Ur� kunden erscheine, die ihn und sein Capitel betrafen; indessen überzeugt uns die nähere Untersuchung des Inhaltes, dass diese Schriftstücke in der uns erhaltenen Form einer spä- teren Zeit angehören. 37 Während der Kanzlerschaft Florians finden wir in der herzoglichen Kanzlei als Notare einen gewissen Heinrich (cc. 1182)2) und Rapoto (Rabodo) seit 1192 beschäftigt;3) der letztere wird auch einfach scriba genannt. In dem ersten Decennium des XIII. Jahrhundertes sind die Namen der in der k. Kanzlei beschäftigten Persönlichkeiten so durcheinander geworfen, dass es schwer wird sich in dem Gewirre der Widersprüche zurechtznfinden und das rechte Verhältniss zu bestimmen. In der verdächtigen Urkunde des Klosters Ossek vom J. 1203 (April 24) lesen wir unter den Zeugen und als Datar den Wyšehrader Probst und k. Hofkanzler Cristannus, als Schreiber Benedikt und als Sigillator Anselm. 4) Eine gleichfalls verdächtige Urkunde vom 20. Juni desselben Jahres, welche der König Premysl Ottokar I. dem Kloster Hradišt in Mähren gegeben haben soll, nennt als Datar Arnoldus, angeblich Probst von Wyšehrad und Kanzler des Königs, 5) und eine echte undatirte aber etwa aus dem J. 1204 herrührende Urkunde zählt unter den Zeugen den Cristannus, Probst der Prager Kirche und Kanzler des Königs, und Benedikt, den königl. Notar und Domherrn derselben Kirche auf. 5) Dieser kommt in gleicher Eigenschaft unter den Zeugen der unechten Urkunde des Klosters Ostrow (17. Jän. 1205) vor ; als Datar wird in diesem Schriftstücke Rapoto angeführt, dem der Titel Hofkanzler beigelegt wird. ") Dieser ist auch der Datar einer für die Olmützer Kirche im J. 1207 aus- gestellten aber nicht tadellosen Urkunde; er heisst in derselben jedoch nur Notar; s) aber in einer andern Urkunde des Plasser Klosters von demselben Jahre hat er den Titel Kanzler.9) Eine Osseker Urkunde v. J. 1207 führt als Kanzler Benedikt an, und eine andere Urkunde desselben Stiftes vom 25. Apr. des folgenden Jahres (1208) nennt den Kanzler Christian als Datar. 1°) Nach diesen lückenhaften sich widersprechenden Daten ist es schwer über das da- 1) Reg. Boh. I, 424. Daselbst N. 374. 3) Daselbst N. 411, 413, 445. 5) Regesta Boh. I, N. 470. Daselbst I, N. 471. 6) Daselbst. N. 485. 1) Daselbst I, N. 489. Daselbst I, N. 501. * Daselbst I, N. 505. 10) Daselbst I, N. 504, 510. 2) 5) sv
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malige Kanzleiwesen von Böhmen ein verlässliches Urtheil zu fällen; doch hat von allen Kombinationen diejenige die grösste Wahrscheinlichkeit für sich, welche annimmt, dass nach Niederlegung der Kanzlerwürde von Florian diese an Christan, den angeblichen Verfasser der bekannten Legende vom heil. Wenzel, und später (etwa 1205) an den Notar Rapoto ge- langte. Cristan, Christann war zuerst Probst von Wyšehrad und etwa seit 1204 Probst der Prager Kirche. Als Notar kommt in den Urkunden jener Zeit Benedikt, damals Prager Dom- herr, vor, und zwar seit 1204. Mit dem Jahre 1211 klären sich die Verhältnisse in der böhmischen Hofkanzlei auf. In diesem Jahre erscheint Andreas, Probst der Prager Kirche, zum erstenmal als königl. Kanzler. 1) Diese Würde bekleidete er bis zu seiner Wahl zum Prager Bischof (22. Nov. 1215). Ob dieser Andreas identisch ist mit dem Träger eines gleichen Namens, der im J. 1201 Probst von Bunzlau war, später vielleicht Probst von Mělník wurde und damit nach der Sitte der damaligen Zeit noch eine Domherrenstelle bei der Prager Kirche verband, lässt sich bestimmt nicht behaupten, aber es ist höchst wahrscheinlich. Als Prager Probst wird Andreas bereits im J. 1207 genannt, was jedoch mit der Nachricht, dass Christan noch im J. 1208 Prager Probst war, nicht vereinbart werden kann. Während der Kanzlerschaft des Andreas begegnen uns als notarii curiae die Namen Benedikt und Engelschalk, Peter, Udalrich und Wojslaw, von denen der erste mit dem schon früher erwähnten Benedikt sicher identisch ist, der zweite als Wyšehrader Domherr, regis scriba und protonotarius nicht bloss unter diesem Kanzler, sondern auch später angeführt wird, die drei letzten jedoch nur je einmal vorkommen. Nach der Besteigung des Prager Bischofsitzes durch Andreas wurde zum Prager Dom- probst und königl. Hofkanzler der Prager Domherr Eppo befördert, der jedoch die Kanzlerwürde nur eine kurze Zeit bekleidet zu haben scheint, indem er uns in dieser Eigenschaft nur in zwei Urkunden entgegentritt, und zwar in einer Plasser vom Könige Přemysl Ottokar I. aus- gestellten als Datar und in einer Mühlhausener als Zeuge. Beide Urkunden sind vom Monate Juni 1216.2) Aber schon im Herbste dieses Jahres brach der bekannte erbitterte Streit zwischen dem böhmischen Könige und dem neuen Prager Bischofe aus. Zur Partei des letzteren schlug sich der Prager Domprobst und Hofkanzler Eppo ; und dies war wol der Grund, weshalb er seinen Kanzlerposten entweder verloren oder aufgegeben hat. Dies ist wahrscheinlich schon im J. 1216 oder 1217 geschehen; aber ein Nachfolger Eppo's in der Kanzlerwürde, der als Prager Domprobst noch im J. 1240 vorkommt, wird erst im J. 1219 genannt. 3) Es ist Benedikt, Probst von Leitmeritz, den wir mit dem oben erwähnten Prager Domherrn und königl. Notar, der später auch Archidiakon von Bilin wurde, für identisch halten. Auf seine diplomatische Befähigung und Gewandtheit darf man aus dem Umstande schliessen, dass er von den Markgrafen Wladislaw und der Gesammtheit der Barone und des Adels von Böhmen an den röm. König Friedrich II. abgeschickt wurde (1216, Juli), um die Bestätigung der Wahl von Přemysl Ottokars erstgeborenem Sohne Wenzel zum böhmischen Könige zu erwirken, was 1) Reg. Boh. I, N 525. Reg. Boh. I, N. 566, 567. 3) Daselbst I, 610. 2)
malige Kanzleiwesen von Böhmen ein verlässliches Urtheil zu fällen; doch hat von allen Kombinationen diejenige die grösste Wahrscheinlichkeit für sich, welche annimmt, dass nach Niederlegung der Kanzlerwürde von Florian diese an Christan, den angeblichen Verfasser der bekannten Legende vom heil. Wenzel, und später (etwa 1205) an den Notar Rapoto ge- langte. Cristan, Christann war zuerst Probst von Wyšehrad und etwa seit 1204 Probst der Prager Kirche. Als Notar kommt in den Urkunden jener Zeit Benedikt, damals Prager Dom- herr, vor, und zwar seit 1204. Mit dem Jahre 1211 klären sich die Verhältnisse in der böhmischen Hofkanzlei auf. In diesem Jahre erscheint Andreas, Probst der Prager Kirche, zum erstenmal als königl. Kanzler. 1) Diese Würde bekleidete er bis zu seiner Wahl zum Prager Bischof (22. Nov. 1215). Ob dieser Andreas identisch ist mit dem Träger eines gleichen Namens, der im J. 1201 Probst von Bunzlau war, später vielleicht Probst von Mělník wurde und damit nach der Sitte der damaligen Zeit noch eine Domherrenstelle bei der Prager Kirche verband, lässt sich bestimmt nicht behaupten, aber es ist höchst wahrscheinlich. Als Prager Probst wird Andreas bereits im J. 1207 genannt, was jedoch mit der Nachricht, dass Christan noch im J. 1208 Prager Probst war, nicht vereinbart werden kann. Während der Kanzlerschaft des Andreas begegnen uns als notarii curiae die Namen Benedikt und Engelschalk, Peter, Udalrich und Wojslaw, von denen der erste mit dem schon früher erwähnten Benedikt sicher identisch ist, der zweite als Wyšehrader Domherr, regis scriba und protonotarius nicht bloss unter diesem Kanzler, sondern auch später angeführt wird, die drei letzten jedoch nur je einmal vorkommen. Nach der Besteigung des Prager Bischofsitzes durch Andreas wurde zum Prager Dom- probst und königl. Hofkanzler der Prager Domherr Eppo befördert, der jedoch die Kanzlerwürde nur eine kurze Zeit bekleidet zu haben scheint, indem er uns in dieser Eigenschaft nur in zwei Urkunden entgegentritt, und zwar in einer Plasser vom Könige Přemysl Ottokar I. aus- gestellten als Datar und in einer Mühlhausener als Zeuge. Beide Urkunden sind vom Monate Juni 1216.2) Aber schon im Herbste dieses Jahres brach der bekannte erbitterte Streit zwischen dem böhmischen Könige und dem neuen Prager Bischofe aus. Zur Partei des letzteren schlug sich der Prager Domprobst und Hofkanzler Eppo ; und dies war wol der Grund, weshalb er seinen Kanzlerposten entweder verloren oder aufgegeben hat. Dies ist wahrscheinlich schon im J. 1216 oder 1217 geschehen; aber ein Nachfolger Eppo's in der Kanzlerwürde, der als Prager Domprobst noch im J. 1240 vorkommt, wird erst im J. 1219 genannt. 3) Es ist Benedikt, Probst von Leitmeritz, den wir mit dem oben erwähnten Prager Domherrn und königl. Notar, der später auch Archidiakon von Bilin wurde, für identisch halten. Auf seine diplomatische Befähigung und Gewandtheit darf man aus dem Umstande schliessen, dass er von den Markgrafen Wladislaw und der Gesammtheit der Barone und des Adels von Böhmen an den röm. König Friedrich II. abgeschickt wurde (1216, Juli), um die Bestätigung der Wahl von Přemysl Ottokars erstgeborenem Sohne Wenzel zum böhmischen Könige zu erwirken, was 1) Reg. Boh. I, N 525. Reg. Boh. I, N. 566, 567. 3) Daselbst I, 610. 2)
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8 ihm auch gelang. 1) Zu Anfang des folgenden Jahres (1217) weilte er als Gesandte des böhm. Königs Premysl Ottokar I. und der Barone am päpstlichen Hofe ; und diese sowie andere nun nicht bekannte Dienstleistungen wurden wol die Veranlassung seiner Promotion zur Kanzlerwürde, die wahrscheinlich erst im J. 1218 oder 1219 erfolgte. Als eifriger An- hänger des Königs in dem langjährigen Streite mit dem Bischofe Andreas wurde er sowie viele andere Landesprälaten vom Papste Honorius III. seiner Beneficien für verlustig erklärt; 2) ja es scheint, dass ihn und den Prager Domdechant Magister Arnoldus der grösste Vorwurf traf, so dass es der König für nothwendig hielt für sie bei dem Papste zu bitten und ihre Schuld gewissermassen für seine Schuld zu erklären und sie beide zu entschuldigen, dass sie der päpstlichen Citation nicht gefolgt sind. Bei dieser Gelegenheit sagt der König von seinem Hofkanzler Benedikt: "quo tamquam dextera nostra carere nequimus.“ Weiter schildert er ihr Verhältniss zu sich mit folgenden Worten: „Nam causa ipsorum ita est nostrae connexa, quod eis deesse non possumus nec debemus nec deerimus tempore vitae nostrae, quia in multis negotiis fideliores aliis sunt inventi. Quicquid etenim boni feceritis cum eisdem, personae nostrae reputamus impensum.“ Benedikt kommt als Kanzler in einer Urkunde vom 26. Juni 1225 das letztemal vor und scheint nicht lange darauf gestorben zu sein. 3) Während der Amtswaltung Benedikts als Kanzlers kommen als Notare der königl. Kanzlei vor: Anselm, Hilarius, Hermann, Engelschalk, Engelhard und Wigbert; der letztere in zwei mährischen Urkunden vom J. 1223,4) und der zweite im J. 1222. 5) Engelhard und Engelschalk dürften eine und dieselbe Persönlichkeit sein, und zwar dieselbe, die schon unter dem Kanzler Andreas als Notar auftritt; 5) den Anselm finden wir im J. 1219 als Notar und im folgenden Jahre als Protonotar genannt 7. Dagegen begegnet uns in königlichen Urkunden der notarius regis oder notarius aulae regiae Hermann seit dem J. 1219 sehr häufig, und zwar sowol als Zeuge wie auch als Datar. Es scheint, dass die eigentliche Lei- tung der Kanzlei in seinen Händen lag und zwar bis zu dem Tode Premysl Ottokars I. Dies ist um so wahrscheinlicher, als nach dem Tode Benedikts ein Verwandter des Königs Kanzler wurde, der sich um die Geschäfte weniger gekümmert zu haben scheint. Dieser Nachfolger Benedikts in der Kanzlerwürde war Arnold, Probst von Wyšehrad. Arnold wird als Wyšehrader Probst bereits im Jahre 1215 erwähnt. 3) Bei dieser Gelegenheit 10) wird er vom Könige Přemysl Ottokar I. "dilectus consanguineus noster“ genannt. Als könig- lichen Kanzler finden wir ihn zum erstenmale im Jahre 1226, ) zum letztenmale im J. 1237, 1) Reg. Boh. I, N. 568. Daselbst I, N. 618. Daselbst I, N. 696. 4) Daselbst I, N. 669 und 670. Daselbst I, N. 658. Daselbst I, N. 626, 628, 655, 696 und Seite 621 (Addit. N. 7). Daselbst I, 611 und 625. Daselbst I, N. 559. — Arnold wird bereits im J. 1203 in einer angeblich von Premysl Ottokar I. für das Kloster Hradišt bei Olmütz ausgestellten Urkunde Probst von Wysehrad und Hofkanzler genannt; doch habe ich diese Erwähnung nicht berücksichtiget, da ich die Urkunde für unecht halte. Daselbst I, N. 705. 1°) Daselbst I, N. 721, 922, 928. 5) 3) 9)
8 ihm auch gelang. 1) Zu Anfang des folgenden Jahres (1217) weilte er als Gesandte des böhm. Königs Premysl Ottokar I. und der Barone am päpstlichen Hofe ; und diese sowie andere nun nicht bekannte Dienstleistungen wurden wol die Veranlassung seiner Promotion zur Kanzlerwürde, die wahrscheinlich erst im J. 1218 oder 1219 erfolgte. Als eifriger An- hänger des Königs in dem langjährigen Streite mit dem Bischofe Andreas wurde er sowie viele andere Landesprälaten vom Papste Honorius III. seiner Beneficien für verlustig erklärt; 2) ja es scheint, dass ihn und den Prager Domdechant Magister Arnoldus der grösste Vorwurf traf, so dass es der König für nothwendig hielt für sie bei dem Papste zu bitten und ihre Schuld gewissermassen für seine Schuld zu erklären und sie beide zu entschuldigen, dass sie der päpstlichen Citation nicht gefolgt sind. Bei dieser Gelegenheit sagt der König von seinem Hofkanzler Benedikt: "quo tamquam dextera nostra carere nequimus.“ Weiter schildert er ihr Verhältniss zu sich mit folgenden Worten: „Nam causa ipsorum ita est nostrae connexa, quod eis deesse non possumus nec debemus nec deerimus tempore vitae nostrae, quia in multis negotiis fideliores aliis sunt inventi. Quicquid etenim boni feceritis cum eisdem, personae nostrae reputamus impensum.“ Benedikt kommt als Kanzler in einer Urkunde vom 26. Juni 1225 das letztemal vor und scheint nicht lange darauf gestorben zu sein. 3) Während der Amtswaltung Benedikts als Kanzlers kommen als Notare der königl. Kanzlei vor: Anselm, Hilarius, Hermann, Engelschalk, Engelhard und Wigbert; der letztere in zwei mährischen Urkunden vom J. 1223,4) und der zweite im J. 1222. 5) Engelhard und Engelschalk dürften eine und dieselbe Persönlichkeit sein, und zwar dieselbe, die schon unter dem Kanzler Andreas als Notar auftritt; 5) den Anselm finden wir im J. 1219 als Notar und im folgenden Jahre als Protonotar genannt 7. Dagegen begegnet uns in königlichen Urkunden der notarius regis oder notarius aulae regiae Hermann seit dem J. 1219 sehr häufig, und zwar sowol als Zeuge wie auch als Datar. Es scheint, dass die eigentliche Lei- tung der Kanzlei in seinen Händen lag und zwar bis zu dem Tode Premysl Ottokars I. Dies ist um so wahrscheinlicher, als nach dem Tode Benedikts ein Verwandter des Königs Kanzler wurde, der sich um die Geschäfte weniger gekümmert zu haben scheint. Dieser Nachfolger Benedikts in der Kanzlerwürde war Arnold, Probst von Wyšehrad. Arnold wird als Wyšehrader Probst bereits im Jahre 1215 erwähnt. 3) Bei dieser Gelegenheit 10) wird er vom Könige Přemysl Ottokar I. "dilectus consanguineus noster“ genannt. Als könig- lichen Kanzler finden wir ihn zum erstenmale im Jahre 1226, ) zum letztenmale im J. 1237, 1) Reg. Boh. I, N. 568. Daselbst I, N. 618. Daselbst I, N. 696. 4) Daselbst I, N. 669 und 670. Daselbst I, N. 658. Daselbst I, N. 626, 628, 655, 696 und Seite 621 (Addit. N. 7). Daselbst I, 611 und 625. Daselbst I, N. 559. — Arnold wird bereits im J. 1203 in einer angeblich von Premysl Ottokar I. für das Kloster Hradišt bei Olmütz ausgestellten Urkunde Probst von Wysehrad und Hofkanzler genannt; doch habe ich diese Erwähnung nicht berücksichtiget, da ich die Urkunde für unecht halte. Daselbst I, N. 705. 1°) Daselbst I, N. 721, 922, 928. 5) 3) 9)
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9 und drei Jahre später wird seiner als eines Verstorbenen gedacht (Sept. 1240). In der Kanzlei scheint er wenig Verwendung gesucht zu haben, da er in königlichen Urkunden häufiger als Zeuge, wie als Datar vorkommt. Doch ist die Zeit seiner Amtswaltung in doppelter Bezie- hung wichtig : einmal wurde das Hofkanzleramt mit dem Wyšehrader Praepositur für immer verbunden, und zweitens ging nach und nach die faktische Leitung der Kanzleigeschäfte an einen der Schreiber über. Dass die Verwandtschaftsverhältnisse des damaligen Probstes mit dem Könige dabei nicht ohne Einfluss geblieben sind, lässt sich mit grösster Wahrscheinlich- keit denken. Die Kanzlerwürde war seit dieser Zeit mehr ein Titel und eine Einnahmsquelle; die Kanzleigeschäfte besorgte jedoch einer der Schreiber, der anfangs nur notarius, später bald notarius bald protonotarius und schliesslich in der Regel nur protonotarius genannt wird. Die Protonotare wurden dann die wahren Leiter der k. Kanzlei. Ausnahmen von dieser Regel finden in einigen Fällen nur dann statt, wenn ein Protonotar zum Wyšehrader Probste und dadurch auch zum königl. Kanzler befördert wurde, in welchem Falle er in gleicher Weise wie vor seiner Beförderung die Geschäfte wenigstens noch eine Zeit fortzuführen pflegte. Kanzler, welche die Kanzleigeschäfte vor ihrer Erhebung zu Pröbsten von Wyšehrad nicht versahen, erscheinen in den Urkunden als Datare äusserst selten und zwar gewöhnlich nur in Schriftstücken, die in Prag oder bei besonderen Gelegenheiten ausgestellt wurden, gewissermassen zur Erinnerung an die ehemalige faktische Thätigkeit der Wysehrader Pröbste als Hofkanzler. Die hier allgemein angedeuteten Verhältnisse der böhm. Hofkanzlei kann man nach- weisen in den letzten Jahren der Regierung Premysl Ottokars I., seines Sohnes Wenzels I., sowie seiner nächsten Nachfolger. Während des Cancellariats Arnolds blieb der obenerwähnte Hermann, der nach Benedikts Tode Probst von Leitmeritz wurde, wahrscheinlich bis zum Tode Premyl Ottokars I. als notarius curiae die leitende Persönlichkeit in der Hofkanzlei, obgleich auch der Kanzler Arnold nicht selten die Urkunden ausfertigt. Hermann war auch Domherr der Prager Kirche, Capellan des Königs, der ihm den Besitz der Capelle Sti. Bartholomäi in der Prager Burg übertragen hat, und starb hochbejahrt erst am 3. März 1254.1) Am Anfange der Regierung Wenzels I. (28. Dec. 1230) kommt der Prager Archidiacon Hippolitus als Datar vor 2), der in einer Privaturkunde wol per abusum Cancellarius regis titulirt wird. 3) — Im Jahre 1232 erscheint der Leitmeritzer Domherr und königl. Capellan Jo- hannes als königl. Notar, 4) der sich jedoch bloss bis zum Jahre 1234 in dieser Würde be- hauptete. 5) Neben ihm finden wir schon im Anfange des Jahres 1233 als Mitgenossen des Hof- notariats Wilhelm erwähnt, 6) welcher im nächsten Jahre (1234) ganz in den Vordergrund tritt und bis zum September des Jahres 1240 allein in königl. Urkunden als Notar und sehr häufig als Datar genannt wird. Eine Ausnahme macht die am 23. März 1238 für Chotieschau 1) Fontes rer. Boh. II, 292. 2) Reg. Boh. I, N. 764. Daselbst I, N. 814. *) Daselbst I, N. 776, 777. 5) Daselbst I, N. 776, 777, 785, 792, 800, 813, 828, 842, 889. 5) Daselbst I, N. 800, 829—1002. 2
9 und drei Jahre später wird seiner als eines Verstorbenen gedacht (Sept. 1240). In der Kanzlei scheint er wenig Verwendung gesucht zu haben, da er in königlichen Urkunden häufiger als Zeuge, wie als Datar vorkommt. Doch ist die Zeit seiner Amtswaltung in doppelter Bezie- hung wichtig : einmal wurde das Hofkanzleramt mit dem Wyšehrader Praepositur für immer verbunden, und zweitens ging nach und nach die faktische Leitung der Kanzleigeschäfte an einen der Schreiber über. Dass die Verwandtschaftsverhältnisse des damaligen Probstes mit dem Könige dabei nicht ohne Einfluss geblieben sind, lässt sich mit grösster Wahrscheinlich- keit denken. Die Kanzlerwürde war seit dieser Zeit mehr ein Titel und eine Einnahmsquelle; die Kanzleigeschäfte besorgte jedoch einer der Schreiber, der anfangs nur notarius, später bald notarius bald protonotarius und schliesslich in der Regel nur protonotarius genannt wird. Die Protonotare wurden dann die wahren Leiter der k. Kanzlei. Ausnahmen von dieser Regel finden in einigen Fällen nur dann statt, wenn ein Protonotar zum Wyšehrader Probste und dadurch auch zum königl. Kanzler befördert wurde, in welchem Falle er in gleicher Weise wie vor seiner Beförderung die Geschäfte wenigstens noch eine Zeit fortzuführen pflegte. Kanzler, welche die Kanzleigeschäfte vor ihrer Erhebung zu Pröbsten von Wyšehrad nicht versahen, erscheinen in den Urkunden als Datare äusserst selten und zwar gewöhnlich nur in Schriftstücken, die in Prag oder bei besonderen Gelegenheiten ausgestellt wurden, gewissermassen zur Erinnerung an die ehemalige faktische Thätigkeit der Wysehrader Pröbste als Hofkanzler. Die hier allgemein angedeuteten Verhältnisse der böhm. Hofkanzlei kann man nach- weisen in den letzten Jahren der Regierung Premysl Ottokars I., seines Sohnes Wenzels I., sowie seiner nächsten Nachfolger. Während des Cancellariats Arnolds blieb der obenerwähnte Hermann, der nach Benedikts Tode Probst von Leitmeritz wurde, wahrscheinlich bis zum Tode Premyl Ottokars I. als notarius curiae die leitende Persönlichkeit in der Hofkanzlei, obgleich auch der Kanzler Arnold nicht selten die Urkunden ausfertigt. Hermann war auch Domherr der Prager Kirche, Capellan des Königs, der ihm den Besitz der Capelle Sti. Bartholomäi in der Prager Burg übertragen hat, und starb hochbejahrt erst am 3. März 1254.1) Am Anfange der Regierung Wenzels I. (28. Dec. 1230) kommt der Prager Archidiacon Hippolitus als Datar vor 2), der in einer Privaturkunde wol per abusum Cancellarius regis titulirt wird. 3) — Im Jahre 1232 erscheint der Leitmeritzer Domherr und königl. Capellan Jo- hannes als königl. Notar, 4) der sich jedoch bloss bis zum Jahre 1234 in dieser Würde be- hauptete. 5) Neben ihm finden wir schon im Anfange des Jahres 1233 als Mitgenossen des Hof- notariats Wilhelm erwähnt, 6) welcher im nächsten Jahre (1234) ganz in den Vordergrund tritt und bis zum September des Jahres 1240 allein in königl. Urkunden als Notar und sehr häufig als Datar genannt wird. Eine Ausnahme macht die am 23. März 1238 für Chotieschau 1) Fontes rer. Boh. II, 292. 2) Reg. Boh. I, N. 764. Daselbst I, N. 814. *) Daselbst I, N. 776, 777. 5) Daselbst I, N. 776, 777, 785, 792, 800, 813, 828, 842, 889. 5) Daselbst I, N. 800, 829—1002. 2
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10 in Plass ausgestellte Urkunde, 1) welche der seit dem J. 1240 häufig genannte Notar Reinboto ausfertigte. Der Notar Wilhelm war Capellan des Königs und Prager Domherr und ist wol zu unterscheiden von dem später erwähnten Hofnotar und dann Protonotar Premysl Otto- kars II., dem Magister Wilhelm, der im J. 1249 zum erstenmale in der Kanzlei des Mark- grafen von Mähren vorkommt und immer Magister titulirt wird, was bei Wilhelm, dem No- tar des Königs Wenzel, nie der Fall ist. In der zweiten Hälfte der Regierung Wenzels I. haben wir zwei Hofkanzler zu verzeichnen, nämlich Philipp und Dionysius. Ersterer war wieder nnd zwar ein naher Verwandter des Königs, — ein Sohn seiner Schwester Judith und Bernhards, Herzogs von Kärnthen. Ihm wurde nach der damaligen Sitte die Wyšehrader Präpositur und die mit derselben damals schon verbundene Kanzlerwürde nur deshalb verliehen, um ihm eine reiche Pfründe zuzuführen. Denn obwol er bereits im J. 1240 im Besitze der Wyšehrader Probst- würde war,2) finden wir ihn doch durch die nächsten fünf Jahre in böhm. Urkunden gar nicht erwähnt. Es scheint, dass er sich in Böhmen gar nicht aufgehalten hat. Dafür würde auch der Umstand sprechen, dass man es für nöthig hielt einen Vicekanzler einzusetzen. Denn in dieser Eigenschaft kommt in mehreren Urkunden der Prager Domherr magister Dionysius vor. 3) Dass diese Ansicht richtig sein dürfte, darauf scheint in einer Urkunde die ungewöhnliche Form der Datirungszeile hinzudeuten, die lautet: „Data per manum mag. Dionysii, tempore Philippi, nepotis nostri, praepositi Wissegrad. aulae nostrae cancellarii.“ 4) Als Philipp zum Erzbischof von Salzburg gewählt worden war (1247), ist die Wyše- hrader Präpositur und das mit ihr vereinigte Hofcancellariat an den Vicekanzler Dionysius übergegangen. Als Kanzler und Datar kommt Dionysius nur dreimal in den J. 1248 und 1249 vor, 5) obgleich er in den darauf folgenden Jahren einigemal erwähnt wird und noch im August 1254 in einer für das Prager Kreuzherrenkloster ausgestellten Urkunde unter den Zeugen aufgezählt wird. €) Ob die Parteinahme für Přemysl während dessen Auflehnung gegen den Vater oder etwas anderes den Grund zu dieser Erscheinung abgibt, können wir aus Mangel an Nachrichten nicht entscheiden. Mag. Dionysius ist am 4. Oktober 1254 in Friaul gestorben, falls wir auf ihn die Nachricht der Continuatio des Cosmas beziehen dürfen, die bei dem Jahre 1254 erwähnt wird und lautet: Eodem anno obiit magister Dionysius IV. Nonas Octobris in Foro Julii. 1) Während des Cancellariats der Pröbste Philipp und Dionysius hatte die Leitung der Kanzleigeschäfte einer der Notare in den Händen, der auch hie und da protonotarius titulirt wird. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 1240 war es Reinbot (Rymboto, Reimboto), den 29 *) 4) 5 1) Reg. Boh. I, N. 936. Reg. I, N. 1008. Reg. I, N. 986, 1117, 1121, 1135, 2790. Daselbst I, N. 1117. Daselbst I, N. 1218, 1236, 1241. Reg. II, 2661. Fontes rer. Boh. II, 292. — In Böhmen treffen wir damals keinen andern magister Dionysius als den Probst von Wysehrad, und desshalb ist die Vermuthung nicht zu gewagt, wenn wir die obenangeführte Stelle der Continuatio auf denselben beziehen.
10 in Plass ausgestellte Urkunde, 1) welche der seit dem J. 1240 häufig genannte Notar Reinboto ausfertigte. Der Notar Wilhelm war Capellan des Königs und Prager Domherr und ist wol zu unterscheiden von dem später erwähnten Hofnotar und dann Protonotar Premysl Otto- kars II., dem Magister Wilhelm, der im J. 1249 zum erstenmale in der Kanzlei des Mark- grafen von Mähren vorkommt und immer Magister titulirt wird, was bei Wilhelm, dem No- tar des Königs Wenzel, nie der Fall ist. In der zweiten Hälfte der Regierung Wenzels I. haben wir zwei Hofkanzler zu verzeichnen, nämlich Philipp und Dionysius. Ersterer war wieder nnd zwar ein naher Verwandter des Königs, — ein Sohn seiner Schwester Judith und Bernhards, Herzogs von Kärnthen. Ihm wurde nach der damaligen Sitte die Wyšehrader Präpositur und die mit derselben damals schon verbundene Kanzlerwürde nur deshalb verliehen, um ihm eine reiche Pfründe zuzuführen. Denn obwol er bereits im J. 1240 im Besitze der Wyšehrader Probst- würde war,2) finden wir ihn doch durch die nächsten fünf Jahre in böhm. Urkunden gar nicht erwähnt. Es scheint, dass er sich in Böhmen gar nicht aufgehalten hat. Dafür würde auch der Umstand sprechen, dass man es für nöthig hielt einen Vicekanzler einzusetzen. Denn in dieser Eigenschaft kommt in mehreren Urkunden der Prager Domherr magister Dionysius vor. 3) Dass diese Ansicht richtig sein dürfte, darauf scheint in einer Urkunde die ungewöhnliche Form der Datirungszeile hinzudeuten, die lautet: „Data per manum mag. Dionysii, tempore Philippi, nepotis nostri, praepositi Wissegrad. aulae nostrae cancellarii.“ 4) Als Philipp zum Erzbischof von Salzburg gewählt worden war (1247), ist die Wyše- hrader Präpositur und das mit ihr vereinigte Hofcancellariat an den Vicekanzler Dionysius übergegangen. Als Kanzler und Datar kommt Dionysius nur dreimal in den J. 1248 und 1249 vor, 5) obgleich er in den darauf folgenden Jahren einigemal erwähnt wird und noch im August 1254 in einer für das Prager Kreuzherrenkloster ausgestellten Urkunde unter den Zeugen aufgezählt wird. €) Ob die Parteinahme für Přemysl während dessen Auflehnung gegen den Vater oder etwas anderes den Grund zu dieser Erscheinung abgibt, können wir aus Mangel an Nachrichten nicht entscheiden. Mag. Dionysius ist am 4. Oktober 1254 in Friaul gestorben, falls wir auf ihn die Nachricht der Continuatio des Cosmas beziehen dürfen, die bei dem Jahre 1254 erwähnt wird und lautet: Eodem anno obiit magister Dionysius IV. Nonas Octobris in Foro Julii. 1) Während des Cancellariats der Pröbste Philipp und Dionysius hatte die Leitung der Kanzleigeschäfte einer der Notare in den Händen, der auch hie und da protonotarius titulirt wird. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 1240 war es Reinbot (Rymboto, Reimboto), den 29 *) 4) 5 1) Reg. Boh. I, N. 936. Reg. I, N. 1008. Reg. I, N. 986, 1117, 1121, 1135, 2790. Daselbst I, N. 1117. Daselbst I, N. 1218, 1236, 1241. Reg. II, 2661. Fontes rer. Boh. II, 292. — In Böhmen treffen wir damals keinen andern magister Dionysius als den Probst von Wysehrad, und desshalb ist die Vermuthung nicht zu gewagt, wenn wir die obenangeführte Stelle der Continuatio auf denselben beziehen.
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11 wir bis zum Jahre 1244 in königlichen Urkunden als den alleinigen Datar vorfinden und der dann wahrscheinlich Wyšehrader Domherr wurde. Die wenigen Urkunden, die wir aus den Jahren 1245—1247 aus der Kanzlei Wenzels I. besitzen, lassen der Vermuthung Raum, dass Magister Dionysius in jener Zeit 1245—1247 als Vicekanzler und in den nächstfolgenden zwei Jahren als Kanzler die Leitung der königl. böhmischen Kanzlei versah und dieselbe erst im J. 1249 dem Prager Domherrn und königl. Notar Herbordus überliess, der seit dem J. 1247 neben Dionysius als Datar auftritt und seit dem J. 1250 bis zum Tode Wenzels I. in dieser Eigenschaft in allen königlichen Urkunden allein genannt wird und erst nach dem Tode des genannten Herrschers diese Laufbahn wahrscheinlich aufgegeben hat; denn noch kurz zuvor finden wir ihn als Zeugen in einer vom Premysl Ottokar II. ausgestellten Urkunde mit der Bezeichnung als notarius regis senioris und Prager Canonicus. 1) Nach dem Ableben Wenzels I. hat er jedoch in der böhm. Hofkanzlei keine Verwendung gefunden Wir sind mit unserer gedrängten Darstellung des Kanzleiwesens der böhmischen Fürsten bei dem Regierungsantritte Premysl Ottokars II. angelangt, unter dem dasselbe in eine neue Phase getreten ist. Bevor wir uns jedoch in die nähere Behandlung der Kanzlei- verhältnisse unter Ottokar II. einlassen, halten wir es für nothwendig früher noch einige Bemerkungen einzuschalten, die einerseits aus dem Gesagten resultiren, anderseits dasselbe ergänzen sollen. Gleich auf der ersten Seite dieser Abhandlung wurde gesagt, dass in Böhmen vor Wladislaw II. vom geordneten Kanzleiwesen keine Spur zu finden ist, dass dasselbe wahr- scheinlich erst durch diesen Fürsten eingeführt und nach dem Muster der westlichen Nach- barländer, insbesondere der römischen Könige und Kaiser eingerichtet wurde. Dem gemäss finden wir schon damals in der böhm. Hofkanzlei einen Kanzler und mehrere Notare beschäf- tigt, die dem ersteren natürlicher Weise untergeordnet waren. Sowohl die Kanzler als auch die Notare gehörten dem geistlichen Stande an; es ist uns wenigstens durch das ganze Jahrhundert, mit dem wir uns bereits beschäftigt haben, kein einziges Beispiel bekannt, wo dies nicht der Fall wäre. Zur Kanzlerwürde sehen wir in der Regel einen der Notare avan- ciren. Diese pflegten bei einem oder auch bei mehreren Capiteln in Böhmen Domherrenstellen zu bekleiden. Die Kanzlerwürde brachte ihren Inhabern in der Regel eine der böhm. Präposituren zu: wir finden nämlich, dass die Kanzler entweder Wyšehrader oder Prager oder auch Leit- meritzer Pröbste waren, bis im J. 1225 die Kanzlerwürde für immer mit der Wyšehrader Probstei verbunden wurde. Die Hofkanzlei war in Böhmen nicht weniger als in andern Ländern die Stufenleiter, auf der man rasch zu hohen oder wenigstens zu einträglichen Kirchenwürden zu gelangen pflegte. Indessen ist kaum daran zu zweifeln, dass in der Hof- kanzlei gewöhnlich tüchtigere Kräfte beschäftiget waren, die nicht bloss auf die Verwaltungs- angelegenheiten des Landes einen bedeutenden Einfluss ausübten, sondern auch im inter- nationalen Dienste in hervorragender Weise verwendet wurden. Ich erinnere nur an die Legation des königlichen Notars Martin an den griechischen Hof im J. 1164, und an die Mission des Notars Benedikt zum römischen Könige Friedrich II., als es sich um die Bestätigung der Wahl von Přemysl Ottokars I. erstgeborenem Sohne zum böhmischen Könige handelte (1216). 1) Reg. Boh. I, N. 1344. 2*
11 wir bis zum Jahre 1244 in königlichen Urkunden als den alleinigen Datar vorfinden und der dann wahrscheinlich Wyšehrader Domherr wurde. Die wenigen Urkunden, die wir aus den Jahren 1245—1247 aus der Kanzlei Wenzels I. besitzen, lassen der Vermuthung Raum, dass Magister Dionysius in jener Zeit 1245—1247 als Vicekanzler und in den nächstfolgenden zwei Jahren als Kanzler die Leitung der königl. böhmischen Kanzlei versah und dieselbe erst im J. 1249 dem Prager Domherrn und königl. Notar Herbordus überliess, der seit dem J. 1247 neben Dionysius als Datar auftritt und seit dem J. 1250 bis zum Tode Wenzels I. in dieser Eigenschaft in allen königlichen Urkunden allein genannt wird und erst nach dem Tode des genannten Herrschers diese Laufbahn wahrscheinlich aufgegeben hat; denn noch kurz zuvor finden wir ihn als Zeugen in einer vom Premysl Ottokar II. ausgestellten Urkunde mit der Bezeichnung als notarius regis senioris und Prager Canonicus. 1) Nach dem Ableben Wenzels I. hat er jedoch in der böhm. Hofkanzlei keine Verwendung gefunden Wir sind mit unserer gedrängten Darstellung des Kanzleiwesens der böhmischen Fürsten bei dem Regierungsantritte Premysl Ottokars II. angelangt, unter dem dasselbe in eine neue Phase getreten ist. Bevor wir uns jedoch in die nähere Behandlung der Kanzlei- verhältnisse unter Ottokar II. einlassen, halten wir es für nothwendig früher noch einige Bemerkungen einzuschalten, die einerseits aus dem Gesagten resultiren, anderseits dasselbe ergänzen sollen. Gleich auf der ersten Seite dieser Abhandlung wurde gesagt, dass in Böhmen vor Wladislaw II. vom geordneten Kanzleiwesen keine Spur zu finden ist, dass dasselbe wahr- scheinlich erst durch diesen Fürsten eingeführt und nach dem Muster der westlichen Nach- barländer, insbesondere der römischen Könige und Kaiser eingerichtet wurde. Dem gemäss finden wir schon damals in der böhm. Hofkanzlei einen Kanzler und mehrere Notare beschäf- tigt, die dem ersteren natürlicher Weise untergeordnet waren. Sowohl die Kanzler als auch die Notare gehörten dem geistlichen Stande an; es ist uns wenigstens durch das ganze Jahrhundert, mit dem wir uns bereits beschäftigt haben, kein einziges Beispiel bekannt, wo dies nicht der Fall wäre. Zur Kanzlerwürde sehen wir in der Regel einen der Notare avan- ciren. Diese pflegten bei einem oder auch bei mehreren Capiteln in Böhmen Domherrenstellen zu bekleiden. Die Kanzlerwürde brachte ihren Inhabern in der Regel eine der böhm. Präposituren zu: wir finden nämlich, dass die Kanzler entweder Wyšehrader oder Prager oder auch Leit- meritzer Pröbste waren, bis im J. 1225 die Kanzlerwürde für immer mit der Wyšehrader Probstei verbunden wurde. Die Hofkanzlei war in Böhmen nicht weniger als in andern Ländern die Stufenleiter, auf der man rasch zu hohen oder wenigstens zu einträglichen Kirchenwürden zu gelangen pflegte. Indessen ist kaum daran zu zweifeln, dass in der Hof- kanzlei gewöhnlich tüchtigere Kräfte beschäftiget waren, die nicht bloss auf die Verwaltungs- angelegenheiten des Landes einen bedeutenden Einfluss ausübten, sondern auch im inter- nationalen Dienste in hervorragender Weise verwendet wurden. Ich erinnere nur an die Legation des königlichen Notars Martin an den griechischen Hof im J. 1164, und an die Mission des Notars Benedikt zum römischen Könige Friedrich II., als es sich um die Bestätigung der Wahl von Přemysl Ottokars I. erstgeborenem Sohne zum böhmischen Könige handelte (1216). 1) Reg. Boh. I, N. 1344. 2*
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12 Uiber die Art und Weise der Geschäftstheilung in der böhm. Hofkanzlei sind wir für jene Zeit fast ganz im Unklaren. Mit Bestimmtheit kann man nur soviel sagen, dass im 12. und im Anfange des 13. Jahrhundertes die Kanzler an den Kanzleigeschäften mehr theil- genommen haben als in den späteren Zeiten. Für diese Behauptung spricht wenigstens der Umstand, dass in den Diplomen der böhmischen Fürsten bis zum Jahre 1220 fast aus- schliesslich als Datare die Kanzler vorkommen, später die Kanzler mit den Notaren als Datare unregelmässig abwechseln, bis unter der Regierung Wenzels I. die letzteren fast durch- gehends als Datare erscheinen. Im letzteren Falle trifft es sich nicht selten, dass in einer Urkunde der Notar als Datar, der Kanzler hingegen nur als Zeuge vorkommt. Uiber die Art und Weise, wie die Arbeiten in der königl. Kanzlei verrichtet wurden, haben wir nur spärliche Andeutungen, und dies erst aus dem XIII. Jahrhunderte. In einer Urkunde Premysl Ottokars I. aus dem J. 1222, welche von ihm für das Kloster Zwettl aus- gestellt wurde, finden wir den Schlussformel: „Ego quoque Hermannus, prefati regis notarius, interfui et ex ipsius precepto conscripsi, ut superius continetur.“ 1) — Weiter finden wir in der im J. 1226 von demselben Könige für das Leitomyschler Kloster ausgestellten Indulgenzurkunde die Worte: Ad huius uero nostre indulgencie perpetuum et inviolabile firmamentum presens privilegium per cancellarium nostrum Arnoldum, Wissegradensem prepositum, conscribi et sigilli nostri robore communiri, nomina eciam testium .... decreuimus annotari.“ 2) Schliesslich heisst es in dem vom Könige Wenzel I. für die Leitmeritzer Kirche ausgestellten Immunitäts- briefe: "Praesentem paginam per Herbordum, nostrum notarium, scribi fecimus et nostri sigilli robore communiri.“ 3) Aus diesen drei Stellen sieht man, dass der Notar, welcher um die Zeit der Abfassung der Urkunde als Datar vorzukommen pflegt, mit der Ausfertigung der Urkunde betraut wurde und dass er die Urkunde besiegelte. Es handelt sich nur um die richtige Aus- legung der Ausdrücke "conscribere" und „scribere,“ ob wir dieselben im Deutschen mit dem Worte „abfassen, concipiren“ oder mit „schreiben“ übersetzen sollen. Wir glauben die erstere Bedeutung für beide lat. Wörter substituiren und demnach annehmen zu müssen, dass der als Datar vorkommende Notar oder Protonotar die Urkunde concipirte, worauf sie von Reinschreibern mundirt und hierauf von dem Notar wieder besiegelt wurde. Dass die Reinschrift nicht von dem als Datar bezeichneten Notar ausgeführt wurde, geht aus der Vergleichung der Schrift der noch erhaltenen Originalurkunden hervor, wo man sieht, dass Diplome mit demselben Datar von verschiedenen Händen geschrieben sind, und wieder dass Urkunden, die verschie- dene Datare aufweisen, dieselbe Handschrift erkennen lassen. Kommt in dem Diplom der Kanzler als Datar vor, was in älterer Zeit, wie oben gesagt wurde, fast immer der Fall ist, so müssen wir diese Erscheinung als eine Art Recognition ansehen. Die Bezeichnung notarius und protonotarius müssen wir in böhmischen bis zur Mitte des XIII. Jahrhunderts ausgestellten Urkunden für gleichbedeutend erklären. Die mit dem Ausfertigen der Urkunden in der böhm. Hofkanzlei beschäftigten Personen wurden wol insgesammt notarii genannt; den Vorsteher derselben, welcher der unmittelbare Leiter der 1) Boczek, Cod. dipl. Mor. II, 120. 2) Daselbst II, 174. 1) Reg. Boh. I, N. 1286.
12 Uiber die Art und Weise der Geschäftstheilung in der böhm. Hofkanzlei sind wir für jene Zeit fast ganz im Unklaren. Mit Bestimmtheit kann man nur soviel sagen, dass im 12. und im Anfange des 13. Jahrhundertes die Kanzler an den Kanzleigeschäften mehr theil- genommen haben als in den späteren Zeiten. Für diese Behauptung spricht wenigstens der Umstand, dass in den Diplomen der böhmischen Fürsten bis zum Jahre 1220 fast aus- schliesslich als Datare die Kanzler vorkommen, später die Kanzler mit den Notaren als Datare unregelmässig abwechseln, bis unter der Regierung Wenzels I. die letzteren fast durch- gehends als Datare erscheinen. Im letzteren Falle trifft es sich nicht selten, dass in einer Urkunde der Notar als Datar, der Kanzler hingegen nur als Zeuge vorkommt. Uiber die Art und Weise, wie die Arbeiten in der königl. Kanzlei verrichtet wurden, haben wir nur spärliche Andeutungen, und dies erst aus dem XIII. Jahrhunderte. In einer Urkunde Premysl Ottokars I. aus dem J. 1222, welche von ihm für das Kloster Zwettl aus- gestellt wurde, finden wir den Schlussformel: „Ego quoque Hermannus, prefati regis notarius, interfui et ex ipsius precepto conscripsi, ut superius continetur.“ 1) — Weiter finden wir in der im J. 1226 von demselben Könige für das Leitomyschler Kloster ausgestellten Indulgenzurkunde die Worte: Ad huius uero nostre indulgencie perpetuum et inviolabile firmamentum presens privilegium per cancellarium nostrum Arnoldum, Wissegradensem prepositum, conscribi et sigilli nostri robore communiri, nomina eciam testium .... decreuimus annotari.“ 2) Schliesslich heisst es in dem vom Könige Wenzel I. für die Leitmeritzer Kirche ausgestellten Immunitäts- briefe: "Praesentem paginam per Herbordum, nostrum notarium, scribi fecimus et nostri sigilli robore communiri.“ 3) Aus diesen drei Stellen sieht man, dass der Notar, welcher um die Zeit der Abfassung der Urkunde als Datar vorzukommen pflegt, mit der Ausfertigung der Urkunde betraut wurde und dass er die Urkunde besiegelte. Es handelt sich nur um die richtige Aus- legung der Ausdrücke "conscribere" und „scribere,“ ob wir dieselben im Deutschen mit dem Worte „abfassen, concipiren“ oder mit „schreiben“ übersetzen sollen. Wir glauben die erstere Bedeutung für beide lat. Wörter substituiren und demnach annehmen zu müssen, dass der als Datar vorkommende Notar oder Protonotar die Urkunde concipirte, worauf sie von Reinschreibern mundirt und hierauf von dem Notar wieder besiegelt wurde. Dass die Reinschrift nicht von dem als Datar bezeichneten Notar ausgeführt wurde, geht aus der Vergleichung der Schrift der noch erhaltenen Originalurkunden hervor, wo man sieht, dass Diplome mit demselben Datar von verschiedenen Händen geschrieben sind, und wieder dass Urkunden, die verschie- dene Datare aufweisen, dieselbe Handschrift erkennen lassen. Kommt in dem Diplom der Kanzler als Datar vor, was in älterer Zeit, wie oben gesagt wurde, fast immer der Fall ist, so müssen wir diese Erscheinung als eine Art Recognition ansehen. Die Bezeichnung notarius und protonotarius müssen wir in böhmischen bis zur Mitte des XIII. Jahrhunderts ausgestellten Urkunden für gleichbedeutend erklären. Die mit dem Ausfertigen der Urkunden in der böhm. Hofkanzlei beschäftigten Personen wurden wol insgesammt notarii genannt; den Vorsteher derselben, welcher der unmittelbare Leiter der 1) Boczek, Cod. dipl. Mor. II, 120. 2) Daselbst II, 174. 1) Reg. Boh. I, N. 1286.
