z 400 stránek
Titul
I
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Úvod
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Obsah
XXXVII
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Edice
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Název:
Wolfram von Eschenbach, Parzival und Titurel (vol. I)
Autor:
Bartsch, Karl
Rok vydání:
1875
Místo vydání:
Leipzig
Počet stran celkem:
400
Počet stran předmluvy plus obsahu:
XXXVIII+362
Obsah:
- I: Titul
- V: Úvod
- XXXVII: Obsah
- 1: Edice
upravit
Strana I
WOLFRAM'S VON ESCHENBACH PARZIVAL UND TITUREL HERAUSGEGEBEN VON KARL BARTSCH. ERSTE HEIL. ZWEITE AUFLAGE. LEIPZIG: F. A. BROCKHAUS. 1875.
WOLFRAM'S VON ESCHENBACH PARZIVAL UND TITUREL HERAUSGEGEBEN VON KARL BARTSCH. ERSTE HEIL. ZWEITE AUFLAGE. LEIPZIG: F. A. BROCKHAUS. 1875.
Strana II
Strana III
DEUTSCHE CLASSIKER DES MITTELALTERS. MIT WORT- UND SACHERKLARUNGEN. BEGRŮNDET VON FRANZ PFEIFFER. NEUNTER BAND. WOLFRAM'S VON ESCHENBACH PARZIVAL UND TITUREL. ERSTER THEIL. LEIPZIG: F. A. BROCKHAUS. 1875.
DEUTSCHE CLASSIKER DES MITTELALTERS. MIT WORT- UND SACHERKLARUNGEN. BEGRŮNDET VON FRANZ PFEIFFER. NEUNTER BAND. WOLFRAM'S VON ESCHENBACH PARZIVAL UND TITUREL. ERSTER THEIL. LEIPZIG: F. A. BROCKHAUS. 1875.
Strana IV
Strana V
EINLEITUNG. Daſs Wolfram von Eschenbach unter allen höfischen er- zählenden Dichtern des deutschen Mittelalters der gewaltigste und gedankentiefste ist, wird allgemein zugegeben. Er allein hat es versucht, die höchsten Fragen, die des Menschen Brust bewegen, zum Gegenstande epischer Dichtung zu machen. Und wenn auch die Ausführung seines Gedankens in Folge seines eigensten Wesens hinter dem Wollen zurückgeblieben, so darf Wolfram doch nicht unwürdig neben den grofsen Florentiner, neben Dante Allighieri, gestellt werden, nur daſs dieser einen am Quell des classischen Alterthums getränkten Geist zu seinem Werke mitbrachte, während die Bildung des deutschen Dichters die kümmerlichste war und kaum den Durchschnitt seiner Zeit erreichte. Dennoch übt das Ringen einer großen Seele, deren Flügelschlag durch den Druck der umgebenden Verhältnisse gehemmt ist, einen mächtigen Ein- druck, und wir können ahnen, welch höheren Flug sie in lichterer, sonnigerer Atmosphäre genommen haben würde. Dem ritterlichen Stande gehörte der Dichter an; er be- zeichnet sich selbst an verschiedenen Stellen seiner Werke als Ritter, und zwar als Baiern (Parz. III, 153), was von vornherein den Zusammenhang mit dem schweizerischen Ge- schlechte der Freiherren von Eschenbach ausschließt. Ist nun auch die Familie des Dichters und der Dichter selbst urkundlich in Baiern nicht nachzuweisen, so hat das wenig auf sich; denn er gehörte dem niedern Adel an, und solcher Familien sind viele früh verschollen, ohne in Urkunden, noch weniger in Chroniken eine Spur ihres Daseins zu hinterlassen. Zwei Orte des Namens Eschenbach gibt es in Baiern : das eine in der Oberpfalz, neun
EINLEITUNG. Daſs Wolfram von Eschenbach unter allen höfischen er- zählenden Dichtern des deutschen Mittelalters der gewaltigste und gedankentiefste ist, wird allgemein zugegeben. Er allein hat es versucht, die höchsten Fragen, die des Menschen Brust bewegen, zum Gegenstande epischer Dichtung zu machen. Und wenn auch die Ausführung seines Gedankens in Folge seines eigensten Wesens hinter dem Wollen zurückgeblieben, so darf Wolfram doch nicht unwürdig neben den grofsen Florentiner, neben Dante Allighieri, gestellt werden, nur daſs dieser einen am Quell des classischen Alterthums getränkten Geist zu seinem Werke mitbrachte, während die Bildung des deutschen Dichters die kümmerlichste war und kaum den Durchschnitt seiner Zeit erreichte. Dennoch übt das Ringen einer großen Seele, deren Flügelschlag durch den Druck der umgebenden Verhältnisse gehemmt ist, einen mächtigen Ein- druck, und wir können ahnen, welch höheren Flug sie in lichterer, sonnigerer Atmosphäre genommen haben würde. Dem ritterlichen Stande gehörte der Dichter an; er be- zeichnet sich selbst an verschiedenen Stellen seiner Werke als Ritter, und zwar als Baiern (Parz. III, 153), was von vornherein den Zusammenhang mit dem schweizerischen Ge- schlechte der Freiherren von Eschenbach ausschließt. Ist nun auch die Familie des Dichters und der Dichter selbst urkundlich in Baiern nicht nachzuweisen, so hat das wenig auf sich; denn er gehörte dem niedern Adel an, und solcher Familien sind viele früh verschollen, ohne in Urkunden, noch weniger in Chroniken eine Spur ihres Daseins zu hinterlassen. Zwei Orte des Namens Eschenbach gibt es in Baiern : das eine in der Oberpfalz, neun
Strana VI
VI EINLEITUNG. Stunden nördlich von Amberg, das andere in Mittelfranken, etwa vier Stunden von Ansbach. Die örtlichen Beziehungen in Wolf- ram's Werken weisen entschieden auf das letztere. So nennt er (Willeh. 390, 4) den Virgunt, lat. Virgunnia, Virgundia, Virgunda waldun in Urkunden, einen Wald zwischen Ansbach und Ellwangen; von Städten jener Gegend Trühendingen (Parz. IV, 162), d. h. Alten-, Hohen- und Wassertrüdingen, etwa sechs Stunden von Eschenbach. In der Schilderung der Gralburg vergleicht er den Schloßshof derselben mit dem Anger zu Abenberg (Parz. V, 103): die Grafen von Abenberg aber saßsen etwa drei Stunden von Wolfram's Heimat. Er erwähnt ferner den Sand, die Gegend zwischen Roth, Plein- feld und Weißsenburg bis Nürnberg (Willeh. 426, 30), die Kaufweiber von Tolenstein (Parz. VIII, 338), d. h. Dollnstein, ungefähr eine Meile von Eichstädt, sodann Nördlingen (Willeh. 295, 16). Im jüngeren Titurel, dessen Verfasser häufig in Wolfram's Namen spricht, wird der Dichter mehrfach als friunt von Plîenvelden bezeichnet; dies Pleinfeld liegt fünf Stunden südöstlich von Eschenbach. Des Dichters Heimat gehört zu dem damaligen bairischen Nordgau, also nicht zum eigentlichen Baiern, sondern zu Mittelfranken, und auch seine Sprache mit ihren zahlreichen mitteldeutschen Spuren be- stätigt dies. Das Familienwappen besitzen wir in mehreren Abbildun- gen und Beschreibungen; die älteste in dem Bilde, welches die Pariser Liederhandschrift Wolfram's Liedern vorausschickt. Hier ist er als Ritter dargestellt, im Kettenpanzer, darüber den Wappenrock, mit dem Schwerte umgürtet, den Helm geschlossen, in der Linken den Schild, in der Rechten das Banner: so steht er vor einem gesattelten Rosse, das mit der Kovertiure bedeckt ist und von einem Knaben gehalten wird. Sein Wappen ist im Schilde abgebildet: zwei weiße mit dem Rücken gegeneinander gekehrte, axtähnliche oder fahnenartige Figuren, die auch auf dem Helme, dem Banner und der Ko- vertiure wiederkehren. Dies Wappen stimmt noch am meisten mit dem oberpfälzischen: drei aufwärts gekehrte, nach links gewendete silberne Messer im rothen Schilde. Ein ganz ver- schiedenes schildert uns im 15. Jahrhundert der dichtende Ritter Jakob Püterich von Reicherzhausen in seinem Ehren- briefe*), der in Form der Titurelstrophe eine Aufzählung *) Zeitschrift für deutsches Alterthum, VI, 31—59.
VI EINLEITUNG. Stunden nördlich von Amberg, das andere in Mittelfranken, etwa vier Stunden von Ansbach. Die örtlichen Beziehungen in Wolf- ram's Werken weisen entschieden auf das letztere. So nennt er (Willeh. 390, 4) den Virgunt, lat. Virgunnia, Virgundia, Virgunda waldun in Urkunden, einen Wald zwischen Ansbach und Ellwangen; von Städten jener Gegend Trühendingen (Parz. IV, 162), d. h. Alten-, Hohen- und Wassertrüdingen, etwa sechs Stunden von Eschenbach. In der Schilderung der Gralburg vergleicht er den Schloßshof derselben mit dem Anger zu Abenberg (Parz. V, 103): die Grafen von Abenberg aber saßsen etwa drei Stunden von Wolfram's Heimat. Er erwähnt ferner den Sand, die Gegend zwischen Roth, Plein- feld und Weißsenburg bis Nürnberg (Willeh. 426, 30), die Kaufweiber von Tolenstein (Parz. VIII, 338), d. h. Dollnstein, ungefähr eine Meile von Eichstädt, sodann Nördlingen (Willeh. 295, 16). Im jüngeren Titurel, dessen Verfasser häufig in Wolfram's Namen spricht, wird der Dichter mehrfach als friunt von Plîenvelden bezeichnet; dies Pleinfeld liegt fünf Stunden südöstlich von Eschenbach. Des Dichters Heimat gehört zu dem damaligen bairischen Nordgau, also nicht zum eigentlichen Baiern, sondern zu Mittelfranken, und auch seine Sprache mit ihren zahlreichen mitteldeutschen Spuren be- stätigt dies. Das Familienwappen besitzen wir in mehreren Abbildun- gen und Beschreibungen; die älteste in dem Bilde, welches die Pariser Liederhandschrift Wolfram's Liedern vorausschickt. Hier ist er als Ritter dargestellt, im Kettenpanzer, darüber den Wappenrock, mit dem Schwerte umgürtet, den Helm geschlossen, in der Linken den Schild, in der Rechten das Banner: so steht er vor einem gesattelten Rosse, das mit der Kovertiure bedeckt ist und von einem Knaben gehalten wird. Sein Wappen ist im Schilde abgebildet: zwei weiße mit dem Rücken gegeneinander gekehrte, axtähnliche oder fahnenartige Figuren, die auch auf dem Helme, dem Banner und der Ko- vertiure wiederkehren. Dies Wappen stimmt noch am meisten mit dem oberpfälzischen: drei aufwärts gekehrte, nach links gewendete silberne Messer im rothen Schilde. Ein ganz ver- schiedenes schildert uns im 15. Jahrhundert der dichtende Ritter Jakob Püterich von Reicherzhausen in seinem Ehren- briefe*), der in Form der Titurelstrophe eine Aufzählung *) Zeitschrift für deutsches Alterthum, VI, 31—59.
Strana VII
EINLEITUNG. VII seiner Bibliothek enthält; er beschreibt (Strophe 129) Wolf- ram's Grabmal: Verwappent mit aim hafen im schilt auf helm begarb ; ja müest er schnelle drafen der uns erfür derselben clainot farb; ein pusch auf helm der hafen hat umbraifet, d. h. das Wappen bestand aus einem Topf, der auf dem das Wappen krönenden Helm sich wiederholte und aus welchem ein Busch emporwuchs. Ein damit übereinstimmendes Wap- pen hat aus Konrad Grünenberg’s Wappenbuche (1480—93) Schmeller mitgetheilt*): dasselbe zeigt im gelben Schilde und auf dem Helme einen rothen Topf mit Gießschnabel am Bauche und bogenförmiger Handhabe, aus dem oberen Topfe sprießsen fünf tulpenartige weißse Blumen. Daſ dies wirklich Wolfram's Wappen war, bestätigt ein jüngeres Zeugniss: der Nürnberger Patrizier Kress (1589—1658) erzählt**), er sei am 5. August 1608 nach Obereschenbach, welches ehemals dem Deutschorden zugehört, gekommen, und fügt hinzu: In der Deutschherren- kirche zu Eschenbach sind nur nachfolgende Monumenta. Hie ligt der streng Ritter Herr Wolfram von Eschenbach ein Meistersinger. Dabei gibt er eine Abzeichnung des Wappens, das mit dem bei Grünenberg genau stimmt. Nur hat der Topf etwas andere Form und die Zahl der Blumen ist größser. Zwei Zeugen also berichten über das Grab des Dichters und das darauf befindliche Wappen unabhängig voneinander und übereinstimmend. Das Wappen bei Grünenberg hat die Über- schrift: Wolfram Freiherr von Eschenbach, layen munt nit baz gesprach, ein Frank. Daßs damit kein anderer als der Dichter gemeint ist, der hier irrig als Freiherr bezeichnet wird, geht aus den dem Wigalois Wirnt’s entlehnten und auf den Dichter bezüglichen Worten klar hervor. Gegen diese Zeugnisse kann das Wappen der Pariser Handschrift nicht aufkommen; denn die Sammlung ist erst im 14. Jahrhundert in der Schweiz angelegt. Die adeliche Abkunft bezeugen des Dichters Zeitgenossen und Spätere, indem sie ihm das ritterliche Prädicat «Herr» geben. Aber freilich haben wir ihn uns nicht als auf einer *) Uber Wolfram's von Eschenbach Heimat, Grab und Wappen (München 1837). **) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1861, Sp. 355 fg.
EINLEITUNG. VII seiner Bibliothek enthält; er beschreibt (Strophe 129) Wolf- ram's Grabmal: Verwappent mit aim hafen im schilt auf helm begarb ; ja müest er schnelle drafen der uns erfür derselben clainot farb; ein pusch auf helm der hafen hat umbraifet, d. h. das Wappen bestand aus einem Topf, der auf dem das Wappen krönenden Helm sich wiederholte und aus welchem ein Busch emporwuchs. Ein damit übereinstimmendes Wap- pen hat aus Konrad Grünenberg’s Wappenbuche (1480—93) Schmeller mitgetheilt*): dasselbe zeigt im gelben Schilde und auf dem Helme einen rothen Topf mit Gießschnabel am Bauche und bogenförmiger Handhabe, aus dem oberen Topfe sprießsen fünf tulpenartige weißse Blumen. Daſ dies wirklich Wolfram's Wappen war, bestätigt ein jüngeres Zeugniss: der Nürnberger Patrizier Kress (1589—1658) erzählt**), er sei am 5. August 1608 nach Obereschenbach, welches ehemals dem Deutschorden zugehört, gekommen, und fügt hinzu: In der Deutschherren- kirche zu Eschenbach sind nur nachfolgende Monumenta. Hie ligt der streng Ritter Herr Wolfram von Eschenbach ein Meistersinger. Dabei gibt er eine Abzeichnung des Wappens, das mit dem bei Grünenberg genau stimmt. Nur hat der Topf etwas andere Form und die Zahl der Blumen ist größser. Zwei Zeugen also berichten über das Grab des Dichters und das darauf befindliche Wappen unabhängig voneinander und übereinstimmend. Das Wappen bei Grünenberg hat die Über- schrift: Wolfram Freiherr von Eschenbach, layen munt nit baz gesprach, ein Frank. Daßs damit kein anderer als der Dichter gemeint ist, der hier irrig als Freiherr bezeichnet wird, geht aus den dem Wigalois Wirnt’s entlehnten und auf den Dichter bezüglichen Worten klar hervor. Gegen diese Zeugnisse kann das Wappen der Pariser Handschrift nicht aufkommen; denn die Sammlung ist erst im 14. Jahrhundert in der Schweiz angelegt. Die adeliche Abkunft bezeugen des Dichters Zeitgenossen und Spätere, indem sie ihm das ritterliche Prädicat «Herr» geben. Aber freilich haben wir ihn uns nicht als auf einer *) Uber Wolfram's von Eschenbach Heimat, Grab und Wappen (München 1837). **) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1861, Sp. 355 fg.
Strana VIII
VIII EINLEITUNG. stattlichen Burg hausend zu denken, sondern nach seinen eigenen Angaben in sehr ärmlichen Verhältnissen lebend. Er besaß eine wahrscheinlich sehr bescheidene Burg, nicht Eschen- bach, sondern Wildenberg (Parz. V, 193). Eine Stunde von Ansbach liegt das Dorf Wehlenberg, welches aber früher Wildenbergen hieß. Der Stammsitz der Familie war jedoch sicherlich Eschenbach und dort hatte sie vielleicht eine größere Burg. Denn daßs die Familie arm gewesen, ergibt sich noch nicht aus der Armuth des Dichters. Allem Anscheine nach war Wolfram ein jüngerer Sohn, auf welchen nur ein sehr geringer Theil des elterlichen Besitzes übergieng. Die Worte im Parzival, I, 117 ff., namentlich des pfliget och tiuscher erde ein ort, deuten vermuthlich auf seine eigene Heimat und seine persönlichen Verhältnisse. Indess seine Armuth hat ihn nicht gedrückt, sein Reichthum war die Kunst, die ihm Gott gegeben; durch sie fand er freundliche Aufnahme bei Reicheren in der Nähe und Ferne. Daher vermag er über seine Lage ohne Bitterkeit und mit gutem Humor zu scherzen (Parz. IV, 167—176; V, 569—570). Von seinen Lebensschicksalen wissen wir im Ubrigen wenig. Die erwähnten örtlichen Beziehungen werden zum Theil wohl auf persönliche Verhältnisse deuten, wie zu den Grafen von Abenberg, die seine Gönner gewesen sein mögen. Auch in Trühendingen saß eine gräfliche Familie, die mit dem Merani- schen Hause verwandt war und auf deren üppiges Leben, das am Ende des 13. Jahrhunderts die Verschleuderung ihrer Be- sitzungen zur Folge hatte, die Krapfen (Parz. IV, 163), leicht eine Hindeutung sein können. Noch erwähnt er einer Mark- gräfin, deren Schönheit vom Heitstein leuchtet (Parz. VIII, 180). Ritter vom Heitstein, einem Berge im bairischen Walde, kom- men im 12. Jahrhundert in Urkunden der Markgrafen von Vohburg vor, aber nicht mehr seit die Markgrafschaft an Baiern gefallen. Die hier gemeinte Markgräfin ist Elisabeth, Gemahlin Berthold's von Vohburg († 1204), Schwester Lud- wig’s von Baiern, woraus auch der Anfall an Baiern sich er- klärt.*) Wolfram wird ihr nach damaliger Sitte wohl auch eine Zeit lang den Hof gemacht haben. Wichtiger für seine persönlichen Verhältnisse ist die Er- wähnung des Grafen von Wertheim (Parz. IV, 142). Die Grafen von Wertheim saßen und sitzen noch in Unterfranken; *) Vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum, XI, 42 fg.
VIII EINLEITUNG. stattlichen Burg hausend zu denken, sondern nach seinen eigenen Angaben in sehr ärmlichen Verhältnissen lebend. Er besaß eine wahrscheinlich sehr bescheidene Burg, nicht Eschen- bach, sondern Wildenberg (Parz. V, 193). Eine Stunde von Ansbach liegt das Dorf Wehlenberg, welches aber früher Wildenbergen hieß. Der Stammsitz der Familie war jedoch sicherlich Eschenbach und dort hatte sie vielleicht eine größere Burg. Denn daßs die Familie arm gewesen, ergibt sich noch nicht aus der Armuth des Dichters. Allem Anscheine nach war Wolfram ein jüngerer Sohn, auf welchen nur ein sehr geringer Theil des elterlichen Besitzes übergieng. Die Worte im Parzival, I, 117 ff., namentlich des pfliget och tiuscher erde ein ort, deuten vermuthlich auf seine eigene Heimat und seine persönlichen Verhältnisse. Indess seine Armuth hat ihn nicht gedrückt, sein Reichthum war die Kunst, die ihm Gott gegeben; durch sie fand er freundliche Aufnahme bei Reicheren in der Nähe und Ferne. Daher vermag er über seine Lage ohne Bitterkeit und mit gutem Humor zu scherzen (Parz. IV, 167—176; V, 569—570). Von seinen Lebensschicksalen wissen wir im Ubrigen wenig. Die erwähnten örtlichen Beziehungen werden zum Theil wohl auf persönliche Verhältnisse deuten, wie zu den Grafen von Abenberg, die seine Gönner gewesen sein mögen. Auch in Trühendingen saß eine gräfliche Familie, die mit dem Merani- schen Hause verwandt war und auf deren üppiges Leben, das am Ende des 13. Jahrhunderts die Verschleuderung ihrer Be- sitzungen zur Folge hatte, die Krapfen (Parz. IV, 163), leicht eine Hindeutung sein können. Noch erwähnt er einer Mark- gräfin, deren Schönheit vom Heitstein leuchtet (Parz. VIII, 180). Ritter vom Heitstein, einem Berge im bairischen Walde, kom- men im 12. Jahrhundert in Urkunden der Markgrafen von Vohburg vor, aber nicht mehr seit die Markgrafschaft an Baiern gefallen. Die hier gemeinte Markgräfin ist Elisabeth, Gemahlin Berthold's von Vohburg († 1204), Schwester Lud- wig’s von Baiern, woraus auch der Anfall an Baiern sich er- klärt.*) Wolfram wird ihr nach damaliger Sitte wohl auch eine Zeit lang den Hof gemacht haben. Wichtiger für seine persönlichen Verhältnisse ist die Er- wähnung des Grafen von Wertheim (Parz. IV, 142). Die Grafen von Wertheim saßen und sitzen noch in Unterfranken; *) Vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum, XI, 42 fg.
Strana IX
EINLEITUNG. IX Wolfram bedient sich des Ausdruckes min herre, was an sich noch auf kein Abhängigkeitsverhältniss hindeutet, sondern auch allgemeine Ehrenbezeugung ist. Aber wenn man er- wägt, daß im 13. Jahrhundert die Grafen in Eschenbach eine Comthurei des Deutschordens gründeten, so geht daraus her- vor, daf sie in jener Gegend Besitzungen hatten. Daher kann der Ausdruck mîn herre eine bestimmtere Beziehung haben, wenn etwa auch Wildenberg ihnen gehörte und Wolf- ram damit belehnt war. Das Loof eines armen, auf die Freigebigkeit der Großen angewiesenen Dichters brachte ein wanderndes Leben mit sich: unser gröfster Lyriker, Walther von der Vogelweide, dessen Leben wir durch die Beziehungen seiner historischen Gedichte genauer kennen, liefert davon das anschaulichste Beispiel. Wolfram sagt selbst (Parz. IX, 1989): Wer Schildes Amt üben will, der muſs durchstreichen Lande viel; und bei dem Werthe, den er auf sein Ritterthum legt, dürfen wir annehmen, daß auch der ritterliche Sinn nach Abenteuern ihn in die Welt hinaustrieb. Doch können wir nur éinen längeren Aufenthalt in weiterer Ferne nachweisen, den am thüringischen Hofe des Landgrafen Hermann, der auf der Wartburg bei Eisenach einen Mittel- punkt dichterischer Bestrebungen bildete, wie 600 Jahre später das benachbarte Weimar. Von Hermann's Beförderung der Dichtkunst haben wir verschiedene Zeugnisse : auf einer seiner Burgen, Neuenburg (Naumburg) an der Unstrut, vollendete Hein- rich von Veldeke, der vom Niederrhein gekommen war, seine Eneide; auf seine Anregung unternahm Albrecht von Halber- stadt 1210 die poetische Verdeutschung von Ovid's Metamor- phosen; von ihm erhielt Herbort von Fritslar, ein Hesse, das französische Original seines Liedes von Troja. Begreiflich ist also, daß Wolfram von dem Glanze dieses Hofes sich ange- zogen fühlte und Förderung seiner Kunst an ihm zu finden erwartete. Von den genannten Dichtern lebte Heinrich von Veldeke sicherlich nicht mehr, als Wolfram nach Eisenach kam; aber er traf hier und lernte kennen Walthern von der Vogelweide. Um 1204 war Walther in Thüringen, in diese Zeit und die folgende wird daher auch Wolfram's Aufenthalt fallen, der indess wohl nicht ein einmaliger war. Das Leben auf der Wartburg war ein sehr lustiges, theilweise sogar sehr lärmendes und ausgelassenes. Die Freigebigkeit des Fürsten lockte namentlich viele Schmarotzer herbei, unter denen edlere Naturen zu leiden hatten. Das anschaulichste Bild von diesem
EINLEITUNG. IX Wolfram bedient sich des Ausdruckes min herre, was an sich noch auf kein Abhängigkeitsverhältniss hindeutet, sondern auch allgemeine Ehrenbezeugung ist. Aber wenn man er- wägt, daß im 13. Jahrhundert die Grafen in Eschenbach eine Comthurei des Deutschordens gründeten, so geht daraus her- vor, daf sie in jener Gegend Besitzungen hatten. Daher kann der Ausdruck mîn herre eine bestimmtere Beziehung haben, wenn etwa auch Wildenberg ihnen gehörte und Wolf- ram damit belehnt war. Das Loof eines armen, auf die Freigebigkeit der Großen angewiesenen Dichters brachte ein wanderndes Leben mit sich: unser gröfster Lyriker, Walther von der Vogelweide, dessen Leben wir durch die Beziehungen seiner historischen Gedichte genauer kennen, liefert davon das anschaulichste Beispiel. Wolfram sagt selbst (Parz. IX, 1989): Wer Schildes Amt üben will, der muſs durchstreichen Lande viel; und bei dem Werthe, den er auf sein Ritterthum legt, dürfen wir annehmen, daß auch der ritterliche Sinn nach Abenteuern ihn in die Welt hinaustrieb. Doch können wir nur éinen längeren Aufenthalt in weiterer Ferne nachweisen, den am thüringischen Hofe des Landgrafen Hermann, der auf der Wartburg bei Eisenach einen Mittel- punkt dichterischer Bestrebungen bildete, wie 600 Jahre später das benachbarte Weimar. Von Hermann's Beförderung der Dichtkunst haben wir verschiedene Zeugnisse : auf einer seiner Burgen, Neuenburg (Naumburg) an der Unstrut, vollendete Hein- rich von Veldeke, der vom Niederrhein gekommen war, seine Eneide; auf seine Anregung unternahm Albrecht von Halber- stadt 1210 die poetische Verdeutschung von Ovid's Metamor- phosen; von ihm erhielt Herbort von Fritslar, ein Hesse, das französische Original seines Liedes von Troja. Begreiflich ist also, daß Wolfram von dem Glanze dieses Hofes sich ange- zogen fühlte und Förderung seiner Kunst an ihm zu finden erwartete. Von den genannten Dichtern lebte Heinrich von Veldeke sicherlich nicht mehr, als Wolfram nach Eisenach kam; aber er traf hier und lernte kennen Walthern von der Vogelweide. Um 1204 war Walther in Thüringen, in diese Zeit und die folgende wird daher auch Wolfram's Aufenthalt fallen, der indess wohl nicht ein einmaliger war. Das Leben auf der Wartburg war ein sehr lustiges, theilweise sogar sehr lärmendes und ausgelassenes. Die Freigebigkeit des Fürsten lockte namentlich viele Schmarotzer herbei, unter denen edlere Naturen zu leiden hatten. Das anschaulichste Bild von diesem
Strana X
X EINLEITUNG. Treiben gibt uns eine Strophe Walther's (Pfeiffer, Nr. 99) und unser Dichter selbst (Parz. VI, 526 ff.). Ein Nachklang dieses dichterischen Zusammenlebens ist der dem Ende des 13. Jahrhunderts angehörige Wartburgkrieg, der ins Jahr 1207 verlegt wird. Wie die deutsche Heldensage sich gefiel die bedeutendsten Heldengestalten derselben ihre Kräfte mit- einander messen zu lassen (Dietrich und Siegfried im Rosen- garten), so lässt jenes Gedicht die bedeutendsten Dichter des 13. Jahrhunderts miteinander streiten. Es berichtet auch aus Wolfram's Leben noch einen Zug, der aber wegen des Man- gels an historischer Grundlage keinen Glauben verdient: er sei durch den Grafen von Henneberg in Maßfeld (bei Mei- ningen) mit Ross und Gewand ausgerüstet und zum Ritter geschlagen worden. Wie sein Gönner Hermann hielt auch Wolfram eine Zeit lang sich zu Otto IV., dem er zu seiner Krönung in Rom (1209) Glück wünscht (Willeh. 393, 30). Später jedoch fiel Hermann von Otto ab. Der Landgraf starb 1216, Wolfram überlebte ihn und gedenkt seiner im Willehalm (417, 22) als eines Verstorbenen. Wenn er dabei der Freigebigkeit Her- mann's erwähnt, so geschieht es wohl nicht ohne Seitenblick auf seinen Nachfolger, Ludwig, den Gemahl der heiligen Elisabeth, der seiner ganzen geistigen Richtung nach kein Förderer der ritterlichen Poesie sein konnte. Daraus erklärt sich auch der durch den Willehalm klingende trübere Ton (280, 21; 402, 28). Dieser Mangel an Förderung war wohl Schuld, daß der Dichter Thüringen verließs und in seine Hei- mat zurückkehrte. Wann das geschah und wie lange er den Landgrafen überlebte, wissen wir nicht; nur das steht fest, daßs er in der Heimat starb und begraben wurde. Daß er in Eschenbach in der Kirche Unserer lieben Frauen bestattet war, sagt das erwähnte Kressische Reisebuch; es wird be- stätigt durch die Angabe Püterich's, der, ein begeisterter Verehrer der altdeutschen Poesie, aus Anhänglichkeit an Wolfram dessen Grab aufsuchte (Str. 127 fg.): darumb sei imer er und lob gesagt Wolfram der hochbekant mit tichtes kunst so gar in teutschen welden, das im halt nit geleichet, ich main von Eschenbach und Pleienfelden. Begraben und besarkt ist sein gebain das edl
X EINLEITUNG. Treiben gibt uns eine Strophe Walther's (Pfeiffer, Nr. 99) und unser Dichter selbst (Parz. VI, 526 ff.). Ein Nachklang dieses dichterischen Zusammenlebens ist der dem Ende des 13. Jahrhunderts angehörige Wartburgkrieg, der ins Jahr 1207 verlegt wird. Wie die deutsche Heldensage sich gefiel die bedeutendsten Heldengestalten derselben ihre Kräfte mit- einander messen zu lassen (Dietrich und Siegfried im Rosen- garten), so lässt jenes Gedicht die bedeutendsten Dichter des 13. Jahrhunderts miteinander streiten. Es berichtet auch aus Wolfram's Leben noch einen Zug, der aber wegen des Man- gels an historischer Grundlage keinen Glauben verdient: er sei durch den Grafen von Henneberg in Maßfeld (bei Mei- ningen) mit Ross und Gewand ausgerüstet und zum Ritter geschlagen worden. Wie sein Gönner Hermann hielt auch Wolfram eine Zeit lang sich zu Otto IV., dem er zu seiner Krönung in Rom (1209) Glück wünscht (Willeh. 393, 30). Später jedoch fiel Hermann von Otto ab. Der Landgraf starb 1216, Wolfram überlebte ihn und gedenkt seiner im Willehalm (417, 22) als eines Verstorbenen. Wenn er dabei der Freigebigkeit Her- mann's erwähnt, so geschieht es wohl nicht ohne Seitenblick auf seinen Nachfolger, Ludwig, den Gemahl der heiligen Elisabeth, der seiner ganzen geistigen Richtung nach kein Förderer der ritterlichen Poesie sein konnte. Daraus erklärt sich auch der durch den Willehalm klingende trübere Ton (280, 21; 402, 28). Dieser Mangel an Förderung war wohl Schuld, daß der Dichter Thüringen verließs und in seine Hei- mat zurückkehrte. Wann das geschah und wie lange er den Landgrafen überlebte, wissen wir nicht; nur das steht fest, daßs er in der Heimat starb und begraben wurde. Daß er in Eschenbach in der Kirche Unserer lieben Frauen bestattet war, sagt das erwähnte Kressische Reisebuch; es wird be- stätigt durch die Angabe Püterich's, der, ein begeisterter Verehrer der altdeutschen Poesie, aus Anhänglichkeit an Wolfram dessen Grab aufsuchte (Str. 127 fg.): darumb sei imer er und lob gesagt Wolfram der hochbekant mit tichtes kunst so gar in teutschen welden, das im halt nit geleichet, ich main von Eschenbach und Pleienfelden. Begraben und besarkt ist sein gebain das edl
Strana XI
EINLEITUNG. XI in Eschenbach dem markt, in unser frauen minster hat er sedl, erhabens grab, sein schilt darauf erzeuget, epitafjum besunder, das uns die zeit seins sterbens gar abtreuget. Schon damals also war die Inschrift des Grabes nicht mehr leserlich, sonst würde Püterich die Zeit seines Todes ange- geben haben. Seine häuslichen Verhältnisse deutet der Dichter an meh- reren Stellen an. Wir ersehen daraus, daßs er verheirathet war (Parz. IV, 1126) ; aus einer Stelle des Titurel, wo er den Tod Schoysianens bei der Geburt Sigunens erzählt, klingt die Sorge des Gatten um den Verlust eines geliebten Weibes heraus (Str. 18). In einer andern Stelle desselben Gedichts spricht er vom Gehenlernen der Kinder (Str. 89); da wir nun aus dem Willehalm erfahren, daßs der Dichter eine Tochter hatte, so liegt es nahe, anzunehmen, er habe bei jener Stelle des Titurel das Kind in seinen ersten Lebensjahren vor Augen gehabt. Ansprechend ist Simrock's Vermuthung, dafs dem Dichter bei der reizenden Schilderung der jungen Obilot im Parzival das Bild seines eigenen, eben heranblühenden Töchter- leins vorgeschwebt habe. Wolfram hatte keine gelehrte Bildung empfangen, wie sie andere seiner dichtenden Standesgenossen, wie Hartmann etwa auf einer Klosterschule erhielten. Er wurde erzogen wie damals die meisten Ritter, d. h. nur im Waffenhandwerk und andern ritterlichen Übungen. In seiner naiven Weise spricht und scherzt er selbst über seinen Mangel an literari- scher Bildung (Parz. II, 1711 ff.), und an einer andern Stelle (Willeh. 2, 20): Swaz an den buochen stêt geschriben, des bin ich künstelôs beliben. niht anders ich gelêret bin, wan hân ich kunst, die gît mir sin, wo kunst nicht auf die Poesie, sondern auf seine mangelnden Kenntnisse zu beziehen ist. Sein Gedächtniss muß daher erstaunlich gewesen sein, wenn man bedenkt, daß es den Inhalt zweier so umfang- reicher Gedichte in sich aufnahm. Wir haben uns das so zu denken, daf ihm der Stoff von Abschnitt zu Abschnitt mitgetheilt wurde, er also jemand zur Seite hatte, der ihm
EINLEITUNG. XI in Eschenbach dem markt, in unser frauen minster hat er sedl, erhabens grab, sein schilt darauf erzeuget, epitafjum besunder, das uns die zeit seins sterbens gar abtreuget. Schon damals also war die Inschrift des Grabes nicht mehr leserlich, sonst würde Püterich die Zeit seines Todes ange- geben haben. Seine häuslichen Verhältnisse deutet der Dichter an meh- reren Stellen an. Wir ersehen daraus, daßs er verheirathet war (Parz. IV, 1126) ; aus einer Stelle des Titurel, wo er den Tod Schoysianens bei der Geburt Sigunens erzählt, klingt die Sorge des Gatten um den Verlust eines geliebten Weibes heraus (Str. 18). In einer andern Stelle desselben Gedichts spricht er vom Gehenlernen der Kinder (Str. 89); da wir nun aus dem Willehalm erfahren, daßs der Dichter eine Tochter hatte, so liegt es nahe, anzunehmen, er habe bei jener Stelle des Titurel das Kind in seinen ersten Lebensjahren vor Augen gehabt. Ansprechend ist Simrock's Vermuthung, dafs dem Dichter bei der reizenden Schilderung der jungen Obilot im Parzival das Bild seines eigenen, eben heranblühenden Töchter- leins vorgeschwebt habe. Wolfram hatte keine gelehrte Bildung empfangen, wie sie andere seiner dichtenden Standesgenossen, wie Hartmann etwa auf einer Klosterschule erhielten. Er wurde erzogen wie damals die meisten Ritter, d. h. nur im Waffenhandwerk und andern ritterlichen Übungen. In seiner naiven Weise spricht und scherzt er selbst über seinen Mangel an literari- scher Bildung (Parz. II, 1711 ff.), und an einer andern Stelle (Willeh. 2, 20): Swaz an den buochen stêt geschriben, des bin ich künstelôs beliben. niht anders ich gelêret bin, wan hân ich kunst, die gît mir sin, wo kunst nicht auf die Poesie, sondern auf seine mangelnden Kenntnisse zu beziehen ist. Sein Gedächtniss muß daher erstaunlich gewesen sein, wenn man bedenkt, daß es den Inhalt zweier so umfang- reicher Gedichte in sich aufnahm. Wir haben uns das so zu denken, daf ihm der Stoff von Abschnitt zu Abschnitt mitgetheilt wurde, er also jemand zur Seite hatte, der ihm
Strana XII
XII EINLEITUNG. die Kunde der Quelle vermittelte. Man könnte freilich auch annehmen, er habe das Ganze erzählen hören und dann nach- gedichtet; dem widerspricht aber die an vielen Stellen hervor- tretende fast wörtliche Ubereinstimmung mit den Originalen. Fehlte es ihm nun auch an gelehrter Schulbildung, so er- warb er doch in einem vielgestaltigen Leben sich mancherlei Kenntnisse. Er zeigt sich bekannt mit der Astronomie, der Naturgeschichte, vorzugsweise allerdings der fabelhaften des Mittelalters, mit der Theologie u. s. w.; er bewährt seine Vertrautheit mit der deutschen Heldensage, die er sich frei- lich nicht auf gelehrtem Wege anzueignen brauchte, da sie, wie bei uns Märchen und Sagen, ein Gemeingut aller war. Bei seiner Neigung für Anspielungen finden wir diese ver- schiedenen Arten von Kenntnissen in seine Gedichte verwebt. Auch auf die zeitgenössische Dichtung bezieht er sich wieder- holt, und die betreffenden Anspielungen seiner Werke zeigen uns, dafs der Reichthum poetischer Erzeugnisse uber das uns Erhaltene weit hinausgieng. Auf praktischem Wege hatte er sich die französische Sprache einigermaßen angeeignet, so daß, wenn er auch kein Französisch lesen konnte, er Vor- gelesenes doch verstand. Es war damals, ähnlich wie im 18. Jahrhundert in der höheren Gesellschaft, üblich, mit der französischen Sprache zu kokettieren, und sie in die Unter- haltung einzumischen. Von dieser Sucht hat auch Wolfram sich nicht freizuhalten gewusst, ebenso wenig wie Gottfried von Straßburg. Wolfram's Kenntniss des Französischen war allerdings eine unvollkommene, und daher laufen ihm manche Missverständnisse seiner Originale unter. Er scherzt selbst darüber, Willeh. 237, 3: herbergen ist loschiern genant: sô vil hân ich der sprâche erkant. ein ungefüeger Tschampaneys kunde vil baz franzeys dan ich, swie’ch franzeys spreche. Ganze französische Redensarten mischt er in die Erzählung (Parz. II, 525. 527; VII, 397—398; Tit. 59). Man hat ge- sagt, Wolfram mache sich damit über die Sitte oder Unsitte der Zeit lustig; darauf deutet aber nichts hin, er fand es vielmehr offenbar zierlich und schön, und wir sind weit ent- fernt, ihm daraus einen Vorwurf zu machen. Wolfram ist sich seines Werthes als Dichter wohl bewusst, und mit Recht; trotzdem legt er beinahe ein höheres Gewicht
XII EINLEITUNG. die Kunde der Quelle vermittelte. Man könnte freilich auch annehmen, er habe das Ganze erzählen hören und dann nach- gedichtet; dem widerspricht aber die an vielen Stellen hervor- tretende fast wörtliche Ubereinstimmung mit den Originalen. Fehlte es ihm nun auch an gelehrter Schulbildung, so er- warb er doch in einem vielgestaltigen Leben sich mancherlei Kenntnisse. Er zeigt sich bekannt mit der Astronomie, der Naturgeschichte, vorzugsweise allerdings der fabelhaften des Mittelalters, mit der Theologie u. s. w.; er bewährt seine Vertrautheit mit der deutschen Heldensage, die er sich frei- lich nicht auf gelehrtem Wege anzueignen brauchte, da sie, wie bei uns Märchen und Sagen, ein Gemeingut aller war. Bei seiner Neigung für Anspielungen finden wir diese ver- schiedenen Arten von Kenntnissen in seine Gedichte verwebt. Auch auf die zeitgenössische Dichtung bezieht er sich wieder- holt, und die betreffenden Anspielungen seiner Werke zeigen uns, dafs der Reichthum poetischer Erzeugnisse uber das uns Erhaltene weit hinausgieng. Auf praktischem Wege hatte er sich die französische Sprache einigermaßen angeeignet, so daß, wenn er auch kein Französisch lesen konnte, er Vor- gelesenes doch verstand. Es war damals, ähnlich wie im 18. Jahrhundert in der höheren Gesellschaft, üblich, mit der französischen Sprache zu kokettieren, und sie in die Unter- haltung einzumischen. Von dieser Sucht hat auch Wolfram sich nicht freizuhalten gewusst, ebenso wenig wie Gottfried von Straßburg. Wolfram's Kenntniss des Französischen war allerdings eine unvollkommene, und daher laufen ihm manche Missverständnisse seiner Originale unter. Er scherzt selbst darüber, Willeh. 237, 3: herbergen ist loschiern genant: sô vil hân ich der sprâche erkant. ein ungefüeger Tschampaneys kunde vil baz franzeys dan ich, swie’ch franzeys spreche. Ganze französische Redensarten mischt er in die Erzählung (Parz. II, 525. 527; VII, 397—398; Tit. 59). Man hat ge- sagt, Wolfram mache sich damit über die Sitte oder Unsitte der Zeit lustig; darauf deutet aber nichts hin, er fand es vielmehr offenbar zierlich und schön, und wir sind weit ent- fernt, ihm daraus einen Vorwurf zu machen. Wolfram ist sich seines Werthes als Dichter wohl bewusst, und mit Recht; trotzdem legt er beinahe ein höheres Gewicht
Strana XIII
EINLEITUNG. XIII auf sein Ritterthum, nicht auf die ritterliche Abkunft, sondern die nach seiner Auffassung damit verbundene Gesinnung; vgl. Parz. II, 1666 und namentlich 1695 — 1702. Die hohe Frauenverehrung, die an letzterer Stelle sich kund gibt, wird durch viele Aussprüche seiner epischen und lyrischen Gedichte bestätigt. Eine von ihm verehrte Frau war es, der zu Liebe er den Parzival dichtete; also nicht ein Gönner, wie andere Dichter, sondern die Liebe veranlasste ihn zu seinem größten Werke, daher die Beziehung auf den gehofften Minnelohn im Parzival öfter wiederkehrt. Unter den Werken des Dichters gedenken wir zunächst seiner Lieder. Eine Natur wie die Wolfram’s war im Ganzen wenig für die Lyrik geschaffen. Es begreift sich daher, daß die Zahl der von ihm erhaltenen Lieder so klein ist: im Ganzen sind es acht, von denen das letzte (9, 3—10, 22) mit Unrecht von Lachmann beanstandet wird. Unter diesen acht sind Liebeslieder in gewöhnlichem Sinne nur drei: in dem einen vergleicht er sich der Eule, indem er auch in finsterer Nacht die Geliebte sehe. Seine Augen schwingen sich zu ihr hin (wie der Falke), er hofft noch den Tag zu schauen, der ihn an Freuden reich macht. Er will von der Schuld schwei- gen, die sie gegen ihn hat, um nicht den Haß der Frauen auf sich zu laden, denen er noch weniger Schaden thue als der Storch den Saaten. Die Eigenthümlichkeiten Wolfram's treten auch in diesen Liedern hervor, seine seltsamen, da- neben wunderschönen Vergleiche und Bilder. Er erinnert darin wie in anderem an Jean Paul, bei dem auch die herr- lichsten und barocksten Vergleiche dicht zusammen stehen. Das zweite hebt mit der üblichen Frühlingsschilderung an; aber wie originell und tief poetisch weiß Wolfram den hundert- mal ausgesprochenen Eingang zu wenden, wie reizend ist das Bild, daßs die Vögel den ganzen Mai hindurch mit Gesang ihre Jungen wiegen! Die übrigen fünf Lieder haben alle einen und denselben Charakter: es sind Tagelieder, deren Thema das Scheiden der Liebenden beim anbrechenden Mor- gen bildet. Die ältesten Lieder der Art finden wir bei den Provenzalen, von diesen kam die Gattung nach Nordfrankreich. Wolfram's Tagelieder sind Wächterlieder, d. h. die Liebenden haben den Wächter der Burg zu ihrem Vertrauten gemacht, der sie bei Tagesgrauen weckt, damit sie nicht überrascht werden. In zweien ist jedoch der Wächter noch nicht Ver- trauter, sondern verkündet nur seinem Amte gemäß den Morgen, die Liebenden hören es und trennen sich. Tagelieder
EINLEITUNG. XIII auf sein Ritterthum, nicht auf die ritterliche Abkunft, sondern die nach seiner Auffassung damit verbundene Gesinnung; vgl. Parz. II, 1666 und namentlich 1695 — 1702. Die hohe Frauenverehrung, die an letzterer Stelle sich kund gibt, wird durch viele Aussprüche seiner epischen und lyrischen Gedichte bestätigt. Eine von ihm verehrte Frau war es, der zu Liebe er den Parzival dichtete; also nicht ein Gönner, wie andere Dichter, sondern die Liebe veranlasste ihn zu seinem größten Werke, daher die Beziehung auf den gehofften Minnelohn im Parzival öfter wiederkehrt. Unter den Werken des Dichters gedenken wir zunächst seiner Lieder. Eine Natur wie die Wolfram’s war im Ganzen wenig für die Lyrik geschaffen. Es begreift sich daher, daß die Zahl der von ihm erhaltenen Lieder so klein ist: im Ganzen sind es acht, von denen das letzte (9, 3—10, 22) mit Unrecht von Lachmann beanstandet wird. Unter diesen acht sind Liebeslieder in gewöhnlichem Sinne nur drei: in dem einen vergleicht er sich der Eule, indem er auch in finsterer Nacht die Geliebte sehe. Seine Augen schwingen sich zu ihr hin (wie der Falke), er hofft noch den Tag zu schauen, der ihn an Freuden reich macht. Er will von der Schuld schwei- gen, die sie gegen ihn hat, um nicht den Haß der Frauen auf sich zu laden, denen er noch weniger Schaden thue als der Storch den Saaten. Die Eigenthümlichkeiten Wolfram's treten auch in diesen Liedern hervor, seine seltsamen, da- neben wunderschönen Vergleiche und Bilder. Er erinnert darin wie in anderem an Jean Paul, bei dem auch die herr- lichsten und barocksten Vergleiche dicht zusammen stehen. Das zweite hebt mit der üblichen Frühlingsschilderung an; aber wie originell und tief poetisch weiß Wolfram den hundert- mal ausgesprochenen Eingang zu wenden, wie reizend ist das Bild, daßs die Vögel den ganzen Mai hindurch mit Gesang ihre Jungen wiegen! Die übrigen fünf Lieder haben alle einen und denselben Charakter: es sind Tagelieder, deren Thema das Scheiden der Liebenden beim anbrechenden Mor- gen bildet. Die ältesten Lieder der Art finden wir bei den Provenzalen, von diesen kam die Gattung nach Nordfrankreich. Wolfram's Tagelieder sind Wächterlieder, d. h. die Liebenden haben den Wächter der Burg zu ihrem Vertrauten gemacht, der sie bei Tagesgrauen weckt, damit sie nicht überrascht werden. In zweien ist jedoch der Wächter noch nicht Ver- trauter, sondern verkündet nur seinem Amte gemäß den Morgen, die Liebenden hören es und trennen sich. Tagelieder
Strana XIV
XIV EINLEITUNG. hat es in Deutschland schon vor Wolfram gegeben; das älteste ist von Dietmar von Aist (um 1150), ein anderes von Heinrich von Morungen; das Wächterlied hat jedoch erst Wolfram ein- geführt, und daraus erklärt sich, daß unter seinen Liedern gerade die Tagelieder so zahlreich sind. Von der Zeit an sind die deutschen Tagelieder überwiegend Wächterlieder: der Einfluß Wolfram's gibt sich also auch auf lyrischem Ge- biete kund. Zweierlei kennzeichnet seine Tagelieder: in Be- zug auf den Inhalt das etwas üppige und sinnliche Ausmalen der Situation, wie überhaupt Wolfram eine sinnliche, aber nicht lüsterne und frivole Natur ist; in Bezug auf die Form die kurzen Verse mit weit voneinander entfernten Reimen, beides ein passender Ausdruck für die leidenschaftlich be- wegte Seele und ihre liebende Sehnsucht. Die zusammen- gehörenden Reime suchen sich, und so ist hier recht eigent- lich der Reim zum Ausdruck sehnsüchtiger Liebe geworden, die gerade im Tageliede ihre vollste Bedeutung hat. Dadurch ruht auf Wolfram's Tageliedern ein eigener Zauber, sie haben etwas Ahnungsvolles und Träumerisches. Das hat Walther richtig empfunden, der in dem einzigen Tageliede, das er offenbar unter Wolfram's Einflußs gedichtet, denselben Cha- rakter zeigt. Die originellen Bilder kehren auch hier wieder: der Tag schlägt seine Klauen durch die Wolken und zerreißt sie, und macht dadurch der Freude der Liebenden ein Ende. Das fünfte Tagelied ist kein solches in eigentlichem Sinne, sondern eine an den Wächter gerichtete Betrachtung über dasselbe, welche Simrock passend als « Abschied vom Wächter- liede» bezeichnet: es schildert das Glück desjenigen, der nicht gezwungen sei, am Morgen mit Lebensgefahr sich aus der Burg zu stehlen, sondern der an der Seite eines treuen Weibes den Tag erwarte. Wir werden kaum irren, wenn wir darin einen Bezug auf des Dichters eigenes häusliches und eheliches Glück erblicken. San-Marte in seiner Uber- setzung hat alle Lieder so geordnet, daß sie einen kleinen Liebesroman bilden, beginnend mit verschämtem und stillem Liebeswerben, zu glühendem Verlangen sich steigernd, dem der heimliche Liebesgenußs in den Tageliedern folgt, und end- lich mit der berechtigten Liebe in der Ehe schließend. Doch ist nicht erwiesen, daß alle Lieder sich auf éine Frau be- ziehen; nur die Beziehung des letzten auf die Ehe scheint zweifellos. Seinen Ruhm bei Zeitgenossen und Späteren verdankt jedoch Wolfram mehr seinen epischen Dichtungen. Unter
XIV EINLEITUNG. hat es in Deutschland schon vor Wolfram gegeben; das älteste ist von Dietmar von Aist (um 1150), ein anderes von Heinrich von Morungen; das Wächterlied hat jedoch erst Wolfram ein- geführt, und daraus erklärt sich, daß unter seinen Liedern gerade die Tagelieder so zahlreich sind. Von der Zeit an sind die deutschen Tagelieder überwiegend Wächterlieder: der Einfluß Wolfram's gibt sich also auch auf lyrischem Ge- biete kund. Zweierlei kennzeichnet seine Tagelieder: in Be- zug auf den Inhalt das etwas üppige und sinnliche Ausmalen der Situation, wie überhaupt Wolfram eine sinnliche, aber nicht lüsterne und frivole Natur ist; in Bezug auf die Form die kurzen Verse mit weit voneinander entfernten Reimen, beides ein passender Ausdruck für die leidenschaftlich be- wegte Seele und ihre liebende Sehnsucht. Die zusammen- gehörenden Reime suchen sich, und so ist hier recht eigent- lich der Reim zum Ausdruck sehnsüchtiger Liebe geworden, die gerade im Tageliede ihre vollste Bedeutung hat. Dadurch ruht auf Wolfram's Tageliedern ein eigener Zauber, sie haben etwas Ahnungsvolles und Träumerisches. Das hat Walther richtig empfunden, der in dem einzigen Tageliede, das er offenbar unter Wolfram's Einflußs gedichtet, denselben Cha- rakter zeigt. Die originellen Bilder kehren auch hier wieder: der Tag schlägt seine Klauen durch die Wolken und zerreißt sie, und macht dadurch der Freude der Liebenden ein Ende. Das fünfte Tagelied ist kein solches in eigentlichem Sinne, sondern eine an den Wächter gerichtete Betrachtung über dasselbe, welche Simrock passend als « Abschied vom Wächter- liede» bezeichnet: es schildert das Glück desjenigen, der nicht gezwungen sei, am Morgen mit Lebensgefahr sich aus der Burg zu stehlen, sondern der an der Seite eines treuen Weibes den Tag erwarte. Wir werden kaum irren, wenn wir darin einen Bezug auf des Dichters eigenes häusliches und eheliches Glück erblicken. San-Marte in seiner Uber- setzung hat alle Lieder so geordnet, daß sie einen kleinen Liebesroman bilden, beginnend mit verschämtem und stillem Liebeswerben, zu glühendem Verlangen sich steigernd, dem der heimliche Liebesgenußs in den Tageliedern folgt, und end- lich mit der berechtigten Liebe in der Ehe schließend. Doch ist nicht erwiesen, daß alle Lieder sich auf éine Frau be- ziehen; nur die Beziehung des letzten auf die Ehe scheint zweifellos. Seinen Ruhm bei Zeitgenossen und Späteren verdankt jedoch Wolfram mehr seinen epischen Dichtungen. Unter
Strana XV
EINLEITUNG. XV diesen die alteste ist nicht, wie Lachmann annahm und dar- nach ordnete, der Parzival, sondern die Bruchstücke des Titurel. Jene Annahme stützt sich darauf, daßs es eben nur Bruchstücke sind, die zu vollenden der Tod ihn verhinderte, wie es beim Willehalm als wahrscheinlich betrachtet wird. Sodann auf die unrichtige Erklärung der Strophe Titurel 37; Wie Gahmuret schied von Belacanen, wie er Schoysianens Schwester erwarb und sich von der Französin losrißs, davon will ich hier schweigen und euch von jungfräulicher Minne erzählen, nämlich Sigunens Liebe. Lachmann verstand: davon habe ich schon in meinem Parzival erzählt und daher will ich's hier nicht wiederholen. Aber das ist nicht die Art und Weise, wie mittelhochdeutsche Dichter auf ein vollendetes Werk hinweisen; da würde der Dichter bestimmter gesagt haben : davon habe ich anderwärts erzählt. Vielmehr meint er: das behalte ich mir für ein ander Mal vor; er gieng also, als er den Titurel dichtete, schon mit dem Gedanken um, den Parzival zu verfassen, wie beide Gedichte ja nur verschiedene Theile derselben Sage sind. Der ganze Charakter der Bruchstücke bestätigt diese Auffassung, die von Pfeiffer (Germania 4, 301—308) geltend gemacht worden. Die Idee des Gedichtes ist die, daß der junge Schionatulander sein Leben wagt und opfert, um seiner Geliebten, Sigune, das ver- lorene Brackenseil wieder zu gewinnen. Vergleicht man da- mit die großartige und tiefe Idee des Parzival, so wird man zugeben müssen, dal in diesem die gereifte Männlichkeit, die auf der Höhe des Lebens steht, im Titurel das halb- kindische Wesen der Jugend sich ausspricht. Der Stoff des Titurel hatte gerade für einen Anfänger einen besonderen Reiz; die Schilderung der Liebe der beiden jungen Leute, ihre Trennung, die zahlreichen Gefahren und Abenteuer des Jünglings, sein Tod und Sigunens Klage — das waren Stoffe, die der lyrische Hang der Jugend mit Vorliebe wählt. Und so ist der ganze Charakter der Bruchstücke ein mehr lyrischer als epischer. Dazu trägt auch die Form das Ihrige bei; das Gedicht ist in einer vom Dichter eigens dafür geschaffenen Strophenform verfasst, einer Nachbildung der Kudrunstrophe in vier Zeilen, von denen drei eine Cäsur haben. Die Kudrun- strophe, ihrerseits der Nibelungenstrophe nachgebildet, besteht aus vier Zeilen; die letzten beiden in der Form: sîn muoter diu hiez Uote und was ein küniginne. durch ir hôhe tugende sô gezam dem rîche wol ir minne.
EINLEITUNG. XV diesen die alteste ist nicht, wie Lachmann annahm und dar- nach ordnete, der Parzival, sondern die Bruchstücke des Titurel. Jene Annahme stützt sich darauf, daßs es eben nur Bruchstücke sind, die zu vollenden der Tod ihn verhinderte, wie es beim Willehalm als wahrscheinlich betrachtet wird. Sodann auf die unrichtige Erklärung der Strophe Titurel 37; Wie Gahmuret schied von Belacanen, wie er Schoysianens Schwester erwarb und sich von der Französin losrißs, davon will ich hier schweigen und euch von jungfräulicher Minne erzählen, nämlich Sigunens Liebe. Lachmann verstand: davon habe ich schon in meinem Parzival erzählt und daher will ich's hier nicht wiederholen. Aber das ist nicht die Art und Weise, wie mittelhochdeutsche Dichter auf ein vollendetes Werk hinweisen; da würde der Dichter bestimmter gesagt haben : davon habe ich anderwärts erzählt. Vielmehr meint er: das behalte ich mir für ein ander Mal vor; er gieng also, als er den Titurel dichtete, schon mit dem Gedanken um, den Parzival zu verfassen, wie beide Gedichte ja nur verschiedene Theile derselben Sage sind. Der ganze Charakter der Bruchstücke bestätigt diese Auffassung, die von Pfeiffer (Germania 4, 301—308) geltend gemacht worden. Die Idee des Gedichtes ist die, daß der junge Schionatulander sein Leben wagt und opfert, um seiner Geliebten, Sigune, das ver- lorene Brackenseil wieder zu gewinnen. Vergleicht man da- mit die großartige und tiefe Idee des Parzival, so wird man zugeben müssen, dal in diesem die gereifte Männlichkeit, die auf der Höhe des Lebens steht, im Titurel das halb- kindische Wesen der Jugend sich ausspricht. Der Stoff des Titurel hatte gerade für einen Anfänger einen besonderen Reiz; die Schilderung der Liebe der beiden jungen Leute, ihre Trennung, die zahlreichen Gefahren und Abenteuer des Jünglings, sein Tod und Sigunens Klage — das waren Stoffe, die der lyrische Hang der Jugend mit Vorliebe wählt. Und so ist der ganze Charakter der Bruchstücke ein mehr lyrischer als epischer. Dazu trägt auch die Form das Ihrige bei; das Gedicht ist in einer vom Dichter eigens dafür geschaffenen Strophenform verfasst, einer Nachbildung der Kudrunstrophe in vier Zeilen, von denen drei eine Cäsur haben. Die Kudrun- strophe, ihrerseits der Nibelungenstrophe nachgebildet, besteht aus vier Zeilen; die letzten beiden in der Form: sîn muoter diu hiez Uote und was ein küniginne. durch ir hôhe tugende sô gezam dem rîche wol ir minne.
Strana XVI
XVI EINLEITUNG. Nach dieser Hälfte bildete Wolfram seine Strophe folgender- maſsen: Sin wip in ze rehter zit gewerte eins kindes. daz mich got erlâze in mînem hûs eins solhen ingesindes, daz ich alsô tiure müese gelten! die wile ich hân die sinne, sô wirt es von mir gewünschet selten. Die weiblichen Reime geben schon der Kudrunstrophe, ver- glichen mit ihrem Vorbilde, einen weniger kräftigen Charakter: in noch höherem Grade ist die Titurelstrophe mit ihren bloß weiblichen Reimen weich und lyrisch. Mit der Wahl einer solchen Strophe für ein höfisches erzählendes Gedicht steht Wolfram allein; alle andern Dichter bedienten sich der Form der Reimpaare. Das ist nicht zufällig, sondern hängt bei Wolfram mit seiner Vorliebe für nationale Sagenstoffe und deren Formen zusammen, die aus manchen Anspielungen er- sichtlich ist. Die Strophe ist der epischen Darstellung wenig günstig, sie hält auf und veranlasst zur Breite, und zwar zur lyrischen, zum Ausmalen der Empfindung. Im Laufe der Arbeit mochte sich Wolfram überzeugen, daßs, wenn er in diesem Versmaße fortfahre, das Gedicht ungeheuern Umfang erlangen müsse. Dazu kam die fortschreitende Reife innerer Entwickelung, da musste ihn die tiefere Idee des Parzival mehr anziehen, und aus beiden Gründen ist begreiflich, daß er die Vollendung des Titurel aufgab. Auch ist nicht wahr- scheinlich, daßs, nachdem er ein großes, mit Beifall aufgenom- menes Gedicht in Reimpaaren geschrieben, er zu einer Strophe gegriffen, um im Willehalm dann wieder zum Reimpaar zurück- zukehren. Endlich ein innerer Grund: Gervinus hat bemerkt, daß Wolfram im Titurel sich von den Auswüchsen seiner früheren Manier frei gemacht habe, namentlich nicht mehr die sonderbaren Bilder, die in ihrer Kühnheit manchmal ge- schmacklos sind, brauche, seine Person und die satirische Bitterkeit zurücktreten lasse. Die Bilder im Titurel sind weniger barock, darum schöner und wirkungsvoller. Wunderbar wäre es nun, wenn im Parzival und Willehalm dieselbe Manier sich fände, in dem dazwischenfallenden Titurel aber nicht. Eine dichterische Manier, einmal angenommen, setzt sich fest und fester; der Willehalm zeigt sie am stärksten, der Titurel fast gar nicht. Schon das also weist ebenfalls auf die richtige Reihenfolge hin. Nur weil es Bruchstücke sind, habe ich den Titurel an den Schluß dieser Ausgabe gesetzt.
XVI EINLEITUNG. Nach dieser Hälfte bildete Wolfram seine Strophe folgender- maſsen: Sin wip in ze rehter zit gewerte eins kindes. daz mich got erlâze in mînem hûs eins solhen ingesindes, daz ich alsô tiure müese gelten! die wile ich hân die sinne, sô wirt es von mir gewünschet selten. Die weiblichen Reime geben schon der Kudrunstrophe, ver- glichen mit ihrem Vorbilde, einen weniger kräftigen Charakter: in noch höherem Grade ist die Titurelstrophe mit ihren bloß weiblichen Reimen weich und lyrisch. Mit der Wahl einer solchen Strophe für ein höfisches erzählendes Gedicht steht Wolfram allein; alle andern Dichter bedienten sich der Form der Reimpaare. Das ist nicht zufällig, sondern hängt bei Wolfram mit seiner Vorliebe für nationale Sagenstoffe und deren Formen zusammen, die aus manchen Anspielungen er- sichtlich ist. Die Strophe ist der epischen Darstellung wenig günstig, sie hält auf und veranlasst zur Breite, und zwar zur lyrischen, zum Ausmalen der Empfindung. Im Laufe der Arbeit mochte sich Wolfram überzeugen, daßs, wenn er in diesem Versmaße fortfahre, das Gedicht ungeheuern Umfang erlangen müsse. Dazu kam die fortschreitende Reife innerer Entwickelung, da musste ihn die tiefere Idee des Parzival mehr anziehen, und aus beiden Gründen ist begreiflich, daß er die Vollendung des Titurel aufgab. Auch ist nicht wahr- scheinlich, daßs, nachdem er ein großes, mit Beifall aufgenom- menes Gedicht in Reimpaaren geschrieben, er zu einer Strophe gegriffen, um im Willehalm dann wieder zum Reimpaar zurück- zukehren. Endlich ein innerer Grund: Gervinus hat bemerkt, daß Wolfram im Titurel sich von den Auswüchsen seiner früheren Manier frei gemacht habe, namentlich nicht mehr die sonderbaren Bilder, die in ihrer Kühnheit manchmal ge- schmacklos sind, brauche, seine Person und die satirische Bitterkeit zurücktreten lasse. Die Bilder im Titurel sind weniger barock, darum schöner und wirkungsvoller. Wunderbar wäre es nun, wenn im Parzival und Willehalm dieselbe Manier sich fände, in dem dazwischenfallenden Titurel aber nicht. Eine dichterische Manier, einmal angenommen, setzt sich fest und fester; der Willehalm zeigt sie am stärksten, der Titurel fast gar nicht. Schon das also weist ebenfalls auf die richtige Reihenfolge hin. Nur weil es Bruchstücke sind, habe ich den Titurel an den Schluß dieser Ausgabe gesetzt.
Strana XVII
EINLEITUNG. XVII Dieses Jugendwerk des Dichters, gewöhnlich Titurel ge- nannt, müsste richtiger nach Schionatulander heißen, der (39, 4) dirre âventiure ein hêrre, der Held dieser Erzählung, genannt wird; vgl. Parz. VII, 7. Selbständig erhalten sind uns nur zwei Bruchstücke, die im Inhalt sich nicht unmittel- bar aneinanderschließen. Zwei andere sind uns, wie ich, hoffentlich überzeugend, nachgewiesen (Germania 13, 1—37), in der nachher zu erwähnenden Fortsetzung erhalten, die vielleicht noch einiges Echte mehr in sich schließt. Das Ge- dicht gehört, wie der Parzival, dem Kreise der Gralsage an und bildet eine Art Vorgeschichte des gröfsern Werkes. Mit glücklichem Takte hat Wolfram in den Bruchstücken gleich die schönsten Partien herausgegriffen und behandelt: die keimende Liebe des jungen Paares, die wie eine Knospe unter dem Strahl der Frühlingssonne sich erschließt, den Tod Gah- muret's und Schionatulander's Klage um ihn. Die Schilderung der Abenteuer, welche die Wiedererlangung des Brackenseils bezwecken, erschien daneben reizlos, und insofern ist es nicht zu bedauern, daß das Werk unvollendet blieb, denn das Ganze würde schwerlich den herrlichen Eindruck der Bruchstücke machen. Der Hauptinhalt derselben steht dem Wesen der Lyrik sehr nahe: die Gespräche über die Minne erörtern die Natur der Liebe, wie es die Lieder der Minnesinger auch thun, aber gerade hier zeigt sich glänzend die Genialität Wolfram's, der damit unendlich weit über dem gewöhnlichen Niveau der Minnedichtung steht. Die Bruchstücke mögen in den letzten Jahren des 12. Jahr- hunderts gedichtet sein; fünfzig Jahre später unternahm ein jüngerer Dichter die Umarbeitung der Wolfram'schen Frag- mente und die Vollendung seines Werkes. Aber dieser Fort- setzer steht tief unter Wolfram ; er hat sich, wie Nachahmer pflegen, die äußeren Eigenheiten des Dichters angewöhnt, ge- fällt sich in prunkender Sprache, in seltsamen Bildern, und mischt gelehrte Kenntnisse ein; durch all das vermag er uns indess nicht zu fesseln, sondern hat nur ein langathmiges, langweiliges Werk zu Stande gebracht. Dieser Fortsetzer ist Albrecht von Scharfenberg, ein bairischer Ritter, der um die Mitte des 13. Jahrhunderts lebte. Er stellt sich zuweilen, als sei er Wolfram selbst, und redet in seiner Person, also mit der Absicht zu täuschen. So hat man im Mittelalter auch wirklich diesen «Jüngeren Titurel» für ein echtes Werk Wolf- ram's gehalten, ja noch in unserm Jahrhundert; erst Lach- mann erkannte und zeigte das richtige Verhältniss zwischen WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. b
EINLEITUNG. XVII Dieses Jugendwerk des Dichters, gewöhnlich Titurel ge- nannt, müsste richtiger nach Schionatulander heißen, der (39, 4) dirre âventiure ein hêrre, der Held dieser Erzählung, genannt wird; vgl. Parz. VII, 7. Selbständig erhalten sind uns nur zwei Bruchstücke, die im Inhalt sich nicht unmittel- bar aneinanderschließen. Zwei andere sind uns, wie ich, hoffentlich überzeugend, nachgewiesen (Germania 13, 1—37), in der nachher zu erwähnenden Fortsetzung erhalten, die vielleicht noch einiges Echte mehr in sich schließt. Das Ge- dicht gehört, wie der Parzival, dem Kreise der Gralsage an und bildet eine Art Vorgeschichte des gröfsern Werkes. Mit glücklichem Takte hat Wolfram in den Bruchstücken gleich die schönsten Partien herausgegriffen und behandelt: die keimende Liebe des jungen Paares, die wie eine Knospe unter dem Strahl der Frühlingssonne sich erschließt, den Tod Gah- muret's und Schionatulander's Klage um ihn. Die Schilderung der Abenteuer, welche die Wiedererlangung des Brackenseils bezwecken, erschien daneben reizlos, und insofern ist es nicht zu bedauern, daß das Werk unvollendet blieb, denn das Ganze würde schwerlich den herrlichen Eindruck der Bruchstücke machen. Der Hauptinhalt derselben steht dem Wesen der Lyrik sehr nahe: die Gespräche über die Minne erörtern die Natur der Liebe, wie es die Lieder der Minnesinger auch thun, aber gerade hier zeigt sich glänzend die Genialität Wolfram's, der damit unendlich weit über dem gewöhnlichen Niveau der Minnedichtung steht. Die Bruchstücke mögen in den letzten Jahren des 12. Jahr- hunderts gedichtet sein; fünfzig Jahre später unternahm ein jüngerer Dichter die Umarbeitung der Wolfram'schen Frag- mente und die Vollendung seines Werkes. Aber dieser Fort- setzer steht tief unter Wolfram ; er hat sich, wie Nachahmer pflegen, die äußeren Eigenheiten des Dichters angewöhnt, ge- fällt sich in prunkender Sprache, in seltsamen Bildern, und mischt gelehrte Kenntnisse ein; durch all das vermag er uns indess nicht zu fesseln, sondern hat nur ein langathmiges, langweiliges Werk zu Stande gebracht. Dieser Fortsetzer ist Albrecht von Scharfenberg, ein bairischer Ritter, der um die Mitte des 13. Jahrhunderts lebte. Er stellt sich zuweilen, als sei er Wolfram selbst, und redet in seiner Person, also mit der Absicht zu täuschen. So hat man im Mittelalter auch wirklich diesen «Jüngeren Titurel» für ein echtes Werk Wolf- ram's gehalten, ja noch in unserm Jahrhundert; erst Lach- mann erkannte und zeigte das richtige Verhältniss zwischen WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. b
Strana XVIII
XVIII EINLEITUNG. Original und Fortsetzung. Vielleicht weil es für Wolfram's Werk galt, war es im Mittelalter hoch geehrt und bei den Späteren fast noch berühmter als der Parzival. Wie grofs sein Ruhm schon im 13. Jahrhundert war, geht daraus her- vor, daſs der Bruder Berthold in einer seiner Predigten eine Strophe daraus citiert (Str. 6182 Hahn). Woifram’s Strophen- form veränderte der Fortsetzer dadurch, das er die Cäsuren der beiden ersten Zeilen mit Reimen versah, wodurch die Strophe statt vier Reime deren sechs bekam. Sie ward da- mit allerdings noch klangreicher, aber auch noch lyrischer, noch weniger episch. Der Inhalt ist wenig anziehend und be- steht aus einer Menge wüster Abenteuer, bei denen noch zu untersuchen sein wird, wieweit sie auf den auch von Wolfram benutzten romanischen Quellen, oder auf willkürlicher ge- lehrter Erfindung des Fortsetzers beruhen. Trotz der Abge- schmacktheit des Ganzen that der Dichter sich doch nicht wenig auf sein Werk zu Gute, und sagt mit stolzem Selbst- gefühl am Schlusse: es sei nichts so Würdevolles und Be- deutendes in deutscher Sprache gedichtet. Sein ganzer geisti- ger Standpunkt ist von dem Wolfram's wesentlich verschieden. Er hat eine unverkennbare Neigung zur kirchlich-theologischen Richtung, namentlich zum Mysticismus derselben : das war ein weiterer Grund, weswegen das Werk von den Späteren so hoch geschätzt wurde. Nach San-Marte*) nimmt Wolfram den evangelisch-theologischen, Albrecht dagegen den römisch- kirchlichen Standpunkt ein; jener ist ein Wolfram eigen- thümlicher, nicht aus seinen Quellen entnommener, während Albrecht mit dem seinigen auf dem Boden der allgemeinen Zeitanschauung steht. Aus derselben Quelle, die er für den Titurel benutzte, schöpfte der Dichter auch den Stoff für sein größstes und herr- lichstes Gedicht, den Parzival. Die Abfassungszeit lässt sich nur annähernd bestimmen: die ungefähren Grenzen werden durch die Jahre 1200—1207 bezeichnet sein. In der Literatur der Zeitgenossen finden sich hin und wieder Bezüge, die zur Chronologie der einzelnen Theile beitragen; vor 1216 muſs er in jedem Falle geschrieben sein, da er den Landgrafen Her- mann als Lebenden anredet. Das dritte Buch erwähnt Hart- mann’s Erec, der um 1190 zu setzen sein wird; das fünfte fällt nach Hartmann’s Iwein, der bald nach 1200 erschien; *) In Pfeiffer’s Germania 8, 421—461.
XVIII EINLEITUNG. Original und Fortsetzung. Vielleicht weil es für Wolfram's Werk galt, war es im Mittelalter hoch geehrt und bei den Späteren fast noch berühmter als der Parzival. Wie grofs sein Ruhm schon im 13. Jahrhundert war, geht daraus her- vor, daſs der Bruder Berthold in einer seiner Predigten eine Strophe daraus citiert (Str. 6182 Hahn). Woifram’s Strophen- form veränderte der Fortsetzer dadurch, das er die Cäsuren der beiden ersten Zeilen mit Reimen versah, wodurch die Strophe statt vier Reime deren sechs bekam. Sie ward da- mit allerdings noch klangreicher, aber auch noch lyrischer, noch weniger episch. Der Inhalt ist wenig anziehend und be- steht aus einer Menge wüster Abenteuer, bei denen noch zu untersuchen sein wird, wieweit sie auf den auch von Wolfram benutzten romanischen Quellen, oder auf willkürlicher ge- lehrter Erfindung des Fortsetzers beruhen. Trotz der Abge- schmacktheit des Ganzen that der Dichter sich doch nicht wenig auf sein Werk zu Gute, und sagt mit stolzem Selbst- gefühl am Schlusse: es sei nichts so Würdevolles und Be- deutendes in deutscher Sprache gedichtet. Sein ganzer geisti- ger Standpunkt ist von dem Wolfram's wesentlich verschieden. Er hat eine unverkennbare Neigung zur kirchlich-theologischen Richtung, namentlich zum Mysticismus derselben : das war ein weiterer Grund, weswegen das Werk von den Späteren so hoch geschätzt wurde. Nach San-Marte*) nimmt Wolfram den evangelisch-theologischen, Albrecht dagegen den römisch- kirchlichen Standpunkt ein; jener ist ein Wolfram eigen- thümlicher, nicht aus seinen Quellen entnommener, während Albrecht mit dem seinigen auf dem Boden der allgemeinen Zeitanschauung steht. Aus derselben Quelle, die er für den Titurel benutzte, schöpfte der Dichter auch den Stoff für sein größstes und herr- lichstes Gedicht, den Parzival. Die Abfassungszeit lässt sich nur annähernd bestimmen: die ungefähren Grenzen werden durch die Jahre 1200—1207 bezeichnet sein. In der Literatur der Zeitgenossen finden sich hin und wieder Bezüge, die zur Chronologie der einzelnen Theile beitragen; vor 1216 muſs er in jedem Falle geschrieben sein, da er den Landgrafen Her- mann als Lebenden anredet. Das dritte Buch erwähnt Hart- mann’s Erec, der um 1190 zu setzen sein wird; das fünfte fällt nach Hartmann’s Iwein, der bald nach 1200 erschien; *) In Pfeiffer’s Germania 8, 421—461.
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EINLEITUNG. XIX das siebente bald nach 1203, weil die Spuren der Belagerung von Erfurt (1203) noch sichtbar erschienen (Parz. VII, 1248); das sechste nach dem Sommer 1204, wo er sich an den Thü- ringer Hof begab. Gottfried's Tristan, der um 1207 zu setzen ist, bezieht sich auf das erste Buch (4636 ff.) ; Wirnt's Wigalois (um 1209) auf das zweite und dritte (Wigal. 163, 21; 211, 20). Spätere literarische Beziehungen, so zahlreich sie sind, kom- men hier nicht in Betracht; nur noch etwa Heinrich von dem Türlin, der in seiner Krone Kenntniss des ganzen Parzival verräth, freilich auch romanische Quellen benutzte. Heinrich dichtete um 1220, wodurch nur bestätigt wird, daß der Parzival vor 1216 vollendet war. Das Ganze hat Lachmann in sechzehn Bücher eingetheilt, wie den Willehalm in neun. Diese Eintheilung, die ich bei- behalten, geht schon auf die ältesten Handschriften zurück, die den Beginn der Bücher durch größere Absätze und Ini- tialen bezeichnen. Die St.-Galler Handschrift macht außser- dem bei V, 751 einen gleichen Absatz, wodurch das fünfte Buch in zwei kürzere zerfiele. Aber Lachmann hat eine weitere Eintheilung der Bücher in kleine Abschnitte von je 30 Zeilen vorgenommen; auch diese findet sich zum Theil in den Handschriften, namentlich beim Willehalm, aber bei weitem nicht immer fällt der Sinn mit dem Abschnitt zu- sammen, sondern dieser beginnt oft mitten im Satze. Wenn, wie Lachmann annimmt, vom fünften Buche des Parzival an Wolfram offenbar gewollt hat, dafs jeder Abschnitt 30 Zeilen zähle, und sie durch grofse Anfangsbuchstaben bezeichnen ließ, so muſ man sich wundern, daß er hier nicht auch einen Sinnabschnitt machte. Es gibt eine einfachere Erklärungsweise jener großen Buchstaben. Sie hängen mit der Beschaffenheit der Urhandschrift zusammen, die in diesem Falle natürlich kein Autograph sein, aber unter Aufsicht des Dichters ge- fertigt sein konnte. In ihr hatte jede Seite oder Columne 30 Zeilen, und die erste Zeile jeder Seite war, was man auch sonst in Handschriften findet, mit einer größseren Initiale ver- sehen. Diese lnitialen giengen nun auch in spätere Ab- schriften über, die mit der ursprünglichen Seiteneintheilung nicht stimmten. Aus demselben Grunde finden wir in andern Gedichten, wie in Ulrich's von Türheim Willehalm, Abschnitte von je 40 Zeilen. Indem wir die Sagen- und Quellenuntersuchungen vor- läufig übergehen, wenden wir uns zu dem letzten epischen Werke Wolfram’s, seinem Willehalm. Das französische Buch, b*
EINLEITUNG. XIX das siebente bald nach 1203, weil die Spuren der Belagerung von Erfurt (1203) noch sichtbar erschienen (Parz. VII, 1248); das sechste nach dem Sommer 1204, wo er sich an den Thü- ringer Hof begab. Gottfried's Tristan, der um 1207 zu setzen ist, bezieht sich auf das erste Buch (4636 ff.) ; Wirnt's Wigalois (um 1209) auf das zweite und dritte (Wigal. 163, 21; 211, 20). Spätere literarische Beziehungen, so zahlreich sie sind, kom- men hier nicht in Betracht; nur noch etwa Heinrich von dem Türlin, der in seiner Krone Kenntniss des ganzen Parzival verräth, freilich auch romanische Quellen benutzte. Heinrich dichtete um 1220, wodurch nur bestätigt wird, daß der Parzival vor 1216 vollendet war. Das Ganze hat Lachmann in sechzehn Bücher eingetheilt, wie den Willehalm in neun. Diese Eintheilung, die ich bei- behalten, geht schon auf die ältesten Handschriften zurück, die den Beginn der Bücher durch größere Absätze und Ini- tialen bezeichnen. Die St.-Galler Handschrift macht außser- dem bei V, 751 einen gleichen Absatz, wodurch das fünfte Buch in zwei kürzere zerfiele. Aber Lachmann hat eine weitere Eintheilung der Bücher in kleine Abschnitte von je 30 Zeilen vorgenommen; auch diese findet sich zum Theil in den Handschriften, namentlich beim Willehalm, aber bei weitem nicht immer fällt der Sinn mit dem Abschnitt zu- sammen, sondern dieser beginnt oft mitten im Satze. Wenn, wie Lachmann annimmt, vom fünften Buche des Parzival an Wolfram offenbar gewollt hat, dafs jeder Abschnitt 30 Zeilen zähle, und sie durch grofse Anfangsbuchstaben bezeichnen ließ, so muſ man sich wundern, daß er hier nicht auch einen Sinnabschnitt machte. Es gibt eine einfachere Erklärungsweise jener großen Buchstaben. Sie hängen mit der Beschaffenheit der Urhandschrift zusammen, die in diesem Falle natürlich kein Autograph sein, aber unter Aufsicht des Dichters ge- fertigt sein konnte. In ihr hatte jede Seite oder Columne 30 Zeilen, und die erste Zeile jeder Seite war, was man auch sonst in Handschriften findet, mit einer größseren Initiale ver- sehen. Diese lnitialen giengen nun auch in spätere Ab- schriften über, die mit der ursprünglichen Seiteneintheilung nicht stimmten. Aus demselben Grunde finden wir in andern Gedichten, wie in Ulrich's von Türheim Willehalm, Abschnitte von je 40 Zeilen. Indem wir die Sagen- und Quellenuntersuchungen vor- läufig übergehen, wenden wir uns zu dem letzten epischen Werke Wolfram’s, seinem Willehalm. Das französische Buch, b*
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XX EINLEITUNG. worauf es beruht, erhielt der Dichter durch seinen Gönner, den Landgrafen Hermann, der, während Wolfram daran arbei- tete, starb (1216). Bald nach 1209 wird das Gedicht begon- nen sein, dessen achtes Buch auf die Krönung Otto's IV. (1209) Bezug nimmt. Da schon 1211 Hermann es nicht mehr mit Otto hielt, so wird nach dieser Zeit kaum der Dichter die betreffende Stelle verfasst haben. Der Stoff weist auf einen Cyclus französischer Dichtungen, die ins 11. Jahrhundert zurück- reichen und sich großer Beliebtheit erfreuten. Er gehört der kärlingischen Sage an, aber nicht mehr Karl der Große ist darin mithandelnd, sondern sein Sohn, Ludwig der Fromme. Wille- halm, Graf von Orange (Südfrankreich), ist dessen Vasall. Den Hauptinhalt des Wolfram'schen Gedichtes bilden die Kämpfe. welche Willehalm mit dem Heidenkönige Terramer (im Ori- ginale Desramé) führt, dessen Tochter Arabel, in der Taufe Gyburc genannt, er entführt hat und der nun mit Arabel's Gemahl Tybalt, von einem gewaltigen Heere begleitet, in Frankreich einfällt. Die Entführung selbst erzählt Wolfram nicht, er beginnt erst da, wo die Heiden bereits gelandet sind. In der ersten Schlacht auf dem Felde von Alischanz wird Willehalm geschlagen; in ihr fällt sein tapferster Held, sein Neffe Vivianz. Willehalm entschließt sich an den Hof nach Orlens sich zu begeben, um bei Loys, der seine Schwester zur Ehe hat, Hülfe zu suchen. Nach Beseitigung der Hinder- nisse, die diese ihm entgegenstellt, erreicht er seinen Zweck und kehrt nach dem inzwischen von den Heiden belagerten Orange zurück, wo er gerade noch zu rechter Zeit ankommt. Vom Hofe hat er einen Knappen von furchtbarer Stärke, Rennewart, mitgenommen. Derselbe sieht Gyburc auffallend ähnlich und wirklich stellt sich heraus, daß er ihr einziger Bruder ist, der als kleines Kind von Hause entführt wurde. Es kommt zur Entscheidungsschlacht, die hauptsächlich durch Rennewart's Tapferkeit zu Gunsten der Christen gewendet wird. Aber nach der Schlacht wird Rennewart vermisst. Willehalm lässt 25 gefangene heidnische Fürsten frei gegen das Versprechen, dafür die Auslieferung Rennewart's, den er in Gefangenschaft der Heiden glaubt, zu bewirken. Damit schließt Wolfram's Gedicht: man nimmt an, er habe es weiter- führen wollen und sei darüber gestorben. In der That deutet es auf eine Fortsetzung hin; bei der Wichtigkeit, die Renne- wart darin hat, konnte der Dichter über dessen Schicksal den Hörer nicht im Unklaren lassen wollen. Er musste es wenig- stens so weit führen, bis Rennewart wieder erschien, also etwa
XX EINLEITUNG. worauf es beruht, erhielt der Dichter durch seinen Gönner, den Landgrafen Hermann, der, während Wolfram daran arbei- tete, starb (1216). Bald nach 1209 wird das Gedicht begon- nen sein, dessen achtes Buch auf die Krönung Otto's IV. (1209) Bezug nimmt. Da schon 1211 Hermann es nicht mehr mit Otto hielt, so wird nach dieser Zeit kaum der Dichter die betreffende Stelle verfasst haben. Der Stoff weist auf einen Cyclus französischer Dichtungen, die ins 11. Jahrhundert zurück- reichen und sich großer Beliebtheit erfreuten. Er gehört der kärlingischen Sage an, aber nicht mehr Karl der Große ist darin mithandelnd, sondern sein Sohn, Ludwig der Fromme. Wille- halm, Graf von Orange (Südfrankreich), ist dessen Vasall. Den Hauptinhalt des Wolfram'schen Gedichtes bilden die Kämpfe. welche Willehalm mit dem Heidenkönige Terramer (im Ori- ginale Desramé) führt, dessen Tochter Arabel, in der Taufe Gyburc genannt, er entführt hat und der nun mit Arabel's Gemahl Tybalt, von einem gewaltigen Heere begleitet, in Frankreich einfällt. Die Entführung selbst erzählt Wolfram nicht, er beginnt erst da, wo die Heiden bereits gelandet sind. In der ersten Schlacht auf dem Felde von Alischanz wird Willehalm geschlagen; in ihr fällt sein tapferster Held, sein Neffe Vivianz. Willehalm entschließt sich an den Hof nach Orlens sich zu begeben, um bei Loys, der seine Schwester zur Ehe hat, Hülfe zu suchen. Nach Beseitigung der Hinder- nisse, die diese ihm entgegenstellt, erreicht er seinen Zweck und kehrt nach dem inzwischen von den Heiden belagerten Orange zurück, wo er gerade noch zu rechter Zeit ankommt. Vom Hofe hat er einen Knappen von furchtbarer Stärke, Rennewart, mitgenommen. Derselbe sieht Gyburc auffallend ähnlich und wirklich stellt sich heraus, daß er ihr einziger Bruder ist, der als kleines Kind von Hause entführt wurde. Es kommt zur Entscheidungsschlacht, die hauptsächlich durch Rennewart's Tapferkeit zu Gunsten der Christen gewendet wird. Aber nach der Schlacht wird Rennewart vermisst. Willehalm lässt 25 gefangene heidnische Fürsten frei gegen das Versprechen, dafür die Auslieferung Rennewart's, den er in Gefangenschaft der Heiden glaubt, zu bewirken. Damit schließt Wolfram's Gedicht: man nimmt an, er habe es weiter- führen wollen und sei darüber gestorben. In der That deutet es auf eine Fortsetzung hin; bei der Wichtigkeit, die Renne- wart darin hat, konnte der Dichter über dessen Schicksal den Hörer nicht im Unklaren lassen wollen. Er musste es wenig- stens so weit führen, bis Rennewart wieder erschien, also etwa
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EINLEITUNG. XXI soweit die französische Bataille d'Aliscanz reicht. Mehr als diese hat aus dem französischen Cyclus Wolfram sicher nicht gekannt, und so erklärt sich auch die Weglassung der Vor- geschichte, die nur kurz resumiert wird. Die französische Dichtung bildet den Mittelpunkt des ganzen Cyclus und ist wahrscheinlich dessen ältester Theil, wenn auch nur in über- arbeiteter Form des 12. Jahrhunderts erhalten. Die spätere Zeit hat auch Wolfram's Willehalm sehr hoch geschätzt, jüngere Dichter beziehen sich häufig auf ihn; unsers Bedünkens steht er an dichterischem Werthe unter Titurel und Parzival. Das liegt nicht etwa darin, daſs Wolf- ram mit abnehmender Kraft daran gearbeitet hätte, sondern in der Natur des Stoffes. Die Sage vom heiligen Wilhelm von Aquitanien, die in ihrer ältesten Form lateinisch in den Acta Sanctorum sich findet, ist ihrem Grundcharakter nach eine kirchliche: der kirchliche Heilige ward ein begeisterter Streiter für das Christenthum gegen die Heiden, zu einem Typus der Kreuzfahrer; von diesem Standpunkte aus sind seine Kämpfe aufzufassen. Es ist nicht die Abenteuerlust des galanten Ritters, sondern der Drang für den Glauben zu streiten. Die Sage athmet also denselben Geist wie die Rolandssage. Daß Willehalm, der gefangen wird, von einer ihn liebenden heidnischen Königstochter befreit wird und mit ihr zurückkehrt, ist dem romantischen Einflusse der Kreuzzüge zuzuschreiben; aber auch hier verleugnet sich der ursprüng- liche christliche Charakter nicht, denn noch während er ge- fangen ist, bekehrt er Arabeln zum Christenthum, und erst dann erwidert er ihre Liebe. Daßs er die mit einem Heiden Vermählte ohne Bedenken entführt, ist im Sinne der Zeit, denn eine heidnische Ehe konnte nicht als gültig und bin- dend angesehen werden. Die Vertheidigung seines Landes und Weibes gegen den Einfall der Heiden ist daher ihrem Wesen nach ein Kampf für den Glauben, der in der Schlacht bei Alischanz gipfelt. Die Bedeutung seines Helden als Heiligen hat Wolfram allerdings gekannt, wie der Eingang seines Gedichtes lehrt, aber sie ist nicht von Einfluß auf seine Auffassung und Dar- stellung gewesen. Bei ihm ist Willehalm wesentlich ein Typus der Ritterlichkeit; der begeisterte Glaubenseifer fehlt. Das Original ist in einfachem epischen Stile gehalten und eben deswegen großartig; in diesem Stile zu dichten vermochte Wolfram nicht, überall drängt sich auch hier seine Subjec- tivität, seine Persönlichkeit hervor und tritt in Widerspruch
EINLEITUNG. XXI soweit die französische Bataille d'Aliscanz reicht. Mehr als diese hat aus dem französischen Cyclus Wolfram sicher nicht gekannt, und so erklärt sich auch die Weglassung der Vor- geschichte, die nur kurz resumiert wird. Die französische Dichtung bildet den Mittelpunkt des ganzen Cyclus und ist wahrscheinlich dessen ältester Theil, wenn auch nur in über- arbeiteter Form des 12. Jahrhunderts erhalten. Die spätere Zeit hat auch Wolfram's Willehalm sehr hoch geschätzt, jüngere Dichter beziehen sich häufig auf ihn; unsers Bedünkens steht er an dichterischem Werthe unter Titurel und Parzival. Das liegt nicht etwa darin, daſs Wolf- ram mit abnehmender Kraft daran gearbeitet hätte, sondern in der Natur des Stoffes. Die Sage vom heiligen Wilhelm von Aquitanien, die in ihrer ältesten Form lateinisch in den Acta Sanctorum sich findet, ist ihrem Grundcharakter nach eine kirchliche: der kirchliche Heilige ward ein begeisterter Streiter für das Christenthum gegen die Heiden, zu einem Typus der Kreuzfahrer; von diesem Standpunkte aus sind seine Kämpfe aufzufassen. Es ist nicht die Abenteuerlust des galanten Ritters, sondern der Drang für den Glauben zu streiten. Die Sage athmet also denselben Geist wie die Rolandssage. Daß Willehalm, der gefangen wird, von einer ihn liebenden heidnischen Königstochter befreit wird und mit ihr zurückkehrt, ist dem romantischen Einflusse der Kreuzzüge zuzuschreiben; aber auch hier verleugnet sich der ursprüng- liche christliche Charakter nicht, denn noch während er ge- fangen ist, bekehrt er Arabeln zum Christenthum, und erst dann erwidert er ihre Liebe. Daßs er die mit einem Heiden Vermählte ohne Bedenken entführt, ist im Sinne der Zeit, denn eine heidnische Ehe konnte nicht als gültig und bin- dend angesehen werden. Die Vertheidigung seines Landes und Weibes gegen den Einfall der Heiden ist daher ihrem Wesen nach ein Kampf für den Glauben, der in der Schlacht bei Alischanz gipfelt. Die Bedeutung seines Helden als Heiligen hat Wolfram allerdings gekannt, wie der Eingang seines Gedichtes lehrt, aber sie ist nicht von Einfluß auf seine Auffassung und Dar- stellung gewesen. Bei ihm ist Willehalm wesentlich ein Typus der Ritterlichkeit; der begeisterte Glaubenseifer fehlt. Das Original ist in einfachem epischen Stile gehalten und eben deswegen großartig; in diesem Stile zu dichten vermochte Wolfram nicht, überall drängt sich auch hier seine Subjec- tivität, seine Persönlichkeit hervor und tritt in Widerspruch