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13 Kanzlei war, der neben dem Kanzler als Datar vorzukommen pflegt, nannte man dann und wann protonotarius, in der Regel aber auch nur notarius und im gewöhnlichen Verkehre „scriba.“ Es war also das Protonotariat damals noch keine besondere Würde, wie wir es späterhin unter Přemysl Ottokar II. und noch mehr unter Wenzel II. finden werden; man hat our den faktischen Verhältnissen hie und da auch durch eine entsprechende Benennung Rechnung getragen. Indessen wird es nicht schaden, wenn man böhm. Urkunden aus der Zeit vor Ottokar II., in denen die Titulatur "protonotarius“ vorkommt, mit einer gewissen Vorsicht behandelt. Auch den Ausdruck vicecancellarius müssen wir für gleichbedeutend mit notarius setzen. Diese Benennung kommt ohnedies nur bei dem Prager Domherrn Dionysius im Jahre 1245 vor, der wahrscheinlich ein fremder Magister war und diesen Titel nach fremdem Muster eingeführt hat, der nach ihm wieder ausser Curs gesetzt wurde. Es wirft sich nun die Frage auf, in welchen Schriftstücken der böhm. Hofkanzlei Datare vorzukommen pflegen? Wir können die Frage dahin beantworten, dass dies nur in Diplomen der Fall ist, und zwar nur in sehr beschränkter Weise, so dass kaum die Hälfte derselben mit dem Namen des Datars versehen ist. Briefe, Mandate und Verträge mit den Nachbarländern sind nie mit dem Namen des Datars versehen. Warum jedoch in einigen Diplomen der Datar vorkommt, in anderen Schriftstücken vom gleichen Inhalt und aus der- selben Zeit aber wegbleibt, diese Erscheinung wissen wir nicht zu erklären. Eine andere Frage ist die, ob bis zum Tode Wenzels I. in der böhmischen Hof- kanzlei eine Theilung der Geschäfte nach gewissen Territorien stattfand, vor allem nach den Ländern Böhmen und Mähren. Die Antwort auf diese Frage fällt negativ aus, indem nir- gends auch die geringste Spur einer solchen Geschäftstheilung wahrzunehmen ist. Denn die recht zahlreichen von böhmischen Königen als Mährens Oberherren für Angehörige dieses Landes ausgestellten Urkunden weisen dieselben Datare auf, wie die zu derselben Zeit an verschiedene Persönlichkeiten und Corporationen in Böhmen ausgefolgten Diplome. Indessen ist es immerhin möglich, dass in der böhmischen Hofkanzlei eine Theilung der Geschäfte nach den beiden Hauptterritorien des Reiches vorhanden war, nur dass sie sich nirgends äusserlich manifestirte, wie dies später unter Wenzel II. der Fall ist. Wenn wir uns die Reihenfolge der Kanzler und Notare der böhmischen Hofkanzlei aus den erhaltenen Urkunden zusammenstellen, so bietet dieselbe ein vorzügliches Hilfsmittel für die Urkundenkritik jener Zeit. Es ist nicht angezeigt bei dieser Gelegenheit diesen Gegenstand ausführlich zu behandeln, und deshalb begnügen wir uns mit der Bemerkung, dass wir uns überzeugt haben, dass, wenn in einer Urkunde der Name des Kanzlers oder Notars mit dem Namen der vorerwähnten Reihenfolge nicht in Einklang zu bringen ist, die Urkunde in der Regel noch andere Unzukömmlichkeiten aufweist, die bei Benützung derselben zur Vorsicht mahnen. Dasselbe gilt auch von der Titulatur des Kanzleipersonals: ist die- selbe ungewöhnlich, so empfiehlt sich ein gleiches. I. Die Kanzlei Přemysl Ottokars II. Wenn es schon für die Urkundenkritik und für die Geschichte nicht ganz unwichtig ist, die Männer kennen zn lernen, die selbst in kleineren fürstlichen Kanzleien beschäftigt
13 Kanzlei war, der neben dem Kanzler als Datar vorzukommen pflegt, nannte man dann und wann protonotarius, in der Regel aber auch nur notarius und im gewöhnlichen Verkehre „scriba.“ Es war also das Protonotariat damals noch keine besondere Würde, wie wir es späterhin unter Přemysl Ottokar II. und noch mehr unter Wenzel II. finden werden; man hat our den faktischen Verhältnissen hie und da auch durch eine entsprechende Benennung Rechnung getragen. Indessen wird es nicht schaden, wenn man böhm. Urkunden aus der Zeit vor Ottokar II., in denen die Titulatur "protonotarius“ vorkommt, mit einer gewissen Vorsicht behandelt. Auch den Ausdruck vicecancellarius müssen wir für gleichbedeutend mit notarius setzen. Diese Benennung kommt ohnedies nur bei dem Prager Domherrn Dionysius im Jahre 1245 vor, der wahrscheinlich ein fremder Magister war und diesen Titel nach fremdem Muster eingeführt hat, der nach ihm wieder ausser Curs gesetzt wurde. Es wirft sich nun die Frage auf, in welchen Schriftstücken der böhm. Hofkanzlei Datare vorzukommen pflegen? Wir können die Frage dahin beantworten, dass dies nur in Diplomen der Fall ist, und zwar nur in sehr beschränkter Weise, so dass kaum die Hälfte derselben mit dem Namen des Datars versehen ist. Briefe, Mandate und Verträge mit den Nachbarländern sind nie mit dem Namen des Datars versehen. Warum jedoch in einigen Diplomen der Datar vorkommt, in anderen Schriftstücken vom gleichen Inhalt und aus der- selben Zeit aber wegbleibt, diese Erscheinung wissen wir nicht zu erklären. Eine andere Frage ist die, ob bis zum Tode Wenzels I. in der böhmischen Hof- kanzlei eine Theilung der Geschäfte nach gewissen Territorien stattfand, vor allem nach den Ländern Böhmen und Mähren. Die Antwort auf diese Frage fällt negativ aus, indem nir- gends auch die geringste Spur einer solchen Geschäftstheilung wahrzunehmen ist. Denn die recht zahlreichen von böhmischen Königen als Mährens Oberherren für Angehörige dieses Landes ausgestellten Urkunden weisen dieselben Datare auf, wie die zu derselben Zeit an verschiedene Persönlichkeiten und Corporationen in Böhmen ausgefolgten Diplome. Indessen ist es immerhin möglich, dass in der böhmischen Hofkanzlei eine Theilung der Geschäfte nach den beiden Hauptterritorien des Reiches vorhanden war, nur dass sie sich nirgends äusserlich manifestirte, wie dies später unter Wenzel II. der Fall ist. Wenn wir uns die Reihenfolge der Kanzler und Notare der böhmischen Hofkanzlei aus den erhaltenen Urkunden zusammenstellen, so bietet dieselbe ein vorzügliches Hilfsmittel für die Urkundenkritik jener Zeit. Es ist nicht angezeigt bei dieser Gelegenheit diesen Gegenstand ausführlich zu behandeln, und deshalb begnügen wir uns mit der Bemerkung, dass wir uns überzeugt haben, dass, wenn in einer Urkunde der Name des Kanzlers oder Notars mit dem Namen der vorerwähnten Reihenfolge nicht in Einklang zu bringen ist, die Urkunde in der Regel noch andere Unzukömmlichkeiten aufweist, die bei Benützung derselben zur Vorsicht mahnen. Dasselbe gilt auch von der Titulatur des Kanzleipersonals: ist die- selbe ungewöhnlich, so empfiehlt sich ein gleiches. I. Die Kanzlei Přemysl Ottokars II. Wenn es schon für die Urkundenkritik und für die Geschichte nicht ganz unwichtig ist, die Männer kennen zn lernen, die selbst in kleineren fürstlichen Kanzleien beschäftigt
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14 waren, desto grösser muss das Interesse sein, wenn wir uns mit den Verhältnissen jener Personen bekannt machen, die in einer so grossen Monarchie, wie die des Königs Premysl Ottokars II. war, als unmittelbare Rathgeber des Königs sowol auf die Entwickelung der inneren Verhältnisse des Reiches als auch auf die Beziehungen desselben zum Auslande einen hervorragenden Einfluss ausübten. Die Namen der mit der böhmischen Hofkanzlei zur Zeit Přemysl Ottokars II. in Verbindung stehenden Männer sind : Mag. Dionysius, Wladislaw, Herzog von Schlesien, und Mag. Peter, Probst von Wyšehrad als Kanzler; Přisnobor, Mag. Wilhelm, Mag. Arnold, Mag. Ulrich, der eben genannte Wyšehrader Probst Mag. Peter und Mag. Heinrich als Protonotare oder Notare. 1. Přisnobor. 1) Gleich beim Auftreten des jungen Přemysl als Markgrafen von Mähren begegnet uns Prisnobor als Hofnotar desselben (27. März 1247). Es scheint, dass er dem Prinzen vom Vater beigegeben wurde und die kleine Kanzlei desselben selbst leitete. Seine Stellung zu Přemysl und zu den Kanzleigeschäften war sicher nicht verschieden von der Stellung der Notare der früheren mährischen Markgrafen, 2) deren Capellane sie auch in der 7) Der Name wird in Urkunden Briznoborius, Prisnaborius, Prisnobor, Prisnoborius, Priznoborius und Prziznoborius geschrieben. Eine Organisation der mähr. Hofkanzlei scheint zur Zeit des Markgrafen Wladislaw vorgenommen worden zu sein; denn vor ihm findet man keine Spur derselben. Unter ihm wurde auch die Verbindung des mähr. Kanzleramtes mit der Olmützer Probstei bewerkstelligt, und zwar im J. 1207 (Boczek, Cod. dipl. Mor. II, 39). In dem betreffenden Privilegium der Olmützer Kirche lesen wir darüber: „Sed cum deceat regiam manum vbique pluere beneficia, prepositure illi cancellariam nostram cum villa, que vocatur Vherci, ad quam decimus denarius cum decima aratrorum nostrorum spectat et omnium rerum ad vtilitatem nostram pertinencium, contulimus, interdicentes, ut nullus audeat hoc immutare.“ Aber obgleich wir dieses Privilegium der Olmützer Kirche durch Papst Innocenz III. (Boczek II, S. 41.) und später durch Přemysl Ottokar II. und Papst Urban IV. (Reg. II, N. 106 und 356) bestätigt finden, so ist es doch sehr eigenthümlich, dass die Olmützer Pröbste nie als Leiter der markgräflichen Kanzlei genannt werden, ja dass sie sich nie des Titels „cancellarius“" bedienen, wie es bei den Wyšehrader Pröbsten der Fall war, die wenn sie auch in der Hofkanzlei an den Geschäften nicht theilgenommen ha- ben, doch fast immer zu ihrer Probstwürde auch den Kanzlertitel hinzusetzen. — Unter dem Markgrafen Wladislaw wird in mährischen Urkunden auch das Amt eines Hofnotars (Protonotars) zum erstenmal erwähnt. Es ist Apollinaris, der im J. 1203 notarius genannt wird, seit dem J. 1213 baldj als proto- notarius bald notarius (curie mee protonotarius, notarius aule nostre) die Urkunden datirt und bis zum Ende der Regierung Wladislaws in diesem Amte fungirt. Apollinaris war auch Capellan des Mark- grafen. Während seiner Amtswaltung kommt nur zweimal der Capellan des Markgrafen Namens Johann als Datar vor, und zwar in der Locationsurkunde von Freudenthal und in einem Privilegium der Stadt Bisenz (Bzenec), die beide in Olmütz um dieselbe Zeit (30. Dec. 1213 nnd 2. Jänner 1214) ausgestellt sind. Uiber die Kanzlei des Markgrafen Wladislaw II. (1222—1227) haben wir keine Nachrichten; ebenso aus den ersten vier Jahren der Regierung des Markgrafen Premysl, von dem sich die erste Urkunde erst vom November 1232 erhalten hat. In dieser wird als Datar der Protonotar Bartho- lomäus genannt, der in gleicher Eigenschaft nur noch in einer Urkunde vom 5. April 1234 vorkommt, während mehrere Urkunden, die in die Zwischenzeit fallen, der Notar Hilarius zeichnet. Bartholomäus war wahrscheinlich Capellan des Markgrafen, Olmützer Domherr und Archidiakon, sodann Custos des Wyšehrader Capitels, Probst und schliesslich Domdechant der Olmützer Kirche. (Reg. Boh. I, S. 372, 379, 392, 403, 406, 407, 526, 527, 549, 561, 579, 580, 590, 604, 606, 608. Reg. Boh. II, S. 15, 28, 29, 34, 39, 45, 55, 57, 70, 71, 84, 127, 128, 132, 133, 136, 153, 155, 161, 162, 171, 172, 175, 179, 201, 207, 219, 221, 232, 235, 1166, 1167.) Hilarius kommt in einer für das Kloster Bruck (Luca) am 2. April 1233 ausgestellten Urkunde 1)
14 waren, desto grösser muss das Interesse sein, wenn wir uns mit den Verhältnissen jener Personen bekannt machen, die in einer so grossen Monarchie, wie die des Königs Premysl Ottokars II. war, als unmittelbare Rathgeber des Königs sowol auf die Entwickelung der inneren Verhältnisse des Reiches als auch auf die Beziehungen desselben zum Auslande einen hervorragenden Einfluss ausübten. Die Namen der mit der böhmischen Hofkanzlei zur Zeit Přemysl Ottokars II. in Verbindung stehenden Männer sind : Mag. Dionysius, Wladislaw, Herzog von Schlesien, und Mag. Peter, Probst von Wyšehrad als Kanzler; Přisnobor, Mag. Wilhelm, Mag. Arnold, Mag. Ulrich, der eben genannte Wyšehrader Probst Mag. Peter und Mag. Heinrich als Protonotare oder Notare. 1. Přisnobor. 1) Gleich beim Auftreten des jungen Přemysl als Markgrafen von Mähren begegnet uns Prisnobor als Hofnotar desselben (27. März 1247). Es scheint, dass er dem Prinzen vom Vater beigegeben wurde und die kleine Kanzlei desselben selbst leitete. Seine Stellung zu Přemysl und zu den Kanzleigeschäften war sicher nicht verschieden von der Stellung der Notare der früheren mährischen Markgrafen, 2) deren Capellane sie auch in der 7) Der Name wird in Urkunden Briznoborius, Prisnaborius, Prisnobor, Prisnoborius, Priznoborius und Prziznoborius geschrieben. Eine Organisation der mähr. Hofkanzlei scheint zur Zeit des Markgrafen Wladislaw vorgenommen worden zu sein; denn vor ihm findet man keine Spur derselben. Unter ihm wurde auch die Verbindung des mähr. Kanzleramtes mit der Olmützer Probstei bewerkstelligt, und zwar im J. 1207 (Boczek, Cod. dipl. Mor. II, 39). In dem betreffenden Privilegium der Olmützer Kirche lesen wir darüber: „Sed cum deceat regiam manum vbique pluere beneficia, prepositure illi cancellariam nostram cum villa, que vocatur Vherci, ad quam decimus denarius cum decima aratrorum nostrorum spectat et omnium rerum ad vtilitatem nostram pertinencium, contulimus, interdicentes, ut nullus audeat hoc immutare.“ Aber obgleich wir dieses Privilegium der Olmützer Kirche durch Papst Innocenz III. (Boczek II, S. 41.) und später durch Přemysl Ottokar II. und Papst Urban IV. (Reg. II, N. 106 und 356) bestätigt finden, so ist es doch sehr eigenthümlich, dass die Olmützer Pröbste nie als Leiter der markgräflichen Kanzlei genannt werden, ja dass sie sich nie des Titels „cancellarius“" bedienen, wie es bei den Wyšehrader Pröbsten der Fall war, die wenn sie auch in der Hofkanzlei an den Geschäften nicht theilgenommen ha- ben, doch fast immer zu ihrer Probstwürde auch den Kanzlertitel hinzusetzen. — Unter dem Markgrafen Wladislaw wird in mährischen Urkunden auch das Amt eines Hofnotars (Protonotars) zum erstenmal erwähnt. Es ist Apollinaris, der im J. 1203 notarius genannt wird, seit dem J. 1213 baldj als proto- notarius bald notarius (curie mee protonotarius, notarius aule nostre) die Urkunden datirt und bis zum Ende der Regierung Wladislaws in diesem Amte fungirt. Apollinaris war auch Capellan des Mark- grafen. Während seiner Amtswaltung kommt nur zweimal der Capellan des Markgrafen Namens Johann als Datar vor, und zwar in der Locationsurkunde von Freudenthal und in einem Privilegium der Stadt Bisenz (Bzenec), die beide in Olmütz um dieselbe Zeit (30. Dec. 1213 nnd 2. Jänner 1214) ausgestellt sind. Uiber die Kanzlei des Markgrafen Wladislaw II. (1222—1227) haben wir keine Nachrichten; ebenso aus den ersten vier Jahren der Regierung des Markgrafen Premysl, von dem sich die erste Urkunde erst vom November 1232 erhalten hat. In dieser wird als Datar der Protonotar Bartho- lomäus genannt, der in gleicher Eigenschaft nur noch in einer Urkunde vom 5. April 1234 vorkommt, während mehrere Urkunden, die in die Zwischenzeit fallen, der Notar Hilarius zeichnet. Bartholomäus war wahrscheinlich Capellan des Markgrafen, Olmützer Domherr und Archidiakon, sodann Custos des Wyšehrader Capitels, Probst und schliesslich Domdechant der Olmützer Kirche. (Reg. Boh. I, S. 372, 379, 392, 403, 406, 407, 526, 527, 549, 561, 579, 580, 590, 604, 606, 608. Reg. Boh. II, S. 15, 28, 29, 34, 39, 45, 55, 57, 70, 71, 84, 127, 128, 132, 133, 136, 153, 155, 161, 162, 171, 172, 175, 179, 201, 207, 219, 221, 232, 235, 1166, 1167.) Hilarius kommt in einer für das Kloster Bruck (Luca) am 2. April 1233 ausgestellten Urkunde 1)
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15 Regel waren. Von Prisnobor haben wir 5 Urkunden aus dem J. 1247,1) eine aus dem Jahre 1248 2) und 2 aus dem J. 1249, 3) in denen er als Datar vorkommt. Nach dem Jahre 1249 finden wir ihn in der Hofkanzlei Premysls nicht mehr, wenigstens unterzeichnet er die Urkunden nicht. Ob geringe notarielle Kenntnisse die Veranlassung seines Rücktrittes waren, 4) kann man jetzt nicht mehr entscheiden — bedeutend waren dieselben jedenfalls nicht; — aber uns scheint eher, dass Premysl seinen Notar nach dem Missglücken der Empörung hat entlassen müssen. Prisnobor war sicher Anhänger, ja in seiner Eigenschaft als Hofnotar einer der vorzüglichsten Rathgeber des den Aufstand betreibenden Prinzen, welcher jedoch nach seiner Besiegung und Unterwerfung, wenn er auch vor den Augen seines Vaters Gnade gefunden hat, seinen "sehr geliebten Hofnotar“ wahrscheinlich nicht bei sich behalten durfte. Erst im J. 1252 begegnen wir ihm wieder am Hofe Premysl Ottokars, und zwar als scriptor marchionis 5) — eine Bezeichnung, deren Deutung verschieden sein kann. Prisnobor war bereits im J. 1246 6) Wyšehrader Domherr; in dieser Würde allein wird er noch im J. 1255 erwähnt, 7) aber am 13. Febr. 1257 fungirt er als Wyšehrader und Prager Domherr und als notarius generalis regni Boh. 3), seit dem Anfange des Jahres 1262 als Prager Domscholasticus und königlicher Capellan.9) Dass sich der König seiner guten Dienste noch in späteren Jahren erinnerte, dafür spricht eine Wyšehrader Urkunde vom 15. zum erstenmale vor; ob er mit dem gleichnamigen und im J. 1228 genannten Hofcapellan Premysl Ottokars I. identisch ist, wissen wir ebensowenig anzugeben, wie wir im Zweifel sind, ob wir ihn mit dem im J. 1222 genannten Notar für eine und dieselbe Person ansehen dürfen (Reg. I, N. 658 und 734). Hilarius war Magister und unterzeichnete die Urkunden des Markgraten Přemysl bis zum J. 1236. Seit dem Monate November 1234 führt er den Titel protonotarius, obgleich er auch später noch einigemal nur Notar genannt wird (Vergl. Reg. N. 886, 897). Im J. 1236 kommt in einer Urkunde des Markgrafen Premysl als Datar der Capellan Marquard vor (Reg. I, N. 899), im J. 1238 (1. Jänner) datirt eine Ur- kunde desselben Fürsten der Notar Helias, der früher Protonotar der Markgräfin war (Reg. Boh. I, N. 886 und 930), am 27. Jänner desselben Jahres der Notar und Capellan des Markgrafen Victor (Reg. Boh. I, N. 931) und am 30. März und 1. Aug. des genannten Jahres der Notar Ludwig (Reg. Boh. I, N. 937 und 951), der wahrscheinlich früher Arzt des Markgrafen war. (Reg. Boh. I, N. 931). Ob Ludwig das Amt des Hofnotars bis zum Tode des Markgrafen Premysl versah und wer dasselbe wäh- rend der kurzen Regierung des Markgrafen Wladislaw III. (1245 — Jänner 1247) bekleidete, können wir aus Mangel einschlägiger Nachrichten nicht angeben. Reg. Boh. I, N. 1165, 1166, 1169—1171. Daselbst I, N. 1213. Wir bemerken hier ausdrücklich, dass in dem Datum der Urkunde, die wir in originali gesehen haben, keine Jahreszahl vorkommt, obgleich sie in ein anderes Jahr kaum gesetzt werden kann. Bei dieser Gelegenheit fügen wir hinzu, dass das Schriftstück, dessen Regest unter N. 1214 in den Regesten von Böhmen vorkommt, kein Datum und keinen Ausstellungsort hat, und dass der Ausstellungsort und das Datum in die Regesten vom Herausgeber derselben wahrscheinlich wegen der Identität nicht blos des Inhalts sondern auch des Wortlautes beider Schriftstücke beigesetzt wurde. Es ist demnach die Annahme, dass Vater und Sohn am 4. Nov. 1248 gemeinsame Regierungshandlungen vollziehen (Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrh. S. 84) nicht ganz stichhältig. Regesta Boh. I, N. 1237 und 1239. Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrh. I, 386. Reg. Boh. I, N. 1313. Daselbst I, N. 1158. Daselbst II, N. 56, 75. Daselbst II, N. 143. 3) Daselbst II, N. 342, 345, 347. 6) s)
15 Regel waren. Von Prisnobor haben wir 5 Urkunden aus dem J. 1247,1) eine aus dem Jahre 1248 2) und 2 aus dem J. 1249, 3) in denen er als Datar vorkommt. Nach dem Jahre 1249 finden wir ihn in der Hofkanzlei Premysls nicht mehr, wenigstens unterzeichnet er die Urkunden nicht. Ob geringe notarielle Kenntnisse die Veranlassung seines Rücktrittes waren, 4) kann man jetzt nicht mehr entscheiden — bedeutend waren dieselben jedenfalls nicht; — aber uns scheint eher, dass Premysl seinen Notar nach dem Missglücken der Empörung hat entlassen müssen. Prisnobor war sicher Anhänger, ja in seiner Eigenschaft als Hofnotar einer der vorzüglichsten Rathgeber des den Aufstand betreibenden Prinzen, welcher jedoch nach seiner Besiegung und Unterwerfung, wenn er auch vor den Augen seines Vaters Gnade gefunden hat, seinen "sehr geliebten Hofnotar“ wahrscheinlich nicht bei sich behalten durfte. Erst im J. 1252 begegnen wir ihm wieder am Hofe Premysl Ottokars, und zwar als scriptor marchionis 5) — eine Bezeichnung, deren Deutung verschieden sein kann. Prisnobor war bereits im J. 1246 6) Wyšehrader Domherr; in dieser Würde allein wird er noch im J. 1255 erwähnt, 7) aber am 13. Febr. 1257 fungirt er als Wyšehrader und Prager Domherr und als notarius generalis regni Boh. 3), seit dem Anfange des Jahres 1262 als Prager Domscholasticus und königlicher Capellan.9) Dass sich der König seiner guten Dienste noch in späteren Jahren erinnerte, dafür spricht eine Wyšehrader Urkunde vom 15. zum erstenmale vor; ob er mit dem gleichnamigen und im J. 1228 genannten Hofcapellan Premysl Ottokars I. identisch ist, wissen wir ebensowenig anzugeben, wie wir im Zweifel sind, ob wir ihn mit dem im J. 1222 genannten Notar für eine und dieselbe Person ansehen dürfen (Reg. I, N. 658 und 734). Hilarius war Magister und unterzeichnete die Urkunden des Markgraten Přemysl bis zum J. 1236. Seit dem Monate November 1234 führt er den Titel protonotarius, obgleich er auch später noch einigemal nur Notar genannt wird (Vergl. Reg. N. 886, 897). Im J. 1236 kommt in einer Urkunde des Markgrafen Premysl als Datar der Capellan Marquard vor (Reg. I, N. 899), im J. 1238 (1. Jänner) datirt eine Ur- kunde desselben Fürsten der Notar Helias, der früher Protonotar der Markgräfin war (Reg. Boh. I, N. 886 und 930), am 27. Jänner desselben Jahres der Notar und Capellan des Markgrafen Victor (Reg. Boh. I, N. 931) und am 30. März und 1. Aug. des genannten Jahres der Notar Ludwig (Reg. Boh. I, N. 937 und 951), der wahrscheinlich früher Arzt des Markgrafen war. (Reg. Boh. I, N. 931). Ob Ludwig das Amt des Hofnotars bis zum Tode des Markgrafen Premysl versah und wer dasselbe wäh- rend der kurzen Regierung des Markgrafen Wladislaw III. (1245 — Jänner 1247) bekleidete, können wir aus Mangel einschlägiger Nachrichten nicht angeben. Reg. Boh. I, N. 1165, 1166, 1169—1171. Daselbst I, N. 1213. Wir bemerken hier ausdrücklich, dass in dem Datum der Urkunde, die wir in originali gesehen haben, keine Jahreszahl vorkommt, obgleich sie in ein anderes Jahr kaum gesetzt werden kann. Bei dieser Gelegenheit fügen wir hinzu, dass das Schriftstück, dessen Regest unter N. 1214 in den Regesten von Böhmen vorkommt, kein Datum und keinen Ausstellungsort hat, und dass der Ausstellungsort und das Datum in die Regesten vom Herausgeber derselben wahrscheinlich wegen der Identität nicht blos des Inhalts sondern auch des Wortlautes beider Schriftstücke beigesetzt wurde. Es ist demnach die Annahme, dass Vater und Sohn am 4. Nov. 1248 gemeinsame Regierungshandlungen vollziehen (Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrh. S. 84) nicht ganz stichhältig. Regesta Boh. I, N. 1237 und 1239. Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrh. I, 386. Reg. Boh. I, N. 1313. Daselbst I, N. 1158. Daselbst II, N. 56, 75. Daselbst II, N. 143. 3) Daselbst II, N. 342, 345, 347. 6) s)
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16 Jul. 1262, wo der König ausdrücklich sagt, dass er, die Treue und die Dienste seines getreuen Capellans Prisnobor vor Augen habend, über dessen Bitte der Wyšehrader Kirche das Patro- natsrecht der Kirche in Budeč verleiht, und eine Urkunde der Prager Domkirche, in welcher der König Přemysl Ottokar II. über Bitte seines geliebten Capellans und Prager Dom- scholasters dem dieser Kirche gehörigen Orte Hněwčowic das Marktrecht und andere Freiheiten gewährt. 1) Das letztemal finden wir den Prisnobor am 28. Mai 1268 genannt.2) 2. Magister Wilhelm. Nach Přisnobors Rücktritte vom Schauplatze seiner notariellen Thätigkeit hat Přemysl sein Kanzleiwesen einem Magister Namens Wilhelm übertragen, der in dieser Eigenschaft am Anfange des Jahres 1250 zum erstenmal genannt wird, wenn wir die Urkunden vom 14. Jan. und 17. Nov. 1249 ausser Acht lassen. 3) Uiber die frühere Stellung des Mag. Wilhelm sind wir nicht unterrichtet, indessen ist so viel gewiss, dass er zu seinem Amte eine bessere Vorbildung und mehr Geschicklichkeit mitbrachte als sein Vorgänger. Nach Uibernahme der Leitung von Premysl Ottokars Hofkanzlei stand er derselben fast durch zwei Jahre wie die früheren mährischen Hofnotare allein vor, da alle Urkunden aus den Jahren 1250 und 1251 nur von ihm gefertigt sind. Erst als Přemysl Ottokar auch Oesterreich erworben hatte, nahm er in seine Hofkanzlei einen Mann auf, der in der Hofkanzlei des letzten Babenbergers angestellt war, nämlich den Protonotar Friedrichs II. Gotschalk, welcher schon die erste Urkunde, die wir von Ottokar als Herzog von Oesterreich besitzen, neben dem Ma- gister Wilhelm als Datar unterzeichnet. 4) Trotz dem, dass Ottokar den Gotschalk in seine Kanzlei aufnahm, blieb doch Mag. Wilhelm der Leiter derselben nicht bloss für Mähren, sondern auch für die österreichischen Länder; denn alle Urkunden, die wir aus den Jahren 1252 und 1253 von Premysl Ottokar haben und die die Ausfertigung des Notars tragen, nennen nur den Mag. Wilhelm als Aussteller, ob sie nun für Oesterreich oder für Mähren bestimmt waren. Zwar tritt uns bei den ersten vom Premysl Ottokar als Herzog von Oesterreich aus- gestellten Urkunden der Umstand entgegen, dass die Ausfertigung des Notars sehr häufig fehlt; doch bringen wir diese Erscheinung mit der Hast der Geschäfte in Verbindung und glauben nicht, wie Lorenz vermuthet, dass die Ursache davon die war, dass man im Beginne der neuen Herrschaft nicht sogleich über die Organisation der landesfürstlichen Kanzlei feste Reg. Boh. II, N. 376, 402. Daselbst II, N. 616. Reg. Boh. I, N. 1226. Diese Urkunde ist in Brünn ausgestellt; es ist aber uicht wahrscheinlich, dass sich Ottokar damals in Brünn aufgehalten hat. Nach unverdächtigen Zeugnissen weilte am Ende des Jahres (11. Dec.) 1248 König Wenzel I. in Brünn; hier sammelte er die Streitkräfte gegen seinen Sohn Přemysl und zog mit denselben — sie bestanden aus Böhmen, Oesterreichern und Ungarn — aus Mähren gegen seinen Sohn, so dass er sich am 13. Febr. 1249 der Burg Wyšehrad bemächtigen konnte, ohne dass er es jedoch gewagt hat Prag anzugreifen, das von den Aufständischen vertheidigt wurde. Es wäre eine sonderbare Kriegsführung, wenn Premysl die Möglichkeit gegeben worden wäre, sich im Rücken des väterlichen Heeres so frei bewegen zu können. (Wenceslai I. regis Historia. Pertz Ss. IX, 167). Wenn wir jedoch die Urkunde vom 14. Jan. 1249 in das nächstfolgende Jahr versetzen müssen, so ist es nothwendig auch die Urkunde vom 17. Nov. 1249 (Reg. I, N. 1240) in das nächstfolgende Jahr zu verlegen, da sie die erstere voraussetzt. Die weitere Folge ist, dass uns der Notar Mag. Wil- helm erst am 3. Febr. 1250 zum erstenmale begegnen würde. 4) Reg. Boh. 1, 1279. 1)
16 Jul. 1262, wo der König ausdrücklich sagt, dass er, die Treue und die Dienste seines getreuen Capellans Prisnobor vor Augen habend, über dessen Bitte der Wyšehrader Kirche das Patro- natsrecht der Kirche in Budeč verleiht, und eine Urkunde der Prager Domkirche, in welcher der König Přemysl Ottokar II. über Bitte seines geliebten Capellans und Prager Dom- scholasters dem dieser Kirche gehörigen Orte Hněwčowic das Marktrecht und andere Freiheiten gewährt. 1) Das letztemal finden wir den Prisnobor am 28. Mai 1268 genannt.2) 2. Magister Wilhelm. Nach Přisnobors Rücktritte vom Schauplatze seiner notariellen Thätigkeit hat Přemysl sein Kanzleiwesen einem Magister Namens Wilhelm übertragen, der in dieser Eigenschaft am Anfange des Jahres 1250 zum erstenmal genannt wird, wenn wir die Urkunden vom 14. Jan. und 17. Nov. 1249 ausser Acht lassen. 3) Uiber die frühere Stellung des Mag. Wilhelm sind wir nicht unterrichtet, indessen ist so viel gewiss, dass er zu seinem Amte eine bessere Vorbildung und mehr Geschicklichkeit mitbrachte als sein Vorgänger. Nach Uibernahme der Leitung von Premysl Ottokars Hofkanzlei stand er derselben fast durch zwei Jahre wie die früheren mährischen Hofnotare allein vor, da alle Urkunden aus den Jahren 1250 und 1251 nur von ihm gefertigt sind. Erst als Přemysl Ottokar auch Oesterreich erworben hatte, nahm er in seine Hofkanzlei einen Mann auf, der in der Hofkanzlei des letzten Babenbergers angestellt war, nämlich den Protonotar Friedrichs II. Gotschalk, welcher schon die erste Urkunde, die wir von Ottokar als Herzog von Oesterreich besitzen, neben dem Ma- gister Wilhelm als Datar unterzeichnet. 4) Trotz dem, dass Ottokar den Gotschalk in seine Kanzlei aufnahm, blieb doch Mag. Wilhelm der Leiter derselben nicht bloss für Mähren, sondern auch für die österreichischen Länder; denn alle Urkunden, die wir aus den Jahren 1252 und 1253 von Premysl Ottokar haben und die die Ausfertigung des Notars tragen, nennen nur den Mag. Wilhelm als Aussteller, ob sie nun für Oesterreich oder für Mähren bestimmt waren. Zwar tritt uns bei den ersten vom Premysl Ottokar als Herzog von Oesterreich aus- gestellten Urkunden der Umstand entgegen, dass die Ausfertigung des Notars sehr häufig fehlt; doch bringen wir diese Erscheinung mit der Hast der Geschäfte in Verbindung und glauben nicht, wie Lorenz vermuthet, dass die Ursache davon die war, dass man im Beginne der neuen Herrschaft nicht sogleich über die Organisation der landesfürstlichen Kanzlei feste Reg. Boh. II, N. 376, 402. Daselbst II, N. 616. Reg. Boh. I, N. 1226. Diese Urkunde ist in Brünn ausgestellt; es ist aber uicht wahrscheinlich, dass sich Ottokar damals in Brünn aufgehalten hat. Nach unverdächtigen Zeugnissen weilte am Ende des Jahres (11. Dec.) 1248 König Wenzel I. in Brünn; hier sammelte er die Streitkräfte gegen seinen Sohn Přemysl und zog mit denselben — sie bestanden aus Böhmen, Oesterreichern und Ungarn — aus Mähren gegen seinen Sohn, so dass er sich am 13. Febr. 1249 der Burg Wyšehrad bemächtigen konnte, ohne dass er es jedoch gewagt hat Prag anzugreifen, das von den Aufständischen vertheidigt wurde. Es wäre eine sonderbare Kriegsführung, wenn Premysl die Möglichkeit gegeben worden wäre, sich im Rücken des väterlichen Heeres so frei bewegen zu können. (Wenceslai I. regis Historia. Pertz Ss. IX, 167). Wenn wir jedoch die Urkunde vom 14. Jan. 1249 in das nächstfolgende Jahr versetzen müssen, so ist es nothwendig auch die Urkunde vom 17. Nov. 1249 (Reg. I, N. 1240) in das nächstfolgende Jahr zu verlegen, da sie die erstere voraussetzt. Die weitere Folge ist, dass uns der Notar Mag. Wil- helm erst am 3. Febr. 1250 zum erstenmale begegnen würde. 4) Reg. Boh. 1, 1279. 1)
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17 Entschlüsse gefasst hatte. 1) Dass unsere Ansicht richtig sein dürfte, davon überzeugen wir uns, wenn wir uns die Datirungszeile der aus Premysl Ottokars Kanzlei in den J. 1251—1253 ausgestellten Urkunden genau ansehen. Aus dem J. 1251 kennen wir jetzt noch 9 Urkunden, welche Premysl Ottokar als Herzog von Oesterreich (und Steiermark) und Markgraf von Mähren ausfertigen liess. Sechs von diesen Urkunden haben das Datum unvollständig. Es fehlt darin entweder das Jahr, oder der Monatstag, oder der Ausstellungsort, oder auch zwei dieser Datumsbestandtheile und noch dazu der Name des ausfertigenden Notars; die übrigen drei Urkunden haben wol das Datum vollständig, aber es geht in ihnen der Datar ab. Aus dem Jahre 1252 haben wir 18 Ottokarische Urkunden, von denen zwei gar kein und 5 ein unvollständiges Datum aufweisen. Von allen diesen 18 Urkunden tragen 7 die Ausfer- tigung des Notars, und zwar des Mag. Wilhelm. Es ist offenbar, dass gesichertere politische Verhältnisse auch mehr Sorgfalt in die Hofkanzlei des hoffnungsvollen Herrschers brachten. Man sieht aus diesen Zahlen zugleich, dass die Angabe, als ob wir aus dem J. 1252 nur Eine Urkunde mit notarieller Ausfertigung besässen, nicht genau ist. 2) Von den 10 Urkunden des Jahres 1253, die wir von Přemysl Ottokar vor dessen Regierungsantritte in Böhmen be- sitzen, haben 4 die Beglaubigung des Notars und in 6 fehlt dieselbe; in einer der letzteren kommen jedoch die Notare Wilhelm und Gotschalk als Zeugen vor. Es ist noch zu bemer- ken, dass die Urkunden, welche den Namen des Datars haben und dem Jahre 1252 ange- hören bis auf Eine für die österr. Länder, die aus dem J. 1253 hingegen für Mähren und Böhmen ausgestellt sind. Es lässt sich daher aus diesen Verhältnissen kein Schluss über die Absichten bezüglich der Kanzleiorganisation ziehen. Seit dem 19. März 1252 wird Mag. Wilhelm auch Protonotar titulirt, obgleich es nicht selten auch spätere Urkunden gibt, wo er nur Notar genannt wird. In seinem Amte blieb er bis zum J. 1262, jedoch so, dass er seit der Mitte des J. 1258 bis zum October des J. 1262 die Urkunden seltener ausfertigt, und dass wir durch die ganze Zeit in der Hofkanzlei Ottokars noch eine zweite Kraft mit gleicher Machtbefugniss neben ihm als Notar oder Protonotar beschäftigt finden. Zuerst ist es Mag. Gotschalk, dann Mag. Arnold und wahr- scheinlich auch Mag. Ulrich, mit denen er gemeinschaftlich die Urkunden datirte. Doch hat er immer die erste Stelle in der Kanzlei eingenommen, was daraus erhellet, dass er in der Regel unter den Notaren oder Protonotaren an erster Stelle genannt wird. Die letzte von ihm gefertigte Urkunde, wo er jedoch nur den Titel notarius hat, ist vom 15. Juli 1262, 3) worauf er sich bald von den Geschäften zurückgezogen haben mag. Mag. Wilhelm war Prager und Olmützer Domherr und Pfarrer in Butzbach. 4) Im J. 1264 kommt unter mehreren andern Prager Domherren als Zeuge ein Wilhelm vor, den wir für den früheren Protonotar halten, da uns um diese Zeit ein anderer Prager Domherr gleichen Namens nirgends entgegentritt. Dies ist die letzte Nachricht von demselben. 5) 1) Lorenz, Deutsche Gesch. im 13. und 14. Jhrhdt. I, 387, 388. 2) Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jhrhdt. I S. 387. Reg. Boh. II, N. 376. Daselbst II, N. 118. 5) Daselbst II, N. 440. 3
17 Entschlüsse gefasst hatte. 1) Dass unsere Ansicht richtig sein dürfte, davon überzeugen wir uns, wenn wir uns die Datirungszeile der aus Premysl Ottokars Kanzlei in den J. 1251—1253 ausgestellten Urkunden genau ansehen. Aus dem J. 1251 kennen wir jetzt noch 9 Urkunden, welche Premysl Ottokar als Herzog von Oesterreich (und Steiermark) und Markgraf von Mähren ausfertigen liess. Sechs von diesen Urkunden haben das Datum unvollständig. Es fehlt darin entweder das Jahr, oder der Monatstag, oder der Ausstellungsort, oder auch zwei dieser Datumsbestandtheile und noch dazu der Name des ausfertigenden Notars; die übrigen drei Urkunden haben wol das Datum vollständig, aber es geht in ihnen der Datar ab. Aus dem Jahre 1252 haben wir 18 Ottokarische Urkunden, von denen zwei gar kein und 5 ein unvollständiges Datum aufweisen. Von allen diesen 18 Urkunden tragen 7 die Ausfer- tigung des Notars, und zwar des Mag. Wilhelm. Es ist offenbar, dass gesichertere politische Verhältnisse auch mehr Sorgfalt in die Hofkanzlei des hoffnungsvollen Herrschers brachten. Man sieht aus diesen Zahlen zugleich, dass die Angabe, als ob wir aus dem J. 1252 nur Eine Urkunde mit notarieller Ausfertigung besässen, nicht genau ist. 2) Von den 10 Urkunden des Jahres 1253, die wir von Přemysl Ottokar vor dessen Regierungsantritte in Böhmen be- sitzen, haben 4 die Beglaubigung des Notars und in 6 fehlt dieselbe; in einer der letzteren kommen jedoch die Notare Wilhelm und Gotschalk als Zeugen vor. Es ist noch zu bemer- ken, dass die Urkunden, welche den Namen des Datars haben und dem Jahre 1252 ange- hören bis auf Eine für die österr. Länder, die aus dem J. 1253 hingegen für Mähren und Böhmen ausgestellt sind. Es lässt sich daher aus diesen Verhältnissen kein Schluss über die Absichten bezüglich der Kanzleiorganisation ziehen. Seit dem 19. März 1252 wird Mag. Wilhelm auch Protonotar titulirt, obgleich es nicht selten auch spätere Urkunden gibt, wo er nur Notar genannt wird. In seinem Amte blieb er bis zum J. 1262, jedoch so, dass er seit der Mitte des J. 1258 bis zum October des J. 1262 die Urkunden seltener ausfertigt, und dass wir durch die ganze Zeit in der Hofkanzlei Ottokars noch eine zweite Kraft mit gleicher Machtbefugniss neben ihm als Notar oder Protonotar beschäftigt finden. Zuerst ist es Mag. Gotschalk, dann Mag. Arnold und wahr- scheinlich auch Mag. Ulrich, mit denen er gemeinschaftlich die Urkunden datirte. Doch hat er immer die erste Stelle in der Kanzlei eingenommen, was daraus erhellet, dass er in der Regel unter den Notaren oder Protonotaren an erster Stelle genannt wird. Die letzte von ihm gefertigte Urkunde, wo er jedoch nur den Titel notarius hat, ist vom 15. Juli 1262, 3) worauf er sich bald von den Geschäften zurückgezogen haben mag. Mag. Wilhelm war Prager und Olmützer Domherr und Pfarrer in Butzbach. 4) Im J. 1264 kommt unter mehreren andern Prager Domherren als Zeuge ein Wilhelm vor, den wir für den früheren Protonotar halten, da uns um diese Zeit ein anderer Prager Domherr gleichen Namens nirgends entgegentritt. Dies ist die letzte Nachricht von demselben. 5) 1) Lorenz, Deutsche Gesch. im 13. und 14. Jhrhdt. I, 387, 388. 2) Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jhrhdt. I S. 387. Reg. Boh. II, N. 376. Daselbst II, N. 118. 5) Daselbst II, N. 440. 3
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18 3. Magister Gotschalk. Gleich beim ersten Auftreten Premysl Ottokars als Herzog von Oesterreich finden wir den Mag. Gotschalk als Mitunterzeichner einer Urkunde neben dem Mag. Wilhelm. 1) Beide werden notarii genannt. Es ist offenbar, dass der neue Herzog den Mann, der unter dem letzten Babenberger als Protonotar die Hofkanzlei leitete, in seine Dienste hinüberzog. Das zweitemal finden wir ihn als Zeugen wieder neben Mag. Wilhelm im Jahre 1252 2) in einer zu Graz ausgefertigten Urkunde, wohin er Ottokar begleitete. Das folgende Jahr begegnet er uns nirgends, erst am 17. Nov. 1254 3) erscheint er als Mitfertiger eines dem Kloster Garsten ertheilten Privilegiums. Hier wird er ebenso wie Mag. Wilhelm als notarius erwähnt. Ein gleiches Verhältniss kommt in einigen Urkunden vom März 1255 vor, 4) in denen Gotschalk neben Mag. Wilhelm als Zeuge erscheint. In einer von ihm und Witigo, dem Schreiber von Ens, für das Kloster Garsten ausgestellten Urkunde, die kein Monatsdatum trägt, aber zwischen dem 24—28. März ausgefertigt wurde, nennt er sich selbst noch „notarius curie domini ducis Austrie,“ 5) aber einige Tage später heisst er schon in einer ebenfalls dem Kloster Garsten ertheilten Urkunde protonotarius 5) und mit dieser Bezeich- nung finden wir ihn auch am 26. Juni 1255 neben dem Mag. Wilhelm, und zwar zum letz- tenmale, in Přemysl Ottokars Hofkanzlei erwähnt. Die Behauptung, dass Gotschalk, als Ottokar die Regierung in Böhmen übernahm und nachdem der Friede mit Ungarn hergestellt war, zum Kanzler befördert worden wäre, ist nicht richtig; sie ist durch eine weniger glück- liche Deutung der Abkürzung Can., die als canonicus und nicht cancellarius zu ergänzen ist, 7) entstanden. Aus dem oben Gesagten folgt, dass Gotschalk verhältnissmässig wenig Verwendung in der Hofkanzlei Ottokars gefunden hat, dass er in dieser Beziehung und wahrscheinlich auch dem Ansehen nach dem Mag. Wilhelm nachstand und mehr für Geschäfte der österreichischen Länder bestimmt war, wie er sich denn auch „notarius d. ducis Austriae" nennt, obgleich Přemysl Ottokar damals schon König von Böhmen war. 4. Magister Arnold. Wir haben gesehen, dass Přemysl Ottokar, als er seine Unter- nehmung bezüglich Oesterreichs zur Ausführung brachte, in seine Hofkanzlei einen Mann herüberzog, der früher die Kanzlei des letzten Babenbergers leitete. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, ob nicht dasselbe nach seiner Thronbesteigung in Böhmen geschehen ist. Hier war damals Kanzler der Wyšehrader Probst, Mag. Dionysius; die faktische Leitung der Hofkanzlei lag jedoch seit dem J. 1249 in der Hand des Hofnotars Herbord, da bis auf eine einzige Ausnahme 1) Reg. Boh. I, 1279. 2) Reg. Boh. I, N. 1330. 3 Reg. Boh. II, N. 42. Reg. Boh. II, N. 49—51. Urkbuch des Landes Ob der Euns III, S. 224. Reg. Boh. II, Nr. 53, 58. Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrhdt. I, S. 389. — Premysl Ottokar bestätigt zu Krems am 18. März 1255 den Klosterbrüdern von St. Nicolaus zu Passau die Befreiung von gewissen Zöllen in seinen Ländern. (Lambacher, öster. Interregnum, Anhang 35. Reg. Boh. II, N. 49.) Přemysl Ottokar war damals von einem Zuge gegen die heidnischen Preussen über Mähren nach Oesterreich zurück- gekehrt und zog längs des südlichen Donauufers nach Linz, wo er sich dann nach Böhmen wendete. Wenn Gotschalk bereits in Krems Kanzler gewesen wäre, so hätte er sich in Seitenstätten und Steyr, wohin er erst später mit dem Könige kam, nicht Notar genannt oder von andern schreiben lassen. *) 5
18 3. Magister Gotschalk. Gleich beim ersten Auftreten Premysl Ottokars als Herzog von Oesterreich finden wir den Mag. Gotschalk als Mitunterzeichner einer Urkunde neben dem Mag. Wilhelm. 1) Beide werden notarii genannt. Es ist offenbar, dass der neue Herzog den Mann, der unter dem letzten Babenberger als Protonotar die Hofkanzlei leitete, in seine Dienste hinüberzog. Das zweitemal finden wir ihn als Zeugen wieder neben Mag. Wilhelm im Jahre 1252 2) in einer zu Graz ausgefertigten Urkunde, wohin er Ottokar begleitete. Das folgende Jahr begegnet er uns nirgends, erst am 17. Nov. 1254 3) erscheint er als Mitfertiger eines dem Kloster Garsten ertheilten Privilegiums. Hier wird er ebenso wie Mag. Wilhelm als notarius erwähnt. Ein gleiches Verhältniss kommt in einigen Urkunden vom März 1255 vor, 4) in denen Gotschalk neben Mag. Wilhelm als Zeuge erscheint. In einer von ihm und Witigo, dem Schreiber von Ens, für das Kloster Garsten ausgestellten Urkunde, die kein Monatsdatum trägt, aber zwischen dem 24—28. März ausgefertigt wurde, nennt er sich selbst noch „notarius curie domini ducis Austrie,“ 5) aber einige Tage später heisst er schon in einer ebenfalls dem Kloster Garsten ertheilten Urkunde protonotarius 5) und mit dieser Bezeich- nung finden wir ihn auch am 26. Juni 1255 neben dem Mag. Wilhelm, und zwar zum letz- tenmale, in Přemysl Ottokars Hofkanzlei erwähnt. Die Behauptung, dass Gotschalk, als Ottokar die Regierung in Böhmen übernahm und nachdem der Friede mit Ungarn hergestellt war, zum Kanzler befördert worden wäre, ist nicht richtig; sie ist durch eine weniger glück- liche Deutung der Abkürzung Can., die als canonicus und nicht cancellarius zu ergänzen ist, 7) entstanden. Aus dem oben Gesagten folgt, dass Gotschalk verhältnissmässig wenig Verwendung in der Hofkanzlei Ottokars gefunden hat, dass er in dieser Beziehung und wahrscheinlich auch dem Ansehen nach dem Mag. Wilhelm nachstand und mehr für Geschäfte der österreichischen Länder bestimmt war, wie er sich denn auch „notarius d. ducis Austriae" nennt, obgleich Přemysl Ottokar damals schon König von Böhmen war. 4. Magister Arnold. Wir haben gesehen, dass Přemysl Ottokar, als er seine Unter- nehmung bezüglich Oesterreichs zur Ausführung brachte, in seine Hofkanzlei einen Mann herüberzog, der früher die Kanzlei des letzten Babenbergers leitete. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, ob nicht dasselbe nach seiner Thronbesteigung in Böhmen geschehen ist. Hier war damals Kanzler der Wyšehrader Probst, Mag. Dionysius; die faktische Leitung der Hofkanzlei lag jedoch seit dem J. 1249 in der Hand des Hofnotars Herbord, da bis auf eine einzige Ausnahme 1) Reg. Boh. I, 1279. 2) Reg. Boh. I, N. 1330. 3 Reg. Boh. II, N. 42. Reg. Boh. II, N. 49—51. Urkbuch des Landes Ob der Euns III, S. 224. Reg. Boh. II, Nr. 53, 58. Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrhdt. I, S. 389. — Premysl Ottokar bestätigt zu Krems am 18. März 1255 den Klosterbrüdern von St. Nicolaus zu Passau die Befreiung von gewissen Zöllen in seinen Ländern. (Lambacher, öster. Interregnum, Anhang 35. Reg. Boh. II, N. 49.) Přemysl Ottokar war damals von einem Zuge gegen die heidnischen Preussen über Mähren nach Oesterreich zurück- gekehrt und zog längs des südlichen Donauufers nach Linz, wo er sich dann nach Böhmen wendete. Wenn Gotschalk bereits in Krems Kanzler gewesen wäre, so hätte er sich in Seitenstätten und Steyr, wohin er erst später mit dem Könige kam, nicht Notar genannt oder von andern schreiben lassen. *) 5
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19 seit dieser Zeit alle Urkunden Wenzels I. nur die Ausfertigung desselben tragen. Der Hofnotar Herbord blieb nach Wenzels Tode nicht in der böhm. Hofkanzlei und kommt nur noch einmal als Zeuge in der Eigenschaft eines Prager Domherrn in einer Urkunde Premysl Ottokars II. vom 12. Mai 1255 vor, 1) da wir kaum annehmen dürfen, dass der gleichnamige Olmützer Dom- dechant und später Domprobst mit ihm identisch ist. Doch scheint Premysl Ottokar aus der Hofkanzlei seines Vaters (vielleicht neben andern niederen Beamten) den Notar Arnold in seinen Dienst aufgenommen zu haben. In der Hofkanzlei Wenzels I. finden wir nämlich laut einer Wyšehrader Urkunde vom 12. Apr. 1252 2) einen Notar Arnold. Die Existenz dieser Persönlich- keit in der königl. Hofkanzlei bestätigt auch eine Urkunde des Bischofs Bruno ddto 25. Jän. 1253, in welcher ein Streit zwischen dem Oslawaner Kloster und Arnold, dem Notar des böhm. Königs, über die Kirche in Neukirch (Nova ecclesia) in der Weise entschieden wird, dass Arnold die Kirche für die Zeit seines Lebens behalten, das Patronatsrecht aber dem Kloster gehören soll. Es ist nun höchst wahrscheinlich, dass dieser Arnold, der offenbai eine niederere Stellung als Herbord in der böhm. Hofkanzlei hatte, in dieser Stellung auch nach Ottokars Thronbesteigung verblieb. Er ist wol eine und dieselbe Person mit dem königlichen Capellan und Olmützer Domherrn Arnold, der am 17. Aug. 1254 erwähnt wird. 3) Am 7. Juni 1255 begegnet uns „Arnoldus notarius" als Zeuge in einer vom Könige Přemysl Ottokar dem Prager Kreuzherrnhospital ertheilten Bestätigungsurkunde über die Schenkung des Dorfes Cernuc. 4) Die erste Ausfertigung einer Urkunde vom Hofnotar Arnold fällt in die erste Hälfte des Monates December 1255; 5) in derselben wird er als Magister angeführt. Dieses Schriftstück wurde für das Kloster Kremsmünster ausgestellt. Das nächstemal er- scheint er als Datar am 1. Jänner 1256 in der Bestätigung von Boček's von Berneck Testa- ment, *) wo er noch bloss Notar heisst. Aber seit März desselben Jahres (1256) 7) führt er neben dem Mag. Wilhelm den Titel "protonotarius ducis Austriae" und fertigt seit dieser Zeit unter derselben Benennung, aber nicht selten auch mit der Bezeichnung notarius in unregel- mässiger Abwechslung allein oder mit Mag. Wilhelm gemeinschaftlich die Urkunden aus. Es ist offenbar, dass er um die Mitte des Jahres 1255 an die Stelle Gotschalks befördert wurde, und dass ihm mehr die Besorgung der Kanzleigeschäfte für Oesterreich oblag, worauf schon der oben erwähnte Titel protonotarius ducis Austriae hindeutet. Indessen konnte es kaum ausbleiben, dass ihm in einer Kanzlei, wo damals noch keine strikte Eintheilung der Agenda nach Territorien vorhanden war, nicht selten auch die Ausfertigung von Urkunden für Böhmen und Mähren zufiel, was jedoch in der Regel in Gemeinschaft mit Mag. Wilhelm zu geschehen pflegte, der offenbar den Vorrang hatte, da er immer an erster Stelle genannt wird. In demselben Jahre (1256) kam Mag. Arnold in den Besitz der Pfarre Hollabrunn, Reg. II, N. 56. Reg. I, N. 1302. 2) Reg. Boh. II, 40. *) Reg. Boh. II, 2663. s) Reg. Boh. II, N. 77. 6) Reg. Boh. II, N. 86. 1) Daselbst II, Nr. 94. 1) 3*)
19 seit dieser Zeit alle Urkunden Wenzels I. nur die Ausfertigung desselben tragen. Der Hofnotar Herbord blieb nach Wenzels Tode nicht in der böhm. Hofkanzlei und kommt nur noch einmal als Zeuge in der Eigenschaft eines Prager Domherrn in einer Urkunde Premysl Ottokars II. vom 12. Mai 1255 vor, 1) da wir kaum annehmen dürfen, dass der gleichnamige Olmützer Dom- dechant und später Domprobst mit ihm identisch ist. Doch scheint Premysl Ottokar aus der Hofkanzlei seines Vaters (vielleicht neben andern niederen Beamten) den Notar Arnold in seinen Dienst aufgenommen zu haben. In der Hofkanzlei Wenzels I. finden wir nämlich laut einer Wyšehrader Urkunde vom 12. Apr. 1252 2) einen Notar Arnold. Die Existenz dieser Persönlich- keit in der königl. Hofkanzlei bestätigt auch eine Urkunde des Bischofs Bruno ddto 25. Jän. 1253, in welcher ein Streit zwischen dem Oslawaner Kloster und Arnold, dem Notar des böhm. Königs, über die Kirche in Neukirch (Nova ecclesia) in der Weise entschieden wird, dass Arnold die Kirche für die Zeit seines Lebens behalten, das Patronatsrecht aber dem Kloster gehören soll. Es ist nun höchst wahrscheinlich, dass dieser Arnold, der offenbai eine niederere Stellung als Herbord in der böhm. Hofkanzlei hatte, in dieser Stellung auch nach Ottokars Thronbesteigung verblieb. Er ist wol eine und dieselbe Person mit dem königlichen Capellan und Olmützer Domherrn Arnold, der am 17. Aug. 1254 erwähnt wird. 3) Am 7. Juni 1255 begegnet uns „Arnoldus notarius" als Zeuge in einer vom Könige Přemysl Ottokar dem Prager Kreuzherrnhospital ertheilten Bestätigungsurkunde über die Schenkung des Dorfes Cernuc. 4) Die erste Ausfertigung einer Urkunde vom Hofnotar Arnold fällt in die erste Hälfte des Monates December 1255; 5) in derselben wird er als Magister angeführt. Dieses Schriftstück wurde für das Kloster Kremsmünster ausgestellt. Das nächstemal er- scheint er als Datar am 1. Jänner 1256 in der Bestätigung von Boček's von Berneck Testa- ment, *) wo er noch bloss Notar heisst. Aber seit März desselben Jahres (1256) 7) führt er neben dem Mag. Wilhelm den Titel "protonotarius ducis Austriae" und fertigt seit dieser Zeit unter derselben Benennung, aber nicht selten auch mit der Bezeichnung notarius in unregel- mässiger Abwechslung allein oder mit Mag. Wilhelm gemeinschaftlich die Urkunden aus. Es ist offenbar, dass er um die Mitte des Jahres 1255 an die Stelle Gotschalks befördert wurde, und dass ihm mehr die Besorgung der Kanzleigeschäfte für Oesterreich oblag, worauf schon der oben erwähnte Titel protonotarius ducis Austriae hindeutet. Indessen konnte es kaum ausbleiben, dass ihm in einer Kanzlei, wo damals noch keine strikte Eintheilung der Agenda nach Territorien vorhanden war, nicht selten auch die Ausfertigung von Urkunden für Böhmen und Mähren zufiel, was jedoch in der Regel in Gemeinschaft mit Mag. Wilhelm zu geschehen pflegte, der offenbar den Vorrang hatte, da er immer an erster Stelle genannt wird. In demselben Jahre (1256) kam Mag. Arnold in den Besitz der Pfarre Hollabrunn, Reg. II, N. 56. Reg. I, N. 1302. 2) Reg. Boh. II, 40. *) Reg. Boh. II, 2663. s) Reg. Boh. II, N. 77. 6) Reg. Boh. II, N. 86. 1) Daselbst II, Nr. 94. 1) 3*)
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20 zu welcher er vom Könige praesentirt ward, ohne dass er sich jedoch im Besitze derselben behaupten konnte, da das Passauer Capitel dagegen Einsprache erhoben hat. Da Gotschalk früher im Besitze dieses Beneficiums war, so ist es wahrscheinlich, dass Arnold nicht bloss in der Protonotarswürde, sondern auch in dieser Beziehung sein Nachfolger wurde. Seit dem Herbste des Jahres 1257 — man weiss nicht aus welchem Grunde — verliert sich zeitweilig Mag. Wilhelm aus der königl. Hofkanzlei, so dass ihre Leitung nun dem Mag. Arnold zufiel. Aufangs scheint er sich allein dieser Aufgabe unterzogen zu haben, aber seit August des folgenden Jahres finden wir ihm als Protonotar den Mag. Ulrich, Canonicus von St. Andrä in Freising, beigegeben, der jedoch in den ersten Jahren seiner Amtswaltung ver- hältnissmässig nur selten als Mitfertiger von Urkunden bekannt ist. 2) In der Regel fertigte damals Magister Arnold die Urkunden aus, namentlich vom Anfange des Jahres 1260 bis zum Herbste 1261, in welcher Zeit die Reihe der Urkunden, die seine Ausfertigung tragen, ununter- brochen fortlauft. Nur aus dem Umstande, dass die Protonotare Mag. Wilhelm und Mag. Ulrich in Urkunden als Zeugen vorkommen, wissen wir, dass sie damals neben Magister Arnold noch in der k. Hofkanzlei waren. 3) Im Herbste 1261 tritt der Protonotar Wilhelm in der böhm. Hofkanzlei wieder in den Vordergrund; doch dauerte dies nur bis zum Sommer des nächstfolgenden Jahres (15. Jul. 1262), worauf bis zum Ende des Jahres 1263 alle Ottokari- schen Urkunden nur von dem Protonotar Arnold gefertigt erscheinen, und zwar ohne Rück- sicht auf die Territorien, aus denen die neue Monarchie zusammengesetzt war. Der Proto- notar Mag. Arnold war Prager und Olmützer Canonicus; in letzterer Eigenschaft kommt er zweimal als Zeuge vor (6. Nov. 1256 und cc. 15. Aug. 1261), 4) wo er eigenthümlicher Weise notarius ducis und notarius domini ducis heisst. Dagegen kann man mit voller Sicherheit behaupten, dass unser Mag. Arnold mit dem gleichnamigen Probste von St. Flo- rian, welchem Ottokar am 27. März 1256 die Würde eines Hofcaplans verliehen hat, nicht identisch ist. 5) Mag. Arnold starb entweder im J. 1263 oder am Anfange des Jahres 1264 oder zog sich vom Schauplatze der öffentlichen Thätigkeit gänzlich zurück, da wir aus spä- teren Jahren keine Nachrichten über ihn haben, ausser man nimmt an, dass der Protonotar Magister Arnold mit dem im Jahre 1264 auftretenden Wyšehrader Domherrn Arnold oder mit dem Kremsierer Probst und Archidiacon und Olmützer Domherrn Arnold dieselbe Person ist. 5. Magister Ulrich wird in der böhm. Hofkanzlei das erstemal am 6. Aug. 1258 2) 2) 1) Reg. Boh. II, N. 346. Reg. Boh. II, N. 189, 216, 237, 238, 244 und 249. Daselbst II, N. 281, 285. Daselbst II, N. 112 und 326. Lorenz, Deut. Geseh. im 13. und 14. Jahrh. I, 390. Die Gründe, welche gegen die Annahme der Iden- tität dieser Personen sprechen, sind: der Protonotar Arnold war Magister, was wir vom gleichnamigen Probste von S. Florian nicht behaupten können, und man hätte es kaum unterlassen, ihm diesen Titel beizusetzen, als man die Urkunde über die Auszeichnung desselben mit der Hofcaplanswürde aus- stellte. Als Beweggrund zu dieser Auszeichnung wird des Probstes Frömmigkeit uud ehrenvoller Lebens- wandel angegeben; von treuen dem Könige geleisteten Diensten geschieht keine Erwähnung und dies hätte man bei einem Protonotar sicher nicht unterlassen. Auch kennt man nicht in unseren Gegenden aus jener Zeit solche Fälle, wo ein Regulargeistlicher zugleich Domherr wäre.
20 zu welcher er vom Könige praesentirt ward, ohne dass er sich jedoch im Besitze derselben behaupten konnte, da das Passauer Capitel dagegen Einsprache erhoben hat. Da Gotschalk früher im Besitze dieses Beneficiums war, so ist es wahrscheinlich, dass Arnold nicht bloss in der Protonotarswürde, sondern auch in dieser Beziehung sein Nachfolger wurde. Seit dem Herbste des Jahres 1257 — man weiss nicht aus welchem Grunde — verliert sich zeitweilig Mag. Wilhelm aus der königl. Hofkanzlei, so dass ihre Leitung nun dem Mag. Arnold zufiel. Aufangs scheint er sich allein dieser Aufgabe unterzogen zu haben, aber seit August des folgenden Jahres finden wir ihm als Protonotar den Mag. Ulrich, Canonicus von St. Andrä in Freising, beigegeben, der jedoch in den ersten Jahren seiner Amtswaltung ver- hältnissmässig nur selten als Mitfertiger von Urkunden bekannt ist. 2) In der Regel fertigte damals Magister Arnold die Urkunden aus, namentlich vom Anfange des Jahres 1260 bis zum Herbste 1261, in welcher Zeit die Reihe der Urkunden, die seine Ausfertigung tragen, ununter- brochen fortlauft. Nur aus dem Umstande, dass die Protonotare Mag. Wilhelm und Mag. Ulrich in Urkunden als Zeugen vorkommen, wissen wir, dass sie damals neben Magister Arnold noch in der k. Hofkanzlei waren. 3) Im Herbste 1261 tritt der Protonotar Wilhelm in der böhm. Hofkanzlei wieder in den Vordergrund; doch dauerte dies nur bis zum Sommer des nächstfolgenden Jahres (15. Jul. 1262), worauf bis zum Ende des Jahres 1263 alle Ottokari- schen Urkunden nur von dem Protonotar Arnold gefertigt erscheinen, und zwar ohne Rück- sicht auf die Territorien, aus denen die neue Monarchie zusammengesetzt war. Der Proto- notar Mag. Arnold war Prager und Olmützer Canonicus; in letzterer Eigenschaft kommt er zweimal als Zeuge vor (6. Nov. 1256 und cc. 15. Aug. 1261), 4) wo er eigenthümlicher Weise notarius ducis und notarius domini ducis heisst. Dagegen kann man mit voller Sicherheit behaupten, dass unser Mag. Arnold mit dem gleichnamigen Probste von St. Flo- rian, welchem Ottokar am 27. März 1256 die Würde eines Hofcaplans verliehen hat, nicht identisch ist. 5) Mag. Arnold starb entweder im J. 1263 oder am Anfange des Jahres 1264 oder zog sich vom Schauplatze der öffentlichen Thätigkeit gänzlich zurück, da wir aus spä- teren Jahren keine Nachrichten über ihn haben, ausser man nimmt an, dass der Protonotar Magister Arnold mit dem im Jahre 1264 auftretenden Wyšehrader Domherrn Arnold oder mit dem Kremsierer Probst und Archidiacon und Olmützer Domherrn Arnold dieselbe Person ist. 5. Magister Ulrich wird in der böhm. Hofkanzlei das erstemal am 6. Aug. 1258 2) 2) 1) Reg. Boh. II, N. 346. Reg. Boh. II, N. 189, 216, 237, 238, 244 und 249. Daselbst II, N. 281, 285. Daselbst II, N. 112 und 326. Lorenz, Deut. Geseh. im 13. und 14. Jahrh. I, 390. Die Gründe, welche gegen die Annahme der Iden- tität dieser Personen sprechen, sind: der Protonotar Arnold war Magister, was wir vom gleichnamigen Probste von S. Florian nicht behaupten können, und man hätte es kaum unterlassen, ihm diesen Titel beizusetzen, als man die Urkunde über die Auszeichnung desselben mit der Hofcaplanswürde aus- stellte. Als Beweggrund zu dieser Auszeichnung wird des Probstes Frömmigkeit uud ehrenvoller Lebens- wandel angegeben; von treuen dem Könige geleisteten Diensten geschieht keine Erwähnung und dies hätte man bei einem Protonotar sicher nicht unterlassen. Auch kennt man nicht in unseren Gegenden aus jener Zeit solche Fälle, wo ein Regulargeistlicher zugleich Domherr wäre.
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21 erwähnt, und zwar gleich als Protonotar; aber er ist uns bereits im J. 1256 bekannt. 1) Im letzteren Jahre war er Vertreter des Freisinger Bischofs im Streite mit dem Wiener Dechant Wisinto über die Pfarre Probstdorf, die ihm dann der Freisinger Bischof übertrug, nachdem er den Process gewonnen hatte. Der Passauer Bischof versagte ihm jedoch die Confirmation, worüber ein neuer Streit entstand. Bei dieser Gelegenheit wird Mag. Ulrich Protonotar des Königs von Böhmen und Canonicus von St. Andrä in Freising genannt. 2) In den Besitz der Pfarre von Probstdorf gelangte er wahrscheinlich erst im Herbste 1259, als sein Gegner, der Wiener Dechant Wisinto, wegen seines Widerstandes gegen das zu seiner Ungunst gefällte Urtheil vom geistlichen Dienste suspendirt wurde.3) Mag. Ulrich ward in die Hofkanzlei aufgenommen, um die Lücke, welche in derselben durch das zeitweilige Aufgeben der Ge- schäfte von Seite des Protonotars Wilhelm entstanden ist, auszufüllen. Die ersten Jahre tritt er nirgends in den Vordergrund, im Gegentheil besitzen wir aus den ersten drei Jahren nur etwa sechs Stück Urkunden, die seine Ausfertigung tragen; denn den Hauptantheil an der Leitung der Hofkanzlei hatte damals Mag. Arnold. Seit dem Ende des J. 1260 finden wir ihn durch volle drei Jahre nicht in der Hofkanzlei, da ihm der König das wichtige Amt eines Landschreibers in dem neuerworbenen Steiermark übertragen zu haben scheint. 4) In der Hof- kanzlei begegnet uns Mag. Ulrich erst wieder im Juli 1264 5) mit Mag. Peter, nachdem Mag. Wilhelm und Mag. Arnold aus allen königlichen Urkunden verschwinden. Mag. Ulrich war von beiden der angesehenere, da er in der Regel vor dem Protonotar Peter geschrieben wird. Er war schon um diese Zeit mehr für die Angelegenheiten der österreichischen Länder be- stimmt; deshalb wird er auch ausdrücklich als regis Bohemiae et ducis Austriae protono- tarius angeführt. 6) Doch bis zu Ende des Jahres 1265 unterzeichnet Ottokars Urkunden sowol Peter als auch Ulrich, und zwar bald nur einer von beiden allein, bald beide gemein- schaftlich, ohne dass dabei für jeden ein Territorium bestimmt wäre, so dass Mag. Ulrich Urkunden bald für böhmische bald für österreichische Länder und ebenso Peter oder beide gemeinschaftlich bald für dieses bald für jenes Land beglaubigen. Als aber Wladislaw, Herzog von Breslau und ein naher Verwandter des böhm. Königs, der als Wyšehrader Probst seit dem J. 1256 böhm. Kanzler war, am Ende des Jahres 1265 durch den Papst zum Erz- bischof von Salzburg ernannt und auf den erledigten Stuhl des Wyšehrader Probstes der Protonotar Mag. Peter und dadurch zur böhmischen Kanzlerwürde gelangte, da hat man eine strenge Scheidung in der Leitung der Kanzleigeschäfte nach Territorien vorgenommen, so dass Mag. Peter als böhm. Kanzler die Abtheilung der alten böhmischen Länder, Mag. 5) 6) Reg. Boh. II, N. 189. — Zahn, Codex dipl. Austriaco-Frisingensis I, N. 183. Daselbst II, N. 192, 200—202. Zahn, Cod. dipl. Austr.-Frising. I, N. 203. In einer dem Kloster Reun in Steiermark am 10. März 1260 ertheilten Privilegienbestätigung kommt unter den Zeugen Ulricus canonicus Frisingensis, not. Styriae vor. Indessen war damals Ottokar noch nicht im Besitze von Steiermark, und es ist unwahrscheinlich, dass er in einem Lande Aemter besetzt hätte, das er noch nicht hatte. Vielleicht wäre die Urkunde in das nächste Jahr zu setzen. Unge- wöhnlich ist auch bei derselben, dass sie mit rothem Wachs gesiegelt ist. „Cera rubra equitem Otta- karum exhibet“, bemerkt Pusch bei derselben. Pusch et Frölich. Dipl. II, 26. Reg. Boh. II, N. 460. Reg. Boh. I, N. 497. 1)
21 erwähnt, und zwar gleich als Protonotar; aber er ist uns bereits im J. 1256 bekannt. 1) Im letzteren Jahre war er Vertreter des Freisinger Bischofs im Streite mit dem Wiener Dechant Wisinto über die Pfarre Probstdorf, die ihm dann der Freisinger Bischof übertrug, nachdem er den Process gewonnen hatte. Der Passauer Bischof versagte ihm jedoch die Confirmation, worüber ein neuer Streit entstand. Bei dieser Gelegenheit wird Mag. Ulrich Protonotar des Königs von Böhmen und Canonicus von St. Andrä in Freising genannt. 2) In den Besitz der Pfarre von Probstdorf gelangte er wahrscheinlich erst im Herbste 1259, als sein Gegner, der Wiener Dechant Wisinto, wegen seines Widerstandes gegen das zu seiner Ungunst gefällte Urtheil vom geistlichen Dienste suspendirt wurde.3) Mag. Ulrich ward in die Hofkanzlei aufgenommen, um die Lücke, welche in derselben durch das zeitweilige Aufgeben der Ge- schäfte von Seite des Protonotars Wilhelm entstanden ist, auszufüllen. Die ersten Jahre tritt er nirgends in den Vordergrund, im Gegentheil besitzen wir aus den ersten drei Jahren nur etwa sechs Stück Urkunden, die seine Ausfertigung tragen; denn den Hauptantheil an der Leitung der Hofkanzlei hatte damals Mag. Arnold. Seit dem Ende des J. 1260 finden wir ihn durch volle drei Jahre nicht in der Hofkanzlei, da ihm der König das wichtige Amt eines Landschreibers in dem neuerworbenen Steiermark übertragen zu haben scheint. 4) In der Hof- kanzlei begegnet uns Mag. Ulrich erst wieder im Juli 1264 5) mit Mag. Peter, nachdem Mag. Wilhelm und Mag. Arnold aus allen königlichen Urkunden verschwinden. Mag. Ulrich war von beiden der angesehenere, da er in der Regel vor dem Protonotar Peter geschrieben wird. Er war schon um diese Zeit mehr für die Angelegenheiten der österreichischen Länder be- stimmt; deshalb wird er auch ausdrücklich als regis Bohemiae et ducis Austriae protono- tarius angeführt. 6) Doch bis zu Ende des Jahres 1265 unterzeichnet Ottokars Urkunden sowol Peter als auch Ulrich, und zwar bald nur einer von beiden allein, bald beide gemein- schaftlich, ohne dass dabei für jeden ein Territorium bestimmt wäre, so dass Mag. Ulrich Urkunden bald für böhmische bald für österreichische Länder und ebenso Peter oder beide gemeinschaftlich bald für dieses bald für jenes Land beglaubigen. Als aber Wladislaw, Herzog von Breslau und ein naher Verwandter des böhm. Königs, der als Wyšehrader Probst seit dem J. 1256 böhm. Kanzler war, am Ende des Jahres 1265 durch den Papst zum Erz- bischof von Salzburg ernannt und auf den erledigten Stuhl des Wyšehrader Probstes der Protonotar Mag. Peter und dadurch zur böhmischen Kanzlerwürde gelangte, da hat man eine strenge Scheidung in der Leitung der Kanzleigeschäfte nach Territorien vorgenommen, so dass Mag. Peter als böhm. Kanzler die Abtheilung der alten böhmischen Länder, Mag. 5) 6) Reg. Boh. II, N. 189. — Zahn, Codex dipl. Austriaco-Frisingensis I, N. 183. Daselbst II, N. 192, 200—202. Zahn, Cod. dipl. Austr.-Frising. I, N. 203. In einer dem Kloster Reun in Steiermark am 10. März 1260 ertheilten Privilegienbestätigung kommt unter den Zeugen Ulricus canonicus Frisingensis, not. Styriae vor. Indessen war damals Ottokar noch nicht im Besitze von Steiermark, und es ist unwahrscheinlich, dass er in einem Lande Aemter besetzt hätte, das er noch nicht hatte. Vielleicht wäre die Urkunde in das nächste Jahr zu setzen. Unge- wöhnlich ist auch bei derselben, dass sie mit rothem Wachs gesiegelt ist. „Cera rubra equitem Otta- karum exhibet“, bemerkt Pusch bei derselben. Pusch et Frölich. Dipl. II, 26. Reg. Boh. II, N. 460. Reg. Boh. I, N. 497. 1)
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22 Ulrich jene der neuerworbenen österreichischen Länder leitete. Was die Veranlassung zu dieser Aenderung im Kanzleiwesen Premysl Ottokars gab, wissen wir nicht; doch steht so viel fest, dass dieselbe bestehen blieb, bis Ottokar die österreichischen Länder verloren hat. Welches Gewicht auf die erwähnte Theilung der Kanzleigeschäfte nach Territorien gelegt wurde, erhellt schon daraus, dass Mag. Ulrich auch in Urkunden, die für böhmische Länder ausgestellt wurden, gewissermassen hervorhebend als protonotarius Austriae et Styriae oder Protonotarius per Austriam et Styriam angeführt wird. 1) Wol nicht ohne Zuthun seines königlichen Herrn erhielt Ulrich die Pfarre Hartberg, in deren Besitz wir ihn im J. 1267 finden,2) und die ihm wenigstens bis zum J. 1279 ge- blieben ist, wiewol er am 26. Oct. 1270 über Präsentation des Freisinger Bischofes Peter zum Pfarrer in Hörnstein bestätigt wurde. Bei letzterer Gelegenheit wird er auch Passauer Domherr genannt, in welcher Eigenschaft er übrigens bereits am 4. März 1269 vorkommt. Seine Cumulation der Beneficien erreichte ihre Höhe, als ihm Premysl Ottokar II. die Wiener Pfarre bei St. Stephan verliehen hat (1272), in deren Besitze er bis Ende November 1276 blieb, obgleich, wie es scheint, gegen den Willen des Passauer Bischofs, da man schon seit der Zeit der Babenberger über das Patronatsrecht, welches sowol die Landesfürsten als auch der Diöcesan in Anspruch nahmen, gestritten hat. Als Přemysl Ottokar nach dem unglücklichen Feldzuge des Jahres 1276 mit dem römischen Könige den Frieden schloss, wurde in dem Friedensinstrumente besonders bedungen, dass man den Notar Mag. Ulrich, der zu der Wiener Kirche durch den König von Böhmen präsentirt wurde, im Besitze derselben nicht behellige, und dass man ihn sowie auch andere Notare, Capellane und Cleriker, die in Oesterreich und Steiermark Beneficien haben, nicht mit Ausserachtlassung des ordentlichen Gerichtsweges derselben beraube. 3) Der Bischof von Passau machte jedoch seine alten Ansprüche geltend und verlieh die Pfarre dem Passauer Domherrn Wernhard, und Rudolf respectirte diese Verleihung gegen die Bedingung des Friedensschlusses. Ottokar beklagte sich bei dem römischen Könige über den Bruch der Friedensstipulationen und verwendete sich einigemal für Mag. Ulrich, aber ohne Erfolg ; Rudolf blieb ihm immer die Antwort schuldig. 4) Die Sache lässt sich dadurch erklären, dass der römische König einerseits mit dem Bischofe von Passau keinen Streit anfangen wollte, und dass es ihm anderseits auch nicht gleichgiltig blei- ben konnte, dass ein treuer Anhänger Ottokars eine so wichtige Stelle behalte, der überdies im Dienste des böhmischen Königs blieb. Mag. Ulrich heisst auch nach dem erwähnten Friedensschlusse notarius oder proto- notarius regis Bohemiae, aber keine einzige Urkunde trägt nach dieser Zeit seine Ausfertigung. Indessen blieb ihm das Ansehen, das er immer am Hofe des böhmischen Königs genossen zu haben scheint, ungeschmälert. Am besten beweist dies das Factum, dass wir ihn unter den Bevollmächtigten Premysl Ottokars finden, die am 6. Mai und 12. September 1277 in 1) Reg. Boh. II. Mag. Ulricus, regis Boh. et ducis Austriae protonotarius N. 97; prot. Austriae et Styriae N. 634 ; proton. per Austriam et Styriam N. 675. 2) Reg. Boh. II, 568, 575, 637, 718. — Zahn Cod. dipl. Austr.-Fris. I, 316. 3) Reg. Boh. II, N. 1050. 4) Reg. Boh. II, N. 1057, 1070.
22 Ulrich jene der neuerworbenen österreichischen Länder leitete. Was die Veranlassung zu dieser Aenderung im Kanzleiwesen Premysl Ottokars gab, wissen wir nicht; doch steht so viel fest, dass dieselbe bestehen blieb, bis Ottokar die österreichischen Länder verloren hat. Welches Gewicht auf die erwähnte Theilung der Kanzleigeschäfte nach Territorien gelegt wurde, erhellt schon daraus, dass Mag. Ulrich auch in Urkunden, die für böhmische Länder ausgestellt wurden, gewissermassen hervorhebend als protonotarius Austriae et Styriae oder Protonotarius per Austriam et Styriam angeführt wird. 1) Wol nicht ohne Zuthun seines königlichen Herrn erhielt Ulrich die Pfarre Hartberg, in deren Besitz wir ihn im J. 1267 finden,2) und die ihm wenigstens bis zum J. 1279 ge- blieben ist, wiewol er am 26. Oct. 1270 über Präsentation des Freisinger Bischofes Peter zum Pfarrer in Hörnstein bestätigt wurde. Bei letzterer Gelegenheit wird er auch Passauer Domherr genannt, in welcher Eigenschaft er übrigens bereits am 4. März 1269 vorkommt. Seine Cumulation der Beneficien erreichte ihre Höhe, als ihm Premysl Ottokar II. die Wiener Pfarre bei St. Stephan verliehen hat (1272), in deren Besitze er bis Ende November 1276 blieb, obgleich, wie es scheint, gegen den Willen des Passauer Bischofs, da man schon seit der Zeit der Babenberger über das Patronatsrecht, welches sowol die Landesfürsten als auch der Diöcesan in Anspruch nahmen, gestritten hat. Als Přemysl Ottokar nach dem unglücklichen Feldzuge des Jahres 1276 mit dem römischen Könige den Frieden schloss, wurde in dem Friedensinstrumente besonders bedungen, dass man den Notar Mag. Ulrich, der zu der Wiener Kirche durch den König von Böhmen präsentirt wurde, im Besitze derselben nicht behellige, und dass man ihn sowie auch andere Notare, Capellane und Cleriker, die in Oesterreich und Steiermark Beneficien haben, nicht mit Ausserachtlassung des ordentlichen Gerichtsweges derselben beraube. 3) Der Bischof von Passau machte jedoch seine alten Ansprüche geltend und verlieh die Pfarre dem Passauer Domherrn Wernhard, und Rudolf respectirte diese Verleihung gegen die Bedingung des Friedensschlusses. Ottokar beklagte sich bei dem römischen Könige über den Bruch der Friedensstipulationen und verwendete sich einigemal für Mag. Ulrich, aber ohne Erfolg ; Rudolf blieb ihm immer die Antwort schuldig. 4) Die Sache lässt sich dadurch erklären, dass der römische König einerseits mit dem Bischofe von Passau keinen Streit anfangen wollte, und dass es ihm anderseits auch nicht gleichgiltig blei- ben konnte, dass ein treuer Anhänger Ottokars eine so wichtige Stelle behalte, der überdies im Dienste des böhmischen Königs blieb. Mag. Ulrich heisst auch nach dem erwähnten Friedensschlusse notarius oder proto- notarius regis Bohemiae, aber keine einzige Urkunde trägt nach dieser Zeit seine Ausfertigung. Indessen blieb ihm das Ansehen, das er immer am Hofe des böhmischen Königs genossen zu haben scheint, ungeschmälert. Am besten beweist dies das Factum, dass wir ihn unter den Bevollmächtigten Premysl Ottokars finden, die am 6. Mai und 12. September 1277 in 1) Reg. Boh. II. Mag. Ulricus, regis Boh. et ducis Austriae protonotarius N. 97; prot. Austriae et Styriae N. 634 ; proton. per Austriam et Styriam N. 675. 2) Reg. Boh. II, 568, 575, 637, 718. — Zahn Cod. dipl. Austr.-Fris. I, 316. 3) Reg. Boh. II, N. 1050. 4) Reg. Boh. II, N. 1057, 1070.
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23 seinem Namen den Frieden mit Rudolf I. erneuerten. 1) Es ist sicher ein besonderer Beweis des Vertrauens, wenn ihn der König neben Bruno, Bischof von Olmütz, seinem bewährtesten Rathgeber, und neben Smil, dem hochangesehenen Burggrafen von Vethau, zur Theilnahme an der Ausführung eines so wichtigen Aktes bestimmt hat. Nach dem tragischen Tode seines Gebieters zog sich Mag. Ulrich wahrscheinlich auf seine Pfarre nach Hartberg zurück, da er im J. 1279, als Wernhard, der neue Pfarrer von St. Stephan in Wien, gegen ihn einen neuen Process wegen Restitution der Einkünfte früherer Jahre anstrengte, Pfarrer von Hartberg genannt wird. 2) Uiber die weiteren Schicksale desselben sind wir nicht unterrichtet, falls wir nicht annehmen wollen, dass der spätere Probst des Prager Domcapitels Mag. Ulrich unser Protonotar Ulrich ist. In diesem Falle würde er ein sehr hohes Alter erreicht haben, da der Prager Probst Ulrich erst im J. 1305 starb. 7. Magister Peter. Am Ende des Jahres 1263 oder zu Anfang des nächstfolgenden Jahres hat ein gänzlicher Personenwechsel in der Leitung der Hofkanzlei Přemysl Ottokars II. stattgefunden. Wie oben gesagt wurde, verschwindet nach dem 12. Sept. 1263 Mag. Arnold aus der k. Hofkanzlei gänzlich; an seiner Stelle erscheinen seit dem Frühjahre 1264 wieder zwei Protonotare, Mag. Ulrich, der wieder zurück berufen wurde, und Mag. Peter, von denen dem ersteren offenbar mehr die österreichische, dem letzteren mehr die böhmische Agenda zukam, obgleich sie auch beide gemeinschaftlich die Urkunden zu unterzeichnen pflegen, ob sie für böhmische oder österreichische Länder bestimmt waren. Mag. Peter stand dem älteren Mag. Ulrich in Würde nach, da der letztere als Datar an erster Stelle vozukommen pflegt. Uiber Peters frühere Lebensverhältnisse wissen wir nur soviel, dass er im J. 1262 Caplan des böhm. Königs war und von diesem damals nach Rom geschickt wurde, um den Papst von der beab- sichtigten Ausschreibung der Wahl des röm. Königs durch Werner, den Erzbischof von Mainz zu benachrichtigen und sich wahrscheinlich mit der röm. Curie über die dagegen zu ergreifenden Schritte ins Einvernehmen zu setzen. Der Bote mag Geschäftstüchtigkeit an den Tag gelegt haben, wenigstens lobt der Papst dessen Fleiss, dessen Umsicht und Klugheit. 3) Dies war auch der Grund, weshalb er, sobald eine bessere Stelle in der Hofkanzlei frei geworden war, zu derselben befördert wurde. Um diese Zeit wurde Peter auch Prager Domherr, und der Papst erlaubte ihm, dass er nicht persönlich bei seiner Kirche residiren musste. 4) Noch mehr ausgezeichnet wurde er, als Wladislaw, Herzog von Breslau und Probst von Wyšehrad, am Ende des Jahres 1265 durch den Papst zum Salzburger Erzbischof ernannt wurde, indem ihm die dadurch erledigte Wyšehrader Probstei und mit derselben die böhm. Kanzlerwürde verliehen ward. Bevor wir uns jedoch mit Mag. Peter als Kanzler beschäftigen, ist es frü- her nothwendig, einiges über dieses Amt im ersten Decennium der Regierung Premysl Ottokars II. nachzutragen. Wir haben gesehen, dass in den letzten Jahren der Regierung Wenzels I. nach Philipps von Kärnthen Wahl zum Salzburger Erzbischof der Mag. Dionysius, früher Vice- kanzler, zum Wyšehrader Probst befördert wurde, dass er jedoch als Kanzler sehr selten Urkun- 1) Reg. N. 1074—1076, 1089. Mon. Boica XXIX, b. Reg. Boh. II, 370. 4) Reg. Boh. II, N. 452. „Ne ad faciendam personalem in ecclesia sua residentiam cogi possit.“
23 seinem Namen den Frieden mit Rudolf I. erneuerten. 1) Es ist sicher ein besonderer Beweis des Vertrauens, wenn ihn der König neben Bruno, Bischof von Olmütz, seinem bewährtesten Rathgeber, und neben Smil, dem hochangesehenen Burggrafen von Vethau, zur Theilnahme an der Ausführung eines so wichtigen Aktes bestimmt hat. Nach dem tragischen Tode seines Gebieters zog sich Mag. Ulrich wahrscheinlich auf seine Pfarre nach Hartberg zurück, da er im J. 1279, als Wernhard, der neue Pfarrer von St. Stephan in Wien, gegen ihn einen neuen Process wegen Restitution der Einkünfte früherer Jahre anstrengte, Pfarrer von Hartberg genannt wird. 2) Uiber die weiteren Schicksale desselben sind wir nicht unterrichtet, falls wir nicht annehmen wollen, dass der spätere Probst des Prager Domcapitels Mag. Ulrich unser Protonotar Ulrich ist. In diesem Falle würde er ein sehr hohes Alter erreicht haben, da der Prager Probst Ulrich erst im J. 1305 starb. 7. Magister Peter. Am Ende des Jahres 1263 oder zu Anfang des nächstfolgenden Jahres hat ein gänzlicher Personenwechsel in der Leitung der Hofkanzlei Přemysl Ottokars II. stattgefunden. Wie oben gesagt wurde, verschwindet nach dem 12. Sept. 1263 Mag. Arnold aus der k. Hofkanzlei gänzlich; an seiner Stelle erscheinen seit dem Frühjahre 1264 wieder zwei Protonotare, Mag. Ulrich, der wieder zurück berufen wurde, und Mag. Peter, von denen dem ersteren offenbar mehr die österreichische, dem letzteren mehr die böhmische Agenda zukam, obgleich sie auch beide gemeinschaftlich die Urkunden zu unterzeichnen pflegen, ob sie für böhmische oder österreichische Länder bestimmt waren. Mag. Peter stand dem älteren Mag. Ulrich in Würde nach, da der letztere als Datar an erster Stelle vozukommen pflegt. Uiber Peters frühere Lebensverhältnisse wissen wir nur soviel, dass er im J. 1262 Caplan des böhm. Königs war und von diesem damals nach Rom geschickt wurde, um den Papst von der beab- sichtigten Ausschreibung der Wahl des röm. Königs durch Werner, den Erzbischof von Mainz zu benachrichtigen und sich wahrscheinlich mit der röm. Curie über die dagegen zu ergreifenden Schritte ins Einvernehmen zu setzen. Der Bote mag Geschäftstüchtigkeit an den Tag gelegt haben, wenigstens lobt der Papst dessen Fleiss, dessen Umsicht und Klugheit. 3) Dies war auch der Grund, weshalb er, sobald eine bessere Stelle in der Hofkanzlei frei geworden war, zu derselben befördert wurde. Um diese Zeit wurde Peter auch Prager Domherr, und der Papst erlaubte ihm, dass er nicht persönlich bei seiner Kirche residiren musste. 4) Noch mehr ausgezeichnet wurde er, als Wladislaw, Herzog von Breslau und Probst von Wyšehrad, am Ende des Jahres 1265 durch den Papst zum Salzburger Erzbischof ernannt wurde, indem ihm die dadurch erledigte Wyšehrader Probstei und mit derselben die böhm. Kanzlerwürde verliehen ward. Bevor wir uns jedoch mit Mag. Peter als Kanzler beschäftigen, ist es frü- her nothwendig, einiges über dieses Amt im ersten Decennium der Regierung Premysl Ottokars II. nachzutragen. Wir haben gesehen, dass in den letzten Jahren der Regierung Wenzels I. nach Philipps von Kärnthen Wahl zum Salzburger Erzbischof der Mag. Dionysius, früher Vice- kanzler, zum Wyšehrader Probst befördert wurde, dass er jedoch als Kanzler sehr selten Urkun- 1) Reg. N. 1074—1076, 1089. Mon. Boica XXIX, b. Reg. Boh. II, 370. 4) Reg. Boh. II, N. 452. „Ne ad faciendam personalem in ecclesia sua residentiam cogi possit.“
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24 den unterzeichnet, und zwar nur im J. 1248 und 1249. In folgenden Jahren hatte er an der Leitung der Kanzleigeschäfte keinen Antheil, und begnügte sich mit dem Titel und den üblichen Einkünften der Kanzlerwürde. So blieb es bis zum Tode Wenzels I., so war es auch im ersten Regierungsjahre Přemysl Ottokars II. Noch am 2. Aug. 1254 finden wir Dionysius als Zeugen in einer Urkunde der Prager Kreuzherren, wo er Wyšehrader Probst und Kanzler genannt wird. 1) Am 4. Oct. desselben Jahres starb er in Friaul. 2) Von diesem Tage an bis zum Schlusse des Jahres 1254 und in den folgenden zwei Jahren (1255 und 1256) haben wir keine urkundliche Nachricht über die Wyšehrader Präpositur und das mit der- selben verbundene Kanzleramt; doch im Laufe des letzteren Jahres wurde der nahe Verwandte des böhm. Königs Wladislaw, Sohn des Herzogs von Breslau Heinrichs II. und der Tochter Přemysl Ottokars I. Anna, zum Wyšehrader Probst und böhmischen Kanzler eingesetzt, obgleich er damals kaum dem Knabenalter entwachsen war. Dass Wladislaws Ernennung spätestens im Laufe des Jahres 1256 erfolgte, geht daraus hervor, dass ihn der Papst Alexander IV., als er ihm am 11. Febr. 1257 gestattete, noch ein kirchliches Beneficium annehmen zu dürfen, Probst von Wysehrad und Kanzler des böhm. Königs nannte. Bei den damaligen Verkehrs- verhältnissen kann man sich die Sache nicht anders vorstellen, als dass die Ernennung bereits im J. 1256 stattgefunden, und dass man, nachdem sie bereits erfolgt war, nach- suchte, dass Wladislaw mit der Wyšehrader Probstei noch ein zweites Beneficium verbinden dürfe.3) Im J. 1257 wird Wladislaw noch einmal Probst von Wyšehrad und Kanzler des Königreichs Böhmen genannt. 4) Im Besitze der Wyšehrader Präpositur blieb Wladislaw bis zum J. 1265, in der böhmischen Hofkanzlei war er jedoch durch diese ganze Zeit auf keine Weise thätig, einmal wegen seiner Jugend und dann weil er sich in Böhmen und beim königlichen Hofe wohl nur vorübergehend aufgehalten hat, da ihm das Beneficium nnd das mit demselben verbundene Kanzleramt nur als passende Einnahmsquelle übertragen war. Wladislaw blieb böhm. Kanzler bis zu seiner Ernennung zum Erzbischof von Salzburg, die am 10. Nov. 1265 durch Papst Clemens IV. erfolgte, 5) welcher diesen Akt mit den Worten begleitet „non obstante defectu, quem in ordinibus patiebatur et aetate, considerata eius nobilitate sanguinis, literarum sciencia et morum honestate.“ Aber obgleich die Ernennung schon in der ersten Hälfte des Monats November stattfand, so mögen doch mehrere Wochen verstrichen sein, bevor Ottokar zur Ernennung eines neuen Wyšehrader Probstes schritt. Dies geschah in den ersten vier Monaten des Jahres 1266 und die Wahl traf den könig- lichen Protonotar Mag. Peter, welcher am 30. Dec. 1265, noch in dieser Eigenschaft, am 4. Mai 1266 hingegen als Wyšehrader Probst und Kanzler von Böhmen königliche Urkunden beglaubigt. ) * 1) Reg. Boh. II, N. 2661. Cont. Cosmae, Font. rer. Boh. II, S. 292. 2) 3 Alexander papa IV. praeposito Wissegradensi consobrino et cancellario regis Bohemiae indulget, ut adhuc unum beneficium ecclesiasticum recipere possit. Palacký, Ital. Reise S. 37. — Reg. Boh. II, 1168. Grünhagen, Regesten zur Schlesischen Geschichte II, 62. N. 956. Reg. Boh. II, N. 2681. Reg. Boh. II, N. 516 und 531. Dabei sei bemerkt, dass das letztere Schriftstück in das Jahr 1265, und nicht 1266 zu setzen ist, da in Böhmen damals der Jahresanfang mit den Weihnachten zusammen- fiel und die Indiction und die Regierungsjahre mit dem J. 1265 übereinstimmen.
24 den unterzeichnet, und zwar nur im J. 1248 und 1249. In folgenden Jahren hatte er an der Leitung der Kanzleigeschäfte keinen Antheil, und begnügte sich mit dem Titel und den üblichen Einkünften der Kanzlerwürde. So blieb es bis zum Tode Wenzels I., so war es auch im ersten Regierungsjahre Přemysl Ottokars II. Noch am 2. Aug. 1254 finden wir Dionysius als Zeugen in einer Urkunde der Prager Kreuzherren, wo er Wyšehrader Probst und Kanzler genannt wird. 1) Am 4. Oct. desselben Jahres starb er in Friaul. 2) Von diesem Tage an bis zum Schlusse des Jahres 1254 und in den folgenden zwei Jahren (1255 und 1256) haben wir keine urkundliche Nachricht über die Wyšehrader Präpositur und das mit der- selben verbundene Kanzleramt; doch im Laufe des letzteren Jahres wurde der nahe Verwandte des böhm. Königs Wladislaw, Sohn des Herzogs von Breslau Heinrichs II. und der Tochter Přemysl Ottokars I. Anna, zum Wyšehrader Probst und böhmischen Kanzler eingesetzt, obgleich er damals kaum dem Knabenalter entwachsen war. Dass Wladislaws Ernennung spätestens im Laufe des Jahres 1256 erfolgte, geht daraus hervor, dass ihn der Papst Alexander IV., als er ihm am 11. Febr. 1257 gestattete, noch ein kirchliches Beneficium annehmen zu dürfen, Probst von Wysehrad und Kanzler des böhm. Königs nannte. Bei den damaligen Verkehrs- verhältnissen kann man sich die Sache nicht anders vorstellen, als dass die Ernennung bereits im J. 1256 stattgefunden, und dass man, nachdem sie bereits erfolgt war, nach- suchte, dass Wladislaw mit der Wyšehrader Probstei noch ein zweites Beneficium verbinden dürfe.3) Im J. 1257 wird Wladislaw noch einmal Probst von Wyšehrad und Kanzler des Königreichs Böhmen genannt. 4) Im Besitze der Wyšehrader Präpositur blieb Wladislaw bis zum J. 1265, in der böhmischen Hofkanzlei war er jedoch durch diese ganze Zeit auf keine Weise thätig, einmal wegen seiner Jugend und dann weil er sich in Böhmen und beim königlichen Hofe wohl nur vorübergehend aufgehalten hat, da ihm das Beneficium nnd das mit demselben verbundene Kanzleramt nur als passende Einnahmsquelle übertragen war. Wladislaw blieb böhm. Kanzler bis zu seiner Ernennung zum Erzbischof von Salzburg, die am 10. Nov. 1265 durch Papst Clemens IV. erfolgte, 5) welcher diesen Akt mit den Worten begleitet „non obstante defectu, quem in ordinibus patiebatur et aetate, considerata eius nobilitate sanguinis, literarum sciencia et morum honestate.“ Aber obgleich die Ernennung schon in der ersten Hälfte des Monats November stattfand, so mögen doch mehrere Wochen verstrichen sein, bevor Ottokar zur Ernennung eines neuen Wyšehrader Probstes schritt. Dies geschah in den ersten vier Monaten des Jahres 1266 und die Wahl traf den könig- lichen Protonotar Mag. Peter, welcher am 30. Dec. 1265, noch in dieser Eigenschaft, am 4. Mai 1266 hingegen als Wyšehrader Probst und Kanzler von Böhmen königliche Urkunden beglaubigt. ) * 1) Reg. Boh. II, N. 2661. Cont. Cosmae, Font. rer. Boh. II, S. 292. 2) 3 Alexander papa IV. praeposito Wissegradensi consobrino et cancellario regis Bohemiae indulget, ut adhuc unum beneficium ecclesiasticum recipere possit. Palacký, Ital. Reise S. 37. — Reg. Boh. II, 1168. Grünhagen, Regesten zur Schlesischen Geschichte II, 62. N. 956. Reg. Boh. II, N. 2681. Reg. Boh. II, N. 516 und 531. Dabei sei bemerkt, dass das letztere Schriftstück in das Jahr 1265, und nicht 1266 zu setzen ist, da in Böhmen damals der Jahresanfang mit den Weihnachten zusammen- fiel und die Indiction und die Regierungsjahre mit dem J. 1265 übereinstimmen.
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25 Nach dieser kurzen Darstellung des Verhältnisses der böhm. Kanzler zu der Hof- kanzlei in den ersten 12 Jahren Přemysl Ottokars Regierung wenden wir unsere Aufmerk- samkeit wieder der Kanzleithätigkeit des Mag. Peter zu. Der neue Probst von Wyše- hrad und Kanzler des Königreichs Böhmen gab seinen Dienst in der Hofkanzlei nicht auf, im Gegentheil scheint er die Leitung der letzteren noch energischer in die Hand genommen zu haben, und zwar in der Weise, dass er die Führung der Kanzleigeschäfte der böhmischen Länder ausschliesslich übernahm, jene der österreichischen Länder hingegen dem Mag. Ulrich überliess. Vor der Erhebung Peters zum Wyšehrader Probst unterzeichneten gewöhnlich beide Notare die Urkunden gemeinschaftlich, nach derselben fertigt die böhmischen und mährischen Diplome der Kanzler Peter, jene für die österreichischen Länder der Protonotar Ulrich aus. Die Geschäftstheilung nach diesen Territorien ist so consequent durchgeführt, dass der Kanzler Peter, selbst wenn er bei der Ausstellung einer Urkunde für öster- reichische Länder zugegen war, nicht als Mitdatar der Urkunde sondern nur als Zeuge vorkommt. Nur einmal kommen neben ihm als Mitfertiger eines böhmischen Diploms Mag. Ulrich und der Protonotar der böhm. Königin Mag. Gottfried vor. Diese Ausnahme kann man jedoch durch die Solennität des Aktes — es ist die Bestätiguug der Gründung des Klosters Frauenthal und Uibertragung der Advocatie über dasselbe der Königin Kunigunde — erklären, dem ungewöhnlich viele Zeugen beiwohnten und den man auch auf diese Weise auszeichnen wollte. 1) Mag. Peter versah als Kanzler die Leitung der böhmisch-mährischen Abtheilung der Hofkanzlei bis zum Herbst des Jahres 1273, in welcher Zeit neben ihm der Hofnotar Mag. Heinrich böhmische und mährische Urkunden zu unterzeichnen anfängt; um die Mitte des J. 1274 tritt jedoch der Probst Peter gänzlich zurück, so dass wir nach dem 5. Juli des genannten Jahres nur noch eine Ottokarische Urkunde von ihm beglaubigt finden. Es ist der Immunitätsbrief für die Unterthanen des Wyšehrader Probstes in der Umgebung von Leitmeritz, wodurch sich vielleicht auch das Vorkommen des Probstes als Datars erklären lässt (Reg. Boh. II, N. 1092). Was die späteren persönlichen Verhältnisse des Mag. Peter anbelangt, so finden wir, dass er bald nach seiner Beförderung zum Kanzler Archidiacon der Prager Kirche und Olmützer Domherr wurde; später ward er zum päpstlichen Caplan erhoben, auch die Präpo- situr des Kremsierer Capitels wurde ihm zu Theil. 2) Von dem Vertrauen, dessen er sich in höheren Kreisen erfreute, gibt Zeugniss seine Wahl zum Mitexecutor des Testamentes des Bischofs Bruno, wozu er von diesem neben dem Könige Ottokar, dem Domdechant, Dom- probst und Archidiacon von Olmütz bestellt wurde. Uiber seine Verwendbarkeit drückt 1) Reg. Boh. II, N. 634. Wenn wir einer Formel in dem Formelbuche des Zdeněk von Třebič (Reg. Boh. II, N. 2453) trauen dürfen, so wurde Mag. Petr in die Zahl der päpstlichen Capläne durch Papst Clemens IV. aufgenom- men und zwar durch eine am 22. Juli in Viterbo ausgestellte Bulle. Dies würde auf die J. 1266—1268 hindeuten. In Urkunden wird er jedoch als päpstlicher Caplan erst im Sept. 1273 genannt (Reg. II, N. 834), es dürfte also die Ertheilung dieses Titels in die J. 1266—1269 fallen. — Als Olmützer Dom- herr wird er in dem Testament des Bischofs Bruno ddto 1267 20. Nov. erwähnt, indem er zum Mit- executor desselben bestimmt wurde (Reg. Boh. II, 571); als Probst von Kremsier treffen wir ihn erst im J. 1284 an. (Reg. Boh. II, N. 1320.) 4
25 Nach dieser kurzen Darstellung des Verhältnisses der böhm. Kanzler zu der Hof- kanzlei in den ersten 12 Jahren Přemysl Ottokars Regierung wenden wir unsere Aufmerk- samkeit wieder der Kanzleithätigkeit des Mag. Peter zu. Der neue Probst von Wyše- hrad und Kanzler des Königreichs Böhmen gab seinen Dienst in der Hofkanzlei nicht auf, im Gegentheil scheint er die Leitung der letzteren noch energischer in die Hand genommen zu haben, und zwar in der Weise, dass er die Führung der Kanzleigeschäfte der böhmischen Länder ausschliesslich übernahm, jene der österreichischen Länder hingegen dem Mag. Ulrich überliess. Vor der Erhebung Peters zum Wyšehrader Probst unterzeichneten gewöhnlich beide Notare die Urkunden gemeinschaftlich, nach derselben fertigt die böhmischen und mährischen Diplome der Kanzler Peter, jene für die österreichischen Länder der Protonotar Ulrich aus. Die Geschäftstheilung nach diesen Territorien ist so consequent durchgeführt, dass der Kanzler Peter, selbst wenn er bei der Ausstellung einer Urkunde für öster- reichische Länder zugegen war, nicht als Mitdatar der Urkunde sondern nur als Zeuge vorkommt. Nur einmal kommen neben ihm als Mitfertiger eines böhmischen Diploms Mag. Ulrich und der Protonotar der böhm. Königin Mag. Gottfried vor. Diese Ausnahme kann man jedoch durch die Solennität des Aktes — es ist die Bestätiguug der Gründung des Klosters Frauenthal und Uibertragung der Advocatie über dasselbe der Königin Kunigunde — erklären, dem ungewöhnlich viele Zeugen beiwohnten und den man auch auf diese Weise auszeichnen wollte. 1) Mag. Peter versah als Kanzler die Leitung der böhmisch-mährischen Abtheilung der Hofkanzlei bis zum Herbst des Jahres 1273, in welcher Zeit neben ihm der Hofnotar Mag. Heinrich böhmische und mährische Urkunden zu unterzeichnen anfängt; um die Mitte des J. 1274 tritt jedoch der Probst Peter gänzlich zurück, so dass wir nach dem 5. Juli des genannten Jahres nur noch eine Ottokarische Urkunde von ihm beglaubigt finden. Es ist der Immunitätsbrief für die Unterthanen des Wyšehrader Probstes in der Umgebung von Leitmeritz, wodurch sich vielleicht auch das Vorkommen des Probstes als Datars erklären lässt (Reg. Boh. II, N. 1092). Was die späteren persönlichen Verhältnisse des Mag. Peter anbelangt, so finden wir, dass er bald nach seiner Beförderung zum Kanzler Archidiacon der Prager Kirche und Olmützer Domherr wurde; später ward er zum päpstlichen Caplan erhoben, auch die Präpo- situr des Kremsierer Capitels wurde ihm zu Theil. 2) Von dem Vertrauen, dessen er sich in höheren Kreisen erfreute, gibt Zeugniss seine Wahl zum Mitexecutor des Testamentes des Bischofs Bruno, wozu er von diesem neben dem Könige Ottokar, dem Domdechant, Dom- probst und Archidiacon von Olmütz bestellt wurde. Uiber seine Verwendbarkeit drückt 1) Reg. Boh. II, N. 634. Wenn wir einer Formel in dem Formelbuche des Zdeněk von Třebič (Reg. Boh. II, N. 2453) trauen dürfen, so wurde Mag. Petr in die Zahl der päpstlichen Capläne durch Papst Clemens IV. aufgenom- men und zwar durch eine am 22. Juli in Viterbo ausgestellte Bulle. Dies würde auf die J. 1266—1268 hindeuten. In Urkunden wird er jedoch als päpstlicher Caplan erst im Sept. 1273 genannt (Reg. II, N. 834), es dürfte also die Ertheilung dieses Titels in die J. 1266—1269 fallen. — Als Olmützer Dom- herr wird er in dem Testament des Bischofs Bruno ddto 1267 20. Nov. erwähnt, indem er zum Mit- executor desselben bestimmt wurde (Reg. Boh. II, 571); als Probst von Kremsier treffen wir ihn erst im J. 1284 an. (Reg. Boh. II, N. 1320.) 4
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26 sich König Přemysl Ottokar II. in einem Briefe an Papst Gregor X. sehr rühmend aus ; denn der böhm. König bittet seinen Kanzler zu entschuldigen, dass er nicht am Lyoner Concil er- scheinen könne, da er ihn zu einer Geschäftsführung in Böhmen unumgänglich brauche. — Mit seinem Capitel vertrug sich Mag. Peter nicht eben gut. Dies geht aus einem Schreiben des Custos, Scholasticus und mehrerer Wyšehrader Domherren hervor (9. Apr. 1267), welche die Vorwürfe, die er ihnen wegen der Verwaltung des Hospitals gemacht, nicht eben sanft zurück- weisen und sich auch die nicht geziemende Schreibweise Peter's für die Zukunft verbitten. 1) Ein anderer langwieriger Streit entstand zwischen ihm und dem Capitel zu Ende der Regie- rung Přemysl Ottokars II., der erst nach dem Tode des Königs wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1279 ausgeglichen wurde. 2) Dieser Ausgleich scheint dann ein besseres Verhältniss zwischen beiden Parteien hergestellt zu haben; denn als in den kummervollen Tagen nach Přemysl Ottokars Tode die Wyšehrader Probstei durch verschiedene Bedrängnisse so herab kam, dass sie dem Probste das Nöthige zu seiner Erhaltung nicht bieten konnte, so dass er gezwungen war andere Gegenden aufzusuchen (1282), hatte das Capitel Mitleid mit seiner verzweifelten Lage und fand sich bestimmt ihm eine Erleichterung der Schulden zu gewähren, die er demselben abzutragen hatte, und wählte aus seiner Mitte Bevollmächtigte, die das Mass dieser Erleichterung bestimmen sollten. 3) Indessen entstanden zwischen dem Probste und dem Capitel bald neue Divergenzen über den Zoll in Prachatitz, die durch einen Vergleich am 1. Oct. 1285 geschlichtet wurden. — Zur Zeit der Regierung Wenzels II. hielt sich der Kanzler Peter gewöhnlich am Wyšehrad auf und nannte sich regni Boh. oder totius regni Bohemiae cancellarius et sedis apost. capellanus; aber an den Geschäften der Hofkanzlei betheiligte er sich nicht; denn wir finden in den Urkunden nicht die geringste Spur davon. Am 14. September 1288 treffen wir ihn in einer für das Kloster Mühlhausen ausgestellten Urkunde das letztemal; am 21. Nov. 1290 wird schon sein Nachfolger Johannes genannt: zwischen diese Daten fällt also sein Tod. 4) Mag. Peter war in den Jahren 1264—1273 sicher eine sehr einflussreiche Persönlichkeit am Hofe Přemysl Ottokars II.; denn wir finden ihn an allen wichtigeren Staatsakten jener Zeit betheiligt, und es scheint die Vermuthung Lorenz nicht gewagt zu sein, dass er das Haupt einer Partei am Hofe des mächtigen Böhmenkönigs war, obgleich wir in den Quellen keine positive Andeutung darüber finden. Dagegen ist die Annahme desselben Geschichtschreibers, dass der Notar des Prager Bischofs Johann, der ebenfalls Peter hiess und den Zunamen Perlík (Perlic), d. i. der Schmiedehammer, führte und im J. 1264 erwähnt wird, mit dem Kanzler Mag. Peter identisch sei, höchst unwahr- scheinlich, da der Bischof Johann auch in späteren Jahren, als Mag. Peter bereits Kanzler war, einen Notar Namens Peter hatte, der mit Peter Perlík identisch sein dürfte. Er war Bunzlauer Domherr und kein Magister. 5) Hiemit entfällt auch die Muthmassung über seine čechische Abstammung und alles, was damit von Lorenz in Verbindung gebracht wird. 1) Reg. Boh. N. 547. In einem Postscript schreiben dieselben ihrem Probst: „Miramur, quare vestra in- dustria datum sic immutet, et quam ob rem huiusmodi interlineares superscripciones variata manu et incausto scribatis, quod rogamus sicut prius rogaueramus nobis non faciatis.“ Reg. Boh. II, N. 1181—1186. Reg. Boh. II, N. 1277. Reg. Boh. II, N. 1460 und 1521. 5) Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrhdte. II, 1. S. 128.
26 sich König Přemysl Ottokar II. in einem Briefe an Papst Gregor X. sehr rühmend aus ; denn der böhm. König bittet seinen Kanzler zu entschuldigen, dass er nicht am Lyoner Concil er- scheinen könne, da er ihn zu einer Geschäftsführung in Böhmen unumgänglich brauche. — Mit seinem Capitel vertrug sich Mag. Peter nicht eben gut. Dies geht aus einem Schreiben des Custos, Scholasticus und mehrerer Wyšehrader Domherren hervor (9. Apr. 1267), welche die Vorwürfe, die er ihnen wegen der Verwaltung des Hospitals gemacht, nicht eben sanft zurück- weisen und sich auch die nicht geziemende Schreibweise Peter's für die Zukunft verbitten. 1) Ein anderer langwieriger Streit entstand zwischen ihm und dem Capitel zu Ende der Regie- rung Přemysl Ottokars II., der erst nach dem Tode des Königs wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1279 ausgeglichen wurde. 2) Dieser Ausgleich scheint dann ein besseres Verhältniss zwischen beiden Parteien hergestellt zu haben; denn als in den kummervollen Tagen nach Přemysl Ottokars Tode die Wyšehrader Probstei durch verschiedene Bedrängnisse so herab kam, dass sie dem Probste das Nöthige zu seiner Erhaltung nicht bieten konnte, so dass er gezwungen war andere Gegenden aufzusuchen (1282), hatte das Capitel Mitleid mit seiner verzweifelten Lage und fand sich bestimmt ihm eine Erleichterung der Schulden zu gewähren, die er demselben abzutragen hatte, und wählte aus seiner Mitte Bevollmächtigte, die das Mass dieser Erleichterung bestimmen sollten. 3) Indessen entstanden zwischen dem Probste und dem Capitel bald neue Divergenzen über den Zoll in Prachatitz, die durch einen Vergleich am 1. Oct. 1285 geschlichtet wurden. — Zur Zeit der Regierung Wenzels II. hielt sich der Kanzler Peter gewöhnlich am Wyšehrad auf und nannte sich regni Boh. oder totius regni Bohemiae cancellarius et sedis apost. capellanus; aber an den Geschäften der Hofkanzlei betheiligte er sich nicht; denn wir finden in den Urkunden nicht die geringste Spur davon. Am 14. September 1288 treffen wir ihn in einer für das Kloster Mühlhausen ausgestellten Urkunde das letztemal; am 21. Nov. 1290 wird schon sein Nachfolger Johannes genannt: zwischen diese Daten fällt also sein Tod. 4) Mag. Peter war in den Jahren 1264—1273 sicher eine sehr einflussreiche Persönlichkeit am Hofe Přemysl Ottokars II.; denn wir finden ihn an allen wichtigeren Staatsakten jener Zeit betheiligt, und es scheint die Vermuthung Lorenz nicht gewagt zu sein, dass er das Haupt einer Partei am Hofe des mächtigen Böhmenkönigs war, obgleich wir in den Quellen keine positive Andeutung darüber finden. Dagegen ist die Annahme desselben Geschichtschreibers, dass der Notar des Prager Bischofs Johann, der ebenfalls Peter hiess und den Zunamen Perlík (Perlic), d. i. der Schmiedehammer, führte und im J. 1264 erwähnt wird, mit dem Kanzler Mag. Peter identisch sei, höchst unwahr- scheinlich, da der Bischof Johann auch in späteren Jahren, als Mag. Peter bereits Kanzler war, einen Notar Namens Peter hatte, der mit Peter Perlík identisch sein dürfte. Er war Bunzlauer Domherr und kein Magister. 5) Hiemit entfällt auch die Muthmassung über seine čechische Abstammung und alles, was damit von Lorenz in Verbindung gebracht wird. 1) Reg. Boh. N. 547. In einem Postscript schreiben dieselben ihrem Probst: „Miramur, quare vestra in- dustria datum sic immutet, et quam ob rem huiusmodi interlineares superscripciones variata manu et incausto scribatis, quod rogamus sicut prius rogaueramus nobis non faciatis.“ Reg. Boh. II, N. 1181—1186. Reg. Boh. II, N. 1277. Reg. Boh. II, N. 1460 und 1521. 5) Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrhdte. II, 1. S. 128.