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XXII EINLEITUNG. zu der streng epischen Grundlage. Eine Harmonie zwischen Stoff und Darstellung konnte unter diesen Umständen nicht erreicht werden. Dennoch, so wenig auch der Stoff Wolfram's Individualität zusagte, war der Griff doch noch ein glücklicher zu nennen, wenn man daneben die elenden Stoffe der breto- nischen Sage hält, an denen die meisten höfischen Dichter jener Zeit mit Vorliebe hiengen; es war doch ein Gegenstand von würdigem und echt epischem, dichterischem Gehalte. Indem Wolfram aus dem ganzen Cyclus nur den mittlern Theil herausgriff, legte er den Gedanken einer Ergänzung nahe. Wie der unvollendet gebliebene Titurel von einem jüngeren Dichter aufgenommen wurde, so auch der schon nach der Meinung der Zeitgenossen unvollständige Willehalm, und zwar erfuhr dieser eine doppelte Ergänzung: es wurde der Theil der Sage, der vor Wolfram's Werke lag, und der Schluſs hinzugedichtet. Letzteres that ein schwäbischer Dichter aus der Gegend von Augsburg, Ulrich von Türheim, um 1242. Er dichtete auf Anregung eines Augsburger Gönners, Otto's des Bogners, der in Urkunden seiner Heimat 1237—46 erscheint, vor dem Tode Friedrich’s II. (1250), dessen er als eines noch Lebenden gedenkt. Ulrich war aus einem ritterlichen Ge- schlechte, das in Dienstverhältniss zu den Bischöfen von Augsburg stand. Sein Werk ist noch ungedruckt und nach Lachmann's Urtheile sehr langweilig, höchstens durch die darin häufigen Sprichwörter beachtenswerth, während W. Grimm ihm manche Schönheiten zugesteht. In der Fortsetzung Ulrich’s tritt Willehalm gegen Rennewart zurück, dessen Liebe zu Alyse, der Tochter des Königs Loys, den eigentlichen Mittel- punkt bildet: daher das Gedicht auch nach Rennewart zu benennen wäre. Nach einer Menge von ritterlichen Aben- teuern schließt das Ganze damit, daßs Willehalm und Gybure ins Kloster gehen und hier ihr gottseliges Leben beschließen. Der um die Mitte des 13. Jahrhunderts mehr und mehr her- vortretenden Richtung der Poesie auf die Legende entsprach dieser Schluß vollkommen, der, wie ich glaube, wenig in Wolfram's Sinne gewesen wäre. Die Ergänzung des vorderen Theiles rührt von Ulrich von dem Türlin, einem kärntischen Dichter, der im Dienste König Ottokar's von Böhmen (1253—78) arbeitete. Er nennt sein Werk ausdrücklich eine «Vorrede", also mit deutlichem Bezug auf die beabsichtigte Ergänzung des Wolfram'schen Willehalm. Graf Heinrich von Narbonne enterbt seine Söhne, unter ihnen auch Willehalm, zu Gunsten des Sohnes eines in seinem
XXII EINLEITUNG. zu der streng epischen Grundlage. Eine Harmonie zwischen Stoff und Darstellung konnte unter diesen Umständen nicht erreicht werden. Dennoch, so wenig auch der Stoff Wolfram's Individualität zusagte, war der Griff doch noch ein glücklicher zu nennen, wenn man daneben die elenden Stoffe der breto- nischen Sage hält, an denen die meisten höfischen Dichter jener Zeit mit Vorliebe hiengen; es war doch ein Gegenstand von würdigem und echt epischem, dichterischem Gehalte. Indem Wolfram aus dem ganzen Cyclus nur den mittlern Theil herausgriff, legte er den Gedanken einer Ergänzung nahe. Wie der unvollendet gebliebene Titurel von einem jüngeren Dichter aufgenommen wurde, so auch der schon nach der Meinung der Zeitgenossen unvollständige Willehalm, und zwar erfuhr dieser eine doppelte Ergänzung: es wurde der Theil der Sage, der vor Wolfram's Werke lag, und der Schluſs hinzugedichtet. Letzteres that ein schwäbischer Dichter aus der Gegend von Augsburg, Ulrich von Türheim, um 1242. Er dichtete auf Anregung eines Augsburger Gönners, Otto's des Bogners, der in Urkunden seiner Heimat 1237—46 erscheint, vor dem Tode Friedrich’s II. (1250), dessen er als eines noch Lebenden gedenkt. Ulrich war aus einem ritterlichen Ge- schlechte, das in Dienstverhältniss zu den Bischöfen von Augsburg stand. Sein Werk ist noch ungedruckt und nach Lachmann's Urtheile sehr langweilig, höchstens durch die darin häufigen Sprichwörter beachtenswerth, während W. Grimm ihm manche Schönheiten zugesteht. In der Fortsetzung Ulrich’s tritt Willehalm gegen Rennewart zurück, dessen Liebe zu Alyse, der Tochter des Königs Loys, den eigentlichen Mittel- punkt bildet: daher das Gedicht auch nach Rennewart zu benennen wäre. Nach einer Menge von ritterlichen Aben- teuern schließt das Ganze damit, daßs Willehalm und Gybure ins Kloster gehen und hier ihr gottseliges Leben beschließen. Der um die Mitte des 13. Jahrhunderts mehr und mehr her- vortretenden Richtung der Poesie auf die Legende entsprach dieser Schluß vollkommen, der, wie ich glaube, wenig in Wolfram's Sinne gewesen wäre. Die Ergänzung des vorderen Theiles rührt von Ulrich von dem Türlin, einem kärntischen Dichter, der im Dienste König Ottokar's von Böhmen (1253—78) arbeitete. Er nennt sein Werk ausdrücklich eine «Vorrede", also mit deutlichem Bezug auf die beabsichtigte Ergänzung des Wolfram'schen Willehalm. Graf Heinrich von Narbonne enterbt seine Söhne, unter ihnen auch Willehalm, zu Gunsten des Sohnes eines in seinem
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EINLEITUNG. XXIII Dienste gefallenen Grafen. Willehalm geht an Karl's Hof, nimmt Theil an dessen Kämpfen in Spanien und der Nor- mandie, und dient nach Karl's Tode dessen Sohne Loys, der Willehalm's Schwester heirathet. Da fällt Terramer ins Land ein, Willehalm wird gefangen und übers Meer geführt: den Gefangenen sieht Terramer’s Tochter Arabel und verliebt sich in ihn. Sie widersteht ihrer Neigung längere Zeit, endlich wird die Liebe zu mächtig in ihr und sie lässt ihn aus dem Kerker heraufholen. In seinen Gesprächen mit ihr bekehrt er sie zum Christenthum, und beide entfliehen. Von den Heiden verfolgt, landen sie auf einer Insel; die Heiden zer- streut der Sturm, und glücklich kommt Willehalm mit Arabel nach Marseille, wo sie freudig und festlich empfangen werden. Der Papst, der gerade in Paris anwesend ist, wird eingeladen zu kommen, um Arabeln zu taufen. Sie empfängt den Namen Gyburc und wird mit Willehalm vermählt: ein zwölftägiges Fest beschließt die Hochzeit. Manche Handschriften führen das Gedicht noch weiter und fügen den Ritterschlag von Willehalm's Neffen, Vivianz, bei. In dichterischer Beziehung soll nach dem Urtheile derer, die beide Gedichte gelesen, des kärntischen Fortsetzers Arbeit noch unter der des Tür- heimers stehen. Gleichwohl wäre eine kritische Ausgabe beider Fortsetzungen, beim Türheimer schon um die etwa benutzten Quellen zu erforschen, sehr wünschenswerth. Wolfram's Parzival und Titurel gehören demselben Sagen- kreise, dem Kreise der Gralsage an, so genannt, weil ihren Mittelpunkt der Gral bildet. Das Wort grâl ist aus dem Alt- französischen entnommen, graal, greal: man erklärte früher mit Bezug auf die Legende sangreal als sang real, was falsch ist, wie die provenzalische Form grazal (catal. gresal) beweist. Inlautendes provenzalisches z ist häufig aus d entstanden, die Form gradalis findet sich bei mittellateinischen Schriftstellern. Helinand (um 1227) sagt: gradalis vel gradale dicitur gallice scutella lata et aliquantulum profunda, in qua pretiosæ dapes cum suo jure divitibus solent apponi, et dicitur nomine graal. Das Wort bedeutet also «Schüssel". Im Mittelalter leitete man es ab von gratus, weil der Gral alles Angenehme, Wünsch- bare verlieh; richtiger ist die Ableitung von crater, mittel- lateinisch auch cratus, wovon cratalis eine ganz regelrechte Ableitung ist (Diez, Wörterbuch, 2, 317). Man verstand darunter einen Edelstein, der beim Sturze Lucifer's aus dessen
EINLEITUNG. XXIII Dienste gefallenen Grafen. Willehalm geht an Karl's Hof, nimmt Theil an dessen Kämpfen in Spanien und der Nor- mandie, und dient nach Karl's Tode dessen Sohne Loys, der Willehalm's Schwester heirathet. Da fällt Terramer ins Land ein, Willehalm wird gefangen und übers Meer geführt: den Gefangenen sieht Terramer’s Tochter Arabel und verliebt sich in ihn. Sie widersteht ihrer Neigung längere Zeit, endlich wird die Liebe zu mächtig in ihr und sie lässt ihn aus dem Kerker heraufholen. In seinen Gesprächen mit ihr bekehrt er sie zum Christenthum, und beide entfliehen. Von den Heiden verfolgt, landen sie auf einer Insel; die Heiden zer- streut der Sturm, und glücklich kommt Willehalm mit Arabel nach Marseille, wo sie freudig und festlich empfangen werden. Der Papst, der gerade in Paris anwesend ist, wird eingeladen zu kommen, um Arabeln zu taufen. Sie empfängt den Namen Gyburc und wird mit Willehalm vermählt: ein zwölftägiges Fest beschließt die Hochzeit. Manche Handschriften führen das Gedicht noch weiter und fügen den Ritterschlag von Willehalm's Neffen, Vivianz, bei. In dichterischer Beziehung soll nach dem Urtheile derer, die beide Gedichte gelesen, des kärntischen Fortsetzers Arbeit noch unter der des Tür- heimers stehen. Gleichwohl wäre eine kritische Ausgabe beider Fortsetzungen, beim Türheimer schon um die etwa benutzten Quellen zu erforschen, sehr wünschenswerth. Wolfram's Parzival und Titurel gehören demselben Sagen- kreise, dem Kreise der Gralsage an, so genannt, weil ihren Mittelpunkt der Gral bildet. Das Wort grâl ist aus dem Alt- französischen entnommen, graal, greal: man erklärte früher mit Bezug auf die Legende sangreal als sang real, was falsch ist, wie die provenzalische Form grazal (catal. gresal) beweist. Inlautendes provenzalisches z ist häufig aus d entstanden, die Form gradalis findet sich bei mittellateinischen Schriftstellern. Helinand (um 1227) sagt: gradalis vel gradale dicitur gallice scutella lata et aliquantulum profunda, in qua pretiosæ dapes cum suo jure divitibus solent apponi, et dicitur nomine graal. Das Wort bedeutet also «Schüssel". Im Mittelalter leitete man es ab von gratus, weil der Gral alles Angenehme, Wünsch- bare verlieh; richtiger ist die Ableitung von crater, mittel- lateinisch auch cratus, wovon cratalis eine ganz regelrechte Ableitung ist (Diez, Wörterbuch, 2, 317). Man verstand darunter einen Edelstein, der beim Sturze Lucifer's aus dessen
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XXIV EINLEITUNG. Krone gefallen war. Derselbe, in schüsselförmiger Gestalt verarbeitet, wurde dann von Christus beim Abendmahle ge- braucht, und in ihm fieng Joseph von Arimathia das Blut Christi auf. Dieser Schüssel wurden daher wunderbare Kräfte beigelegt. Die Uberlieferung weist uns auf orientalisch- jüdischen Ursprung und ist dem Occident wahrscheinlich durch Vermittelung der Araber in Spanien zugekommen. Darauf deutet auch eine Nachricht, die allerdings nur bei Wolfram sich findet, die aber schwerlich von ihm ersonnen ist. Wolf- ram berichtet (Parz. IX, 623) von einem Heiden Flegetanis, der von Seiten seiner Mutter jüdischer Abkunft, aus dem Geschlechte Salomon's, gewesen, und zuerst in heidnischer Sprache über den Gral geschrieben. Dieses Buch habe Kyot, der Provenzale, in Toledo gefunden und aus ihm seine Kennt- niss der Gralsage geschöpft. Aus Kyot also, den Wolfram benutzte, wird diese Nachricht stammen. Sie möge nun wörtlich zu nehmen oder als eine fingierte zu betrachten sein, wie derartige Berufungen auf fingierte Quellen bei mittel- alterlichen, romanischen wie deutschen, Dichtern häufig sind, jedenfalls bestätigt sie den Weg, den die Gralsage über Spanien genommen hat. Die Sage berichtet, daß Joseph von Arimathia, von den Juden ins Gefängniss geworfen, in demselben 42 Jahre lang durch die Wunderkraft des Grals, den Christus ihm brachte, ohne andere Speise am Leben erhalten worden. Bei der Zerstörung von Jerusalem durch Titus befreit, erhielt er von einer himmlischen Erscheinung den Befehl, für den Gral einen Behälter machen zu lassen, den er alle Tage öffnen dürfe. Die Menschen zum Christenthume bekehrend, durchzog er mit dem Gral verschiedene Länder; so kam er auch zu einem Könige Ebron, der zwölf Söhne hatte. Joseph fragte dieselben, welche Lebensart sie sich wünschten ; elf unter ihnen erwählten weltliches Leben und die Ehe, der zwölfte aber wünschte keusch zu bleiben und dem Gral sein Leben zu widmen. Joseph umarmt ihn und bestellt ihn, nach seinem Tode, zum Hüter des Grals; wenn er sterbe, solle er ihn einem andern ebenso reinen Menschen übergeben. Es wird ein prächtiges Schlofs erbaut, in welchem der Gral aufbewahrt wird. Die Tradition, welcher Wolfram folgte, verlegt die Gralburg nach Spanien. Sie führt bei Wolfram, jedenfalls auf Grundlage seiner Quelle, den Namen Munsalvœsche, d. h. Mont salvage, wilder Berg; das dazu gehörige Land heißt terre de salvâtsche und erstreckt sich dreißsig Meilen weit. Der Stein, aus welchem
XXIV EINLEITUNG. Krone gefallen war. Derselbe, in schüsselförmiger Gestalt verarbeitet, wurde dann von Christus beim Abendmahle ge- braucht, und in ihm fieng Joseph von Arimathia das Blut Christi auf. Dieser Schüssel wurden daher wunderbare Kräfte beigelegt. Die Uberlieferung weist uns auf orientalisch- jüdischen Ursprung und ist dem Occident wahrscheinlich durch Vermittelung der Araber in Spanien zugekommen. Darauf deutet auch eine Nachricht, die allerdings nur bei Wolfram sich findet, die aber schwerlich von ihm ersonnen ist. Wolf- ram berichtet (Parz. IX, 623) von einem Heiden Flegetanis, der von Seiten seiner Mutter jüdischer Abkunft, aus dem Geschlechte Salomon's, gewesen, und zuerst in heidnischer Sprache über den Gral geschrieben. Dieses Buch habe Kyot, der Provenzale, in Toledo gefunden und aus ihm seine Kennt- niss der Gralsage geschöpft. Aus Kyot also, den Wolfram benutzte, wird diese Nachricht stammen. Sie möge nun wörtlich zu nehmen oder als eine fingierte zu betrachten sein, wie derartige Berufungen auf fingierte Quellen bei mittel- alterlichen, romanischen wie deutschen, Dichtern häufig sind, jedenfalls bestätigt sie den Weg, den die Gralsage über Spanien genommen hat. Die Sage berichtet, daß Joseph von Arimathia, von den Juden ins Gefängniss geworfen, in demselben 42 Jahre lang durch die Wunderkraft des Grals, den Christus ihm brachte, ohne andere Speise am Leben erhalten worden. Bei der Zerstörung von Jerusalem durch Titus befreit, erhielt er von einer himmlischen Erscheinung den Befehl, für den Gral einen Behälter machen zu lassen, den er alle Tage öffnen dürfe. Die Menschen zum Christenthume bekehrend, durchzog er mit dem Gral verschiedene Länder; so kam er auch zu einem Könige Ebron, der zwölf Söhne hatte. Joseph fragte dieselben, welche Lebensart sie sich wünschten ; elf unter ihnen erwählten weltliches Leben und die Ehe, der zwölfte aber wünschte keusch zu bleiben und dem Gral sein Leben zu widmen. Joseph umarmt ihn und bestellt ihn, nach seinem Tode, zum Hüter des Grals; wenn er sterbe, solle er ihn einem andern ebenso reinen Menschen übergeben. Es wird ein prächtiges Schlofs erbaut, in welchem der Gral aufbewahrt wird. Die Tradition, welcher Wolfram folgte, verlegt die Gralburg nach Spanien. Sie führt bei Wolfram, jedenfalls auf Grundlage seiner Quelle, den Namen Munsalvœsche, d. h. Mont salvage, wilder Berg; das dazu gehörige Land heißt terre de salvâtsche und erstreckt sich dreißsig Meilen weit. Der Stein, aus welchem
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EINLEITUNG. XXV der Gral geschaffen ist, heißt lapsît exillîs (Parz. IX, 1087). Sein Anblick verleiht alles, was man sich wünschen kann nach mittelhochdeutschem Ausdruck den wunsch. Er ist so schwer, daß die ganze sündige Menschheit ihn nicht von der Stelle tragen kann, und doch so leicht, daßs die Hand einer zarten Frau ihn zu heben vermag: nicht physische Kraft, sondern Herzensreinheit besitzt diese Macht. Der mystisch- religiöse Grundcharakter der ganzen Sage tritt in diesem Zuge deutlich hervor. Der Gral ist der Pflege des Gralkönigs an- vertraut, unter diesem stehen die Gralritter, die aber nur durch freie Wahl zu solchem Amte gelangen: nicht Stand und Geschlecht berechtigen dazu. Schon als kleine Kinder werden sie auf göttlichen Befehl aus allen Ländern in die Gralburg gebracht. Sie müssen die Cardinaltugenden üben, vor allem Keuschheit, Treue, Demuth, und alle Laster meiden. Daher müssen sie der weltlichen Minne entsagen, nur ihr König darf vermählt sein. Wer vom Gral zum Schutze der Unschuld in ein fremdes Land entsendet wird, darf sich dort vermählen, aber dabei waltet das Geheimniss seiner Herkunft, und die Neugierige, die den Schleier zu lüften wagt, ver- scherzt für immer ihr Glück. Die Gralritter bilden einen geistlichen Ritterorden und heißen templeise, d. h. Tempel- hüter, aus mittellateinischem templensis, wovon templeis die normannische Form wäre. Ernährt und erhalten werden sie durch den Gral, der Speise, Kleidung, Waffen verleiht. Aber er schlieft noch höhere Gaben in sich; wer ihn er- blickt, kann eine Woche lang dem Tode nicht verfallen, und so verleiht immer erneuter Anblick ewiges Leben. Diese geistliche Brüderschaft ist offenbar nach dem Vor- bilde der geistlichen Ritterorden gedacht, und am nächsten liegt, schon dem Namen nach, an die Templer zu denken. Mit dieser Anlehnung stimmt auch, daßs der Tempelorden im südlichen Frankreich und nordöstlichen Spanien, wo der Sitz der Gralburg zu denken ist, großse Besitzungen hatte. Das erste Tempelhaus wurde 1136 in den Pyrenäen durch den Grafen Roger III. von Foix gestiftet. In dem berüchtigten Processe gegen die Templer, der mit der Aufhebung des Ordens durch Philipp den Schönen endete, finden wir manche Beschuldigung ausgesprochen, die an Züge der Gralsage er- innert. Man gab ihnen namentlich Schuld, ein Idol Namens Baffomet zu verehren, von welchem sie Reichthum und Uberflußs erwarteten und vor welchem die Novizen des Ordens sich dreimal verehrend niederwerfen mussten. Sie wurden
EINLEITUNG. XXV der Gral geschaffen ist, heißt lapsît exillîs (Parz. IX, 1087). Sein Anblick verleiht alles, was man sich wünschen kann nach mittelhochdeutschem Ausdruck den wunsch. Er ist so schwer, daß die ganze sündige Menschheit ihn nicht von der Stelle tragen kann, und doch so leicht, daßs die Hand einer zarten Frau ihn zu heben vermag: nicht physische Kraft, sondern Herzensreinheit besitzt diese Macht. Der mystisch- religiöse Grundcharakter der ganzen Sage tritt in diesem Zuge deutlich hervor. Der Gral ist der Pflege des Gralkönigs an- vertraut, unter diesem stehen die Gralritter, die aber nur durch freie Wahl zu solchem Amte gelangen: nicht Stand und Geschlecht berechtigen dazu. Schon als kleine Kinder werden sie auf göttlichen Befehl aus allen Ländern in die Gralburg gebracht. Sie müssen die Cardinaltugenden üben, vor allem Keuschheit, Treue, Demuth, und alle Laster meiden. Daher müssen sie der weltlichen Minne entsagen, nur ihr König darf vermählt sein. Wer vom Gral zum Schutze der Unschuld in ein fremdes Land entsendet wird, darf sich dort vermählen, aber dabei waltet das Geheimniss seiner Herkunft, und die Neugierige, die den Schleier zu lüften wagt, ver- scherzt für immer ihr Glück. Die Gralritter bilden einen geistlichen Ritterorden und heißen templeise, d. h. Tempel- hüter, aus mittellateinischem templensis, wovon templeis die normannische Form wäre. Ernährt und erhalten werden sie durch den Gral, der Speise, Kleidung, Waffen verleiht. Aber er schlieft noch höhere Gaben in sich; wer ihn er- blickt, kann eine Woche lang dem Tode nicht verfallen, und so verleiht immer erneuter Anblick ewiges Leben. Diese geistliche Brüderschaft ist offenbar nach dem Vor- bilde der geistlichen Ritterorden gedacht, und am nächsten liegt, schon dem Namen nach, an die Templer zu denken. Mit dieser Anlehnung stimmt auch, daßs der Tempelorden im südlichen Frankreich und nordöstlichen Spanien, wo der Sitz der Gralburg zu denken ist, großse Besitzungen hatte. Das erste Tempelhaus wurde 1136 in den Pyrenäen durch den Grafen Roger III. von Foix gestiftet. In dem berüchtigten Processe gegen die Templer, der mit der Aufhebung des Ordens durch Philipp den Schönen endete, finden wir manche Beschuldigung ausgesprochen, die an Züge der Gralsage er- innert. Man gab ihnen namentlich Schuld, ein Idol Namens Baffomet zu verehren, von welchem sie Reichthum und Uberflußs erwarteten und vor welchem die Novizen des Ordens sich dreimal verehrend niederwerfen mussten. Sie wurden
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XXVI EINLEITUNG. ferner angeklagt, ein Haupt zu verehren, von welchem sie Reichthum erflehten. Nun findet sich in der keltischen Parzivalsage auf der Gralschüssel ein blutiges Haupt, und aus manchen Gründen ist wahrscheinlich, daßs hier eine andere Tradition der Sage vorliegt, wonach die Schüssel diejenige war, auf welcher das Haupt Johannes des Täufers lag. Das stimmt wieder zum Tempelorden, denn dieser verehrte Johannes besonders: beim Abendmahl bediente er sich, abweichend von der römischen Liturgie, der Anfangsworte des Evangeliums Jo- hannis. In der Fortsetzung des französischen Parzival legt der zum Gralkönig gewählte Held das Gelübde am Johannistage ab. Die Ausbildung des Ordens der Gralritter kann in der Sage nicht früher vor sich gegangen sein als in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, und auch ihre Localisierung in nördlichen Spanien fallt in diese Zeit. Schon früher aber hatte sie sich weiter nach dem Norden verbreitet und nament- lich in der Bretagne festen Fußs gefasst. Hier vermischte sie sich mit einheimischen, märchenhaften Überlieferungen, hier ist namentlich die Hineinziehung von Parzival einerseits, von Artus, dem bretonischen Nationalhelden, andererseits vor sich gegangen. Die keltische Tradition, in welcher der Held Peredur heißst, ist jedoch nicht alt genug, um mit Sicherheit behaupten zu können, daß ihre auffallende Ubereinstimmung mit den französischen Erzählungen nicht auf theilweiser Rück- wirkung von Frankreich aus beruhe. In allen Hauptzügen stimmt sie mit der Darstellung der Sage bei Crestien und Wolfram. In allen Bearbeitungen finden wir die Gralsage mit der Artussage verbunden, und diese Verbindung allein beweist schon, das sie auf keltische Grundlage zurück- führen. Die Hineinziehung von Artus, die zunächst aus nationalem Bestreben zu erklären ist, gab der Sage einen fruchtbringen- den Anstofs. Artus wurde in der Vorstellung des Mittelalters das Ideal weltlichen Ritterthums, wie die Gralsage das ideale geistliche Ritterthum darstellt. Durch diesen Gegensatz wurde eine tiefere sittliche Idee begründet und nahe gelegt: das Ringen nach weltlicher Ehre und Lust und ihm gegenüber der Kampf nach der höchsten geistlichen Ritterschaft. Ver- treter dieser beiden Richtungen sind Parzival und Gawan, daher mit Recht letzterem ein bedeutender Raum angewiesen ist und er zeitweise den eigentlichen Helden aus unserm Gesichtskreise verdrängt. Die ersten Ansätze zu einem solchen sittlichen Gegensatze
XXVI EINLEITUNG. ferner angeklagt, ein Haupt zu verehren, von welchem sie Reichthum erflehten. Nun findet sich in der keltischen Parzivalsage auf der Gralschüssel ein blutiges Haupt, und aus manchen Gründen ist wahrscheinlich, daßs hier eine andere Tradition der Sage vorliegt, wonach die Schüssel diejenige war, auf welcher das Haupt Johannes des Täufers lag. Das stimmt wieder zum Tempelorden, denn dieser verehrte Johannes besonders: beim Abendmahl bediente er sich, abweichend von der römischen Liturgie, der Anfangsworte des Evangeliums Jo- hannis. In der Fortsetzung des französischen Parzival legt der zum Gralkönig gewählte Held das Gelübde am Johannistage ab. Die Ausbildung des Ordens der Gralritter kann in der Sage nicht früher vor sich gegangen sein als in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, und auch ihre Localisierung in nördlichen Spanien fallt in diese Zeit. Schon früher aber hatte sie sich weiter nach dem Norden verbreitet und nament- lich in der Bretagne festen Fußs gefasst. Hier vermischte sie sich mit einheimischen, märchenhaften Überlieferungen, hier ist namentlich die Hineinziehung von Parzival einerseits, von Artus, dem bretonischen Nationalhelden, andererseits vor sich gegangen. Die keltische Tradition, in welcher der Held Peredur heißst, ist jedoch nicht alt genug, um mit Sicherheit behaupten zu können, daß ihre auffallende Ubereinstimmung mit den französischen Erzählungen nicht auf theilweiser Rück- wirkung von Frankreich aus beruhe. In allen Hauptzügen stimmt sie mit der Darstellung der Sage bei Crestien und Wolfram. In allen Bearbeitungen finden wir die Gralsage mit der Artussage verbunden, und diese Verbindung allein beweist schon, das sie auf keltische Grundlage zurück- führen. Die Hineinziehung von Artus, die zunächst aus nationalem Bestreben zu erklären ist, gab der Sage einen fruchtbringen- den Anstofs. Artus wurde in der Vorstellung des Mittelalters das Ideal weltlichen Ritterthums, wie die Gralsage das ideale geistliche Ritterthum darstellt. Durch diesen Gegensatz wurde eine tiefere sittliche Idee begründet und nahe gelegt: das Ringen nach weltlicher Ehre und Lust und ihm gegenüber der Kampf nach der höchsten geistlichen Ritterschaft. Ver- treter dieser beiden Richtungen sind Parzival und Gawan, daher mit Recht letzterem ein bedeutender Raum angewiesen ist und er zeitweise den eigentlichen Helden aus unserm Gesichtskreise verdrängt. Die ersten Ansätze zu einem solchen sittlichen Gegensatze
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EINLEITUNG. XXVII finden sich in französischen Bearbeitungen des Stoffes. Näheres wissen wir jedoch nur über die eine derselben, den conte del Graal von Crestien de Troies. Crestien, der Vater des höfi- schen Ritterepos in Frankreich, führte die Hauptstoffe des bretonischen Sagenkreises seinen Landsleuten zu. Seine Quelle war ein Buch, welches er durch den Grafen Philipp von Flandern (1168—91) erhalten hatte. In der Ausgabe von Potvin findet sich ein erstes Buch, welches den übrigen Handschriften fehlt, und worin, entsprechend den ersten beiden Büchern von Wolfram's Werke, die Geschichte von Parzival's Vater und dessen Tod erzählt wird. Dieser Eingang, der zum Verständniss der Sage allerdings nothwendig, ist gleich- wohl unecht und rührt von einem spätern Dichter her, der die Sage ergänzen wollte, gerade wie Ulrich von dem Türlin durch seine «Vorrede» Wolfram’s Willehalm. Aber er- funden braucht er deswegen den Inhalt dieser Einleitung nicht zu haben, sondern er konnte gleiche Quellen wie Crestien benutzen. Crestien wird sein Werk etwa um 1170 oder nicht lange nachher verfasst haben; er griff aus der ganzen Sage nur den Haupttheil heraus. Ihm oder seiner Quelle, jenem durch den Grafen Philipp ihm verschafften Buche, gebührt das Verdienst, den Wust von Abenteuern zuerst geordnet und unter einen gewissen einheitlichen Gesichtspunkt gebracht zu haben. Er vollendete sein Werk nicht; er schlieft oder bricht ab, noch ehe Parzival die Gralburg wiedergefunden. Es wurde von mehreren Fortsetzern weiter geführt, aber nicht in seinem Geiste, sondern als roher Wirrwarr von Abenteuern. Der erste derselben war Gautier von Denet, an ihn schloß sich, nach Crestien's Tode, wie er ausdrücklich bemerkt, Gerbert, und auf diesen folgte Manessier, der das Ganze wahrschein- lich zwischen 1214—27 vollendete. Diese Fortsetzungen kann Wolfram schon aus chronologischen Gründen nicht be- nutzt haben, und in der That zeigt sich zwischen ihnen und seinem Werke auch gar keine Ubereinstimmung. Dagegen hat er, wie er selbst sagt, Crestien's Werk ge- kannt, und die Vergleichung im Einzelnen beweist, daß er ihn, soweit eben Crestien's Arbeit reicht, viel benutzt hat. Außerdem aber nennt er einen andern Gewährsmann, Kyot den Provenzalen, auch Kyot la chantiure (= le chanteor, den Sänger), VIII, 461. Gewöhnlich nimmt man an, daßs Kyot’s Dichtung nach Crestien falle, und stützt sich auf Wolfram’s Worte (XVI, 1201)
EINLEITUNG. XXVII finden sich in französischen Bearbeitungen des Stoffes. Näheres wissen wir jedoch nur über die eine derselben, den conte del Graal von Crestien de Troies. Crestien, der Vater des höfi- schen Ritterepos in Frankreich, führte die Hauptstoffe des bretonischen Sagenkreises seinen Landsleuten zu. Seine Quelle war ein Buch, welches er durch den Grafen Philipp von Flandern (1168—91) erhalten hatte. In der Ausgabe von Potvin findet sich ein erstes Buch, welches den übrigen Handschriften fehlt, und worin, entsprechend den ersten beiden Büchern von Wolfram's Werke, die Geschichte von Parzival's Vater und dessen Tod erzählt wird. Dieser Eingang, der zum Verständniss der Sage allerdings nothwendig, ist gleich- wohl unecht und rührt von einem spätern Dichter her, der die Sage ergänzen wollte, gerade wie Ulrich von dem Türlin durch seine «Vorrede» Wolfram’s Willehalm. Aber er- funden braucht er deswegen den Inhalt dieser Einleitung nicht zu haben, sondern er konnte gleiche Quellen wie Crestien benutzen. Crestien wird sein Werk etwa um 1170 oder nicht lange nachher verfasst haben; er griff aus der ganzen Sage nur den Haupttheil heraus. Ihm oder seiner Quelle, jenem durch den Grafen Philipp ihm verschafften Buche, gebührt das Verdienst, den Wust von Abenteuern zuerst geordnet und unter einen gewissen einheitlichen Gesichtspunkt gebracht zu haben. Er vollendete sein Werk nicht; er schlieft oder bricht ab, noch ehe Parzival die Gralburg wiedergefunden. Es wurde von mehreren Fortsetzern weiter geführt, aber nicht in seinem Geiste, sondern als roher Wirrwarr von Abenteuern. Der erste derselben war Gautier von Denet, an ihn schloß sich, nach Crestien's Tode, wie er ausdrücklich bemerkt, Gerbert, und auf diesen folgte Manessier, der das Ganze wahrschein- lich zwischen 1214—27 vollendete. Diese Fortsetzungen kann Wolfram schon aus chronologischen Gründen nicht be- nutzt haben, und in der That zeigt sich zwischen ihnen und seinem Werke auch gar keine Ubereinstimmung. Dagegen hat er, wie er selbst sagt, Crestien's Werk ge- kannt, und die Vergleichung im Einzelnen beweist, daß er ihn, soweit eben Crestien's Arbeit reicht, viel benutzt hat. Außerdem aber nennt er einen andern Gewährsmann, Kyot den Provenzalen, auch Kyot la chantiure (= le chanteor, den Sänger), VIII, 461. Gewöhnlich nimmt man an, daßs Kyot’s Dichtung nach Crestien falle, und stützt sich auf Wolfram’s Worte (XVI, 1201)
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XXVIII EINLEITUNG. Ob von Troys meister Cristjân disem mære hât unreht getán, daz mac wol zürnen Kyôt, der uns diu rehten mære enbôt, sodaß Kyot seinen Vorgänger wegen unrichtiger Sagenüber- lieferung getadelt hätte. Mir scheint der Sinn vielmehr : Kyot hat das Märe richtig überliefert, wenn also Cristian, der Kyot's Werk kennen musste, Entstelltes berichtet, so hat Kyot allerdings Ursache sich darüber zu beschweren. Bei dieser Deutung steht nicht im Wege, in dem von Crestien benutzten Buche kein anderes als Kyot's Werk zu erblicken. Den Dichter nennt Wolfram Kyot, d. h. Guiot; Guiot aber ist keine provenzalische Namenform, sondern nordfranzösische. Gleichwohl spricht in den Namen des Parzival und Titurel manches für einen nicht französischen Ursprung.*) Im Titurel der Name des Hundes Gardevias, prov. Gardavias, franz. wäre es Gardevoies. Freilich in reinem Provenzalisch kann das Gedicht nicht verfasst gewesen sein, sondern in einem jener Mischdialekte, die, den sogenannten mitteldeutschen Mund- arten entsprechend, auf der Grenze des Nord- und Südfran- zösischen lagen. Dann fügt sich auch der Name Guiot, denn in diesen Gegenden kann die französische Namenform schon üblich gewesen sein. Hauptsächlich aber spricht für diese Heimat Guiot’s die Landschaft, in welcher er, und ihm fol- gend Wolfram, die Sage localisierte. Das Geschlecht der Gral- könige sehen wir bei Wolfram mit dem Hause Anjou in Ver- bindung gebracht, und er beruft sich dabei ausdrücklich auf Guiot, der in Anjou die rechte Märe gefunden. Dieser hat nach Wolfram's Angabe eine Chronik citiert, der er jenen Zusammenhang entnahm. Guiot berief sich nach der Sitte seiner Zeit auf eine Chronik, um seiner Aussage Glauben zu verschaffen. Was aber konnte ihn bestimmen, die Sage nach Anjou zu verlegen, wenn er nicht selbst in jener Gegend heimisch war oder einem dort heimischen Gönner seine Hul- digung darbringen wollte? Gerade zu jener Zeit hatte das Haus Anjou zu großem Glanze sich aufgeschwungen. Hein- rich II., der 1154—89 Englands Thron einnahm, war aus diesem Hause, der Sohn des Grafen Gottfried Plantagenet, von dem er 1151 Anjou und Maine erbte. In seinem Dienste *) Vgl. meine Abhandlung über die Eigennamen im Parzival und Titurel im 2. Bde. meiner «Germanistischen Studien" (Wien 1874).
XXVIII EINLEITUNG. Ob von Troys meister Cristjân disem mære hât unreht getán, daz mac wol zürnen Kyôt, der uns diu rehten mære enbôt, sodaß Kyot seinen Vorgänger wegen unrichtiger Sagenüber- lieferung getadelt hätte. Mir scheint der Sinn vielmehr : Kyot hat das Märe richtig überliefert, wenn also Cristian, der Kyot's Werk kennen musste, Entstelltes berichtet, so hat Kyot allerdings Ursache sich darüber zu beschweren. Bei dieser Deutung steht nicht im Wege, in dem von Crestien benutzten Buche kein anderes als Kyot's Werk zu erblicken. Den Dichter nennt Wolfram Kyot, d. h. Guiot; Guiot aber ist keine provenzalische Namenform, sondern nordfranzösische. Gleichwohl spricht in den Namen des Parzival und Titurel manches für einen nicht französischen Ursprung.*) Im Titurel der Name des Hundes Gardevias, prov. Gardavias, franz. wäre es Gardevoies. Freilich in reinem Provenzalisch kann das Gedicht nicht verfasst gewesen sein, sondern in einem jener Mischdialekte, die, den sogenannten mitteldeutschen Mund- arten entsprechend, auf der Grenze des Nord- und Südfran- zösischen lagen. Dann fügt sich auch der Name Guiot, denn in diesen Gegenden kann die französische Namenform schon üblich gewesen sein. Hauptsächlich aber spricht für diese Heimat Guiot’s die Landschaft, in welcher er, und ihm fol- gend Wolfram, die Sage localisierte. Das Geschlecht der Gral- könige sehen wir bei Wolfram mit dem Hause Anjou in Ver- bindung gebracht, und er beruft sich dabei ausdrücklich auf Guiot, der in Anjou die rechte Märe gefunden. Dieser hat nach Wolfram's Angabe eine Chronik citiert, der er jenen Zusammenhang entnahm. Guiot berief sich nach der Sitte seiner Zeit auf eine Chronik, um seiner Aussage Glauben zu verschaffen. Was aber konnte ihn bestimmen, die Sage nach Anjou zu verlegen, wenn er nicht selbst in jener Gegend heimisch war oder einem dort heimischen Gönner seine Hul- digung darbringen wollte? Gerade zu jener Zeit hatte das Haus Anjou zu großem Glanze sich aufgeschwungen. Hein- rich II., der 1154—89 Englands Thron einnahm, war aus diesem Hause, der Sohn des Grafen Gottfried Plantagenet, von dem er 1151 Anjou und Maine erbte. In seinem Dienste *) Vgl. meine Abhandlung über die Eigennamen im Parzival und Titurel im 2. Bde. meiner «Germanistischen Studien" (Wien 1874).