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27 8. Mag. Heinrich. Bei der Darstellung der Lebensverhältnisse des k. Notars später Protonotars Mag. Heinrich wollen wir uns zuerst nur an sichere urkundliche Nachrichten halten. Es wurde schon oben gesagt, dass nach der Scheidung der Hofkanzlei Ottokars II. in eine böhmische und eine österreichische Abtheilung Mag. Peter die Geschäfte der ersteren auch noch dann leitete, als er zum Kanzler von Böhmen befördert wurde. Dabei blieb es bis zum J. 1273. Am 26. März dieses Jahres fertiget Mag. Heinrich die erste Urkunde aus und zwar für die Stadt Brüx. Er wird bei dieser Gelegenheit Protonotar und Pfarrer von Gors genannt.1) Am 3. Okt. 1273 unterzeichnet der Notar Heinrich im Lager bei Oedenburg eine Urkunde für das Kloster Imbach bei Krems und am 28. Mai folgenden Jahres einen Tauschvertrag Ottokars mit dem mähr. Kloster Hradišt. In der ersten dieser Urkunden wird Heinrich „notarius noster“ und in der zweiten „aulae nostrae notarius“ titulirt. 2) Aus der ersten Urkunde folgt, dass Heinrich den König bei der Expedition gegen Ungarn begleitete, und die wahrscheinliche Abwe- senheit des österreichischen Protonotars gibt uns zugleich den Schlüssel zu der Erklärung, warum er eine österreichische Urkunde datirte. Die nächste von ihm ausgestellte Urkunde trägt das Datum des 25. Nov. 1274; Heinrich wird in dieser Urkunde als Magister, Proto- notar des Königreichs und Pfarrer in Gors angeführt. 3) Bis auf eine einzige Ausnahme 4) fertigt er seit dieser Zeit bis zum Tode Premysl Ottokars II. alle von diesem Herrscher für Böhmen und Mähren ausgestellten Urkunden. In der Datirungszeile wird Mag. Heinrich zweimal „protonotarius noster“, sonst aber immer „protonotarius regni nostri et plebanus in Gors“ genannt. Diese Titulatur wurde auch bis zum Tode Přemysl Ottokars II. beibehalten, nachdem er noch höhere geistliche Würden erlangt hatte. Schon im J. 1275 war Mag. Heinrich Prager, Olmützer und Wyšehrader Domherr; denn am 1. Jänner dieses Jahres ver- binden sich die Wyšehrader Domherren mit dem Probste und dem Decan an der Spitze, dem Mag. Heinrich, Protonotar des Königreichs Böhmen, Prager und Olmützer Domherrn und Pfarrer zu Gors, ihrem Mitbruder und Mitdomherrn, die erste Präbende, die frei wird und die er wird annehmen wollen, durch den Capiteldecan anweisen zu lassen. Diesen Beschluss motiviren sie mit der Uiberzeugung, dass er ihrer Kirche nützlich sein kann, und dass die- selbe durch ihn viele Vortheile wird erlangen können (quem nobis et ecclesie nostre utilem fore scimus et ex quo plurima poterit ecclesia nostra commoda reportare.) 5) Die letzte vom Mag. Heinrich ausgefertigte Urkunde ist vom 30. Juni 1278; es ist zugleich die letzte Urkunde, 2) Schlesinger, Stadtbuch von Brüx. S. 8. Reg. Boh. II, 1115. In den Regesten wurde diese Urkunde in das J. 1278 gesezt, und zwar aus dem Grunde, weil der Titel nur „rex Boemie“ lautet, der erst nach der Abtretung der öster. Länder an den rom. König, also nach dem 26. Nov. 1276 in den Urkunden Ottokars II. in Anwendung kam. Ich gab dem J. 1278 deshalb den Vorzug, weil ich an das Wegfallen der Zahl V. bei der Abschrift in späteren Confirmationen dachte. Wenn wir diese Urkunde in das J. 1277 oder 1278 setzen, so tritt Mag. Heinrich in der Kanzlei Ottokars erst im Herbste des J. 1273 auf und es lässt sich leicht erklären, warum er später noch in 2 Urkunden blos Notarius heisst, nachdem er schon früher protonotarius titulirt wurde. Reg. Boh. II, N. 837 und 883. Reg. Boh. II, N. 913. Reg. Boh. II, N. 1092. — Diese Urkunde hat zum Datar den Kanzler Mag. Peter, für den sie auch ausgestellt wurde. Reg. Boh. II, N. 934. 5) 4*
27 8. Mag. Heinrich. Bei der Darstellung der Lebensverhältnisse des k. Notars später Protonotars Mag. Heinrich wollen wir uns zuerst nur an sichere urkundliche Nachrichten halten. Es wurde schon oben gesagt, dass nach der Scheidung der Hofkanzlei Ottokars II. in eine böhmische und eine österreichische Abtheilung Mag. Peter die Geschäfte der ersteren auch noch dann leitete, als er zum Kanzler von Böhmen befördert wurde. Dabei blieb es bis zum J. 1273. Am 26. März dieses Jahres fertiget Mag. Heinrich die erste Urkunde aus und zwar für die Stadt Brüx. Er wird bei dieser Gelegenheit Protonotar und Pfarrer von Gors genannt.1) Am 3. Okt. 1273 unterzeichnet der Notar Heinrich im Lager bei Oedenburg eine Urkunde für das Kloster Imbach bei Krems und am 28. Mai folgenden Jahres einen Tauschvertrag Ottokars mit dem mähr. Kloster Hradišt. In der ersten dieser Urkunden wird Heinrich „notarius noster“ und in der zweiten „aulae nostrae notarius“ titulirt. 2) Aus der ersten Urkunde folgt, dass Heinrich den König bei der Expedition gegen Ungarn begleitete, und die wahrscheinliche Abwe- senheit des österreichischen Protonotars gibt uns zugleich den Schlüssel zu der Erklärung, warum er eine österreichische Urkunde datirte. Die nächste von ihm ausgestellte Urkunde trägt das Datum des 25. Nov. 1274; Heinrich wird in dieser Urkunde als Magister, Proto- notar des Königreichs und Pfarrer in Gors angeführt. 3) Bis auf eine einzige Ausnahme 4) fertigt er seit dieser Zeit bis zum Tode Premysl Ottokars II. alle von diesem Herrscher für Böhmen und Mähren ausgestellten Urkunden. In der Datirungszeile wird Mag. Heinrich zweimal „protonotarius noster“, sonst aber immer „protonotarius regni nostri et plebanus in Gors“ genannt. Diese Titulatur wurde auch bis zum Tode Přemysl Ottokars II. beibehalten, nachdem er noch höhere geistliche Würden erlangt hatte. Schon im J. 1275 war Mag. Heinrich Prager, Olmützer und Wyšehrader Domherr; denn am 1. Jänner dieses Jahres ver- binden sich die Wyšehrader Domherren mit dem Probste und dem Decan an der Spitze, dem Mag. Heinrich, Protonotar des Königreichs Böhmen, Prager und Olmützer Domherrn und Pfarrer zu Gors, ihrem Mitbruder und Mitdomherrn, die erste Präbende, die frei wird und die er wird annehmen wollen, durch den Capiteldecan anweisen zu lassen. Diesen Beschluss motiviren sie mit der Uiberzeugung, dass er ihrer Kirche nützlich sein kann, und dass die- selbe durch ihn viele Vortheile wird erlangen können (quem nobis et ecclesie nostre utilem fore scimus et ex quo plurima poterit ecclesia nostra commoda reportare.) 5) Die letzte vom Mag. Heinrich ausgefertigte Urkunde ist vom 30. Juni 1278; es ist zugleich die letzte Urkunde, 2) Schlesinger, Stadtbuch von Brüx. S. 8. Reg. Boh. II, 1115. In den Regesten wurde diese Urkunde in das J. 1278 gesezt, und zwar aus dem Grunde, weil der Titel nur „rex Boemie“ lautet, der erst nach der Abtretung der öster. Länder an den rom. König, also nach dem 26. Nov. 1276 in den Urkunden Ottokars II. in Anwendung kam. Ich gab dem J. 1278 deshalb den Vorzug, weil ich an das Wegfallen der Zahl V. bei der Abschrift in späteren Confirmationen dachte. Wenn wir diese Urkunde in das J. 1277 oder 1278 setzen, so tritt Mag. Heinrich in der Kanzlei Ottokars erst im Herbste des J. 1273 auf und es lässt sich leicht erklären, warum er später noch in 2 Urkunden blos Notarius heisst, nachdem er schon früher protonotarius titulirt wurde. Reg. Boh. II, N. 837 und 883. Reg. Boh. II, N. 913. Reg. Boh. II, N. 1092. — Diese Urkunde hat zum Datar den Kanzler Mag. Peter, für den sie auch ausgestellt wurde. Reg. Boh. II, N. 934. 5) 4*
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28 die wir vom Könige Ottokar II. besitzen. Nach der verhängnissvollen Katastrofe, die den grossen Böhmenkönig am 27. August 1278 am Marchfelde ereilte, haben wahrscheinlich die Feinde den einflussreichen Protonotar bei der Königinwittwe verleumdet, so dass sie ihn am 15. September 1278 in seinem eigenen Hause, das in der Nähe des St. Thomasklosters auf der Kleinseite gelegen war, festnehmen und gefangen setzen liess, wobei ihm viele Sachen und Geld geraubt wurden. Die Motive dieser Gewaltthätigkeit sind uns ganz unbekannt, doch dürften sie völlig grundlos sein, da es der Prager Bischof kaum hätte wagen dürfen Prag mit dem Interdict zu belegen. Mag. Heinrich wurde erst am 29. September aus der Haft entlassen, worauf dann der Gottesdienst in der Prager Kirche wieder abgehalten werden durfte. Auch nach diesem für ihn unangenehmen Zwischenfalle behielt Mag. Heinrich den Titel des Protonotars des Königreichs Böhmen; dies erfahren wir aus einer Urkunde des Markgrafen von Brandenburg Otto, in welcher er am 25. Angust 1279 die Annullirung eines zwischen dem Capitel und dem Probste von Wyšehrad schon zu Lebzeiten Premysl Otto- kars II. gefällten Schiedsspruches bestätigt. Unter den bei dieser Gelegenheit genannten neuen Schiedsrichtern kommt auch der Wyšehrader Domherr und Protonotar des Königreichs Böhmen Mag. Heinrich vor. 1) Dies ist die letzte Erwähnung von ihm, und es scheint, dass er bald darauf gestorben ist. Denn wir finden ihn nicht unter den Olmützer Domherren, welche am 26. März 1281 bei der Wahl des Olmützer Bischofs Theodorich zugegen waren. Auch in keiner Wyšehrader Urkunde dieser Zeit trifft man seinen Namen, und als im J. 1283 Wenzel II. die Zügel der Regierung ergriff, tritt in den von ihm ausgestellten Urkunden eine neue Kraft als Protonotar auf, nämlich der Mag. Welislaw. Am 25. Februar 1287 verkaufte der Prager Probst Ulrich dem Leitomyschler Abte ein Haus unter der Prager Burg in der Nähe der St. Thomaskirche, welches früher dem Mag. Heinrich, Protonotar des Königreichs Böhmen, gehörte. In dem darüber ausgestellten Schriftstücke heisst es: "domum quondam mag. protonotarii regni Boemie, confratris nostri,“2) woraus hervorgeht, dass damals Mag. Heinrich bereits todt war; denn das Wort „quondam“ oder „olim" vor Personennamen hat in böhmischen Urkunden fast immer die Bedeutung „der verstorbene, der selige.“ Der Verkaufskontrakt hat sich wol nur in einer Formel erhalten, die kein Datum trägt, aber im Prager Capitelarchiv wird die Gegen- urkunde des Leitomyschler Abtes Ulrich in Originali aufbewahrt, die das oben angeführte Datum trägt und mutatis mutandis fast wörtlich mit der Formel übereinstimmt. 3) In dieser Gegenurkunde, in welcher der Abt dem Prager Probste statt der Kaufsumme interimistisch die Einkünfte des Dorfes Třiskonic zuspricht, wird wol nicht gesagt, dass jenes Haus früher dem Protonotar Heinrich gehörte, aber dies lässt sich dadurch erklären, dass es sich in erster Linie um die Sicherstellung der Kaufsumme und nicht um das Haus handelte. Anders war es in der Verkaufsurkunde des Prager Probstes, wo das verkaufte Objekt möglichst genau angegeben werden musste und daher die Angabe des früheren Besitzers nur erwünscht sein konnte. Und da die uns nur als Formel erhaltene Urkunde der Gegenurkunde vorausgehen 1) Reg. Boh. II, N. 1183. Reg. Boh. II, N. 2634. 3) Reg. Boh. N. 1398. 2)
28 die wir vom Könige Ottokar II. besitzen. Nach der verhängnissvollen Katastrofe, die den grossen Böhmenkönig am 27. August 1278 am Marchfelde ereilte, haben wahrscheinlich die Feinde den einflussreichen Protonotar bei der Königinwittwe verleumdet, so dass sie ihn am 15. September 1278 in seinem eigenen Hause, das in der Nähe des St. Thomasklosters auf der Kleinseite gelegen war, festnehmen und gefangen setzen liess, wobei ihm viele Sachen und Geld geraubt wurden. Die Motive dieser Gewaltthätigkeit sind uns ganz unbekannt, doch dürften sie völlig grundlos sein, da es der Prager Bischof kaum hätte wagen dürfen Prag mit dem Interdict zu belegen. Mag. Heinrich wurde erst am 29. September aus der Haft entlassen, worauf dann der Gottesdienst in der Prager Kirche wieder abgehalten werden durfte. Auch nach diesem für ihn unangenehmen Zwischenfalle behielt Mag. Heinrich den Titel des Protonotars des Königreichs Böhmen; dies erfahren wir aus einer Urkunde des Markgrafen von Brandenburg Otto, in welcher er am 25. Angust 1279 die Annullirung eines zwischen dem Capitel und dem Probste von Wyšehrad schon zu Lebzeiten Premysl Otto- kars II. gefällten Schiedsspruches bestätigt. Unter den bei dieser Gelegenheit genannten neuen Schiedsrichtern kommt auch der Wyšehrader Domherr und Protonotar des Königreichs Böhmen Mag. Heinrich vor. 1) Dies ist die letzte Erwähnung von ihm, und es scheint, dass er bald darauf gestorben ist. Denn wir finden ihn nicht unter den Olmützer Domherren, welche am 26. März 1281 bei der Wahl des Olmützer Bischofs Theodorich zugegen waren. Auch in keiner Wyšehrader Urkunde dieser Zeit trifft man seinen Namen, und als im J. 1283 Wenzel II. die Zügel der Regierung ergriff, tritt in den von ihm ausgestellten Urkunden eine neue Kraft als Protonotar auf, nämlich der Mag. Welislaw. Am 25. Februar 1287 verkaufte der Prager Probst Ulrich dem Leitomyschler Abte ein Haus unter der Prager Burg in der Nähe der St. Thomaskirche, welches früher dem Mag. Heinrich, Protonotar des Königreichs Böhmen, gehörte. In dem darüber ausgestellten Schriftstücke heisst es: "domum quondam mag. protonotarii regni Boemie, confratris nostri,“2) woraus hervorgeht, dass damals Mag. Heinrich bereits todt war; denn das Wort „quondam“ oder „olim" vor Personennamen hat in böhmischen Urkunden fast immer die Bedeutung „der verstorbene, der selige.“ Der Verkaufskontrakt hat sich wol nur in einer Formel erhalten, die kein Datum trägt, aber im Prager Capitelarchiv wird die Gegen- urkunde des Leitomyschler Abtes Ulrich in Originali aufbewahrt, die das oben angeführte Datum trägt und mutatis mutandis fast wörtlich mit der Formel übereinstimmt. 3) In dieser Gegenurkunde, in welcher der Abt dem Prager Probste statt der Kaufsumme interimistisch die Einkünfte des Dorfes Třiskonic zuspricht, wird wol nicht gesagt, dass jenes Haus früher dem Protonotar Heinrich gehörte, aber dies lässt sich dadurch erklären, dass es sich in erster Linie um die Sicherstellung der Kaufsumme und nicht um das Haus handelte. Anders war es in der Verkaufsurkunde des Prager Probstes, wo das verkaufte Objekt möglichst genau angegeben werden musste und daher die Angabe des früheren Besitzers nur erwünscht sein konnte. Und da die uns nur als Formel erhaltene Urkunde der Gegenurkunde vorausgehen 1) Reg. Boh. II, N. 1183. Reg. Boh. II, N. 2634. 3) Reg. Boh. N. 1398. 2)
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29 musste, so erscheint die oben ausgesprochene Behauptung, dass der Protonotar Heinrich vor dem 25. Febr. 1287 todt war, begründet. Dies sind die sicheren durch Urkunden oder annalistische Aufzeichnungen verbürgten Daten über Mag. Heinrich, den Protonotar Premysl Ottokars II. Mit ihm werden aber noch die Namen Mag. Heinricus Italicus und Mag. Heinricus ab Isernia in Verbindung gebracht, welche schon mehreren ausgezeichneten Geschichtsforschern zu verschiedenen Erörterungen, namentlich über die Identität dieser Personen mit unserem Protonotar oder untereinander, Veranlassung gegeben haben. Es handelten bis jetzt über diese Frage mehr oder weniger ausführlich Dolliner, Palacký, Rockinger, Voigt, Lorenz und Hermenegild Jireček, ohne wie es mir scheint, ihre Lösung zu Ende gebracht zu haben. 1) Da uns jetzt in den Regesten *) Dolliner (Codex epist. Primislai Ottocari II, S. I—VIII.) hat die biographischen Daten über Heinrich von Isernia aus dem Formelbuche der Wiener Hofbibliothek N. Cod. 3143, dessen Zusammenstellung er ihm zuschreibt, entlehnt und einen Theil der darin enthaltenen wichtigeren Formeln publicirt. Er hält den Isernier für eine vom Protonotar Mag. Heinrich verschiedene Person, da er annimmt, dass der erstere bei seiner Ankunft in Prag vom letzteren gastfreundlich aufgenommen wurde. Bei der weiteren Darstellung der biographischen Verhältnisse des Heinrich von Isernia spricht Dolliner ge- stützt auf seine Quelle die Meinung aus, dass ihn Ottokar II. im Herbste des Jahres 1273 zu sei- nem Notar und Diener aufnahm, der später (1276—1278) im Namen seines Gebieters viele Briefe auf- gesetzt hatte und auch bei Gesandtschaften verwendet wurde. Und da er nach dem J. 1278 spurlos verschwindet, so glaubt Dolliner, dass Heinrich von Isernia zugleich mit seinem Herrn in der Schlacht am Marchfelde umkam. Palacký (Uiber Formelbücher, zunächst in Bezug auf böhm. Geschichte II, S. 54) hält den Hein- ricus ab Isernia mit dem Heinricus Italicus aus gewissen inneren aus dem Formelbuche des letzteren geschöpften Gründen für identisch, obgleich er kein besonderes Gewicht darauf legt. Uiber das Ver- hältniss dieser Namen znm Protonotar Mag. Heinrich hat sich Palacký nicht geäussert. Dasselbe gilt von Rockinger (Uiber Formelbücher vom 13. bis zum 16. Jahrhunderte. S. 161 und 165), dem ausge- zeichneten Kenner der Formelbücher, der jedoch über die Identität beider Namen für eine und die- selbe Person der entgegengesetzten Ansicht zu sein scheint. Voigt (Das urkundliche Formelbuch des königlichen Notars Heinricus Italicus; Archiv für Kunde öster. Geschichtsquellen XXIX, S. 1—22) hält sich bei der Darstellung der Lebensverhältnisse des Mag. Heinrich de Isernia an die Zusammenstellung des Dolliner, fügt jedoch hinzu, dass er ein Geistlicher war, da er Pfarrer in Gors und Domherr in Prag genanut wird. Den Heinricus Italicus unterscheidet Voigt vom Heinrich dem Isernier und sagt vom ersteren, dass er im J. 1277 als Protonotar in einer Urkunde vorkommt, im J. 1279 dem neuen Könige Wenzel II. als Notar fernere Amtstreue schwört, von dem er später für seine Anhänglichkeit und ausgezeichnete Dienstleistung mehrfach königlich belohnt wird. Trotz der Verleumdungen der Feinde behauptete sich Heinricus Italicus in seiner Stellung, da er, wie Voigt meint, bis zum J. 1287 königliche Urkunden als „notarius noster“ unterzeichnet. Voigt nimmt weiter an, dass Hein- ricus Italicus kein Geistlicher, sondern blos Geschäftsmann am königlichen Hofe war. Voigt hat sich bei seiner Darstellung zumeist nur an die Formelbücher gehalten, deren Datirung und Namen, wie wir weiter unten sehen werden, sehr unzuverlässig sind; und daher sind seine Zuthaten zu der biographischen Skizze des Heinricus ab Isernia und seine Darstellung der Lebensverhältnisse des Heinricus Italicus durchgehends irrig. So ist z. B. Voigts Annahme, dass Heinrich der Isernier Pfarrer in Gors war und Heinrich der Italiener königlicher Protonotar unrichtig, da wir aus Originalurkunden wissen, dass eben der Protonotar Heinrich in den Jahren 1274—1278 Pfarrer von Gors war. Auch den chronologischen Daten fehlt jede feste Grundlage. Auf diese Mängel hat schon Lorenz in seiner Schil- derung der Kanzlei Ottokars II. hingewiesen; doch ist auch diese nicht ganz (fehlerfrei. Lorenz (Deutsche Geschichte im 13. und 14. Jahrhundert I, S. 392—396) hält dafür, dass die Namen Heinricus de Isernia und Heinricus Italicus zwei verschiedenen Personen angehören, von denen die letztere seit dem Anfang der siebziger Jahre, sicher seit 1274, in der k. Kanzlei thätig war, rasch zur Würde eines
29 musste, so erscheint die oben ausgesprochene Behauptung, dass der Protonotar Heinrich vor dem 25. Febr. 1287 todt war, begründet. Dies sind die sicheren durch Urkunden oder annalistische Aufzeichnungen verbürgten Daten über Mag. Heinrich, den Protonotar Premysl Ottokars II. Mit ihm werden aber noch die Namen Mag. Heinricus Italicus und Mag. Heinricus ab Isernia in Verbindung gebracht, welche schon mehreren ausgezeichneten Geschichtsforschern zu verschiedenen Erörterungen, namentlich über die Identität dieser Personen mit unserem Protonotar oder untereinander, Veranlassung gegeben haben. Es handelten bis jetzt über diese Frage mehr oder weniger ausführlich Dolliner, Palacký, Rockinger, Voigt, Lorenz und Hermenegild Jireček, ohne wie es mir scheint, ihre Lösung zu Ende gebracht zu haben. 1) Da uns jetzt in den Regesten *) Dolliner (Codex epist. Primislai Ottocari II, S. I—VIII.) hat die biographischen Daten über Heinrich von Isernia aus dem Formelbuche der Wiener Hofbibliothek N. Cod. 3143, dessen Zusammenstellung er ihm zuschreibt, entlehnt und einen Theil der darin enthaltenen wichtigeren Formeln publicirt. Er hält den Isernier für eine vom Protonotar Mag. Heinrich verschiedene Person, da er annimmt, dass der erstere bei seiner Ankunft in Prag vom letzteren gastfreundlich aufgenommen wurde. Bei der weiteren Darstellung der biographischen Verhältnisse des Heinrich von Isernia spricht Dolliner ge- stützt auf seine Quelle die Meinung aus, dass ihn Ottokar II. im Herbste des Jahres 1273 zu sei- nem Notar und Diener aufnahm, der später (1276—1278) im Namen seines Gebieters viele Briefe auf- gesetzt hatte und auch bei Gesandtschaften verwendet wurde. Und da er nach dem J. 1278 spurlos verschwindet, so glaubt Dolliner, dass Heinrich von Isernia zugleich mit seinem Herrn in der Schlacht am Marchfelde umkam. Palacký (Uiber Formelbücher, zunächst in Bezug auf böhm. Geschichte II, S. 54) hält den Hein- ricus ab Isernia mit dem Heinricus Italicus aus gewissen inneren aus dem Formelbuche des letzteren geschöpften Gründen für identisch, obgleich er kein besonderes Gewicht darauf legt. Uiber das Ver- hältniss dieser Namen znm Protonotar Mag. Heinrich hat sich Palacký nicht geäussert. Dasselbe gilt von Rockinger (Uiber Formelbücher vom 13. bis zum 16. Jahrhunderte. S. 161 und 165), dem ausge- zeichneten Kenner der Formelbücher, der jedoch über die Identität beider Namen für eine und die- selbe Person der entgegengesetzten Ansicht zu sein scheint. Voigt (Das urkundliche Formelbuch des königlichen Notars Heinricus Italicus; Archiv für Kunde öster. Geschichtsquellen XXIX, S. 1—22) hält sich bei der Darstellung der Lebensverhältnisse des Mag. Heinrich de Isernia an die Zusammenstellung des Dolliner, fügt jedoch hinzu, dass er ein Geistlicher war, da er Pfarrer in Gors und Domherr in Prag genanut wird. Den Heinricus Italicus unterscheidet Voigt vom Heinrich dem Isernier und sagt vom ersteren, dass er im J. 1277 als Protonotar in einer Urkunde vorkommt, im J. 1279 dem neuen Könige Wenzel II. als Notar fernere Amtstreue schwört, von dem er später für seine Anhänglichkeit und ausgezeichnete Dienstleistung mehrfach königlich belohnt wird. Trotz der Verleumdungen der Feinde behauptete sich Heinricus Italicus in seiner Stellung, da er, wie Voigt meint, bis zum J. 1287 königliche Urkunden als „notarius noster“ unterzeichnet. Voigt nimmt weiter an, dass Hein- ricus Italicus kein Geistlicher, sondern blos Geschäftsmann am königlichen Hofe war. Voigt hat sich bei seiner Darstellung zumeist nur an die Formelbücher gehalten, deren Datirung und Namen, wie wir weiter unten sehen werden, sehr unzuverlässig sind; und daher sind seine Zuthaten zu der biographischen Skizze des Heinricus ab Isernia und seine Darstellung der Lebensverhältnisse des Heinricus Italicus durchgehends irrig. So ist z. B. Voigts Annahme, dass Heinrich der Isernier Pfarrer in Gors war und Heinrich der Italiener königlicher Protonotar unrichtig, da wir aus Originalurkunden wissen, dass eben der Protonotar Heinrich in den Jahren 1274—1278 Pfarrer von Gors war. Auch den chronologischen Daten fehlt jede feste Grundlage. Auf diese Mängel hat schon Lorenz in seiner Schil- derung der Kanzlei Ottokars II. hingewiesen; doch ist auch diese nicht ganz (fehlerfrei. Lorenz (Deutsche Geschichte im 13. und 14. Jahrhundert I, S. 392—396) hält dafür, dass die Namen Heinricus de Isernia und Heinricus Italicus zwei verschiedenen Personen angehören, von denen die letztere seit dem Anfang der siebziger Jahre, sicher seit 1274, in der k. Kanzlei thätig war, rasch zur Würde eines
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30 von Böhmen und Mähren das Quellenmaterial vollständiger als je zuvor vorliegt und man auf bedeutendere Bereicherung desselben kaum rechnen darf, so wollen wir es versuchen die Frage endgiltig zu entscheiden. In Originalurkunden geschieht weder von Heinrich dem Italiener noch von Heinrich dem Isernier eine Erwähnung; diese kennen nur im J. 1273 einen Notar Heinrich und seit dem Jahre 1274 einen gleichnamigen Protonotar, dessen Schicksale wir oben erzählt haben. Der Name Heinricus Italicus kommt in der Handschrift der Prager Capitelbibliothek K, XXXIII und in einem Codex des Königsberger Staatsarchivs, die Formelsammlungen aus der Zeit Ottokars II. und Wenzels II. fast desselben Inhalts enthalten. In beiden diesen Handschriften kommt dieser Name in einer Formel einer Schenkungsurkunde eines böhmischen Königs vor, welcher seinem geliebten Notar H. Italicus das Bernanotariat der Prager und Kaurzimer Provinz verleiht und ihm gestattet, da dessen Anwesenheit beim Hofe nothwendig sei, 1) statt seiner einen vicarius zu bestellen. In der Capitelhandschrift findet man überdies am Ende der Formelsammlung die Bemerkung: „Expliciunt instrumenta H. ytalici.“ Diese Daten zusammengefasst berechtigen zu dem Schlusse, dass am Hofe des böhm. Königs Otto- kar ein Italiener Namens Heinrich beschäftigt war, der eine Formelsammlung zusammenstellte, deren Kern sich in dem Prager Capitel- und dem Königsberger Archivcodex erhalten hat. Weiter kommt der Name Heinricus Italicus in dem Formelbuche des Zdeněk von Třebič (Zdenko de Tribecz), und zwar zweimal im Texte aber häufiger in der Datirungszeile vor. Protonotars emporstieg und wahrscheinlich zugleich mit derselben die Pfarre in Gors übertragen be- kam. Lorenz meint weiter, dass dieser Heinricus Italicus schon dem Könige Wenzel I. treue Dienste geleistet habe und dass er bis zum Jahre 1287 als Notar am Hofe geblieben ist. In Betreff Hein- richs des Iserniers fallt die Darstellung des Professor Lorenz mit jener des Dolliner zusammen, nur präcisirt er seine Meinung über dessen Stellung in Böhmen in der Weise, dass er nach Uiberwindung grosser Schwierigkeiten und durch Verwendung einflussreicher Personen ein Notariat erhalten hat, aber nicht am Hofe, d. i. dass er unmittelbar in ausserordentlichen oder Privatdiensten des Königs stand, aber kein Mitglied der Kanzlei war. Am meisten erschöpfend behandelte die Lebensschicksale der hier erwähnten Personen Herm. Jireček. (Dva Vlachové v Čechách. [Zwei Italiener in Böhmen]; Časopis Musea král. Českého XLIV, 130—153). Auch er hält die Zweiheit der Personen aufrecht, lässt Heinrich den Italiener schon unter Wenzel I. in böhmische Dienste treten, im J. 1270 zum Protonotar des Königreichs Böhmen avanciren und Pfarrer von Gors werden. Aus diesem muss man den Schluss ziehen, dass Jireček den Heinricus Italicus mit dem Protonotar Mag. Heinrich für eine Person ansieht. Jireček führt weiter aus, wie er nach und nach die Domherrenstellen in Wyšehrad, Olmütz und Prag erlangte und bis zum Tode Pre- mysl Ottokars II. die böhm. Kanzlei leitete. Er berührt die Gefangennehmung desselben nach Přemysls Tode, seinen vermeinten Eintritt in den Dienst des neuen Königs (1279), in dem er bis zum J. 1290 verblieb, nachdem er entweder nach dem Tode des Záwis oder vielleicht bald nach der Gefangen- nehmung desselben zum Vicekanzler von Böhmen erhoben ward und für seine treuen Dienste das Dorf Holubic als Belohnung erhalten hatte. Bald darauf sei Heinricus Italicus gestorben. Von diesem Namen unterscheidet Jireček genau den Heinricus ab Isernia, dessen Schicksale er im Ganzen ge- nommen wie Dolliner nach dem Codex der Wiener Hofbibliothek N. 3143 schildert, nur dass Jireček alles gänzlich erschöpft, was zu seinem Zwecke in der genannten Handschrift brauchbar war. Reg. Boh. II, N. 2629. — Der Name des Königs ist in der Prager Handschrift mit G. in der Königs. berger Handschrift mit W. angedeutet. Aus der weiteren Darstellung wird man erkennen, dass man darunter den König Ottokar II. verstehen muss. — Der Name Heinricus ist nicht ausgeschrieben, sondern nur durch den Anfangsbuchstaben H. angedeutet.
30 von Böhmen und Mähren das Quellenmaterial vollständiger als je zuvor vorliegt und man auf bedeutendere Bereicherung desselben kaum rechnen darf, so wollen wir es versuchen die Frage endgiltig zu entscheiden. In Originalurkunden geschieht weder von Heinrich dem Italiener noch von Heinrich dem Isernier eine Erwähnung; diese kennen nur im J. 1273 einen Notar Heinrich und seit dem Jahre 1274 einen gleichnamigen Protonotar, dessen Schicksale wir oben erzählt haben. Der Name Heinricus Italicus kommt in der Handschrift der Prager Capitelbibliothek K, XXXIII und in einem Codex des Königsberger Staatsarchivs, die Formelsammlungen aus der Zeit Ottokars II. und Wenzels II. fast desselben Inhalts enthalten. In beiden diesen Handschriften kommt dieser Name in einer Formel einer Schenkungsurkunde eines böhmischen Königs vor, welcher seinem geliebten Notar H. Italicus das Bernanotariat der Prager und Kaurzimer Provinz verleiht und ihm gestattet, da dessen Anwesenheit beim Hofe nothwendig sei, 1) statt seiner einen vicarius zu bestellen. In der Capitelhandschrift findet man überdies am Ende der Formelsammlung die Bemerkung: „Expliciunt instrumenta H. ytalici.“ Diese Daten zusammengefasst berechtigen zu dem Schlusse, dass am Hofe des böhm. Königs Otto- kar ein Italiener Namens Heinrich beschäftigt war, der eine Formelsammlung zusammenstellte, deren Kern sich in dem Prager Capitel- und dem Königsberger Archivcodex erhalten hat. Weiter kommt der Name Heinricus Italicus in dem Formelbuche des Zdeněk von Třebič (Zdenko de Tribecz), und zwar zweimal im Texte aber häufiger in der Datirungszeile vor. Protonotars emporstieg und wahrscheinlich zugleich mit derselben die Pfarre in Gors übertragen be- kam. Lorenz meint weiter, dass dieser Heinricus Italicus schon dem Könige Wenzel I. treue Dienste geleistet habe und dass er bis zum Jahre 1287 als Notar am Hofe geblieben ist. In Betreff Hein- richs des Iserniers fallt die Darstellung des Professor Lorenz mit jener des Dolliner zusammen, nur präcisirt er seine Meinung über dessen Stellung in Böhmen in der Weise, dass er nach Uiberwindung grosser Schwierigkeiten und durch Verwendung einflussreicher Personen ein Notariat erhalten hat, aber nicht am Hofe, d. i. dass er unmittelbar in ausserordentlichen oder Privatdiensten des Königs stand, aber kein Mitglied der Kanzlei war. Am meisten erschöpfend behandelte die Lebensschicksale der hier erwähnten Personen Herm. Jireček. (Dva Vlachové v Čechách. [Zwei Italiener in Böhmen]; Časopis Musea král. Českého XLIV, 130—153). Auch er hält die Zweiheit der Personen aufrecht, lässt Heinrich den Italiener schon unter Wenzel I. in böhmische Dienste treten, im J. 1270 zum Protonotar des Königreichs Böhmen avanciren und Pfarrer von Gors werden. Aus diesem muss man den Schluss ziehen, dass Jireček den Heinricus Italicus mit dem Protonotar Mag. Heinrich für eine Person ansieht. Jireček führt weiter aus, wie er nach und nach die Domherrenstellen in Wyšehrad, Olmütz und Prag erlangte und bis zum Tode Pre- mysl Ottokars II. die böhm. Kanzlei leitete. Er berührt die Gefangennehmung desselben nach Přemysls Tode, seinen vermeinten Eintritt in den Dienst des neuen Königs (1279), in dem er bis zum J. 1290 verblieb, nachdem er entweder nach dem Tode des Záwis oder vielleicht bald nach der Gefangen- nehmung desselben zum Vicekanzler von Böhmen erhoben ward und für seine treuen Dienste das Dorf Holubic als Belohnung erhalten hatte. Bald darauf sei Heinricus Italicus gestorben. Von diesem Namen unterscheidet Jireček genau den Heinricus ab Isernia, dessen Schicksale er im Ganzen ge- nommen wie Dolliner nach dem Codex der Wiener Hofbibliothek N. 3143 schildert, nur dass Jireček alles gänzlich erschöpft, was zu seinem Zwecke in der genannten Handschrift brauchbar war. Reg. Boh. II, N. 2629. — Der Name des Königs ist in der Prager Handschrift mit G. in der Königs. berger Handschrift mit W. angedeutet. Aus der weiteren Darstellung wird man erkennen, dass man darunter den König Ottokar II. verstehen muss. — Der Name Heinricus ist nicht ausgeschrieben, sondern nur durch den Anfangsbuchstaben H. angedeutet.
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31 Aus diesem Codex pflegte man bis jetzt die meisten biographischen Daten über Heinrich den Italiener zu entlehnen. Wir wollen uns dieselben näher ansehen. Vor allem wird aus dem Codex des Zdeněk von Třebič die Nummer 164 angeführt. Diese ist dem Inhalte nach eine Angelobung der Amtstreue, welche Mag. Heinricus Italicus dem neuen Könige Wenzel II. im J. 1279 — dieses Jahr hat die Datirungszeile der Formel — geleistet haben soll. 1) Wenn man jedoch nur halbwegs die böhm. Geschichte jener Tage vor den Augen hat, so muss man dieses Factum für unmöglich erklären; denn Wenzel II. hatte damals mit der Regierung nichts zu schaffen. Uiberdies werden als Sigillatoren dieser Angelobungsurkunde der Bischof Thobias und der Prager Probst Ulrich genannt. Der letztere war aber im J. 1279 nicht Prager Probst, er wurde es erst am Ende des J. 1284 oder am Anfange des J. 1285. Es sind also entweder alle Namen oder wenigstens einige und die Jahreszahl sicher willkührlich geändert worden, und die Formel ist für uns gänzlich un- brauchbar. Dieselbe Willkühr in der Aenderung der Namen und Daten hat Palacký dem Sammler bei einem andern Falle nachgewiesen, wo sich das Original im böhm. Kronarchiv bis jetzt erhalten hat. (Gesch. von Böhmen II, 1. S. 212 und 213). — Häufiger als im Texte der Formeln kommt der Name Heinricus Italicus in der Datirungszeile derselben vor. Diese Datirungszeilen lauten: „dat. per manus mag. Heinrici ytalici“, oder „dat p. m. H. ytalici, notarii nostri“, oder „per m. mag. Heynrici Apuli“ oder bloss „per m. mag. Heinrici, notarii nostri“, oder „per m. Heinrici, notarii nostri“. Einige Formeln mit einer solchen Da- tirungszeile wollen wir nun näher untersuchen. Wir wählen z. B. die Formel N. 107 in dem Codex des Zdeněk von Třebič. Diese Formel ist identisch mit der Formel des Capitel- codex N. 193 (fol. 92b und 93a) und mit der von Voigt veröffentlichten Formel N. 173 (S. 162), nur dass in den beiden letzteren Sammlungen einige Namen fehlen, andere hingegen bloss durch den Anfangsbuchstaben angedeutet sind. In den Formeln der letzten zwei Hand- schriften wird auch der Datar nicht erwähnt; dies ist nur der Fall in der Sammlung des Zdeněk von Třebič. Hier lautet das Stück der Datirungszeile: Datum per manus mag. Heinrici Ytalici, notarii nostri, anno etc. Nun hat sich im Olmützer Capitelarchiv bis jetzt die Originalurkunde erhalten, der unsere Urkunde entlehnt wurde.2) Sie hat das Datum 11. März 1286 und stimmt mit der Formel fast wörtlich überein, nur heisst im Original das geschenkte Dorf Powel, im Codex des Zdeněk von Třebič hingegen Sagezd; dann fehlen im Original auch die Namen der Kreisbeamten, welche sich in die Formel aus Missverständniss eingeschlichen haben. Die Datirungszeile des Originals lautet : Dato per manus mag. Jahannis, praepositi Sachensis, prothonotarii Moraviae, a. d. MCCLXXXVI, V Idus Martii, XIV ind. Hält man diese Datirungszeile mit der des Codex Zdenkonis zusammen, so sieht man, dass der Sammler des letzteren die Namen willkührlich änderte. — Dasselbe gilt von der Formel des Codex Zdenkonis N. 127, wo in einer Urkunde, die Ottokar ausgestellt haben soll, der Protonotar Welislaw als Datar figurirt, der doch erst unter Wenzel II. in der Hof- kanzlei auftritt. Wenn wir nun weiter bedenken, dass in keiner Originalurkunde und in keiner guten Urkundenkopie Ottokars II. der Name Heinricus mit dem Zusatze Italicus in 1) Reg. Boh. II, 1628. — Voigt, Das urkund. Formelb. des Heinricus Italicus 6. 2) Reg. Boh. II, N. 1375.
31 Aus diesem Codex pflegte man bis jetzt die meisten biographischen Daten über Heinrich den Italiener zu entlehnen. Wir wollen uns dieselben näher ansehen. Vor allem wird aus dem Codex des Zdeněk von Třebič die Nummer 164 angeführt. Diese ist dem Inhalte nach eine Angelobung der Amtstreue, welche Mag. Heinricus Italicus dem neuen Könige Wenzel II. im J. 1279 — dieses Jahr hat die Datirungszeile der Formel — geleistet haben soll. 1) Wenn man jedoch nur halbwegs die böhm. Geschichte jener Tage vor den Augen hat, so muss man dieses Factum für unmöglich erklären; denn Wenzel II. hatte damals mit der Regierung nichts zu schaffen. Uiberdies werden als Sigillatoren dieser Angelobungsurkunde der Bischof Thobias und der Prager Probst Ulrich genannt. Der letztere war aber im J. 1279 nicht Prager Probst, er wurde es erst am Ende des J. 1284 oder am Anfange des J. 1285. Es sind also entweder alle Namen oder wenigstens einige und die Jahreszahl sicher willkührlich geändert worden, und die Formel ist für uns gänzlich un- brauchbar. Dieselbe Willkühr in der Aenderung der Namen und Daten hat Palacký dem Sammler bei einem andern Falle nachgewiesen, wo sich das Original im böhm. Kronarchiv bis jetzt erhalten hat. (Gesch. von Böhmen II, 1. S. 212 und 213). — Häufiger als im Texte der Formeln kommt der Name Heinricus Italicus in der Datirungszeile derselben vor. Diese Datirungszeilen lauten: „dat. per manus mag. Heinrici ytalici“, oder „dat p. m. H. ytalici, notarii nostri“, oder „per m. mag. Heynrici Apuli“ oder bloss „per m. mag. Heinrici, notarii nostri“, oder „per m. Heinrici, notarii nostri“. Einige Formeln mit einer solchen Da- tirungszeile wollen wir nun näher untersuchen. Wir wählen z. B. die Formel N. 107 in dem Codex des Zdeněk von Třebič. Diese Formel ist identisch mit der Formel des Capitel- codex N. 193 (fol. 92b und 93a) und mit der von Voigt veröffentlichten Formel N. 173 (S. 162), nur dass in den beiden letzteren Sammlungen einige Namen fehlen, andere hingegen bloss durch den Anfangsbuchstaben angedeutet sind. In den Formeln der letzten zwei Hand- schriften wird auch der Datar nicht erwähnt; dies ist nur der Fall in der Sammlung des Zdeněk von Třebič. Hier lautet das Stück der Datirungszeile: Datum per manus mag. Heinrici Ytalici, notarii nostri, anno etc. Nun hat sich im Olmützer Capitelarchiv bis jetzt die Originalurkunde erhalten, der unsere Urkunde entlehnt wurde.2) Sie hat das Datum 11. März 1286 und stimmt mit der Formel fast wörtlich überein, nur heisst im Original das geschenkte Dorf Powel, im Codex des Zdeněk von Třebič hingegen Sagezd; dann fehlen im Original auch die Namen der Kreisbeamten, welche sich in die Formel aus Missverständniss eingeschlichen haben. Die Datirungszeile des Originals lautet : Dato per manus mag. Jahannis, praepositi Sachensis, prothonotarii Moraviae, a. d. MCCLXXXVI, V Idus Martii, XIV ind. Hält man diese Datirungszeile mit der des Codex Zdenkonis zusammen, so sieht man, dass der Sammler des letzteren die Namen willkührlich änderte. — Dasselbe gilt von der Formel des Codex Zdenkonis N. 127, wo in einer Urkunde, die Ottokar ausgestellt haben soll, der Protonotar Welislaw als Datar figurirt, der doch erst unter Wenzel II. in der Hof- kanzlei auftritt. Wenn wir nun weiter bedenken, dass in keiner Originalurkunde und in keiner guten Urkundenkopie Ottokars II. der Name Heinricus mit dem Zusatze Italicus in 1) Reg. Boh. II, 1628. — Voigt, Das urkund. Formelb. des Heinricus Italicus 6. 2) Reg. Boh. II, N. 1375.
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32 der Datirungszeile vorkommt, und dass bis zum Ende des Jahres 1285 alle Urkunden Wenzels II. nur der Protonotar Welislaw und nach dieser Zeit die mährischen nur der Proto- notar Mag. Johann und die böhmischen bis 1289 wieder nur Welislaw unterfertiget, so wird man mit vollem Rechte das Vorkommen des Namens Heinricus Italicus in der Datirungszeile der Urkundenformeln des Zdeněk von Třebič überall als eine willkührliche Aenderung bezeichnen müssen. Und aus der Unzuverlässigkeit der Namen sowol im Texte als auch in der Da- tirungszeile des Formelbuches des Zdeněk von Třebič ist die weitere Folgerung unabweisbar, dass wir aus dem genannten Formelbuche für die Darstellung der Lebensverhältnisse des Trägers des Namens Heinricus Italicus nichts brauchen können. Aus der oben dargelegten willkührlichen Substituirung der Namen lässt sich nur die nicht ganz unbegründete Wahr- scheinlichkeit retten, dass man dabei hie und da bekannte Namen aus der nächst vergangenen Zeit wählte, dass man also in unserem speziellen Falle die Namen der Protonotare der Hof- kanzlei Wenzels II. durch den Namen des aus den letzten Jahren der Ottokarischen Regierung vortheilhaft bekannten Notars Heinricus Italicus zu ersetzen pflegte. Schliesslich kommt der Name Heinricus Italicus in den Formeln des Codex der Wiener Hofbibliothek N. 3143 vor, aus welchem Dolliner seine Ausgabe des „Codex episto- laris Primislai Ottocari II.“ veranstaltet und seine biographischen Daten über Heinrich den Isernier entlehnt hat. Diesem letzteren vindicirte Dolliner nicht blos die ursprüngliche Zu- sammenstellung des ganzen Formelbuches, sondern auch die Autorschaft der meisten in demselben enthaltenen Formeln. In diesem Formelbuche kommt also sowol der Name Hein- ricus Italicus also auch Heinricus de Isernia, ja in einer Formel wird der erstere vom H. Protonotar deutlich unterschieden. Es ist also unsere nächste Aufgabe das Verhältniss dieser Namen zu einander in diesem Codex festzustellen; dadurch wird auch die Frage in Betreff ihrer Identität gelöst werden. Bevor wir jedoch dazu übergehen, müssen wir vor allem be- merken, dass viele Briefe dieser Formelsammlung fingirt und als blosse stilistische Uibungen zu betrachten sind. Dies wurde bereits von Lorenz angedeutet, und wer diese Thatsache bezweifeln wollte, der möge diese Formeln einer näheren Untersuchung unterziehen, und er wird sich überzeugen, dass viele derselben einer mehr als zweideutigen Natur sind, 1) so dass sie unmöglich wirklichen Briefen entlehnt sein können. Bei dieser ungleichen Grundlage der einzelnen Formeln waren wir genöthigt den Werth einer jeden besonders zu bestimmen; dann versuchten wir vor allem ihre wahrscheinliche chronologische Reihenfolge festzustellen, und auf dieser Grundlage war es dann möglich folgende biographische Skizze zu entwerfen. Der Sammler des Formelbuches Namens Heinrich war in Isernia, einer Stadt der Grafschaft Molise (jetzt Provinz Campobasso) im Neapolitanischen geboren, wurde als An- hänger Conradins, in dessen Heere er gedient haben soll, geächtet, worauf er sich nach Viterbi und Rom begab, bei einem gewissen Mag. Peter de Prece dem Studium der Notariats- kunst widmete und diese dann wahrscheinlich in Rom eine Zeitlang nicht ohne Erfolg aus- übte. Dabei war Heinrich der Isernier bemüht sich durch schmeichelhafte Briefe hochge- stellte Gönner zu erwerben, was ihm auch gelungen ist. Nach dem Tode Clemens IV. scheint 1) Vergl. in den Reg. Boh. II die Nummern 2570, 2573—2577.
32 der Datirungszeile vorkommt, und dass bis zum Ende des Jahres 1285 alle Urkunden Wenzels II. nur der Protonotar Welislaw und nach dieser Zeit die mährischen nur der Proto- notar Mag. Johann und die böhmischen bis 1289 wieder nur Welislaw unterfertiget, so wird man mit vollem Rechte das Vorkommen des Namens Heinricus Italicus in der Datirungszeile der Urkundenformeln des Zdeněk von Třebič überall als eine willkührliche Aenderung bezeichnen müssen. Und aus der Unzuverlässigkeit der Namen sowol im Texte als auch in der Da- tirungszeile des Formelbuches des Zdeněk von Třebič ist die weitere Folgerung unabweisbar, dass wir aus dem genannten Formelbuche für die Darstellung der Lebensverhältnisse des Trägers des Namens Heinricus Italicus nichts brauchen können. Aus der oben dargelegten willkührlichen Substituirung der Namen lässt sich nur die nicht ganz unbegründete Wahr- scheinlichkeit retten, dass man dabei hie und da bekannte Namen aus der nächst vergangenen Zeit wählte, dass man also in unserem speziellen Falle die Namen der Protonotare der Hof- kanzlei Wenzels II. durch den Namen des aus den letzten Jahren der Ottokarischen Regierung vortheilhaft bekannten Notars Heinricus Italicus zu ersetzen pflegte. Schliesslich kommt der Name Heinricus Italicus in den Formeln des Codex der Wiener Hofbibliothek N. 3143 vor, aus welchem Dolliner seine Ausgabe des „Codex episto- laris Primislai Ottocari II.“ veranstaltet und seine biographischen Daten über Heinrich den Isernier entlehnt hat. Diesem letzteren vindicirte Dolliner nicht blos die ursprüngliche Zu- sammenstellung des ganzen Formelbuches, sondern auch die Autorschaft der meisten in demselben enthaltenen Formeln. In diesem Formelbuche kommt also sowol der Name Hein- ricus Italicus also auch Heinricus de Isernia, ja in einer Formel wird der erstere vom H. Protonotar deutlich unterschieden. Es ist also unsere nächste Aufgabe das Verhältniss dieser Namen zu einander in diesem Codex festzustellen; dadurch wird auch die Frage in Betreff ihrer Identität gelöst werden. Bevor wir jedoch dazu übergehen, müssen wir vor allem be- merken, dass viele Briefe dieser Formelsammlung fingirt und als blosse stilistische Uibungen zu betrachten sind. Dies wurde bereits von Lorenz angedeutet, und wer diese Thatsache bezweifeln wollte, der möge diese Formeln einer näheren Untersuchung unterziehen, und er wird sich überzeugen, dass viele derselben einer mehr als zweideutigen Natur sind, 1) so dass sie unmöglich wirklichen Briefen entlehnt sein können. Bei dieser ungleichen Grundlage der einzelnen Formeln waren wir genöthigt den Werth einer jeden besonders zu bestimmen; dann versuchten wir vor allem ihre wahrscheinliche chronologische Reihenfolge festzustellen, und auf dieser Grundlage war es dann möglich folgende biographische Skizze zu entwerfen. Der Sammler des Formelbuches Namens Heinrich war in Isernia, einer Stadt der Grafschaft Molise (jetzt Provinz Campobasso) im Neapolitanischen geboren, wurde als An- hänger Conradins, in dessen Heere er gedient haben soll, geächtet, worauf er sich nach Viterbi und Rom begab, bei einem gewissen Mag. Peter de Prece dem Studium der Notariats- kunst widmete und diese dann wahrscheinlich in Rom eine Zeitlang nicht ohne Erfolg aus- übte. Dabei war Heinrich der Isernier bemüht sich durch schmeichelhafte Briefe hochge- stellte Gönner zu erwerben, was ihm auch gelungen ist. Nach dem Tode Clemens IV. scheint 1) Vergl. in den Reg. Boh. II die Nummern 2570, 2573—2577.
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33 er in bedrängte Verhältnisse gerathen zu sein und überlegte, ob er sich nicht nach Deutsch- land wenden solle, von wo aus die Ghibellinen die Erneuerung der kaiserlichen Herrschaft in Italien erwarteten. Damals kam dahin die Nachricht und wurde von den Ghibellinen ge- glaubt, dass der Markgraf von Meissen, Heinrich der Erlauchte, seinen Neffen Friedrich mit einem Heere nach Italien senden will. Auf diese Nachricht hin wendete sich Heinrich der Isernier nach Deutschland, kam bis nach Meissen und weilte eine Zeit lang in Pirna an der Elbe. Als sich jedoch dies nur als ein Gerede erwies, wendete sich Heinrich, mit Empfeh- lungen eines gewissen Magisters P. de P. versehen, nach Prag. Dieser empfahl ihn auf's wärmste einem italienischen Landsmanne; es ist aber unbekannt, wer es gewesen ist.1) Eine Notiz des Formelb. sagt uns nur, dass er in Prag von dem Landschreiber aufgenommen wurde.2) Dieses trug sich wahrscheinlich im J. 1270 zu. In allen Briefformeln, aus denen die vor- stehenden Daten entlehnt sind, wird Heinrich H. de Isernia genannt. Um sich den Lebens- unterhalt zu verschaffen und den Weg zu einer besseren Zukunft zu bahnen, eröffnete er eine Schule am Wyšehrad, wo damals die Studien im besonderen Flor standen und lud die Studenten und solche die sich dem Notariatsgeschäfte widmen und Vertheidiger in Rechts- sachen sein wollten, beredt und eindringlich ein, bei ihm in Grammatik, Logik und Rhetorik Unterricht zu nehmen, wobei er nicht vergass seine Kenntnisse über jede Gebühr anzuprei- sen. 3) Seine Bemühungen scheinen nicht ohne Erfolg geblieben zu sein, besonders da er von dem Wyšehrader Probst und Kanzler von Böhmen Peter, in dessen Gunst er sich bald ein- zuschmeicheln wusste, möglichst gefördert wurde. Heinrich drückte seinem Gönner die Dank- barkeit durch grenzenlose, fast eckelhafte Schmeicheleien aus. Auf ähnliche Weise war er be- müht sich noch andere Freunde, namentlich unter dem hohen Clerus zu erwerben, um sich durch dieselben den Weg zum Hofe, namentlich in die Hofkanzlei zu bahnen. Dieser Art sind seine Briefe an die Bischöfe von Prag, Olmütz, Seckau und Regensburg, an den Wyšehrader Domdechant und andere hochgestellte Personen. In den an die Studirenden gerichteten Ein- ladungen nennt sich Heinrich immer Heinricus Italicus, in den an hochgestellte Personen ge- sendeten Briefen entweder auch so oder Heinricus de Sicilia, oder Siculus, oder Apulus und auch Gibellinus. Da er jedoch auf jene Weise zum Ziele nicht gelangen konnte, so versuchte er es auf einem andern Wege dahin zu kommen. Nach dem Tode Richards von Cornwallis hatte sich in vielen Kreisen die Erwartung Bahn gebrochen, dass Premysl Ottokar zum römi- schen Könige gewählt wird, und wir glauben, dass er dieser Erhebung nicht abhold gewesen wäre. Es ist höchst wahrscheinlich, dass der böhm. König, um sich in dieser Angelegenheit über Die Ansicht, dass diese Empfehlung an den königl. Protonotar gerichtet wurde, ist blos eine unbe- gründete Vermuthung; denn aus der Briefformel geht nur soviel hervor, dass die Empfehlung an einen Italiener gerichtet war, der dem geistlichen Stande angehörte; da er „domine reverende" angeredet wird. (Cod. 3143, fol. 91 epist. 78) Wir glauben, dass es Angelus de Ponte curvo, damals Prager Dom- herr war. „Nisi post languores multiplices susceptus fui a terre notario et in domo permanens hec compegi“. Dol- liner, V). Diesen Landschreiber hält Dolliner auch für den Protonotar Heinrich; er hat übersehen, dass in Böhmen das Landnotariat ein vom Hofnotariat ganz verschiedenes Amt ist. Wer damals in Böhmen Landschreiber war, ist uns unbekannt, im J. 1257 war es Přisnobor, im J. 1264 Wenzel. 2) Vergl. Reg. Boh. II, 2589 —2595.
33 er in bedrängte Verhältnisse gerathen zu sein und überlegte, ob er sich nicht nach Deutsch- land wenden solle, von wo aus die Ghibellinen die Erneuerung der kaiserlichen Herrschaft in Italien erwarteten. Damals kam dahin die Nachricht und wurde von den Ghibellinen ge- glaubt, dass der Markgraf von Meissen, Heinrich der Erlauchte, seinen Neffen Friedrich mit einem Heere nach Italien senden will. Auf diese Nachricht hin wendete sich Heinrich der Isernier nach Deutschland, kam bis nach Meissen und weilte eine Zeit lang in Pirna an der Elbe. Als sich jedoch dies nur als ein Gerede erwies, wendete sich Heinrich, mit Empfeh- lungen eines gewissen Magisters P. de P. versehen, nach Prag. Dieser empfahl ihn auf's wärmste einem italienischen Landsmanne; es ist aber unbekannt, wer es gewesen ist.1) Eine Notiz des Formelb. sagt uns nur, dass er in Prag von dem Landschreiber aufgenommen wurde.2) Dieses trug sich wahrscheinlich im J. 1270 zu. In allen Briefformeln, aus denen die vor- stehenden Daten entlehnt sind, wird Heinrich H. de Isernia genannt. Um sich den Lebens- unterhalt zu verschaffen und den Weg zu einer besseren Zukunft zu bahnen, eröffnete er eine Schule am Wyšehrad, wo damals die Studien im besonderen Flor standen und lud die Studenten und solche die sich dem Notariatsgeschäfte widmen und Vertheidiger in Rechts- sachen sein wollten, beredt und eindringlich ein, bei ihm in Grammatik, Logik und Rhetorik Unterricht zu nehmen, wobei er nicht vergass seine Kenntnisse über jede Gebühr anzuprei- sen. 3) Seine Bemühungen scheinen nicht ohne Erfolg geblieben zu sein, besonders da er von dem Wyšehrader Probst und Kanzler von Böhmen Peter, in dessen Gunst er sich bald ein- zuschmeicheln wusste, möglichst gefördert wurde. Heinrich drückte seinem Gönner die Dank- barkeit durch grenzenlose, fast eckelhafte Schmeicheleien aus. Auf ähnliche Weise war er be- müht sich noch andere Freunde, namentlich unter dem hohen Clerus zu erwerben, um sich durch dieselben den Weg zum Hofe, namentlich in die Hofkanzlei zu bahnen. Dieser Art sind seine Briefe an die Bischöfe von Prag, Olmütz, Seckau und Regensburg, an den Wyšehrader Domdechant und andere hochgestellte Personen. In den an die Studirenden gerichteten Ein- ladungen nennt sich Heinrich immer Heinricus Italicus, in den an hochgestellte Personen ge- sendeten Briefen entweder auch so oder Heinricus de Sicilia, oder Siculus, oder Apulus und auch Gibellinus. Da er jedoch auf jene Weise zum Ziele nicht gelangen konnte, so versuchte er es auf einem andern Wege dahin zu kommen. Nach dem Tode Richards von Cornwallis hatte sich in vielen Kreisen die Erwartung Bahn gebrochen, dass Premysl Ottokar zum römi- schen Könige gewählt wird, und wir glauben, dass er dieser Erhebung nicht abhold gewesen wäre. Es ist höchst wahrscheinlich, dass der böhm. König, um sich in dieser Angelegenheit über Die Ansicht, dass diese Empfehlung an den königl. Protonotar gerichtet wurde, ist blos eine unbe- gründete Vermuthung; denn aus der Briefformel geht nur soviel hervor, dass die Empfehlung an einen Italiener gerichtet war, der dem geistlichen Stande angehörte; da er „domine reverende" angeredet wird. (Cod. 3143, fol. 91 epist. 78) Wir glauben, dass es Angelus de Ponte curvo, damals Prager Dom- herr war. „Nisi post languores multiplices susceptus fui a terre notario et in domo permanens hec compegi“. Dol- liner, V). Diesen Landschreiber hält Dolliner auch für den Protonotar Heinrich; er hat übersehen, dass in Böhmen das Landnotariat ein vom Hofnotariat ganz verschiedenes Amt ist. Wer damals in Böhmen Landschreiber war, ist uns unbekannt, im J. 1257 war es Přisnobor, im J. 1264 Wenzel. 2) Vergl. Reg. Boh. II, 2589 —2595.
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34 die Stimmung der römischen Curie Gewissheit zu verschaffen, seine Leute dahin abgesendet hat. Als Kenner des Landes und der Sprache befand sich Heinrich unter denselben; er wagte es jedoch nicht aus Furcht vor dem Könige von Sicilien, der damals bei dem Papste weilte, sich an den päpstlichen Hof zu begeben, sondern wartete in Bologna, bis der Papst mit den Cardinälen nach Lyon zum Concil gehen würde. Dies ist im Sommer 1273 geschehen. Wo er den päpstlichen Hof aufsuchte, wissen wir nicht, aber das scheint festzustehen, dass es ihm gelungen ist, sich von einigen Cardinälen und andern Freunden Empfehlungsbriefe an den Olmützer Bischof und an Ottokar selbst zu erbitten. In diesen Briefen wird ausdrücklich gesagt, dass Heinrich als Notar in den Dienst des böhmischen Königs treten will; es wird ferner darin seine Verwendbarkeit zum Notariatsdienste gerühmt, insbesondere wenn, „wie zu hoffen ist“, Ottokar zum römischen Könige gewählt wird. Diese Empfehlungsbriefe nennen unseren Heinrich wieder Heinricus de Ysernia. Der Gegenstand seiner grössten Sehnsucht wurde ihm zu Theil. Nach seiner Rückkehr aus Italien wurde nämlich Heinrich vom böhmi- schen Könige wirklich zum Notar aufgenommen, und wir glauben, dass es unser Heinrich ist, der am 3. Oct. 1273 im Lager vor Oedenburg die erste Urkunde für das Kloster Imbach unter- zeichnete. Aus diesem Umstande kann man den Schluss ziehen, dass Heinrich auf seiner Rückreise aus Italien den König in Oesterreich oder in Ungarn aufgesucht hat, wo er da- mals im Felde lag. — Heinrich beeilte sich seine Beförderung seinen Freunden und Gönnern in Italien nicht ohne einen tüchtigen Zusatz von Prahlerei bekannt zu geben und zugleich zu bitten, dass sie dafür an den König Dankschreiben richten. In diesen Schriftstücken wird der Name des neuen Notars nur durch den Buchstaben H. mit dem Zusatze magister be- zeichnet; nur einmal (Reg. II, N. 2622) wird er mag. H. Italicus genannt. Doch zeigt der Stil dieser Briefe, dass der Verfasser derselben ebenso wie jener der früheren eine und die- selbe Person ist. Die Reise und der Aufenthalt im Kriegslager waren wol die Ursache, dass Heinrich fieberkrank wurde und sich in ein Prager Kloster zurückziehen musste, wo er über Anordnung des Königs (als donatus oder oblatus) aufgenommen wurde. So lange der Abt des Klosters (Strahow?) lebte, war die Behandlung Heinrichs gut, aber nach dessen Tode und nachdem der Prior des Klosters sich aufs Land begeben musste, um die Klostergüter zu conscribiren, wurde auf die Krankheit des Mag. Heinrich wenig Rücksicht genommen und ihm durch Vorenthaltung der nöthigen Bedürfnisse Grund zu verschiedenen Klagen gegeben. Obgleich er später bei dem Wyšehrader Domdechant gastfreundliche Aufnahme und die ge- hörige Pflege fand, so unterliess er es doch nicht Schritte zu thun, um den Zorn des Königs gegen den Subprior des Klosters zu wecken. Der Protonotar Ulrich 1) sollte dabei die Mittelsperson sein. Heinrichs Krankheit müssen wir in’s Frühjahr oder in den Sommer 1274 setzen, wodurch sich erklären würde, warum der Kanzler königl. Urkunden wieder unterzeichnete. Im Herbste desselben Jahres trat Heinrich als Protonotar an die Spitze der böhmisch-mährischen Abtheilung der Hofkanzlei, die er bis zum Tode Ottokars II. leitete. 30 19 Reg. Boh. II, N. 2617. In der Formel wird der Name des Protonotars durch H. angedeutet; aber da in einer andern Formel bezüglich derselben Angelegenheit der Protonotar Ulrich ausdrücklich genannt wird, so zweifeln wir nicht, dass für H. der Name Ulricus zu substituiren ist.
34 die Stimmung der römischen Curie Gewissheit zu verschaffen, seine Leute dahin abgesendet hat. Als Kenner des Landes und der Sprache befand sich Heinrich unter denselben; er wagte es jedoch nicht aus Furcht vor dem Könige von Sicilien, der damals bei dem Papste weilte, sich an den päpstlichen Hof zu begeben, sondern wartete in Bologna, bis der Papst mit den Cardinälen nach Lyon zum Concil gehen würde. Dies ist im Sommer 1273 geschehen. Wo er den päpstlichen Hof aufsuchte, wissen wir nicht, aber das scheint festzustehen, dass es ihm gelungen ist, sich von einigen Cardinälen und andern Freunden Empfehlungsbriefe an den Olmützer Bischof und an Ottokar selbst zu erbitten. In diesen Briefen wird ausdrücklich gesagt, dass Heinrich als Notar in den Dienst des böhmischen Königs treten will; es wird ferner darin seine Verwendbarkeit zum Notariatsdienste gerühmt, insbesondere wenn, „wie zu hoffen ist“, Ottokar zum römischen Könige gewählt wird. Diese Empfehlungsbriefe nennen unseren Heinrich wieder Heinricus de Ysernia. Der Gegenstand seiner grössten Sehnsucht wurde ihm zu Theil. Nach seiner Rückkehr aus Italien wurde nämlich Heinrich vom böhmi- schen Könige wirklich zum Notar aufgenommen, und wir glauben, dass es unser Heinrich ist, der am 3. Oct. 1273 im Lager vor Oedenburg die erste Urkunde für das Kloster Imbach unter- zeichnete. Aus diesem Umstande kann man den Schluss ziehen, dass Heinrich auf seiner Rückreise aus Italien den König in Oesterreich oder in Ungarn aufgesucht hat, wo er da- mals im Felde lag. — Heinrich beeilte sich seine Beförderung seinen Freunden und Gönnern in Italien nicht ohne einen tüchtigen Zusatz von Prahlerei bekannt zu geben und zugleich zu bitten, dass sie dafür an den König Dankschreiben richten. In diesen Schriftstücken wird der Name des neuen Notars nur durch den Buchstaben H. mit dem Zusatze magister be- zeichnet; nur einmal (Reg. II, N. 2622) wird er mag. H. Italicus genannt. Doch zeigt der Stil dieser Briefe, dass der Verfasser derselben ebenso wie jener der früheren eine und die- selbe Person ist. Die Reise und der Aufenthalt im Kriegslager waren wol die Ursache, dass Heinrich fieberkrank wurde und sich in ein Prager Kloster zurückziehen musste, wo er über Anordnung des Königs (als donatus oder oblatus) aufgenommen wurde. So lange der Abt des Klosters (Strahow?) lebte, war die Behandlung Heinrichs gut, aber nach dessen Tode und nachdem der Prior des Klosters sich aufs Land begeben musste, um die Klostergüter zu conscribiren, wurde auf die Krankheit des Mag. Heinrich wenig Rücksicht genommen und ihm durch Vorenthaltung der nöthigen Bedürfnisse Grund zu verschiedenen Klagen gegeben. Obgleich er später bei dem Wyšehrader Domdechant gastfreundliche Aufnahme und die ge- hörige Pflege fand, so unterliess er es doch nicht Schritte zu thun, um den Zorn des Königs gegen den Subprior des Klosters zu wecken. Der Protonotar Ulrich 1) sollte dabei die Mittelsperson sein. Heinrichs Krankheit müssen wir in’s Frühjahr oder in den Sommer 1274 setzen, wodurch sich erklären würde, warum der Kanzler königl. Urkunden wieder unterzeichnete. Im Herbste desselben Jahres trat Heinrich als Protonotar an die Spitze der böhmisch-mährischen Abtheilung der Hofkanzlei, die er bis zum Tode Ottokars II. leitete. 30 19 Reg. Boh. II, N. 2617. In der Formel wird der Name des Protonotars durch H. angedeutet; aber da in einer andern Formel bezüglich derselben Angelegenheit der Protonotar Ulrich ausdrücklich genannt wird, so zweifeln wir nicht, dass für H. der Name Ulricus zu substituiren ist.
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35 Die letzten Zeilen zeigen deutlich, dass wir der Ansicht sind, dass der Protonotar Heinrich, dann Heinricus Italicus und Heinricus de Isernia eine und dieselbe Person sind. Diese Ansicht lässt sich folgender Weise begründen. — Wenn man die Formeln des Codex epistolaris, dessen Anlage allseitig Heinrich dem Isernier zugeschrieben wird, genauer durch geht, so überzeugt man sich, dass alle, die Heinrich dem Isernier zugeschrieben werden können, dieselbe stilistische Manier, ja den Gebrauch gleicher Redewendungen aufweisen, daher auf denselben Urheber hindeuten, wenn er sich auch einmal Heinricus de ernials, ein anderesmal Heinricus Italicus nennt. An einigen Stellen correspondiren Briefe, wo von Heinricus de Isernia die Rede ist, mit Briefen, wo von Heinricus Italicus gesprochen wird, so mit einander, dass es sich trotz der Verschiedenheit der Benennung nur um Eine Person handeln kann. Ich erwähne nur die Empfehlung des Cardinals an den böhmischen König für Heinrich den Isernier und dann das Ansuchen, dass der Cardinal dem Könige für die auf diese Empfehlung erfolgte Anstellung des H. Italicus ein Dankschreiben übersende. Dies dürfen wir nicht durch blossen Zufall, sondern nur durch die Thatsache erklären, dass es sich in beiden Schriftstücken um Eine Person handelt. — Die Erscheinung, dass diese zwei Benennungen mit einander abwechseln, hat im Folgenden ihren Grund. In allen Briefen, die von Heinrich an Italiener, oder von Italienern an ihn oder an jemanden andern über ihn ge- richtet sind, wird er Heinricus de Isernia, in allen Schriftstücken jedoch, die er an Personen in Böhmen und den Nachbarländern richtet, wird er Heinricus Italicus (Apulus, Siculus, de Sicilia) genannt. Die erstere Benennung findet man ausschliesslich in allen Formeln, die in der Zeit vor seiner Abreise nach Böhmen verfasst sind, dann in Briefen, die er an seine Gönner und Freunde in Italien oder welche diese in seinem Interesse nach Böhmen absandten. Hein- ricus Italicus kommt namentlich in den Aufrufen an die Studentschaft und in den Briefen an hochgestellte Kirchenfürsten vor, durch die er sich ihre Gunst erwerben wollte. Dieser Wechsel in der Benennung war ganz natürlich. In Böhmen und in den dazu gehörigen Ländern wusste man gut, wer gemeint wird, wenn man Heinrich den Italiener nannte, besonders wenn er seinen Amtstitel beisetzte; denn es waren hier nicht so viele Italiener, dass Zweifel hätten ent- stehen können. Uibrigens war es Sitte, dass man im Mittelalter Personen, die aus fremden Ländern kamen, nach dem Lande ihrer Herkunft zu benennen pflegte und dass diese dann den ihnen gegebenen Zunamen selbst annahmen. Derartige Beispiele sind zu bekannt, als dass ich solche anzuführen brauchte. Dagegen musste in Italien der Ort hervorgehoben werden, aus welchem dieser Heinrich stammte, um ihn von anderen Italienern gleichen Namens unterscheiden zu können. Dasselbe thaten auch die Italiener, wenn sie von ihm sprachen. Die Zweiheit der Namen steht also in unserem Falle nicht der Ansicht im Wege, dass Hein- ricus de Isernia und Heinricus Italicus eine und dieselbe Person ist. Aus demselben Codex wissen wir, wie bereits in der biographischen Skizze gesagt wurde, dass dieser Heinrich vom Könige Ottokar II. zum Notar aufgenommen wurde, und da wir in einer gleichlautenden Formel des Capitel- und Königsberger Codex finden, dass Ottokar seinem Notar H. Italicus das Bernanotariat der Prager und Kaurzimer Provinz verliehen hat, so kann kein Zweifel darüber obwalten, dass sich auch diese Nachricht auf dieselbe Person bezieht. Es bleibt nur noch wahrscheinlich zu machen, dass Heinricus de Isernia oder Italicus mit dem Proto- notar Heinrich identisch sei. Die chronologische Zusammenstellung der Formeln des Codex 5*
35 Die letzten Zeilen zeigen deutlich, dass wir der Ansicht sind, dass der Protonotar Heinrich, dann Heinricus Italicus und Heinricus de Isernia eine und dieselbe Person sind. Diese Ansicht lässt sich folgender Weise begründen. — Wenn man die Formeln des Codex epistolaris, dessen Anlage allseitig Heinrich dem Isernier zugeschrieben wird, genauer durch geht, so überzeugt man sich, dass alle, die Heinrich dem Isernier zugeschrieben werden können, dieselbe stilistische Manier, ja den Gebrauch gleicher Redewendungen aufweisen, daher auf denselben Urheber hindeuten, wenn er sich auch einmal Heinricus de ernials, ein anderesmal Heinricus Italicus nennt. An einigen Stellen correspondiren Briefe, wo von Heinricus de Isernia die Rede ist, mit Briefen, wo von Heinricus Italicus gesprochen wird, so mit einander, dass es sich trotz der Verschiedenheit der Benennung nur um Eine Person handeln kann. Ich erwähne nur die Empfehlung des Cardinals an den böhmischen König für Heinrich den Isernier und dann das Ansuchen, dass der Cardinal dem Könige für die auf diese Empfehlung erfolgte Anstellung des H. Italicus ein Dankschreiben übersende. Dies dürfen wir nicht durch blossen Zufall, sondern nur durch die Thatsache erklären, dass es sich in beiden Schriftstücken um Eine Person handelt. — Die Erscheinung, dass diese zwei Benennungen mit einander abwechseln, hat im Folgenden ihren Grund. In allen Briefen, die von Heinrich an Italiener, oder von Italienern an ihn oder an jemanden andern über ihn ge- richtet sind, wird er Heinricus de Isernia, in allen Schriftstücken jedoch, die er an Personen in Böhmen und den Nachbarländern richtet, wird er Heinricus Italicus (Apulus, Siculus, de Sicilia) genannt. Die erstere Benennung findet man ausschliesslich in allen Formeln, die in der Zeit vor seiner Abreise nach Böhmen verfasst sind, dann in Briefen, die er an seine Gönner und Freunde in Italien oder welche diese in seinem Interesse nach Böhmen absandten. Hein- ricus Italicus kommt namentlich in den Aufrufen an die Studentschaft und in den Briefen an hochgestellte Kirchenfürsten vor, durch die er sich ihre Gunst erwerben wollte. Dieser Wechsel in der Benennung war ganz natürlich. In Böhmen und in den dazu gehörigen Ländern wusste man gut, wer gemeint wird, wenn man Heinrich den Italiener nannte, besonders wenn er seinen Amtstitel beisetzte; denn es waren hier nicht so viele Italiener, dass Zweifel hätten ent- stehen können. Uibrigens war es Sitte, dass man im Mittelalter Personen, die aus fremden Ländern kamen, nach dem Lande ihrer Herkunft zu benennen pflegte und dass diese dann den ihnen gegebenen Zunamen selbst annahmen. Derartige Beispiele sind zu bekannt, als dass ich solche anzuführen brauchte. Dagegen musste in Italien der Ort hervorgehoben werden, aus welchem dieser Heinrich stammte, um ihn von anderen Italienern gleichen Namens unterscheiden zu können. Dasselbe thaten auch die Italiener, wenn sie von ihm sprachen. Die Zweiheit der Namen steht also in unserem Falle nicht der Ansicht im Wege, dass Hein- ricus de Isernia und Heinricus Italicus eine und dieselbe Person ist. Aus demselben Codex wissen wir, wie bereits in der biographischen Skizze gesagt wurde, dass dieser Heinrich vom Könige Ottokar II. zum Notar aufgenommen wurde, und da wir in einer gleichlautenden Formel des Capitel- und Königsberger Codex finden, dass Ottokar seinem Notar H. Italicus das Bernanotariat der Prager und Kaurzimer Provinz verliehen hat, so kann kein Zweifel darüber obwalten, dass sich auch diese Nachricht auf dieselbe Person bezieht. Es bleibt nur noch wahrscheinlich zu machen, dass Heinricus de Isernia oder Italicus mit dem Proto- notar Heinrich identisch sei. Die chronologische Zusammenstellung der Formeln des Codex 5*
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36 der Wiener Hofbibliothek N. 3143 zeigt uns, dass Heinricus Italicus im Herbste 1273 vom Könige Ottokar zum Notar aufgenommen wurde. Dies correspondirt vollkommen mit dem Auftreten des Notars Heinrich in Premysl Ottokars Hofkanzlei im October 1273, indem er damals zum erstenmale als Datar vorkommt, im Mai 1274 noch Notar war, dann aber bald zum Protonotar befördert wurde, so dass er seit Herbst des letztgenannten Jahres als Protonotar und Pfarrer von Gors alle königlichen böhmischen Urkunden datirt und auch die wichtigere Correspondenz besorgt. Das letztere geht aus der stilistischen Aehnlichkeit vieler Briefe mit älteren vom Heinricus Italicus zweifellos verfassten Briefen hervor. So findet man na- mentlich dieselben stilistischen Eigenthümlichkeiten in dem Briefe des Protonotars Heinrich, in welchem er einen Edlen um Fürsprache beim römischen Könige in Betreff gewisser Schwie- rigkeiten, die ihm bei der Pfarre zu Gors gemacht werden, bittet. 1) Beim Durchlesen dieses Briefes denkt man unwillkührlich an die Aufsätze des Heinricus Italicus. Die Ansicht be- züglich der Identität des Heinricus Italicus mit dem Protonotar Heinrich wird auch durch das Formelbuch des Zdenek von Trebič unterstützt, wo in die Datirungszeile der Formeln der erstere Name erweislich statt anderer Datare substituirt wird, was nur dadurch erklärbar ist, dass der Sammler die Namen der noch lebenden Personen absichtlich unterdrückte und für dieselben den Namen des damals noch in Erinnerung gebliebenen Protonotars der nächst- vergangenen Zeit setzte. Für die Identät beider Namen spricht endlich die Klageschrift, welche Voigt aus dem Königsberger Codex veröffentlicht. 2) „Heinricus Italicus, incliti regis Boemie notarius“ beschwert sich offenbar bei seinen im Capitel versammelten Wyšehrader Mitdom- herren und Freunden über die Nachstellungen, die ihm seine Feinde bereiten, und da um diese Zeit kein anderer gleichnamiger Domherr im Wyšehrader Capitel bekannt ist als der Protonotar Heinrich, so dürfte es nicht unstatthaft sein auch aus diesem Grunde auf die Identität der Person für beide Namen zu schliessen. Unsere Beweisführung hat wol nicht überall eine zwingende Uiberzeugungskraft, wie dies bei den undatirten mit vielen willkürlichen Zusätzen versehenen Formeln auch nicht anders sein konnte; aber das wird man ihr nicht absprechen können, dass sie bemüht war, den so oft behandelten Gegenstand möglichst erschöpfend zu behandeln, und dass sie auch das richtige getroffen haben dürfte. . 8. Das übrige Kanzleipersonale Premysl Ottokars II. Es unterliegt keinem Zweifel, dass neben den Kanzlern und den Protonotaren in der königlichen Hofkanzlei auch andere Personen beschäftigt waren. Denn die Agenda derselben in einem so grossen Reiche, wie das des Königs Ottokar war, ist sicher so bedeutend gewesen, dass man sich das Kanzlei- personale ziemlich zahlreich vorstellen muss, wenn auch in jener Zeit verhältnissmässig we- niger geschrieben wurde als jetzt. Es gab in derselben sicher Reinschreiber der Urkunden und wahrscheinlich auch Registratoren. Dass die Zahl der ersteren durch die ganze Regie- rungszeit nicht klein war, zeigen uns die bis jetzt erhaltenen Originalurkunden, von denen überdies wichtigere Stücke in mehreren Exemplaren verfasst und an verschiedenen Orten 1) Reg. Boh. II, N. 2632. 2) Voigt, das urkundliche Formelbuch des Heinricus Ital. S. 9.
36 der Wiener Hofbibliothek N. 3143 zeigt uns, dass Heinricus Italicus im Herbste 1273 vom Könige Ottokar zum Notar aufgenommen wurde. Dies correspondirt vollkommen mit dem Auftreten des Notars Heinrich in Premysl Ottokars Hofkanzlei im October 1273, indem er damals zum erstenmale als Datar vorkommt, im Mai 1274 noch Notar war, dann aber bald zum Protonotar befördert wurde, so dass er seit Herbst des letztgenannten Jahres als Protonotar und Pfarrer von Gors alle königlichen böhmischen Urkunden datirt und auch die wichtigere Correspondenz besorgt. Das letztere geht aus der stilistischen Aehnlichkeit vieler Briefe mit älteren vom Heinricus Italicus zweifellos verfassten Briefen hervor. So findet man na- mentlich dieselben stilistischen Eigenthümlichkeiten in dem Briefe des Protonotars Heinrich, in welchem er einen Edlen um Fürsprache beim römischen Könige in Betreff gewisser Schwie- rigkeiten, die ihm bei der Pfarre zu Gors gemacht werden, bittet. 1) Beim Durchlesen dieses Briefes denkt man unwillkührlich an die Aufsätze des Heinricus Italicus. Die Ansicht be- züglich der Identität des Heinricus Italicus mit dem Protonotar Heinrich wird auch durch das Formelbuch des Zdenek von Trebič unterstützt, wo in die Datirungszeile der Formeln der erstere Name erweislich statt anderer Datare substituirt wird, was nur dadurch erklärbar ist, dass der Sammler die Namen der noch lebenden Personen absichtlich unterdrückte und für dieselben den Namen des damals noch in Erinnerung gebliebenen Protonotars der nächst- vergangenen Zeit setzte. Für die Identät beider Namen spricht endlich die Klageschrift, welche Voigt aus dem Königsberger Codex veröffentlicht. 2) „Heinricus Italicus, incliti regis Boemie notarius“ beschwert sich offenbar bei seinen im Capitel versammelten Wyšehrader Mitdom- herren und Freunden über die Nachstellungen, die ihm seine Feinde bereiten, und da um diese Zeit kein anderer gleichnamiger Domherr im Wyšehrader Capitel bekannt ist als der Protonotar Heinrich, so dürfte es nicht unstatthaft sein auch aus diesem Grunde auf die Identität der Person für beide Namen zu schliessen. Unsere Beweisführung hat wol nicht überall eine zwingende Uiberzeugungskraft, wie dies bei den undatirten mit vielen willkürlichen Zusätzen versehenen Formeln auch nicht anders sein konnte; aber das wird man ihr nicht absprechen können, dass sie bemüht war, den so oft behandelten Gegenstand möglichst erschöpfend zu behandeln, und dass sie auch das richtige getroffen haben dürfte. . 8. Das übrige Kanzleipersonale Premysl Ottokars II. Es unterliegt keinem Zweifel, dass neben den Kanzlern und den Protonotaren in der königlichen Hofkanzlei auch andere Personen beschäftigt waren. Denn die Agenda derselben in einem so grossen Reiche, wie das des Königs Ottokar war, ist sicher so bedeutend gewesen, dass man sich das Kanzlei- personale ziemlich zahlreich vorstellen muss, wenn auch in jener Zeit verhältnissmässig we- niger geschrieben wurde als jetzt. Es gab in derselben sicher Reinschreiber der Urkunden und wahrscheinlich auch Registratoren. Dass die Zahl der ersteren durch die ganze Regie- rungszeit nicht klein war, zeigen uns die bis jetzt erhaltenen Originalurkunden, von denen überdies wichtigere Stücke in mehreren Exemplaren verfasst und an verschiedenen Orten 1) Reg. Boh. II, N. 2632. 2) Voigt, das urkundliche Formelbuch des Heinricus Ital. S. 9.
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37 aufbewahrt zu werden pflegten. 1) Dass die aus der königl. Kanzlei an die Parteien aus- gefolgten Urkunden in ein Register eingetragen wurden, geht aus der Formel (Regesta Bo- hemiae II, N. 1182) hervor, wo wir lesen: „Ceterum quia dictum arbitrium, — in registro curie est notatum, — mandamus corrigentes, quod dictus dominus P. Wissegrad. prepo- situs una cum d. C. decano totoque capitulo — d. Ottonem inclitum marchionem Branden- burg. tutorem d. Wenceslai — adeant, et suppliciter postulent, ut dicti arbitrii — trans- scriptum in registro contentum per cassatorias lineas, ut moris est, debeat facere annullari." Leider sind die Nachrichten über das untergeordnetere Kanzleipersonale jener Zeit sehr spärlich. In der feierlichen Privilegienbestätigung für das Prager St. Georgskloster wird am 30. Jän. 1262 der Schreiber Emmeramus (Emmerami scriptoris), im J. 1269 die notarii curiae Lambert und Philipp und im J. 1273 der notarius aulae Johannes angeführt. Dieser kommt in einer Urkunde des Klosters Saar als Datar vor; wir erklären uns diese Unregelmässig- keit durch den Umstand, dass das Schriftstück beim Beginn des Feldzuges gegen die Ungarn ausgestellt wurde, und dass, wie es scheint, der Kanzler nicht zugegen war. Neben dem Hofkanzleipersonale gab es auch eine ganze Reihe anderer Notare, die vom Könige eine mehr oder weniger abhängige Stellung hatten. Vor allem sind zu nennen die Landschreiber (notarii terrae), die das Schriftwesen bei dem Landrechte leiteten. In Böhmen waren es zur Zeit Ottokars II. Prisnobor (1257), Wenzel (1264) und in den letzten Jahren der Regierung Přemysl Ottokars II. wahrscheinlich Welislaw, der jedoch als Land- schreiber erst im J. 1279 genannt wird. In den öster. Ländern ist vorzüglich hervorzuheben Witego, scriba Stiriae, dann als scriba Anasi bekannt, der schon in Diensten Friedrichs II, Herzogs von Oesterreich, stand und im J. 1256 im Refectorium des Klosters St. Florian von Ortolf von Volchenstorf ermordet wurde. In der Hofkanzlei war er jedoch sicher nicht bedienstet. In derselben Eigenschaft kommt nach Witego Heinrich von Hag in den J. 1257—1272 und neben ihm mit dem Jahre 1264 Konrad, Pfarrer zu Hartberg. In Mähren begegnen uns in dieser Zeit Notare bei den Kreisgerichten oder Czuden. Uiberdies gab es not. camerae monetae, bernae, steurae, proscriptorum und sogar Küchenschreiber, welche alle natürlich mit der Hofkanzlei in keiner Verbindung standen. Bevor wir zur Darstellung des böhmischen Kanzleiwesens unter Wenzel II. über- gehen, sei nur noch bemerkt, dass sich unser Wissen über diesen Gegenstand in der Vor- mundschaftsperiode des Markgrafen Otto von Brandenburg blos auf die Thatsache beschränkt, dass der Wysehrader Probst Peter den Titel Kanzler von Böhmen und der Wyšehrader Dom- herr Mag. Heinrich (im J. 1279) den Titel Protonotar des Königreichs Böhmen fortführen, dass jedoch keine Spur der wirklichen Theilnahme derselben an den Kanzleigeschäften vorhan- den sind. Nur Mag. Peter datirt am 9. Okt. 1287 eine Urkunde der Königin Kunigunde für Einen höchst interessanten Beitrag zur Kenutniss dieser Verhältnisse finden wir in einer Formel des Prager Capitel- und des Königsberger Codex, wo es heisst: quod arbitrium — — vel sententia — — in pluribus cartis scriptum vel scripta fuerit — — et per diversas ecclesias atque loca depositum vel deposita — — landamus, quod omnes ille carte predicte in conspectu omnium nostrum in capitulo Wissegradensi per prefatum dominum Wissegrad. prepositum ferantur coram nobis, ibidem cum sigilla appensa fuerint in eis, insimul laniande, ita quod deinceps ipsius arbitrii — memoria non subsistat. (Reg. Boh. II, N. 1182.)
37 aufbewahrt zu werden pflegten. 1) Dass die aus der königl. Kanzlei an die Parteien aus- gefolgten Urkunden in ein Register eingetragen wurden, geht aus der Formel (Regesta Bo- hemiae II, N. 1182) hervor, wo wir lesen: „Ceterum quia dictum arbitrium, — in registro curie est notatum, — mandamus corrigentes, quod dictus dominus P. Wissegrad. prepo- situs una cum d. C. decano totoque capitulo — d. Ottonem inclitum marchionem Branden- burg. tutorem d. Wenceslai — adeant, et suppliciter postulent, ut dicti arbitrii — trans- scriptum in registro contentum per cassatorias lineas, ut moris est, debeat facere annullari." Leider sind die Nachrichten über das untergeordnetere Kanzleipersonale jener Zeit sehr spärlich. In der feierlichen Privilegienbestätigung für das Prager St. Georgskloster wird am 30. Jän. 1262 der Schreiber Emmeramus (Emmerami scriptoris), im J. 1269 die notarii curiae Lambert und Philipp und im J. 1273 der notarius aulae Johannes angeführt. Dieser kommt in einer Urkunde des Klosters Saar als Datar vor; wir erklären uns diese Unregelmässig- keit durch den Umstand, dass das Schriftstück beim Beginn des Feldzuges gegen die Ungarn ausgestellt wurde, und dass, wie es scheint, der Kanzler nicht zugegen war. Neben dem Hofkanzleipersonale gab es auch eine ganze Reihe anderer Notare, die vom Könige eine mehr oder weniger abhängige Stellung hatten. Vor allem sind zu nennen die Landschreiber (notarii terrae), die das Schriftwesen bei dem Landrechte leiteten. In Böhmen waren es zur Zeit Ottokars II. Prisnobor (1257), Wenzel (1264) und in den letzten Jahren der Regierung Přemysl Ottokars II. wahrscheinlich Welislaw, der jedoch als Land- schreiber erst im J. 1279 genannt wird. In den öster. Ländern ist vorzüglich hervorzuheben Witego, scriba Stiriae, dann als scriba Anasi bekannt, der schon in Diensten Friedrichs II, Herzogs von Oesterreich, stand und im J. 1256 im Refectorium des Klosters St. Florian von Ortolf von Volchenstorf ermordet wurde. In der Hofkanzlei war er jedoch sicher nicht bedienstet. In derselben Eigenschaft kommt nach Witego Heinrich von Hag in den J. 1257—1272 und neben ihm mit dem Jahre 1264 Konrad, Pfarrer zu Hartberg. In Mähren begegnen uns in dieser Zeit Notare bei den Kreisgerichten oder Czuden. Uiberdies gab es not. camerae monetae, bernae, steurae, proscriptorum und sogar Küchenschreiber, welche alle natürlich mit der Hofkanzlei in keiner Verbindung standen. Bevor wir zur Darstellung des böhmischen Kanzleiwesens unter Wenzel II. über- gehen, sei nur noch bemerkt, dass sich unser Wissen über diesen Gegenstand in der Vor- mundschaftsperiode des Markgrafen Otto von Brandenburg blos auf die Thatsache beschränkt, dass der Wysehrader Probst Peter den Titel Kanzler von Böhmen und der Wyšehrader Dom- herr Mag. Heinrich (im J. 1279) den Titel Protonotar des Königreichs Böhmen fortführen, dass jedoch keine Spur der wirklichen Theilnahme derselben an den Kanzleigeschäften vorhan- den sind. Nur Mag. Peter datirt am 9. Okt. 1287 eine Urkunde der Königin Kunigunde für Einen höchst interessanten Beitrag zur Kenutniss dieser Verhältnisse finden wir in einer Formel des Prager Capitel- und des Königsberger Codex, wo es heisst: quod arbitrium — — vel sententia — — in pluribus cartis scriptum vel scripta fuerit — — et per diversas ecclesias atque loca depositum vel deposita — — landamus, quod omnes ille carte predicte in conspectu omnium nostrum in capitulo Wissegradensi per prefatum dominum Wissegrad. prepositum ferantur coram nobis, ibidem cum sigilla appensa fuerint in eis, insimul laniande, ita quod deinceps ipsius arbitrii — memoria non subsistat. (Reg. Boh. II, N. 1182.)
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38 den Johanniterorden, obgleich er sich schon mehrere Jahre von den Geschäften zurückge- zogen hat, was dadurch erklärt werden kann, dass die Königin den erst vor wenigen Tagen aus der Haft entlassenen Protonotar zu dem Akte nicht herbeiziehen wollte. II. Die Kanzlei Wenzels II. a) Die Kanzler. 1. Mag. Peter. Nach der Besitzergreifung des väterlichen Thrones durch Wenzel II. (1283) blieb die Kanzlerwürde bis zum Jahre 1288, vielleicht noch bis zum J. 1289, bei Mag. Peter, dem bekannten Kanzler von Böhmen in den letzten Jahren Přemysl Ottokars II., der sich jedoch von den Kanzleigeschäften auch unter Wenzel II. gänzlich fernhielt; denn keine einzige Urkunde des letzteren Königs trägt eine Spur der Theilnahme desselben bei ihrer Ausfertigung. Dieselbe Erscheinung wiederholt sich bei Peters Nachfolger 2. Johann, einem Stiefbruder des Königs. Als Probst von Wyšehrad und königlicher Kanzler erscheint dieser das erstemal in einer Urkunde vom 21. Nov. 1290,1) in welcher er dem Plasser Kloster den Ankauf gewisser Gründe von seinem Vorgänger Mag. Dionysius gegen eine nachträgliche Zahlung von 2 Mark Gold bestätigt. Aus den vorhandenen Urkun- den kann man sehen, dass er sich wol immer des Titels cancellarius bediente, aber an den Kanzleigeschäften des böhmischen Hofes gar keine Theilnahme hatte; denn als Datar kommt er niemals vor, wol aber einigemal als Zeuge bei wichtigen Staatsacten. Eine besondere Sorgfalt scheint er der Hebung der Landwirthschaft auf den Gütern der Probstei zugewen- det zu haben, die er äusserst vernachlässigt vorfand, indem bei keinem Hofe ein Fundus instructus vorhanden war (ad informationem araturarum, quarum nullam invenimus informatam). In gleicher Absicht war Johann bemüht die Güter zu arondiren und die Einnahmen der Probstei zu vermehren. 2) Nach Thobias' Tode 1295 wollte ihm der Bruder das Prager Bis- thum zuführen, was ohne päpstliche Dispens nicht durchführbar war. Deshalb rieth der Probst von Sadská und Protonotar von Mähren dem Könige Wenzel II., diesmal den alten Prager Domdechant Gregor auf den bischöflichen Sitz zu erheben und Johann erst nach dem Tode desselben mit dem Bisthum zu bedenken. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt, sagt der Chronist; denn obgleich er jung war, so starb er doch früher als der Greis. 3) Der Probst Johann oder Ješek starb nämlich am 26. Aug. 1296. 4) Gewöhnlich wird angenommen, dass dieser Probst von Wyšehrad der Sohn des Záwiš und der Königin Kunigunde war, doch uns scheint er ein natürlicher Sohn Premysl Otto- kars II. zu sein, der wahrscheinlich älter als Wenzel II. war. Dass Probst Johann ein Bruder Wenzels II. war; davon berichtet uns der sonst gut unterrichtete gleichzeitige Annalist Hein- rich von Heimburg an der oben angeführten Stelle; dass er nur ein natürlicher Bruder des 1) Reg. Boh. II, N. 1521. 2) Reg. Boh. II, N. 1588, 1625, 1686 und 1707. Francisci chron. Ss. rer. Boh. II, 66. 4) Obiit frater regis Jessko, prepositus Wyssegradensis. Ann. Heinrici Heimburg. Fortes rer. Boh. III, 321.
38 den Johanniterorden, obgleich er sich schon mehrere Jahre von den Geschäften zurückge- zogen hat, was dadurch erklärt werden kann, dass die Königin den erst vor wenigen Tagen aus der Haft entlassenen Protonotar zu dem Akte nicht herbeiziehen wollte. II. Die Kanzlei Wenzels II. a) Die Kanzler. 1. Mag. Peter. Nach der Besitzergreifung des väterlichen Thrones durch Wenzel II. (1283) blieb die Kanzlerwürde bis zum Jahre 1288, vielleicht noch bis zum J. 1289, bei Mag. Peter, dem bekannten Kanzler von Böhmen in den letzten Jahren Přemysl Ottokars II., der sich jedoch von den Kanzleigeschäften auch unter Wenzel II. gänzlich fernhielt; denn keine einzige Urkunde des letzteren Königs trägt eine Spur der Theilnahme desselben bei ihrer Ausfertigung. Dieselbe Erscheinung wiederholt sich bei Peters Nachfolger 2. Johann, einem Stiefbruder des Königs. Als Probst von Wyšehrad und königlicher Kanzler erscheint dieser das erstemal in einer Urkunde vom 21. Nov. 1290,1) in welcher er dem Plasser Kloster den Ankauf gewisser Gründe von seinem Vorgänger Mag. Dionysius gegen eine nachträgliche Zahlung von 2 Mark Gold bestätigt. Aus den vorhandenen Urkun- den kann man sehen, dass er sich wol immer des Titels cancellarius bediente, aber an den Kanzleigeschäften des böhmischen Hofes gar keine Theilnahme hatte; denn als Datar kommt er niemals vor, wol aber einigemal als Zeuge bei wichtigen Staatsacten. Eine besondere Sorgfalt scheint er der Hebung der Landwirthschaft auf den Gütern der Probstei zugewen- det zu haben, die er äusserst vernachlässigt vorfand, indem bei keinem Hofe ein Fundus instructus vorhanden war (ad informationem araturarum, quarum nullam invenimus informatam). In gleicher Absicht war Johann bemüht die Güter zu arondiren und die Einnahmen der Probstei zu vermehren. 2) Nach Thobias' Tode 1295 wollte ihm der Bruder das Prager Bis- thum zuführen, was ohne päpstliche Dispens nicht durchführbar war. Deshalb rieth der Probst von Sadská und Protonotar von Mähren dem Könige Wenzel II., diesmal den alten Prager Domdechant Gregor auf den bischöflichen Sitz zu erheben und Johann erst nach dem Tode desselben mit dem Bisthum zu bedenken. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt, sagt der Chronist; denn obgleich er jung war, so starb er doch früher als der Greis. 3) Der Probst Johann oder Ješek starb nämlich am 26. Aug. 1296. 4) Gewöhnlich wird angenommen, dass dieser Probst von Wyšehrad der Sohn des Záwiš und der Königin Kunigunde war, doch uns scheint er ein natürlicher Sohn Premysl Otto- kars II. zu sein, der wahrscheinlich älter als Wenzel II. war. Dass Probst Johann ein Bruder Wenzels II. war; davon berichtet uns der sonst gut unterrichtete gleichzeitige Annalist Hein- rich von Heimburg an der oben angeführten Stelle; dass er nur ein natürlicher Bruder des 1) Reg. Boh. II, N. 1521. 2) Reg. Boh. II, N. 1588, 1625, 1686 und 1707. Francisci chron. Ss. rer. Boh. II, 66. 4) Obiit frater regis Jessko, prepositus Wyssegradensis. Ann. Heinrici Heimburg. Fortes rer. Boh. III, 321.
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39 böhm. Königs war, können wir aus der Chronik des Domherrn Franz (Ss. II, 66) entnehmen, wo es heisst: „Tobia defuncto, rex Wenceslaus, d. Johannem, fratrem suum, bastardum, et non legitimum, praepositum Wissegradensem, nitebatur promovere.“ Dass er nicht der Sohn des Záwis war, lässt sich aus folgenden Umständen glaubwürdig machen. Der Chronist von Königsaal, der die Verhältnisse der böhm. Königsfamilie vorzüglich kannte, sagt von dem Sohne des Záwiš "hic successu temporis factus adolescentior seculo abrenunccians religiosa veste se induit, et in ordinem cruciferorum Christo militans in bonis actibus dies suos feli- citer consumavit.“ 1) Franz, Domherr von Prag, sagt kürzer, aber fast mit gleichen Worten dasselbe und ebenso Beneš von Weitmil. Auch Pulkawa sagt „qui postea factus est cruci- fer“, fügt aber wahrscheinlich nach der Reimchronik bei "de domo thevtonica et commendator per Boemiam generalis.“ Diesen Wortlaut hat die älteste Czartoriskische Handschrift des Pulkawa, spätere Handschriften haben "commendator per Almaniam et Boemiam generalis. Wenn der Sohn des Záwis Probst von Wyšehrad geworden wäre, so hätte der Königsaaler Chronist davon Kenntniss gehabt, und dann hätte er nicht die Nachricht bringen können, dass er später ein Kreuzherr wurde. Der Domherr Franz, der wie im Ganzen so auch in diesem Falle dem Chronicon Aulae Regiae folgt, hat über Johann, Probst von Wyšehrad, noch die oben erwähnte Stelle, dass ihm Wenzel II. nach dem Tode des Prager Bischofs Thobias diesen Bischofsitz zuführen wollte, die in der Königsaaler Chronik nicht vorkommt. Da er diese Nachrichten in keine Verbindung bringt, so scheint er dadurch zwei Brüder des Königs Wenzel II. von einander zu unterscheiden. — Auch der Reimchronist Ottokar weiss nur, dass Záwis's Sohn ein deutscher Ritter wurde; dass er zum Wyšehrader Probst erhoben worden wäre, ist ihm nicht bekannt, ja durch den Zusatz, dass den Sohn des Záwis nach der Abreise nach Preussen in Böhmen niemand mehr gesehen hat, ist die Annahme, dass er Probst von Wyšehrad wurde, ausgeschlossen. 2) Der Sohn der Kunigunde und des Záwis war in der zweiten Hälfte des Jahres 1280 h oder gar erst im J. 1281 geboren; er würde also im 9. oder 10. Lebensjahre Probst geworden sein. In jener Zeit gehört dies wol nicht zur Unmöglichkeit, aber es gibt einige Umstände, die es unwahrscheinlich erscheinen lassen. Ich kann mir nicht gut denken, dass Wenzel II. in der Zeit, wo er den Vater gefangen hielt oder hat hinrichten lassen, den Sohn desselben zu einer Würde befördert hätte, die sie in häufigere Berührung mit einander bringen konnte, am 1e Chronicon Aulae Reg. Dobner, Mon. V, 49. Der Reimchronist erzählt (Pez, Ss. III, S. 191), man habe dem Könige Wenzel II. gerathen, den Sohn des Zawiš zu tödten, der König habe jedoch diesem Ansinnen aus dem Grunde widersprochen, weil sie beide aus einer Mutter entsprossen sind, und fügt bei, dass der böhm. König seinen Bruder den deutschen Rittern übergab, die ihn nach Preussen mitnahmen. Die Worte des Chronisten sind: Doch wolt er in hie nicht lan, Er antwurt san Denn Dewczschen Herren in, Daz sy in furten hin Mit in hincz Prewssen ; Jaeschinn den Hewssen Hie zu Pehaim niempt mer gesah, Sunst schuef ym der Kunig gemach. ohneman evat tiabelnast
39 böhm. Königs war, können wir aus der Chronik des Domherrn Franz (Ss. II, 66) entnehmen, wo es heisst: „Tobia defuncto, rex Wenceslaus, d. Johannem, fratrem suum, bastardum, et non legitimum, praepositum Wissegradensem, nitebatur promovere.“ Dass er nicht der Sohn des Záwis war, lässt sich aus folgenden Umständen glaubwürdig machen. Der Chronist von Königsaal, der die Verhältnisse der böhm. Königsfamilie vorzüglich kannte, sagt von dem Sohne des Záwiš "hic successu temporis factus adolescentior seculo abrenunccians religiosa veste se induit, et in ordinem cruciferorum Christo militans in bonis actibus dies suos feli- citer consumavit.“ 1) Franz, Domherr von Prag, sagt kürzer, aber fast mit gleichen Worten dasselbe und ebenso Beneš von Weitmil. Auch Pulkawa sagt „qui postea factus est cruci- fer“, fügt aber wahrscheinlich nach der Reimchronik bei "de domo thevtonica et commendator per Boemiam generalis.“ Diesen Wortlaut hat die älteste Czartoriskische Handschrift des Pulkawa, spätere Handschriften haben "commendator per Almaniam et Boemiam generalis. Wenn der Sohn des Záwis Probst von Wyšehrad geworden wäre, so hätte der Königsaaler Chronist davon Kenntniss gehabt, und dann hätte er nicht die Nachricht bringen können, dass er später ein Kreuzherr wurde. Der Domherr Franz, der wie im Ganzen so auch in diesem Falle dem Chronicon Aulae Regiae folgt, hat über Johann, Probst von Wyšehrad, noch die oben erwähnte Stelle, dass ihm Wenzel II. nach dem Tode des Prager Bischofs Thobias diesen Bischofsitz zuführen wollte, die in der Königsaaler Chronik nicht vorkommt. Da er diese Nachrichten in keine Verbindung bringt, so scheint er dadurch zwei Brüder des Königs Wenzel II. von einander zu unterscheiden. — Auch der Reimchronist Ottokar weiss nur, dass Záwis's Sohn ein deutscher Ritter wurde; dass er zum Wyšehrader Probst erhoben worden wäre, ist ihm nicht bekannt, ja durch den Zusatz, dass den Sohn des Záwis nach der Abreise nach Preussen in Böhmen niemand mehr gesehen hat, ist die Annahme, dass er Probst von Wyšehrad wurde, ausgeschlossen. 2) Der Sohn der Kunigunde und des Záwis war in der zweiten Hälfte des Jahres 1280 h oder gar erst im J. 1281 geboren; er würde also im 9. oder 10. Lebensjahre Probst geworden sein. In jener Zeit gehört dies wol nicht zur Unmöglichkeit, aber es gibt einige Umstände, die es unwahrscheinlich erscheinen lassen. Ich kann mir nicht gut denken, dass Wenzel II. in der Zeit, wo er den Vater gefangen hielt oder hat hinrichten lassen, den Sohn desselben zu einer Würde befördert hätte, die sie in häufigere Berührung mit einander bringen konnte, am 1e Chronicon Aulae Reg. Dobner, Mon. V, 49. Der Reimchronist erzählt (Pez, Ss. III, S. 191), man habe dem Könige Wenzel II. gerathen, den Sohn des Zawiš zu tödten, der König habe jedoch diesem Ansinnen aus dem Grunde widersprochen, weil sie beide aus einer Mutter entsprossen sind, und fügt bei, dass der böhm. König seinen Bruder den deutschen Rittern übergab, die ihn nach Preussen mitnahmen. Die Worte des Chronisten sind: Doch wolt er in hie nicht lan, Er antwurt san Denn Dewczschen Herren in, Daz sy in furten hin Mit in hincz Prewssen ; Jaeschinn den Hewssen Hie zu Pehaim niempt mer gesah, Sunst schuef ym der Kunig gemach. ohneman evat tiabelnast
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40 und dass er die Anwesenheit desselben beim Hofe hätte wünschen können. Uiber dies erscheint der Probst Johann neben andern hochangesehenen Personen bei wichtigen Staatsacten, zu denen er als 10- oder 11jähriger Knabe kaum herbeigezogen worden wäre, besonders wenn der- artige Handlungen in der Fremde vor sich gingen. So finden wir ihn z. B. als Zeugen in der in Olmütz ausgefertigten Verschreibung, in welcher die Herzoge von Oppeln, Mesco und Boleslaw, Wenzel II. gegen jedermann zu unterstützen versprechen. Probst Johann ist auch Zeuge der in Sierads ausgestellten Urkunde, in der Herzog Wladislaw Wenzel II. seine Hul- digung darbringt und ihn als seinen Oberherrn anerkennt. Dies geschah nach einem längeren Feldzuge, in dem die Stadt Sierads mit Gewalt genommen wurde. Das zwölfjährige Kind, den Sohn des Záwiš, hätte man kaum in den Krieg mitgenommen. 1) Probst Johann disponirt ganz selbstständig über die Güter der Präpositur, acquirirt und veräussert dieselben, so dass man bei dieser Selbstständigkeit an das Knabenalter desselben nicht recht denken kann. 2) Dagegen ist die Ansicht Dudiks richtig, dass Probst Johann am königlichen Hofe im Ansehen stand und dass er sich factisch in keiner ämtlichen Stellung (als Probst) befand, d. h. dass er wol im Genusse der Einkünfte der Probstei war, ohne die Weihen erhalten zu haben. Dies geht aus zwei von ihm ausgestellten Urkunden von 11. Mai 1295 und 27. Jän. 1296 hervor, wo er die ihm von dem Leitomischler und Hradišter Kloster zur Nutzniessung über- wiesenen Güter zurückzuerstatten verspricht, wenn er seinen Stand ändern sollte. 3) Aus die- sen Stellen geht zugleich hervor, dass Probst Johann noch zu Anfang des Jahres 1296 in der Lage war seinen Stand zu ändern und dass er damals noch kein Mönch war, und wir glauben, dass er auch in den übrigen sieben Monaten seines Lebens kein Mönch wurde. Aus dem Gesagten dürfen wir folgern, dass der Wyšehrader Probst Johann ein Seitenkind Pře- mysl Ottokars II, also eine von dem gleichnamigen Sohne der Königin Kunigunde und des Záwis verschiedene Person war. 3. Peter von Aspelt. Probst Johann starb am 26. August 1296, und noch in dem- selben Jahre oder in den ersten drei Monaten des folgenden Jahres nahm seine Stelle Ma- gister Peter von Aspelt ein, ein hochbegabter gelehrter Mann, eine eminent politische Capa- cität, die nicht blos in die Geschicke Böhmens sondern auch des römischen Reiches mit klugem Sinne fast durch zwei Decennien bestimmend eingriff 4). Peter von Aspelt war in Aspelt in der Nähe von Luxemburg geboren, woher er auch seinen Zunamen Aspelter oder Aichspalter erhalten hat. In der Jugend scheint er Studien in Paris gemacht zu haben, die sich nicht blos auf die Theologie und Philosophie, sondern auch auf die Arzneikunde erstreckten. Im J. 1280 war er Pfarrer zu Riol und Birthingen und Scholasticus bei St. Simeon in Trier und 6 Jahre darauf (6. Sept. 1286) bekleidete er die Stelle eines Leibarztes und Caplans am Hofe Rudolfs von Habsburg (ser. d. Rom. regis illustris phisicus ac capellanus . occu- 2) *) 1) Reg. Boh. II, N. 1530, 1592, 1653. Reg. Boh. II, N. 1521, 1588, 1648. Reg. Boh. II, N. 1686. „Si nos, dum uixerimus, continget ad altiorem ecclesiasticum aut secularem gradum uel regularem statum promueri.“ — Ibidem, N. 1707. „Si nos deo favente per susceptionem superioris dignitatis seu statum nostrum, monachalem uel laicalem habitum assumendo, mutare con- tigerit.“ Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann. Von Dr. Julius Heidemann. Berl. 1875.
40 und dass er die Anwesenheit desselben beim Hofe hätte wünschen können. Uiber dies erscheint der Probst Johann neben andern hochangesehenen Personen bei wichtigen Staatsacten, zu denen er als 10- oder 11jähriger Knabe kaum herbeigezogen worden wäre, besonders wenn der- artige Handlungen in der Fremde vor sich gingen. So finden wir ihn z. B. als Zeugen in der in Olmütz ausgefertigten Verschreibung, in welcher die Herzoge von Oppeln, Mesco und Boleslaw, Wenzel II. gegen jedermann zu unterstützen versprechen. Probst Johann ist auch Zeuge der in Sierads ausgestellten Urkunde, in der Herzog Wladislaw Wenzel II. seine Hul- digung darbringt und ihn als seinen Oberherrn anerkennt. Dies geschah nach einem längeren Feldzuge, in dem die Stadt Sierads mit Gewalt genommen wurde. Das zwölfjährige Kind, den Sohn des Záwiš, hätte man kaum in den Krieg mitgenommen. 1) Probst Johann disponirt ganz selbstständig über die Güter der Präpositur, acquirirt und veräussert dieselben, so dass man bei dieser Selbstständigkeit an das Knabenalter desselben nicht recht denken kann. 2) Dagegen ist die Ansicht Dudiks richtig, dass Probst Johann am königlichen Hofe im Ansehen stand und dass er sich factisch in keiner ämtlichen Stellung (als Probst) befand, d. h. dass er wol im Genusse der Einkünfte der Probstei war, ohne die Weihen erhalten zu haben. Dies geht aus zwei von ihm ausgestellten Urkunden von 11. Mai 1295 und 27. Jän. 1296 hervor, wo er die ihm von dem Leitomischler und Hradišter Kloster zur Nutzniessung über- wiesenen Güter zurückzuerstatten verspricht, wenn er seinen Stand ändern sollte. 3) Aus die- sen Stellen geht zugleich hervor, dass Probst Johann noch zu Anfang des Jahres 1296 in der Lage war seinen Stand zu ändern und dass er damals noch kein Mönch war, und wir glauben, dass er auch in den übrigen sieben Monaten seines Lebens kein Mönch wurde. Aus dem Gesagten dürfen wir folgern, dass der Wyšehrader Probst Johann ein Seitenkind Pře- mysl Ottokars II, also eine von dem gleichnamigen Sohne der Königin Kunigunde und des Záwis verschiedene Person war. 3. Peter von Aspelt. Probst Johann starb am 26. August 1296, und noch in dem- selben Jahre oder in den ersten drei Monaten des folgenden Jahres nahm seine Stelle Ma- gister Peter von Aspelt ein, ein hochbegabter gelehrter Mann, eine eminent politische Capa- cität, die nicht blos in die Geschicke Böhmens sondern auch des römischen Reiches mit klugem Sinne fast durch zwei Decennien bestimmend eingriff 4). Peter von Aspelt war in Aspelt in der Nähe von Luxemburg geboren, woher er auch seinen Zunamen Aspelter oder Aichspalter erhalten hat. In der Jugend scheint er Studien in Paris gemacht zu haben, die sich nicht blos auf die Theologie und Philosophie, sondern auch auf die Arzneikunde erstreckten. Im J. 1280 war er Pfarrer zu Riol und Birthingen und Scholasticus bei St. Simeon in Trier und 6 Jahre darauf (6. Sept. 1286) bekleidete er die Stelle eines Leibarztes und Caplans am Hofe Rudolfs von Habsburg (ser. d. Rom. regis illustris phisicus ac capellanus . occu- 2) *) 1) Reg. Boh. II, N. 1530, 1592, 1653. Reg. Boh. II, N. 1521, 1588, 1648. Reg. Boh. II, N. 1686. „Si nos, dum uixerimus, continget ad altiorem ecclesiasticum aut secularem gradum uel regularem statum promueri.“ — Ibidem, N. 1707. „Si nos deo favente per susceptionem superioris dignitatis seu statum nostrum, monachalem uel laicalem habitum assumendo, mutare con- tigerit.“ Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann. Von Dr. Julius Heidemann. Berl. 1875.