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EINLEITUNG. XXIX wird Guiot, der etwa in dem benachbarten Poitou heimisch war und daher wohl mit einigem Rechte als Provenzale be- zeichnet werden konnte, in der Ubergangsmundart seiner Heimat seinen Parzival gedichtet, zu seiner Verherrlichung die Sage nach Anjou verlegt haben. Die Vermuthung Wackernagel's, der Dichter sei kein anderer als der Dichter der «Bible», Guiot von Provins, scheint mir, wiewohl ich ihr früher beitrat, diesen Gründen gegen- über nicht aufrecht erhalten werden zu können. Noch weniger kann ich mich damit einverstanden erklären, in der Nennung Kyot’s eine Fiction zu erblicken, welche Wolfram für noth- wendig gehalten, um seinem Publikum gegenüber die Ab- weichungen von Crestien zu schützen, da man nach der Tradition der höfischen Dichter im Mittelalter im Stofflichen an die Quelle gebunden war. Allein wir sehen, wie auch im Willehalm Wolfram sich keineswegs streng an die Quelle hält, ohne für nöthig zu erachten, seinen Abweichungen zu Liebe eine andere zu erdichten, und in größserem oder geringerem Mase steht ebenso Hartmann seinen Quellen gegenüber. Auch Gottfried kannte verschiedene Versionen der Tristansage und verhält sich polemisierend zu der einen. So ist auch Wolf- ram's Stellung zu seinen beiden romanischen Vorlagen auf- zufassen. In den zwei ersten Büchern folgt er Guiot, weil hier Crestien ihm keinen Stoff darbot, von da an, wie es scheint, vorzugsweise Crestien, aber wo ihm Guiot's Darstel- lung mehr zusagte, diesem. Wenn Guiot's Werk auch Crestien vorlag, so würde in den meisten Fällen die Ubereinstimmung mit diesem auch ein Zusammentreffen mit jenem bedeuten. Dies wird um so glaublicher daraus, daſ Wolfram in der citierten Stelle offenbar Guiot den Vorzug gibt; stimmt er gleichwohl so vielfach mit Crestien, so beweist das, daß die französischen Dichter meist harmonierten, d. h. daßs das von Crestien benutzte Buch eben Guiot's Werk war. Zweifellos würde, auch wenn das letztere uns erhalten wäre, nicht alles was Wolfram Eigenthümliches hat, sich daraus erklären. Am wenigsten ist zu erwarten, daßs wir jene Beziehungen auf Fridebrand von Schotten, Isenhart, Hiute- ger u. s. w. bei Guiot finden würden. Hier hat vielmehr Wolfram aus deutschen Sagen, wenn nicht mehr, doch wenig. stens die Namen entlehnt, wie aus älteren und gleichzeitigen Dichtungen so manchen, z. B. Morholt von Irland, Riwalin von Lohnoys aus Eilhart's Tristrant, und anderes. Wie Crestien's Werk so erhielt auch Wolfram’s Parzival,
EINLEITUNG. XXIX wird Guiot, der etwa in dem benachbarten Poitou heimisch war und daher wohl mit einigem Rechte als Provenzale be- zeichnet werden konnte, in der Ubergangsmundart seiner Heimat seinen Parzival gedichtet, zu seiner Verherrlichung die Sage nach Anjou verlegt haben. Die Vermuthung Wackernagel's, der Dichter sei kein anderer als der Dichter der «Bible», Guiot von Provins, scheint mir, wiewohl ich ihr früher beitrat, diesen Gründen gegen- über nicht aufrecht erhalten werden zu können. Noch weniger kann ich mich damit einverstanden erklären, in der Nennung Kyot’s eine Fiction zu erblicken, welche Wolfram für noth- wendig gehalten, um seinem Publikum gegenüber die Ab- weichungen von Crestien zu schützen, da man nach der Tradition der höfischen Dichter im Mittelalter im Stofflichen an die Quelle gebunden war. Allein wir sehen, wie auch im Willehalm Wolfram sich keineswegs streng an die Quelle hält, ohne für nöthig zu erachten, seinen Abweichungen zu Liebe eine andere zu erdichten, und in größserem oder geringerem Mase steht ebenso Hartmann seinen Quellen gegenüber. Auch Gottfried kannte verschiedene Versionen der Tristansage und verhält sich polemisierend zu der einen. So ist auch Wolf- ram's Stellung zu seinen beiden romanischen Vorlagen auf- zufassen. In den zwei ersten Büchern folgt er Guiot, weil hier Crestien ihm keinen Stoff darbot, von da an, wie es scheint, vorzugsweise Crestien, aber wo ihm Guiot's Darstel- lung mehr zusagte, diesem. Wenn Guiot's Werk auch Crestien vorlag, so würde in den meisten Fällen die Ubereinstimmung mit diesem auch ein Zusammentreffen mit jenem bedeuten. Dies wird um so glaublicher daraus, daſ Wolfram in der citierten Stelle offenbar Guiot den Vorzug gibt; stimmt er gleichwohl so vielfach mit Crestien, so beweist das, daß die französischen Dichter meist harmonierten, d. h. daßs das von Crestien benutzte Buch eben Guiot's Werk war. Zweifellos würde, auch wenn das letztere uns erhalten wäre, nicht alles was Wolfram Eigenthümliches hat, sich daraus erklären. Am wenigsten ist zu erwarten, daßs wir jene Beziehungen auf Fridebrand von Schotten, Isenhart, Hiute- ger u. s. w. bei Guiot finden würden. Hier hat vielmehr Wolfram aus deutschen Sagen, wenn nicht mehr, doch wenig. stens die Namen entlehnt, wie aus älteren und gleichzeitigen Dichtungen so manchen, z. B. Morholt von Irland, Riwalin von Lohnoys aus Eilhart's Tristrant, und anderes. Wie Crestien's Werk so erhielt auch Wolfram’s Parzival,
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XXX EINLEITUNG. wenngleich äußerlich und innerlich abgeschlossen, eine Fort- setzung, und zwar auf Grundlage des französischen Gedichtes von Manessier. Diese deutsche noch ungedruckte Fortsetzung umfasst ebenso auch Wolfram's Gedicht, wie die französische das Gedicht Crestien's. Die Arbeit wurde auf Kosten des Herrn Ulrich von Rapoltstein im Jahre 1336 vollendet: daran betheiligten sich ein Schreiber, Henselin, zwei tichter, d. h. die Umreimer des franzosischen Textes, Klaus Wißse und Philipp Colin, Goldschmied aus Straßburg, und endlich ein Jude, Samson Pine, der ihnen als Dolmetsch diente. Die Idee, welche schon die französischen Bearbeitungen wenigstens im Keime in den Stoff hineingelegt hatten, wusste Wolfram zu vertiefen und zu vergeistigen. Er fasste den Gegensatz zwischen dem Streben nach weltlicher irdischer Lust (Gawan) und dem Ringen nach dem geistigen himm- lischen Besitze (Parzival, der den Gral sucht) als Grund- gedanken auf. Die Geheimnisse der Gralburg und die ver- hängnissvolle Frage bilden den Mittelpunkt, um welchen der ganze Stoff sich schürzt. Den Zusammenhang, in welchem diese Frage und die davon abhängige Erwerbung des Grals mit dem religiösen Leben des Individuums steht, hat erst Wolfram dargelegt: die französischen Dichter wissen damit nichts anzufangen und verwickeln sich in Widersprüche mit der Idee des Grals. Parzival kommt in die Gralburg, unter- lässt die Frage und wird deshalb von Sigune gescholten. Aber bei den französischen Fortsetzern kommt auch Gawan dahin, und die Scene wiederholt sich. Gawan thut die Frage und doch erhält er nicht das Königthum; der roi pecheur er- widert, er sei dessen nicht würdig, während er doch äußser- lich alle Bedingungen erfüllt hat. Der wahre Grund, wes- wegen er nicht würdig ist, wird nicht erkannt: weil sein Ideal eben nur das weltliche Ritterthum und dessen Herr- lichkeit ist. Wolfram's Parzival ist ein psychologisches Epos ; es zeigt die innere Entwickelung des Menschen, ähnlich wie in dra- matischer Form Goethe's Faust. Parzival ist das Symbol des Menschen, der Gott sucht, aber in Irrthum und auf Abwege geräth, von Gott sich entfernt, der an Gott und dem Glauben irre wird und zur Verzweiflung gelangt. Aber von der Ver- zweiflung findet er Genesung, die Reue erwacht, er besiegt den eigenen Trotz und Hochmuth, er wird demüthig, und nun erst ist er vollkommen würdig, das geistliche Königthum zu erlangen. Er hatte es gefunden, ohne es zu suchen, in der
XXX EINLEITUNG. wenngleich äußerlich und innerlich abgeschlossen, eine Fort- setzung, und zwar auf Grundlage des französischen Gedichtes von Manessier. Diese deutsche noch ungedruckte Fortsetzung umfasst ebenso auch Wolfram's Gedicht, wie die französische das Gedicht Crestien's. Die Arbeit wurde auf Kosten des Herrn Ulrich von Rapoltstein im Jahre 1336 vollendet: daran betheiligten sich ein Schreiber, Henselin, zwei tichter, d. h. die Umreimer des franzosischen Textes, Klaus Wißse und Philipp Colin, Goldschmied aus Straßburg, und endlich ein Jude, Samson Pine, der ihnen als Dolmetsch diente. Die Idee, welche schon die französischen Bearbeitungen wenigstens im Keime in den Stoff hineingelegt hatten, wusste Wolfram zu vertiefen und zu vergeistigen. Er fasste den Gegensatz zwischen dem Streben nach weltlicher irdischer Lust (Gawan) und dem Ringen nach dem geistigen himm- lischen Besitze (Parzival, der den Gral sucht) als Grund- gedanken auf. Die Geheimnisse der Gralburg und die ver- hängnissvolle Frage bilden den Mittelpunkt, um welchen der ganze Stoff sich schürzt. Den Zusammenhang, in welchem diese Frage und die davon abhängige Erwerbung des Grals mit dem religiösen Leben des Individuums steht, hat erst Wolfram dargelegt: die französischen Dichter wissen damit nichts anzufangen und verwickeln sich in Widersprüche mit der Idee des Grals. Parzival kommt in die Gralburg, unter- lässt die Frage und wird deshalb von Sigune gescholten. Aber bei den französischen Fortsetzern kommt auch Gawan dahin, und die Scene wiederholt sich. Gawan thut die Frage und doch erhält er nicht das Königthum; der roi pecheur er- widert, er sei dessen nicht würdig, während er doch äußser- lich alle Bedingungen erfüllt hat. Der wahre Grund, wes- wegen er nicht würdig ist, wird nicht erkannt: weil sein Ideal eben nur das weltliche Ritterthum und dessen Herr- lichkeit ist. Wolfram's Parzival ist ein psychologisches Epos ; es zeigt die innere Entwickelung des Menschen, ähnlich wie in dra- matischer Form Goethe's Faust. Parzival ist das Symbol des Menschen, der Gott sucht, aber in Irrthum und auf Abwege geräth, von Gott sich entfernt, der an Gott und dem Glauben irre wird und zur Verzweiflung gelangt. Aber von der Ver- zweiflung findet er Genesung, die Reue erwacht, er besiegt den eigenen Trotz und Hochmuth, er wird demüthig, und nun erst ist er vollkommen würdig, das geistliche Königthum zu erlangen. Er hatte es gefunden, ohne es zu suchen, in der
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EINLEITUNG. XXXI Herzenseinfalt und Reinheit der Jugend, aber eben in dieser Einfalt den Besitz des höchsten Glückes verscherzt. Das reine Gemüth der Jugend befähigt ihn zum höchsten Besitze; daher vermag Gawan, der diese Herzensreinheit nicht hat, wenn er auch in weltlichem Sinne als ein Ideal des Ritterthums bezeichnet werden kann, den Gral nicht zu erringen, die Gral- burg nicht aufzufinden. Aber erst wenn der Mensch durch das Feuer des Leides, durch innere Trübsal, durch die Nacht des Zweifels hindurchgegangen ist, gelangt er nach Besiegung des Zweifels in den dauernden Besitz. Sündig wie er ist, muſs er in Hochmuth, in Verzweiflung an Gott und an sich selbst fallen; aber gereinigt geht er aus diesen Kämpfen her- vor zum ersehnten Königthum. Nicht im lauten Treiben der Welt findet Parzival den verlorenen Glauben wieder, sondern in der Einsamkeit bei dem Einsiedler Trevrezent, in welchem er seinen Oheim erkennt. Dieser belehrt ihn, daſs Hochmuth und Zweifel den Gral niemals erringen können. Trevrezent erzählt ihm, er selbst habe, wiewohl dem Königsgeschlechte des Grals angehörend, der Würde eines Pflegers entsagt und büßse als Einsiedler; sein Bruder Anfortas, der Gralkönig, habe einst im Kampfe das Feldgeschrei «Amur» ertönen lassen, weltliche Liebe aber zieme dem Gralkönige nicht, daher sei er verwundet worden und schleppe ein krankes Leben dahin, er könne nicht sterben, da er aus dem Anblick des Grals immer neues Leben schöpfe; aus einer Inschrift am Gral wisse man aber, es werde ein Ritter kommen, der die Frage nach dem Grunde der Trauer auf der Gralburg thue, diesem werde Anfortas das Königthum übergeben. Trauernd und doch voll Trost scheidet Parzival von ihm : schwere Proben muß er bestehen, ehe er das Ziel erreicht. Er muſs mit seinem besten Freunde Gawan kämpfen, ohne ihn zu kennen, denn zwischen beiden besteht ein innerer Gegensatz, der zum Austrag kommen muss. Der letzte, schwerste Kampf ist der mit seinem Halbbruder Feirefiz, also mit dem ihm am näch- sten stehenden Menschen. Aber auch hier ist der Kampf motiviert und nothwendig, weil Feirefiz noch Heide ist: der nach Gott ringende Mensch darf auch das Theuerste auf Erden nicht schonen. Mit diesem Kampfe, den er für Gawan be- steht, ist seine Reinigung äußerlich wie innerlich vollzogen, und er darf in die Gralburg zurückkehren, wo er die ver- säumte Frage thut, das Königthum gewinnt und sein Weib und seine beiden Kinder wiederfindet. Der alteste der Söhne, Loherangrin, soll nach ihm Gral-
EINLEITUNG. XXXI Herzenseinfalt und Reinheit der Jugend, aber eben in dieser Einfalt den Besitz des höchsten Glückes verscherzt. Das reine Gemüth der Jugend befähigt ihn zum höchsten Besitze; daher vermag Gawan, der diese Herzensreinheit nicht hat, wenn er auch in weltlichem Sinne als ein Ideal des Ritterthums bezeichnet werden kann, den Gral nicht zu erringen, die Gral- burg nicht aufzufinden. Aber erst wenn der Mensch durch das Feuer des Leides, durch innere Trübsal, durch die Nacht des Zweifels hindurchgegangen ist, gelangt er nach Besiegung des Zweifels in den dauernden Besitz. Sündig wie er ist, muſs er in Hochmuth, in Verzweiflung an Gott und an sich selbst fallen; aber gereinigt geht er aus diesen Kämpfen her- vor zum ersehnten Königthum. Nicht im lauten Treiben der Welt findet Parzival den verlorenen Glauben wieder, sondern in der Einsamkeit bei dem Einsiedler Trevrezent, in welchem er seinen Oheim erkennt. Dieser belehrt ihn, daſs Hochmuth und Zweifel den Gral niemals erringen können. Trevrezent erzählt ihm, er selbst habe, wiewohl dem Königsgeschlechte des Grals angehörend, der Würde eines Pflegers entsagt und büßse als Einsiedler; sein Bruder Anfortas, der Gralkönig, habe einst im Kampfe das Feldgeschrei «Amur» ertönen lassen, weltliche Liebe aber zieme dem Gralkönige nicht, daher sei er verwundet worden und schleppe ein krankes Leben dahin, er könne nicht sterben, da er aus dem Anblick des Grals immer neues Leben schöpfe; aus einer Inschrift am Gral wisse man aber, es werde ein Ritter kommen, der die Frage nach dem Grunde der Trauer auf der Gralburg thue, diesem werde Anfortas das Königthum übergeben. Trauernd und doch voll Trost scheidet Parzival von ihm : schwere Proben muß er bestehen, ehe er das Ziel erreicht. Er muſs mit seinem besten Freunde Gawan kämpfen, ohne ihn zu kennen, denn zwischen beiden besteht ein innerer Gegensatz, der zum Austrag kommen muss. Der letzte, schwerste Kampf ist der mit seinem Halbbruder Feirefiz, also mit dem ihm am näch- sten stehenden Menschen. Aber auch hier ist der Kampf motiviert und nothwendig, weil Feirefiz noch Heide ist: der nach Gott ringende Mensch darf auch das Theuerste auf Erden nicht schonen. Mit diesem Kampfe, den er für Gawan be- steht, ist seine Reinigung äußerlich wie innerlich vollzogen, und er darf in die Gralburg zurückkehren, wo er die ver- säumte Frage thut, das Königthum gewinnt und sein Weib und seine beiden Kinder wiederfindet. Der alteste der Söhne, Loherangrin, soll nach ihm Gral-
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XXXII EINLEITUNG. könig werden. Er wird einer Herzogin von Brabant zu Hülfe gesendet, kommt auf einem von einem Schwane gezogenen Schifflein an, besiegt den Gegner, heirathet die Befreite, aber mit der Bedingung, dafs sie nie nach seiner Herkunft frage. Sie gewinnen Kinder miteinander, die Neugier veranlasst die Frage und er muss fort: der Schwan, der ihn gebracht, er- scheint wieder und führt ihn zurück. Damit ist eine andere Sage in die Gralsage verflochten, die in Flandern heimisch ist und mit der Geschlechtssage von Gottfried von Bouillon zusammenhängt. Es ist die Schwanensage, die ihre breiteste Entfaltung in Frankreich im Chevalier au Cigne gefunden hat. Auch in deutscher selbständiger und von der Gralsage unab- hängiger Bearbeitung kennen wir sie aus Konrad's von Würzburg Schwanritter. Mit der Darstellung bei Wolfram hängt aber aufs innigste ein anderes deutsches Gedicht zusammen, Lohen- grin, das am Ende des 13. Jahrhunderts (um 1290) von einem bairischen Dichter verfasst wurde. Dieser benutzte in Wesentlichen nur die Andeutungen am Schlusse des Parzival und gestaltete daraus mit Hinzuziehung von rein geschicht- lichem Material, indem er Chron’ken in Verse brachte, ein ziemlich umfangreiches Gedicht in einer zehnzeiligen Strophe. die wir auch in einem Theile des Wartburgkrieges finden. Sonach hat Wolfram's Parzival eine doppelte Fortsetzung und Weiterbildung erfahren, die eine in der Bearbeitung des 14. Jahrhunderts nach Manessier, die andere im Lohengrin. Die Grundanschauung des Parzival hatte etwas von der üblichen Auffassung der ritterlichen Dichtung durchaus Ab- weichendes; dieses Hervortreten des geistigen Ritterthums im Gegensatze zum weltlichen finden wir in keinem einzigen Gedichte jener Zeit wieder. Den schärfsten Gegensatz bildet Wolfram zu seinem nicht minder großen dichterischen Zeit- genossen Gottfried von Straßburg. Auch dieser erfasste die Tristansage, die er zum Gegenstande nahm, von ihrer ethi- schen Seite, gelangte aber dadurch zu Resultaten, welche mit der Grundanschauung des Parzival in schroffem Widerspruche stehen. Während im Parzival die Entsagung, das Verzichten auf weltliche Lust und Genußs, allerdings nicht im Sinne eines ascetischen Mönchthums, den Mittelpunkt bildet, während das Festhalten an Glauben und Treue als Norm des Lebens hin- gestellt wird, predigt Gottfried's Tristan gerade die Lehre von der Berechtigung der Leidenschaft und Sinnlichkeit, auch wo sie unsittlich ist wie im Tristan, und weißs diese Lehre mit allem Glanze und Zauber des Geistes und der Poesie
XXXII EINLEITUNG. könig werden. Er wird einer Herzogin von Brabant zu Hülfe gesendet, kommt auf einem von einem Schwane gezogenen Schifflein an, besiegt den Gegner, heirathet die Befreite, aber mit der Bedingung, dafs sie nie nach seiner Herkunft frage. Sie gewinnen Kinder miteinander, die Neugier veranlasst die Frage und er muss fort: der Schwan, der ihn gebracht, er- scheint wieder und führt ihn zurück. Damit ist eine andere Sage in die Gralsage verflochten, die in Flandern heimisch ist und mit der Geschlechtssage von Gottfried von Bouillon zusammenhängt. Es ist die Schwanensage, die ihre breiteste Entfaltung in Frankreich im Chevalier au Cigne gefunden hat. Auch in deutscher selbständiger und von der Gralsage unab- hängiger Bearbeitung kennen wir sie aus Konrad's von Würzburg Schwanritter. Mit der Darstellung bei Wolfram hängt aber aufs innigste ein anderes deutsches Gedicht zusammen, Lohen- grin, das am Ende des 13. Jahrhunderts (um 1290) von einem bairischen Dichter verfasst wurde. Dieser benutzte in Wesentlichen nur die Andeutungen am Schlusse des Parzival und gestaltete daraus mit Hinzuziehung von rein geschicht- lichem Material, indem er Chron’ken in Verse brachte, ein ziemlich umfangreiches Gedicht in einer zehnzeiligen Strophe. die wir auch in einem Theile des Wartburgkrieges finden. Sonach hat Wolfram's Parzival eine doppelte Fortsetzung und Weiterbildung erfahren, die eine in der Bearbeitung des 14. Jahrhunderts nach Manessier, die andere im Lohengrin. Die Grundanschauung des Parzival hatte etwas von der üblichen Auffassung der ritterlichen Dichtung durchaus Ab- weichendes; dieses Hervortreten des geistigen Ritterthums im Gegensatze zum weltlichen finden wir in keinem einzigen Gedichte jener Zeit wieder. Den schärfsten Gegensatz bildet Wolfram zu seinem nicht minder großen dichterischen Zeit- genossen Gottfried von Straßburg. Auch dieser erfasste die Tristansage, die er zum Gegenstande nahm, von ihrer ethi- schen Seite, gelangte aber dadurch zu Resultaten, welche mit der Grundanschauung des Parzival in schroffem Widerspruche stehen. Während im Parzival die Entsagung, das Verzichten auf weltliche Lust und Genußs, allerdings nicht im Sinne eines ascetischen Mönchthums, den Mittelpunkt bildet, während das Festhalten an Glauben und Treue als Norm des Lebens hin- gestellt wird, predigt Gottfried's Tristan gerade die Lehre von der Berechtigung der Leidenschaft und Sinnlichkeit, auch wo sie unsittlich ist wie im Tristan, und weißs diese Lehre mit allem Glanze und Zauber des Geistes und der Poesie
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EINLEITUNG. XXXIII vorzutragen, sodaß der Tristan in noch ganz anderm Sinne ein Ideal des Weltlebens darstellt als Gawan im Parzival. Damit steht Gottfried auf dem Standpunkt der meisten seiner Zeitgenossen, nur hat er es verstanden, das Rohsinnliche des Stoffes zu vergeistigen, wodurch allerdings das Unsittliche der Idee nicht hinweggeräumt wird. Schon im Stoffe ist der Gegensatz zwischen beiden Dich- tern begründet, und daß beide eben nach so verschiedenen Stoffen griffen, ist das Resultat ihrer verschiedenen Gemüths- richtung. Und wie in der Grundanschauung beide Dichter Gegensätze sind, so auch in der poetischen Darstellung: Gottfried ein Muster von Klarheit und Leichtigkeit der Form, von Grazie der Bewegung, spielend und tändelnd mit der Sprache und dem Verse, der wie ein sonnbeglänzter Strom im Thale sanft dahingleitet; Wolfram dunkel und schwer- fallig, mit der Sprache und der Form ringend, seine Verse hart und gedrungen, der Gedanke die Form überwiegend. Seine Bilder sind schwer verständlich, sie verschmähen das Naheliegende und greifen nach scheinbar oder wirklich Para- doxem; Gottfried liebt im allgemeinen die Bilder weniger, aber wenn er sie braucht, sind sie klar und durchsichtig. Die Dunkelheit seiner Ausdrucksweise fühlte Wolfram selbst, er scherzt darüber (Willeh. 237, 11): mîn tiutsch ist etswâ doch sô krump, er mac mir lîhte sîn ze tump, den ich’s niht gâhs bescheide: dâ sûme wir uns beide. Deutlich bezieht sich Gottfried auf den Parzival in der be- kannten literarischen Stelle des Tristan, wo er Wolfram's Ansprüche auf das Lorberreis zurückweist und dieses Hart- mann zuerkennt: Tristan 4636 ff.: swer nû des hasen geselle sî und uf der wortheide hôchsprünge und wîtweide mit bickelworten welle sin und uf daz lôrschapelekîn wân âne volge welle hân, 4640 4636 wie ein Hase: so unstät und springend. — 4638 mit springendem Gedankengange und weit hergeholten Bildern. — 4639 bickelwort, Würfel- wort; fremder, ungewöhnlicher Ausdruck. — 4640 lôrschapelekîn, Lorber- kränzlein. — 4641 wan, Hoffnung, Anspruch; ane volge, ohne Zustimmung anderer. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
EINLEITUNG. XXXIII vorzutragen, sodaß der Tristan in noch ganz anderm Sinne ein Ideal des Weltlebens darstellt als Gawan im Parzival. Damit steht Gottfried auf dem Standpunkt der meisten seiner Zeitgenossen, nur hat er es verstanden, das Rohsinnliche des Stoffes zu vergeistigen, wodurch allerdings das Unsittliche der Idee nicht hinweggeräumt wird. Schon im Stoffe ist der Gegensatz zwischen beiden Dich- tern begründet, und daß beide eben nach so verschiedenen Stoffen griffen, ist das Resultat ihrer verschiedenen Gemüths- richtung. Und wie in der Grundanschauung beide Dichter Gegensätze sind, so auch in der poetischen Darstellung: Gottfried ein Muster von Klarheit und Leichtigkeit der Form, von Grazie der Bewegung, spielend und tändelnd mit der Sprache und dem Verse, der wie ein sonnbeglänzter Strom im Thale sanft dahingleitet; Wolfram dunkel und schwer- fallig, mit der Sprache und der Form ringend, seine Verse hart und gedrungen, der Gedanke die Form überwiegend. Seine Bilder sind schwer verständlich, sie verschmähen das Naheliegende und greifen nach scheinbar oder wirklich Para- doxem; Gottfried liebt im allgemeinen die Bilder weniger, aber wenn er sie braucht, sind sie klar und durchsichtig. Die Dunkelheit seiner Ausdrucksweise fühlte Wolfram selbst, er scherzt darüber (Willeh. 237, 11): mîn tiutsch ist etswâ doch sô krump, er mac mir lîhte sîn ze tump, den ich’s niht gâhs bescheide: dâ sûme wir uns beide. Deutlich bezieht sich Gottfried auf den Parzival in der be- kannten literarischen Stelle des Tristan, wo er Wolfram's Ansprüche auf das Lorberreis zurückweist und dieses Hart- mann zuerkennt: Tristan 4636 ff.: swer nû des hasen geselle sî und uf der wortheide hôchsprünge und wîtweide mit bickelworten welle sin und uf daz lôrschapelekîn wân âne volge welle hân, 4640 4636 wie ein Hase: so unstät und springend. — 4638 mit springendem Gedankengange und weit hergeholten Bildern. — 4639 bickelwort, Würfel- wort; fremder, ungewöhnlicher Ausdruck. — 4640 lôrschapelekîn, Lorber- kränzlein. — 4641 wan, Hoffnung, Anspruch; ane volge, ohne Zustimmung anderer. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
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XXXIV EINLEITUNG. der lâze uns bî dem wâne stân, wir wellen an der kür ouch wesen und gleich darauf, V. 4663: vindære wilder maere, der mære wildenæere, die mit den ketenen liegent und stumpfe sinne triegent, die golt von swachen sachen den kinden kunnen machen und ûz der bühsen giezen stoubîne mergriezen, die bernt uns mit dem stocke schate, niht mit dem grüenen meienblate, mit zwîgen noch mit esten. ir schate der tuot den gesten vil selten in den ougen wol. op man der wârheit jehen sol, dane gât niht guotes muotes van, dane lît niht herzelustes an: ir rede is niht alsô gevar, daz edele herze iht lache dar. die selben wildenæere si müezen tiutære mit ir mæeren lâzen gân: wir enmugen ir dâ nâch niht verstân. als man si hoeret unde siht; sone hân wir ouch der mouze niht, daz wir die glôse suochen in den swarzen buochen. 4665 4670 4675 4680 4685 Auf diesen Angriff bezieht sich Wolfram im Eingang seines Willehalm (4, 19 ff.): Ich Wolfram von Eschenbach, swaz ich von Parzivâl gesprach, 20 4643 der lasse uns bei dem Anspruch auch ein Wörtchen mitreden. 4664 wildenœre, Jäger. — 4665 mit Zauberketten Kunststücke machen. 4667 swach, werthlos. — 4670 stoubîn, von Staub. — mergrieze, Perle. — 4675 vil selten, niemals. — 4677 van, von, mit da zu verbinden. — 4679 gevar, beschaffen. — 4680 lache dar, sich lachend dahin wende. — 4682 tiutœre, Deuter, Ausleger. — 4684 dâ nâch, mit als zu verbinden: nach dem was sie uns zu hören und zu sehen geben. — 4687 glôse, Auslegung. — 4688 in Zauberbüchern.
XXXIV EINLEITUNG. der lâze uns bî dem wâne stân, wir wellen an der kür ouch wesen und gleich darauf, V. 4663: vindære wilder maere, der mære wildenæere, die mit den ketenen liegent und stumpfe sinne triegent, die golt von swachen sachen den kinden kunnen machen und ûz der bühsen giezen stoubîne mergriezen, die bernt uns mit dem stocke schate, niht mit dem grüenen meienblate, mit zwîgen noch mit esten. ir schate der tuot den gesten vil selten in den ougen wol. op man der wârheit jehen sol, dane gât niht guotes muotes van, dane lît niht herzelustes an: ir rede is niht alsô gevar, daz edele herze iht lache dar. die selben wildenæere si müezen tiutære mit ir mæeren lâzen gân: wir enmugen ir dâ nâch niht verstân. als man si hoeret unde siht; sone hân wir ouch der mouze niht, daz wir die glôse suochen in den swarzen buochen. 4665 4670 4675 4680 4685 Auf diesen Angriff bezieht sich Wolfram im Eingang seines Willehalm (4, 19 ff.): Ich Wolfram von Eschenbach, swaz ich von Parzivâl gesprach, 20 4643 der lasse uns bei dem Anspruch auch ein Wörtchen mitreden. 4664 wildenœre, Jäger. — 4665 mit Zauberketten Kunststücke machen. 4667 swach, werthlos. — 4670 stoubîn, von Staub. — mergrieze, Perle. — 4675 vil selten, niemals. — 4677 van, von, mit da zu verbinden. — 4679 gevar, beschaffen. — 4680 lache dar, sich lachend dahin wende. — 4682 tiutœre, Deuter, Ausleger. — 4684 dâ nâch, mit als zu verbinden: nach dem was sie uns zu hören und zu sehen geben. — 4687 glôse, Auslegung. — 4688 in Zauberbüchern.
Strana XXXV
EINLEITUNG. XXXV des sîn âventiur mîch wiste, etslich man daz prîste: ir was ouch vil, die’z smæhten und baz ir rede wæhten. Wir sehen daraus, daß Gottfried nicht der einzige Tadler war. Dennoch hat ihm seine Gedankentiefe schon bei den Zeit- genossen, und mehr noch bei den Späteren hohen Ruhm ein- getragen; gerade das Unverständliche und Dunkele seiner Ausdrucksweise erregte die Bewunderung. Was bei ihm nur Ausflufs seiner Individualität war, wurde von den Nachahmern aufgegriffen und als sein wahres Wesen betrachtet. Sie trifft das Schiller'sche Wort Wie er sich räuspert, wie er spuckt, Das habt ihr ihm glücklich abgeguckt in vollem Maße. Daher ist Wolfram's Einfluſs auf die deutsche Poesie kein günstiger gewesen; seine Nachahmer leiden an Schwulst und Geschraubtheit sowie an der Einmischung prunkender Gelehrsamkeit. So namentlich der Dichter des Jüngeren Titurel, so Lohengrin und der Wartburgkrieg, und unter den Lyrikern Frauenlob. Auch die beiden Fortsetzer des Willehalm und Reinbot vom Turn im heiligen Georg suchen es ihm nachzumachen. Gottfried's Schüler dagegen verfallen in den Fehler der Geschwätzigkeit und Redseligkeit. so Rudolf von Ems und mehr noch Konrad von Würzburg; indessen förderte seine Schule Leichtigkeit und Gewandtheit des Ausdrucks und hat unserer altdeutschen Poesie nicht so sehr geschadet wie jene bombastisch hohlen Nachahmer. Gleichwohl müssen wir wiederholen, dafs an Tiefe der Idee keine epische Dichtung an Wolfram's Parzival heranreicht, und gern werden wir in diesem Sinne Wirnt's von Gravenberg Ausspruch zu dem unsrigen machen: Leien munt nie baz gesprach. Ursprünglich war es Pfeiffer's Absicht, selbst den Parzival für seine Sammlung zu bearbeiten. Doch sprach er, da er sich leidend fühlte, schon mehrere Jahre vor seinem Tode den Wunsch aus, daß ich die Arbeit ihm abnehmen möchte, und sandte mir ein halbes Jahr ehe er starb das von ihm ge- sammelte Material. Dasselbe besteht wesentlich in neuen 21 wozu mich die Erzählung von ihm veranlasste. — 24 wœhen, für schön halten: und die ihre Rede, ihre Werke für schöner hielten.
EINLEITUNG. XXXV des sîn âventiur mîch wiste, etslich man daz prîste: ir was ouch vil, die’z smæhten und baz ir rede wæhten. Wir sehen daraus, daß Gottfried nicht der einzige Tadler war. Dennoch hat ihm seine Gedankentiefe schon bei den Zeit- genossen, und mehr noch bei den Späteren hohen Ruhm ein- getragen; gerade das Unverständliche und Dunkele seiner Ausdrucksweise erregte die Bewunderung. Was bei ihm nur Ausflufs seiner Individualität war, wurde von den Nachahmern aufgegriffen und als sein wahres Wesen betrachtet. Sie trifft das Schiller'sche Wort Wie er sich räuspert, wie er spuckt, Das habt ihr ihm glücklich abgeguckt in vollem Maße. Daher ist Wolfram's Einfluſs auf die deutsche Poesie kein günstiger gewesen; seine Nachahmer leiden an Schwulst und Geschraubtheit sowie an der Einmischung prunkender Gelehrsamkeit. So namentlich der Dichter des Jüngeren Titurel, so Lohengrin und der Wartburgkrieg, und unter den Lyrikern Frauenlob. Auch die beiden Fortsetzer des Willehalm und Reinbot vom Turn im heiligen Georg suchen es ihm nachzumachen. Gottfried's Schüler dagegen verfallen in den Fehler der Geschwätzigkeit und Redseligkeit. so Rudolf von Ems und mehr noch Konrad von Würzburg; indessen förderte seine Schule Leichtigkeit und Gewandtheit des Ausdrucks und hat unserer altdeutschen Poesie nicht so sehr geschadet wie jene bombastisch hohlen Nachahmer. Gleichwohl müssen wir wiederholen, dafs an Tiefe der Idee keine epische Dichtung an Wolfram's Parzival heranreicht, und gern werden wir in diesem Sinne Wirnt's von Gravenberg Ausspruch zu dem unsrigen machen: Leien munt nie baz gesprach. Ursprünglich war es Pfeiffer's Absicht, selbst den Parzival für seine Sammlung zu bearbeiten. Doch sprach er, da er sich leidend fühlte, schon mehrere Jahre vor seinem Tode den Wunsch aus, daß ich die Arbeit ihm abnehmen möchte, und sandte mir ein halbes Jahr ehe er starb das von ihm ge- sammelte Material. Dasselbe besteht wesentlich in neuen 21 wozu mich die Erzählung von ihm veranlasste. — 24 wœhen, für schön halten: und die ihre Rede, ihre Werke für schöner hielten.
Strana XXXVI
XXXVI EINLEITUNG. Vergleichungen der beiden Haupthandschriften, der St.-Galler und Münchener. Hinzu verglichen habe ich die Handschriften in Wien, Dresden und Heidelberg, die zu der Klasse D ge- hören. Das werthvolle Material, das Pfeiffer außerdem in seinem «Quellenmaterial» geliefert, lag daneben bereit, und so war ich für die Kritik des Textes hinreichend ausgerüstet. Die glänzende Leistung Lachmann's, nach meiner Überzeugung die bedeutendste auf altdeutschem Gebiete, musste meine Grundlage sein. Daſs ich gleichwohl nicht selten Anlaßs hatte. von seinem Texte abzuweichen, wird kaum befremden. Die meisten Abweichungen wird man auf sprachlichem Gebiete finden; aber auch die Textgestaltung hat hoffentlich manche Besserung erfahren, manche Willkür vermieden. Wegen der Verwandtschaft des Stoffes habe ich die Titurel- Bruchstücke hinzugefügt; außser den beiden sie enthaltenden Handschriften, der Münchener und Ambraser, ist ihre Uber- arbeitung im Jüngeren Titurel nach mehreren Handschriften benutzt worden. Auch sind ihnen die beiden Fragmente eingereiht, welche nur in überarbeiteter Gestalt uns erhalten sind und wegen deren ich auf die obenerwähnte Abhandlung (Germania 13, 1 ff.) verweise. Diese Ausgabe ist der erste Versuch, den ganzen Parzival fortlaufend zu commentieren. Wer die Schwierigkeiten kennt, die Wolfram's Eigenthümlichkeit dem Verständniss entgegen- setzt, der wird nicht erwarten, daß alle Räthsel gelöst, alle Pfade geebnet sind. Pfeiffer’s Rath und treue Hülfe habe ich oft schmerzlich vermisst; die Wissenschaft hätte nur gewinnen können, wenn er zur Ausführung seiner ursprünglichen Ab- sicht gelangt wäre. In seinem Sinne das Buch zu vollenden war mein Streben; daßs der Erfolg nicht zu weit hinter dem Streben zurückgeblieben sei, ist der Wunsch, mit dem ich des großsen Dichters Meisterwerk den Freunden unserer alt- deutschen Poesie übergebe. Bei der zweiten Auflage sind namentlich die Anmerkungen einer sorgfältigen Durchsicht unterzogen worden. Dankbar bin ich für manche Anregung und Förderung der Abhandlung H. Pauls im 2. Bde. seiner «Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur", die theils den Anmer- kungen theils dem Texte zu Gute gekommen ist. HEIDELBERG, Ostersonntag 1875. KARL BARTSCH.
XXXVI EINLEITUNG. Vergleichungen der beiden Haupthandschriften, der St.-Galler und Münchener. Hinzu verglichen habe ich die Handschriften in Wien, Dresden und Heidelberg, die zu der Klasse D ge- hören. Das werthvolle Material, das Pfeiffer außerdem in seinem «Quellenmaterial» geliefert, lag daneben bereit, und so war ich für die Kritik des Textes hinreichend ausgerüstet. Die glänzende Leistung Lachmann's, nach meiner Überzeugung die bedeutendste auf altdeutschem Gebiete, musste meine Grundlage sein. Daſs ich gleichwohl nicht selten Anlaßs hatte. von seinem Texte abzuweichen, wird kaum befremden. Die meisten Abweichungen wird man auf sprachlichem Gebiete finden; aber auch die Textgestaltung hat hoffentlich manche Besserung erfahren, manche Willkür vermieden. Wegen der Verwandtschaft des Stoffes habe ich die Titurel- Bruchstücke hinzugefügt; außser den beiden sie enthaltenden Handschriften, der Münchener und Ambraser, ist ihre Uber- arbeitung im Jüngeren Titurel nach mehreren Handschriften benutzt worden. Auch sind ihnen die beiden Fragmente eingereiht, welche nur in überarbeiteter Gestalt uns erhalten sind und wegen deren ich auf die obenerwähnte Abhandlung (Germania 13, 1 ff.) verweise. Diese Ausgabe ist der erste Versuch, den ganzen Parzival fortlaufend zu commentieren. Wer die Schwierigkeiten kennt, die Wolfram's Eigenthümlichkeit dem Verständniss entgegen- setzt, der wird nicht erwarten, daß alle Räthsel gelöst, alle Pfade geebnet sind. Pfeiffer’s Rath und treue Hülfe habe ich oft schmerzlich vermisst; die Wissenschaft hätte nur gewinnen können, wenn er zur Ausführung seiner ursprünglichen Ab- sicht gelangt wäre. In seinem Sinne das Buch zu vollenden war mein Streben; daßs der Erfolg nicht zu weit hinter dem Streben zurückgeblieben sei, ist der Wunsch, mit dem ich des großsen Dichters Meisterwerk den Freunden unserer alt- deutschen Poesie übergebe. Bei der zweiten Auflage sind namentlich die Anmerkungen einer sorgfältigen Durchsicht unterzogen worden. Dankbar bin ich für manche Anregung und Förderung der Abhandlung H. Pauls im 2. Bde. seiner «Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur", die theils den Anmer- kungen theils dem Texte zu Gute gekommen ist. HEIDELBERG, Ostersonntag 1875. KARL BARTSCH.
Strana XXXVII
INHALT. Seite Einleitung . . . V PARZIVAL. Erstes Buch. Gahmuret und Belakane . Zweites Buch. 68 Gahmuret und Herzeloide Drittes Buch. Parzival's Jugend und Eintritt ins Leben 126 Viertes Buch. 191 Parzival und Condwiramurs . . . . Fünftes Buch. Parzival kommt zum Gral. 235 . . . . Sechstes Buch. Parzival an Artus' Hofe 298 . . . . 3
INHALT. Seite Einleitung . . . V PARZIVAL. Erstes Buch. Gahmuret und Belakane . Zweites Buch. 68 Gahmuret und Herzeloide Drittes Buch. Parzival's Jugend und Eintritt ins Leben 126 Viertes Buch. 191 Parzival und Condwiramurs . . . . Fünftes Buch. Parzival kommt zum Gral. 235 . . . . Sechstes Buch. Parzival an Artus' Hofe 298 . . . . 3
Strana XXXVIII
Strana 1
PARZIVAL. WOLFR 2. Aufl.
PARZIVAL. WOLFR 2. Aufl.