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41 patus circa servicium domini nostri regis Romanorum). Am 4. Apr. 1289 bestätigte ihm Papst Nicolaus IV. die Probstei zu Bingen, die Canonicate zu Mainz und Speier und ertheilte ihm zu Ehren des römischen Königs die Probstei in Trier. Und da er überdies die Einkünfte der Präpositur zu Bingen, der Scholastrie bei S. Simeon zu Trier, der Pfarreien zu Riol und Birthingen bezogen hat, mit welchen die Seelsorge verbunden war, die er aber nicht versah, so bestimmte der Papst, dass Peter zum Wiederersatz der Einkünfte von diesen Beneficien nicht verhalten werden dürfe. Zugleich spricht er ihn von dem Verdachte des Diebstahls frei, den man gegen ihn wegen Nutzniessung dieser Beneficien erheben könnte, da er sie ohne Ein- holung der päpstlichen Dispens besass. Peter von Aspelt blieb wol in Diensten des römischen Königs Rudolf bis zu dessen Tode, dann trat er wahrscheinlich in ein gleiches Verhältniss zu seinen Söhnen; denn die bisher allgemein angenommene Ansicht, dass er schon im J. 1289 Protonotar des Königs von Böhmen wurde, ist, wie wir weiter unten zeigen werden, unrichtig. 1) Einige Jahre hindurch haben wir über diesen Mann keine Nachrichten, erst am 26. Dezember 1296 tritt er uns in einer Urkunde als Bischof von Basel entgegen. 2) Die hohe Kirchenwürde wurde ihm durch päpstliche Provision (wol nicht ohne Zuthun Albrechts von Oesterreich) nach dem am 6. September 1296 erfolgten Tode Peters von Reichenstein zu Theil. Um dieselbe Zeit oder nicht viel später übertrug ihm König Wenzel II. die Wyšehrader Probstei und die mit derselben verbundene böhmische Kanzlerwürde, und vielleicht durch Ein- fluss des Königs erhielt er auch damals eine Domherrenstelle bei der Prager Kirche. Die erste urkundliche Nachricht über Peter von Aspelt als Probst von Wysehrad und Canonicus der Prager Kirche haben wir vom 1. April 1297 in einer Bulle Bonifac VIII. Durch diese gestattet ihm der Pabst die Probsteien von Trier, Wyšehrad und Bingen so wie die Canonicate von Prag und Utrecht, die er zur Zeit seiner Erhebung auf den Bischofsstuhl besass, aber in Folge derselben aufgeben sollte, noch durch 5 Jahre zu behalten. Diese Begünstigung erwirkte sich Peter bei seiner Anwesenheit in Rom; denn es scheint, dass er im Auftrage des böhmi- schen Königs eine Reise zur päpstlichen Curie unternahm. Peter tritt da in beiden Eigen- schaften auf, in denen er an den Hof Wenzels II. berufen war, nämlich als Diplomat und als Arzt. In ersterer Eigenschaft hatte er von dem Papste die Erlaubniss zu einer Krönungs- steuer von allen geistlichen Körperschaften und ihrem Besitz zu erbitten, in zweiter eine Dispens von den strengen Quadragesimalfasten, in denen weder Fleisch noch Eier oder Milch genossen werden durften, zu erwirken. In beiden Richtungen ist seine Sendung von Erfolg gekrönt worden, wie wir dies aus den vom Papste Bonifac VIII. für Wenzel II. am 31. März 1297 ausgestellten Bullen sehen können.3) Die politische Bedeutung der Berufung Peters von Aspelt an den böhmischen Hof wurde durch Lorenz, Heidemann und Dudík erschöpfend behandelt; er war der Repräsen- tant der stattgefundenen Wandlung in Wenzels II. Politik zum römischen Reiche und des 1) Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrh. II, 2, S. 620, 621. — Kopp, Geschichtsblätter aus der Schweiz I, 108, 109. — Heidemann, Forsch. zur deutsch. Gesch. B. IX, S. 271 und derselbe, Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann S. 12. 2) Trouillat, Monuments de l'histoire de l'ancien évêché de Bale II, N. 497. 3) Reg. Boh. dipl. II, N. 1745—1747. 6
41 patus circa servicium domini nostri regis Romanorum). Am 4. Apr. 1289 bestätigte ihm Papst Nicolaus IV. die Probstei zu Bingen, die Canonicate zu Mainz und Speier und ertheilte ihm zu Ehren des römischen Königs die Probstei in Trier. Und da er überdies die Einkünfte der Präpositur zu Bingen, der Scholastrie bei S. Simeon zu Trier, der Pfarreien zu Riol und Birthingen bezogen hat, mit welchen die Seelsorge verbunden war, die er aber nicht versah, so bestimmte der Papst, dass Peter zum Wiederersatz der Einkünfte von diesen Beneficien nicht verhalten werden dürfe. Zugleich spricht er ihn von dem Verdachte des Diebstahls frei, den man gegen ihn wegen Nutzniessung dieser Beneficien erheben könnte, da er sie ohne Ein- holung der päpstlichen Dispens besass. Peter von Aspelt blieb wol in Diensten des römischen Königs Rudolf bis zu dessen Tode, dann trat er wahrscheinlich in ein gleiches Verhältniss zu seinen Söhnen; denn die bisher allgemein angenommene Ansicht, dass er schon im J. 1289 Protonotar des Königs von Böhmen wurde, ist, wie wir weiter unten zeigen werden, unrichtig. 1) Einige Jahre hindurch haben wir über diesen Mann keine Nachrichten, erst am 26. Dezember 1296 tritt er uns in einer Urkunde als Bischof von Basel entgegen. 2) Die hohe Kirchenwürde wurde ihm durch päpstliche Provision (wol nicht ohne Zuthun Albrechts von Oesterreich) nach dem am 6. September 1296 erfolgten Tode Peters von Reichenstein zu Theil. Um dieselbe Zeit oder nicht viel später übertrug ihm König Wenzel II. die Wyšehrader Probstei und die mit derselben verbundene böhmische Kanzlerwürde, und vielleicht durch Ein- fluss des Königs erhielt er auch damals eine Domherrenstelle bei der Prager Kirche. Die erste urkundliche Nachricht über Peter von Aspelt als Probst von Wysehrad und Canonicus der Prager Kirche haben wir vom 1. April 1297 in einer Bulle Bonifac VIII. Durch diese gestattet ihm der Pabst die Probsteien von Trier, Wyšehrad und Bingen so wie die Canonicate von Prag und Utrecht, die er zur Zeit seiner Erhebung auf den Bischofsstuhl besass, aber in Folge derselben aufgeben sollte, noch durch 5 Jahre zu behalten. Diese Begünstigung erwirkte sich Peter bei seiner Anwesenheit in Rom; denn es scheint, dass er im Auftrage des böhmi- schen Königs eine Reise zur päpstlichen Curie unternahm. Peter tritt da in beiden Eigen- schaften auf, in denen er an den Hof Wenzels II. berufen war, nämlich als Diplomat und als Arzt. In ersterer Eigenschaft hatte er von dem Papste die Erlaubniss zu einer Krönungs- steuer von allen geistlichen Körperschaften und ihrem Besitz zu erbitten, in zweiter eine Dispens von den strengen Quadragesimalfasten, in denen weder Fleisch noch Eier oder Milch genossen werden durften, zu erwirken. In beiden Richtungen ist seine Sendung von Erfolg gekrönt worden, wie wir dies aus den vom Papste Bonifac VIII. für Wenzel II. am 31. März 1297 ausgestellten Bullen sehen können.3) Die politische Bedeutung der Berufung Peters von Aspelt an den böhmischen Hof wurde durch Lorenz, Heidemann und Dudík erschöpfend behandelt; er war der Repräsen- tant der stattgefundenen Wandlung in Wenzels II. Politik zum römischen Reiche und des 1) Lorenz, Deut. Gesch. im 13. und 14. Jahrh. II, 2, S. 620, 621. — Kopp, Geschichtsblätter aus der Schweiz I, 108, 109. — Heidemann, Forsch. zur deutsch. Gesch. B. IX, S. 271 und derselbe, Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann S. 12. 2) Trouillat, Monuments de l'histoire de l'ancien évêché de Bale II, N. 497. 3) Reg. Boh. dipl. II, N. 1745—1747. 6
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42 böhmisch-österreichischen Bündnisses gegen Adolf von Nassau, welches im Herbste 1296 angebahnt, bei den Krönungsfeierlichkeiten in der Pfingstwoche 1297 in Prag und im August desselben Jahres in Kaaden weiter verhandelt und im Feber 1298 zum Abschluss gebracht wurde. Dass Peter von Aspelt bei allen diesen Verhandlungen mitwirkte, ist über jeden Zweifel erhaben, da wir seine Anwesenheit an allen diesen Orten urkundlich nachweisen können. — Die Annahme, dass Peters von Aspelt Ruf als eines berühmten Arztes auch eines der Hauptmotive zu seiner Berufung in böhmische Dienste war, lassen die schlechten Ge- sundheitsverhältnisse des böhmischen Königs und der Königin sehr wahrscheinlich erscheinen, obgleich man dies in letzter Zeit in Zweifel gezogen hat. Im böhmischen Volke genoss Peter von Aspelt als Arzt einen ausgezeichneten Ruf. In dem in böhmischer Sprache im XIV. Jahr- hunderte verfassten allegorischen Gedichte „Spor duše s tèlem“ (der Streit der Seele mit dem Körper) 1) antwortet die Seele dem Körper, welcher sich der Hoffnung hingibt, dass seine Tage durch die Kunst der Aerzte verlängert werden können: Petr Mohucký kam sě děl, mistr, jenž lékařstwie věděl? Jiní mnozí jako bozi sloviechu, však vše smrt zmoři! Peter von Aspelt, der spätere Erzbischof von Mainz, wird hier unter den Aerzten ge- wissermassen an die erste Stelle gesetzt. Doch wenden wir uns zu Peters von Aspelt Thätigkeit als böhmischen Kanzlers. In böhmischen Quellen wird er zuerst unter den Bischöfen aufgezählt, die bei der Krönung Wenzels II. am 2. Jnni in Prag und bei der Grundsteinlegung des Klosters in Königsaal zu- gegen waren. 2) Wol bald nach dieser Königskrönung hat er die Leitung der böhmischen Hofkanzlei in die Hand genommen; als Datar erscheint er zuerst in einer Urkunde vom 22. Juli 1297. 3) Peter zog die ganze Kanzleileitung an sich. Die böhmische Kanzlei hatte damals drei Abtheilungen, die böhmische, mährische und wahrscheinlich auch die polnische. An der Spitze einer jeden derselben stand ein Protonotar und fertigte die Urkunden seiner Abtheilung aus; seitdem jedoch der Bischof von Basel die Leitung der Kanzlei in die Hand nahm, wurden alle Urkunden nur in seinem Namen datirt, die Protonotare, obgleich sie uns aus verschiedenen anderen Quellen nur nicht aus königlichen Urkunden bekannt sind, treten gänzlich in Hintergrund. Die Sache geht so weit, dass wenn sich der Bischof ausserhalb des Landes befand, die Urkunden nicht von den Protonotaren datirt werden, sondern gar keinen Datar tragen. Aus dem J. 1297 haben wir nur zwei von Peter von Aspelt beglau- bigte Urkunden, welche Erscheinung theilweise ihren Grund in Peters Abwesenheit in seinem Bisthum in Basel hat, wo wir ihn im Monate November finden. Zu Anfang des nächsten Jahres (1298) ist der Kanzler bei seinem Könige in Brünn, mit dem er zu der hochwichtigen Versammlung vieler deutscher Fürsten im Februar nach Wien ging. 4) Den Rest des Jahres 2) ») 1) Výbor z literatury české I, 369. Chronicon Aulae Regiae, Dobner, Mon. V, 121, 126. Reg. Boh. II, N. 1761. *) Reg. Boh. II, N. 1777—1780. — Continuatio Vindob. Pertz St. IX, 720.
42 böhmisch-österreichischen Bündnisses gegen Adolf von Nassau, welches im Herbste 1296 angebahnt, bei den Krönungsfeierlichkeiten in der Pfingstwoche 1297 in Prag und im August desselben Jahres in Kaaden weiter verhandelt und im Feber 1298 zum Abschluss gebracht wurde. Dass Peter von Aspelt bei allen diesen Verhandlungen mitwirkte, ist über jeden Zweifel erhaben, da wir seine Anwesenheit an allen diesen Orten urkundlich nachweisen können. — Die Annahme, dass Peters von Aspelt Ruf als eines berühmten Arztes auch eines der Hauptmotive zu seiner Berufung in böhmische Dienste war, lassen die schlechten Ge- sundheitsverhältnisse des böhmischen Königs und der Königin sehr wahrscheinlich erscheinen, obgleich man dies in letzter Zeit in Zweifel gezogen hat. Im böhmischen Volke genoss Peter von Aspelt als Arzt einen ausgezeichneten Ruf. In dem in böhmischer Sprache im XIV. Jahr- hunderte verfassten allegorischen Gedichte „Spor duše s tèlem“ (der Streit der Seele mit dem Körper) 1) antwortet die Seele dem Körper, welcher sich der Hoffnung hingibt, dass seine Tage durch die Kunst der Aerzte verlängert werden können: Petr Mohucký kam sě děl, mistr, jenž lékařstwie věděl? Jiní mnozí jako bozi sloviechu, však vše smrt zmoři! Peter von Aspelt, der spätere Erzbischof von Mainz, wird hier unter den Aerzten ge- wissermassen an die erste Stelle gesetzt. Doch wenden wir uns zu Peters von Aspelt Thätigkeit als böhmischen Kanzlers. In böhmischen Quellen wird er zuerst unter den Bischöfen aufgezählt, die bei der Krönung Wenzels II. am 2. Jnni in Prag und bei der Grundsteinlegung des Klosters in Königsaal zu- gegen waren. 2) Wol bald nach dieser Königskrönung hat er die Leitung der böhmischen Hofkanzlei in die Hand genommen; als Datar erscheint er zuerst in einer Urkunde vom 22. Juli 1297. 3) Peter zog die ganze Kanzleileitung an sich. Die böhmische Kanzlei hatte damals drei Abtheilungen, die böhmische, mährische und wahrscheinlich auch die polnische. An der Spitze einer jeden derselben stand ein Protonotar und fertigte die Urkunden seiner Abtheilung aus; seitdem jedoch der Bischof von Basel die Leitung der Kanzlei in die Hand nahm, wurden alle Urkunden nur in seinem Namen datirt, die Protonotare, obgleich sie uns aus verschiedenen anderen Quellen nur nicht aus königlichen Urkunden bekannt sind, treten gänzlich in Hintergrund. Die Sache geht so weit, dass wenn sich der Bischof ausserhalb des Landes befand, die Urkunden nicht von den Protonotaren datirt werden, sondern gar keinen Datar tragen. Aus dem J. 1297 haben wir nur zwei von Peter von Aspelt beglau- bigte Urkunden, welche Erscheinung theilweise ihren Grund in Peters Abwesenheit in seinem Bisthum in Basel hat, wo wir ihn im Monate November finden. Zu Anfang des nächsten Jahres (1298) ist der Kanzler bei seinem Könige in Brünn, mit dem er zu der hochwichtigen Versammlung vieler deutscher Fürsten im Februar nach Wien ging. 4) Den Rest des Jahres 2) ») 1) Výbor z literatury české I, 369. Chronicon Aulae Regiae, Dobner, Mon. V, 121, 126. Reg. Boh. II, N. 1761. *) Reg. Boh. II, N. 1777—1780. — Continuatio Vindob. Pertz St. IX, 720.
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43 blieb er schon am Hofe des böhmischen Königs, den er auch zu dem ersten Hoftage Albrechts I. nach Nürnberg begleitete. Daselbst scheint er noch nach der Abreise des böhmischen Königs geblieben zu sein. 1) Auch im folgenden Jahre (1299) finden wir ihn bis zur Mitte des Monates Mai in der Umgebung Wenzels II., am 1. Juni hielt er jedoch schon eine Synode in Basel ab. Hier weilte er noch am 15. desselben Monates, aber am 3. Juli oder sicher am 1. August beglaubigt er bereits königliche böhmische Urkunden in Prag. Schon früher (15. März 1299) erwirkte er sich von Bonifac VIII. ein Breve, durch welches ihm der weitere Besitz der in der oberwähnten Bulle vom 1. April 1297 angeführten Beneficien nach Ablauf der festgesetzten Zeit auf weitere 5 Jahre gestattet wird, da sein Bisthum noch immer verschuldet sei. Aus dem J. 1300 haben wir nur eine Urkunde Wenzels II., die von dem Bischofe von Basel datirt ist, 2) der Grund liegt in Peters Abwesenheit vom böhmischen Königshofe. Wenzel II. hatte ihn nämlich zum römischen Könige an den Rhein geschickt, um von diesem die Ein- willigung zur Eroberung von Polen zu erwirken. Sie erfolgte am 29. Juni 1300 in Mainz, und an demselben Tage wurde auch die Einlösung der Stadt Seida und der Burg Pürstein von Meissen genehmigt. Während der böhmische König nach Polen zog und sich dasselbe unterwarf, blieb Peter bei Albrecht I., begleitete ihn auf seinem Feldzuge nach dem Nieder- rhein und besuchte wahrscheinlich erst im Herbste auch sein Bisthum, wo er am 29. Sept. mit Renald von Montbéliard zu Abévillers ein Abkommen bezüglich gewisser Besitzungen traf, welches am 1. Oct. vom Könige Albrecht I. bestätigt wurde. Albrecht nennt den Bischof von Basel seinen geliebtesten Fürsten und Sekretär („principis et secretarii nostrii carissimi.“) 3) Hierauf ging er im Auftrage des römischen Königs nach Rom, um für ihn daselbst gewisse Geschäfte zu besorgen. 4) Am 6. Jänner 1301 unterzeichnet Peter von Aspelt in Prag eine Privilegienbestätigung Wenzels II. für das Zderazer Kloster und scheint mit kleineren Unterbrechungen 5) bis September 1304 am Hofe des böhmischen Königs geblieben zu sein. In dieser Zeit hat sich jedoch durch die Erledigung des unga- rischen Thrones und die Besitzergreifung desselben durch Wenzels II. gleichnamigen Sohn die politische Lage gänzlich geändert. Das Einvernehmen zwischen den beiden Schwagern war nie ganz herzlich, nach der Wahl des böhmischen Prinzen zum Könige von Ungarn, dem auch nach dem Ableben des Vaters das wolgeordnete und damals reiche Böhmen und Polen zufallen sollte, musste den römischen König der Trieb der Selbsterhaltung zu einer Aktion gegen Wenzel II. bestimmen. Peter von Aspelt, der bis jetzt beiden Fürsten (und wol zu ihrem Frommen) gedient hat, musste sich für einen derselben entscheiden. Sein Herz war offenbar 2) a 4) 1) Böhmer, Reg. Albrechts I., N. 81, wo neben vielen Reichsfürsten der Bischof von Basel, nicht aber der König von Böhmen unter den Zeugen vorkommt. Reg. Boh. II, N. 1853. Trouillat, Mon. II, N. 529. Annales Colm. maiores, Pertz St. XVII, 225. Zu diesen kürzeren Reisen gehört auch eine Fahrt nach Wien, wo der Basler Bischof am 2. Juni 1301 eine Urkunde ausstellt, in welcher er sich „oberster Pfleger und Verweser der Pfarrkirche St. Stephans zu Wien an unsers Herrn Statt, Herzogs Rudolf von Oesterreich" nennt, und in der er verspricht, sich bei seinem Bruder „Meister Pawleine" wegen der Freiung einer Capelle von der genannten Pfarrkirche zu verwenden, wofern dieser an der St. Stephanskirche als Pfarrer bestätigt wird, was jedoch nicht ge- schehen ist. (Kopp, Geschichtsblätter I, 111 und 112.) 6*
43 blieb er schon am Hofe des böhmischen Königs, den er auch zu dem ersten Hoftage Albrechts I. nach Nürnberg begleitete. Daselbst scheint er noch nach der Abreise des böhmischen Königs geblieben zu sein. 1) Auch im folgenden Jahre (1299) finden wir ihn bis zur Mitte des Monates Mai in der Umgebung Wenzels II., am 1. Juni hielt er jedoch schon eine Synode in Basel ab. Hier weilte er noch am 15. desselben Monates, aber am 3. Juli oder sicher am 1. August beglaubigt er bereits königliche böhmische Urkunden in Prag. Schon früher (15. März 1299) erwirkte er sich von Bonifac VIII. ein Breve, durch welches ihm der weitere Besitz der in der oberwähnten Bulle vom 1. April 1297 angeführten Beneficien nach Ablauf der festgesetzten Zeit auf weitere 5 Jahre gestattet wird, da sein Bisthum noch immer verschuldet sei. Aus dem J. 1300 haben wir nur eine Urkunde Wenzels II., die von dem Bischofe von Basel datirt ist, 2) der Grund liegt in Peters Abwesenheit vom böhmischen Königshofe. Wenzel II. hatte ihn nämlich zum römischen Könige an den Rhein geschickt, um von diesem die Ein- willigung zur Eroberung von Polen zu erwirken. Sie erfolgte am 29. Juni 1300 in Mainz, und an demselben Tage wurde auch die Einlösung der Stadt Seida und der Burg Pürstein von Meissen genehmigt. Während der böhmische König nach Polen zog und sich dasselbe unterwarf, blieb Peter bei Albrecht I., begleitete ihn auf seinem Feldzuge nach dem Nieder- rhein und besuchte wahrscheinlich erst im Herbste auch sein Bisthum, wo er am 29. Sept. mit Renald von Montbéliard zu Abévillers ein Abkommen bezüglich gewisser Besitzungen traf, welches am 1. Oct. vom Könige Albrecht I. bestätigt wurde. Albrecht nennt den Bischof von Basel seinen geliebtesten Fürsten und Sekretär („principis et secretarii nostrii carissimi.“) 3) Hierauf ging er im Auftrage des römischen Königs nach Rom, um für ihn daselbst gewisse Geschäfte zu besorgen. 4) Am 6. Jänner 1301 unterzeichnet Peter von Aspelt in Prag eine Privilegienbestätigung Wenzels II. für das Zderazer Kloster und scheint mit kleineren Unterbrechungen 5) bis September 1304 am Hofe des böhmischen Königs geblieben zu sein. In dieser Zeit hat sich jedoch durch die Erledigung des unga- rischen Thrones und die Besitzergreifung desselben durch Wenzels II. gleichnamigen Sohn die politische Lage gänzlich geändert. Das Einvernehmen zwischen den beiden Schwagern war nie ganz herzlich, nach der Wahl des böhmischen Prinzen zum Könige von Ungarn, dem auch nach dem Ableben des Vaters das wolgeordnete und damals reiche Böhmen und Polen zufallen sollte, musste den römischen König der Trieb der Selbsterhaltung zu einer Aktion gegen Wenzel II. bestimmen. Peter von Aspelt, der bis jetzt beiden Fürsten (und wol zu ihrem Frommen) gedient hat, musste sich für einen derselben entscheiden. Sein Herz war offenbar 2) a 4) 1) Böhmer, Reg. Albrechts I., N. 81, wo neben vielen Reichsfürsten der Bischof von Basel, nicht aber der König von Böhmen unter den Zeugen vorkommt. Reg. Boh. II, N. 1853. Trouillat, Mon. II, N. 529. Annales Colm. maiores, Pertz St. XVII, 225. Zu diesen kürzeren Reisen gehört auch eine Fahrt nach Wien, wo der Basler Bischof am 2. Juni 1301 eine Urkunde ausstellt, in welcher er sich „oberster Pfleger und Verweser der Pfarrkirche St. Stephans zu Wien an unsers Herrn Statt, Herzogs Rudolf von Oesterreich" nennt, und in der er verspricht, sich bei seinem Bruder „Meister Pawleine" wegen der Freiung einer Capelle von der genannten Pfarrkirche zu verwenden, wofern dieser an der St. Stephanskirche als Pfarrer bestätigt wird, was jedoch nicht ge- schehen ist. (Kopp, Geschichtsblätter I, 111 und 112.) 6*
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44 dem böhmischen Könige mehr ergeben, aber die Lage seines Bisthums musste ihm eine grosse Vorsicht auferlegen. Es scheint, dass Peter von Aspelt zuerst zwischen beiden Königen zu vermitteln suchte, dass er sich jedoch, als der Waffengang beider Gegner unvermeidlich geworden, in sein Bisthum zurückzog. Dies war erst im Herbste 1304. Aus diesem Jahre haben wir nur einige Urkunden, die im Monate Mai, und eine, die am 22. September 1) vom Kanzler Peter beglaubigt wurde; diese ist zugleich die letzte, die uns jetzt von seiner Thä- tigkeit als böhmischen Kanzlers Zeugniss gibt. 2) Peter begab sich offenbar bald darauf nach Basel; denn seit dem Monate November 1304 bis zum Tode Wenzels II. tragen böhmische königliche Urkunden keine Beglaubigung durch den Kanzler oder einen der Protonotare. Man kann sich diese Erscheinung nur dadurch erklären, dass der böhmische König dem Bischof von Basel die ausschliessliche Leitung der böhmischen Hofkanzlei, wahrscheinlich gleich bei der Uibernahme derselben, zugesagt und diese Zusage bis zu seinem Tode gehalten hat. Denn gleich nach dem Regierungsantritte Wenzels III. datirt die königlichen Urkunden, mögen sie nun für Böhmen oder Mähren oder Polen ausgestellt worden sein, der Protonotar Petrus Angeli. Es ist offenbar, dass nun Peter von Aspelt bezüglich seiner Kanzlerwürde in dasselbe Verhältniss trat, wie wir es in früheren Zeiten wiederholt anzutreffen Gelegenheit hatten, nämlich dass ihm wol der Titel des Probstes von Wyšehrad und Kanzlers von Böhmen sowie die Einkünfte blieben, die faktische Leitung der Hofkanzlei hingegen in die Hände des Protonotars überging. Peter von Aspelt bediente sich auch später (und zwar in Basler Urkunden) des Titels eines böhmischen Kanzlers; das letztemal in einer Urkunde vom 6. Mai 1306, welche zugleich ein Erectionsinstrument eines Anniversariums für Wenzel II. und Peters Bruder Paulinus ist. 3) Nach dem Wortlaute des päpstlichen Breve vom 15. März 1299 hatte Peter von Aspelt das Recht die Wyšehrader Probstei und die damit verbundene böhmische Kanzler- würde bis zum 1. April 1307 zu behalten. Der Protonotar Petrus Angeli, der wie wir eben gesagt haben, gleich nach der Thronbesteigung Wenzels III. die Gesammtleitung der böhmi- schen Hofkanzlei in die Hand nahm, wendete sich jedoch — natürlich mit Zustimmung des jungen Königs, dem ja das Patronatsrecht über die Wyšehrader Probstei zustand — an den päpstlichen Hof uud erwirkte sich die Einwilligung des Papstes Clemens V. zur Nachfolge in dieser Würde und wahrscheinlich auch zur Führung des Titels Probst von Wyšehrad, da ihm bei dieser Gelegenheit befohlen ward, die Einkünfte der Probstei dem Bischofe von Basel weiterhin anzuweisen. Die betreffende Bulle wurde am 13. Jäner 1306 ausgestellt. *) Es 1) Reg. Boh. II, N. 2004, 2005, 2013. Im Cod. dipl. Mor. V, 186. (Reg. II, N. 2032) ist noch eine Urkunde Wenzels II. vom 24. Mai 1305, in welcher Peter von Aspelt als Datar vorkommt, aber schon Dudik hat nachgewiesen, dass sie in das Jahr 1304 zu setzen ist, womit dann die Indiction und die Regierungsjahre übereinstimmen würden. Trouillat, Mon. III. N. 45, 46, 51 und 52. „. . . in remedium anime nostre et inclite memorie illu- stris domini Wenzelslai, quondam regis Boemie, et fratris nostri Paulini quondam thesaurarii ecclesie nostre Basiliensis predicte ecclesiam in Ellenwilr ... deputauimus. Und in einem Necrologium der Basler Kathedrale ist die Bemerkung: „XIIII kal. Julii. Illustris Wenceslaus rex Bohemiae et Poloniae obiit. In cuius anniversario dantur V lib. denariorum de celario nostro, qui sic dividuntur: canonicis qui vigiliis interfuerint, viginti duo solidi, et sacerdotibus, qui misse interfuerint, totidem pari modo ; residuum officiatis prout in libro vitae specificatur.“ 4) Reg. Boh. II, N. 2074. 3)
44 dem böhmischen Könige mehr ergeben, aber die Lage seines Bisthums musste ihm eine grosse Vorsicht auferlegen. Es scheint, dass Peter von Aspelt zuerst zwischen beiden Königen zu vermitteln suchte, dass er sich jedoch, als der Waffengang beider Gegner unvermeidlich geworden, in sein Bisthum zurückzog. Dies war erst im Herbste 1304. Aus diesem Jahre haben wir nur einige Urkunden, die im Monate Mai, und eine, die am 22. September 1) vom Kanzler Peter beglaubigt wurde; diese ist zugleich die letzte, die uns jetzt von seiner Thä- tigkeit als böhmischen Kanzlers Zeugniss gibt. 2) Peter begab sich offenbar bald darauf nach Basel; denn seit dem Monate November 1304 bis zum Tode Wenzels II. tragen böhmische königliche Urkunden keine Beglaubigung durch den Kanzler oder einen der Protonotare. Man kann sich diese Erscheinung nur dadurch erklären, dass der böhmische König dem Bischof von Basel die ausschliessliche Leitung der böhmischen Hofkanzlei, wahrscheinlich gleich bei der Uibernahme derselben, zugesagt und diese Zusage bis zu seinem Tode gehalten hat. Denn gleich nach dem Regierungsantritte Wenzels III. datirt die königlichen Urkunden, mögen sie nun für Böhmen oder Mähren oder Polen ausgestellt worden sein, der Protonotar Petrus Angeli. Es ist offenbar, dass nun Peter von Aspelt bezüglich seiner Kanzlerwürde in dasselbe Verhältniss trat, wie wir es in früheren Zeiten wiederholt anzutreffen Gelegenheit hatten, nämlich dass ihm wol der Titel des Probstes von Wyšehrad und Kanzlers von Böhmen sowie die Einkünfte blieben, die faktische Leitung der Hofkanzlei hingegen in die Hände des Protonotars überging. Peter von Aspelt bediente sich auch später (und zwar in Basler Urkunden) des Titels eines böhmischen Kanzlers; das letztemal in einer Urkunde vom 6. Mai 1306, welche zugleich ein Erectionsinstrument eines Anniversariums für Wenzel II. und Peters Bruder Paulinus ist. 3) Nach dem Wortlaute des päpstlichen Breve vom 15. März 1299 hatte Peter von Aspelt das Recht die Wyšehrader Probstei und die damit verbundene böhmische Kanzler- würde bis zum 1. April 1307 zu behalten. Der Protonotar Petrus Angeli, der wie wir eben gesagt haben, gleich nach der Thronbesteigung Wenzels III. die Gesammtleitung der böhmi- schen Hofkanzlei in die Hand nahm, wendete sich jedoch — natürlich mit Zustimmung des jungen Königs, dem ja das Patronatsrecht über die Wyšehrader Probstei zustand — an den päpstlichen Hof uud erwirkte sich die Einwilligung des Papstes Clemens V. zur Nachfolge in dieser Würde und wahrscheinlich auch zur Führung des Titels Probst von Wyšehrad, da ihm bei dieser Gelegenheit befohlen ward, die Einkünfte der Probstei dem Bischofe von Basel weiterhin anzuweisen. Die betreffende Bulle wurde am 13. Jäner 1306 ausgestellt. *) Es 1) Reg. Boh. II, N. 2004, 2005, 2013. Im Cod. dipl. Mor. V, 186. (Reg. II, N. 2032) ist noch eine Urkunde Wenzels II. vom 24. Mai 1305, in welcher Peter von Aspelt als Datar vorkommt, aber schon Dudik hat nachgewiesen, dass sie in das Jahr 1304 zu setzen ist, womit dann die Indiction und die Regierungsjahre übereinstimmen würden. Trouillat, Mon. III. N. 45, 46, 51 und 52. „. . . in remedium anime nostre et inclite memorie illu- stris domini Wenzelslai, quondam regis Boemie, et fratris nostri Paulini quondam thesaurarii ecclesie nostre Basiliensis predicte ecclesiam in Ellenwilr ... deputauimus. Und in einem Necrologium der Basler Kathedrale ist die Bemerkung: „XIIII kal. Julii. Illustris Wenceslaus rex Bohemiae et Poloniae obiit. In cuius anniversario dantur V lib. denariorum de celario nostro, qui sic dividuntur: canonicis qui vigiliis interfuerint, viginti duo solidi, et sacerdotibus, qui misse interfuerint, totidem pari modo ; residuum officiatis prout in libro vitae specificatur.“ 4) Reg. Boh. II, N. 2074. 3)
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45 ist uns unbekannt, ob der Protonotar Peter später irgend eine Vereinbarung mit dem Bi� schofe von Basel über das gegenseitige Verhältniss getroffen hat, aber so viel ist gewiss, dass sich Peter von Aspelt noch am 6. Mai 1306 Kanzler von Böhmen schreibt und dass Petrus Angeli am 19. Mai desselben Jahres als Probst von Wyšehrad und Prag und Kanzler des Königreichs Böhmen eine Urkunde datirt. Der Mangel an Urkunden, die von dem Bi- schofe von Basel in der nächsten Zeit nach dem 6. Mai 1306 ausgestellt worden wären, lässt es ungewiss erscheinen, ob sich derselbe noch fernerhin des böhmischen Kanzlertitels be- diente, sicher ist nur, dass dies nicht mehr stattgefunden hat, nachdem er Erzbischof von Mainz wurde, obgleich er sich noch in dieser Eigenschaft vom Papste Clemens V. die Erlaubniss erbat, dass er nach Ablauf der ihm durch Bonifac VIII. bewilligten Frist weitere drei Jahre die Wyšehrader Probstei mit dem Mainzer Erzbisthume zugleich behalten und die Einkünfte derselben empfangen darf. Peter von Aspelt, der anf diese Weise fortwährend mit Böhmen in Verbindung blieb, war im J. 1309 und 1310 der Hauptförderer des Projektes den böhmischen Königsthron dem Luxemburgischen Hause zuzuwenden. Ja auch unter der Regierung Johanns spielte er in Böhmen eine überaus hervorragende Rolle, indem er zwei- mal unter den schwierigsten Verhältnissen die Regierung des Landes zu leiten hatte. Peter von Aspelt starb hochbejahrt am 2. Juni 1320. Die Königsaaler Chronik bringt die be- treffende Nachricht mit folgenden charakteristischen Worten: „Eodem anno nonis (sic) Junii rev. dom. Petrus natione Treverensis, Moguntinus archiepiscopus, expertus et excellens me- dicus, sapiens principum consiliarius, vir in omnibus eventibus mundanae conversationis for- tunatissimus .... aetate senili confectus de carnis ergastulo spiritum exalavit extremum." 1) b) Die Protonotare. 1. Magister Welislaw. Es lässt sich nicht läugnen, dass die ersten Jahre der Re- gierung Wenzels II. ein gewisses Fernhalten alles Fremdländischen und eine offenbare För- derung einheimischer Elemente charakterisirt. Diese Strömung lässt sich auch in der könig- lichen Hofkanzlei nachweisen, deren Leitung gleich nach dem Regierungsantritte Wenzels II. dem früheren obersten Landschreiber (notarius terrae) Magister Welislaw anvertraut wurde; denn gleich die erste Urkunde, die wir von Wenzel II. besitzen, ist von ihm als Protonotar von Böhmen datirt.2) Er war offenbar der wirkliche Leiter der böhm. Hofkanzlei, da sich Ma- gister Peter, der Kanzler von Böhmen, wie in den letzten Regierungsjahren Premysl Ottokars II von den Geschäften gänzlich fernhielt. Mag. Welislaw tritt uns zum erstenmal im J. 1276 entgegen. Papst Johann XXI. verleiht ihm (der in seiner Gegenwart (n. des Papstes) vor- gebracht, dass er lange canonisches und Civilrecht studirt und darin gute Fortschritte ge- macht, und der ihm durch seinen Poenitentiar Namens Martinus aus dem Predigerorden auch bezüglich des Lebenswandels und guter Sitten empfohlen war, und zumal er bisher kein kirchliches Beneficium besass) eine Domherrnstelle bei der Prager Kirche und eine Praebende derselben Kirche, wenn sie frei ist und einem andern von Rechtswegen nicht bereits ange- hört. Für den Fall, dass eine solche Präbende bei der genannten Kirche nicht erledigt wäre, Dobner, Mon. V, S. 377, 378. 2) Reg. Boh. II, N. 1300. Hр2 pibte
45 ist uns unbekannt, ob der Protonotar Peter später irgend eine Vereinbarung mit dem Bi� schofe von Basel über das gegenseitige Verhältniss getroffen hat, aber so viel ist gewiss, dass sich Peter von Aspelt noch am 6. Mai 1306 Kanzler von Böhmen schreibt und dass Petrus Angeli am 19. Mai desselben Jahres als Probst von Wyšehrad und Prag und Kanzler des Königreichs Böhmen eine Urkunde datirt. Der Mangel an Urkunden, die von dem Bi- schofe von Basel in der nächsten Zeit nach dem 6. Mai 1306 ausgestellt worden wären, lässt es ungewiss erscheinen, ob sich derselbe noch fernerhin des böhmischen Kanzlertitels be- diente, sicher ist nur, dass dies nicht mehr stattgefunden hat, nachdem er Erzbischof von Mainz wurde, obgleich er sich noch in dieser Eigenschaft vom Papste Clemens V. die Erlaubniss erbat, dass er nach Ablauf der ihm durch Bonifac VIII. bewilligten Frist weitere drei Jahre die Wyšehrader Probstei mit dem Mainzer Erzbisthume zugleich behalten und die Einkünfte derselben empfangen darf. Peter von Aspelt, der anf diese Weise fortwährend mit Böhmen in Verbindung blieb, war im J. 1309 und 1310 der Hauptförderer des Projektes den böhmischen Königsthron dem Luxemburgischen Hause zuzuwenden. Ja auch unter der Regierung Johanns spielte er in Böhmen eine überaus hervorragende Rolle, indem er zwei- mal unter den schwierigsten Verhältnissen die Regierung des Landes zu leiten hatte. Peter von Aspelt starb hochbejahrt am 2. Juni 1320. Die Königsaaler Chronik bringt die be- treffende Nachricht mit folgenden charakteristischen Worten: „Eodem anno nonis (sic) Junii rev. dom. Petrus natione Treverensis, Moguntinus archiepiscopus, expertus et excellens me- dicus, sapiens principum consiliarius, vir in omnibus eventibus mundanae conversationis for- tunatissimus .... aetate senili confectus de carnis ergastulo spiritum exalavit extremum." 1) b) Die Protonotare. 1. Magister Welislaw. Es lässt sich nicht läugnen, dass die ersten Jahre der Re- gierung Wenzels II. ein gewisses Fernhalten alles Fremdländischen und eine offenbare För- derung einheimischer Elemente charakterisirt. Diese Strömung lässt sich auch in der könig- lichen Hofkanzlei nachweisen, deren Leitung gleich nach dem Regierungsantritte Wenzels II. dem früheren obersten Landschreiber (notarius terrae) Magister Welislaw anvertraut wurde; denn gleich die erste Urkunde, die wir von Wenzel II. besitzen, ist von ihm als Protonotar von Böhmen datirt.2) Er war offenbar der wirkliche Leiter der böhm. Hofkanzlei, da sich Ma- gister Peter, der Kanzler von Böhmen, wie in den letzten Regierungsjahren Premysl Ottokars II von den Geschäften gänzlich fernhielt. Mag. Welislaw tritt uns zum erstenmal im J. 1276 entgegen. Papst Johann XXI. verleiht ihm (der in seiner Gegenwart (n. des Papstes) vor- gebracht, dass er lange canonisches und Civilrecht studirt und darin gute Fortschritte ge- macht, und der ihm durch seinen Poenitentiar Namens Martinus aus dem Predigerorden auch bezüglich des Lebenswandels und guter Sitten empfohlen war, und zumal er bisher kein kirchliches Beneficium besass) eine Domherrnstelle bei der Prager Kirche und eine Praebende derselben Kirche, wenn sie frei ist und einem andern von Rechtswegen nicht bereits ange- hört. Für den Fall, dass eine solche Präbende bei der genannten Kirche nicht erledigt wäre, Dobner, Mon. V, S. 377, 378. 2) Reg. Boh. II, N. 1300. Hр2 pibte
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46 reservirt ihm der Papst die nächst vacante, die einem andern von Rechtswegen nicht zusteht.1) In den letzten Jahren der Regierung Premysl Ottokars II. wurde Welislaw Landschreiber von Böhmen, und um dieselbe Zeit auch Wyšehrader Domherr; denn in dieser Eigenschaft ent- scheidet er einen Streit zwischen dem Wyšehrader Capitel und Herrn Poto von Riesenberg über das Dorf Krč (?); auch soll er noch mit andern Schiedsrichtern einen Streit zwischen dem Wyšehrader Probste und dem Capitel schlichten (Juli und August 1279). 2) Nach dem Tode des Wyšehrader Domdechants Cuno war er Vicedecan dieses Capitels (1. Jun. 1282) 3) und als er nach dem Regierungsantritte Wenzels II. Protonotar wurde (1283), erlangte er auch eine Domherrnstelle bei dem Olmützer Capitel (1285), so dass er sich seit dieser Zeit Domherr von Prag, Wyšehrader und Olmütz schreibt. Als Protonotar des Königreichs Böhmen be- glaubigt er allein die Urkunden Wenzels II., ob sie nun für Böhmen oder Mähren bestimmt waren, bis zum Herbste 1285. Am 18. November dieses Jahres beginnt jedoch Magister Jo- hannes, Probst von Sadská, als Protonotar für Mähren mährische Urkunden zu unterzeichnen, während Welislaw fortan nur böhmische Urkunden beglaubigt. Es ist um diese Zeit offenbar eine Scheidung der Hofkanzlei in eine böhmische und eine mährische Abtheilung einge- treten, so dass an der Spitze einer jeden dieser Abtheilungen ein Protonotar stand und seine Abtheilung auch selbständig leitete. Was die Veranlassung zu dieser Massregel bot, wissen wir nicht; eine leise Andeutung zur Lösung dieser Frage dürfte man vielleicht in der Urkunde vom 16. Sept. 1282 finden, wo unter den Zeugen der Olmützer Probst mit dem un- gewöhnlichen Titel „cancellarius Moraviae“ genannt wird.4) Steht diese Erscheinung nicht in Verbindung mit der damaligen selbständigen Stellung der Markgrafschaft Mähren und hat man im J. 1285 vielleicht nur gewissen in dieser Richtung laut gewordenen Wünschen Rechnung getragen, als man die Hofkanzlei in zwei Abtheilungen getheilt hat? Leider können wir diese Frage aus Mangel an Quellen nicht beantworten und müssen uns blos mit der Consta- tirung des Factums begnügen. Mag. Welislaw blieb an der Spitze der böhmischen Abtheilung der Hofkanzlei bis zum Herbste 1289, wo er dem Magister Petrus Angeli Platz machte. Von seinen sonstigen Lebensverhältnissen wissen wir nur soviel, dass ihm der König die St. Prokopikirche in Alt- Brünn übertragen hat und dass er zwischen den Jahren 1298—1302 Prager Domdechant war. Von seiner Weisheit und Biederkeit dürfte der Umstand zeugen, dass er häufig zum Schiedsrichter und zum Testamentsexecutor gebeten wurde. 3) 2. Mag. Johannes, Protonotar von Mähren. Nach der Theilung der böhmischen Hof- kanzlei stand der mährischen Abtheilung, wie oben bereits angedeutet wurde, Mag. Johannes, Probst von Sadská, vor, welcher seit dem Herbste 1285 bis Ende April 1297 alle königlichen 2) 3 1) Reg. Boh. II, N. 1051. Reg. Boh. II, N. 1180; N. 1181—1186. Reg. Boh. II, N. 1277. Reg. Boh. II, N. 1284. Reg. Boh. II, N. 1451, 1655, 1798, 1826, 1922. — Einigemal kommt in dieser Zeit der Name Wen- zeslaus mit dem Beisatze Protonotarius Bohemiae vor; doch nur immer in Abschriften. Wir haben die feste Uiberzeuguug, dass es nur schlecht gelesen und geschrieben ist für Welislaus, welcher Name in späteren Zeiten selten war. (Reg. Boh. II, N. 1302, 1418. 1423.)
46 reservirt ihm der Papst die nächst vacante, die einem andern von Rechtswegen nicht zusteht.1) In den letzten Jahren der Regierung Premysl Ottokars II. wurde Welislaw Landschreiber von Böhmen, und um dieselbe Zeit auch Wyšehrader Domherr; denn in dieser Eigenschaft ent- scheidet er einen Streit zwischen dem Wyšehrader Capitel und Herrn Poto von Riesenberg über das Dorf Krč (?); auch soll er noch mit andern Schiedsrichtern einen Streit zwischen dem Wyšehrader Probste und dem Capitel schlichten (Juli und August 1279). 2) Nach dem Tode des Wyšehrader Domdechants Cuno war er Vicedecan dieses Capitels (1. Jun. 1282) 3) und als er nach dem Regierungsantritte Wenzels II. Protonotar wurde (1283), erlangte er auch eine Domherrnstelle bei dem Olmützer Capitel (1285), so dass er sich seit dieser Zeit Domherr von Prag, Wyšehrader und Olmütz schreibt. Als Protonotar des Königreichs Böhmen be- glaubigt er allein die Urkunden Wenzels II., ob sie nun für Böhmen oder Mähren bestimmt waren, bis zum Herbste 1285. Am 18. November dieses Jahres beginnt jedoch Magister Jo- hannes, Probst von Sadská, als Protonotar für Mähren mährische Urkunden zu unterzeichnen, während Welislaw fortan nur böhmische Urkunden beglaubigt. Es ist um diese Zeit offenbar eine Scheidung der Hofkanzlei in eine böhmische und eine mährische Abtheilung einge- treten, so dass an der Spitze einer jeden dieser Abtheilungen ein Protonotar stand und seine Abtheilung auch selbständig leitete. Was die Veranlassung zu dieser Massregel bot, wissen wir nicht; eine leise Andeutung zur Lösung dieser Frage dürfte man vielleicht in der Urkunde vom 16. Sept. 1282 finden, wo unter den Zeugen der Olmützer Probst mit dem un- gewöhnlichen Titel „cancellarius Moraviae“ genannt wird.4) Steht diese Erscheinung nicht in Verbindung mit der damaligen selbständigen Stellung der Markgrafschaft Mähren und hat man im J. 1285 vielleicht nur gewissen in dieser Richtung laut gewordenen Wünschen Rechnung getragen, als man die Hofkanzlei in zwei Abtheilungen getheilt hat? Leider können wir diese Frage aus Mangel an Quellen nicht beantworten und müssen uns blos mit der Consta- tirung des Factums begnügen. Mag. Welislaw blieb an der Spitze der böhmischen Abtheilung der Hofkanzlei bis zum Herbste 1289, wo er dem Magister Petrus Angeli Platz machte. Von seinen sonstigen Lebensverhältnissen wissen wir nur soviel, dass ihm der König die St. Prokopikirche in Alt- Brünn übertragen hat und dass er zwischen den Jahren 1298—1302 Prager Domdechant war. Von seiner Weisheit und Biederkeit dürfte der Umstand zeugen, dass er häufig zum Schiedsrichter und zum Testamentsexecutor gebeten wurde. 3) 2. Mag. Johannes, Protonotar von Mähren. Nach der Theilung der böhmischen Hof- kanzlei stand der mährischen Abtheilung, wie oben bereits angedeutet wurde, Mag. Johannes, Probst von Sadská, vor, welcher seit dem Herbste 1285 bis Ende April 1297 alle königlichen 2) 3 1) Reg. Boh. II, N. 1051. Reg. Boh. II, N. 1180; N. 1181—1186. Reg. Boh. II, N. 1277. Reg. Boh. II, N. 1284. Reg. Boh. II, N. 1451, 1655, 1798, 1826, 1922. — Einigemal kommt in dieser Zeit der Name Wen- zeslaus mit dem Beisatze Protonotarius Bohemiae vor; doch nur immer in Abschriften. Wir haben die feste Uiberzeuguug, dass es nur schlecht gelesen und geschrieben ist für Welislaus, welcher Name in späteren Zeiten selten war. (Reg. Boh. II, N. 1302, 1418. 1423.)
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47 Urkunden für Mähren beglaubigt, 1) d. h. bis zu jener Zeit, wo der neue böhmische Kanzler Peter von Aspelt die ganze Leitung der Hofkanzlei an sich zieht, so dass die beiden Proto- notare in den Hintergrund gedrängt werden. Was die persönlichen Verhältnisse des Proto- notars Johann anbelangt, so können wir mit Bestimmtheit nur sagen, dass er im J. 1269 Probst von Sadská, im J. 1273 Domherr der Prager und im J. 1281 auch der Olmützer Kirche war, da er im letztgenannten Jahre vom Capitel zum Wähler des Bischofs bestimmt wurde. Im J. 1287 wird er auch Wyšehrader Domherr genannt und seit diesem Jahre kommt er auch in den Urkunden als Prager Scholasticus nicht selten vor. Zum J. 1293 erfahren wir dass er dem Pfarrer bei St. Aegidius in Prag eine Summe Geldes schuldig war, von der dieser 2 Mark der Prager Kirche, 10 Mark zum Baue des Chores der St. Aegidikirche und den Rest zu seinem Seelgeräth bestimmte, welches nach Gutdünken des Probstes Johann, der neben dem Prager Probste Ulrich zum Testamentsexecutor ernannt wurde, bemessen werden sollte. Von dem Einfluss des Protonotars Johann an dem Hofe des böhmischen Königs, Wenzel II., dürfte die Nachricht des Domherrn Franz Zeugenschaft geben, die besagt, dass Wenzel II. nach dem Tode des Bischofs Thobias seinen Bruder und Wyšehrader Probst Johann zum Prager Bischofe einsetzen wollte, dass er jedoch auf Anrathen unseres Proto- notars vorläufig den alten Domdechant der Prager Kirche auf den bischöflichen Stuhl erhob, um ihm nach dem wahrscheinlich baldigen Ableben desselben den noch jugendlichen Bruder nachfolgen zu lassen. Die letzte direkte Nachricht über den Protonotar Johann haben wir vom 27. October 1300, nach welchem Datum uns jedoch weitere Nachrichten über ihn fehlen. 2) 3. Mag. Peter, der Sohn des Angelus. — Als Mag. Welislaw im Herbste 1289 das Protonotariat für Böhmen aufgab, trat an dessen Stelle Mag. (Peter, der Sohn des Angelus, in die Hofkanzlei ein, welcher bis zum Jahre 1306 das Amt des Protonotars für Böhmen bekleidete. Peter war der Sohn des Angelus von Pontecurvo und der Petruša, nach deren Tode der eben erwähnte Angelus Domherr der Prager Kirche wurde.3) Nach der unten angeführten Bulle des Papstes Innocenz IV. zu urtheilen, war Peter sicher vor dem J. 1253 geboren, womit auch die Nachricht leicht in Uibereinstimmung zu bringen ist, dass ihm schon 1) Mag. Johann, Probst von Sadská, wird wol bereits im J. 1283 (6. Nov.) als Protonotar angeführt (Reg. Boh. II, N. 1301; Cod. dipl. Mor. IV, 280); doch sind wir überzeugt, dass diese Urkunde in jenes Jahr gar nicht gehört. Wir wollen sie nicht für unecht erklären, da wir das Original, welches nach Bočeks Citat noch vorhanden ist, nicht gesehen haben. Gegen das Jahr 1283 streitet einmal das vorzeitige Vorkommen des Probstes von Sadská als Protonotar, dann der Titel Wenzels II., der vor dem J. 1285 nur in dieser Urkunde „rex Boemiae und marchio Moraviae“, sonst aber immer „dominus et heres Boemie et marchionatus Moraviae“ lautet, und schliesslich bieten auch die Zeugen gewisse Schwierig- keiten, die schon Dudik nicht entgangen sind. (Vergl. Mährens allg. Gesch. VII, S. 73 und 94 ff.) Wir glauben also, dass die Urkunde entweder erst in das J. 1285 oder später zu setzen oder dass sie unecht ist. Reg. Boh. II, N. 635, 849, 1236, 1301, 1410, 1693, 1748, 1865. — Chronicon Francisci can. Prag. Ss. rer. Boh. II. 66. Der Papst Innocenz IV. befiehlt dem Domdechant von Passau dafür Sorge zu tragen (1253, 28. Jul.), dass dem Cleriker der Prager Diöcese Angelus de Pontecurvo, der über seinen Befehl zum Wyšehrader Domherrn aufgenommen wurde, die durch das Ableben des Domherrn Uscalc erledigte Präbende ange- wiesen werde. (Reg. Boh. I, N. 1339.)
47 Urkunden für Mähren beglaubigt, 1) d. h. bis zu jener Zeit, wo der neue böhmische Kanzler Peter von Aspelt die ganze Leitung der Hofkanzlei an sich zieht, so dass die beiden Proto- notare in den Hintergrund gedrängt werden. Was die persönlichen Verhältnisse des Proto- notars Johann anbelangt, so können wir mit Bestimmtheit nur sagen, dass er im J. 1269 Probst von Sadská, im J. 1273 Domherr der Prager und im J. 1281 auch der Olmützer Kirche war, da er im letztgenannten Jahre vom Capitel zum Wähler des Bischofs bestimmt wurde. Im J. 1287 wird er auch Wyšehrader Domherr genannt und seit diesem Jahre kommt er auch in den Urkunden als Prager Scholasticus nicht selten vor. Zum J. 1293 erfahren wir dass er dem Pfarrer bei St. Aegidius in Prag eine Summe Geldes schuldig war, von der dieser 2 Mark der Prager Kirche, 10 Mark zum Baue des Chores der St. Aegidikirche und den Rest zu seinem Seelgeräth bestimmte, welches nach Gutdünken des Probstes Johann, der neben dem Prager Probste Ulrich zum Testamentsexecutor ernannt wurde, bemessen werden sollte. Von dem Einfluss des Protonotars Johann an dem Hofe des böhmischen Königs, Wenzel II., dürfte die Nachricht des Domherrn Franz Zeugenschaft geben, die besagt, dass Wenzel II. nach dem Tode des Bischofs Thobias seinen Bruder und Wyšehrader Probst Johann zum Prager Bischofe einsetzen wollte, dass er jedoch auf Anrathen unseres Proto- notars vorläufig den alten Domdechant der Prager Kirche auf den bischöflichen Stuhl erhob, um ihm nach dem wahrscheinlich baldigen Ableben desselben den noch jugendlichen Bruder nachfolgen zu lassen. Die letzte direkte Nachricht über den Protonotar Johann haben wir vom 27. October 1300, nach welchem Datum uns jedoch weitere Nachrichten über ihn fehlen. 2) 3. Mag. Peter, der Sohn des Angelus. — Als Mag. Welislaw im Herbste 1289 das Protonotariat für Böhmen aufgab, trat an dessen Stelle Mag. (Peter, der Sohn des Angelus, in die Hofkanzlei ein, welcher bis zum Jahre 1306 das Amt des Protonotars für Böhmen bekleidete. Peter war der Sohn des Angelus von Pontecurvo und der Petruša, nach deren Tode der eben erwähnte Angelus Domherr der Prager Kirche wurde.3) Nach der unten angeführten Bulle des Papstes Innocenz IV. zu urtheilen, war Peter sicher vor dem J. 1253 geboren, womit auch die Nachricht leicht in Uibereinstimmung zu bringen ist, dass ihm schon 1) Mag. Johann, Probst von Sadská, wird wol bereits im J. 1283 (6. Nov.) als Protonotar angeführt (Reg. Boh. II, N. 1301; Cod. dipl. Mor. IV, 280); doch sind wir überzeugt, dass diese Urkunde in jenes Jahr gar nicht gehört. Wir wollen sie nicht für unecht erklären, da wir das Original, welches nach Bočeks Citat noch vorhanden ist, nicht gesehen haben. Gegen das Jahr 1283 streitet einmal das vorzeitige Vorkommen des Probstes von Sadská als Protonotar, dann der Titel Wenzels II., der vor dem J. 1285 nur in dieser Urkunde „rex Boemiae und marchio Moraviae“, sonst aber immer „dominus et heres Boemie et marchionatus Moraviae“ lautet, und schliesslich bieten auch die Zeugen gewisse Schwierig- keiten, die schon Dudik nicht entgangen sind. (Vergl. Mährens allg. Gesch. VII, S. 73 und 94 ff.) Wir glauben also, dass die Urkunde entweder erst in das J. 1285 oder später zu setzen oder dass sie unecht ist. Reg. Boh. II, N. 635, 849, 1236, 1301, 1410, 1693, 1748, 1865. — Chronicon Francisci can. Prag. Ss. rer. Boh. II. 66. Der Papst Innocenz IV. befiehlt dem Domdechant von Passau dafür Sorge zu tragen (1253, 28. Jul.), dass dem Cleriker der Prager Diöcese Angelus de Pontecurvo, der über seinen Befehl zum Wyšehrader Domherrn aufgenommen wurde, die durch das Ableben des Domherrn Uscalc erledigte Präbende ange- wiesen werde. (Reg. Boh. I, N. 1339.)