Strana 2
Strana 3
ERSTES BUCH. GAHMURET UND BELAKANE. 1. In der Einleitung warnt der Dichter vor Zweifel gegen Gott und Un- treue gegen die Menschen, räth treu zu sein und vor dem Untreuen sich zu hüten. Auch die Frauen sollen nur dem Getreuen ihre Liebe schenken und selbst treu sein. Abbrechend geht er auf die Vorgeschichte seines Helden über. Sein Vater Gahmuret, Sohn König Gandin’s von Anjou, als Jüngerer Sohn erblos, zieht wohlausgerüstet auf Abenteuer aus. Er dient dem Khalifen von Bagdad in dessen Kriegen und kommt dann nach Zaza- manc, wo Königin Belakane, die Mohrin, von den Verwandten ihres, wie man glaubt, durch sie ums Leben gekommenen Liebhabers Isenhart be- lagert wird. Er wird von der Königin um Hilfe angefleht, verheißst die- selbe und nimmt Herberge bei dem Burggrafen, mit dem er die Befesti- gungswerke besichtigt. Die Königin sucht ihn beim Essen auf und bedient ihn dabei. In Minnesehnsucht und Kampflust verbringt er schlaflos die Nacht. Am andern Morgen reitet er in den Kampf und besiegt die Ersten des feindlichen Heeres. Zurückgekehrt hält er Beilager mit Belakane und gewinnt durch sie ihr Königreich. Er gibt seine Gefangenen frei, erhält ein kostbares Zelt, das Isenhart gehört hatte, und man verspricht ihm, dessen Waffen aus Schottland zu holen. Isenhart wird bestattet. Gahmuret sehnt sich von der Mohrin weg nach Ritterschaft, hinterläfst ihr einen Brief, der den Grund seiner Abreise und seine Abstammung enthält, und stiehlt sich zu Schiffe weg, indem er Isenhart’s Zelt mitnimmt. Belakane gebiert einen Knaben, der weißs und schwarz wie eine Elster ist und Feirefiz genannt wird. Gahmuret trifft auf dem Meere die aus Schottland mit der Rüstung kommenden Boten und nimmt ihnen dieselbe ab. Er landet in Sevilla. 1 1st zwîvel herzen nâhgebur, daz muoz der sêle werden sûr. gesmæhet unde gezieret ist, swâ sich parrieret 1 zwivel, einerseits Verzweiflung (an Gott), andererseits Schwanken, Unbeständigkeit, Untreue. Ist diese des Herzens Nachbar (nâhgebûr, der nahe wohnende, von bûwen, bauen, wohnen), das mußs der Seele schlimm bekommen, zum Verderben gereichen. — 3 gesmœhet unde gezieret partic. statt der Subst. smœhe und zierde: Schmach und Zierde, Schande und Ehre ist beisammen. wo. — 4 parrieren, vom franz, parier, gleichstellen, Verschiedenes nebeneinander stellen: wo unverzagter Mannessinn sich mit dem Gegentheil verbindet. — 1
ERSTES BUCH. GAHMURET UND BELAKANE. 1. In der Einleitung warnt der Dichter vor Zweifel gegen Gott und Un- treue gegen die Menschen, räth treu zu sein und vor dem Untreuen sich zu hüten. Auch die Frauen sollen nur dem Getreuen ihre Liebe schenken und selbst treu sein. Abbrechend geht er auf die Vorgeschichte seines Helden über. Sein Vater Gahmuret, Sohn König Gandin’s von Anjou, als Jüngerer Sohn erblos, zieht wohlausgerüstet auf Abenteuer aus. Er dient dem Khalifen von Bagdad in dessen Kriegen und kommt dann nach Zaza- manc, wo Königin Belakane, die Mohrin, von den Verwandten ihres, wie man glaubt, durch sie ums Leben gekommenen Liebhabers Isenhart be- lagert wird. Er wird von der Königin um Hilfe angefleht, verheißst die- selbe und nimmt Herberge bei dem Burggrafen, mit dem er die Befesti- gungswerke besichtigt. Die Königin sucht ihn beim Essen auf und bedient ihn dabei. In Minnesehnsucht und Kampflust verbringt er schlaflos die Nacht. Am andern Morgen reitet er in den Kampf und besiegt die Ersten des feindlichen Heeres. Zurückgekehrt hält er Beilager mit Belakane und gewinnt durch sie ihr Königreich. Er gibt seine Gefangenen frei, erhält ein kostbares Zelt, das Isenhart gehört hatte, und man verspricht ihm, dessen Waffen aus Schottland zu holen. Isenhart wird bestattet. Gahmuret sehnt sich von der Mohrin weg nach Ritterschaft, hinterläfst ihr einen Brief, der den Grund seiner Abreise und seine Abstammung enthält, und stiehlt sich zu Schiffe weg, indem er Isenhart’s Zelt mitnimmt. Belakane gebiert einen Knaben, der weißs und schwarz wie eine Elster ist und Feirefiz genannt wird. Gahmuret trifft auf dem Meere die aus Schottland mit der Rüstung kommenden Boten und nimmt ihnen dieselbe ab. Er landet in Sevilla. 1 1st zwîvel herzen nâhgebur, daz muoz der sêle werden sûr. gesmæhet unde gezieret ist, swâ sich parrieret 1 zwivel, einerseits Verzweiflung (an Gott), andererseits Schwanken, Unbeständigkeit, Untreue. Ist diese des Herzens Nachbar (nâhgebûr, der nahe wohnende, von bûwen, bauen, wohnen), das mußs der Seele schlimm bekommen, zum Verderben gereichen. — 3 gesmœhet unde gezieret partic. statt der Subst. smœhe und zierde: Schmach und Zierde, Schande und Ehre ist beisammen. wo. — 4 parrieren, vom franz, parier, gleichstellen, Verschiedenes nebeneinander stellen: wo unverzagter Mannessinn sich mit dem Gegentheil verbindet. — 1
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4 ERSTES BUCH. unverzaget mannes muot, als agelestern varwe tuot. der mac dennoch wesen geil: wand’ an ime sint beidiu teil, des himeles und der helle. der unstæte geselle hât die swarzen varwe gar, und wirt och nâh der vinster var : sô habet sich an die blanken der mit stâtén gedanken. diz fliegénde bispel ist tumben liuten gar ze snel, sine mugen's niht erdenken; wand' ez kan vor in wenken rehte alsam ein schellec hase. zin anderhalp ame glase gelîchent und des blinden troum: die gebent antlitzes roum. doh mac mit stæte niht gesîn dirre trüebe lihte schîn : er machet kurze fröude alwâr. wer roufet mich dâ nie kein hâr 10 15 20 5 25 6 agelester swf., Elster : wie die Gegensätze schwarz und weißs bei ihr sich finden. — 7 der, mit Bezug auf 5; der so Schwankende kann doch noch fröhlich sein. — geil, wild, ausgelassen, fröhlich. — 8 teil stn., Theil, An- theil : er hat an beiden, Himmel und Hölle, Antheil, kann beide noch er- langen. — 10 der Genoß der Untreue aber hat ganz schwarze Farbe. — 12 och, geschwächt aus ouch. — var adj., farbig, gefärbt : farbig wie die Finsterniss. — 13 sô, andererseits, dagegen. — habet sich, hält sich. —blanken sw. acc. sing. fem. (sc. varwe), von blanc, weiſs. — 14 state, adj., beständig, treu: der treu gegen Gott und Menschen gesinnt ist. — 15 bîspel stn., Gleichniss. — fliegende nimmt das snel der folgenden Zeile vorweg : weil es fliegt. — 16 tump, unerfahren, einfältig. Der Unerfahrene hat noch nicht die Macht des Zweifels erfahren. — 17 sine, sie nicht. — mugen, vermögen. — 's für es gen. von niht abhängig, das Subst. ist (nichts davon, es durchaus nicht); erdenken, ausdenken, begreifen. — 18 wande, wand', want, wan, denn, weil. — wenken swv., wanken, entweichen. — 19 rehte alsam, geradeso wie. — schellec, aufgeschreckt durch Schall. — 20 anderhalp, auf der andern Seite (halp stf., Seite) ; ame = an deme, aneme, anme, am. Gemeint ist der Spiegel. Megenberg 480, 22 : man verzint auch diu spiegelglas und tempert si mit zin. — 21 gelîchenen, ahd. kilíchinôn (Graff 2, 118), gleich, ähnlich machen, ein Abbild hervorrufen. Das Bild des Spiegels ist nicht das wirkliche, ist ein Scheinbild; ebenso spiegelt der Traum dem Blinden ein Bild vor, er dünkt sich im Traume sehend. — 22 roum stm., Vorstellung, Bild; Grund- bedeutung ist Oberfläche (vgl. milchroum). Vgl. VI, 1722. Wie der Spiegel und der Traum des Blinden, so täuscht auch der Untreue. — 23 stœte stf., Beständigkeit, Dauer: kann nicht von Dauer sein. — 24 lîhte adj., leicht wiegend, flüchtig, vergänglich. — 25 alwâr, ahd. alawâr (Graff 1, 916), wahrlich; nicht adj. zu fröude. — 26 wer, Fragesatz, lebhafter als ein Relativsatz; ebenso I, 68. 1322. Ein neues Bild: wer mich da rauft, wo mir kein Haar wächst, auf der Innenseite meiner Hand, der ver- steht sich auf nahe Griffe. Wer mich da angreift, wo ich ihm keinen
4 ERSTES BUCH. unverzaget mannes muot, als agelestern varwe tuot. der mac dennoch wesen geil: wand’ an ime sint beidiu teil, des himeles und der helle. der unstæte geselle hât die swarzen varwe gar, und wirt och nâh der vinster var : sô habet sich an die blanken der mit stâtén gedanken. diz fliegénde bispel ist tumben liuten gar ze snel, sine mugen's niht erdenken; wand' ez kan vor in wenken rehte alsam ein schellec hase. zin anderhalp ame glase gelîchent und des blinden troum: die gebent antlitzes roum. doh mac mit stæte niht gesîn dirre trüebe lihte schîn : er machet kurze fröude alwâr. wer roufet mich dâ nie kein hâr 10 15 20 5 25 6 agelester swf., Elster : wie die Gegensätze schwarz und weißs bei ihr sich finden. — 7 der, mit Bezug auf 5; der so Schwankende kann doch noch fröhlich sein. — geil, wild, ausgelassen, fröhlich. — 8 teil stn., Theil, An- theil : er hat an beiden, Himmel und Hölle, Antheil, kann beide noch er- langen. — 10 der Genoß der Untreue aber hat ganz schwarze Farbe. — 12 och, geschwächt aus ouch. — var adj., farbig, gefärbt : farbig wie die Finsterniss. — 13 sô, andererseits, dagegen. — habet sich, hält sich. —blanken sw. acc. sing. fem. (sc. varwe), von blanc, weiſs. — 14 state, adj., beständig, treu: der treu gegen Gott und Menschen gesinnt ist. — 15 bîspel stn., Gleichniss. — fliegende nimmt das snel der folgenden Zeile vorweg : weil es fliegt. — 16 tump, unerfahren, einfältig. Der Unerfahrene hat noch nicht die Macht des Zweifels erfahren. — 17 sine, sie nicht. — mugen, vermögen. — 's für es gen. von niht abhängig, das Subst. ist (nichts davon, es durchaus nicht); erdenken, ausdenken, begreifen. — 18 wande, wand', want, wan, denn, weil. — wenken swv., wanken, entweichen. — 19 rehte alsam, geradeso wie. — schellec, aufgeschreckt durch Schall. — 20 anderhalp, auf der andern Seite (halp stf., Seite) ; ame = an deme, aneme, anme, am. Gemeint ist der Spiegel. Megenberg 480, 22 : man verzint auch diu spiegelglas und tempert si mit zin. — 21 gelîchenen, ahd. kilíchinôn (Graff 2, 118), gleich, ähnlich machen, ein Abbild hervorrufen. Das Bild des Spiegels ist nicht das wirkliche, ist ein Scheinbild; ebenso spiegelt der Traum dem Blinden ein Bild vor, er dünkt sich im Traume sehend. — 22 roum stm., Vorstellung, Bild; Grund- bedeutung ist Oberfläche (vgl. milchroum). Vgl. VI, 1722. Wie der Spiegel und der Traum des Blinden, so täuscht auch der Untreue. — 23 stœte stf., Beständigkeit, Dauer: kann nicht von Dauer sein. — 24 lîhte adj., leicht wiegend, flüchtig, vergänglich. — 25 alwâr, ahd. alawâr (Graff 1, 916), wahrlich; nicht adj. zu fröude. — 26 wer, Fragesatz, lebhafter als ein Relativsatz; ebenso I, 68. 1322. Ein neues Bild: wer mich da rauft, wo mir kein Haar wächst, auf der Innenseite meiner Hand, der ver- steht sich auf nahe Griffe. Wer mich da angreift, wo ich ihm keinen
Strana 5
GAHMURET UND BELAKANE. 5 2 gewuohs, innèn an mîner hant ? der hât vil nâhe griffe erkant. spriche ih gein den vorhten och, daz glîchet mîner witze doch. wil ich triuwe vinden aldâ sie kan verswinden, als fiwer in dem brunnen und daz tóu vón der sunnen?" och erkande ich nie sô wîsen man, er’n möhte gerne künde hân, welher stiure disiu mære gerent und waz sie guoter lêre werent. dar an sie niemer des verzagent, beidìu sie vliehent unde jagent, sie 'ntwîchent unde kêrent, sie lasterent und êrent. swer mit disen schanzen allen kan, an dem hât Witze wol getân, der sih niht versitzet noch vergêt und sich anders wol verstêt. valsch geselleclîcher muot ist zem hellefiure guot, 30 35 40 45 Angriffspunkt biete, der ist sehr gefährlich: wieder mit Bezug auf den Untreuen, Falschen. — 28 nahe, von nach adj., nahegehend, gefährlich. — hat erkant, hat gelernt, versteht sich darauf. — 29 gein den vorhten (dat. pl.), gegenüber solcher Furcht (vor einem solchen Falschen). — ich hier und im Folgenden im allgemeinen Sinne. — och interj. des Schreckens, ach. — 30 gelichen, glîchen swv., gleich sein, entsprechen. — witze stf., Ver- stand: so entspricht das meinem Verstande, zeigt von Verstand, ist ver- nünftig und natürlich. — 31 wil ich, werde ich, oder Umschreibung des Conjunctivs, kann ich. — 32 aldâ, dort wo. — ich kan, ich verstehe mich darauf, es liegt in meiner Natur. — 33 fiwer stn., Feuer; brunne swm., Quell, Wasser. — 34 tou stn., Thau. — von, die Ursache bezeichnend. — 35. 36 ich habe noch nie einen noch so erfahrenen Mann kennen gelernt, der nicht gern wissen möchte: jeder erfahrene Mann wird gern wissen wollen. — 36 er’n (er en) möhte, er möchte denn: einschränkender Satz mit en und dem Conjunctiv. — künde stf., Kunde. — 37 stiure, stf., Führung. — disiu mare (stn.), diese Sprüche: welche Führung, Lebensweise diese Gleichnisse verlangen. — 38 waz guoter lêre, welche gute Lehren: sie werent, sie gewähren. — 39 sie, die wîsen. — verzagen, muthlos werden, ermüden : dar an, in Beziehung auf diese Sprüche, auf das darin Gelehrte, läßt der weise Mann nie davon ab, sowohl zu fliehen (die Untreue) als nachzujagen (der Treue). — 40 beidiu (neutr.) — und, sowohl — als auch. — 41. 42 auch hier sind als Objecte Treue und Untreue zu denken. — 41 sie ntwíchent = sic entwichent. — kéren, sich wenden. — 42 lasteren, gewöhnl. lastern, die Ehre nehmen. — 43 schanze (franz. chance, altfranz. cheance), Wechselfall, Gegensatz. — kan mit, sich versteht auf. — 44 Witze, persön- lich. Weisheit: an dem hat Weisheit das Ihrige gethan. — 45 sich versitzen, zu lange sitzen bleiben und dadurch versäumen. — sich vergên, zuweit gehen. — 46 sich verstên, verständig sein, wortspielend mit sitzen und gên. — anders, im Ubrigen. — 47 die Gesinnung eines falschen gesellen. — 48 ist guot zem, verhilft (ihm) zum. — zem = ze dem. — hellefiur stn., Feuer der Hölle. —
GAHMURET UND BELAKANE. 5 2 gewuohs, innèn an mîner hant ? der hât vil nâhe griffe erkant. spriche ih gein den vorhten och, daz glîchet mîner witze doch. wil ich triuwe vinden aldâ sie kan verswinden, als fiwer in dem brunnen und daz tóu vón der sunnen?" och erkande ich nie sô wîsen man, er’n möhte gerne künde hân, welher stiure disiu mære gerent und waz sie guoter lêre werent. dar an sie niemer des verzagent, beidìu sie vliehent unde jagent, sie 'ntwîchent unde kêrent, sie lasterent und êrent. swer mit disen schanzen allen kan, an dem hât Witze wol getân, der sih niht versitzet noch vergêt und sich anders wol verstêt. valsch geselleclîcher muot ist zem hellefiure guot, 30 35 40 45 Angriffspunkt biete, der ist sehr gefährlich: wieder mit Bezug auf den Untreuen, Falschen. — 28 nahe, von nach adj., nahegehend, gefährlich. — hat erkant, hat gelernt, versteht sich darauf. — 29 gein den vorhten (dat. pl.), gegenüber solcher Furcht (vor einem solchen Falschen). — ich hier und im Folgenden im allgemeinen Sinne. — och interj. des Schreckens, ach. — 30 gelichen, glîchen swv., gleich sein, entsprechen. — witze stf., Ver- stand: so entspricht das meinem Verstande, zeigt von Verstand, ist ver- nünftig und natürlich. — 31 wil ich, werde ich, oder Umschreibung des Conjunctivs, kann ich. — 32 aldâ, dort wo. — ich kan, ich verstehe mich darauf, es liegt in meiner Natur. — 33 fiwer stn., Feuer; brunne swm., Quell, Wasser. — 34 tou stn., Thau. — von, die Ursache bezeichnend. — 35. 36 ich habe noch nie einen noch so erfahrenen Mann kennen gelernt, der nicht gern wissen möchte: jeder erfahrene Mann wird gern wissen wollen. — 36 er’n (er en) möhte, er möchte denn: einschränkender Satz mit en und dem Conjunctiv. — künde stf., Kunde. — 37 stiure, stf., Führung. — disiu mare (stn.), diese Sprüche: welche Führung, Lebensweise diese Gleichnisse verlangen. — 38 waz guoter lêre, welche gute Lehren: sie werent, sie gewähren. — 39 sie, die wîsen. — verzagen, muthlos werden, ermüden : dar an, in Beziehung auf diese Sprüche, auf das darin Gelehrte, läßt der weise Mann nie davon ab, sowohl zu fliehen (die Untreue) als nachzujagen (der Treue). — 40 beidiu (neutr.) — und, sowohl — als auch. — 41. 42 auch hier sind als Objecte Treue und Untreue zu denken. — 41 sie ntwíchent = sic entwichent. — kéren, sich wenden. — 42 lasteren, gewöhnl. lastern, die Ehre nehmen. — 43 schanze (franz. chance, altfranz. cheance), Wechselfall, Gegensatz. — kan mit, sich versteht auf. — 44 Witze, persön- lich. Weisheit: an dem hat Weisheit das Ihrige gethan. — 45 sich versitzen, zu lange sitzen bleiben und dadurch versäumen. — sich vergên, zuweit gehen. — 46 sich verstên, verständig sein, wortspielend mit sitzen und gên. — anders, im Ubrigen. — 47 die Gesinnung eines falschen gesellen. — 48 ist guot zem, verhilft (ihm) zum. — zem = ze dem. — hellefiur stn., Feuer der Hölle. —
Strana 6
6 ERSTES BUCH. und ist hôher werdekeit ein hagel. sin triuwe hât sô kurzen zagel, daz sie den dritten biz niht galt, fuor sie mit bremen in den walt. 50 3 Dise mániger slahte underbint iedoch niht gar von manne sint. für diu wîp stôze ih disiu zil. swelhiu min râten merken wil, diu sol wizzen war sie kère ir pris und ir êre, und wem sie dâ nâch sî bereit minne und ir werdekeit, sô daz sie niht geriuwe ir kiusche und ir triuwe. vor gote ich guoten wîben bite, daz in réhtiu mâze volge mite. scham ist ein slôz ob allen siten: ich endarf in niht mêr heiles biten. diu valsche erwirbet valschen pris. wie stæte ist ein dünnez îs, daz ougestheize sunnen hât?" 55 60 65 49 werdekeit stf., Würde, Ansehen, Ehre. — hagel, bildl. für: schlägt da- nieder. — 50 die Treue des Falschen. Im Folgenden denkt sich W das Bild eines Rindes, welches im Walde von Bremsen verfolgt und gestochen wird, und weil sein Schwanz zu kurz ist, sich nicht gegen alle Stiche wehren kann : wie hier der Schwanz, so reicht die Treue des Falschen nicht aus. — zagel, stm. Schwanz. — 51 den dritten biz niht, kaum den dritten Stich. — galt, vergalt, mit einem Schlage des Schwanzes. Die Præt, galt und fuor deuten auf eine Thierfabel, welche diesen Gegenstand behandelte. — 52 sie, die Treue, die dem Rinde verglichen wird. — breme swm., Bremse (zu bremen, summen). 53 slahte stf., Art: maniger slahte (gen.), mancherlei. — underbint stn. (dise für disiu), Unterschied, Gegensatz. — 54 niht gar, nicht gänzlich, nicht allein. — von manne sint, handeln vom Manne, beziehen sich auf ihn. — 55 stôzen für, aufstecken, aufstellen vor jemand hin (acc.) : auch für die Frauen stelle ich diese Ziele, diese Vorschriften, nach denen sie sich rich- ten sollen, hin. — 56 swelhiu fem. von swelh, welcher immer. Das Femi- ninum steht dem Sinne nach, auf wîp bezüglich. Auch die Frauen haben auf Treue und Untreue zu achten, namentlich daßs ihre Liebe keinem Un- würdigen zu Theil werde. — 57 war, wohin, sie wende, wem sie zuwende. — 60 minne und werdekeit gen., von bereit abhängig: gegen wen sie bereit- willig sein kann zu Minne und Achtung : wem sie ihre Minne und Achtung bereitwillig geben kann. — 61 geriuwen stv., gereuen. — 62 kiusche stf., Keuschheit. — 63 vor gote, vor Gottes Angesicht; guoten wiben dat., für gute Frauen. — 64 mâze stf., Masshalten. — volge mite, beiwohne, zuge- sellt sei. — 65 slôz stn., Schlofs, das über etwas (ob) gelegt wird, es also einschließt : Schamhaftigkeit schliefst alle Tugend eines Weibes in sich, ist ihre höchste Tugend. — 66 ich endarf, ich bedarf nicht, brauche nicht; in dat. pl., für sie; mêr heiles biten, ein höheres Glück zu erbitten. — 67 valsche, soviel als unstate, Untreue. — prîs, Preis, Ehre. — 68 vgl. zu 26. — 69 ougestheiz adj., heifs wie im August. — sunne swf., Sonne. —
6 ERSTES BUCH. und ist hôher werdekeit ein hagel. sin triuwe hât sô kurzen zagel, daz sie den dritten biz niht galt, fuor sie mit bremen in den walt. 50 3 Dise mániger slahte underbint iedoch niht gar von manne sint. für diu wîp stôze ih disiu zil. swelhiu min râten merken wil, diu sol wizzen war sie kère ir pris und ir êre, und wem sie dâ nâch sî bereit minne und ir werdekeit, sô daz sie niht geriuwe ir kiusche und ir triuwe. vor gote ich guoten wîben bite, daz in réhtiu mâze volge mite. scham ist ein slôz ob allen siten: ich endarf in niht mêr heiles biten. diu valsche erwirbet valschen pris. wie stæte ist ein dünnez îs, daz ougestheize sunnen hât?" 55 60 65 49 werdekeit stf., Würde, Ansehen, Ehre. — hagel, bildl. für: schlägt da- nieder. — 50 die Treue des Falschen. Im Folgenden denkt sich W das Bild eines Rindes, welches im Walde von Bremsen verfolgt und gestochen wird, und weil sein Schwanz zu kurz ist, sich nicht gegen alle Stiche wehren kann : wie hier der Schwanz, so reicht die Treue des Falschen nicht aus. — zagel, stm. Schwanz. — 51 den dritten biz niht, kaum den dritten Stich. — galt, vergalt, mit einem Schlage des Schwanzes. Die Præt, galt und fuor deuten auf eine Thierfabel, welche diesen Gegenstand behandelte. — 52 sie, die Treue, die dem Rinde verglichen wird. — breme swm., Bremse (zu bremen, summen). 53 slahte stf., Art: maniger slahte (gen.), mancherlei. — underbint stn. (dise für disiu), Unterschied, Gegensatz. — 54 niht gar, nicht gänzlich, nicht allein. — von manne sint, handeln vom Manne, beziehen sich auf ihn. — 55 stôzen für, aufstecken, aufstellen vor jemand hin (acc.) : auch für die Frauen stelle ich diese Ziele, diese Vorschriften, nach denen sie sich rich- ten sollen, hin. — 56 swelhiu fem. von swelh, welcher immer. Das Femi- ninum steht dem Sinne nach, auf wîp bezüglich. Auch die Frauen haben auf Treue und Untreue zu achten, namentlich daßs ihre Liebe keinem Un- würdigen zu Theil werde. — 57 war, wohin, sie wende, wem sie zuwende. — 60 minne und werdekeit gen., von bereit abhängig: gegen wen sie bereit- willig sein kann zu Minne und Achtung : wem sie ihre Minne und Achtung bereitwillig geben kann. — 61 geriuwen stv., gereuen. — 62 kiusche stf., Keuschheit. — 63 vor gote, vor Gottes Angesicht; guoten wiben dat., für gute Frauen. — 64 mâze stf., Masshalten. — volge mite, beiwohne, zuge- sellt sei. — 65 slôz stn., Schlofs, das über etwas (ob) gelegt wird, es also einschließt : Schamhaftigkeit schliefst alle Tugend eines Weibes in sich, ist ihre höchste Tugend. — 66 ich endarf, ich bedarf nicht, brauche nicht; in dat. pl., für sie; mêr heiles biten, ein höheres Glück zu erbitten. — 67 valsche, soviel als unstate, Untreue. — prîs, Preis, Ehre. — 68 vgl. zu 26. — 69 ougestheiz adj., heifs wie im August. — sunne swf., Sonne. —
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GAHMURET UND BELAKANE. ir lop vil balde alsus zergât. manec wîbes schone an lobe ist breit: ist dâ daz herze conterfeit, die lobe ich als ich solde daz safer ime golde. ich enhân daz niht für lihtiu dinc, swer in den kranken messinc verwurket edelen rubîn und al die âventiure sin. dem glîche ih rehten wîbes muot : diu ir wipheit rehte tuot, dane sol ich varwe prüeven niht, noch ir hérzen dach, daz man siht. ist s' inrehalp der brust bewart, so ist werder pris dâ niht verschart. 75 80 70 Solt’ ich nu wip unde man ze rehte prüeven als ih kan, dâ füere ein langez mæere mite. nu hort dirre âventiure site. diu lât iuch wizzen beide von liebe und von leide: 4 froude und angest vert tâ bî. nu lât mîn eines wesen drî, 85 90 70 vil adv., gar, sehr. — alsus, ganz ebenso. — 71 manec zu schœne, wir würden maneges erwarten. — an lobe ist breit, wird weit und breit gelobt. — 72 dà, bei einem solchen schönen Weibe. — conterfeit, franz. contre- fait, nachgemacht, falsch. — 73 die, die Schönheit : lobe ich (ebensowenig) als ich (loben) würde. — 74 safer stn., Saflor, blauer Glasflußs aus Kobalt, also: ein nachgemachter Edelstein : wenn man diesen in Gold fassen würde, was nur einem echten Edelstein zukommt. — 75 han, aus haben, halte. — lihte, geringfügig: für etwas Geringfügiges. — 76 swer, wenn jemand. — kranc, schwach, werthlos. — 77 verwurken swv., verarbeiten, fassen. — 78 àventiure stf., Begebenheit, glückliche Begebenheit, Glück ; alles Glück, das der Rubin verleiht. — 79 dem, dem Rubin. — glîchen, vergleichen. — muot. Gesinnung, Sinn. — 80 wipheit ist Dat.; diejenige welche ihrer Weib- lichkeit entsprechend handelt. — 81 da, bei der, an der. — sol ich, werde ich. — varwe sti., das Aufsere. — prüeven, beurtheilen: auf deren Außseres werde ich nicht achten. — 82 ir herzen dach, das Dach ihres Herzens, die Leibeshülle. — 83 inrehalb, innerhalb. — bewart, wohl versehen: fehlt es ihr nicht an innerem Werthe. — 84 wert, hochgehalten. — dà, an ihr. — verschart part. von verscherten, verletzen, verderben. 86 ze rehte, in rechter Weise, wie es sich gebührt. — als ih kan, wie ich es verstehe. — 87 das würde eine lange Geschichte werden. Er bricht die allgemeinen Betrachtungen ab und wendet sich zu seinem Stoffe. — 88 aventiure, Erzählung. — dirre gen. sing. fem., dieser (nom. masc. dirre).— site stm., Art. — 89 lât 3. præes. von lazen, làn stv., lassen. — beide — und, wie 40. — 90 licbe stf., Annehmlichkeit, Freude. — 91 angest, Sorge. cert tà (für dà, und häufig im Anlaute t und p für d und b) bi, geht neben der Erzählung her. — 92 nu làt, nun lafst, nun nehmt an, es seien auch drei von solchen wie ich einer bin. —
GAHMURET UND BELAKANE. ir lop vil balde alsus zergât. manec wîbes schone an lobe ist breit: ist dâ daz herze conterfeit, die lobe ich als ich solde daz safer ime golde. ich enhân daz niht für lihtiu dinc, swer in den kranken messinc verwurket edelen rubîn und al die âventiure sin. dem glîche ih rehten wîbes muot : diu ir wipheit rehte tuot, dane sol ich varwe prüeven niht, noch ir hérzen dach, daz man siht. ist s' inrehalp der brust bewart, so ist werder pris dâ niht verschart. 75 80 70 Solt’ ich nu wip unde man ze rehte prüeven als ih kan, dâ füere ein langez mæere mite. nu hort dirre âventiure site. diu lât iuch wizzen beide von liebe und von leide: 4 froude und angest vert tâ bî. nu lât mîn eines wesen drî, 85 90 70 vil adv., gar, sehr. — alsus, ganz ebenso. — 71 manec zu schœne, wir würden maneges erwarten. — an lobe ist breit, wird weit und breit gelobt. — 72 dà, bei einem solchen schönen Weibe. — conterfeit, franz. contre- fait, nachgemacht, falsch. — 73 die, die Schönheit : lobe ich (ebensowenig) als ich (loben) würde. — 74 safer stn., Saflor, blauer Glasflußs aus Kobalt, also: ein nachgemachter Edelstein : wenn man diesen in Gold fassen würde, was nur einem echten Edelstein zukommt. — 75 han, aus haben, halte. — lihte, geringfügig: für etwas Geringfügiges. — 76 swer, wenn jemand. — kranc, schwach, werthlos. — 77 verwurken swv., verarbeiten, fassen. — 78 àventiure stf., Begebenheit, glückliche Begebenheit, Glück ; alles Glück, das der Rubin verleiht. — 79 dem, dem Rubin. — glîchen, vergleichen. — muot. Gesinnung, Sinn. — 80 wipheit ist Dat.; diejenige welche ihrer Weib- lichkeit entsprechend handelt. — 81 da, bei der, an der. — sol ich, werde ich. — varwe sti., das Aufsere. — prüeven, beurtheilen: auf deren Außseres werde ich nicht achten. — 82 ir herzen dach, das Dach ihres Herzens, die Leibeshülle. — 83 inrehalb, innerhalb. — bewart, wohl versehen: fehlt es ihr nicht an innerem Werthe. — 84 wert, hochgehalten. — dà, an ihr. — verschart part. von verscherten, verletzen, verderben. 86 ze rehte, in rechter Weise, wie es sich gebührt. — als ih kan, wie ich es verstehe. — 87 das würde eine lange Geschichte werden. Er bricht die allgemeinen Betrachtungen ab und wendet sich zu seinem Stoffe. — 88 aventiure, Erzählung. — dirre gen. sing. fem., dieser (nom. masc. dirre).— site stm., Art. — 89 lât 3. præes. von lazen, làn stv., lassen. — beide — und, wie 40. — 90 licbe stf., Annehmlichkeit, Freude. — 91 angest, Sorge. cert tà (für dà, und häufig im Anlaute t und p für d und b) bi, geht neben der Erzählung her. — 92 nu làt, nun lafst, nun nehmt an, es seien auch drei von solchen wie ich einer bin. —
Strana 8
8 ERSTES BUCH. der feslîcher sunder phlege daz mîner künste widerwege: dar zuo gehôrte wilder funt, op sie iu gerne tæten kunt daz ich iu eine künden wil. sie heten árbéite vil. ein mære ih iu wil niuwen, daz sagt von grôzen triuwen, wiplîchez wibes reht, und mannes manheit alsô sleht, diu sich gein herte nie gebouc. sîn herze in dar an niht betrouc, er stahel, swa er ze strîte quam sîn hant dâ sigelîchen nam vil manegen lobelichen pris. er küene, trâclîche wîs, (den helt ich alsus grüeze) er wibes ougen süeze, und dâ bi wîbes herzen suht, vor missewende ein wâriu fluht. den ich hie zuo hân erkoren, er ist mæereshalp noch ungeboren, 95 100 105 110 93 ieslich, ieglich, jeglich. — sunder adv., abgesondert, für sich. — phlege conj. præes. von phlegen (mit gen.), in seiner Gewalt haben: der Gen. (des) ist vor dem Relat. daz, was, zu ergänzen. — 94 widerwegen, aufwiegen, das Gegengewicht halten; künste dat. sing. — 95 wilder funt, fremdartige, seltene Erfindungskraft. — 96 op, ob, obe, wenn. — iu dat. pl., euch. — gerne, leicht, ohne Mühe (vgl. gut und gerne). — 97 daz, dasjenige was ; eine, allein. — 98 arbeite gen. von arbeit, Mühe, Noth. — vil mit dem Gen. verbunden. — 99 mœre stn., Kunde, Sage, Erzählung. — niuwen swv., er- neuern, neu (= zum ersten Male) erzählen. — 101 wîplîch, wie es einem Weibe zukommt. — reht, gebührendes Benehmen. — 102 sleht adj., gerade, ungebeugt. — 103 diu relat., wo man nach alsô einen Satz mit daz er- wartet: dafs sie sich. — gein contrahiert aus gegen, gegenüber (mit dat.). — herte stf., Härte, hier: harter Kampf. — gebouc præt. von gebiegen, beugen. — 104 sein Herz betrog ihn nicht daran, in der Erwartung : statt des Satzes mit daz steht V. 106 wieder ein unabhängiger. — 105 er stahel, außer der Construction stehend: ihn, der wie Stahl war. — swâ, wo immer: hier ohne Längezeichen, weil mit er zu verschleifen. — quam præet. zu quemen, gewöhnl. komen. — 106 sigelîchen adv., in siegender Weise. — nam, nahm in Empfang, erwarb. — 108 er, er der war. — trâclîche, träge, langsam: der erst allmählich zur Erfahrung kam. — 109 den helt, den Helden meiner Erzählung. — alsus, mit dieser Bezeich- nung. — 111 suht stf., Krankheit: er machte manches Weiberherz krank. — 112 missewende stf., Abwenden vom Rechten. — ein wâriu fluht, er floh in Wahrheit jedes Unrecht. — 113 hie zuo, zu einem so begabten Helden. — 114 mareshalp, von seiten der Erzählung: denn seine Geburt wird erst am Schluß des 2. Buches erzählt. —
8 ERSTES BUCH. der feslîcher sunder phlege daz mîner künste widerwege: dar zuo gehôrte wilder funt, op sie iu gerne tæten kunt daz ich iu eine künden wil. sie heten árbéite vil. ein mære ih iu wil niuwen, daz sagt von grôzen triuwen, wiplîchez wibes reht, und mannes manheit alsô sleht, diu sich gein herte nie gebouc. sîn herze in dar an niht betrouc, er stahel, swa er ze strîte quam sîn hant dâ sigelîchen nam vil manegen lobelichen pris. er küene, trâclîche wîs, (den helt ich alsus grüeze) er wibes ougen süeze, und dâ bi wîbes herzen suht, vor missewende ein wâriu fluht. den ich hie zuo hân erkoren, er ist mæereshalp noch ungeboren, 95 100 105 110 93 ieslich, ieglich, jeglich. — sunder adv., abgesondert, für sich. — phlege conj. præes. von phlegen (mit gen.), in seiner Gewalt haben: der Gen. (des) ist vor dem Relat. daz, was, zu ergänzen. — 94 widerwegen, aufwiegen, das Gegengewicht halten; künste dat. sing. — 95 wilder funt, fremdartige, seltene Erfindungskraft. — 96 op, ob, obe, wenn. — iu dat. pl., euch. — gerne, leicht, ohne Mühe (vgl. gut und gerne). — 97 daz, dasjenige was ; eine, allein. — 98 arbeite gen. von arbeit, Mühe, Noth. — vil mit dem Gen. verbunden. — 99 mœre stn., Kunde, Sage, Erzählung. — niuwen swv., er- neuern, neu (= zum ersten Male) erzählen. — 101 wîplîch, wie es einem Weibe zukommt. — reht, gebührendes Benehmen. — 102 sleht adj., gerade, ungebeugt. — 103 diu relat., wo man nach alsô einen Satz mit daz er- wartet: dafs sie sich. — gein contrahiert aus gegen, gegenüber (mit dat.). — herte stf., Härte, hier: harter Kampf. — gebouc præt. von gebiegen, beugen. — 104 sein Herz betrog ihn nicht daran, in der Erwartung : statt des Satzes mit daz steht V. 106 wieder ein unabhängiger. — 105 er stahel, außer der Construction stehend: ihn, der wie Stahl war. — swâ, wo immer: hier ohne Längezeichen, weil mit er zu verschleifen. — quam præet. zu quemen, gewöhnl. komen. — 106 sigelîchen adv., in siegender Weise. — nam, nahm in Empfang, erwarb. — 108 er, er der war. — trâclîche, träge, langsam: der erst allmählich zur Erfahrung kam. — 109 den helt, den Helden meiner Erzählung. — alsus, mit dieser Bezeich- nung. — 111 suht stf., Krankheit: er machte manches Weiberherz krank. — 112 missewende stf., Abwenden vom Rechten. — ein wâriu fluht, er floh in Wahrheit jedes Unrecht. — 113 hie zuo, zu einem so begabten Helden. — 114 mareshalp, von seiten der Erzählung: denn seine Geburt wird erst am Schluß des 2. Buches erzählt. —
Strana 9
GAHMURET UND BELAKANE. 9 5 dem man dirre âventiure giht, und wunders vil des dran geschiht. Sie pflegent's noh als man's dô pflac, swâ lît und walhsch gerihte lac. des pfliget och tiuscher erde ein ort: daz habet ir âne mich gehôrt. swer ie dâ pflac der lande, der gebôt wol âne schande (daz ist ein wârheit sunder wân) daz der áldest bruoder solde hân sîns vater ganzen erbeteil. daz was der jungern únhéil, daz in der tôt die pflihte brach als in ir vater lében verjách. dâ vor was ez gemeine : sus hât'z der alter eine. daz schuof iedoch ein wîse man, daz alter guot solde hân. jugent hât vil werdekeit, daz alter siuften unde leit. ez enwart nie niht als unfruot, sô áltér und armuot. künege, grâven, hérzógen, (daz sag' ich iu für ungelogen) 120 125 130 135 115 115 gilt 3. præes. von jehen stv., einem eines dinges, von einem etwas aus- sagen, es ihm beilegen: von dem man diese Erzählung berichtet. — 116 wunders vil, viel Wunderbares; des Attract. für des daz; dran = an der aventiure. 117 pflegen mit gen., im Gebrauch haben; 's = es, gen. von ez, es. — noch — dô, noch heutzutage — damals, in alter Zeit. — als, wie. — 118 lît und lac entspricht dem pflegent und pftac; das Subj. steht bei dem zweiten Verbum. Die Erklärung von lît = lit de justice ist zu verwerfen. — walhsch = walhisch, wälsch; im Reime auch walsch VII, 577. — 119 tiusch = tiutsch, deutsch. — ein, ein und der andere, mancher. — ort stn., Winkel, Gegend. — 120 àne mich, ohne mich, d. h. schon vor mir. — 121 dâ, in diesen wäl- schen Gegenden. — 122 âne schande, ohne daß ihn deswegen Schande, Vorwurf träfe. — 124 aldest superl. von alt. — 125 vater gen., nicht vaters. — 126 der jungern, der jüngeren Söhne. — 127 die pflihte acc. pl., Gemein- schaft. Antheil. — brach, unterbrach, entzog. — 128 als statt des Relativ. = der (pflihte), wie wir "wo" auch brauchen statt "welcher". — der von rerjach abhängig; verjehen stv., zugestehen, einräumen: den ihnen ihres Vaters Leben eingeräumt hatte. — 129 dâ vor, vorher; gemeine, gemein- schaftlich. — 130 sus, auf diese (ebengenannte) Weise. — 131 schuof, ver- fügte, verordnete. — 132 daſs das Alter Besitz haben sollte. — 133 werde- keit, werthvolle Eigenschaften, Vorzüge. — 134 siuften swv., seufzen. — 135 en— nie niht, dreifache Negation : verstärkend : nie und nimmer etwas. — als, so. — fruot, gesund, munter, verständig; unfruot, ungesund, traurig. — 136 sô, wie. — 138 für ungelogen, als etwas nicht Erlogenes, in Wahrheit. —
GAHMURET UND BELAKANE. 9 5 dem man dirre âventiure giht, und wunders vil des dran geschiht. Sie pflegent's noh als man's dô pflac, swâ lît und walhsch gerihte lac. des pfliget och tiuscher erde ein ort: daz habet ir âne mich gehôrt. swer ie dâ pflac der lande, der gebôt wol âne schande (daz ist ein wârheit sunder wân) daz der áldest bruoder solde hân sîns vater ganzen erbeteil. daz was der jungern únhéil, daz in der tôt die pflihte brach als in ir vater lében verjách. dâ vor was ez gemeine : sus hât'z der alter eine. daz schuof iedoch ein wîse man, daz alter guot solde hân. jugent hât vil werdekeit, daz alter siuften unde leit. ez enwart nie niht als unfruot, sô áltér und armuot. künege, grâven, hérzógen, (daz sag' ich iu für ungelogen) 120 125 130 135 115 115 gilt 3. præes. von jehen stv., einem eines dinges, von einem etwas aus- sagen, es ihm beilegen: von dem man diese Erzählung berichtet. — 116 wunders vil, viel Wunderbares; des Attract. für des daz; dran = an der aventiure. 117 pflegen mit gen., im Gebrauch haben; 's = es, gen. von ez, es. — noch — dô, noch heutzutage — damals, in alter Zeit. — als, wie. — 118 lît und lac entspricht dem pflegent und pftac; das Subj. steht bei dem zweiten Verbum. Die Erklärung von lît = lit de justice ist zu verwerfen. — walhsch = walhisch, wälsch; im Reime auch walsch VII, 577. — 119 tiusch = tiutsch, deutsch. — ein, ein und der andere, mancher. — ort stn., Winkel, Gegend. — 120 àne mich, ohne mich, d. h. schon vor mir. — 121 dâ, in diesen wäl- schen Gegenden. — 122 âne schande, ohne daß ihn deswegen Schande, Vorwurf träfe. — 124 aldest superl. von alt. — 125 vater gen., nicht vaters. — 126 der jungern, der jüngeren Söhne. — 127 die pflihte acc. pl., Gemein- schaft. Antheil. — brach, unterbrach, entzog. — 128 als statt des Relativ. = der (pflihte), wie wir "wo" auch brauchen statt "welcher". — der von rerjach abhängig; verjehen stv., zugestehen, einräumen: den ihnen ihres Vaters Leben eingeräumt hatte. — 129 dâ vor, vorher; gemeine, gemein- schaftlich. — 130 sus, auf diese (ebengenannte) Weise. — 131 schuof, ver- fügte, verordnete. — 132 daſs das Alter Besitz haben sollte. — 133 werde- keit, werthvolle Eigenschaften, Vorzüge. — 134 siuften swv., seufzen. — 135 en— nie niht, dreifache Negation : verstärkend : nie und nimmer etwas. — als, so. — fruot, gesund, munter, verständig; unfruot, ungesund, traurig. — 136 sô, wie. — 138 für ungelogen, als etwas nicht Erlogenes, in Wahrheit. —
Strana 10
10 ERSTES BUCH. daz die dâ huobe enterbet sint unz an daz éltéste kint, daz ist ein fremdiu zeche. der kiusche und der vreche, Gahmuret der wigant, verlôs sus bürge unde lant, dâ sîn vater schône truoc zepter unde krône mit grôzer küneclîcher kraft, unz er lac tôt an riterschaft. 140 145 6 Dô klagete man in sêre. die ganzen triuwe und êre brâht’ er unze an sînen tôt. sîn alter sun für sich gebôt den fürsten územ riche. die kômen riterlîche, wan sie ze rehte solden hân von ime grôz lêhen sunder wân. dô sie ze hove wâren komen unde ir réht was vernomen, daz se ir lèhen alle enpfiengen, nu horet wie si'z ane geviengen. sie gerten, als ir triuwe riet, rîch und arme, gar diu diet, einer kránken ernstlîcher bete, daz der künec an Gahmurete 150 155 160 139 huobe stf., Hufe, Grundbesitz; hier gen. — 140 unz an, bis auf, aus- genommen. — 141 fremde, sonderbar. — zeche stf., Reihenfolge, Ordnung, Einrichtung. — 142 kiusche adj., masshaltend, anständig. — vrech, begierig, strebsam, muthig. — 143 wigant, altes Partic., kämpfend, Kämpfer, Held. — 144 verlôs præt. von verliesen stv., verlieren. — bürge pl. von burc stf. — 145 dâ, wo, in welchen. — schône adv., stattlich. — 148 unz conj., bis. — an rîterschaft, in ritterlichem Kampfe. 149 klagen mit acc., beklagen. sêre adv., schmerzlich (zu sêr, Schmerz), sehr. — 150 ganzen sw. acc. sing. fem. von ganz, unverletzt. — 151 braht, führte (mit sich), bewahrte. — 152 alter compar. von alt, ohne Umlaut, wie der Superl. (124). — für sich gebôt, gebot vor ihn (zu kommen). — 153 ûzem = ûz dem, aus dem. — 154 kômen præet. pl. von komen (für quamen, kamen): zu I, 105. — 155 ze rehte, rechtmäſsig. — 156 ime, vollere und ältere Form von im. — sunder wàn, ohne Zweifel: gehört zu solden hân. — 157 do, als, da; dagegen dâ, dort, wo. — komen part., nie gekomen. — 158 und man ihre Rechtsansprüche vernommen hatte. — 159 daz, so daſs, in Folge dessen. — se, geschwächt aus si, sie. — 160 ane gevâhen, anfangen, an- stellen. — 161 gern, geren swv., begehren; mit gen., hier bete stf., Bitte: sprachen eine Bitte aus. — als = alse, alsô, wie; auch so (135). — 162 gar. ganz und gar, sämmtlich. — diet stf., Volk. — 163 kranc, schwach, ge- ringfügig; ernstlîch, aufrichtig gemeint. —
10 ERSTES BUCH. daz die dâ huobe enterbet sint unz an daz éltéste kint, daz ist ein fremdiu zeche. der kiusche und der vreche, Gahmuret der wigant, verlôs sus bürge unde lant, dâ sîn vater schône truoc zepter unde krône mit grôzer küneclîcher kraft, unz er lac tôt an riterschaft. 140 145 6 Dô klagete man in sêre. die ganzen triuwe und êre brâht’ er unze an sînen tôt. sîn alter sun für sich gebôt den fürsten územ riche. die kômen riterlîche, wan sie ze rehte solden hân von ime grôz lêhen sunder wân. dô sie ze hove wâren komen unde ir réht was vernomen, daz se ir lèhen alle enpfiengen, nu horet wie si'z ane geviengen. sie gerten, als ir triuwe riet, rîch und arme, gar diu diet, einer kránken ernstlîcher bete, daz der künec an Gahmurete 150 155 160 139 huobe stf., Hufe, Grundbesitz; hier gen. — 140 unz an, bis auf, aus- genommen. — 141 fremde, sonderbar. — zeche stf., Reihenfolge, Ordnung, Einrichtung. — 142 kiusche adj., masshaltend, anständig. — vrech, begierig, strebsam, muthig. — 143 wigant, altes Partic., kämpfend, Kämpfer, Held. — 144 verlôs præt. von verliesen stv., verlieren. — bürge pl. von burc stf. — 145 dâ, wo, in welchen. — schône adv., stattlich. — 148 unz conj., bis. — an rîterschaft, in ritterlichem Kampfe. 149 klagen mit acc., beklagen. sêre adv., schmerzlich (zu sêr, Schmerz), sehr. — 150 ganzen sw. acc. sing. fem. von ganz, unverletzt. — 151 braht, führte (mit sich), bewahrte. — 152 alter compar. von alt, ohne Umlaut, wie der Superl. (124). — für sich gebôt, gebot vor ihn (zu kommen). — 153 ûzem = ûz dem, aus dem. — 154 kômen præet. pl. von komen (für quamen, kamen): zu I, 105. — 155 ze rehte, rechtmäſsig. — 156 ime, vollere und ältere Form von im. — sunder wàn, ohne Zweifel: gehört zu solden hân. — 157 do, als, da; dagegen dâ, dort, wo. — komen part., nie gekomen. — 158 und man ihre Rechtsansprüche vernommen hatte. — 159 daz, so daſs, in Folge dessen. — se, geschwächt aus si, sie. — 160 ane gevâhen, anfangen, an- stellen. — 161 gern, geren swv., begehren; mit gen., hier bete stf., Bitte: sprachen eine Bitte aus. — als = alse, alsô, wie; auch so (135). — 162 gar. ganz und gar, sämmtlich. — diet stf., Volk. — 163 kranc, schwach, ge- ringfügig; ernstlîch, aufrichtig gemeint. —
Strana 11
GAHMURET UND BELAKANE. 11 165 bruoderlîche triuwe mêrte, und sih selben êrte, dáz er ín niht gar verstieze, únde im sînes landes lieze hantgemâlde, daz man mohte sehen dâ von der hêrre müese jehen sins námen und sîner vriheit. daz was dem künege niht ze leit: er sprach «ir kunnet mâze gern: ich wil iuch des und fürbaz wern. wan nennet ihr den bruoder mîn Gáhmurét Anschevin? Anschouwe ist mîn lant : dâ wesen beide von genant.» 170 175 Sus sprach der künec hêre. «mîn bruoder der mac sich mêre 7 der stæten helfe an mich versehen, denn' ich sô gâhes welle jehen. er sol mîn ingesinde sîn. deiswâr ich tuon iu allen schîn daz uns beide èin muoter truoc. er hât wênc, und ich genuoc : daz sol im teilen sô min hant, dês min saelde niht si pfant vor dem der gît unde nimet: 180 185 165 mren swv., gröfser machen, ausdehnen, erweitern. — 169 hantgemalde stn.. Handzeichen; dann ein Grundstück, von welchem ein schöffenbar Freier sein Handzeichen als Hauszeichen führt, freies Gut; davon hängt sines landes ab. — 169 fg. daßs man sehen könnte, wovon er seinen Namen und seinen Freistand benennen dürfte. — 172 niht ze leit, nichts weniger als unlieb, sehr lieb. — 173 ihr versteht mässige Forderungen zu machen; maze ist Gen. — 174 wern einen eines dinges, jemand etwas gewähren: des und fürbaz, das und noch mehr. — fürbaz, eigentl. besser, weiter hinaus. — 175 wan, im Fragesatze : warum nicht ? Er braucht keinen neuen Namen von einem ihm gehörigen Grundbesitz anzunehmen. — 178 wesen 1. pl. conj., wir wollen sein. — dâ mit von zu verbinden, danach. 179 Sus, so: auf das Vorausgegangene zu beziehen. — hér adj., hehr, erhaben. — 180 mêre, in weiterer Ausdehnung. — 181 helfe stf., Hülfe. — sich verschen mit gen. und an (mit acc.), etwas von einem erwarten. — 182 denne, danne, dan nach dem Compar., als. — sô gâhes, so in der Eile; yàhes adv. gen. von gâch. — welle jehen, sagen möchte oder könnte. — 183 ingesinde swm., einer aus dem ingesinde (stn.), Hausgenosse. — 184 deiswar aus daz ist wàr, fürwahr, wahrlich. — schîn tuon, offenbar (schin adj.), machen, zeigen. — 186 wênc aus wênec; genuoc bezeichnet mehr als unser "genug"; es will sagen: reichlich. — 187 teilen, vertheilen. — 188 des = dae es, dass dessen, dass dafür. — solde stf., Glück, von Gott verliehen. — sî pfant, Pfand sei, verpfändet sei, mir geraubt werde. — 189 git contrahiert aus gibet. —
GAHMURET UND BELAKANE. 11 165 bruoderlîche triuwe mêrte, und sih selben êrte, dáz er ín niht gar verstieze, únde im sînes landes lieze hantgemâlde, daz man mohte sehen dâ von der hêrre müese jehen sins námen und sîner vriheit. daz was dem künege niht ze leit: er sprach «ir kunnet mâze gern: ich wil iuch des und fürbaz wern. wan nennet ihr den bruoder mîn Gáhmurét Anschevin? Anschouwe ist mîn lant : dâ wesen beide von genant.» 170 175 Sus sprach der künec hêre. «mîn bruoder der mac sich mêre 7 der stæten helfe an mich versehen, denn' ich sô gâhes welle jehen. er sol mîn ingesinde sîn. deiswâr ich tuon iu allen schîn daz uns beide èin muoter truoc. er hât wênc, und ich genuoc : daz sol im teilen sô min hant, dês min saelde niht si pfant vor dem der gît unde nimet: 180 185 165 mren swv., gröfser machen, ausdehnen, erweitern. — 169 hantgemalde stn.. Handzeichen; dann ein Grundstück, von welchem ein schöffenbar Freier sein Handzeichen als Hauszeichen führt, freies Gut; davon hängt sines landes ab. — 169 fg. daßs man sehen könnte, wovon er seinen Namen und seinen Freistand benennen dürfte. — 172 niht ze leit, nichts weniger als unlieb, sehr lieb. — 173 ihr versteht mässige Forderungen zu machen; maze ist Gen. — 174 wern einen eines dinges, jemand etwas gewähren: des und fürbaz, das und noch mehr. — fürbaz, eigentl. besser, weiter hinaus. — 175 wan, im Fragesatze : warum nicht ? Er braucht keinen neuen Namen von einem ihm gehörigen Grundbesitz anzunehmen. — 178 wesen 1. pl. conj., wir wollen sein. — dâ mit von zu verbinden, danach. 179 Sus, so: auf das Vorausgegangene zu beziehen. — hér adj., hehr, erhaben. — 180 mêre, in weiterer Ausdehnung. — 181 helfe stf., Hülfe. — sich verschen mit gen. und an (mit acc.), etwas von einem erwarten. — 182 denne, danne, dan nach dem Compar., als. — sô gâhes, so in der Eile; yàhes adv. gen. von gâch. — welle jehen, sagen möchte oder könnte. — 183 ingesinde swm., einer aus dem ingesinde (stn.), Hausgenosse. — 184 deiswar aus daz ist wàr, fürwahr, wahrlich. — schîn tuon, offenbar (schin adj.), machen, zeigen. — 186 wênc aus wênec; genuoc bezeichnet mehr als unser "genug"; es will sagen: reichlich. — 187 teilen, vertheilen. — 188 des = dae es, dass dessen, dass dafür. — solde stf., Glück, von Gott verliehen. — sî pfant, Pfand sei, verpfändet sei, mir geraubt werde. — 189 git contrahiert aus gibet. —
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12 ERSTES BUCH. 8 ûf reht in bêder der gezimet." dô die fürsten rîche vernâmen al gelîche daz ir hêrre triuwen phlac, daz was in ein lieber tac. ieslîchér im sunder neic. Gahmuret niht langer sweic der volge, als im sîn herze jach: zem künege er güetlîche sprach «hêrre unde bruoder mîn, wolt’ ich ingesinde sîn iuwer ode decheines man, sô hete ich mîn gemach getân. nu prüevet dar nâch mînen pris (ir sît getriuwe unde wis), und râtt als ez geziehe nu: dâ grîfet helflîche zuo. niht wan hárnásch ich hân : het’ ich dar inne mêr getân, daz virrec lop mir bræhte, etswâ man mîn gedæhte." Gahmuret sprach ave sân «sehzéhen knáppén ich hân, der séhsé von îser sint. dar zuo gebet mir vier kint, 195 200 205 210 190 190 ûf reht, im Hinblick auf das Recht. — gezemen stv.: mich gezimt eines d., mir steht, kommt etwas zu. — bêder der, das beides: geben und neh- men. — 191 rîche adj., mächtig, angesehen. — 192 al gelîche adv., alle ins- gemein. — 193 triuwen gen. pl. — 195 neic præt. von nîgen stv., sich (dankend) verneigen; im, vor ihm. — 196 langer compar. vom Adv. lange. sweic præt. von swîgen; mit gen. schweigen in Bezug auf, verschweigen. — 197 volge stf., Beistimmung, Abstimmung; als, wieder = relat. (zu I, 128). — 198 güetlîche adv., freundlich. — 201 iuwer gen., eurer. — ode ursprüngl. Form von oder, verkürzt od. — dechein, dehein, dekein, kein, irgend ein. — man unflect. gen. sing. — 202 gemach stn., Bequemlichkeit, Ruhe : so hätte ich das gethan, was mir ein behagliches Dasein verschaffte. — 203 dar nâch mit als (205) zu verbinden. — prîs, Ruhm, Ruhmwürdigkeit. — 204 getriuwe unde wîs, aufrichtig gesinnt und erfahren. — 205 râtt = ratet: als, wie, je nachdem. — ez geziuhet, es passt, entspricht den Verhältnissen. — 206 grifet zuo, unterstützt; helflîche adv., in helfender Weise. — 207 wan, blofs, außser; niht wan, nichts aufser, nichts als, nur. — harnasch, harnas 209 virrec adj., weit rei- stn., Harnisch. — 208 dar inne, im Harnisch. — chend, sich weit erstreckend (zu verre, fern). — 210 etswâ adv., irgendwo, an manchen Orten. 211 ave abgekürzt aus aber, auch ab, adv., wiederum. — sân adv., so- gleich, alsbald: ohne die Antwort des Königs abzuwarten. — 213 sehse flectierte Form von sehs. — îser stn., Eisen, eiserne Wehr und Waffen: sechs sind in Eisen gewaffnet. — 214 kint stn., Kind, Knabe, Jüngling, Edelknabe, Page.
12 ERSTES BUCH. 8 ûf reht in bêder der gezimet." dô die fürsten rîche vernâmen al gelîche daz ir hêrre triuwen phlac, daz was in ein lieber tac. ieslîchér im sunder neic. Gahmuret niht langer sweic der volge, als im sîn herze jach: zem künege er güetlîche sprach «hêrre unde bruoder mîn, wolt’ ich ingesinde sîn iuwer ode decheines man, sô hete ich mîn gemach getân. nu prüevet dar nâch mînen pris (ir sît getriuwe unde wis), und râtt als ez geziehe nu: dâ grîfet helflîche zuo. niht wan hárnásch ich hân : het’ ich dar inne mêr getân, daz virrec lop mir bræhte, etswâ man mîn gedæhte." Gahmuret sprach ave sân «sehzéhen knáppén ich hân, der séhsé von îser sint. dar zuo gebet mir vier kint, 195 200 205 210 190 190 ûf reht, im Hinblick auf das Recht. — gezemen stv.: mich gezimt eines d., mir steht, kommt etwas zu. — bêder der, das beides: geben und neh- men. — 191 rîche adj., mächtig, angesehen. — 192 al gelîche adv., alle ins- gemein. — 193 triuwen gen. pl. — 195 neic præt. von nîgen stv., sich (dankend) verneigen; im, vor ihm. — 196 langer compar. vom Adv. lange. sweic præt. von swîgen; mit gen. schweigen in Bezug auf, verschweigen. — 197 volge stf., Beistimmung, Abstimmung; als, wieder = relat. (zu I, 128). — 198 güetlîche adv., freundlich. — 201 iuwer gen., eurer. — ode ursprüngl. Form von oder, verkürzt od. — dechein, dehein, dekein, kein, irgend ein. — man unflect. gen. sing. — 202 gemach stn., Bequemlichkeit, Ruhe : so hätte ich das gethan, was mir ein behagliches Dasein verschaffte. — 203 dar nâch mit als (205) zu verbinden. — prîs, Ruhm, Ruhmwürdigkeit. — 204 getriuwe unde wîs, aufrichtig gesinnt und erfahren. — 205 râtt = ratet: als, wie, je nachdem. — ez geziuhet, es passt, entspricht den Verhältnissen. — 206 grifet zuo, unterstützt; helflîche adv., in helfender Weise. — 207 wan, blofs, außser; niht wan, nichts aufser, nichts als, nur. — harnasch, harnas 209 virrec adj., weit rei- stn., Harnisch. — 208 dar inne, im Harnisch. — chend, sich weit erstreckend (zu verre, fern). — 210 etswâ adv., irgendwo, an manchen Orten. 211 ave abgekürzt aus aber, auch ab, adv., wiederum. — sân adv., so- gleich, alsbald: ohne die Antwort des Königs abzuwarten. — 213 sehse flectierte Form von sehs. — îser stn., Eisen, eiserne Wehr und Waffen: sechs sind in Eisen gewaffnet. — 214 kint stn., Kind, Knabe, Jüngling, Edelknabe, Page.
Strana 13
GAHMURET UND BELAKANE. 13 215 mit guoter zuht, von hôher art. vor den wirt niemer niht gespart des ie bejagen mac mîn hant. ich wil kêren in diu lant. ich hân och ê ein teil gevaren. ob mich gelücke wil bewaren, so erwirbe ich guotes wibes gruoz. ob ich ir dar nâch dienen muoz, und ob ich des wirdec bin, sô râtet mir mîn bester sin daz ich’s mit rehten triuwen phlege. got wîse mich der Salden wege. wir fuoren gesellecliche (dennóch het iuwer rîche unser vater Gándîn), manegen kumberlîchen pîn wir bêde dolten umbe liep. ir wâret rîter unde diep, ir kundet dienen unde helen: wan kunde och ich nu minne stelen owê wan hete ich iuwer kunst und anderhalp die wâren gunst!» 220 225 230 235 Der künec siufte unde sprach «ôwê daz ich dich ie gesach, 215 cuht stf., Erziehung, Anstand, Wohlerzogenheit. — art stf., Abkunft, Herkunft. — 216 niemer, nimmer; niemer niht, die doppelte Negation hebt sich nicht auf. — sparn swv., schonen, zurückhalten; ein dinc vor einem, einem etwas vorenthalten. — 217 des Attraction = des daz, nichts von dem was. — bejagen swv., durch Jagen erlangen, erwerben. — 218 diu lant, die Lande, die weite Welt. — 219 ê adv., früher. — ein teil, ein wenig (teil stn.), ironisch = ein gut Theil, viel. — varn stv., fahren, umherziehen. — 220 gelücke stn., Glück. — 221 erwirbe 1. præes. von erwerben. — gruoz stm., Grußs, freundliches Entgegenkommen, Huld. — 222 dar nâch, nach dem Grußse ; nach, um ihn zu erlangen. — muoz, darf. — 224 râtet 3. præs., nicht umgelautete Form. — mîn bester sin, mein bester Verstand, all meine Ver- standeskraft. — 225 ich’s, ich es, nämlich des Dienens. — 226 wîse conj. von wîsen, weisen, leiten. — Salde stf., Heil, Glück; persönlich aufgefafst meist schwach flectiert. — 227 geselleclîche, wie gesellen, Freunde; das e der Vorsilbe wird in der Aussprache sehr häufig unterdrückt. — 228 den- noch, dannoch, damals noch. — 230 kumberlích adj., belastend, beküm- mernd. — pîn stm., Pein, Noth. — 231 bêde die ursprüngl. Form von beide. — dolten præt. von doln swv., dulden. — umbe, den Preis bezeichnend. — liep stn., Geliebte. — 232 diep, scherzend neben rîter gestellt; im Sinne von minnediep, der heimliche Minne erwirbt und sie verbirgt (helen); daher auch der Ausdruck minne stelen 234. — 234 wan in Ausruf- und Wunsch- satzen, wenn doch, daſs doch. — 235 ôwé, ouwê interj., nicht blofs des Schmerzes, auch des Wunsches, des Erstaunens, wie unser ach ! — kunst stf., Kenntniss, Verständniss. — 236 anderhalp adv. acc., auf, von der andern Seite: von seiten der Frauen. — die waren (sw.), die wahre, echte, rechte. 238 gesach præt. von geschen, erblicken. —
GAHMURET UND BELAKANE. 13 215 mit guoter zuht, von hôher art. vor den wirt niemer niht gespart des ie bejagen mac mîn hant. ich wil kêren in diu lant. ich hân och ê ein teil gevaren. ob mich gelücke wil bewaren, so erwirbe ich guotes wibes gruoz. ob ich ir dar nâch dienen muoz, und ob ich des wirdec bin, sô râtet mir mîn bester sin daz ich’s mit rehten triuwen phlege. got wîse mich der Salden wege. wir fuoren gesellecliche (dennóch het iuwer rîche unser vater Gándîn), manegen kumberlîchen pîn wir bêde dolten umbe liep. ir wâret rîter unde diep, ir kundet dienen unde helen: wan kunde och ich nu minne stelen owê wan hete ich iuwer kunst und anderhalp die wâren gunst!» 220 225 230 235 Der künec siufte unde sprach «ôwê daz ich dich ie gesach, 215 cuht stf., Erziehung, Anstand, Wohlerzogenheit. — art stf., Abkunft, Herkunft. — 216 niemer, nimmer; niemer niht, die doppelte Negation hebt sich nicht auf. — sparn swv., schonen, zurückhalten; ein dinc vor einem, einem etwas vorenthalten. — 217 des Attraction = des daz, nichts von dem was. — bejagen swv., durch Jagen erlangen, erwerben. — 218 diu lant, die Lande, die weite Welt. — 219 ê adv., früher. — ein teil, ein wenig (teil stn.), ironisch = ein gut Theil, viel. — varn stv., fahren, umherziehen. — 220 gelücke stn., Glück. — 221 erwirbe 1. præes. von erwerben. — gruoz stm., Grußs, freundliches Entgegenkommen, Huld. — 222 dar nâch, nach dem Grußse ; nach, um ihn zu erlangen. — muoz, darf. — 224 râtet 3. præs., nicht umgelautete Form. — mîn bester sin, mein bester Verstand, all meine Ver- standeskraft. — 225 ich’s, ich es, nämlich des Dienens. — 226 wîse conj. von wîsen, weisen, leiten. — Salde stf., Heil, Glück; persönlich aufgefafst meist schwach flectiert. — 227 geselleclîche, wie gesellen, Freunde; das e der Vorsilbe wird in der Aussprache sehr häufig unterdrückt. — 228 den- noch, dannoch, damals noch. — 230 kumberlích adj., belastend, beküm- mernd. — pîn stm., Pein, Noth. — 231 bêde die ursprüngl. Form von beide. — dolten præt. von doln swv., dulden. — umbe, den Preis bezeichnend. — liep stn., Geliebte. — 232 diep, scherzend neben rîter gestellt; im Sinne von minnediep, der heimliche Minne erwirbt und sie verbirgt (helen); daher auch der Ausdruck minne stelen 234. — 234 wan in Ausruf- und Wunsch- satzen, wenn doch, daſs doch. — 235 ôwé, ouwê interj., nicht blofs des Schmerzes, auch des Wunsches, des Erstaunens, wie unser ach ! — kunst stf., Kenntniss, Verständniss. — 236 anderhalp adv. acc., auf, von der andern Seite: von seiten der Frauen. — die waren (sw.), die wahre, echte, rechte. 238 gesach præt. von geschen, erblicken. —
Strana 14
14 ERSTES BUCH. 9 sît du mit schímpflîchen siten min ganzez herze hâst versniten, unt tuost op wir uns scheiden. mîn vater hât uns beiden gelâzen guotes harte vil: des stôze ich dir gelîchiu zil. ich bin dir herzenlîchen holt. lieht gesteine, rôtez golt, liute, wâpen, ors, gewant, des nim sô vil von mîner hant daz du nâh dînem willen varst und dîne mildekeit bewarst. dîn mánhéit ist úz erkoren: warstu von Gýlstrám geboren oder kómen her von Ranculat, ich hete dich iemer an der stat als ich dich sus vil gerne hân. du bist mîn bruoder sunder wân.» «hêrre, ir lobet mich umbe nôt, sît ez iuwer zuht gebôt. dar nâch tuot iuwer helfe schîn. welt ir und diu muoter mîn mir teilen iuwer varende habe, sô stîge ich uf und ninder abe. 245 250 255 260 240 239 sît conj., seitdem, da. — mit schimpflîchen siten, in scherzhafter Weise, scherzend; schimpf stm., Scherz (niemals Schimpf). — 240 ganzez, im Gegen- satz zu versniten, part. von versnîden stv., zerschneiden, schneidend ver- wunden. — 241 tuost = versnîdest, das vorausgegangene Verbum vertretend. — uns scheiden, uns voneinander trennen. — 243 gelâzen, zurückgelassen, hinterlassen. — guotes, Besitz, gen. von vil abhängig. — harte adv., sehr. — 244 des sc. guotes. — stôze ich dir zil, stecke ich dir auf (vgl. I, 55) ; gelîchiu adj. neutr. pl. zu zil, zu gleichem Theile: das sollst du mit mir theilen. — 245 herzenlîchen adv., von Herzen, herzlich; holt adj., geneigt, gewogen, zugethan. — 246 lieht adj., leuchtend; gesteine stn., Edelsteine. rôt, ein gewöhnliches Beiwort des Goldes. — 247 wâpen stn., Waffe, hier collect. Waffen. — ors stn., Metathesis von ros. — 249 nâh für nâch, und nicht selten im Auslaute h = ch. — 250 mildekeit stf., Freigebigkeit: eine der am höchsten gepriesenen Fürsten- und Rittertugenden. — bewarn swv., bewahren, unverändert erhalten. — 251 ûz erkorn, auserwählt, ausgezeich- net. — 252 Gylstram, eine im fernsten Westen zu denkende Ortlichkeit; vgl. Gulstrate, Kudrun 1164, 3. — 253 Ranculat, Hrhomgla am Euphrat. — 254 hete dich an der stat, eo loco te haberem. — 255 sus, unter diesen Umständen. Wärst du auch nicht mein Bruder, sondern kämst aus wei- tester Ferne, so würde ich dich doch werth halten. Nun aber bist du ja mein Bruder. — 257 umbe nôt, nothgedrungen: ihr müfst mich loben, weil ihr so anständig, so wohlerzogen seid. — 258 sît, sintemal, da, weil. — 259 dar nâch, dem entsprechend. — 261 mir teilen, mit mir theilen. — varende habe, bewegliche Habe, im Gegensatze zum Grundbesitz. — 262 ninder = niender, nirgend, niemals; starkes niht. — abe, hinab, abwärts.
14 ERSTES BUCH. 9 sît du mit schímpflîchen siten min ganzez herze hâst versniten, unt tuost op wir uns scheiden. mîn vater hât uns beiden gelâzen guotes harte vil: des stôze ich dir gelîchiu zil. ich bin dir herzenlîchen holt. lieht gesteine, rôtez golt, liute, wâpen, ors, gewant, des nim sô vil von mîner hant daz du nâh dînem willen varst und dîne mildekeit bewarst. dîn mánhéit ist úz erkoren: warstu von Gýlstrám geboren oder kómen her von Ranculat, ich hete dich iemer an der stat als ich dich sus vil gerne hân. du bist mîn bruoder sunder wân.» «hêrre, ir lobet mich umbe nôt, sît ez iuwer zuht gebôt. dar nâch tuot iuwer helfe schîn. welt ir und diu muoter mîn mir teilen iuwer varende habe, sô stîge ich uf und ninder abe. 245 250 255 260 240 239 sît conj., seitdem, da. — mit schimpflîchen siten, in scherzhafter Weise, scherzend; schimpf stm., Scherz (niemals Schimpf). — 240 ganzez, im Gegen- satz zu versniten, part. von versnîden stv., zerschneiden, schneidend ver- wunden. — 241 tuost = versnîdest, das vorausgegangene Verbum vertretend. — uns scheiden, uns voneinander trennen. — 243 gelâzen, zurückgelassen, hinterlassen. — guotes, Besitz, gen. von vil abhängig. — harte adv., sehr. — 244 des sc. guotes. — stôze ich dir zil, stecke ich dir auf (vgl. I, 55) ; gelîchiu adj. neutr. pl. zu zil, zu gleichem Theile: das sollst du mit mir theilen. — 245 herzenlîchen adv., von Herzen, herzlich; holt adj., geneigt, gewogen, zugethan. — 246 lieht adj., leuchtend; gesteine stn., Edelsteine. rôt, ein gewöhnliches Beiwort des Goldes. — 247 wâpen stn., Waffe, hier collect. Waffen. — ors stn., Metathesis von ros. — 249 nâh für nâch, und nicht selten im Auslaute h = ch. — 250 mildekeit stf., Freigebigkeit: eine der am höchsten gepriesenen Fürsten- und Rittertugenden. — bewarn swv., bewahren, unverändert erhalten. — 251 ûz erkorn, auserwählt, ausgezeich- net. — 252 Gylstram, eine im fernsten Westen zu denkende Ortlichkeit; vgl. Gulstrate, Kudrun 1164, 3. — 253 Ranculat, Hrhomgla am Euphrat. — 254 hete dich an der stat, eo loco te haberem. — 255 sus, unter diesen Umständen. Wärst du auch nicht mein Bruder, sondern kämst aus wei- tester Ferne, so würde ich dich doch werth halten. Nun aber bist du ja mein Bruder. — 257 umbe nôt, nothgedrungen: ihr müfst mich loben, weil ihr so anständig, so wohlerzogen seid. — 258 sît, sintemal, da, weil. — 259 dar nâch, dem entsprechend. — 261 mir teilen, mit mir theilen. — varende habe, bewegliche Habe, im Gegensatze zum Grundbesitz. — 262 ninder = niender, nirgend, niemals; starkes niht. — abe, hinab, abwärts.
Strana 15
GAHMURET UND BELAKANE. 15 min herze iedoch nâch hohe strebet : i’ne weiz war umbe ez alsus lebet, daz mir swillet sus min winster brust. owè war jaget mich mîn gelust ? ich sol’z versuochen, obe ich mac. nu nâhet mîn urlóubes tac.» 265 Der künec in alles werte, mêr denne er selbe gerte; 10 fünf ors erwelt und erkant, de besten über al sîn lant, küene, stárc, níht ze laz; manec tiwer góltváz, und manegen guldinen klôz. den künec wênec des verdrôz, er enfulte's im vier soumschrîn : gesteines muose ouch vil dar in. dô sie gefüllet lâgen, knappen, die des pflâgen, wârn wol gekleidet und geriten. dáne wart jâmer niht vermiten, do er für sîne muoter gienc und si in sô vaste zuo ir vienc. «fil li róy Gándîn, wilt du niht langer bî mir sin ?" sprach daz wiplîche wip. «ôwê nu truoc dich doch mîn lip: du bist och Gándines kint. ist got an sîner helfe blint, 275 280 285 270 2 290 „- 263 nàch huhe, empor, aufwärts. Anspielung auf die Vorstellung vom Glücksrade. — 264 i'ne = ich ne, ich nicht. — 265 winster adj., link. — 266 gelust stm., Verlangen, Begierde. — 267 sol, will. — 268 urloup stm., Erlaubniss (zu gehen); Abschied. 271 erwelt, auserwählt, auserlesen. — erkant (part. von erkennen), be- kannt, berühmt; ausgezeichnet. — 272 de geschwächt aus diu (neutr. pl.). — über, die Ausdehnung im Raume bezeichnend. — 273 las adj., träge, lang- sam; niht ze laz = sehr schnell. — 274 tiwer adj. = tiur, werthvoll, kost- bar. — goltva: stn., Gefafs von Gold. — 275 klôz stm., runder Klumpen. — 276 wénec, wenig = durchaus nicht. — verdriezen stv. unpersönlich (mit gen. der Sache), lästig dünken, mit nachfolgendem en und Conj. (dafs nicht), wo wir den Inf. mit «zu» setzen. — 277 fulte præt. (conj.) von füllen; es, damit (mit dem Golde). — soumschrîn stn., Kasten, womit ein Saumthier beladen wird. — 280 die des pflâgen, die die Aufsicht darüber hatten. — 281 geriten, beritten. — 282 dane, dort nicht. — vermiten part. von ver- mîden, unterlassen. — 284 vaste adv. zu veste, fest, innig. — zuo ir vienc, an sich falste, druckte. — 285 fil li roy = altfranz. fil le roi, Sohn des Königs. — 287 wiplich, wie ein Weib gesinnt, fühlend. — 290 fg. ist Gott in Bezug auf seine Hülfe blind oder taub; sieht und hört er nicht, der helfen soll? —
GAHMURET UND BELAKANE. 15 min herze iedoch nâch hohe strebet : i’ne weiz war umbe ez alsus lebet, daz mir swillet sus min winster brust. owè war jaget mich mîn gelust ? ich sol’z versuochen, obe ich mac. nu nâhet mîn urlóubes tac.» 265 Der künec in alles werte, mêr denne er selbe gerte; 10 fünf ors erwelt und erkant, de besten über al sîn lant, küene, stárc, níht ze laz; manec tiwer góltváz, und manegen guldinen klôz. den künec wênec des verdrôz, er enfulte's im vier soumschrîn : gesteines muose ouch vil dar in. dô sie gefüllet lâgen, knappen, die des pflâgen, wârn wol gekleidet und geriten. dáne wart jâmer niht vermiten, do er für sîne muoter gienc und si in sô vaste zuo ir vienc. «fil li róy Gándîn, wilt du niht langer bî mir sin ?" sprach daz wiplîche wip. «ôwê nu truoc dich doch mîn lip: du bist och Gándines kint. ist got an sîner helfe blint, 275 280 285 270 2 290 „- 263 nàch huhe, empor, aufwärts. Anspielung auf die Vorstellung vom Glücksrade. — 264 i'ne = ich ne, ich nicht. — 265 winster adj., link. — 266 gelust stm., Verlangen, Begierde. — 267 sol, will. — 268 urloup stm., Erlaubniss (zu gehen); Abschied. 271 erwelt, auserwählt, auserlesen. — erkant (part. von erkennen), be- kannt, berühmt; ausgezeichnet. — 272 de geschwächt aus diu (neutr. pl.). — über, die Ausdehnung im Raume bezeichnend. — 273 las adj., träge, lang- sam; niht ze laz = sehr schnell. — 274 tiwer adj. = tiur, werthvoll, kost- bar. — goltva: stn., Gefafs von Gold. — 275 klôz stm., runder Klumpen. — 276 wénec, wenig = durchaus nicht. — verdriezen stv. unpersönlich (mit gen. der Sache), lästig dünken, mit nachfolgendem en und Conj. (dafs nicht), wo wir den Inf. mit «zu» setzen. — 277 fulte præt. (conj.) von füllen; es, damit (mit dem Golde). — soumschrîn stn., Kasten, womit ein Saumthier beladen wird. — 280 die des pflâgen, die die Aufsicht darüber hatten. — 281 geriten, beritten. — 282 dane, dort nicht. — vermiten part. von ver- mîden, unterlassen. — 284 vaste adv. zu veste, fest, innig. — zuo ir vienc, an sich falste, druckte. — 285 fil li roy = altfranz. fil le roi, Sohn des Königs. — 287 wiplich, wie ein Weib gesinnt, fühlend. — 290 fg. ist Gott in Bezug auf seine Hülfe blind oder taub; sieht und hört er nicht, der helfen soll? —
Strana 16
16 ERSTES BUCH. ode ist er drane betoubet, daz er mir niht geloubet? sol ich nu niuwen kumber haben? ich hân mîns herzen kraft begraben die süeze mîner ougen: wil er mich fürbaz rouben, und ist doch éin rihtâre, sô liuget mir daz maere als man von sîner helfe saget, sît er an mir ist sus verzaget.» 295 300 11 Dô sprach der junge Anschevîn «got troeste iuch, frowe, des vater mîn : den sulen wir beidiu gerne klagen. iu enmac niemán von mir gesagen deheiniu klagelîchiu leit. ich vare durch mîne werdekeit nâh rîterschaft in fremdiu lant. frouwe, ez ist mir sus gewant." dô sprach diu küneginne «sît du nâch hôher minne wendest dienest unde muot, lieber sun, lâ dir mîn guot úf die várt níht versmâhen. heiz von mir enpfâhen dîne kameræere vier soúmschrîn swære: dâ ligent inne phelle breit, ganze, die man nie versneit, 305 310 315 291 betouben swv., taub machen, pass. taub werden. — 292 dafs er mir nicht glaubt, mir keine Beachtung schenkt. — 293 niuwen: nach dem Verluste meines Gatten. — 296 rouben, berauben. — 297 und ist doch, während er doch ist. — rihtœre, Richter: mit dem Nebensinne, der über Recht und Unrecht entscheidet, und selbst recht thun mußs. — 229 als, wiederum das Relat. vertretend ; vgl. I, 28. — 300 verzaget (vgl. I, 39), muthlos; nachlässig. 301 Anschevîn, ein Bewohner von Anschouwe, Anjou: hier einer aus dem Hause Anjou. — 302 des vater, wegen des Vaters. — 303 sulen gerne, haben gut und gerne Ursache. — 304 von mir, de me. — 305 klagelîch, zu beklagen. Meine Abreise bietet euch noch keinen Grund zum Klagen. — 306 durch, wegen, um—willen. — 307 rîterschaft, hier: Turnieren. — 308 ez ist mir sus gewant, es ist so bewandt mit mir, so steht es mit mir : das ist einmal mein Entschlußs. — 310 nâch, um zu erreichen. — 313 ver- smâhen swv., geringfügig, verächtlich erscheinen: lâ dir versmâhen, ver- schmähe. — 314 heiz: zunächst damit dîne kamerœre zu verbinden. — 315 kamerœere, Kämmerer: der die Aufsicht über Geld, Kleider u. s. w. führt. — 317 dâ mit inne zu verbinden: darin. — phelle stm. (vom lat. pallium), ein feiner Seidenstoff: die meisten kamen aus dem Orient. — 318 nie, durchaus nicht. — versneit præt. von versnîden, zerschneiden: die — noch im ganzen Stück sind.
16 ERSTES BUCH. ode ist er drane betoubet, daz er mir niht geloubet? sol ich nu niuwen kumber haben? ich hân mîns herzen kraft begraben die süeze mîner ougen: wil er mich fürbaz rouben, und ist doch éin rihtâre, sô liuget mir daz maere als man von sîner helfe saget, sît er an mir ist sus verzaget.» 295 300 11 Dô sprach der junge Anschevîn «got troeste iuch, frowe, des vater mîn : den sulen wir beidiu gerne klagen. iu enmac niemán von mir gesagen deheiniu klagelîchiu leit. ich vare durch mîne werdekeit nâh rîterschaft in fremdiu lant. frouwe, ez ist mir sus gewant." dô sprach diu küneginne «sît du nâch hôher minne wendest dienest unde muot, lieber sun, lâ dir mîn guot úf die várt níht versmâhen. heiz von mir enpfâhen dîne kameræere vier soúmschrîn swære: dâ ligent inne phelle breit, ganze, die man nie versneit, 305 310 315 291 betouben swv., taub machen, pass. taub werden. — 292 dafs er mir nicht glaubt, mir keine Beachtung schenkt. — 293 niuwen: nach dem Verluste meines Gatten. — 296 rouben, berauben. — 297 und ist doch, während er doch ist. — rihtœre, Richter: mit dem Nebensinne, der über Recht und Unrecht entscheidet, und selbst recht thun mußs. — 229 als, wiederum das Relat. vertretend ; vgl. I, 28. — 300 verzaget (vgl. I, 39), muthlos; nachlässig. 301 Anschevîn, ein Bewohner von Anschouwe, Anjou: hier einer aus dem Hause Anjou. — 302 des vater, wegen des Vaters. — 303 sulen gerne, haben gut und gerne Ursache. — 304 von mir, de me. — 305 klagelîch, zu beklagen. Meine Abreise bietet euch noch keinen Grund zum Klagen. — 306 durch, wegen, um—willen. — 307 rîterschaft, hier: Turnieren. — 308 ez ist mir sus gewant, es ist so bewandt mit mir, so steht es mit mir : das ist einmal mein Entschlußs. — 310 nâch, um zu erreichen. — 313 ver- smâhen swv., geringfügig, verächtlich erscheinen: lâ dir versmâhen, ver- schmähe. — 314 heiz: zunächst damit dîne kamerœre zu verbinden. — 315 kamerœere, Kämmerer: der die Aufsicht über Geld, Kleider u. s. w. führt. — 317 dâ mit inne zu verbinden: darin. — phelle stm. (vom lat. pallium), ein feiner Seidenstoff: die meisten kamen aus dem Orient. — 318 nie, durchaus nicht. — versneit præt. von versnîden, zerschneiden: die — noch im ganzen Stück sind.