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48 vom Prager Bischofe Johann (gest. am 21. Oct. 1278) die Expectanz auf eine Domherrn- stelle und Präbende in Sadská zugesichert ward. Als jedoch nach dem Tode des Domherrn Rehwinus in Sadská eine Präbende erledigt war, bat Peter den Bischof Thobias um die ihm gebührende Präbende und König Wenzel II. verwendete sich auch für ihn bei dem Bischofe. Letzterer willfahrte der Bitte jedoch erst dann, als Peter durch Zeugen nachwies, dass ihm keine Mackel bezüglich der Rechtmässigkeit der ehelichen Abstammung (die bezweifelt wurde) anklebe, da ihn sein Vater Angelus mit Petruša, mit der er eine legitime Ehe einging, früher gezeugt hat, als er eine Domherrnstelle und Präbende bei der Prager Kirche erhielt und bevor er den Grad eines Subdiaconus erlangte. Neben der Verleihung der Präbende erklärte ihn der Bischof zugleich für den Sprossen einer legitimen Ehe. 1) Dies ist am 26. September 1287 geschehen. Wir erfahren aber auch, da, dass sich der König für Peter verwendete, woraus wir schliessen, dass er demselben in irgend einer Weise näher stand. Es wird daher die Vermuthung nicht gewagt sein, wenn wir sagen, dass er schon damals in der königl. Hofkanzlei beschäftigt war. Im Herbste 1289 wurde ihm die Leitung der böhmischen Ab- theilung der Hofkanzlei übertragen. Am 23. August dieses Jahres datirte eine Urkunde Wenzels II. noch der Protonotar Welislaw, am 21. December desselben Jahres beglaubigt schon Mag. Peter als Protonotar 2) eine Urkunde desselben Herrschers, bei welcher Gelegen- heit Mag. Peter auch Wyšehrader Domherr genannt wird. Seit dieser Zeit unterzeichnet Mag. Peter als Protonotar des Königreichs Böhmen alle bis zum 4. Mai 1297 für Böhmen ausgestellten königlichen Urkunden. Mittlerweile wurde er wahrscheinlich im J. 1291 Prager, 1294 Breslauer und spätestens im J. 1296 auch Olmützer Domherr. Zu Anfang des letzteren Jahres war er bereits Pfarrer bei St. Peter in Brünn und nachdem diese Kirche zu einer Collegiatkirche erhoben war, wurde er Probst des bei ihr gestifteten Capitels. 3) Seit jener Zeit schreibt er sich „protonotarius regni et praepositus Brunnensis“.4) Im J. 1298 wird der Protonotar Mag. Peter unter den Mitgliedern des Bunzlauer Capitels erwähnt; °) ob er aber schon damals Canonicus der Krakauer und Leitmeritzer Kirche war oder es erst später wurde, wissen wir nicht anzugeben; nur soviel ist sicher, dass er am Schlusse des Jahres 1305 eine Domherrnstelle bei diesen Capiteln inne hatte. Nach dem Tode des Mag. Ulrich wurde er im J. 1305 Prager Probst und mit päpstlicher Bewilligung vom 13. Jänner 1306 erhielt er ferner die Anwartschaft auf die Probstei von Wyšehrad, die nach Peter von Aspelt am 1. April 1307 frei werden sollte. 6) Er nahm aber den Titel des Probstes von Wyšehrad und des Kanzlers des Königreiches gleich an, so dass er sich schon im Mai 1306 „praepositus s Cod. dipl. Mor. VI, 43—45. Reg. Boh. II, N. 1478, 1488. — Kopp (Geschichtsblätter aus der Schweiz I, 108, 109) gibt an, dass Peter schon am 10. Sept. 1289 als oberster Schreiber Wenzels II. erwähnt wird, doch wird weder der Inhalt noch der Ausstellungsort der Urkunde näher angegeben, und desshalb konnte sie auch nicht in die Regesten aufgenommen werden. Reg. Boh. II, N. 11, 1711. „ita ut deinceps rector eius, magister Petrus, prothonotarius regni Boemie et canonicus nostre ecclesie Olomucensis et successor eius . . . prepositus ipsius ecclesie s. Petri sit." Reg. Boh. II, N. 1724, 1725, 1752. Reg. Boh. II, N. 1795. 5) Reg. Boh. II, N. 2074. 1)
48 vom Prager Bischofe Johann (gest. am 21. Oct. 1278) die Expectanz auf eine Domherrn- stelle und Präbende in Sadská zugesichert ward. Als jedoch nach dem Tode des Domherrn Rehwinus in Sadská eine Präbende erledigt war, bat Peter den Bischof Thobias um die ihm gebührende Präbende und König Wenzel II. verwendete sich auch für ihn bei dem Bischofe. Letzterer willfahrte der Bitte jedoch erst dann, als Peter durch Zeugen nachwies, dass ihm keine Mackel bezüglich der Rechtmässigkeit der ehelichen Abstammung (die bezweifelt wurde) anklebe, da ihn sein Vater Angelus mit Petruša, mit der er eine legitime Ehe einging, früher gezeugt hat, als er eine Domherrnstelle und Präbende bei der Prager Kirche erhielt und bevor er den Grad eines Subdiaconus erlangte. Neben der Verleihung der Präbende erklärte ihn der Bischof zugleich für den Sprossen einer legitimen Ehe. 1) Dies ist am 26. September 1287 geschehen. Wir erfahren aber auch, da, dass sich der König für Peter verwendete, woraus wir schliessen, dass er demselben in irgend einer Weise näher stand. Es wird daher die Vermuthung nicht gewagt sein, wenn wir sagen, dass er schon damals in der königl. Hofkanzlei beschäftigt war. Im Herbste 1289 wurde ihm die Leitung der böhmischen Ab- theilung der Hofkanzlei übertragen. Am 23. August dieses Jahres datirte eine Urkunde Wenzels II. noch der Protonotar Welislaw, am 21. December desselben Jahres beglaubigt schon Mag. Peter als Protonotar 2) eine Urkunde desselben Herrschers, bei welcher Gelegen- heit Mag. Peter auch Wyšehrader Domherr genannt wird. Seit dieser Zeit unterzeichnet Mag. Peter als Protonotar des Königreichs Böhmen alle bis zum 4. Mai 1297 für Böhmen ausgestellten königlichen Urkunden. Mittlerweile wurde er wahrscheinlich im J. 1291 Prager, 1294 Breslauer und spätestens im J. 1296 auch Olmützer Domherr. Zu Anfang des letzteren Jahres war er bereits Pfarrer bei St. Peter in Brünn und nachdem diese Kirche zu einer Collegiatkirche erhoben war, wurde er Probst des bei ihr gestifteten Capitels. 3) Seit jener Zeit schreibt er sich „protonotarius regni et praepositus Brunnensis“.4) Im J. 1298 wird der Protonotar Mag. Peter unter den Mitgliedern des Bunzlauer Capitels erwähnt; °) ob er aber schon damals Canonicus der Krakauer und Leitmeritzer Kirche war oder es erst später wurde, wissen wir nicht anzugeben; nur soviel ist sicher, dass er am Schlusse des Jahres 1305 eine Domherrnstelle bei diesen Capiteln inne hatte. Nach dem Tode des Mag. Ulrich wurde er im J. 1305 Prager Probst und mit päpstlicher Bewilligung vom 13. Jänner 1306 erhielt er ferner die Anwartschaft auf die Probstei von Wyšehrad, die nach Peter von Aspelt am 1. April 1307 frei werden sollte. 6) Er nahm aber den Titel des Probstes von Wyšehrad und des Kanzlers des Königreiches gleich an, so dass er sich schon im Mai 1306 „praepositus s Cod. dipl. Mor. VI, 43—45. Reg. Boh. II, N. 1478, 1488. — Kopp (Geschichtsblätter aus der Schweiz I, 108, 109) gibt an, dass Peter schon am 10. Sept. 1289 als oberster Schreiber Wenzels II. erwähnt wird, doch wird weder der Inhalt noch der Ausstellungsort der Urkunde näher angegeben, und desshalb konnte sie auch nicht in die Regesten aufgenommen werden. Reg. Boh. II, N. 11, 1711. „ita ut deinceps rector eius, magister Petrus, prothonotarius regni Boemie et canonicus nostre ecclesie Olomucensis et successor eius . . . prepositus ipsius ecclesie s. Petri sit." Reg. Boh. II, N. 1724, 1725, 1752. Reg. Boh. II, N. 1795. 5) Reg. Boh. II, N. 2074. 1)
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49 Wissegradensis et Pragensis, regni Boemiae cancellarius" nennt; die Einkünfte der Wyše- hrader Probstei blieben jedoch dem Basler Bischofe Peter von Aspelt, dem sie, als er zum Erzbischofe von Mainz ernannt ward, vom Papste Clemens V. noch auf weitere 3 Jahre verliehen wurden. 1) Damals besass Mag. Petrus Angeli nachstehende Beneficien: die Prager und Wyšehrader Präposituren, dann Domherrnstellen in Prag, Olmütz, Breslau und Sadská, sowie in Krakau, Wyšehrad, Altbunzlau und Leitmeritz; die Brünner Präpositur hat er da- mals bereits aufgegeben. 2) Dies war eine seltene Cumulation von Pfründen in einer Hand, und deshalb wurde ihm vom Papste befohlen sich der vier zuletzt genannten Canonicate zu begeben (ut „praebendas in Cracoviensi, Wissegradensi, Bolezlaviensi et Lutomiricensi ecclesiis possessas dimittat.“) Im J. 1311 wurde der Kanzler Peter zum Bischofe von Olmütz ge- wählt und machte als „electus Olomucensis“ bei Clemens V. die Vorstellung, dass das Ol- mützer Bisthum in temporalibus so herabgekommen sei, dass es nur schwer emporgebracht werden kann, und bat deshalb den Papst um geeignete Abhilfe. Dieser gestattete ihm die Probsteien, die er bei der Prager und Wyšehrader Kirche, und die Domherrnstellen und Prae- benden, die er bei der Prager, Breslauer und Sadskaer Kirche, sowie die Obedienzen, die er bei der Prager, Wysehrader und Sadskaer Kirche besass, noch durch 10 Jahre neben dem Bisthum von Olmütz — von der Zeit nach der Consecration gerechnet — zu behalten und die Einkünfte derselben zu beziehen. 3) Dies war vielleicht der Grund, warum Peter mit der Consecration nicht eilte; denn noch im J. 1313 (28. Apr.) wird er vom Papste Clemens V. electus Olomucensis titulirt, als ihm dieser gestattet die Präposituren, Canonicate, Präbenden und Obedienzen, deren Einkünfte ihm, wie eben gesagt wurde, neben dem Bisthum noch auf 10 Jahre überlassen wurden, während dieser Zeit an geeignete Personen zu übertra- gen. 4) Trotz dieser Pfründencumulation starb Bischof Peter, der wahrscheinlich die böhmische Kanzlerwürde wenigstens nominell bis zu seinem Tode behalten hat, am 7. Juni 1316 in so dürftigen Verhältnissen, dass er kaum so viel hinterliess, um beerdigt werden zu können. Der Chronist von Königsaal sagt darüber: "Hic licet prepositus Pragensis et Wyschehradensis simul et regni Bohemiae cancellarius diu fuerit et omnibus divitiis plenus in vita extiterit, in morte sua vix tantum sibi remansit, quod poterat sepeliri.“ 5) Was nun die Thätigkeit des Mag. Peter in der königlichen Hofkanzlei anbelangt, so haben wir schon oben gesagt, dass er vom Ende des J 1289 bis zum Mai 1297 die böhmische Abtheilung derselben als Protonotar leitete; nur fügen wir noch bei, dass er in dieser Eigen- schaft in der Hofkanzlei auch dann blieb, als der Kanzler die ganze Geschäftsleitung an sich zog, ohne jedoch diese seine Thätigkeit äusserlich zu manifestiren, so lange König Wenzel II. am Leben war. Wir erklärten dies oben als eine Folge irgend einer Verein- barung des Königs mit Peter von Aspelt, als dieser in böhmische Dienste trat. Denn ob- 1) Reg. Boh. II, N. 2117. 2) Daselbst II, N. 2072 . .. „libertatibus frui debeant et gaudere, quibus eo tempore, quo mag. Petrus, protonotarius noster nunc Pragensis prepositus, fuit ibidem prepositus, sunt gauisi.“ Cod. dipl. Mor. VI, 45. Daselbst VI, S. 49. 5) Dobner, Mon. Boh. hist. V, 349.
49 Wissegradensis et Pragensis, regni Boemiae cancellarius" nennt; die Einkünfte der Wyše- hrader Probstei blieben jedoch dem Basler Bischofe Peter von Aspelt, dem sie, als er zum Erzbischofe von Mainz ernannt ward, vom Papste Clemens V. noch auf weitere 3 Jahre verliehen wurden. 1) Damals besass Mag. Petrus Angeli nachstehende Beneficien: die Prager und Wyšehrader Präposituren, dann Domherrnstellen in Prag, Olmütz, Breslau und Sadská, sowie in Krakau, Wyšehrad, Altbunzlau und Leitmeritz; die Brünner Präpositur hat er da- mals bereits aufgegeben. 2) Dies war eine seltene Cumulation von Pfründen in einer Hand, und deshalb wurde ihm vom Papste befohlen sich der vier zuletzt genannten Canonicate zu begeben (ut „praebendas in Cracoviensi, Wissegradensi, Bolezlaviensi et Lutomiricensi ecclesiis possessas dimittat.“) Im J. 1311 wurde der Kanzler Peter zum Bischofe von Olmütz ge- wählt und machte als „electus Olomucensis“ bei Clemens V. die Vorstellung, dass das Ol- mützer Bisthum in temporalibus so herabgekommen sei, dass es nur schwer emporgebracht werden kann, und bat deshalb den Papst um geeignete Abhilfe. Dieser gestattete ihm die Probsteien, die er bei der Prager und Wyšehrader Kirche, und die Domherrnstellen und Prae- benden, die er bei der Prager, Breslauer und Sadskaer Kirche, sowie die Obedienzen, die er bei der Prager, Wysehrader und Sadskaer Kirche besass, noch durch 10 Jahre neben dem Bisthum von Olmütz — von der Zeit nach der Consecration gerechnet — zu behalten und die Einkünfte derselben zu beziehen. 3) Dies war vielleicht der Grund, warum Peter mit der Consecration nicht eilte; denn noch im J. 1313 (28. Apr.) wird er vom Papste Clemens V. electus Olomucensis titulirt, als ihm dieser gestattet die Präposituren, Canonicate, Präbenden und Obedienzen, deren Einkünfte ihm, wie eben gesagt wurde, neben dem Bisthum noch auf 10 Jahre überlassen wurden, während dieser Zeit an geeignete Personen zu übertra- gen. 4) Trotz dieser Pfründencumulation starb Bischof Peter, der wahrscheinlich die böhmische Kanzlerwürde wenigstens nominell bis zu seinem Tode behalten hat, am 7. Juni 1316 in so dürftigen Verhältnissen, dass er kaum so viel hinterliess, um beerdigt werden zu können. Der Chronist von Königsaal sagt darüber: "Hic licet prepositus Pragensis et Wyschehradensis simul et regni Bohemiae cancellarius diu fuerit et omnibus divitiis plenus in vita extiterit, in morte sua vix tantum sibi remansit, quod poterat sepeliri.“ 5) Was nun die Thätigkeit des Mag. Peter in der königlichen Hofkanzlei anbelangt, so haben wir schon oben gesagt, dass er vom Ende des J 1289 bis zum Mai 1297 die böhmische Abtheilung derselben als Protonotar leitete; nur fügen wir noch bei, dass er in dieser Eigen- schaft in der Hofkanzlei auch dann blieb, als der Kanzler die ganze Geschäftsleitung an sich zog, ohne jedoch diese seine Thätigkeit äusserlich zu manifestiren, so lange König Wenzel II. am Leben war. Wir erklärten dies oben als eine Folge irgend einer Verein- barung des Königs mit Peter von Aspelt, als dieser in böhmische Dienste trat. Denn ob- 1) Reg. Boh. II, N. 2117. 2) Daselbst II, N. 2072 . .. „libertatibus frui debeant et gaudere, quibus eo tempore, quo mag. Petrus, protonotarius noster nunc Pragensis prepositus, fuit ibidem prepositus, sunt gauisi.“ Cod. dipl. Mor. VI, 45. Daselbst VI, S. 49. 5) Dobner, Mon. Boh. hist. V, 349.
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50 gleich der Kanzler Peter von Aspelt in den letzten Tagen der Regierung Wenzels II. abwesend war, und der Protonotar Petrus Angeli sich in der Umgebung des Königs befand,1) und dieser damals verhältnissmässig viele Urkunden ausstellen liess, durch die er vor seinem Tode den Schaden gut machen wollte, den er mehreren geistlichen Körperschaften zugefügt hatte, so beglaubigt er dennoch keine einzige dieser Urkunden. Aber gleich nach dem Regie- rungsantritte Wenzels III. datirt er zuerst in der Eigenschaft des Protonotars und seit Mai 1306 in jener des Kanzlers alle in der königlichen Hofkanzlei ausgestellten Urkunden, ob sie nun für Böhmen oder Mähren oder Polen bestimmt waren. 2) Man sieht, dass das Beispiel Peters von Aspelt Nachahmung fand und eine gewisse Centralisation der Kanzleigeschäfte zur Folge hatte. In welchem Verhältnisse der Kanzler zum Könige Rudolf I. stand, wissen wir aus Mangel an Quellen nicht anzugeben. Die Urkunden dieses Königs sind sehr selten und tragen keinen Datar. Der letztere Umstand tritt auch bei den Urkunden des Königs Heinrich des Kärnthners auf, in dessen Umgebung Petrus Angeli jedoch häufiger verweilt zu haben scheint. Dies geht daraus hervor, dass Peter den König auch ausserhalb Prags begleitete und in königlichen Urkunden, wenn auch nicht in der Datirungszeile, so doch als Mitwisser der Handlung genannt wird. Dies gilt namentlich von zwei Schuldverschreibungen Heinrichs an die Urbur und Münze von Kuttenberg vom Juni 1308 und Nov. 1309, bei welcher Gele- genheit er vom Könige einmal als „princeps et cancellarius noster dilectus" und das zweite- mal als „cancellarius noster dilectus“ erwähnt wird. 3) Auch die Gefangennahme Peters, „des Kanzlers des Königreiches Böhmen" im Februar oder März 1309 zugleich mit den an- dern Landesbeamten durch Prager und Kuttenberger Bürger, gestattet den Schluss, dass er unter Heinrich dem Kärnthner seine Thätigkeit in der Hofkanzlei nicht aufgab, obgleich dieselbe jetzt aus Mangel an Quellen nicht näher bestimmt werden kann. Magister Peter von Aspelt und Petrus Angeli wurden bis jetzt für eine und dieselbe Person angesehen und zwar als Peter von Aspelt oder Aichspalter. Auch in der neuesten Publikation über diesen Staatsmann, 4) die neben vielen guten Seiten auch viele Vermuthungen enthält, die vor dem Forum der historischen Kritik nicht bestehen werden, ist das Ver- hältniss dieser Männer so aufgefasst, dass Peter von Aspelt im J. 1289 durch Vermittlung des römischen Königs in die Dienste Wenzels II. trat, dass er zuerst Protonotar, dann Probst von Wysehrad und böhmischer Kanzler, dann Bischof von Basel und schliesslich Erzbischof von Mainz wurde. Indessen belehrt uns eine eingehendere Vergleichung der Quellen, dass wir es mit zwei Personen zu thun haben und dass Peter von Aspelt nie böhmischer Proto- notar war. Dass sich die Sache wirklich so verhält, kann aus Folgendem entnommen werden: 2) 3) 1) Rex ad se vocauit filium suum Wenceslaum, regis successorem, dominum Petrum, suum cancellarium, nunc Olomucensem episcopum Heynmannum de Duba . .. (Dobner, Mon. V, S. 149.) Peter wird hier Kanzler genannt, doch kanu da kein Zweifel obwalten, dass es Petrus Angeli ist, da dieser später wirklich Bischof von Olmütz wurde. Dass ihn der Chronist bereits Kanzler nennt, ist eine Ungenauigkeit des Chronisten, die sich leicht dadurch erklären lässt, dass Peter um ein Jahr später wirklich Kanzler von Böhmen wurde. Reg. Boh. II, N. 2042, 2058, 2059, 2065, 2066, 2068, 2069, 2071, 2090. Reg. Boh. II, N. 2178, 2202. 4) Jul. Heidemann: Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann.
50 gleich der Kanzler Peter von Aspelt in den letzten Tagen der Regierung Wenzels II. abwesend war, und der Protonotar Petrus Angeli sich in der Umgebung des Königs befand,1) und dieser damals verhältnissmässig viele Urkunden ausstellen liess, durch die er vor seinem Tode den Schaden gut machen wollte, den er mehreren geistlichen Körperschaften zugefügt hatte, so beglaubigt er dennoch keine einzige dieser Urkunden. Aber gleich nach dem Regie- rungsantritte Wenzels III. datirt er zuerst in der Eigenschaft des Protonotars und seit Mai 1306 in jener des Kanzlers alle in der königlichen Hofkanzlei ausgestellten Urkunden, ob sie nun für Böhmen oder Mähren oder Polen bestimmt waren. 2) Man sieht, dass das Beispiel Peters von Aspelt Nachahmung fand und eine gewisse Centralisation der Kanzleigeschäfte zur Folge hatte. In welchem Verhältnisse der Kanzler zum Könige Rudolf I. stand, wissen wir aus Mangel an Quellen nicht anzugeben. Die Urkunden dieses Königs sind sehr selten und tragen keinen Datar. Der letztere Umstand tritt auch bei den Urkunden des Königs Heinrich des Kärnthners auf, in dessen Umgebung Petrus Angeli jedoch häufiger verweilt zu haben scheint. Dies geht daraus hervor, dass Peter den König auch ausserhalb Prags begleitete und in königlichen Urkunden, wenn auch nicht in der Datirungszeile, so doch als Mitwisser der Handlung genannt wird. Dies gilt namentlich von zwei Schuldverschreibungen Heinrichs an die Urbur und Münze von Kuttenberg vom Juni 1308 und Nov. 1309, bei welcher Gele- genheit er vom Könige einmal als „princeps et cancellarius noster dilectus" und das zweite- mal als „cancellarius noster dilectus“ erwähnt wird. 3) Auch die Gefangennahme Peters, „des Kanzlers des Königreiches Böhmen" im Februar oder März 1309 zugleich mit den an- dern Landesbeamten durch Prager und Kuttenberger Bürger, gestattet den Schluss, dass er unter Heinrich dem Kärnthner seine Thätigkeit in der Hofkanzlei nicht aufgab, obgleich dieselbe jetzt aus Mangel an Quellen nicht näher bestimmt werden kann. Magister Peter von Aspelt und Petrus Angeli wurden bis jetzt für eine und dieselbe Person angesehen und zwar als Peter von Aspelt oder Aichspalter. Auch in der neuesten Publikation über diesen Staatsmann, 4) die neben vielen guten Seiten auch viele Vermuthungen enthält, die vor dem Forum der historischen Kritik nicht bestehen werden, ist das Ver- hältniss dieser Männer so aufgefasst, dass Peter von Aspelt im J. 1289 durch Vermittlung des römischen Königs in die Dienste Wenzels II. trat, dass er zuerst Protonotar, dann Probst von Wysehrad und böhmischer Kanzler, dann Bischof von Basel und schliesslich Erzbischof von Mainz wurde. Indessen belehrt uns eine eingehendere Vergleichung der Quellen, dass wir es mit zwei Personen zu thun haben und dass Peter von Aspelt nie böhmischer Proto- notar war. Dass sich die Sache wirklich so verhält, kann aus Folgendem entnommen werden: 2) 3) 1) Rex ad se vocauit filium suum Wenceslaum, regis successorem, dominum Petrum, suum cancellarium, nunc Olomucensem episcopum Heynmannum de Duba . .. (Dobner, Mon. V, S. 149.) Peter wird hier Kanzler genannt, doch kanu da kein Zweifel obwalten, dass es Petrus Angeli ist, da dieser später wirklich Bischof von Olmütz wurde. Dass ihn der Chronist bereits Kanzler nennt, ist eine Ungenauigkeit des Chronisten, die sich leicht dadurch erklären lässt, dass Peter um ein Jahr später wirklich Kanzler von Böhmen wurde. Reg. Boh. II, N. 2042, 2058, 2059, 2065, 2066, 2068, 2069, 2071, 2090. Reg. Boh. II, N. 2178, 2202. 4) Jul. Heidemann: Peter von Aspelt als Kirchenfürst und Staatsmann.
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51 a) Das Chronicon Aulae Regiae und zwei Bullen des Papstes Clemens V. haben uns die Nachricht erhalten, dass der Olmützer Bischof Peter (1311—1316) früher lange Kanzler von Böhmen und Prager und Wyšehrader Probst war. 1) Eine Bulle desselben Papstes vom 13. Jänner 13062) gestattet dem Prager Probste und Notar (= Protonotar) des Königs von Böhmen Mag. Peter die Nachfolge in der Wyšehrader Probstei, was auch die Nachfolge in der böhmischen Kanzlerwürde mit sich brachte. Aus den zuerst erwähnten Bullen wissen wir, dass der Bischof Peter neben dem Olmützer Bisthum auch die Probsteien von Prag und Wyšehrad und die Canonicate in Prag, Breslau und Sadská behalten durfte; die Bulle vom 13. Jänner gestattet dem Mag. Peter, Protonotar des Königs neben den zwei eben erwähnten Probsteien auch den Besitz der Domherrnstellen in Prag, Breslau, Sadská und Olmütz, ge- bietet ihm hingegen das Aufgeben der Domherrnstellen in Krakau, Wyšehrad, Altbunzlau und Leitmeritz. Wenn wir nun diese Daten einander entgegenhalten, so kann kein Zweifel darüber obwalten, dass der in den zuerst angeführten Quellen vorkommende Olmützer Bischof Peter mit dem gleichnamigen Notar (= Protonotar) der Bulle vom 13. Jänner 1306 identisch ist. — Aus einem Diplom Wenzels III. vom 10. Jänner 1306 erfahren wir, dass dieser Proto- notar und Prager Probst früher Probst bei St. Peter in Brünn war.3) Ihn unterscheidet aber ein Diplom Wenzels II. vom 22. Juli 1297 deutlich von dem gleichnamigen böhmischen Kanzler, dem Bischof von Basel und Probst von Wyšehrad. 4) Denn über Verwendung des Protonotars und Probstes bei St. Peter in Brünn Mag. Peter wird von dem Könige das Patronatsrecht dieser Kirche dem Kloster von Tišnowic zugesprochen, wogegen der Bischof von Basel und Probst von Wyšehrad, anch Mag. Peter genannt, diese Urkunde als böhmischer Kanzler beglaubigt. Es ist also der Protonotar und Probst von St. Peter in Brünn Mag. Peter verschieden von dem gleichnamigen Kanzler und Basler Bischof und Probst von Wyše- hrad. Nun wissen wir, dass Mag. Peter, der Probst von St. Peter in Brünn, schon zu Leb- zeiten Johanns, des Wyšehrader Probstes und Kanzlers des Königreiches, Protonotar von Böhmen war, 5) woraus folgt, dass Mag. Peter von Aspelt dieses Amt, welches ein anderer besass, vor seiner Beförderung zum Wyšehrader Probste und Kanzler des Königreichs nicht bekleidete, dass man also auch nicht annehmen darf, dass ihm vielleicht der Brünner Probst Peter nach seiner Beförderung zum Kanzler in der Protonotarswürde nachfolgte. Es ist nun darzuthun, dass der Brünner Probst und Protonotar Mag. Peter vom J. 1296 und 1297 dieselbe Person ist mit dem gleichnamigen Protonotar, der in den J. 1289 bis 1295 die böhmischen Urkunden Wenzels II. beglaubigte und zuerst als Wyšehrader, dann auch als Prager und Breslauer Domherr genannt wird. Wenn wir die Beneficien des in den Jahren 1289—1295 häufig erwähnten Protonotars Peter mit den Beneficien des gleichnamigen Protonotars und Prager Probstes, die in der oft citirten Bulle Clemens V. vom 13. Jänner 1) Dobner, Mon. V, 149, 349. — Cod. dipl. Mor. VI, S. 45 und 49. 8) Reg. Boh. II, N. 2074. Reg. Boh. II, N. 2072 . . . . quod ipsius prepositure (i. e. S. Petri Brunnensis) prepositi eisdem iuri- bus frui debeant, „quibus eo tempore. quo mag. Petrus, protonotarius noster, nunc Prag. prepositus, sunt gauisi.“ Reg. Boh. II, N. 1761. 7) Reg. Boh. II, 1711, 1724, 1725.
51 a) Das Chronicon Aulae Regiae und zwei Bullen des Papstes Clemens V. haben uns die Nachricht erhalten, dass der Olmützer Bischof Peter (1311—1316) früher lange Kanzler von Böhmen und Prager und Wyšehrader Probst war. 1) Eine Bulle desselben Papstes vom 13. Jänner 13062) gestattet dem Prager Probste und Notar (= Protonotar) des Königs von Böhmen Mag. Peter die Nachfolge in der Wyšehrader Probstei, was auch die Nachfolge in der böhmischen Kanzlerwürde mit sich brachte. Aus den zuerst erwähnten Bullen wissen wir, dass der Bischof Peter neben dem Olmützer Bisthum auch die Probsteien von Prag und Wyšehrad und die Canonicate in Prag, Breslau und Sadská behalten durfte; die Bulle vom 13. Jänner gestattet dem Mag. Peter, Protonotar des Königs neben den zwei eben erwähnten Probsteien auch den Besitz der Domherrnstellen in Prag, Breslau, Sadská und Olmütz, ge- bietet ihm hingegen das Aufgeben der Domherrnstellen in Krakau, Wyšehrad, Altbunzlau und Leitmeritz. Wenn wir nun diese Daten einander entgegenhalten, so kann kein Zweifel darüber obwalten, dass der in den zuerst angeführten Quellen vorkommende Olmützer Bischof Peter mit dem gleichnamigen Notar (= Protonotar) der Bulle vom 13. Jänner 1306 identisch ist. — Aus einem Diplom Wenzels III. vom 10. Jänner 1306 erfahren wir, dass dieser Proto- notar und Prager Probst früher Probst bei St. Peter in Brünn war.3) Ihn unterscheidet aber ein Diplom Wenzels II. vom 22. Juli 1297 deutlich von dem gleichnamigen böhmischen Kanzler, dem Bischof von Basel und Probst von Wyšehrad. 4) Denn über Verwendung des Protonotars und Probstes bei St. Peter in Brünn Mag. Peter wird von dem Könige das Patronatsrecht dieser Kirche dem Kloster von Tišnowic zugesprochen, wogegen der Bischof von Basel und Probst von Wyšehrad, anch Mag. Peter genannt, diese Urkunde als böhmischer Kanzler beglaubigt. Es ist also der Protonotar und Probst von St. Peter in Brünn Mag. Peter verschieden von dem gleichnamigen Kanzler und Basler Bischof und Probst von Wyše- hrad. Nun wissen wir, dass Mag. Peter, der Probst von St. Peter in Brünn, schon zu Leb- zeiten Johanns, des Wyšehrader Probstes und Kanzlers des Königreiches, Protonotar von Böhmen war, 5) woraus folgt, dass Mag. Peter von Aspelt dieses Amt, welches ein anderer besass, vor seiner Beförderung zum Wyšehrader Probste und Kanzler des Königreichs nicht bekleidete, dass man also auch nicht annehmen darf, dass ihm vielleicht der Brünner Probst Peter nach seiner Beförderung zum Kanzler in der Protonotarswürde nachfolgte. Es ist nun darzuthun, dass der Brünner Probst und Protonotar Mag. Peter vom J. 1296 und 1297 dieselbe Person ist mit dem gleichnamigen Protonotar, der in den J. 1289 bis 1295 die böhmischen Urkunden Wenzels II. beglaubigte und zuerst als Wyšehrader, dann auch als Prager und Breslauer Domherr genannt wird. Wenn wir die Beneficien des in den Jahren 1289—1295 häufig erwähnten Protonotars Peter mit den Beneficien des gleichnamigen Protonotars und Prager Probstes, die in der oft citirten Bulle Clemens V. vom 13. Jänner 1) Dobner, Mon. V, 149, 349. — Cod. dipl. Mor. VI, S. 45 und 49. 8) Reg. Boh. II, N. 2074. Reg. Boh. II, N. 2072 . . . . quod ipsius prepositure (i. e. S. Petri Brunnensis) prepositi eisdem iuri- bus frui debeant, „quibus eo tempore. quo mag. Petrus, protonotarius noster, nunc Prag. prepositus, sunt gauisi.“ Reg. Boh. II, N. 1761. 7) Reg. Boh. II, 1711, 1724, 1725.
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52 1306 aufgezählt werden, vergleichen, so drängt sich uns die Uiberzeugung auf, dass diese Personen identisch sind. Beide haben die Magisterwürde, beide drei gleiche Domherren- stellen, beide bekleiden dasselbe Amt. Es müsste wahrlich ein ungewöhnlicher Zufall ob- walten, wenn unmittelbar auf einander zwei Persönlichkeiten desselben Namens in demselben Amte und in so vielen gleichen Beneficien auf einander folgen würden! Eine Bulle des Papstes Clemens V. vom 13. Juli 1312 bestätigt Peter, dem gewählten Bischof von Olmütz (electo Olomucensi), einen Brief des Prager Bischofs Thobias vom J. 1287,1) in welchem ihm dieser eine Präbende in Sadská zutheilt und ihm überdies bezeugt, dass er aus legitimer Ehe entsprossen, indem ihn sein Vater Angelus de Pontecurvo mit Petruša erzeugt hat, bevor er eine Domherrnstelle und Präbende bei der Prager Kirche und den Grad eines Subdiacons erlangt hatte. Der Olmützer Bischof Peter war also ein Sohn des Angelus von Pontecurvo. Dies alles zusammengefasst führt uns zu der Erkenntniss, dass der Domherr von Sadská, Petrus Angeli, identisch ist mit dem Protonotar Peter, der dieses Amt seit dem Jahre 1289 bekleidete, dann Wyšehrader, Prager, Breslauer, Krakauer, Leitmeritzer, Bunzlauer und Olmützer Domherr, 1296 Brünner, 1305 Prager, 1306 wenigstens dem Titel nach auch Wy- sehrader Probst und Kanzler von Böhmen und im J. 1311 Bischof von Olmütz wurde. Er war also eine andere Person als Peter von Aspelt und stammte auch nicht, wie man bisher fast allgemein angenommen hat, aus der Familie der Herren von Lomnitz. b) Peter von Aspelt hatte die böhmische Kanzlerwürde in den Jahren 1297—1306 inne, wie sich aus zahlreichen böhmischen und Basler Urkunden nachweisen lässt. In der- selben Zeit wird aber auch ein gleichnamiger Protonotar genannt, der im J. 1298 als Bunz- lauer Domherr 2) und im Jahre 1305 und im Anfange des Jahres 1306 als Prager Probst häufig vorkömmt, so dass sich durch die ganze Zeit (1297—1306) zwei Personen, die einen gleichen Namen tragen, die eine als Protonotar, die andere als Kanzler in der böhmischen Hofkanzlei nachweisen lassen. c) Dass der Kanzler Mag. Peter von Aspelt mit dem gleichnamigen in den Jahren 1289—1295 genannten Protonotar von Böhmen nicht identisch ist, wird übrigens auch durch nachfolgende Wahrnehmung unterstützt. In den zahlreichen Urkunden, die der Protonotar Peter in den eben erwähnten Jahren beglaubigt, wird nie der Titel desselben als Probst von Trier oder Bingen beigesetzt, aber häufig die Domherrnwürde der Wyšehrader, Prager und Breslauer Kirche. Als aber Protonotar Peter Probst bei St. Peter in Brünn wurde, hat er sich nur des letzteren Titels bedient, die niederen Domherrnwürden hingegen nicht mehr beigefügt. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass sich der Protonotar in früheren Jahren mit dem niederen Titel eines Canonicus begnügt hätte, wenn er Probst in Trier und Bingen gewesen wäre, besonders wenn wir nicht unbeachtet lassen, wie genau er die eine Domherrn- stelle neben der andern setzt, wenn er in die Lage kommt, es thun zu können. 4. Andere Mitglieder der Hofkanzlei Wenzels II. In den Jahren 1303—1305 wird als Protonotar Wenzels II. Mag. Johannes von Schlackenwerth angeführt. Da wir wissen, 1) Cod. dipl. Mor. VI, S. 43. 2) Reg. Boh. II, N. 1795.
52 1306 aufgezählt werden, vergleichen, so drängt sich uns die Uiberzeugung auf, dass diese Personen identisch sind. Beide haben die Magisterwürde, beide drei gleiche Domherren- stellen, beide bekleiden dasselbe Amt. Es müsste wahrlich ein ungewöhnlicher Zufall ob- walten, wenn unmittelbar auf einander zwei Persönlichkeiten desselben Namens in demselben Amte und in so vielen gleichen Beneficien auf einander folgen würden! Eine Bulle des Papstes Clemens V. vom 13. Juli 1312 bestätigt Peter, dem gewählten Bischof von Olmütz (electo Olomucensi), einen Brief des Prager Bischofs Thobias vom J. 1287,1) in welchem ihm dieser eine Präbende in Sadská zutheilt und ihm überdies bezeugt, dass er aus legitimer Ehe entsprossen, indem ihn sein Vater Angelus de Pontecurvo mit Petruša erzeugt hat, bevor er eine Domherrnstelle und Präbende bei der Prager Kirche und den Grad eines Subdiacons erlangt hatte. Der Olmützer Bischof Peter war also ein Sohn des Angelus von Pontecurvo. Dies alles zusammengefasst führt uns zu der Erkenntniss, dass der Domherr von Sadská, Petrus Angeli, identisch ist mit dem Protonotar Peter, der dieses Amt seit dem Jahre 1289 bekleidete, dann Wyšehrader, Prager, Breslauer, Krakauer, Leitmeritzer, Bunzlauer und Olmützer Domherr, 1296 Brünner, 1305 Prager, 1306 wenigstens dem Titel nach auch Wy- sehrader Probst und Kanzler von Böhmen und im J. 1311 Bischof von Olmütz wurde. Er war also eine andere Person als Peter von Aspelt und stammte auch nicht, wie man bisher fast allgemein angenommen hat, aus der Familie der Herren von Lomnitz. b) Peter von Aspelt hatte die böhmische Kanzlerwürde in den Jahren 1297—1306 inne, wie sich aus zahlreichen böhmischen und Basler Urkunden nachweisen lässt. In der- selben Zeit wird aber auch ein gleichnamiger Protonotar genannt, der im J. 1298 als Bunz- lauer Domherr 2) und im Jahre 1305 und im Anfange des Jahres 1306 als Prager Probst häufig vorkömmt, so dass sich durch die ganze Zeit (1297—1306) zwei Personen, die einen gleichen Namen tragen, die eine als Protonotar, die andere als Kanzler in der böhmischen Hofkanzlei nachweisen lassen. c) Dass der Kanzler Mag. Peter von Aspelt mit dem gleichnamigen in den Jahren 1289—1295 genannten Protonotar von Böhmen nicht identisch ist, wird übrigens auch durch nachfolgende Wahrnehmung unterstützt. In den zahlreichen Urkunden, die der Protonotar Peter in den eben erwähnten Jahren beglaubigt, wird nie der Titel desselben als Probst von Trier oder Bingen beigesetzt, aber häufig die Domherrnwürde der Wyšehrader, Prager und Breslauer Kirche. Als aber Protonotar Peter Probst bei St. Peter in Brünn wurde, hat er sich nur des letzteren Titels bedient, die niederen Domherrnwürden hingegen nicht mehr beigefügt. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass sich der Protonotar in früheren Jahren mit dem niederen Titel eines Canonicus begnügt hätte, wenn er Probst in Trier und Bingen gewesen wäre, besonders wenn wir nicht unbeachtet lassen, wie genau er die eine Domherrn- stelle neben der andern setzt, wenn er in die Lage kommt, es thun zu können. 4. Andere Mitglieder der Hofkanzlei Wenzels II. In den Jahren 1303—1305 wird als Protonotar Wenzels II. Mag. Johannes von Schlackenwerth angeführt. Da wir wissen, 1) Cod. dipl. Mor. VI, S. 43. 2) Reg. Boh. II, N. 1795.
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53 dass in jener Zeit als Protonotar von Böhmen Mag. Petrus Angeli fungirte, so muss man annehmen, dass er entweder polnischer oder mährischer Protonotar war. Er war decretorum doctor und Prager Domherr. Beim Könige Wenzel II. erfreute er sich eines besonderen Vertrauens, da wir ihn im Kreise jener Personen finden, welche den König am Sterbebette umgaben. 1) — Im ähnlichen Verhältnisse zum Könige finden wir den Prager Domherrn Heinrich, den Sohn des Sturm (Heinricus Sturmonis), von welchem von dem Königsaaler Chro- nisten erzählt wird, dass er Notar von Mähren und einer der vier Auserwählten war, die Wenzel II. zu seinen Testamentsexekutoren bestimmte. 2) — Ein Diplom Wenzels II. für Mladota von Drast vom J. 1305 trägt die Beglaubigung eines Mag. Wilhelm, 3) der könig- licher Sekretär, Prager, Wyšehrader und Olmützer Domherr gewesen sein soll. Da jedoch der Titel Wenzels II. in dieser Urkunde und die Regierungsjahre mit der angeführten Jahres- zahl nicht übereinstimmen und auch der Name Wilhelm unter den Domherren der citirten Capitel in jener Zeit nicht vorkommt, so müssen wir die Urkunde für unecht erklären oder sie vor das Jahr 1289 setzen und den Namen Wilhelm für eine Corrumpirung des Namens Welislaw ansehen. — Ob der im J. 1290 genannte königliche Notar Hermann (Ermannus) 4) der königlichen Hofkanzlei angehörte oder zum Könige in einem andern Dienstverhältnisse stand, lässt sich jetzt nicht mehr bestimmen. Dasselbe gilt von Johannes de Sarow, 5) der 1293 als Notarius regis und in einer Formel als Notarius terrae erwähnt wird, obgleich um diese Zeit (1284—1295) das letztere Amt Radoslaw bekleidete. Neben der böhmischen und mährischen Abtheilung scheint in der Hofkanzlei Wen- zels II. auch eine Abtheilung für polnische Angelegenheiten bestanden zu haben. Auf ihre Exi- stenz deutet das Diplom Wenzels II. vom 8. November 1292 für Heinrich den Advokaten von Podolin hin, welches die Beglaubigung Heinrichs, "super Cracoviam et Sandomeriam proto- notarii“, trägt. Er scheint dieselbe Person zu sein, die um einige Tage früher (3. November 1292) unter dem Namen Henricus Quazonis ein den Bürgern von Sandec von Wenzel II. ertheiltes Privilegium unterzeichnete.5) — Ja in dem Diplome Wenzels II. für das Bisthum Krakau ddto 1293, 31. Dec. erscheint als Datar ein Krakauer Kanzler Namens Pakoslaw („nostri cancellarii Cracouiensis“), wodurch man zur Annahme geführt werden könnte, dass für die polnischen Länder nicht blos eine eigene Abtheilung in der Hofkanzlei Wenzels II. vorhanden war, sondern sogar eine selbständige Kanzlei bestanden habe. Doch ist die That- sache nicht zu verschweigen, dass der Protonotar für Böhmen Mag. Peter im J. 1291 und der Protonotar für Mähren Mag. Johannes im J. 1294 Urkunden, die für die Krakauer Kirche ausgestellt waren, beglaubigten, und dass später unter Wenzel III. durch den Protonotar Mag. Peter dasselbe geschehen ist. 7) Es ist uns bei dem verhältnissmässig geringen Vor- 3) 6) 1) Reg. Boh. II, N. 2768, 1961, 1993, 2017, 2041, 2046. — Chronicon Aulae Regiae; Dobner, Mon. V, 149. 2) Dobner, Mon. V, 149. vV Reg. Boh. II, N. 2025. Reg. Boh. II, N. 1525. Reg. Boh. II, N. 1633. Reg. Boh. II, N. 1596, 2743. 7) Reg. Boh. II, N. 1552, 2746, 2042.
53 dass in jener Zeit als Protonotar von Böhmen Mag. Petrus Angeli fungirte, so muss man annehmen, dass er entweder polnischer oder mährischer Protonotar war. Er war decretorum doctor und Prager Domherr. Beim Könige Wenzel II. erfreute er sich eines besonderen Vertrauens, da wir ihn im Kreise jener Personen finden, welche den König am Sterbebette umgaben. 1) — Im ähnlichen Verhältnisse zum Könige finden wir den Prager Domherrn Heinrich, den Sohn des Sturm (Heinricus Sturmonis), von welchem von dem Königsaaler Chro- nisten erzählt wird, dass er Notar von Mähren und einer der vier Auserwählten war, die Wenzel II. zu seinen Testamentsexekutoren bestimmte. 2) — Ein Diplom Wenzels II. für Mladota von Drast vom J. 1305 trägt die Beglaubigung eines Mag. Wilhelm, 3) der könig- licher Sekretär, Prager, Wyšehrader und Olmützer Domherr gewesen sein soll. Da jedoch der Titel Wenzels II. in dieser Urkunde und die Regierungsjahre mit der angeführten Jahres- zahl nicht übereinstimmen und auch der Name Wilhelm unter den Domherren der citirten Capitel in jener Zeit nicht vorkommt, so müssen wir die Urkunde für unecht erklären oder sie vor das Jahr 1289 setzen und den Namen Wilhelm für eine Corrumpirung des Namens Welislaw ansehen. — Ob der im J. 1290 genannte königliche Notar Hermann (Ermannus) 4) der königlichen Hofkanzlei angehörte oder zum Könige in einem andern Dienstverhältnisse stand, lässt sich jetzt nicht mehr bestimmen. Dasselbe gilt von Johannes de Sarow, 5) der 1293 als Notarius regis und in einer Formel als Notarius terrae erwähnt wird, obgleich um diese Zeit (1284—1295) das letztere Amt Radoslaw bekleidete. Neben der böhmischen und mährischen Abtheilung scheint in der Hofkanzlei Wen- zels II. auch eine Abtheilung für polnische Angelegenheiten bestanden zu haben. Auf ihre Exi- stenz deutet das Diplom Wenzels II. vom 8. November 1292 für Heinrich den Advokaten von Podolin hin, welches die Beglaubigung Heinrichs, "super Cracoviam et Sandomeriam proto- notarii“, trägt. Er scheint dieselbe Person zu sein, die um einige Tage früher (3. November 1292) unter dem Namen Henricus Quazonis ein den Bürgern von Sandec von Wenzel II. ertheiltes Privilegium unterzeichnete.5) — Ja in dem Diplome Wenzels II. für das Bisthum Krakau ddto 1293, 31. Dec. erscheint als Datar ein Krakauer Kanzler Namens Pakoslaw („nostri cancellarii Cracouiensis“), wodurch man zur Annahme geführt werden könnte, dass für die polnischen Länder nicht blos eine eigene Abtheilung in der Hofkanzlei Wenzels II. vorhanden war, sondern sogar eine selbständige Kanzlei bestanden habe. Doch ist die That- sache nicht zu verschweigen, dass der Protonotar für Böhmen Mag. Peter im J. 1291 und der Protonotar für Mähren Mag. Johannes im J. 1294 Urkunden, die für die Krakauer Kirche ausgestellt waren, beglaubigten, und dass später unter Wenzel III. durch den Protonotar Mag. Peter dasselbe geschehen ist. 7) Es ist uns bei dem verhältnissmässig geringen Vor- 3) 6) 1) Reg. Boh. II, N. 2768, 1961, 1993, 2017, 2041, 2046. — Chronicon Aulae Regiae; Dobner, Mon. V, 149. 2) Dobner, Mon. V, 149. vV Reg. Boh. II, N. 2025. Reg. Boh. II, N. 1525. Reg. Boh. II, N. 1633. Reg. Boh. II, N. 1596, 2743. 7) Reg. Boh. II, N. 1552, 2746, 2042.
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54 rathe polnischer Urkunden Wenzels II., von denen mehrere noch dazu den Namen des Datars nicht haben, unmöglich, diese Erscheinung gehörig zu erklären, so dass wir uns begnügen müssen darauf hinzuweisen, dass die Urkunden, die von dem Protonotar oder dem Kanzler von Krakau beglaubigt erscheinen, der König bei seiner Anwesenheit in Polen, jene aber, welche von dem böhmischen oder mährischen Protonotar datirt sind, in Böhmen ausgestellt hat. Mit anderen Notariatswürden, die zur Zeit Wenzels II. vorkommen, wollen wir uns nicht an diesem Orte beschäftigen, da sie mit der Hofkanzlei in keiner näheren Verbindung standen und das Urkundenwesen in keiner Weise tangiren. III. Die aus der Kanzlei Přemysl Ottokars II. und Wenzels II. hervor- gegangenen Formelbücher. Die vortrefflichen Arbeiten, die wir über die Formelbücher von Palacký, Wattenbach und Rockinger besitzen,1) überheben uns der Arbeit über das Wesen derselben einge- hender zu handeln und gestatten uns bloss die Thatsache zu constatiren, dass uns keine Formelsammlungen bekannt sind, die in Böhmen vor Přemysl Ottokar II. angelegt worden wären. Erst zur Zeit dieses Königs fand das Beispiel, welches in dieser Rich- tung Peter von Vineis und andere Dictatoren Italiens und des Westens gegeben haben, auch in Böhmen Nachahmung. Die Arbeiten eines italienischen Magisters Namens Heinrich, der in der Hofkanzlei Ottokars II. als Protonotar thätig war, waren in dieser Beziehung bahnbrechend. Unter Zugrundelegung des eigenen sowie des aus Italien mitgebrachten Ma- terials, hauptsächlich aber mit Benützung des in der königlichen böhmischen Hofkanzlei vor- handenen Stoffes hat er einen Briefsteller und ein Formelbuch angelegt, von denen das letztere schon nach wenigen Jahren wiederholt umgearbeitet wurde. Die Formelbücher, die auf diese Weise der Zeit Premysl Ottokars II. und Wenzels II. ihre Entstehung verdanken und die sich in verschiedenen Handschriften entweder ganz oder wenigstens theilweise bis auf unsere Tage erhalten haben, sind folgende: 1. Liber formularum Heinrici de Isernia. Dieses Formelbuch ist in dem schon oben erwähnten Codex N. 3143 der k. k. Wiener Hofbibliothek enthalten. Die Handschrift, welche der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts angehört, hat Dolliner beschrieben, so dass wir uns bloss zu bemerken veranlasst fühlen, dass unser Formelbuch ein Briefsteller ist, in wel- chem 249 Formeln enthalten sind, die in dem Codex die Blätter 40—149 und 167—203 ein- nehmen. Was den Inhalt dieser Briefformeln anbelangt, so sind viele derselben sicher nur blosse stilistische Uibungen, die sich durch ungewöhnlich bombastische Redewendungen aus- 1) Palacký: Uiber Formelbücher, zunächst in Bezug auf böhmische Geschichte. Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. V. Folge. 2. Bd. S. 219—368 und 5. Bd. S. 1—216. — Watten- bach: Iter Austriacum. Archiv für Kunde öst. Geschichtsquellen. XIV. Bd. S. 1—94. — Rockinger: 1. Uiber Formelbücher vom XIII. bis zum XVI. Jahrhundert als rechtsgeschichtliche Quellen. 2. Brief- steller und Formelbücher des eilften bis vierzehnten Jahrhunderts. Quellen und Erörterungen zur bayer. und deut. Gesch. IX. Bd.
54 rathe polnischer Urkunden Wenzels II., von denen mehrere noch dazu den Namen des Datars nicht haben, unmöglich, diese Erscheinung gehörig zu erklären, so dass wir uns begnügen müssen darauf hinzuweisen, dass die Urkunden, die von dem Protonotar oder dem Kanzler von Krakau beglaubigt erscheinen, der König bei seiner Anwesenheit in Polen, jene aber, welche von dem böhmischen oder mährischen Protonotar datirt sind, in Böhmen ausgestellt hat. Mit anderen Notariatswürden, die zur Zeit Wenzels II. vorkommen, wollen wir uns nicht an diesem Orte beschäftigen, da sie mit der Hofkanzlei in keiner näheren Verbindung standen und das Urkundenwesen in keiner Weise tangiren. III. Die aus der Kanzlei Přemysl Ottokars II. und Wenzels II. hervor- gegangenen Formelbücher. Die vortrefflichen Arbeiten, die wir über die Formelbücher von Palacký, Wattenbach und Rockinger besitzen,1) überheben uns der Arbeit über das Wesen derselben einge- hender zu handeln und gestatten uns bloss die Thatsache zu constatiren, dass uns keine Formelsammlungen bekannt sind, die in Böhmen vor Přemysl Ottokar II. angelegt worden wären. Erst zur Zeit dieses Königs fand das Beispiel, welches in dieser Rich- tung Peter von Vineis und andere Dictatoren Italiens und des Westens gegeben haben, auch in Böhmen Nachahmung. Die Arbeiten eines italienischen Magisters Namens Heinrich, der in der Hofkanzlei Ottokars II. als Protonotar thätig war, waren in dieser Beziehung bahnbrechend. Unter Zugrundelegung des eigenen sowie des aus Italien mitgebrachten Ma- terials, hauptsächlich aber mit Benützung des in der königlichen böhmischen Hofkanzlei vor- handenen Stoffes hat er einen Briefsteller und ein Formelbuch angelegt, von denen das letztere schon nach wenigen Jahren wiederholt umgearbeitet wurde. Die Formelbücher, die auf diese Weise der Zeit Premysl Ottokars II. und Wenzels II. ihre Entstehung verdanken und die sich in verschiedenen Handschriften entweder ganz oder wenigstens theilweise bis auf unsere Tage erhalten haben, sind folgende: 1. Liber formularum Heinrici de Isernia. Dieses Formelbuch ist in dem schon oben erwähnten Codex N. 3143 der k. k. Wiener Hofbibliothek enthalten. Die Handschrift, welche der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts angehört, hat Dolliner beschrieben, so dass wir uns bloss zu bemerken veranlasst fühlen, dass unser Formelbuch ein Briefsteller ist, in wel- chem 249 Formeln enthalten sind, die in dem Codex die Blätter 40—149 und 167—203 ein- nehmen. Was den Inhalt dieser Briefformeln anbelangt, so sind viele derselben sicher nur blosse stilistische Uibungen, die sich durch ungewöhnlich bombastische Redewendungen aus- 1) Palacký: Uiber Formelbücher, zunächst in Bezug auf böhmische Geschichte. Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. V. Folge. 2. Bd. S. 219—368 und 5. Bd. S. 1—216. — Watten- bach: Iter Austriacum. Archiv für Kunde öst. Geschichtsquellen. XIV. Bd. S. 1—94. — Rockinger: 1. Uiber Formelbücher vom XIII. bis zum XVI. Jahrhundert als rechtsgeschichtliche Quellen. 2. Brief- steller und Formelbücher des eilften bis vierzehnten Jahrhunderts. Quellen und Erörterungen zur bayer. und deut. Gesch. IX. Bd.