Strana 17
GAHMURET UND BELAKANE. 17 und manec tiwer sámît. süezer man, lâ mich die zît hoeren, wenn' du wider kumest: an mînen fröuden du mir frumest.» «frouwe, des enweiz ich niht, in welhem lande man mich siht: wan swar ich von iu kêre, ir habet nâch rîters êre iwer wérdekeit an mir getân. och hât mich der künic lân als ime mîn dienest danken sol. ich getrûwe in des vil wol, 12 daz ir in deste werder hât, swie halt mir mîn dinc ergât.» 320 325 330 Als uns diu âventiure saget, dô het der helt unverzaget enpfángén durch liebe kraft unt durch wîplîch geselleschaft kleinotes tûsent marke wert. swâ noch ein jude pfandes gert, er möht'z derfür enphâhen: ez'n dorfte im niht versmâhen. daz sande im ein sîn friundín. an sînem dienste lac gewin, der wîbe minne und ir gruoz: doch wart im selten kumbers buoz. 335 340 319 samit stm., Sammet. — 320 gib mir an, wie lange du ausbleiben willst. 322 frumen, nützen, förderlich sein : du förderst, vermehrst meine Freude — dadurch. — 323 enweiz: en Negation; durch niht verstärkt, und von niht ist des abhängig: davon nichts, durchaus nicht. des deutet auf den fol- genden abhängigen Satz. — 325 wan, nur (soviel weißs ich). — swar, wohin auch. — 326 nach rîters êre, der einem Ritter gebührenden Ehre entspre- chend. — 327 iwer werdekeit, was eurer würdig ist, euch ziemt. — 328 lân partic. für gelan, entlassen. — 329 in solcher Weise wie meine Dienst- leistung ihm dafür danken wird : so, dafs ich durch entsprechende Dienst- leistung ihm dafür danken will. — 330 getrûwen einem eines d., jemand etwas zutrauen. — 331 deste, desto; aus des de (= diu instrument.). — hat, haltet; aus habet contrali. — 332 mîn dinc, meine Angelegenheiten: wie es mir auch ergehen mag. 335 enpfangen, bekommen, erhalten. — kraft. Menge : wegen, aus grofser, herzlicher Zuneigung. — 336 wîplîch geselleschaft, Freundschaftsverhältniss, Liebesverhältniss mit einem Weibe. — 337 kleinœte stn., fein gearbeitetes, kostbares Geschenk. — marke, halbes Pfund : im Werthe von 1000 Mark. — 338 noch, noch heutzutage. — pfant, was man für empfangenes Geld als Sicherheit einsetzt. — 339 derfür, dafür (aus dar für geschwächt), als Pfand. — enphahen, annehmen. — 341 ein sîn, eine die er hatte. — friundîn, Freundin, Geliebte, wie altfranz. amie. Gemeint ist Anpflise von Frank- reich. — 342 lac, war verbunden: an, mit. — 344 kumber: der Liebes- — kummer ist gemeint. — buoz, Abhülfe, Beseitigung. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
GAHMURET UND BELAKANE. 17 und manec tiwer sámît. süezer man, lâ mich die zît hoeren, wenn' du wider kumest: an mînen fröuden du mir frumest.» «frouwe, des enweiz ich niht, in welhem lande man mich siht: wan swar ich von iu kêre, ir habet nâch rîters êre iwer wérdekeit an mir getân. och hât mich der künic lân als ime mîn dienest danken sol. ich getrûwe in des vil wol, 12 daz ir in deste werder hât, swie halt mir mîn dinc ergât.» 320 325 330 Als uns diu âventiure saget, dô het der helt unverzaget enpfángén durch liebe kraft unt durch wîplîch geselleschaft kleinotes tûsent marke wert. swâ noch ein jude pfandes gert, er möht'z derfür enphâhen: ez'n dorfte im niht versmâhen. daz sande im ein sîn friundín. an sînem dienste lac gewin, der wîbe minne und ir gruoz: doch wart im selten kumbers buoz. 335 340 319 samit stm., Sammet. — 320 gib mir an, wie lange du ausbleiben willst. 322 frumen, nützen, förderlich sein : du förderst, vermehrst meine Freude — dadurch. — 323 enweiz: en Negation; durch niht verstärkt, und von niht ist des abhängig: davon nichts, durchaus nicht. des deutet auf den fol- genden abhängigen Satz. — 325 wan, nur (soviel weißs ich). — swar, wohin auch. — 326 nach rîters êre, der einem Ritter gebührenden Ehre entspre- chend. — 327 iwer werdekeit, was eurer würdig ist, euch ziemt. — 328 lân partic. für gelan, entlassen. — 329 in solcher Weise wie meine Dienst- leistung ihm dafür danken wird : so, dafs ich durch entsprechende Dienst- leistung ihm dafür danken will. — 330 getrûwen einem eines d., jemand etwas zutrauen. — 331 deste, desto; aus des de (= diu instrument.). — hat, haltet; aus habet contrali. — 332 mîn dinc, meine Angelegenheiten: wie es mir auch ergehen mag. 335 enpfangen, bekommen, erhalten. — kraft. Menge : wegen, aus grofser, herzlicher Zuneigung. — 336 wîplîch geselleschaft, Freundschaftsverhältniss, Liebesverhältniss mit einem Weibe. — 337 kleinœte stn., fein gearbeitetes, kostbares Geschenk. — marke, halbes Pfund : im Werthe von 1000 Mark. — 338 noch, noch heutzutage. — pfant, was man für empfangenes Geld als Sicherheit einsetzt. — 339 derfür, dafür (aus dar für geschwächt), als Pfand. — enphahen, annehmen. — 341 ein sîn, eine die er hatte. — friundîn, Freundin, Geliebte, wie altfranz. amie. Gemeint ist Anpflise von Frank- reich. — 342 lac, war verbunden: an, mit. — 344 kumber: der Liebes- — kummer ist gemeint. — buoz, Abhülfe, Beseitigung. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
Strana 18
18 ERSTES BUCH. urloup nam der wîgánt. muoter, bruoder, noch des lant, sin ouge niemer mêr erkôs; dar an doch maneger vil verlôs der sich hete an ime erkant, ê daz er wære dane gewant, mit deheiner slahte günste zil, den wart von ime gedanket vil es dûhte in mêre dan genuoc: durch sîne zuht er nie gewuoc daz si'z tæten umbe reht. sin muot was ebener denne sleht. swer selbe saget wie wert er si, da ist lîhte ein ungeloube bî: es solten de umbesæezen jehen, und ouch die hêtén gesehen 13 sîniu werc da er fremde wære : sô geloupte man dez mære. 350 355 360 345 Gahmuret der site phlac, den rehtiu mâze widerwac, und ander schanze enkeine. sin rüemen daz was kleine, grôz êre er lîdenlîche leit, der lôse wille in gar vermeit. doch wânde der gefüege, 365 346 des, desselben: des Bruders. — 347 erkiesen, hier nur: sehen. — 348 dar an, wodurch: nämlich daßs er die Heimat nicht wiedersah. — 349 sich vr kennen an —, sich erweisen gegen —; damit ist V. 351 zu verbinden. — 350 wœre gewant, sich gewandt hatte : im Mhd. stelt der Conjunctiv, weil der Fall damals noch nicht eingetreten war. — dane, von dannen, hin- weg. — 351 günste gen. von gunst, Wohlwollen: von zil abhängig. — günst- zil, zugewendetes Wohlwollen. — 352 den pl. bezieht sich auf den collect. Sing. der (349), wer. — 353 es, von mêre abhängig: dessen. — 354 gewuor. præet. von gewahen stv., erwähnen, gedenken. — nie, durchaus nicht. — 355 umbe reht, von Rechts wegen. — 356 eben, gleich, gerade. sleht be- zeichnet etwa dasselbe: gerader als gerade, eine Verstärkung. — 358 sol- cher Aussage wohnt leicht ein Unglaube (von seiten der Hörenden) bei. — 359 es, abhängig von jehen stv., aussagen. — de geschwächt aus die. umbesœze swm., der Herumsitzende, Nachbar. — 360 die, diejenigen welche. — 361 seine Thaten in fremdem Lande. — 362 sô, alsdann. — geloupt. conj. — dez, geschwächt aus dat. 363 der site gen. pl., solches Benehmens, solcher Weise. — 364 den dat. pl. (auf site zu beziehen), welchem rechtes Maſshalten das Gegengewicht hielt (I, 44), welches vom Maſs beherrscht wurde. — 365 schanze, Glückswurf : was ihm vom Glücke beschieden war. — enkein, kein. — 366 rüemen, prahlen. — kleine, gering = gar nicht vorhanden. — 367 lidenlîche adv., geduldig. — leit præt. von lîden, liefs sich gefallen : ohne damit zu prahlen. — 368 lós, zucht- los, ehrlos. — wille swm., Gesinnung. — vermîden mit acc., einem fern bleiben. — 369 wanen, glauben, meinen. — gefüege adj., anständig, wohlerzogen. —
18 ERSTES BUCH. urloup nam der wîgánt. muoter, bruoder, noch des lant, sin ouge niemer mêr erkôs; dar an doch maneger vil verlôs der sich hete an ime erkant, ê daz er wære dane gewant, mit deheiner slahte günste zil, den wart von ime gedanket vil es dûhte in mêre dan genuoc: durch sîne zuht er nie gewuoc daz si'z tæten umbe reht. sin muot was ebener denne sleht. swer selbe saget wie wert er si, da ist lîhte ein ungeloube bî: es solten de umbesæezen jehen, und ouch die hêtén gesehen 13 sîniu werc da er fremde wære : sô geloupte man dez mære. 350 355 360 345 Gahmuret der site phlac, den rehtiu mâze widerwac, und ander schanze enkeine. sin rüemen daz was kleine, grôz êre er lîdenlîche leit, der lôse wille in gar vermeit. doch wânde der gefüege, 365 346 des, desselben: des Bruders. — 347 erkiesen, hier nur: sehen. — 348 dar an, wodurch: nämlich daßs er die Heimat nicht wiedersah. — 349 sich vr kennen an —, sich erweisen gegen —; damit ist V. 351 zu verbinden. — 350 wœre gewant, sich gewandt hatte : im Mhd. stelt der Conjunctiv, weil der Fall damals noch nicht eingetreten war. — dane, von dannen, hin- weg. — 351 günste gen. von gunst, Wohlwollen: von zil abhängig. — günst- zil, zugewendetes Wohlwollen. — 352 den pl. bezieht sich auf den collect. Sing. der (349), wer. — 353 es, von mêre abhängig: dessen. — 354 gewuor. præet. von gewahen stv., erwähnen, gedenken. — nie, durchaus nicht. — 355 umbe reht, von Rechts wegen. — 356 eben, gleich, gerade. sleht be- zeichnet etwa dasselbe: gerader als gerade, eine Verstärkung. — 358 sol- cher Aussage wohnt leicht ein Unglaube (von seiten der Hörenden) bei. — 359 es, abhängig von jehen stv., aussagen. — de geschwächt aus die. umbesœze swm., der Herumsitzende, Nachbar. — 360 die, diejenigen welche. — 361 seine Thaten in fremdem Lande. — 362 sô, alsdann. — geloupt. conj. — dez, geschwächt aus dat. 363 der site gen. pl., solches Benehmens, solcher Weise. — 364 den dat. pl. (auf site zu beziehen), welchem rechtes Maſshalten das Gegengewicht hielt (I, 44), welches vom Maſs beherrscht wurde. — 365 schanze, Glückswurf : was ihm vom Glücke beschieden war. — enkein, kein. — 366 rüemen, prahlen. — kleine, gering = gar nicht vorhanden. — 367 lidenlîche adv., geduldig. — leit præt. von lîden, liefs sich gefallen : ohne damit zu prahlen. — 368 lós, zucht- los, ehrlos. — wille swm., Gesinnung. — vermîden mit acc., einem fern bleiben. — 369 wanen, glauben, meinen. — gefüege adj., anständig, wohlerzogen. —
Strana 19
GAHMURET UND BELAKANE. 19 370 daz niemen krône trüege, künec, keiser, keiserîn, des messenîe er wolde sîn, wan der die hohésten hant trüege ûf erde übr elliu lant. der wille in sînem herzen lac. im wart gesaget, ze Baldac wæere ein sô gewaltic man, daz im der erde undertân diu zwéi teil waren oder mêr. sîn name heidensch was sô hêr daz man in hiez der bârúc. er hete an krefte alsolhen zuc vil künege wâren sîne man, mit krôntem lîbe undertân. dez bâruc-ambet hiute stêt. seht wie man kristen ê begêt ze Rôme, als uns der touf vergiht. heidensch orden man dort siht: ze Baldac nement se ir bâbestreht (daz dunket si âne krümbe sleht), 14 der bâruc in für sünde gît wandels úrkünde. 375 380 385 390 Zwên' brúodér von Babilôn, Pompeius und Ipomidôn. den nam der bâruc Ninivê (daz was al ir vordern ê): 395 — 372 des, dessen. - messenîe, mässenîe, massenie, altfranz. maisnie, mesnie, Hausgesinde, Dienerschaft; Diener. — 373 wan, aubser. der = des der. — hant, hier im Sinne von: Macht, Gewalt. — 374 elliu neutr. pl. von al. — 376 Baldac. Bagdad. — 378 der erde, abhängig von diu zwei teil, zwei Drittel. — 380 heidensch, in heidnischer Sprache. — 381 der baruc: bei heizen, nennen steht im Mhd. das prädicat. Object statt im Acc. auch im Nom. baruc bezeichnet: der Gebenedeite. — 382 krefte dat. sing., Macht. — alsolch, ganz solch, verstärktes solch. — zuc (zu zucken) stm., Aufschwung (élan). — 383 künege ist Gen., abhängig von dem substant. Neutr. vil. — man, Lehens- mann. — 384 krôntem = gekrôntem: wiewohl sie gekrönt waren. — 385 hinte, noch heute. — stèt, besteht. — 386 ê stf., Satzung, Glaubensform. — begên. ins Werk setzen. — 387 touf stm., das Christenthum. — verjehen stv., sagen, lehren. — 388 orden, Ordnung, hier = é. — 389 in Baldag empfangen sie das was ihrem Papste als Recht zusteht, nämlich Vergebung der Sünden. — 390 dne krümbe, ohne Krümmung, Unrecht: Verstärkung von sleht, ge- rade, in der Ordnung. — 392 urkünde stn., Bestätigung, Zeugniss; wan- delx. ihrer Umwandelung, Besserung. 393 Zwên bruoder nom., außerhalb der Construction stehend; durch den (395) in dieselbe aufgenommen. — Babilôn nannte man im Mittelalter auch Kairo : daß dieses gemeint ist, lehrt die Erwähnung von Alexandria. — 396 vorder (= vordere) swm., Vorfahr. — was. hatte gehört. — 2
GAHMURET UND BELAKANE. 19 370 daz niemen krône trüege, künec, keiser, keiserîn, des messenîe er wolde sîn, wan der die hohésten hant trüege ûf erde übr elliu lant. der wille in sînem herzen lac. im wart gesaget, ze Baldac wæere ein sô gewaltic man, daz im der erde undertân diu zwéi teil waren oder mêr. sîn name heidensch was sô hêr daz man in hiez der bârúc. er hete an krefte alsolhen zuc vil künege wâren sîne man, mit krôntem lîbe undertân. dez bâruc-ambet hiute stêt. seht wie man kristen ê begêt ze Rôme, als uns der touf vergiht. heidensch orden man dort siht: ze Baldac nement se ir bâbestreht (daz dunket si âne krümbe sleht), 14 der bâruc in für sünde gît wandels úrkünde. 375 380 385 390 Zwên' brúodér von Babilôn, Pompeius und Ipomidôn. den nam der bâruc Ninivê (daz was al ir vordern ê): 395 — 372 des, dessen. - messenîe, mässenîe, massenie, altfranz. maisnie, mesnie, Hausgesinde, Dienerschaft; Diener. — 373 wan, aubser. der = des der. — hant, hier im Sinne von: Macht, Gewalt. — 374 elliu neutr. pl. von al. — 376 Baldac. Bagdad. — 378 der erde, abhängig von diu zwei teil, zwei Drittel. — 380 heidensch, in heidnischer Sprache. — 381 der baruc: bei heizen, nennen steht im Mhd. das prädicat. Object statt im Acc. auch im Nom. baruc bezeichnet: der Gebenedeite. — 382 krefte dat. sing., Macht. — alsolch, ganz solch, verstärktes solch. — zuc (zu zucken) stm., Aufschwung (élan). — 383 künege ist Gen., abhängig von dem substant. Neutr. vil. — man, Lehens- mann. — 384 krôntem = gekrôntem: wiewohl sie gekrönt waren. — 385 hinte, noch heute. — stèt, besteht. — 386 ê stf., Satzung, Glaubensform. — begên. ins Werk setzen. — 387 touf stm., das Christenthum. — verjehen stv., sagen, lehren. — 388 orden, Ordnung, hier = é. — 389 in Baldag empfangen sie das was ihrem Papste als Recht zusteht, nämlich Vergebung der Sünden. — 390 dne krümbe, ohne Krümmung, Unrecht: Verstärkung von sleht, ge- rade, in der Ordnung. — 392 urkünde stn., Bestätigung, Zeugniss; wan- delx. ihrer Umwandelung, Besserung. 393 Zwên bruoder nom., außerhalb der Construction stehend; durch den (395) in dieselbe aufgenommen. — Babilôn nannte man im Mittelalter auch Kairo : daß dieses gemeint ist, lehrt die Erwähnung von Alexandria. — 396 vorder (= vordere) swm., Vorfahr. — was. hatte gehört. — 2
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20 ERSTES BUCH. sie tâten were mit kreften schîn. dar kom der junge Anschevîn: dem wart der bârúc vil holt. jâ nam nâch dienste aldâ den solt Gahmuret der werde man. nu erloubt im daz er müeze hân ander wâpen denne im Gandîn dâ vór gáp, der vater sin. der hêrre phlac mit gerenden siten ûf sîne kovertiure gesniten anker lieht hérmîn: dâ nâch muos' ouch daz ander sîn, ûfme schilt und an der wât. noch grüener denne ein smárât was geprüevet sîn gereite gar, und nâch dem achmardî var, daz ist ein sîdîn lachen, dar ûz hiez er im machen wâpenroc und kúrsît: eist bezzer dan der sámît. hermîn anker drûf genæt, guldîniu seil dran gedræet. sîn anker heten niht bekort ganzes lands noch landes ort, 15 dane wârn sie ninder în geslagen: der hêrre muose fürbaz tragen 400 405 410 415 420 397 wer, were stf., Vertheidigung. — 398 dar, dorthin: zum baruc. — 400 jà, betheuernd: fürwahr. — nâch dienste, seinen Dienstleistungen entsprechend. — 402 erloubt imper., gestattet. — müeze, möge, dürfe. — 403 das väter- liche Wappen war der Panther; vgl. II, 1271. — denne nach ander wie nach einem Compar.: als. — 405 hêrre bezeichnet (seiner Ableitung von hêr entsprechend) den Mann von hoher Abkunft, den Adlichen. — phlegen mit gen. (hier anker), häufig durch chaben" zu übersetzen. — geren. gern, streben, beabsichtigen: in absichtlicher Weise, absichtlich. — 406 kover- tiure, altfranz. coverture, Decke des Rosses. — gesniten, zugeschnitten. — 407 hermîn adj., zu harm, von Hermelin. — 408 dâ nâch, dem entsprechend. — daz ander, die übrigen Theile der Ausrüstung. — 409 ûfme = ûfeme, ûf deme. — wât stf., Kleidung. Auch auf dem Schilde und Wappenrock waren Anker. — 410 smarát, Smaragd. — 411 prüeven swv., zurechtmachen. — gereite stn., Reitzeug. — gar, sämmtlich. — 412 achmardi stn., grünes Seidenzeug (aus Arabien). — 413 lachen stn., Laken, Zeug. — 414 dar ûz, mit V. 412 zu verbinden: aus grünem Stoffe von der Farbe des Achmardi. — im, nhd. sich. — 415 kursît stn., das über den Wappenrock getragene Kleidungsstück : dasselbe wurde auch von Frauen getragen. — 416 eist = ez ist. — 417 drûf, auf Wappenrock und Kursit. — 418 seil stn., Seil, Schnur. — dran gedrat, daran geflochten. — 419 bekorn swv., versuchen, erproben (mit gen. und acc.). — 420 landes ort, Spitze eines Landes; im Gegensatz zu ganz. Er hatte nirgends dauernden Aufenthalt genommen. — 421 da- în, da hinein. — —
20 ERSTES BUCH. sie tâten were mit kreften schîn. dar kom der junge Anschevîn: dem wart der bârúc vil holt. jâ nam nâch dienste aldâ den solt Gahmuret der werde man. nu erloubt im daz er müeze hân ander wâpen denne im Gandîn dâ vór gáp, der vater sin. der hêrre phlac mit gerenden siten ûf sîne kovertiure gesniten anker lieht hérmîn: dâ nâch muos' ouch daz ander sîn, ûfme schilt und an der wât. noch grüener denne ein smárât was geprüevet sîn gereite gar, und nâch dem achmardî var, daz ist ein sîdîn lachen, dar ûz hiez er im machen wâpenroc und kúrsît: eist bezzer dan der sámît. hermîn anker drûf genæt, guldîniu seil dran gedræet. sîn anker heten niht bekort ganzes lands noch landes ort, 15 dane wârn sie ninder în geslagen: der hêrre muose fürbaz tragen 400 405 410 415 420 397 wer, were stf., Vertheidigung. — 398 dar, dorthin: zum baruc. — 400 jà, betheuernd: fürwahr. — nâch dienste, seinen Dienstleistungen entsprechend. — 402 erloubt imper., gestattet. — müeze, möge, dürfe. — 403 das väter- liche Wappen war der Panther; vgl. II, 1271. — denne nach ander wie nach einem Compar.: als. — 405 hêrre bezeichnet (seiner Ableitung von hêr entsprechend) den Mann von hoher Abkunft, den Adlichen. — phlegen mit gen. (hier anker), häufig durch chaben" zu übersetzen. — geren. gern, streben, beabsichtigen: in absichtlicher Weise, absichtlich. — 406 kover- tiure, altfranz. coverture, Decke des Rosses. — gesniten, zugeschnitten. — 407 hermîn adj., zu harm, von Hermelin. — 408 dâ nâch, dem entsprechend. — daz ander, die übrigen Theile der Ausrüstung. — 409 ûfme = ûfeme, ûf deme. — wât stf., Kleidung. Auch auf dem Schilde und Wappenrock waren Anker. — 410 smarát, Smaragd. — 411 prüeven swv., zurechtmachen. — gereite stn., Reitzeug. — gar, sämmtlich. — 412 achmardi stn., grünes Seidenzeug (aus Arabien). — 413 lachen stn., Laken, Zeug. — 414 dar ûz, mit V. 412 zu verbinden: aus grünem Stoffe von der Farbe des Achmardi. — im, nhd. sich. — 415 kursît stn., das über den Wappenrock getragene Kleidungsstück : dasselbe wurde auch von Frauen getragen. — 416 eist = ez ist. — 417 drûf, auf Wappenrock und Kursit. — 418 seil stn., Seil, Schnur. — dran gedrat, daran geflochten. — 419 bekorn swv., versuchen, erproben (mit gen. und acc.). — 420 landes ort, Spitze eines Landes; im Gegensatz zu ganz. Er hatte nirgends dauernden Aufenthalt genommen. — 421 da- în, da hinein. — —
Strana 21
GAHMURET UND BELAKANE. 21 disen wâpenlîchen last in manegiu lant, der werde gast, nâch dem anker disiu mâl, wand’ er neheiner slahte twâl hete niender noch gebite. wie vil er lándé durchrite und in schiffen umbefüere? ob ich iu dâ nâch swüere, sô saget iu ûf mînen eit mîn rîterliîchiu sicherheit als mir diu âventiure giht. i'ne hân nu mêr geziuges niht. diu ságet, sîn mánlîchiu kraft behielt den pris in heidenschaft ze Marroch unt ze Persiâ. sîn hant bezalte och anderswâ, ze Dâmase und ze Hâláp, und swâ man rîterschaft dâ gap, ze Arâbîe únd vor Arâbî, daz er was gegenstrîtes vrî vor ieslîchem einem man. disen ruoft er dâ gewan. sins herzen gir nâch prîse greif: ir aller tât vor im zesleif und was vil nâch entnihtet. sus was ie der berihtet, 425 430 435 440 445 423 wápenlích, was zum Wappen gehört; mit last (stm.), Wappenlast, mit Bezug auf den Anker. Es wird durch 425 noch näher erläutert. — 424 gast, Fremdling, in fremden Landen umherziehender Held. — 425 mal stn., Zeichen: diese Zeichen in Form eines Ankers. — 426 nehein, kein. — twàl stm., Zögerung, Aufenthalt. — 427 gebite stf., Verweilen. — 429 um- bevarn, umfáhren; dagegen umbe varn, herumfahren. — 430 dà nâch, dem entsprechend, im Hinblick darauf. — swüere, einen Schwur leisten sollte. — 431 ûf, bei, beschwörend. — 432 sicherheit, Versicherung. — 433 als mir, wie mir es. — giht 3. præes. von jehen. — âventiure ist hier die vom Dichter benutzte Erzählung, seine Quelle. Wenn ichs euch beschwö- ren soll, so kann ich nur schwören, dafs es in meiner Quelle so steht. — 434 geziuc stm., Zeugniss: kein weiteres Zeugniss. — 436 behalten, behaup- ten, erringen. — heidenschaft, heidnisches (d. h. mohammedanisches) Land. — 438 bezaln, bezahlen, erkaufen, erwerben. anderswa, anderswo, an andern Stätten. — 439 Hâlap, Aleppo. — 440 dâ dient zur Verstärkung von swâ, ebenso nach dem Relativum. — geben, Gelegenheit geben zu; oder: leisten. — 442 dac hängt von bezalte (438) ab. — gegenstrîtes vrî, frei von Streiten gegen ihn: es wagte keiner gegen ihn zu streiten. — 443 ieslich ein nhd., ein jeglicher. — 444 ruoft stm., Ruf, Ruhm. — 445 greif, griff, langte. — 446 zeslifen stv., zerfallen, verschwinden. — 447 nách adv., beinahe, noch durch vil verstärkt. — entnihten swv., vernichten. — 448 ie, immer. — be- rihten. zurechtweisen, belehren. —
GAHMURET UND BELAKANE. 21 disen wâpenlîchen last in manegiu lant, der werde gast, nâch dem anker disiu mâl, wand’ er neheiner slahte twâl hete niender noch gebite. wie vil er lándé durchrite und in schiffen umbefüere? ob ich iu dâ nâch swüere, sô saget iu ûf mînen eit mîn rîterliîchiu sicherheit als mir diu âventiure giht. i'ne hân nu mêr geziuges niht. diu ságet, sîn mánlîchiu kraft behielt den pris in heidenschaft ze Marroch unt ze Persiâ. sîn hant bezalte och anderswâ, ze Dâmase und ze Hâláp, und swâ man rîterschaft dâ gap, ze Arâbîe únd vor Arâbî, daz er was gegenstrîtes vrî vor ieslîchem einem man. disen ruoft er dâ gewan. sins herzen gir nâch prîse greif: ir aller tât vor im zesleif und was vil nâch entnihtet. sus was ie der berihtet, 425 430 435 440 445 423 wápenlích, was zum Wappen gehört; mit last (stm.), Wappenlast, mit Bezug auf den Anker. Es wird durch 425 noch näher erläutert. — 424 gast, Fremdling, in fremden Landen umherziehender Held. — 425 mal stn., Zeichen: diese Zeichen in Form eines Ankers. — 426 nehein, kein. — twàl stm., Zögerung, Aufenthalt. — 427 gebite stf., Verweilen. — 429 um- bevarn, umfáhren; dagegen umbe varn, herumfahren. — 430 dà nâch, dem entsprechend, im Hinblick darauf. — swüere, einen Schwur leisten sollte. — 431 ûf, bei, beschwörend. — 432 sicherheit, Versicherung. — 433 als mir, wie mir es. — giht 3. præes. von jehen. — âventiure ist hier die vom Dichter benutzte Erzählung, seine Quelle. Wenn ichs euch beschwö- ren soll, so kann ich nur schwören, dafs es in meiner Quelle so steht. — 434 geziuc stm., Zeugniss: kein weiteres Zeugniss. — 436 behalten, behaup- ten, erringen. — heidenschaft, heidnisches (d. h. mohammedanisches) Land. — 438 bezaln, bezahlen, erkaufen, erwerben. anderswa, anderswo, an andern Stätten. — 439 Hâlap, Aleppo. — 440 dâ dient zur Verstärkung von swâ, ebenso nach dem Relativum. — geben, Gelegenheit geben zu; oder: leisten. — 442 dac hängt von bezalte (438) ab. — gegenstrîtes vrî, frei von Streiten gegen ihn: es wagte keiner gegen ihn zu streiten. — 443 ieslich ein nhd., ein jeglicher. — 444 ruoft stm., Ruf, Ruhm. — 445 greif, griff, langte. — 446 zeslifen stv., zerfallen, verschwinden. — 447 nách adv., beinahe, noch durch vil verstärkt. — entnihten swv., vernichten. — 448 ie, immer. — be- rihten. zurechtweisen, belehren. —
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22 ERSTES BUCH. der gein im tjostierens phlac. man jach im des ze Baldac, 16 sin ellen strebete sunder wanc. von dan fuor er gein Zazamanc in daz künecrîche. die klageten al gelîche Isenharten, der den lip in dienste flôs úmbe ein wip. des dwanc in Belacâne, diu süeze valsches âne. daz si ime ir minne nie gebôt, des lag er nâch ir minne tôt. den râchen sîne mâge offenlîche und an der lâge, die frouwen dwungen sie mit here. diu was mit ellenthafter were, dô Gahmuret kom in ir lant, daz von Schotten Vridebrant mit schiffes here verbrande, ê daz er dannen wande. nu hoert wie unser rîter vare. daz mére warf in mit sturme dare, sô daz er kúme iedoch genas. gein der küneginne pálás kom er gesigelet in die habe: dâ wart er vil geschouwet abe. dô saher ûz áne'z velt. dâ was geslagen manec gezelt 455 460 465 470 450 475 449 tjostieren, eine tjoste, d. h. ein Lanzenstechen, kämpfen. — 450 man gestand ihm das zu, sagte von ihm aus. — 451 ellen stn., Eifer, Muth. — strebte ist Conj. — wanc stm., Zurückweichen. — 452 von dan, von dort, nämlich von Baldag. — 454 die, die Bewohner des Königreiches. — 455 lip, Leben. — 456 flôs = verlôs, verlor. — 457 dwingen = twingen, einen eines d., einen zu etwas zwingen. — 458 valsch stm., Treulosigkeit, Falschheit. — âne adj. mit gen., frei von. — 459 daz mit des, davon, deswegen, zu ver- binden. — gebieten, anbieten, gewähren. — 460 nâch, in Sehnsucht nach. -- 461 rechen, præt. rach, râchen, stv., rächen. — mâc stm., Blutsverwandter. — 462 offenlîche adv., im Kampfe auf offenem Felde. — lâge stf., Auflauern, Hinterhalt. — 464 was mit, war versehen mit. — ellenthaft, muthig. — 467 schiffes here, ein auf Schiffen gekommenes Heer. — verbrennen, durch Feuer verwüsten. — 468 ê daz conj., bevor. — dannen, von dannen, hin- weg. — wande præet. von wenden, sich wenden. Hier conj., der ebenso (ohne Umlaut) lautet. — 469 ich var, es ergeht mir. — 471 kûme iedoch, doch nur mit genauer Noth. — genesen stv., lebend davonkommen. — 472 palas stn. stm., Gebäude mit einem Saal darin. — 473 sigelen swv., segeln. — habe stf., Hafen. — 474 dâ — abe, von da (dem palas) herab. — 475 û2, hinaus. ane'z = ane dez, ane daz, auf das. —
22 ERSTES BUCH. der gein im tjostierens phlac. man jach im des ze Baldac, 16 sin ellen strebete sunder wanc. von dan fuor er gein Zazamanc in daz künecrîche. die klageten al gelîche Isenharten, der den lip in dienste flôs úmbe ein wip. des dwanc in Belacâne, diu süeze valsches âne. daz si ime ir minne nie gebôt, des lag er nâch ir minne tôt. den râchen sîne mâge offenlîche und an der lâge, die frouwen dwungen sie mit here. diu was mit ellenthafter were, dô Gahmuret kom in ir lant, daz von Schotten Vridebrant mit schiffes here verbrande, ê daz er dannen wande. nu hoert wie unser rîter vare. daz mére warf in mit sturme dare, sô daz er kúme iedoch genas. gein der küneginne pálás kom er gesigelet in die habe: dâ wart er vil geschouwet abe. dô saher ûz áne'z velt. dâ was geslagen manec gezelt 455 460 465 470 450 475 449 tjostieren, eine tjoste, d. h. ein Lanzenstechen, kämpfen. — 450 man gestand ihm das zu, sagte von ihm aus. — 451 ellen stn., Eifer, Muth. — strebte ist Conj. — wanc stm., Zurückweichen. — 452 von dan, von dort, nämlich von Baldag. — 454 die, die Bewohner des Königreiches. — 455 lip, Leben. — 456 flôs = verlôs, verlor. — 457 dwingen = twingen, einen eines d., einen zu etwas zwingen. — 458 valsch stm., Treulosigkeit, Falschheit. — âne adj. mit gen., frei von. — 459 daz mit des, davon, deswegen, zu ver- binden. — gebieten, anbieten, gewähren. — 460 nâch, in Sehnsucht nach. -- 461 rechen, præt. rach, râchen, stv., rächen. — mâc stm., Blutsverwandter. — 462 offenlîche adv., im Kampfe auf offenem Felde. — lâge stf., Auflauern, Hinterhalt. — 464 was mit, war versehen mit. — ellenthaft, muthig. — 467 schiffes here, ein auf Schiffen gekommenes Heer. — verbrennen, durch Feuer verwüsten. — 468 ê daz conj., bevor. — dannen, von dannen, hin- weg. — wande præet. von wenden, sich wenden. Hier conj., der ebenso (ohne Umlaut) lautet. — 469 ich var, es ergeht mir. — 471 kûme iedoch, doch nur mit genauer Noth. — genesen stv., lebend davonkommen. — 472 palas stn. stm., Gebäude mit einem Saal darin. — 473 sigelen swv., segeln. — habe stf., Hafen. — 474 dâ — abe, von da (dem palas) herab. — 475 û2, hinaus. ane'z = ane dez, ane daz, auf das. —
Strana 23
GAHMURET UND BELAKANE. 23 al umb' die stat wan gein dem mere : dâ lâgn zwei kréftígiu here. dô hiez er vrâgn der mæere, wes diu búrc wâre; 17 wande er’r künde nie gewan, noch dehein sîn schifman. sie tæten sînen boten kunt, ez ware Pâtélamunt. daz wart im minnecliche enboten. sie manten in bi ir goten daz er in hulfe: es wære in nôt, sie rungen niht wan umbe'n tôt. 480 485 Dô der junge Anschevîn vernam ir kumberlîchen pin, er bôt sîn dienest umbe guot, als noch vil dicke ein rîter tuot, ode dáz s'im sageten umbe waz er solte dolen der vînde haz. dô sprach ûz éinem munde der sieche unt der gesunde, daz ime waer' ál gemeine ir golt und ir gesteine; des solte er alles hêrre wesen, und er möhte wol bi in genesen. doch bedórfte er wênec soldes: von Arábîe des goldes 490 495 500 477 al umbe, rings um. — wan gein dem mere, ausgenommen nach der Meerseite zu. — 478 dà, vor der Stadt. — kreftic, grofs an Menge, grofs. — 479 vràgen mit gen, nach etwas fragen, sich erkundigen. — mœre, Kunde, Nachricht. — 480 burc stf., befestigter Ort, Schlofs, Burg. — 481 wan, denn: erklärt das vràgen. — er’r = er ir, er ihrer. — künde stf., Kunde: er hatte noch nie von ihr reden hören. — 482 nhd.: irgend einer seiner Schiffs- leute. — 483 sie, diejenigen, die gefragt wurden: die Stadtbewohner. — taten = tàten, mit unorganischem Eindringen des Umlautes in den Indi- cativ. Vgl. I, 512, 739, 1016, 1479, 1663; II, 57, 699; III, 1503. — 485 min- necliche adv., liebreich. — enbieten mit dat. und acc., jemand etwas durch einen Boten sagen lassen. — 486 manen swv., ermahnen, auffordern. — goten dat. pl. von got. — 487 mir ist nôt c. gen., ich habe dringendes Be- dürfniss, Verlangen. — 488 rungen conj. præt. von ringen, kämpfen. — niht wan, nur. — umbe'n = umbe den: auf Tod und Leben. 490 die auf ihnen lastende Noth. — 491 bôt, bot an. — umbe guot, für Geld, Sold; vgl. I, 400. — 492 dicke adv., oft häufig. — 493 ist mit umbe guot zu verbinden: wenn nicht um Sold, so möchten sie sagen, für wel- chen Preis er gegen ihre Feinde kämpfen sollte. — 496 der Kranke und der Gesunde: Umschreibung für alle. — 497 wœere, sein sollte. — al ge- meine, ganz gemeinsam : er sollte an all ihren Schätzen Theil haben, sollte daruber verfügen. — 500 und: und weiter liessen sie ihm sagen. — genesen, am Leben bleiben: sie hätten wohl hinreichend, wovon er bei ihnen sein Leben fristen könnte. — 502 zu construieren: des goldes von Aràbîe: ara- bisches Gold war im Mittelalter besonders berühmt. —
GAHMURET UND BELAKANE. 23 al umb' die stat wan gein dem mere : dâ lâgn zwei kréftígiu here. dô hiez er vrâgn der mæere, wes diu búrc wâre; 17 wande er’r künde nie gewan, noch dehein sîn schifman. sie tæten sînen boten kunt, ez ware Pâtélamunt. daz wart im minnecliche enboten. sie manten in bi ir goten daz er in hulfe: es wære in nôt, sie rungen niht wan umbe'n tôt. 480 485 Dô der junge Anschevîn vernam ir kumberlîchen pin, er bôt sîn dienest umbe guot, als noch vil dicke ein rîter tuot, ode dáz s'im sageten umbe waz er solte dolen der vînde haz. dô sprach ûz éinem munde der sieche unt der gesunde, daz ime waer' ál gemeine ir golt und ir gesteine; des solte er alles hêrre wesen, und er möhte wol bi in genesen. doch bedórfte er wênec soldes: von Arábîe des goldes 490 495 500 477 al umbe, rings um. — wan gein dem mere, ausgenommen nach der Meerseite zu. — 478 dà, vor der Stadt. — kreftic, grofs an Menge, grofs. — 479 vràgen mit gen, nach etwas fragen, sich erkundigen. — mœre, Kunde, Nachricht. — 480 burc stf., befestigter Ort, Schlofs, Burg. — 481 wan, denn: erklärt das vràgen. — er’r = er ir, er ihrer. — künde stf., Kunde: er hatte noch nie von ihr reden hören. — 482 nhd.: irgend einer seiner Schiffs- leute. — 483 sie, diejenigen, die gefragt wurden: die Stadtbewohner. — taten = tàten, mit unorganischem Eindringen des Umlautes in den Indi- cativ. Vgl. I, 512, 739, 1016, 1479, 1663; II, 57, 699; III, 1503. — 485 min- necliche adv., liebreich. — enbieten mit dat. und acc., jemand etwas durch einen Boten sagen lassen. — 486 manen swv., ermahnen, auffordern. — goten dat. pl. von got. — 487 mir ist nôt c. gen., ich habe dringendes Be- dürfniss, Verlangen. — 488 rungen conj. præt. von ringen, kämpfen. — niht wan, nur. — umbe'n = umbe den: auf Tod und Leben. 490 die auf ihnen lastende Noth. — 491 bôt, bot an. — umbe guot, für Geld, Sold; vgl. I, 400. — 492 dicke adv., oft häufig. — 493 ist mit umbe guot zu verbinden: wenn nicht um Sold, so möchten sie sagen, für wel- chen Preis er gegen ihre Feinde kämpfen sollte. — 496 der Kranke und der Gesunde: Umschreibung für alle. — 497 wœere, sein sollte. — al ge- meine, ganz gemeinsam : er sollte an all ihren Schätzen Theil haben, sollte daruber verfügen. — 500 und: und weiter liessen sie ihm sagen. — genesen, am Leben bleiben: sie hätten wohl hinreichend, wovon er bei ihnen sein Leben fristen könnte. — 502 zu construieren: des goldes von Aràbîe: ara- bisches Gold war im Mittelalter besonders berühmt. —
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24 ERSTES BUCH. hete er manegen knollen brâht. liute vinster sô diu naht wârn alle die von Zazamanc: bî den dûht' in diu wile lanc. doch hiez er herberge nemen: des mohte och sie vil wol gezemen, daz se im die besten gâben. die frouwen dennoch lâgen 18 zen venstern unde sâhen dar: sie næemen des vil rehte war, sîn knappen und sîn hárnás, wie daz géfeitieret was. dô truoc der helt milte uf eim hermînem schilte i'ne weiz wie manegen zobelpalc : der küneginne márschálc het ez für einen anker grôz. ze séhene in wênic dar verdrôz. dô muosen sîniu ouge jehen dáz er hêt ê gesehen disen rîter ode sînen schîn. daz muost' ze Alexandrîe sin, do der bârúc dervór lác: sinen pris dâ niemen widerwac. 505 510 515 520 525 Sus fuor der muotes rîche in die stát behagenlîche. zehen sóumar hiez er vazzen 503 knolle swm., Klumpen; vgl. klôz I, 275. — brâht part., mhd. nicht ge- brâht. — 506 diu wîle, die Zeit, das Verweilen. — 507 herberge nemen, Quartier machen. — 508 des deutet den folgenden Satz mit daz im Voraus an. — gezemen: zu I, 190. — 509 die besten acc. sing. fem. in schw. Form: sc. herberge. — 510 dennoch, noch immer : sie waren schon bei seiner An- kunft an den Fenstern. — 511 zen, in den. — 512 nœmen = nâmen, zu I, 483. nemen war c. gen., das Augenmerk auf etwas richten, beobachten. — rehte adv., genau. — 514 feitieren, gestalten, schmücken: vom altfranz. faiture weiter gebildet. — 515 milte adj., freigebig. — 516 hermîn bezeich- net hier: mit Hermelin überzogen. — 517 zobelpalc, Zobelfell. — 518 mar- schalc stm., eigentl. Pferdeknecht; der mit der Aufsicht der Pferde be- traute Beamte ; Marschall. — 519 het ez, hielt es, erklärte es : ez, das was die Zobelfelle auf dem Schilde darstellten. — 520 dar ist mit sehen zu verbinden. — 521 muose, muoste præt. von müezen. — ouge nom. pl. in starker Form. — 523 schîn stm., Gestalt, Bild, Ebenbild. — 525 dervor = dar vor, da vor. — 526 widerwegen (vgl. I, 94), hier mit acc. aufwiegen, gleichkommen. 528 behagenlîche adv., in wohlgefälliger, stattlicher Weise. — 529 son- mœre stm., Saumthier : vorzugsweise werden Maulthiere, aber auch Pferde darunter verstanden. — vazzen, bepacken, beladen. —
24 ERSTES BUCH. hete er manegen knollen brâht. liute vinster sô diu naht wârn alle die von Zazamanc: bî den dûht' in diu wile lanc. doch hiez er herberge nemen: des mohte och sie vil wol gezemen, daz se im die besten gâben. die frouwen dennoch lâgen 18 zen venstern unde sâhen dar: sie næemen des vil rehte war, sîn knappen und sîn hárnás, wie daz géfeitieret was. dô truoc der helt milte uf eim hermînem schilte i'ne weiz wie manegen zobelpalc : der küneginne márschálc het ez für einen anker grôz. ze séhene in wênic dar verdrôz. dô muosen sîniu ouge jehen dáz er hêt ê gesehen disen rîter ode sînen schîn. daz muost' ze Alexandrîe sin, do der bârúc dervór lác: sinen pris dâ niemen widerwac. 505 510 515 520 525 Sus fuor der muotes rîche in die stát behagenlîche. zehen sóumar hiez er vazzen 503 knolle swm., Klumpen; vgl. klôz I, 275. — brâht part., mhd. nicht ge- brâht. — 506 diu wîle, die Zeit, das Verweilen. — 507 herberge nemen, Quartier machen. — 508 des deutet den folgenden Satz mit daz im Voraus an. — gezemen: zu I, 190. — 509 die besten acc. sing. fem. in schw. Form: sc. herberge. — 510 dennoch, noch immer : sie waren schon bei seiner An- kunft an den Fenstern. — 511 zen, in den. — 512 nœmen = nâmen, zu I, 483. nemen war c. gen., das Augenmerk auf etwas richten, beobachten. — rehte adv., genau. — 514 feitieren, gestalten, schmücken: vom altfranz. faiture weiter gebildet. — 515 milte adj., freigebig. — 516 hermîn bezeich- net hier: mit Hermelin überzogen. — 517 zobelpalc, Zobelfell. — 518 mar- schalc stm., eigentl. Pferdeknecht; der mit der Aufsicht der Pferde be- traute Beamte ; Marschall. — 519 het ez, hielt es, erklärte es : ez, das was die Zobelfelle auf dem Schilde darstellten. — 520 dar ist mit sehen zu verbinden. — 521 muose, muoste præt. von müezen. — ouge nom. pl. in starker Form. — 523 schîn stm., Gestalt, Bild, Ebenbild. — 525 dervor = dar vor, da vor. — 526 widerwegen (vgl. I, 94), hier mit acc. aufwiegen, gleichkommen. 528 behagenlîche adv., in wohlgefälliger, stattlicher Weise. — 529 son- mœre stm., Saumthier : vorzugsweise werden Maulthiere, aber auch Pferde darunter verstanden. — vazzen, bepacken, beladen. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 25 19 die zogeten hin die gazzen. dâ riten zweinzic knappen nâch. sîn bovel man dort vor ersach: garzûne, koche unde ir knaben heten sih hin für erhaben. stolz was sîn gesinde: zwelf wol geborner kinde dâ hinden nâch den knappen riten, an guoter zuht, mit süezen siten. etslîcher was ein Sarrazîn. dar nâch muos' ouch getrecket sîn aht ors mit zíndâle verdecket al zemâle. daz niunde sînen satel truoc: ein schilt, des ich ê gewuoc, den fuorte ein knappe vil gemeit derbî. nâch den selben reit pusûner, der man och bedarf. ein tambûrr sluog unde warf vil hôhe sîne támbůr. den hêrren nam vil úntûr, dane riten flóitierre bi unde videlære drî. den was allen niht ze gâch. 535 540 545 550 530 30 zogen swv., zichen. — gazeen acc. sing. (swf.). — 531 hinter den Saum- nieren her. — 532 bovel stn. (aus populus), Leute, Trofs. — dort vor, dort orn. — 533 garzůn stm., Edelknabe : sie wurden hauptsächlich zu Boten- iensten verwendet. — ir knaben, ihre (der Köche) Burschen. — 534 hin für, orweg. — sich erheben stv., sich aufmachen. — 535 stolz, nicht im Sinne es nhd. Wortes ; freudig, stattlich. — 536 kinde gen. pl., von zwelf ab- ängig. — wol geborn, von edler Geburt. — 538 in trefflicher Wohlanstän- igkeit, mit freundlichem Benehmen. — 539 etslîch, irgendein, manch. arazenische Pagen waren im 13. Jahrhundert, zumal am Hofe Friedrich’s II., ichts Seltenes. — 540 muos' sing. des Verbums mit nachfolgendem Plural es Subjects; ebenso 546. 660. 841. 888. 1438 u. s. w. — trecken swv., bei Volfram häufig, wenn auch nicht oberdeutsch: ziehen, führen. — 541 zin- âl stm., eine Art Taffent, altfranz. cendal. — 542 al zemâle, allzumal, immtlich. verdecket: die Decken (kovertiure 406) waren von Zindal. — 44 ein schilt kann Acc. (= einen schilt) sein, aber auch Nom., außer der onstruction stehend, und durch den aufgenommen; zu I, 393. — 545 ge- feit adj., eigentl. thöricht; ausgelassen, lebensfroh. — 546 derbî, neben em Pferde gehend. — den selben, den Rossen. — 547 pusûner = pusûnere, osaunenbläser. — 548 tambůrr =tambûrer, tambûrare, der die tambůr 149), Handtrommel schlägt. — 550 untůr stf., Geringschätzung; mich imt untür, ich schätze gering, mache mir nichts daraus. Der ganze ufzug wäre ihm gering erschienen. — 551 dane riten (conj.), wenn da icht ritten. da mit bî zu verbinden. — floitierre = floitierœre, Flöten- pieler. — 552 videlare stm., Fiedler, Geiger. — 553 mir ist gâch, ich abe es eilig : sie hatten es nicht zu eilig, zogen sehr gemächlich, wie es er Pracht des Aufzugs ziemte. —
GAHMURET UND BELAKANE. 25 19 die zogeten hin die gazzen. dâ riten zweinzic knappen nâch. sîn bovel man dort vor ersach: garzûne, koche unde ir knaben heten sih hin für erhaben. stolz was sîn gesinde: zwelf wol geborner kinde dâ hinden nâch den knappen riten, an guoter zuht, mit süezen siten. etslîcher was ein Sarrazîn. dar nâch muos' ouch getrecket sîn aht ors mit zíndâle verdecket al zemâle. daz niunde sînen satel truoc: ein schilt, des ich ê gewuoc, den fuorte ein knappe vil gemeit derbî. nâch den selben reit pusûner, der man och bedarf. ein tambûrr sluog unde warf vil hôhe sîne támbůr. den hêrren nam vil úntûr, dane riten flóitierre bi unde videlære drî. den was allen niht ze gâch. 535 540 545 550 530 30 zogen swv., zichen. — gazeen acc. sing. (swf.). — 531 hinter den Saum- nieren her. — 532 bovel stn. (aus populus), Leute, Trofs. — dort vor, dort orn. — 533 garzůn stm., Edelknabe : sie wurden hauptsächlich zu Boten- iensten verwendet. — ir knaben, ihre (der Köche) Burschen. — 534 hin für, orweg. — sich erheben stv., sich aufmachen. — 535 stolz, nicht im Sinne es nhd. Wortes ; freudig, stattlich. — 536 kinde gen. pl., von zwelf ab- ängig. — wol geborn, von edler Geburt. — 538 in trefflicher Wohlanstän- igkeit, mit freundlichem Benehmen. — 539 etslîch, irgendein, manch. arazenische Pagen waren im 13. Jahrhundert, zumal am Hofe Friedrich’s II., ichts Seltenes. — 540 muos' sing. des Verbums mit nachfolgendem Plural es Subjects; ebenso 546. 660. 841. 888. 1438 u. s. w. — trecken swv., bei Volfram häufig, wenn auch nicht oberdeutsch: ziehen, führen. — 541 zin- âl stm., eine Art Taffent, altfranz. cendal. — 542 al zemâle, allzumal, immtlich. verdecket: die Decken (kovertiure 406) waren von Zindal. — 44 ein schilt kann Acc. (= einen schilt) sein, aber auch Nom., außer der onstruction stehend, und durch den aufgenommen; zu I, 393. — 545 ge- feit adj., eigentl. thöricht; ausgelassen, lebensfroh. — 546 derbî, neben em Pferde gehend. — den selben, den Rossen. — 547 pusûner = pusûnere, osaunenbläser. — 548 tambůrr =tambûrer, tambûrare, der die tambůr 149), Handtrommel schlägt. — 550 untůr stf., Geringschätzung; mich imt untür, ich schätze gering, mache mir nichts daraus. Der ganze ufzug wäre ihm gering erschienen. — 551 dane riten (conj.), wenn da icht ritten. da mit bî zu verbinden. — floitierre = floitierœre, Flöten- pieler. — 552 videlare stm., Fiedler, Geiger. — 553 mir ist gâch, ich abe es eilig : sie hatten es nicht zu eilig, zogen sehr gemächlich, wie es er Pracht des Aufzugs ziemte. —