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55 zeichnen, andere — und ihre Zahl ist sehr ansehnlich — sind rein privater Natur, indem sie nur die Geschicke des Sammlers berühren, und kaum der vierte Theil dieser Brief- formeln hat ein allgemeineres historisches Interesse. Die letzteren Formeln und mehrere von denen, die sich auf die Lebensverhältnisse des Sammlers beziehen, hat Dolliner in seinem Codex epistolaris Primislai Ottocari II. veröffentlicht, andere sind im zweiten Bande der Re- gesten von Böhmen und Mähren von mir publicirt worden, so dass nun vielleicht kein ein- ziges Stück, das von Bedeutung wäre, weiteren Kreisen unzugänglich ist. — Der Sammler dieses Briefstellers war Heinricus de Isernia oder Italicus, der Protonotar des Königs Otto- kar II., wie schon Dolliner nachgewiesen. Die Zeit der Zusammenstellung dieses Briefstel- lers fallt in die nächste Zeit nach dem Tode Premysl Ottokars II., da kein einziges Stück, welches eine Datirung zulässt, über das Jahr 1278 hinaufreicht. Es ist auch wahrscheinlich, dass wir den ganzen ursprünglichen Stoff des Formelbuches noch vor uns haben, wenn auch in einer Abschrift, die erst dem folgenden Jahrhunderte angehört. 2. Das urkundliche Formelbuch des Heinricus Italicus, welches sich in verschiedenen Bearbeitungen in nachfolgenden Handschriften erhalten hat. a) Handschrift der Prager Capitelbibliothek K, 33. Dieselbe zählt 116 Pergament- blätter in Kleinoctav, von denen das erste Blatt sowie die erste Columne und die ersten fünf Zeilen der zweiten Columne des zweiten Blattes ein sehr kurz gehaltenes Inhaltsver- zeichniss einnimmt, worauf dann eine Einleitung und schliesslich bis zum Blatte 107a 238 Urkundenformeln folgen. Am Ende der letzten befinden sich folgende mit rother Tinte ge- schriebene Wörter: „Explicit iste liber“. Gleich in der nächsten Zeile fängt eine neue Formel an, die das Datum a. inc. d. MCCCquinto, tercio ydus Maii, anno indiccionis decimo trägt, 1) und bis in die Mitte der zweiten Blattseite geht. Am unteren Rande der ersten Seite desselben Blattes stehen die Worte: Expliciunt instrumenta H. ytalicj. Diese Worte sind mit schwarzer Tinte und von derselben Hand wie der über ihnen stehende Text geschrieben. Vom Blatt 108b—116b (oben) ist jener Theil des Baumgartenberger Formularius de modo prosandi, welcher in Rockingers vorzüglicher Publikation „Briefsteller und Formelbücher des 11. bis 14. Jahrhunderts“ auf S. 759—784 vorkommt;2) den Schluss der letzten Seite der Hand- schrift bildet ein Urtheilspruch des Königgrätzer Archidiacons Mag. VI(ricus) in einem Ehe- scheidungsprocesse (1300, 20. Nov.) und eine deutsche Formel einer Schuldverschreibung aus der Glatzer Gegend, die jedoch von einer andern Hand hinzugeschrieben wurde. Nur lose mit dem Formelbuche verbunden ist eine Lage von 8 Pergamentblättern, auf denen 25 For- meln enthalten sind, deren Ursprung in der Kanzlei des Prager Bischofs Thobias zu suchen ist. Da die letzte Formel am Ende der Lage mitten im Satze abbricht, so ist es offenbar, dass wir hier nur ein Bruchstück eines grösseren Formelbuches vor uns haben. In unserem Codex kommen Formeln vor, welche erweislich Originalurkunden aus dem J. 1286 und 1287 entlehnt wurden, 3) die sich bis jetzt erhalten haben; in keiner der zahlreichen Formeln wird Wenzel II. als Herzog von Krakau und Sandomerien bezeichnet: 1) Reg. Boh. II, N. 2773. 2) Quellen und Erörterungen zur baierischen und deut. Gesch. IX, 2. Abth. — Ott, Beiträge zur Receptions- Geschichte des röm.-can. Processes. S. 110. 3) Reg. Boh. II, N. 1398 und 2634.
55 zeichnen, andere — und ihre Zahl ist sehr ansehnlich — sind rein privater Natur, indem sie nur die Geschicke des Sammlers berühren, und kaum der vierte Theil dieser Brief- formeln hat ein allgemeineres historisches Interesse. Die letzteren Formeln und mehrere von denen, die sich auf die Lebensverhältnisse des Sammlers beziehen, hat Dolliner in seinem Codex epistolaris Primislai Ottocari II. veröffentlicht, andere sind im zweiten Bande der Re- gesten von Böhmen und Mähren von mir publicirt worden, so dass nun vielleicht kein ein- ziges Stück, das von Bedeutung wäre, weiteren Kreisen unzugänglich ist. — Der Sammler dieses Briefstellers war Heinricus de Isernia oder Italicus, der Protonotar des Königs Otto- kar II., wie schon Dolliner nachgewiesen. Die Zeit der Zusammenstellung dieses Briefstel- lers fallt in die nächste Zeit nach dem Tode Premysl Ottokars II., da kein einziges Stück, welches eine Datirung zulässt, über das Jahr 1278 hinaufreicht. Es ist auch wahrscheinlich, dass wir den ganzen ursprünglichen Stoff des Formelbuches noch vor uns haben, wenn auch in einer Abschrift, die erst dem folgenden Jahrhunderte angehört. 2. Das urkundliche Formelbuch des Heinricus Italicus, welches sich in verschiedenen Bearbeitungen in nachfolgenden Handschriften erhalten hat. a) Handschrift der Prager Capitelbibliothek K, 33. Dieselbe zählt 116 Pergament- blätter in Kleinoctav, von denen das erste Blatt sowie die erste Columne und die ersten fünf Zeilen der zweiten Columne des zweiten Blattes ein sehr kurz gehaltenes Inhaltsver- zeichniss einnimmt, worauf dann eine Einleitung und schliesslich bis zum Blatte 107a 238 Urkundenformeln folgen. Am Ende der letzten befinden sich folgende mit rother Tinte ge- schriebene Wörter: „Explicit iste liber“. Gleich in der nächsten Zeile fängt eine neue Formel an, die das Datum a. inc. d. MCCCquinto, tercio ydus Maii, anno indiccionis decimo trägt, 1) und bis in die Mitte der zweiten Blattseite geht. Am unteren Rande der ersten Seite desselben Blattes stehen die Worte: Expliciunt instrumenta H. ytalicj. Diese Worte sind mit schwarzer Tinte und von derselben Hand wie der über ihnen stehende Text geschrieben. Vom Blatt 108b—116b (oben) ist jener Theil des Baumgartenberger Formularius de modo prosandi, welcher in Rockingers vorzüglicher Publikation „Briefsteller und Formelbücher des 11. bis 14. Jahrhunderts“ auf S. 759—784 vorkommt;2) den Schluss der letzten Seite der Hand- schrift bildet ein Urtheilspruch des Königgrätzer Archidiacons Mag. VI(ricus) in einem Ehe- scheidungsprocesse (1300, 20. Nov.) und eine deutsche Formel einer Schuldverschreibung aus der Glatzer Gegend, die jedoch von einer andern Hand hinzugeschrieben wurde. Nur lose mit dem Formelbuche verbunden ist eine Lage von 8 Pergamentblättern, auf denen 25 For- meln enthalten sind, deren Ursprung in der Kanzlei des Prager Bischofs Thobias zu suchen ist. Da die letzte Formel am Ende der Lage mitten im Satze abbricht, so ist es offenbar, dass wir hier nur ein Bruchstück eines grösseren Formelbuches vor uns haben. In unserem Codex kommen Formeln vor, welche erweislich Originalurkunden aus dem J. 1286 und 1287 entlehnt wurden, 3) die sich bis jetzt erhalten haben; in keiner der zahlreichen Formeln wird Wenzel II. als Herzog von Krakau und Sandomerien bezeichnet: 1) Reg. Boh. II, N. 2773. 2) Quellen und Erörterungen zur baierischen und deut. Gesch. IX, 2. Abth. — Ott, Beiträge zur Receptions- Geschichte des röm.-can. Processes. S. 110. 3) Reg. Boh. II, N. 1398 und 2634.
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56 dies berechtigt uns zu dem Schlusse, dass die Zusammenstellung des Formelbuches in den Jahren 1287—1291 stattfand. Die letzte Formel mochte erst später hinzugefügt worden sein; in derselben wird als Aussteller der Urkunde Bischof Gregor erwähnt und der Königin Guta als einer Verstorbenen gedacht. — Die Schrift des Codex ist eine rechte Minuskel- schrift mit ziemlich vielen Abkürzungen aus dem ersten Viertel — wahrscheinlich aus dem ersten Jahrzehent — des XIV. Jahrhunderts. Bezüglich des Inhalts dieser Handschrift können wir auf Voigts Publikation „Das urkundliche Formelbuch des k. Notars Heinricus Italicus" verweisen, wo über denselben in der Einleitung (S. 14—16) im Allgemeinen gehandelt wird und überdies der grössere Theil derselben publicirt wurde. Als Verfasser dieses Formelbuches wird Heinrich der Italiener angegeben; wenigstens so deutet man allgemein die Worte: „Expliciunt instrumenta H. ytalicj"; und da wir oben nachgewiesen haben, dass dieser mit dem Protonotar Ottokars II. Mag. Heinrich, Pfarrer in Gors identisch ist, so muss man diesen als den Verfasser ansehen. Damit stimmt auch der Inhalt unseres Formelbuches überein. Es kommen in demselben Urkundenmuster vor, die auf italienische Verhältnisse hinweisen: diese hat Heinrich wahrscheinlich aus seiner Heimat mitgebracht. Weiter finden wir darin Formeln, die Concepten oder Originalurkunden der Hofkanzlei Přemysl Ottokars II. entlehnt wurden: Gelegenheit dazu hatte Mag. Heinrich als Protonotar und Leiter einer Abtheilung der Hofkanzlei. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass bei der Zusammenstellung des Formelbuches neben den Schriftstücken inter- nationalen Charakters fast ausschliesslich nur Urkunden der böhmisch-mährischen Abtheilung der Hofkanzlei als Muster gewählt wurden. Dies zeigt auf die Zusammenstellung des Formel- buches in einer Zeit, wo Přemysl Ottokar II. nicht mehr im Besitze der österreichischen Länder war. Schliesslich befinden sich in unserem Codex Formeln von Urkunden, die erst in der Hofkanzlei Wenzels II. vorhanden waren, ja die erst erweislich nach dem Tode des Protonotars Heinrich ausgestellt wurden. Dies führt uns unabweislich zu der Annahme, dass uns das Formelbuch nicht mehr in der Gestalt vorliegt, wie es ursprünglich von dem Proto- notar Heinrich angelegt war. Wir stellen uns die Sache so vor. Im letzten Jahre der Regierung Přemysl Ottokars II. oder bald nach dessen Tode stellte Mag. Heinrich ausser des oben erwähnten Briefstellers (1) auch ein urkundliches Formelbuch zusammen, in welchem nur die aus Italien gebrachten und der Ottokarischen Hofkanzlei entnommenen Muster vor- handen waren. Da man den Nutzen dieser Arbeit einsah, so vervollständigte man dieselbe einige Jahre später (1287—1291) durch Muster, die der Hofkanzlei Wenzels II. entnommen wurden; der alte Kern der Arbeit blieb, und deshalb konnte man sie noch immer als jene des Heinricus Italicus (instrumenta H. ytalici) bezeichnen. Eine Abschrift dieser erweiterten Compilation ist unser Codex. Die fünf letzten Formeln wurden vielleicht erst von unserem Abschreiber aufgenommen, da sie in den andern Compilationen nicht vorzukommen scheinen. b) Der Königsberger Archivcodex, welchen Voigt in seiner Publikation „Das urkdl. Formelbuch des k. Notars Heinricus Italicus" beschrieben hat (S. 17), gehört auch dem Ende des XIII. oder dem Anfange des XIV. Jahrhunderts an, stimmt, insofern wir nach Voigts Publikation schliessen können, bis auf einige Stücke, mit den ersten 233 Nummern des Capitel- Codex überein, bringt sie fast in derselben Reihenfolge, enthält aber überdies 66 Seiten, auf denen weitere Formeln vorhanden sind (Voigt gibt ihre Zahl nicht an), die jedoch in der
56 dies berechtigt uns zu dem Schlusse, dass die Zusammenstellung des Formelbuches in den Jahren 1287—1291 stattfand. Die letzte Formel mochte erst später hinzugefügt worden sein; in derselben wird als Aussteller der Urkunde Bischof Gregor erwähnt und der Königin Guta als einer Verstorbenen gedacht. — Die Schrift des Codex ist eine rechte Minuskel- schrift mit ziemlich vielen Abkürzungen aus dem ersten Viertel — wahrscheinlich aus dem ersten Jahrzehent — des XIV. Jahrhunderts. Bezüglich des Inhalts dieser Handschrift können wir auf Voigts Publikation „Das urkundliche Formelbuch des k. Notars Heinricus Italicus" verweisen, wo über denselben in der Einleitung (S. 14—16) im Allgemeinen gehandelt wird und überdies der grössere Theil derselben publicirt wurde. Als Verfasser dieses Formelbuches wird Heinrich der Italiener angegeben; wenigstens so deutet man allgemein die Worte: „Expliciunt instrumenta H. ytalicj"; und da wir oben nachgewiesen haben, dass dieser mit dem Protonotar Ottokars II. Mag. Heinrich, Pfarrer in Gors identisch ist, so muss man diesen als den Verfasser ansehen. Damit stimmt auch der Inhalt unseres Formelbuches überein. Es kommen in demselben Urkundenmuster vor, die auf italienische Verhältnisse hinweisen: diese hat Heinrich wahrscheinlich aus seiner Heimat mitgebracht. Weiter finden wir darin Formeln, die Concepten oder Originalurkunden der Hofkanzlei Přemysl Ottokars II. entlehnt wurden: Gelegenheit dazu hatte Mag. Heinrich als Protonotar und Leiter einer Abtheilung der Hofkanzlei. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass bei der Zusammenstellung des Formelbuches neben den Schriftstücken inter- nationalen Charakters fast ausschliesslich nur Urkunden der böhmisch-mährischen Abtheilung der Hofkanzlei als Muster gewählt wurden. Dies zeigt auf die Zusammenstellung des Formel- buches in einer Zeit, wo Přemysl Ottokar II. nicht mehr im Besitze der österreichischen Länder war. Schliesslich befinden sich in unserem Codex Formeln von Urkunden, die erst in der Hofkanzlei Wenzels II. vorhanden waren, ja die erst erweislich nach dem Tode des Protonotars Heinrich ausgestellt wurden. Dies führt uns unabweislich zu der Annahme, dass uns das Formelbuch nicht mehr in der Gestalt vorliegt, wie es ursprünglich von dem Proto- notar Heinrich angelegt war. Wir stellen uns die Sache so vor. Im letzten Jahre der Regierung Přemysl Ottokars II. oder bald nach dessen Tode stellte Mag. Heinrich ausser des oben erwähnten Briefstellers (1) auch ein urkundliches Formelbuch zusammen, in welchem nur die aus Italien gebrachten und der Ottokarischen Hofkanzlei entnommenen Muster vor- handen waren. Da man den Nutzen dieser Arbeit einsah, so vervollständigte man dieselbe einige Jahre später (1287—1291) durch Muster, die der Hofkanzlei Wenzels II. entnommen wurden; der alte Kern der Arbeit blieb, und deshalb konnte man sie noch immer als jene des Heinricus Italicus (instrumenta H. ytalici) bezeichnen. Eine Abschrift dieser erweiterten Compilation ist unser Codex. Die fünf letzten Formeln wurden vielleicht erst von unserem Abschreiber aufgenommen, da sie in den andern Compilationen nicht vorzukommen scheinen. b) Der Königsberger Archivcodex, welchen Voigt in seiner Publikation „Das urkdl. Formelbuch des k. Notars Heinricus Italicus" beschrieben hat (S. 17), gehört auch dem Ende des XIII. oder dem Anfange des XIV. Jahrhunderts an, stimmt, insofern wir nach Voigts Publikation schliessen können, bis auf einige Stücke, mit den ersten 233 Nummern des Capitel- Codex überein, bringt sie fast in derselben Reihenfolge, enthält aber überdies 66 Seiten, auf denen weitere Formeln vorhanden sind (Voigt gibt ihre Zahl nicht an), die jedoch in der
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57 Capitelhandschrift fehlen. Leider hat Voigt nur 33 derselben (etwa die Hälfte) und von den 233 nur 160 veröffentlicht, so dass seine Publikation keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen kann. c) Ein Fragment von einem ähnlichen Formelbuche der Königsberger Universitäts- bibliothek, welches der Oberbibliothekar H. Prof. Dr. Karl Hopf von den Deckeln eines Buches losgelöst hat. H. Laudien schickte dieselben vor mehreren Jahren Herrn Dr. Fr. Palacký ein, der mir dieselben zum Zwecke einer Vergleichung mit dem Capitelcodex übergab. Nach den Bemerkungen, die ich mir damals gemacht habe, besteht das Fragment aus 6 Pergament- blättern in Kleinoctav und enthält 18 Formeln, von denen Voigt bereits 6 edirt hat ; 5 Formeln kommen wol in dem Königsberger Archivcodex vor, wurden aber von Voigt nicht veröffentlicht und 7 waren damals neu. Von diesen letzteren fand ich in dem Wiener Codex des Zdeněk von Třebič 5 Nummern 136, 145, 205, 242, 243, eine entspricht der bis jetzt erhaltenen Urkundenabschrift, ddto 28. Apr. 1276 (Reg. II, N. 1014), und nur eine sehr stark abge- kürzte Formel konnte ich in keiner andern Quelle constatiren. Von den 5 sowol in dem Fragment als auch in dem Königsberger Archivcodex vorkommenden aber von Voigt nicht veröffentlichten Stücken sind 3 auch in dem Codex Zdenkonis de Trebecz (N. 240, 241 und 246), zwei fehlen jedoch darin; und von den 6 übrigen Stücken, die Voigt publicirt hat, sind drei in der ebengenannten Handschrift (Cod. Zdenkonis) und drei sind daselbst nicht vor- handen. Da an einer Stelle dieses Fragmentes die Worte: „Serenissimo principi, Bohemie et Polonie regi ac comiti Luxelburgensi, marchioni Moravie in salutem expressum" stehen, die nach Angabe des H. Laudien auch von dem Schreiber des Textes herrühren, so mus man die Entstehung dieses Formelbuches in die Zeit der Regierung des Königs Johann setzen. d) Liber a missionibus regum per manus Zdenkonis de Trebecz. Es ist ein Theil des Papiercodex des k. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien, welchen Böhm in seiner Publikation über die Handschriften des genannten Archivs unter Nro. 196 beschrieben hat. Der „Liber a missionibus“ ist auf S. 1—554 und ist eine Copie vom Jahre 1748 aus einer alten Handschrift, wie wir aus folgender beigefügten Notiz entnehmen können: „Hic apogra- phum transsumptum ex antiquo codice membranaceo seculi XIII“ (quem quondam Georgii Bartholdi Pontani a Braitenberg, praepositi ecclesiae metropolitanae Pragensis, atque post haec Gabrielis S. a Paumbergk fuisse adscripta ipsorum nomina testantur : nunc vero ex hereditate defuncti comitis Leopoldi Joannis Victorini a Windischgratz anno priori publica, ut vocant auctione seu licitatione coemptum familia Managetiana bibliothecae suae gentilitiae adscripsit) cum ipso originali a me subnotato diligenter collatum eidem in omnibus (serie dumtaxat paucarum litterarum transposita atque accedente ac praefixo novo titulo) concordare hisce fidem facio. Datum Vindobonae calendis Augusti anno millesimo septingentesimo quadrage- simo octavo. — L. S. — Theod. Ant. a Rosenthal m. p. secretarius aulicus regio-bohemicus." Diese Zeilen geben uns die äussere Geschichte des Codex. Wir constatiren nur, dass das Original dem 13 Jahrhunderte angehört haben soll, und dass die einzelnen Nummern nun nicht in derselben Reihenfolge wie im Original vor uns liegen. Die Abschrift zählt 254 Formeln; sie ist daher eine der reichhaltigsten. Die Zusammenstellung fand nach dem J. 1291 statt: denn es wird in einer Formel von Záwiš von Falkenstein so gesprochen, dass wir voraussetzen müssen, dass er schon todt 8
57 Capitelhandschrift fehlen. Leider hat Voigt nur 33 derselben (etwa die Hälfte) und von den 233 nur 160 veröffentlicht, so dass seine Publikation keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen kann. c) Ein Fragment von einem ähnlichen Formelbuche der Königsberger Universitäts- bibliothek, welches der Oberbibliothekar H. Prof. Dr. Karl Hopf von den Deckeln eines Buches losgelöst hat. H. Laudien schickte dieselben vor mehreren Jahren Herrn Dr. Fr. Palacký ein, der mir dieselben zum Zwecke einer Vergleichung mit dem Capitelcodex übergab. Nach den Bemerkungen, die ich mir damals gemacht habe, besteht das Fragment aus 6 Pergament- blättern in Kleinoctav und enthält 18 Formeln, von denen Voigt bereits 6 edirt hat ; 5 Formeln kommen wol in dem Königsberger Archivcodex vor, wurden aber von Voigt nicht veröffentlicht und 7 waren damals neu. Von diesen letzteren fand ich in dem Wiener Codex des Zdeněk von Třebič 5 Nummern 136, 145, 205, 242, 243, eine entspricht der bis jetzt erhaltenen Urkundenabschrift, ddto 28. Apr. 1276 (Reg. II, N. 1014), und nur eine sehr stark abge- kürzte Formel konnte ich in keiner andern Quelle constatiren. Von den 5 sowol in dem Fragment als auch in dem Königsberger Archivcodex vorkommenden aber von Voigt nicht veröffentlichten Stücken sind 3 auch in dem Codex Zdenkonis de Trebecz (N. 240, 241 und 246), zwei fehlen jedoch darin; und von den 6 übrigen Stücken, die Voigt publicirt hat, sind drei in der ebengenannten Handschrift (Cod. Zdenkonis) und drei sind daselbst nicht vor- handen. Da an einer Stelle dieses Fragmentes die Worte: „Serenissimo principi, Bohemie et Polonie regi ac comiti Luxelburgensi, marchioni Moravie in salutem expressum" stehen, die nach Angabe des H. Laudien auch von dem Schreiber des Textes herrühren, so mus man die Entstehung dieses Formelbuches in die Zeit der Regierung des Königs Johann setzen. d) Liber a missionibus regum per manus Zdenkonis de Trebecz. Es ist ein Theil des Papiercodex des k. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien, welchen Böhm in seiner Publikation über die Handschriften des genannten Archivs unter Nro. 196 beschrieben hat. Der „Liber a missionibus“ ist auf S. 1—554 und ist eine Copie vom Jahre 1748 aus einer alten Handschrift, wie wir aus folgender beigefügten Notiz entnehmen können: „Hic apogra- phum transsumptum ex antiquo codice membranaceo seculi XIII“ (quem quondam Georgii Bartholdi Pontani a Braitenberg, praepositi ecclesiae metropolitanae Pragensis, atque post haec Gabrielis S. a Paumbergk fuisse adscripta ipsorum nomina testantur : nunc vero ex hereditate defuncti comitis Leopoldi Joannis Victorini a Windischgratz anno priori publica, ut vocant auctione seu licitatione coemptum familia Managetiana bibliothecae suae gentilitiae adscripsit) cum ipso originali a me subnotato diligenter collatum eidem in omnibus (serie dumtaxat paucarum litterarum transposita atque accedente ac praefixo novo titulo) concordare hisce fidem facio. Datum Vindobonae calendis Augusti anno millesimo septingentesimo quadrage- simo octavo. — L. S. — Theod. Ant. a Rosenthal m. p. secretarius aulicus regio-bohemicus." Diese Zeilen geben uns die äussere Geschichte des Codex. Wir constatiren nur, dass das Original dem 13 Jahrhunderte angehört haben soll, und dass die einzelnen Nummern nun nicht in derselben Reihenfolge wie im Original vor uns liegen. Die Abschrift zählt 254 Formeln; sie ist daher eine der reichhaltigsten. Die Zusammenstellung fand nach dem J. 1291 statt: denn es wird in einer Formel von Záwiš von Falkenstein so gesprochen, dass wir voraussetzen müssen, dass er schon todt 8
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58 war (N. 90)1), und in einer andern Formel wird Wenzel II. der Titel des Herzogs von Krakau beigelegt, was erst im J. 1291 möglich war. Deshalb konnte Palacký mit Recht sagen, dass dieses Formelbuch ums Jahr 1292 angelegt wurde. 2) Als Autor desselben wird in dem der letzten Formel beigefügten Explicit Zdeněk von Třebič genannt, über dessen Lebensverhältnisse uns jedoch nichts bekannt ist. 3) Es ist offenbar, dass der Sammler sein Buch nach gewissen Gesichtspunkten angelegt hat, schade nur, dass der spätere Abschreiber die Aufeinanderfolge der Formeln nicht berücksichtigte, so dass es nun schwer ist das wahre Verhältniss des Formelbuches zu den andern genau festzustellen. Die Abschrift, wie sie uns jetzt vorliegt, ist nicht frei von Fehlern, nur wissen wir nicht, ob wir dieselben auf die Rechnung des späteren Abschreibers oder der alten Vorlage setzen sollen. Eine Un- sitte, die nicht genug getadelt werden kann, hat der Sammler dadurch begangen, dass er die Eigennamen und chronologischen Daten ganz willkührlich änderte. Wir haben dieses Factum schon oben (S. 31 und 32) besprochen und erwähnen hier nur deshalb einige Bei- spiele, um das unsaubere Verfahren desselben recht anschaulich zu machen. So wird in N. 220 dieser Handschrift Gregor, der Patriarch von Aquileja, Gereon, in N. 226 Ladislaw, der König von Ungarn, Letko, und in N. 250 Boleslaw, der Herzog von Krakau, Wolflinus genannt. Alle diese Namen kommen in der betreffenden Würde nie vor. Die Namen der böhmischen Könige Ottokar und Wenzel werden ganz willkührlich für einander gesetzt, so dass es in den meisten Fällen nicht möglich ist, zu constatiren, welchen von beiden man wählen soll. Doch ist nicht überall eine solche Verwechslung consequent durchgeführt, son- dern an vielen Stellen ist der richtige Name stehen geblieben, wie sich aus Urkunden, die wir noch jetzt vor uns haben, darthun lässt. Dasselbe gilt von dem Datum. — Was den Inhalt des Formelbuches des Zdeněk von Třebič anbelangt, so ist vor allem zu bemerken, dass es ein urkundliches Formelbuch ist und dass sich einige Formeln auf italienische, mehrere auf Reichsangelegenheiten, die meisten aber auf böhm. Verhältnisse beziehen. Vorzüglich häufig sind die Arengamuster und verhältnissmässig viele Nummern der Handschrift entfallen auf die Formeln verschiedener Verträge mit den Nachbarfürsten. Wie von dem Capitel und Königsberger Codex kann man auch von diesem behaupten, dass er durch Erweiterung des ursprünglichen Formelbuches des Protonotars Heinrich zumeist durch Formeln aus der Kanzlei Wenzels II. entstanden ist. — Voigt meint, dass der Liber a missionibus regum nur eine Abschrift des Prager Capitelcodex ist, was jedoch als irrig bezeichnet werden muss; denn schon der Umstand, dass in dem letzteren 18 Formeln weniger sind als in dem ersteren (dem Codex Zdenkonis de Trebecz), beweist, dass wir es mit einer blossen Abschrift nicht zu thun haben. Und eine eingehende Vergleichung beider Handschriften zeigt uns, dass in jeder von ihnen ziemlich viele Formeln vorkommen, die in der andern nicht enthalten sind, also dass es ziemlich selbständige Bearbeitungen auf Grundlage gleicher Quellen sind. e) Der Codex der Bibliothek in Colmar. Dieses Formelbuch wurde im 7. Bande des Codex diplomaticus Moraviae veröffentlicht; wir wissen aber nicht ob ganz oder nur zum 1) Vergl. Voigt : Das urkdl. Formelbuch des k. Notars Heinricus Italicus S. 8. 2) Uiber Formelbücher I, 222. 3) Explicit Liber a missionibus regum per manum Zdenkonis de Trebecz.
58 war (N. 90)1), und in einer andern Formel wird Wenzel II. der Titel des Herzogs von Krakau beigelegt, was erst im J. 1291 möglich war. Deshalb konnte Palacký mit Recht sagen, dass dieses Formelbuch ums Jahr 1292 angelegt wurde. 2) Als Autor desselben wird in dem der letzten Formel beigefügten Explicit Zdeněk von Třebič genannt, über dessen Lebensverhältnisse uns jedoch nichts bekannt ist. 3) Es ist offenbar, dass der Sammler sein Buch nach gewissen Gesichtspunkten angelegt hat, schade nur, dass der spätere Abschreiber die Aufeinanderfolge der Formeln nicht berücksichtigte, so dass es nun schwer ist das wahre Verhältniss des Formelbuches zu den andern genau festzustellen. Die Abschrift, wie sie uns jetzt vorliegt, ist nicht frei von Fehlern, nur wissen wir nicht, ob wir dieselben auf die Rechnung des späteren Abschreibers oder der alten Vorlage setzen sollen. Eine Un- sitte, die nicht genug getadelt werden kann, hat der Sammler dadurch begangen, dass er die Eigennamen und chronologischen Daten ganz willkührlich änderte. Wir haben dieses Factum schon oben (S. 31 und 32) besprochen und erwähnen hier nur deshalb einige Bei- spiele, um das unsaubere Verfahren desselben recht anschaulich zu machen. So wird in N. 220 dieser Handschrift Gregor, der Patriarch von Aquileja, Gereon, in N. 226 Ladislaw, der König von Ungarn, Letko, und in N. 250 Boleslaw, der Herzog von Krakau, Wolflinus genannt. Alle diese Namen kommen in der betreffenden Würde nie vor. Die Namen der böhmischen Könige Ottokar und Wenzel werden ganz willkührlich für einander gesetzt, so dass es in den meisten Fällen nicht möglich ist, zu constatiren, welchen von beiden man wählen soll. Doch ist nicht überall eine solche Verwechslung consequent durchgeführt, son- dern an vielen Stellen ist der richtige Name stehen geblieben, wie sich aus Urkunden, die wir noch jetzt vor uns haben, darthun lässt. Dasselbe gilt von dem Datum. — Was den Inhalt des Formelbuches des Zdeněk von Třebič anbelangt, so ist vor allem zu bemerken, dass es ein urkundliches Formelbuch ist und dass sich einige Formeln auf italienische, mehrere auf Reichsangelegenheiten, die meisten aber auf böhm. Verhältnisse beziehen. Vorzüglich häufig sind die Arengamuster und verhältnissmässig viele Nummern der Handschrift entfallen auf die Formeln verschiedener Verträge mit den Nachbarfürsten. Wie von dem Capitel und Königsberger Codex kann man auch von diesem behaupten, dass er durch Erweiterung des ursprünglichen Formelbuches des Protonotars Heinrich zumeist durch Formeln aus der Kanzlei Wenzels II. entstanden ist. — Voigt meint, dass der Liber a missionibus regum nur eine Abschrift des Prager Capitelcodex ist, was jedoch als irrig bezeichnet werden muss; denn schon der Umstand, dass in dem letzteren 18 Formeln weniger sind als in dem ersteren (dem Codex Zdenkonis de Trebecz), beweist, dass wir es mit einer blossen Abschrift nicht zu thun haben. Und eine eingehende Vergleichung beider Handschriften zeigt uns, dass in jeder von ihnen ziemlich viele Formeln vorkommen, die in der andern nicht enthalten sind, also dass es ziemlich selbständige Bearbeitungen auf Grundlage gleicher Quellen sind. e) Der Codex der Bibliothek in Colmar. Dieses Formelbuch wurde im 7. Bande des Codex diplomaticus Moraviae veröffentlicht; wir wissen aber nicht ob ganz oder nur zum 1) Vergl. Voigt : Das urkdl. Formelbuch des k. Notars Heinricus Italicus S. 8. 2) Uiber Formelbücher I, 222. 3) Explicit Liber a missionibus regum per manum Zdenkonis de Trebecz.
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59 Theile. 1) Ebenso wenig ist uns bekannt, ob die Formeln in derselben Reihenfolge, wie sie im Codex stehen, edirt wurden, da sich darüber in der Publikation keine Andeutung vor- findet. Die Zahl der im Codex dipl. Mor. herausgegebenen Formeln beträgt 152, wovon 38 Brief- und 114 Urkundenmuster sind, so dass wir in dem Colmarer Codex sowol einen Brief- steller als auch ein urkundliches Formelbuch vor uns haben. Die Zeit der Entstehung dieses Formelbuches fällt in die ersten Jahre des 14. Jahrhunderts; denn König Wenzel II. wird hier in einer Formel rex Bohemiae et Poloniae titulirt und eine Formel hat das Datum 1306. 2) Der Form nach ist keines der erwähnten Formelbücher so mangelhaft wie jenes der Colmarer Bibliothek. Viele Fehler, die vielleicht in der Handschrift vorhanden sind, konnten bei einer mässigen Kenntniss des urkundlichen Formelwesens und bei einer besseren Rücksichtnahme auf den Sinn des Textes leicht beseitigt werden. Uiberdies sind einzelne Formeln sehr stark abgekürzt, die Arenga wird häufig weggelassen, ebenso die Namen, die auch nicht selten willkührlich verändert wurden. Etwa zwei Drittel der veröffentlichten Formeln sind auch in den oben angeführten Handschriften der Prager Capitelbibliothek und des Königsberger Archivs enthalten. Die auf der nächsten Seite beigesetzte Tabelle versetzt uns einigermassen in die Lage uns über das gegenseitige Verhältniss der urkundlichen Formelbücher sowie über die Lücken der Ausgabe Voigts eine Vorstellung zu bilden. Trotz dieser Lücken kann man aber doch sehen, dass der Königsberger Archivcodex mit den ersten 233 Formeln des Capitelcodex fast durchgehends übereinstimmt, ja dass die Aufeinanderfolge der einzelnen Formeln dieselbe ist; nur die Seiten 31—35 der Königsberger Handschrift zeigen eine gewisse Versetzung der For- meln. Man kann aus diesem Umstande schliessen, dass beide Schreiber zwei verschiedene Exemplare des schon erweiterten urkundlichen Formelbuches Heinrichs des Italieners vor sich hatten, und dass der Schreiber des Capitelcodex nur die oben angegebene Anzal der Formeln abschrieb, die übrigen aber hinwegliess. Wenn wir die Formelbücher des Königsberger Archivs, des Zdeněk von Třebič, das der Colmarer Bibliothek und das Fragment der Königsberger Bibliothek mit einander ver- gleichen, so kommen wir zu der Uiberzeugung, dass keines die Abschrift eines andern ist, dass alle auf der eben besprochenen breiteren Basis als der Prager Capitelcodex beruhen und dass jedes von ihnen Formeln enthält, die in den anderen nicht vorzukommen scheinen, d. h. dass sie alle bei einer gemeinschaftlichen Grundlage besondere Formeln aufweisen. Wenn wir den Text der Formelbücher näher ins Auge fassen, so sehen wir, dass keines von ihnen frei von Fehlern ist, und dass also eine Vergleichung aller nothwendig ist, bevor man in der Lage sein wird einen guten Text dieser Formelnfamilie herzustellen, die den Anhang der vorbereiteten Ausgabe eines Codex dipl. Bohemiae bilden könnte. 1) Cod. dipl. Mor. VII, S. 931—1006. — Urkunden-Auszuge aus dem Formelbuche des K. Otakar von Böhmen in der Bibliothek zu Colmar, mitgetheilt von dem dortigen Bibliothekar L. Hugot. Cod. dipl. Mor. VII, S. 969 und 974. — Es kommt noch eine andere Formel (S. 998) vor, welche das Datum 1307 trägt; doch glaube ich, dass statt des dritten C ein L zu lesen ist, so dass wir nicht 1307 sondern 1257 bekommen, womit auch der Titel: O. dei gr. dominus regni Bohemie, dux Austrie et marchio Mor. vollkommen übereinstimmen würde. 8*
59 Theile. 1) Ebenso wenig ist uns bekannt, ob die Formeln in derselben Reihenfolge, wie sie im Codex stehen, edirt wurden, da sich darüber in der Publikation keine Andeutung vor- findet. Die Zahl der im Codex dipl. Mor. herausgegebenen Formeln beträgt 152, wovon 38 Brief- und 114 Urkundenmuster sind, so dass wir in dem Colmarer Codex sowol einen Brief- steller als auch ein urkundliches Formelbuch vor uns haben. Die Zeit der Entstehung dieses Formelbuches fällt in die ersten Jahre des 14. Jahrhunderts; denn König Wenzel II. wird hier in einer Formel rex Bohemiae et Poloniae titulirt und eine Formel hat das Datum 1306. 2) Der Form nach ist keines der erwähnten Formelbücher so mangelhaft wie jenes der Colmarer Bibliothek. Viele Fehler, die vielleicht in der Handschrift vorhanden sind, konnten bei einer mässigen Kenntniss des urkundlichen Formelwesens und bei einer besseren Rücksichtnahme auf den Sinn des Textes leicht beseitigt werden. Uiberdies sind einzelne Formeln sehr stark abgekürzt, die Arenga wird häufig weggelassen, ebenso die Namen, die auch nicht selten willkührlich verändert wurden. Etwa zwei Drittel der veröffentlichten Formeln sind auch in den oben angeführten Handschriften der Prager Capitelbibliothek und des Königsberger Archivs enthalten. Die auf der nächsten Seite beigesetzte Tabelle versetzt uns einigermassen in die Lage uns über das gegenseitige Verhältniss der urkundlichen Formelbücher sowie über die Lücken der Ausgabe Voigts eine Vorstellung zu bilden. Trotz dieser Lücken kann man aber doch sehen, dass der Königsberger Archivcodex mit den ersten 233 Formeln des Capitelcodex fast durchgehends übereinstimmt, ja dass die Aufeinanderfolge der einzelnen Formeln dieselbe ist; nur die Seiten 31—35 der Königsberger Handschrift zeigen eine gewisse Versetzung der For- meln. Man kann aus diesem Umstande schliessen, dass beide Schreiber zwei verschiedene Exemplare des schon erweiterten urkundlichen Formelbuches Heinrichs des Italieners vor sich hatten, und dass der Schreiber des Capitelcodex nur die oben angegebene Anzal der Formeln abschrieb, die übrigen aber hinwegliess. Wenn wir die Formelbücher des Königsberger Archivs, des Zdeněk von Třebič, das der Colmarer Bibliothek und das Fragment der Königsberger Bibliothek mit einander ver- gleichen, so kommen wir zu der Uiberzeugung, dass keines die Abschrift eines andern ist, dass alle auf der eben besprochenen breiteren Basis als der Prager Capitelcodex beruhen und dass jedes von ihnen Formeln enthält, die in den anderen nicht vorzukommen scheinen, d. h. dass sie alle bei einer gemeinschaftlichen Grundlage besondere Formeln aufweisen. Wenn wir den Text der Formelbücher näher ins Auge fassen, so sehen wir, dass keines von ihnen frei von Fehlern ist, und dass also eine Vergleichung aller nothwendig ist, bevor man in der Lage sein wird einen guten Text dieser Formelnfamilie herzustellen, die den Anhang der vorbereiteten Ausgabe eines Codex dipl. Bohemiae bilden könnte. 1) Cod. dipl. Mor. VII, S. 931—1006. — Urkunden-Auszuge aus dem Formelbuche des K. Otakar von Böhmen in der Bibliothek zu Colmar, mitgetheilt von dem dortigen Bibliothekar L. Hugot. Cod. dipl. Mor. VII, S. 969 und 974. — Es kommt noch eine andere Formel (S. 998) vor, welche das Datum 1307 trägt; doch glaube ich, dass statt des dritten C ein L zu lesen ist, so dass wir nicht 1307 sondern 1257 bekommen, womit auch der Titel: O. dei gr. dominus regni Bohemie, dux Austrie et marchio Mor. vollkommen übereinstimmen würde. 8*
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60 Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex. Cod. Zdenko- nis de Trebecz. Colmarer Codex, Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex. Cod. Zdenko- nis de Trebecz Colmarer Codex. Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Seite In Od. dipl. Mur. Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Seite im Od. dipl. Mor. 1 2 Registr. Inc. Sm. I 1 4 146 46 47 48 49 2b—4b 4b 4b—5 5—6b 6b—8b 8b —9 9—9b 9b 9b 9b—10 10—10b 10b 10b 10b 10b—11 11—11b 11b—13b 13b—14 14 14—15 15 15—15b 15b—17b 17b—18 18—18b 18b—19 19—19b 19b—20b 20b—21 21—21b 21b—22 22 22—22b 22b 22b—23 23—23b 23b 23b—24 24—24b 24b 24b—25 25 25—25b 25b 25b—26 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 4—7 7—9 9 10 10—11 10 11 11 11 12 12 13—15 15—16 18—21 21—22 22—23 23 23—24 24—25 25—26 25—26 26—27 27 27—28 28 28 28 29 29—30 30 30—31 35 35—36 36 33 33—34 55 136 134 154 153 155 114 150 161 147 151 135 137 130 113 109 156 13 3 4 162 144 163 138 65 139 140 141 2 166 145 142 167 50 51 20 81 82 21 I 2 39 30 31 37 40 23 18 24 25 3 5 32 129 130 238 62 61 113 254 10 16 9 109 43 12 13 45 152 153 151 954b 954a 954c 955а 953c 26—26b 26b—27 27 27 27—27b 27b—28 28—28b 28b —29b 29—29b 29b—30 30 30—30b 30b 30b—31b 31b 31b—32 32—32b 32b 32b—33 33—33b 33b—34 34—34b 34b 34b 35 35—35b 35b 35b—36 36 36 36—36b 36b 36b—37 37—37b 37b 37b—38 38 38—38b 38b — 39 39—39b 39b 39b—40 40—40b 40b—42 42—43b 42b—43 43 43—43b 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 43—44 44—45 46 47—48 31—32 48 50 32 32 37 38 39—40 41 51 52 53 54 55 56—57 57—58 58 59 59 — 60 60—63 63—64 65 34 71 168 38 20 132 72 169 174 188 165 84 152 178 179 180 59 22 26 56 53 54 25 69 64 67 171 165 166 167 168 169 170 173 176 164 175 178 172 134 133 135 132 46 154 155 156 204 159 160 161 162 233 957a 957c 957b 956а 956b 972а 972b 971а 971b 9710 958а 955b 958c 958b 42 43 44 45 34 52 959а 959b 955b 91 92 93 65 49 43
60 Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex. Cod. Zdenko- nis de Trebecz. Colmarer Codex, Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex. Cod. Zdenko- nis de Trebecz Colmarer Codex. Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Seite In Od. dipl. Mur. Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Seite im Od. dipl. Mor. 1 2 Registr. Inc. Sm. I 1 4 146 46 47 48 49 2b—4b 4b 4b—5 5—6b 6b—8b 8b —9 9—9b 9b 9b 9b—10 10—10b 10b 10b 10b 10b—11 11—11b 11b—13b 13b—14 14 14—15 15 15—15b 15b—17b 17b—18 18—18b 18b—19 19—19b 19b—20b 20b—21 21—21b 21b—22 22 22—22b 22b 22b—23 23—23b 23b 23b—24 24—24b 24b 24b—25 25 25—25b 25b 25b—26 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 4—7 7—9 9 10 10—11 10 11 11 11 12 12 13—15 15—16 18—21 21—22 22—23 23 23—24 24—25 25—26 25—26 26—27 27 27—28 28 28 28 29 29—30 30 30—31 35 35—36 36 33 33—34 55 136 134 154 153 155 114 150 161 147 151 135 137 130 113 109 156 13 3 4 162 144 163 138 65 139 140 141 2 166 145 142 167 50 51 20 81 82 21 I 2 39 30 31 37 40 23 18 24 25 3 5 32 129 130 238 62 61 113 254 10 16 9 109 43 12 13 45 152 153 151 954b 954a 954c 955а 953c 26—26b 26b—27 27 27 27—27b 27b—28 28—28b 28b —29b 29—29b 29b—30 30 30—30b 30b 30b—31b 31b 31b—32 32—32b 32b 32b—33 33—33b 33b—34 34—34b 34b 34b 35 35—35b 35b 35b—36 36 36 36—36b 36b 36b—37 37—37b 37b 37b—38 38 38—38b 38b — 39 39—39b 39b 39b—40 40—40b 40b—42 42—43b 42b—43 43 43—43b 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 43—44 44—45 46 47—48 31—32 48 50 32 32 37 38 39—40 41 51 52 53 54 55 56—57 57—58 58 59 59 — 60 60—63 63—64 65 34 71 168 38 20 132 72 169 174 188 165 84 152 178 179 180 59 22 26 56 53 54 25 69 64 67 171 165 166 167 168 169 170 173 176 164 175 178 172 134 133 135 132 46 154 155 156 204 159 160 161 162 233 957a 957c 957b 956а 956b 972а 972b 971а 971b 9710 958а 955b 958c 958b 42 43 44 45 34 52 959а 959b 955b 91 92 93 65 49 43
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61 Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex. Cod. Zdenko- nis de Trebecz. Colmarer Codex. Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex Cod. Zdenko- nis de Trebecz Colmaren Codex. Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Selte in Od. dipl. Mor. Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Seite in d. diph Mor. 94 95 96 97 108 212 217 141 142 143 132 132 10 11 67 163 144 68 43b—44 44 44—44b 44b—45 45—45b 45b 45b—46 46 46—46b 46b—47 47 47 47—48 48—48b 48b—49 49—49b 49b—50b 50b—51 51 51—52b 52b—53 53—53b 53b—54b 54b 54b 54b — 56 56—57b 57b—58b 58b 58b—60b 60b—61 61—62 62b—63 63—64b 64b—66 66—67b 67b—70b 70b—71 71—71b 71b—72 72—73 73—75 75 75b—76 76—77 77—77b 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 128 129 130 131 132 127 133 134 135 136 137 138 139 66—67 67 68 68 69—70 70—71 71 71 71—72 73 73—74 74 75 76—77 77—79 79 80—82 82—83 83—84 85—86 86 86 87—89 91—94 94—96 96 96—99 99—100 100—102 103—104 104—108 108—110 110—111 111—114 114—118 119—120 120 121—122 123—126 126—127 127—129 129—130 130—131 131 62 73 42 30 40 63 39 23 37 36 21 99 100 101 93 77 76 184 58 18 41 79 17 94 16 57 78 185 98 96 75 28 14 61 80 24 44 47 29 48 5 218 15 210 211 207 208 219 220 221 222 213 226 230 231 232 229 228 960а 960b 960c 959c 961а 961b 962 963 77b—78 78—78b 78b 78b—79 79 79—79b 79b 79b—80 80 80a—80b 80b 80b—81 81 81 81a—81b 81b 81b—82 82 82—82b 82b—83 83 83—83b 83b 84—84b 84b 84b—85 85 85—85b 85b 85b—86 86—86b 86b 86b—87 87 87—87b 87b 87b 87b—88 88 88 88—88b 88b 88b—89 89—89b 89b—90 90 90—90b 90b—91 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 136—137 137—138 138 141 142—143 143—144 146—147 147—148 149 150 151 153 153 154 155—156 70 32 115 31 27 97 176 66 95 S. 8 68 33 175 35 104 143 69 70 71 59 97 104 90 73 74 72 75 969а 990b 991а 9928 992b 995b 996а 996b 996c 992c 993а 993b 970а 994а 993c 994b 994c 994d 64 47 65 244 77b 140 66 999а
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62 Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex Cod. Zdenko- nis de Trebecz. Colmarer Codex. Prager Cap. Codex Königsberger Archivcodex Cod. Zdenko- nis de Trebecz. Colmaren Codex Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Sefte in Od. dip. Mor Fol. Nro. Seite Nro. bei Voigt Nro. Seite in d. dip Mor. 189 190 190—191 191—192 131 88 90b 91—91b 91b 91b—92 92—92b 92b—93 93 93—93b 93b—94 94 94—95 95—95b 95b 96 96 96—97 97—97b 97b 97b 97b—98 98 98—98b 98b 98b—99 99 99 99—99b 99b 99b 99b—100 100 100—100b 100b—101 101 101—101b 101b 101b 102 102—102b 102b 102b 102b—103 103 103b 195 193 194 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 207 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 163 164 164 166 166 167—169 169—170 174 175—176 176 176 178 179—180 180 181—182 183—184 185 173 S. 7 n. 8 74 127 81 172 82 170 186 105 8 171 149 159 160 110 15 44 106 107 94 93 95 100 110 15 123 63 1000b 1000b 1001a 1002а 969c 1003a 1003b 1003c 977а 974b 103b—104 104 104b—105 105 105—105b 105b 106 232 233 234 235 236 237 238 192—193 194—195 195—196 196—197 198—199 199—200 200—201 203—204 204 205 205—206 206 207 208—209 210 211—212 213—214 215 216 216—217 219 220—222 223 224—225 227 228—229 232—233 233—234 235—236 236 239 247 250 251—254 254—256 89 124 120 121 125 85 122 126 111 106 189 112 128 116 129 177 92 164 91 60 158 86 19 157 148 12 87 102 103 112 46 187 45 182 183 239 236 234 77 238 968c 973а 1005а 975d 976а 191 160—161 83 192 231 187 188 189 189—190 123 117 119 118 118 257 181 251 248, 250 245 979b
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63 Uibersicht der Beamten der böhm. Hofkanzlei von der Mitte des 12. Jahr- hunderts bis zum Jahre 1310. 1. Kanzler. Alexander, Probst von Wyšehrad (1146). — Bartholomäus (1148). — Gervasius, Probst von Wyšehrad (1157—1178). — Florian, Probst von Wyšehrad, dann Probst von Prag, früher Notar (1180—1197?). — Christan, Rapoto. — Andreas, Probst von Prag (1211—1215). — Eppo, Probst von Prag (1216). — Benedikt, Probst von Leitmeritz, früher Notar (1219(?) — 1225). Die Pröbste von Wyšehrad: Arnold, ein Verwandter des Königs (1226—1237); — Philipp, ein Verwandter des Königs (1240—1247); — Mag. Dionysius, früher Vicekanzler (1247—1254); — Wladislaw, Herzog von Breslau, ein Verwandter des Königs (1256—1265); Mag. Peter, früher Protonotar (1266—1288); — Johann, ein Seitenbruder des Königs (1290—1296); Mag. Peter von Aspelt, Bischof von Basel (1297—1306); Mag. Petrus Angeli (1306 und folg.). Kanzler von Mähren: Cyrus, Probst von Olmütz (1282). — Kanzler von- Krakau: Pakoslaw (1293). 2. Notare, Protonotare a) der böhm. Könige: Martin (1164, 1165). — Florian Prager Domherr, notarius, vicecancellarius (1169—1178). — Heinrich (cc. 1182). — Rapoto, no- tarius, scriba (cc. 1192—1197). — Benedikt, später Kanzler (1204—1218?). — Engelschalk, En- gelhard, Domherr von Wyšehrad, königl. Schreiber, Protonotar, (1212—1225). — Wojslaw (1212). — Ulrich (1213). — Anselm Notar, Protonotar (1219, 1220). — Hermann, Notar, Probst von Leitmeritz (1219—1228). — Hilarius (1222). — Wigbert (1223). — Hippolyt, Prager Archi- diacon (1230). — Johannes, Leitmeritzer Domherr und königl. Capellan (1232—1234); Wilhelm, Prager Domherr (1234—1240). — Reinbot, Notar, Protonotar, dann Wyšehrader Domherr (1238, 1240—1244). — Mag. Dionysius, Vicekanzler, Prager Domherr, wurde Kanzler (1240— 1247). — Herbord, Prager Domherr (1247—1253). — Arnold (1252). — b) der Markgrafen von Mähren: Apollinaris zuweilen auch Protonotar genannt (1203—1222). — Johannes, Capellan als Datar (1213, 1214). — Bartholomaeus, Olmützer Domherr (1232, 1234). — Hi- larius, Hofkaplan (1233—1236). — Marquard wird Protonotar titulirt, datirt eine Urkunde als Capellan des Markgrafen (1236). — Elias früher Protonotar der Markgräfin (1235, 1238). Victor, Capellan des Markgrafen. — Ludwig (1238). — Přisnobor (1247—1249). Mag. Wilhelm (1250—1251). — c) für Oesterreich und Mähren dann zugleich für Böhmen: zumeist als Protonotare: Derselbe Wilhelm (1251—1262). — Mag. Gotschalk, früher Protonotar Friedrichs des Streitbaren (1251—1255); Mag. Arnold, früher in der Hofkanzlei Wenzels I. (1255—1264); Mag. Ulrich (1258—1260); d) für Oesterreichische Länder: derselbe Mag. Ulrich (1264—1278) e) für böhmische Länder (Böhmen und Mähren zugleich) : Mag. Heinrich, Pfarrer in Gors (1273—1279). — Mag. Welislaw (1283—1285). — ƒ) Nur für Böhmen: Derselbe Mag. Welislaw (1285—1289) ; Mag. Petrus Angeli (1289 bis 1306). g) Nur für Mähren: Mag. Johannes, Probst von Sadská (1289— cc. 1300). — Heinrich, Sohn des Sturm (1305). — h) Protonotar für Krakau und Sandomirien: Heinrich (1292). — i) Unbestimmt: Johann von Schlackenwerth (1300—1305).
63 Uibersicht der Beamten der böhm. Hofkanzlei von der Mitte des 12. Jahr- hunderts bis zum Jahre 1310. 1. Kanzler. Alexander, Probst von Wyšehrad (1146). — Bartholomäus (1148). — Gervasius, Probst von Wyšehrad (1157—1178). — Florian, Probst von Wyšehrad, dann Probst von Prag, früher Notar (1180—1197?). — Christan, Rapoto. — Andreas, Probst von Prag (1211—1215). — Eppo, Probst von Prag (1216). — Benedikt, Probst von Leitmeritz, früher Notar (1219(?) — 1225). Die Pröbste von Wyšehrad: Arnold, ein Verwandter des Königs (1226—1237); — Philipp, ein Verwandter des Königs (1240—1247); — Mag. Dionysius, früher Vicekanzler (1247—1254); — Wladislaw, Herzog von Breslau, ein Verwandter des Königs (1256—1265); Mag. Peter, früher Protonotar (1266—1288); — Johann, ein Seitenbruder des Königs (1290—1296); Mag. Peter von Aspelt, Bischof von Basel (1297—1306); Mag. Petrus Angeli (1306 und folg.). Kanzler von Mähren: Cyrus, Probst von Olmütz (1282). — Kanzler von- Krakau: Pakoslaw (1293). 2. Notare, Protonotare a) der böhm. Könige: Martin (1164, 1165). — Florian Prager Domherr, notarius, vicecancellarius (1169—1178). — Heinrich (cc. 1182). — Rapoto, no- tarius, scriba (cc. 1192—1197). — Benedikt, später Kanzler (1204—1218?). — Engelschalk, En- gelhard, Domherr von Wyšehrad, königl. Schreiber, Protonotar, (1212—1225). — Wojslaw (1212). — Ulrich (1213). — Anselm Notar, Protonotar (1219, 1220). — Hermann, Notar, Probst von Leitmeritz (1219—1228). — Hilarius (1222). — Wigbert (1223). — Hippolyt, Prager Archi- diacon (1230). — Johannes, Leitmeritzer Domherr und königl. Capellan (1232—1234); Wilhelm, Prager Domherr (1234—1240). — Reinbot, Notar, Protonotar, dann Wyšehrader Domherr (1238, 1240—1244). — Mag. Dionysius, Vicekanzler, Prager Domherr, wurde Kanzler (1240— 1247). — Herbord, Prager Domherr (1247—1253). — Arnold (1252). — b) der Markgrafen von Mähren: Apollinaris zuweilen auch Protonotar genannt (1203—1222). — Johannes, Capellan als Datar (1213, 1214). — Bartholomaeus, Olmützer Domherr (1232, 1234). — Hi- larius, Hofkaplan (1233—1236). — Marquard wird Protonotar titulirt, datirt eine Urkunde als Capellan des Markgrafen (1236). — Elias früher Protonotar der Markgräfin (1235, 1238). Victor, Capellan des Markgrafen. — Ludwig (1238). — Přisnobor (1247—1249). Mag. Wilhelm (1250—1251). — c) für Oesterreich und Mähren dann zugleich für Böhmen: zumeist als Protonotare: Derselbe Wilhelm (1251—1262). — Mag. Gotschalk, früher Protonotar Friedrichs des Streitbaren (1251—1255); Mag. Arnold, früher in der Hofkanzlei Wenzels I. (1255—1264); Mag. Ulrich (1258—1260); d) für Oesterreichische Länder: derselbe Mag. Ulrich (1264—1278) e) für böhmische Länder (Böhmen und Mähren zugleich) : Mag. Heinrich, Pfarrer in Gors (1273—1279). — Mag. Welislaw (1283—1285). — ƒ) Nur für Böhmen: Derselbe Mag. Welislaw (1285—1289) ; Mag. Petrus Angeli (1289 bis 1306). g) Nur für Mähren: Mag. Johannes, Probst von Sadská (1289— cc. 1300). — Heinrich, Sohn des Sturm (1305). — h) Protonotar für Krakau und Sandomirien: Heinrich (1292). — i) Unbestimmt: Johann von Schlackenwerth (1300—1305).
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