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26 ERSTES BUCH. selbe reit er hinden nâch, unt sîn márnâre der wîse und der mære. Swaz dâ was volkes inne, Moere und Mérinne was beidiu wîp unde man. der hêrre schóuwén began manegen schilt zebrochen, mit speren gar durchstochen: der was dâ vil gehangen für, an die wende und an die tür. sie heten jâmer unde guft. in diu venster gein dem luft was gebéttet manegem wunden man, swenn' er den árzât gewan, daz er doch mohte niht genesen. der was bî vîndén gewesen. 20 sus warp ie der ungérne vlôch. vil orse man im widerzôch, durchstochen und verhouwen. manege tunkele frouwen sach er bêdenthalben sîn: nâch rabenes varwe was ir schîn. sîn wirt in minneclîche enphienc; daz im nâch fröuden sît ergienc. daz was ein ellens rîcher man: mit sîner hant het' er getân 560 565 570 575 555 580 555 marnœre stm. (lat. marinarius), Schiffsmann, Schiffsherr. — 556 mare adj., berühmt, trefflich. Das Wort kommt in den höfischen Epen vom 13. Jahrhundert an nur selten vor. 557 dâ inne, in der Stadt. — 560 beginnen dient häufig nur zur Um- schreibung des Verbums, das im Infinitiv dabeisteht. — 563 der, der Schilde. — für, hinaus : durch die folgende Zeile näher erläutert. — 564 tür ist Plural. — 565 guft stm., Geschrei. — 566 in die Fensterbrüstungen hin- ein hatte man die Betten gestellt. — luft stm.: der Luft zugekehrt, dals sie ihn anwehen konnte. — 567 betten mit dat., einem das Bett zurecht- machen. — 568 swenn’ gehört in den Satz mit daz: so verwundet, dass, wenn er auch. — arzât stm. (von archiater), Arzt. den arzât, den ihm zukommenden Arzt. — 570 bî vinden, d. h. im Kampfe mit den Feinden.— 571 werben stv., handeln, verfahren; mit adv. (sus), ergehen. — 572 wider- ziehen, entgegenziehen, -führen. — 573 verhouwen stv., durch Hauen ver- wunden. — 575 bêdenthalben dat. pl. (t euphonisch), auf beiden Seiten (halp stf.); sin, von sich. — 576 raben stm., Rabe. — schin, Aussehen. — 577 wirt: bei dem seine Leute für ihn Quartier gemacht hatten (I, 507). — 578 daz, was: nämlich der liebreiche Empfang. ergên stv., ausschlagen ; mit adv., hier durch nâch fröuden, in freudiger Weise, vertreten. — sit adv., nachher. —
26 ERSTES BUCH. selbe reit er hinden nâch, unt sîn márnâre der wîse und der mære. Swaz dâ was volkes inne, Moere und Mérinne was beidiu wîp unde man. der hêrre schóuwén began manegen schilt zebrochen, mit speren gar durchstochen: der was dâ vil gehangen für, an die wende und an die tür. sie heten jâmer unde guft. in diu venster gein dem luft was gebéttet manegem wunden man, swenn' er den árzât gewan, daz er doch mohte niht genesen. der was bî vîndén gewesen. 20 sus warp ie der ungérne vlôch. vil orse man im widerzôch, durchstochen und verhouwen. manege tunkele frouwen sach er bêdenthalben sîn: nâch rabenes varwe was ir schîn. sîn wirt in minneclîche enphienc; daz im nâch fröuden sît ergienc. daz was ein ellens rîcher man: mit sîner hant het' er getân 560 565 570 575 555 580 555 marnœre stm. (lat. marinarius), Schiffsmann, Schiffsherr. — 556 mare adj., berühmt, trefflich. Das Wort kommt in den höfischen Epen vom 13. Jahrhundert an nur selten vor. 557 dâ inne, in der Stadt. — 560 beginnen dient häufig nur zur Um- schreibung des Verbums, das im Infinitiv dabeisteht. — 563 der, der Schilde. — für, hinaus : durch die folgende Zeile näher erläutert. — 564 tür ist Plural. — 565 guft stm., Geschrei. — 566 in die Fensterbrüstungen hin- ein hatte man die Betten gestellt. — luft stm.: der Luft zugekehrt, dals sie ihn anwehen konnte. — 567 betten mit dat., einem das Bett zurecht- machen. — 568 swenn’ gehört in den Satz mit daz: so verwundet, dass, wenn er auch. — arzât stm. (von archiater), Arzt. den arzât, den ihm zukommenden Arzt. — 570 bî vinden, d. h. im Kampfe mit den Feinden.— 571 werben stv., handeln, verfahren; mit adv. (sus), ergehen. — 572 wider- ziehen, entgegenziehen, -führen. — 573 verhouwen stv., durch Hauen ver- wunden. — 575 bêdenthalben dat. pl. (t euphonisch), auf beiden Seiten (halp stf.); sin, von sich. — 576 raben stm., Rabe. — schin, Aussehen. — 577 wirt: bei dem seine Leute für ihn Quartier gemacht hatten (I, 507). — 578 daz, was: nämlich der liebreiche Empfang. ergên stv., ausschlagen ; mit adv., hier durch nâch fröuden, in freudiger Weise, vertreten. — sit adv., nachher. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 27 manegen stich unde slac, wand' er einer porten phlac. bî dem er manegen rîter vant, die ir hénde hiengen in diu bant, unt den ir houbet wârn verbunden. die heten sölhe wunden, daz sie doch tâten rîterschaft: sie heten lâzen niht ir kraft. 585 21 Der búregrâve von der stat sînen gást dô minneclîchen bat daz er niht verbare al daz sin wille ware über sîn guot und über den lîp. er fuorte in dâ er vant sîn wip, diu Gahmureten kuste, des in doch wênc geluste. dar nâch fuor er enbîzen sân. dô diz alsus was getân, der marschalc fuor von ime zehant alda er die küneginne vant, und iesch vil grôziu botenbrôt. er sprach «frouwe, unser nôt ist mit fröudén zergangen. den wir hie haben enphangen, daz ist ein rîter sô getân, daz wir ze vlêhen iemer hân unsern góten, die ín uns brâhten, 595 600 605 590 582 porte swf., Pforte, Thor. — phlac, hatte in Obhut, unter sich. — 584 die, auf das collect. manegen riter bezogen. — bant stn., Verband einer Wunde. — 586 sëlch aus solich (daher der Umlaut ö), auch solech, meist solch. — 587 sie waren trotz der Wunden doch noch kampffähig. — 588 wir wür- den eher hete, wobei kraft Nomin. wäre, erwarten, wie manche Hss. auch lesen: lâzen bedeutet hier: fallen lassen. 589 burcgrave swm., Burggraf, Stadtrichter: dieser ist sein Wirth. — 591 verbern stv., unterlassen (zu thun). — 593 über ist mit wille zu ver- binden. — den lip, das Leben: auch hierzu ist sîn (des Wirthes) zu er- gänzen. — 594 dà = dar dâ, dorthin wo. — 595 diu, auf wîp bezüglich, ist die regelmäfsige Ausdrucksweise, nicht daz. — 596 nämlich weil sie von schwarzer Farbe war. — 597 fuor er, begab er sich. — enbîzen stv., spei- sen: gewöhnlich von der ersten Mahlzeit (Frühstück, Imbifs) gebraucht.— 599 cehant, sogleich, alsbald. — 600 alda wieder wie 594 = aldar dâ. — 601 iesch præet. von cischen, st. redupl. Verbum: fordern. — botenbrôt stn., Botenlohn. — 602 frouwe, Herrin: die ursprüngliche Bedeutung des Wortes. Es wird von Frauen edler Abkunft, verheiratheten wie unverheiratheten, gebraucht. — 603 zergèn stv., auseinander gehen, ein Ende nehmen. — 605 sò getan, so beschaffen. — 606 han, Ursache haben. — vlêhen, hier nicht: anflehen, sondern: beten (mit dat.: zu). —
GAHMURET UND BELAKANE. 27 manegen stich unde slac, wand' er einer porten phlac. bî dem er manegen rîter vant, die ir hénde hiengen in diu bant, unt den ir houbet wârn verbunden. die heten sölhe wunden, daz sie doch tâten rîterschaft: sie heten lâzen niht ir kraft. 585 21 Der búregrâve von der stat sînen gást dô minneclîchen bat daz er niht verbare al daz sin wille ware über sîn guot und über den lîp. er fuorte in dâ er vant sîn wip, diu Gahmureten kuste, des in doch wênc geluste. dar nâch fuor er enbîzen sân. dô diz alsus was getân, der marschalc fuor von ime zehant alda er die küneginne vant, und iesch vil grôziu botenbrôt. er sprach «frouwe, unser nôt ist mit fröudén zergangen. den wir hie haben enphangen, daz ist ein rîter sô getân, daz wir ze vlêhen iemer hân unsern góten, die ín uns brâhten, 595 600 605 590 582 porte swf., Pforte, Thor. — phlac, hatte in Obhut, unter sich. — 584 die, auf das collect. manegen riter bezogen. — bant stn., Verband einer Wunde. — 586 sëlch aus solich (daher der Umlaut ö), auch solech, meist solch. — 587 sie waren trotz der Wunden doch noch kampffähig. — 588 wir wür- den eher hete, wobei kraft Nomin. wäre, erwarten, wie manche Hss. auch lesen: lâzen bedeutet hier: fallen lassen. 589 burcgrave swm., Burggraf, Stadtrichter: dieser ist sein Wirth. — 591 verbern stv., unterlassen (zu thun). — 593 über ist mit wille zu ver- binden. — den lip, das Leben: auch hierzu ist sîn (des Wirthes) zu er- gänzen. — 594 dà = dar dâ, dorthin wo. — 595 diu, auf wîp bezüglich, ist die regelmäfsige Ausdrucksweise, nicht daz. — 596 nämlich weil sie von schwarzer Farbe war. — 597 fuor er, begab er sich. — enbîzen stv., spei- sen: gewöhnlich von der ersten Mahlzeit (Frühstück, Imbifs) gebraucht.— 599 cehant, sogleich, alsbald. — 600 alda wieder wie 594 = aldar dâ. — 601 iesch præet. von cischen, st. redupl. Verbum: fordern. — botenbrôt stn., Botenlohn. — 602 frouwe, Herrin: die ursprüngliche Bedeutung des Wortes. Es wird von Frauen edler Abkunft, verheiratheten wie unverheiratheten, gebraucht. — 603 zergèn stv., auseinander gehen, ein Ende nehmen. — 605 sò getan, so beschaffen. — 606 han, Ursache haben. — vlêhen, hier nicht: anflehen, sondern: beten (mit dat.: zu). —
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28 ERSTES BUCH. daz sie des ie gedâhten.» « nu sage mir ûf die triuwe dîn, wer der rîter müge sîn.» «frouwe, ez ist ein degen fier, des pârúckes sóldiér, ein Anschevîn von hôher art. âvoy wie wênic wirt gespart sîn lîp, swâ man in læzet ane ! wie rehte er dár únde dane entwîchet unde kêret! die vînde er schaden lêret. ich sach in strîten schône, dâ die Babylône Alexandrîe loesen solten, unde dô sie dannen wolten den bâruc triben mit gewalt. waz ir dâ nider wart gevalt an der schumphentiure! da begienc dér gehiure mit sîme libe sölhe tât, sine heten vliehens keinen rât. dar zuo hôrt' ich in nennen, man solte in wol erkennen, 22 daz er den prîs übr mänegiu lant hete al ein zuo sîner hant.» « nu sih et wenne ode wie, und füeg’ daz er mich spreche hie. wir haben doch fride al disen tac ; 610 615 620 625 630 635 608 des, nämlich: ihn uns herzuführen. — 609 ûf, bei. — 610 wer kann der Ritter wol sein? — 611 degen stm., Krieger, Held. — fier, altfranz. fier, stolz, stattlich. — 612 pâruc = bâruc, und oft p für b. — soldier stm., Krieger, der im Solde eines Herrn steht. — 614 âvoy interj. (franz. avoi = ah voi, ei sieh!), hei. — 615 ane lâzen, auf etwas loslassen (wie den Jagd- hund auf das Wild) : auf die Feinde. — 616 rehte adv., treffend, trefflich. — dar unde dane, hin und wieder zurück. Er versteht den Schlägen des Gegners kunstgemäß auszuweichen und wieder darauf loszustürmen. — 620 dâ, dort wo. — Babylôn stm., Babylonier. — 622 dannen, von dort (von Alexandrien) weg. — 624 ir abhängig von waz: wie viel ihrer. — gevalt part. (rückumlautend) von vellen, zu Falle bringen, tödten. — 625 schum- phentiure stf. (altfranz. desconfiture), Niederlage. — 626 gehiure adj., woran nichts unheimlich ist; angenehm, schön. — 628 sine heten, daß sie nicht hatten. — rât, Abhülfe, Befreiung: sie konnten nicht umhin zu fliehen. — 629 dar zuo, ausser dem was ich selbst mit ansah. — nennen, nennen, lobend nennen, rühmen. — 630 man würde ihn wol kennen lernen als einen sol- chen dafs er, der. — 632 al ein, ganz allein. — zuo sîner hant, für seine (nicht : in seiner) Hand: in Anspruch nähme. — 633 et, nur, namentlich gern nach Zeitwörtern (verstärkend), wann oder wie es geschehen kann (daß er mich spricht). — 634 füegen swv., einrichten, bewerkstelligen. — 635 fride stm., Waffenstillstand. —
28 ERSTES BUCH. daz sie des ie gedâhten.» « nu sage mir ûf die triuwe dîn, wer der rîter müge sîn.» «frouwe, ez ist ein degen fier, des pârúckes sóldiér, ein Anschevîn von hôher art. âvoy wie wênic wirt gespart sîn lîp, swâ man in læzet ane ! wie rehte er dár únde dane entwîchet unde kêret! die vînde er schaden lêret. ich sach in strîten schône, dâ die Babylône Alexandrîe loesen solten, unde dô sie dannen wolten den bâruc triben mit gewalt. waz ir dâ nider wart gevalt an der schumphentiure! da begienc dér gehiure mit sîme libe sölhe tât, sine heten vliehens keinen rât. dar zuo hôrt' ich in nennen, man solte in wol erkennen, 22 daz er den prîs übr mänegiu lant hete al ein zuo sîner hant.» « nu sih et wenne ode wie, und füeg’ daz er mich spreche hie. wir haben doch fride al disen tac ; 610 615 620 625 630 635 608 des, nämlich: ihn uns herzuführen. — 609 ûf, bei. — 610 wer kann der Ritter wol sein? — 611 degen stm., Krieger, Held. — fier, altfranz. fier, stolz, stattlich. — 612 pâruc = bâruc, und oft p für b. — soldier stm., Krieger, der im Solde eines Herrn steht. — 614 âvoy interj. (franz. avoi = ah voi, ei sieh!), hei. — 615 ane lâzen, auf etwas loslassen (wie den Jagd- hund auf das Wild) : auf die Feinde. — 616 rehte adv., treffend, trefflich. — dar unde dane, hin und wieder zurück. Er versteht den Schlägen des Gegners kunstgemäß auszuweichen und wieder darauf loszustürmen. — 620 dâ, dort wo. — Babylôn stm., Babylonier. — 622 dannen, von dort (von Alexandrien) weg. — 624 ir abhängig von waz: wie viel ihrer. — gevalt part. (rückumlautend) von vellen, zu Falle bringen, tödten. — 625 schum- phentiure stf. (altfranz. desconfiture), Niederlage. — 626 gehiure adj., woran nichts unheimlich ist; angenehm, schön. — 628 sine heten, daß sie nicht hatten. — rât, Abhülfe, Befreiung: sie konnten nicht umhin zu fliehen. — 629 dar zuo, ausser dem was ich selbst mit ansah. — nennen, nennen, lobend nennen, rühmen. — 630 man würde ihn wol kennen lernen als einen sol- chen dafs er, der. — 632 al ein, ganz allein. — zuo sîner hant, für seine (nicht : in seiner) Hand: in Anspruch nähme. — 633 et, nur, namentlich gern nach Zeitwörtern (verstärkend), wann oder wie es geschehen kann (daß er mich spricht). — 634 füegen swv., einrichten, bewerkstelligen. — 635 fride stm., Waffenstillstand. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 29 dâ von der helt wol rîten mac her ûf ze mir: od sol ich dar? er ist anders denne wir gevar: ôwi wan tæete im daz niht wê! daz hete ich gerne erfunden ê: op mir'z die mîne rieten, ich solte im êre bieten. geruochet er mir nâhen, wie sol ich in enphâhen ? ist er mir dar zuo wol geboren, daz min kus niht si verloren?» « frouwe, ér’st für küneges künne erkant: des sî mîn lîp genennet phant. frouwe, ich wil iuwern fürsten sagen, daz sie rîchiu kleider tragen unde vor iu bîten unz daz wir zuo z'iu rîten. daz saget ir iweren frouwen gar. wan swenne ih nu hin nider var, sô bringe ich iu den werden gast, dem süezer tugende nie gebrast. » Harte wênic des verdarp: vil behendeclîchen warp der marschale sîner frouwen bete. balde wart dô Gahmurete 23 richiu kleider dar getragen: diu legt' er an. sus hôrte ich sagen, 640 645 650 655 660 636 dà von, infolge dessen (daßs wir fride haben). — 638 gevar adj., Farbe habend, farbig. — 639 ôwi, wie ôwé (I, 235), keineswegs nur Ausruf des Schmerzes. Wäre ihm doch das nicht unangenehm (dafs wir schwarz sind : vgl. I, 596). — 640 ervinden stv., ausfindig machen, erfahren. — ê, vorher. — 643 geruochen swv., Rücksicht nehmen; wollen, geruhen. — 645 dar zuo, mit das (646) zu verbinden. Ist er hochgeboren genug. — 646 ver- liesen, unnütz thun, übel anbringen: das wäre der Fall, wenn er nicht wol geborn wäre. — 647 erkennen für, kennen als etwas. — künne stn., Ge- schlecht; persönl. Abkömmling. Man weißs, dafs er aus königlicher Fa- milie ist. — 648 des, dafür; nennen, bezeichnen, bestimmen. Dafür bürge ich mit meinem Leben. — 650 daſs sie sich prächtig kleiden. — 651 fg. und dafs sie vor euch stehend unsere Ankunft erwarten. — bîten stv., warten. — 652 zuo z iu (mit verdopp. Präposition), zu euch. — 653 daz: daſs sie sich auch schmücken. — ir beim Imper. mhd. nicht selten. — 654 hin nider, von hier herab: weil das Königsschlofs hoch liegt. — 655 so kehre ich mit ihm zurůck. — 656 gebresten stv.: mir gebristet eines d., mir fehlt es an etwas. 657 verderben stv., umkommen, unterbleiben; nicht befolgt werden. — 658 behendeclîchen adv., mit Geschick. — werben mit acc., etwas ausrichten. — 659 bete stf., hier: Befehl, Gebot. —
GAHMURET UND BELAKANE. 29 dâ von der helt wol rîten mac her ûf ze mir: od sol ich dar? er ist anders denne wir gevar: ôwi wan tæete im daz niht wê! daz hete ich gerne erfunden ê: op mir'z die mîne rieten, ich solte im êre bieten. geruochet er mir nâhen, wie sol ich in enphâhen ? ist er mir dar zuo wol geboren, daz min kus niht si verloren?» « frouwe, ér’st für küneges künne erkant: des sî mîn lîp genennet phant. frouwe, ich wil iuwern fürsten sagen, daz sie rîchiu kleider tragen unde vor iu bîten unz daz wir zuo z'iu rîten. daz saget ir iweren frouwen gar. wan swenne ih nu hin nider var, sô bringe ich iu den werden gast, dem süezer tugende nie gebrast. » Harte wênic des verdarp: vil behendeclîchen warp der marschale sîner frouwen bete. balde wart dô Gahmurete 23 richiu kleider dar getragen: diu legt' er an. sus hôrte ich sagen, 640 645 650 655 660 636 dà von, infolge dessen (daßs wir fride haben). — 638 gevar adj., Farbe habend, farbig. — 639 ôwi, wie ôwé (I, 235), keineswegs nur Ausruf des Schmerzes. Wäre ihm doch das nicht unangenehm (dafs wir schwarz sind : vgl. I, 596). — 640 ervinden stv., ausfindig machen, erfahren. — ê, vorher. — 643 geruochen swv., Rücksicht nehmen; wollen, geruhen. — 645 dar zuo, mit das (646) zu verbinden. Ist er hochgeboren genug. — 646 ver- liesen, unnütz thun, übel anbringen: das wäre der Fall, wenn er nicht wol geborn wäre. — 647 erkennen für, kennen als etwas. — künne stn., Ge- schlecht; persönl. Abkömmling. Man weißs, dafs er aus königlicher Fa- milie ist. — 648 des, dafür; nennen, bezeichnen, bestimmen. Dafür bürge ich mit meinem Leben. — 650 daſs sie sich prächtig kleiden. — 651 fg. und dafs sie vor euch stehend unsere Ankunft erwarten. — bîten stv., warten. — 652 zuo z iu (mit verdopp. Präposition), zu euch. — 653 daz: daſs sie sich auch schmücken. — ir beim Imper. mhd. nicht selten. — 654 hin nider, von hier herab: weil das Königsschlofs hoch liegt. — 655 so kehre ich mit ihm zurůck. — 656 gebresten stv.: mir gebristet eines d., mir fehlt es an etwas. 657 verderben stv., umkommen, unterbleiben; nicht befolgt werden. — 658 behendeclîchen adv., mit Geschick. — werben mit acc., etwas ausrichten. — 659 bete stf., hier: Befehl, Gebot. —
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30 ERSTES BUCH. daz diu tiwer wæren. ánkér die swaren von árâbíschem golde wârn drûfe als er wolde. dô saz der minnen geltes lôn ûf ein órs, dáz ein Babylôn gein im durh tjostieren reit: den stach er drabe, daz was dem leit. obe sîn wirt iht mit im vare? er und sîne rîter gare. jâ deiswâr, sie sint es frô. sie riten mit ein ander dô und erbéizten vor dem palas, dâ manec riter ûffe was: die muosen wol gekleidet sîn. sîniu kinder liefen vor im în, ie zwei ein ander an der hant. ir hêrre manege frouwen vant, gekleidet wünneclîche. der küneginne rîche ir ougen füegéten pîn, dô sie gesach den Anschevîn. der was sô minneclîch gevare, daz er entslôz ir herze gare, ez wære ir liep oder leit: daz beslôz dâ vór ir wîphéit. ein wênec sie gein ime dô trat, ir gást sie sih küssen bat. 670 675 680 685 665 690 663 wœren, im Nhd. der Indicatiy : waren. Der Conj. steht, weil das Sagen- hören nicht den Begriff der vollen Sicherheit enthält. Auch Gahmuret kleidet sich kostbar, weil er vor den Frauen erscheinen soll. — 664 dic swœeren, die schwer waren. — 666 drûfe = dar ûfe, auf den Kleidern: sein Wappen. Wie er es gewollt, angeordnet hatte. — 667 sitzen stv., sich setzen, wie stên, sich stellen: mundartl. sitzen noch so gebraucht. — geit stm., Bezahlung, Erwiderung: er, der erwiderte Minne zu lohnen verstand. — 669 reit, geritten hatte. — 670 drabe, da von (von dem orse) ab. — leit, verdriefslich, ärgerlich. — 671 obe: solche Fragen, die die Erzählung leb- haft unterbrechen, sind bei Wolfram häufig (vgl. I, 428. 1072; II, 361. 456. 596. 869 u. ö.): ihr fragt, ob. — iht adv. acc., irgend, etwa. — 672 er und alle seine Ritter. — 673 es gen. von e2, dessen, darüber. — 675 erbeizen swv. (zu bîzen), weiden lassen: mit Auslassung von "Pferd»: absteigen. — 676 ûffe adv., auf, mit dâ zu verbinden. — 677 die hatten sich schön an- ziehen müssen. — 678 kinder neutr. pl. neben kint, Pagen. — in adv., hin- ein. — 679 zwei neutr. von zwêne: der eine den andern bei der Hand fas- send. — 681 wünneclîche adv., freudeerregend, wonniglich. — 683 füegen swy., verursachen. — 685 gevare adj., aussehend. — 686 entsliezen stv., aufschließsen, öffnen: daſs sich ihr Herz vor ihm aufthat. — 687 ez wœre, es mochte sein. — 688 besliezen stv., zuschließsen, geschlossen halten. — wîpheit stf.. Weiblichkeit. — 689 gein ime, ihm entgegen. — 690 sich, weil es auf das- selbe Subst. geht (lat. se): daſ er sie küsse. —
30 ERSTES BUCH. daz diu tiwer wæren. ánkér die swaren von árâbíschem golde wârn drûfe als er wolde. dô saz der minnen geltes lôn ûf ein órs, dáz ein Babylôn gein im durh tjostieren reit: den stach er drabe, daz was dem leit. obe sîn wirt iht mit im vare? er und sîne rîter gare. jâ deiswâr, sie sint es frô. sie riten mit ein ander dô und erbéizten vor dem palas, dâ manec riter ûffe was: die muosen wol gekleidet sîn. sîniu kinder liefen vor im în, ie zwei ein ander an der hant. ir hêrre manege frouwen vant, gekleidet wünneclîche. der küneginne rîche ir ougen füegéten pîn, dô sie gesach den Anschevîn. der was sô minneclîch gevare, daz er entslôz ir herze gare, ez wære ir liep oder leit: daz beslôz dâ vór ir wîphéit. ein wênec sie gein ime dô trat, ir gást sie sih küssen bat. 670 675 680 685 665 690 663 wœren, im Nhd. der Indicatiy : waren. Der Conj. steht, weil das Sagen- hören nicht den Begriff der vollen Sicherheit enthält. Auch Gahmuret kleidet sich kostbar, weil er vor den Frauen erscheinen soll. — 664 dic swœeren, die schwer waren. — 666 drûfe = dar ûfe, auf den Kleidern: sein Wappen. Wie er es gewollt, angeordnet hatte. — 667 sitzen stv., sich setzen, wie stên, sich stellen: mundartl. sitzen noch so gebraucht. — geit stm., Bezahlung, Erwiderung: er, der erwiderte Minne zu lohnen verstand. — 669 reit, geritten hatte. — 670 drabe, da von (von dem orse) ab. — leit, verdriefslich, ärgerlich. — 671 obe: solche Fragen, die die Erzählung leb- haft unterbrechen, sind bei Wolfram häufig (vgl. I, 428. 1072; II, 361. 456. 596. 869 u. ö.): ihr fragt, ob. — iht adv. acc., irgend, etwa. — 672 er und alle seine Ritter. — 673 es gen. von e2, dessen, darüber. — 675 erbeizen swv. (zu bîzen), weiden lassen: mit Auslassung von "Pferd»: absteigen. — 676 ûffe adv., auf, mit dâ zu verbinden. — 677 die hatten sich schön an- ziehen müssen. — 678 kinder neutr. pl. neben kint, Pagen. — in adv., hin- ein. — 679 zwei neutr. von zwêne: der eine den andern bei der Hand fas- send. — 681 wünneclîche adv., freudeerregend, wonniglich. — 683 füegen swy., verursachen. — 685 gevare adj., aussehend. — 686 entsliezen stv., aufschließsen, öffnen: daſs sich ihr Herz vor ihm aufthat. — 687 ez wœre, es mochte sein. — 688 besliezen stv., zuschließsen, geschlossen halten. — wîpheit stf.. Weiblichkeit. — 689 gein ime, ihm entgegen. — 690 sich, weil es auf das- selbe Subst. geht (lat. se): daſ er sie küsse. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 31 24 sie nam in selbe mit der hant: gein den vînden an die want sâzen s' in diu venster wit ûf ein kúlter gesteppet sámît, dar unde ein weichez pette lac. ist iht liehters dan der tac, dem glîchet niht diu künegin. sie hete wîplîchen sin, und was abr anders rîterlîch, der tóuwegen rôsen ungelîch. nâch swarzer varwe was ir schîn, ir krône ein liehter rúbîn: ir houbet man derdurch wol sach. diu wirtîn z'ir gaste sprach, daz ir liep war' sîn komen. «hêrre, ich hân von iu vernomen vil riterlîcher werdekeit. durch iuwer zuht lât iu niht leit, ob ih iu mînen kumber klage, den ich nâhe inme herzen trage.» 695 700 705 710 «Mîn helfe iuch, frowe, niht irret. swaz iu war od wirret, swâ daz wenden sol mîn hant, diu sî ze dienste dar benant. ich pin niht wan einec man : swer iu tuot od hât getân, dâ biute ich gegen mînen schilt: die vînde wênec des bevilt.» 715 692 den Feinden gegenüber. — 694 kulter stm. (ein = einen), gepolsterte Decke (altfranz. coltre, coutre, coute), welche über ein Ruhebett gebreitet wird. — samît, Sammet = aus Sammetstoff. — 695 unde = under. — 696 gibt es etwas Helleres als den Tag: dem Hellsten was es gibt, glich die Königin nicht, d. h. sie war nichts weniger als hell, sondern ganz dunkel. — iht, etwas ; mit gen. — 699 abr, aber, doch. — rîterlîch, einem Ritter geziemend; herr- lich, stattlich. — 700 touwec adj., bethaut. Bei der «bethauten Rose" denkt wohl der Dichter an seine frühere Schilderung der jungfräulichen Sigune, Tit. 110, 1: reht als ein touwec rôse. — 701 nâch, aussehend wie, wie. — 703 derdurch: durch den Rubin hindurch. — 706 von iu vernomen, vernom- men dafs ihr besitzt. — 708 lât iu niht leit sc. wesen, lasst es euch nicht verdrießen, nicht unangenehm sein; vgl. III, 1288. 1640. — 710 inme = ineme, in deme.— nâhe adv., eng eingeschlossen, tief. 711 irren mit acc., im Stiche lassen. — 712 swaz, was immer. — war præt., wirret præs. von werren stv., hinderlich sein. — 713 wenden, ab- wenden, rückgängig machen. — 714 dar entspricht dem swà. — benennen swv., bestimmen. — 715 einec, ein einzelner. — 716 iu tuot, euch etwas (zu Leide) thut. — 717 biute 1. præes. von bieten, strecken. — 718 beviln swv. unpersönl. mit gen., zu viel dünken, verdrießsen. - wênec = durchaus nicht. Weil ich nur einer bin. —
GAHMURET UND BELAKANE. 31 24 sie nam in selbe mit der hant: gein den vînden an die want sâzen s' in diu venster wit ûf ein kúlter gesteppet sámît, dar unde ein weichez pette lac. ist iht liehters dan der tac, dem glîchet niht diu künegin. sie hete wîplîchen sin, und was abr anders rîterlîch, der tóuwegen rôsen ungelîch. nâch swarzer varwe was ir schîn, ir krône ein liehter rúbîn: ir houbet man derdurch wol sach. diu wirtîn z'ir gaste sprach, daz ir liep war' sîn komen. «hêrre, ich hân von iu vernomen vil riterlîcher werdekeit. durch iuwer zuht lât iu niht leit, ob ih iu mînen kumber klage, den ich nâhe inme herzen trage.» 695 700 705 710 «Mîn helfe iuch, frowe, niht irret. swaz iu war od wirret, swâ daz wenden sol mîn hant, diu sî ze dienste dar benant. ich pin niht wan einec man : swer iu tuot od hât getân, dâ biute ich gegen mînen schilt: die vînde wênec des bevilt.» 715 692 den Feinden gegenüber. — 694 kulter stm. (ein = einen), gepolsterte Decke (altfranz. coltre, coutre, coute), welche über ein Ruhebett gebreitet wird. — samît, Sammet = aus Sammetstoff. — 695 unde = under. — 696 gibt es etwas Helleres als den Tag: dem Hellsten was es gibt, glich die Königin nicht, d. h. sie war nichts weniger als hell, sondern ganz dunkel. — iht, etwas ; mit gen. — 699 abr, aber, doch. — rîterlîch, einem Ritter geziemend; herr- lich, stattlich. — 700 touwec adj., bethaut. Bei der «bethauten Rose" denkt wohl der Dichter an seine frühere Schilderung der jungfräulichen Sigune, Tit. 110, 1: reht als ein touwec rôse. — 701 nâch, aussehend wie, wie. — 703 derdurch: durch den Rubin hindurch. — 706 von iu vernomen, vernom- men dafs ihr besitzt. — 708 lât iu niht leit sc. wesen, lasst es euch nicht verdrießen, nicht unangenehm sein; vgl. III, 1288. 1640. — 710 inme = ineme, in deme.— nâhe adv., eng eingeschlossen, tief. 711 irren mit acc., im Stiche lassen. — 712 swaz, was immer. — war præt., wirret præs. von werren stv., hinderlich sein. — 713 wenden, ab- wenden, rückgängig machen. — 714 dar entspricht dem swà. — benennen swv., bestimmen. — 715 einec, ein einzelner. — 716 iu tuot, euch etwas (zu Leide) thut. — 717 biute 1. præes. von bieten, strecken. — 718 beviln swv. unpersönl. mit gen., zu viel dünken, verdrießsen. - wênec = durchaus nicht. Weil ich nur einer bin. —
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32 ERSTES BUCH. mit zühten sprach ein fürste sân "heten wir einen houbetman, wir solden vînde wênic sparen, sît Vridebrant ist hin gevaren. der loeset dort sîn eigen lant. ein künec, heizet Hérnánt, den er durh Herelinde sluoc, des mâge tuont im leit genuoc: sine wellent sih’s niht mâzen. er hât hie helede lâzen; den herzogen Hiutegêr, des rîtertât uns manegiu sêr frumet, und sîn geselleschaft: ir strît hât kunst unde kraft. sô hât hie manegen soldier von Normandîe Gaschier, der wîse degen hêre. noch hât hie rîter mêre Kaylet von Hoscurast, manegen zórnigen gast. die bræehten alle in ditze lant der Schotten künec Vridebrant und sîner genôze viere mit manegem sóldiere. westerhalp dort an dem mer dâ lît Isenhartes her mit fliezénden ougen. offenlîch noch tougen gesach sie niemer mêr kein man, sine müesen jâmers wunder hân 725 730 735 740 745 720 25 719 mit zühten, in höflicher Weise. — 721 solden, würden. — 722 hin ge- varen, von hier abgezogen. — 723 loesen, frei machen, entsetzen; vgl. I, 621. — 724 ein künec wieder am Beginn des Satzes, durch des (726) auf- genommen. — heizet = der heizet. — 725 Herelinde acc. von Herelint. — sluoc præt. von slahen stv., erschlagen. — 727 sich mâzen mit gen., sich mässigen, sich enthalten. — 728 helede, die ältere Form für helde; helt = helet. — 730 sêr stn., Schmerz. — 731 frumen swv., vollbringen, schaffen, bereiten. — geselleschaft, Genossen: seine Ritter. — 732 sie verstehen sich auf den Streit und haben auch die genügende Menge von Soldaten. — 733 só, ebenso. — 736 noch mêre, ferner noch, außerdem noch. — 738 gast, feindlicher Krieger (lat. hostis); Krieger. — 739 brœhten indic. = brahten, zu I, 483. — ditze neutr. von dirre, dieser. — 741 genôz stm., Genosse (nhd. sw.), das e der Vorsilbe unterdrückt wie in geselle (I, 227), gesteppet (I, 694), gelegenheit (I, 1477) u. s. w. — 743 westerhalp, auf der Westseite. — 745 fliezenden, von Thränen strömenden. — 746 tougen adv., im Ver- borgenen. — 747 kein, irgendein. — 748 sine müesen (beschränkendes ne mit conj.), ohne daſs sie müssten. — wunder, ungeheure Menge, Fülle. Man sah sie immer sehr traurig. —
32 ERSTES BUCH. mit zühten sprach ein fürste sân "heten wir einen houbetman, wir solden vînde wênic sparen, sît Vridebrant ist hin gevaren. der loeset dort sîn eigen lant. ein künec, heizet Hérnánt, den er durh Herelinde sluoc, des mâge tuont im leit genuoc: sine wellent sih’s niht mâzen. er hât hie helede lâzen; den herzogen Hiutegêr, des rîtertât uns manegiu sêr frumet, und sîn geselleschaft: ir strît hât kunst unde kraft. sô hât hie manegen soldier von Normandîe Gaschier, der wîse degen hêre. noch hât hie rîter mêre Kaylet von Hoscurast, manegen zórnigen gast. die bræehten alle in ditze lant der Schotten künec Vridebrant und sîner genôze viere mit manegem sóldiere. westerhalp dort an dem mer dâ lît Isenhartes her mit fliezénden ougen. offenlîch noch tougen gesach sie niemer mêr kein man, sine müesen jâmers wunder hân 725 730 735 740 745 720 25 719 mit zühten, in höflicher Weise. — 721 solden, würden. — 722 hin ge- varen, von hier abgezogen. — 723 loesen, frei machen, entsetzen; vgl. I, 621. — 724 ein künec wieder am Beginn des Satzes, durch des (726) auf- genommen. — heizet = der heizet. — 725 Herelinde acc. von Herelint. — sluoc præt. von slahen stv., erschlagen. — 727 sich mâzen mit gen., sich mässigen, sich enthalten. — 728 helede, die ältere Form für helde; helt = helet. — 730 sêr stn., Schmerz. — 731 frumen swv., vollbringen, schaffen, bereiten. — geselleschaft, Genossen: seine Ritter. — 732 sie verstehen sich auf den Streit und haben auch die genügende Menge von Soldaten. — 733 só, ebenso. — 736 noch mêre, ferner noch, außerdem noch. — 738 gast, feindlicher Krieger (lat. hostis); Krieger. — 739 brœhten indic. = brahten, zu I, 483. — ditze neutr. von dirre, dieser. — 741 genôz stm., Genosse (nhd. sw.), das e der Vorsilbe unterdrückt wie in geselle (I, 227), gesteppet (I, 694), gelegenheit (I, 1477) u. s. w. — 743 westerhalp, auf der Westseite. — 745 fliezenden, von Thränen strömenden. — 746 tougen adv., im Ver- borgenen. — 747 kein, irgendein. — 748 sine müesen (beschränkendes ne mit conj.), ohne daſs sie müssten. — wunder, ungeheure Menge, Fülle. Man sah sie immer sehr traurig. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 3 (ir herzen régen die güsse warp), sit an der tjost ir hêrre starp.» 750 Der gast zer wirtinne sprach mit rîters sinne «saget mir, obe ir's ruochet, durh waz man iuch só suochet zórnlîche mit gewalt. ir habet sô manegen degen balt: mich müet daz sie sint verladen mit vinde hazze nach ir schaden.» «daz sagich iu, hêrre, sît ir's gert. mir diende ein rîter, der was wert. sîn lip was tugende ein bérende ris. der helt was küene unde wis, der triuwe ein reht beklibeniu fruht : sin zuht wac für alle zuht. er was noch kiuscher denne ein wip: vrechéit und ellen truoc sîn lip, sone gewúohs an rîter milter hant vor ime nie über elliu lant (i’ne weiz waz nâch uns süle geschehen: des lâzen ander liute jehen): er was gein valscher fuore ein tôr, in swarzer varwe als ich ein Môr. sîn vater híez Tánkanîs, ein künec: der het och hôhen pris. 755 760 765 770 26 749 güsse stf., Uberschwemmung. — werben, ins Werk setzen. Der Regen ihres Herzens (ihre Thränen) stellte eine Uberschwemmung dar. — 750 tjost stf., Lanzenrennen zweier Ritter: altfranz. joste (vom lat. juxta). 753 ruocken swv. mit gen., Rücksicht nehmen, geruhen, wollen. — 754 durh war, weswegen. — suochen, aufsuchen, in feindlicher Absicht: mit Krieg uberziehen. — 755 zorntiche adv., erzürnt. — gewalt stm., Heeres- macht, Heer. — 756 balt adj., kühn, muthig. — 757 müejen, müen swv., be- schweren, verdrießsen. — verladen stv., übermäßig beladen. — 758 nach drückt die Modalität aus: in einer ihnen schädlichen Weise. — 759 sagich = sage ich: kurzsilbige Stämme mit nachfolgendem ich, er, werden auf der Hebung öfter verschleift: sagich bildet nur eine Silbe. Ebenso I, 1171 u. ö. — 761 sin lip = er: lip dient häufig nur zur Umschreibung. — beren, bern stv., tragen, Frucht bringen. — ris stn., Zweig: davon hängt ab der Gen. tugende. — tugent stf., Tüchtigkeit, Vorzug; oft auch blofs äußserer An- stand, feine Sitte. — 763 brkliben stv., Wurzel fassen: bekliben, der Wurzel gefasst hat. — 764 wegen stv., Gewicht haben, wiegen. — für, Vorzug: vor, über. — 766 vrecheit stf., Muth, Kuhnheit. — 767 so, ebenso. — 769 fg. schließt sich an vor ime an: vor seiner Zeit, bis auf seine Zeit. — sûle conj., wird. — 770 lâzen adhort. conj., wollen wir lassen. Das mögen andere, die nach uns leben, sagen. — 771 fuore stf., die Art zu varn, Lebensweise, Benehmen. — gein, in Hinsicht auf. — tôr = tôre swm., Thor: er verstand sich nicht auf treuloses Benehmen. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl.
GAHMURET UND BELAKANE. 3 (ir herzen régen die güsse warp), sit an der tjost ir hêrre starp.» 750 Der gast zer wirtinne sprach mit rîters sinne «saget mir, obe ir's ruochet, durh waz man iuch só suochet zórnlîche mit gewalt. ir habet sô manegen degen balt: mich müet daz sie sint verladen mit vinde hazze nach ir schaden.» «daz sagich iu, hêrre, sît ir's gert. mir diende ein rîter, der was wert. sîn lip was tugende ein bérende ris. der helt was küene unde wis, der triuwe ein reht beklibeniu fruht : sin zuht wac für alle zuht. er was noch kiuscher denne ein wip: vrechéit und ellen truoc sîn lip, sone gewúohs an rîter milter hant vor ime nie über elliu lant (i’ne weiz waz nâch uns süle geschehen: des lâzen ander liute jehen): er was gein valscher fuore ein tôr, in swarzer varwe als ich ein Môr. sîn vater híez Tánkanîs, ein künec: der het och hôhen pris. 755 760 765 770 26 749 güsse stf., Uberschwemmung. — werben, ins Werk setzen. Der Regen ihres Herzens (ihre Thränen) stellte eine Uberschwemmung dar. — 750 tjost stf., Lanzenrennen zweier Ritter: altfranz. joste (vom lat. juxta). 753 ruocken swv. mit gen., Rücksicht nehmen, geruhen, wollen. — 754 durh war, weswegen. — suochen, aufsuchen, in feindlicher Absicht: mit Krieg uberziehen. — 755 zorntiche adv., erzürnt. — gewalt stm., Heeres- macht, Heer. — 756 balt adj., kühn, muthig. — 757 müejen, müen swv., be- schweren, verdrießsen. — verladen stv., übermäßig beladen. — 758 nach drückt die Modalität aus: in einer ihnen schädlichen Weise. — 759 sagich = sage ich: kurzsilbige Stämme mit nachfolgendem ich, er, werden auf der Hebung öfter verschleift: sagich bildet nur eine Silbe. Ebenso I, 1171 u. ö. — 761 sin lip = er: lip dient häufig nur zur Umschreibung. — beren, bern stv., tragen, Frucht bringen. — ris stn., Zweig: davon hängt ab der Gen. tugende. — tugent stf., Tüchtigkeit, Vorzug; oft auch blofs äußserer An- stand, feine Sitte. — 763 brkliben stv., Wurzel fassen: bekliben, der Wurzel gefasst hat. — 764 wegen stv., Gewicht haben, wiegen. — für, Vorzug: vor, über. — 766 vrecheit stf., Muth, Kuhnheit. — 767 so, ebenso. — 769 fg. schließt sich an vor ime an: vor seiner Zeit, bis auf seine Zeit. — sûle conj., wird. — 770 lâzen adhort. conj., wollen wir lassen. Das mögen andere, die nach uns leben, sagen. — 771 fuore stf., die Art zu varn, Lebensweise, Benehmen. — gein, in Hinsicht auf. — tôr = tôre swm., Thor: er verstand sich nicht auf treuloses Benehmen. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl.
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34 ERSTES BUCH. 27 mîn friwent der hiez Isenhart. min wiphéit was unbewart, do ich sîn dienst nâch minne enphienc, deiz ime nâch frouden niht ergienc. des muoz ich iemer jâmer tragen. sîe wannt daz ich in schüefe erslagen: verrâtens ich doch wênic kan, swie mich des zîhen sîne man. er was mir lieber danne in. âne geziuge ich des niht bin, mit den ih’z sol bewæren noch: die rehten wârheit wizzen doch mîne góte und ouch die sine. er gap mir manege pine. nu hât min schamendiu wipheit sîn lôn erlenget und mîn leit. dem helde erwarp mîn magetuom an rîterschefte manegen ruom. do versuochte ich'n, obe er kunde sîn ein friunt. daz wart vil balde schin. er gap durh mich sîn harnas enwec (daz als ein palas dort stêt, daz ist ein hôh gezelt: daz brâhten Schotten úf diz velt): dô daz der helt âne wart, sîn lip dô wênic wart gespart. des lebens in dâ nâch verdrôz, manege âventiure suohte er blôz. 780 785 790 795 800 775 775 friwent erweiterte Form von friunt, Liebhaber, Geliebter. — 776 unhe- wart, nicht in Acht genommen: ich handelte nicht weiblich darin, dafs u. s. W. — 777 do, damals als ich. — nâch, die Erwartung, das Sehnen : mit dienst zu verbinden. — 778 deiz contrah. aus daz ec. — ergienc, aus- schlug: nach frouden vertritt ein Adv. (zu I, 758). — 779 des. deshalb. — 780 sie, seine Mannen. — schaffen stv., bewirken: daſs ich seinen Tod be- wirkte, verursachte. — 781 verrâtens von wênic abhängig. — 782 swie, wie auch, obgleich. — 784 des von geziuge abhängig : dessen, in Bezug darauf. — 785 bewaren, bewahrheiten, als wahr darthun. — 786 rehten acc. sing. fem. in schwacher Form. — 788 gap, verursachte. — 789 schamende, sich schämend, schamhaft. — 790 erlengen swv., in die Länge ziehen, hinaus- schieben. — 791 magetuom stm., Jungfräulichkeit: der Umstand, daßs ich mich ihm nicht ergab, drängte ihn zu immer neuen Thaten, um meine Liebe zu gewinnen. — 793 ich n = ich in. — kunde, verstände. — 794 wart schîn (adj.), ward offenbar, zeigte sich. — 796 enwec, hinweg: er ver- schenkte die Rüstung. — daz, was: ihr Blick schweift auf das Zelt ab, in welchem Isenhart's Leiche balsamiert liegt (I, 1512), und sie zeigt dieses Gahmuret. da: in V. 799 bezieht sich wieder auf harnas. — 799 ane wer- den mit acc., beraubt werden, verlustig gehen. — 802 blôz. ohne — Rüstung.
34 ERSTES BUCH. 27 mîn friwent der hiez Isenhart. min wiphéit was unbewart, do ich sîn dienst nâch minne enphienc, deiz ime nâch frouden niht ergienc. des muoz ich iemer jâmer tragen. sîe wannt daz ich in schüefe erslagen: verrâtens ich doch wênic kan, swie mich des zîhen sîne man. er was mir lieber danne in. âne geziuge ich des niht bin, mit den ih’z sol bewæren noch: die rehten wârheit wizzen doch mîne góte und ouch die sine. er gap mir manege pine. nu hât min schamendiu wipheit sîn lôn erlenget und mîn leit. dem helde erwarp mîn magetuom an rîterschefte manegen ruom. do versuochte ich'n, obe er kunde sîn ein friunt. daz wart vil balde schin. er gap durh mich sîn harnas enwec (daz als ein palas dort stêt, daz ist ein hôh gezelt: daz brâhten Schotten úf diz velt): dô daz der helt âne wart, sîn lip dô wênic wart gespart. des lebens in dâ nâch verdrôz, manege âventiure suohte er blôz. 780 785 790 795 800 775 775 friwent erweiterte Form von friunt, Liebhaber, Geliebter. — 776 unhe- wart, nicht in Acht genommen: ich handelte nicht weiblich darin, dafs u. s. W. — 777 do, damals als ich. — nâch, die Erwartung, das Sehnen : mit dienst zu verbinden. — 778 deiz contrah. aus daz ec. — ergienc, aus- schlug: nach frouden vertritt ein Adv. (zu I, 758). — 779 des. deshalb. — 780 sie, seine Mannen. — schaffen stv., bewirken: daſs ich seinen Tod be- wirkte, verursachte. — 781 verrâtens von wênic abhängig. — 782 swie, wie auch, obgleich. — 784 des von geziuge abhängig : dessen, in Bezug darauf. — 785 bewaren, bewahrheiten, als wahr darthun. — 786 rehten acc. sing. fem. in schwacher Form. — 788 gap, verursachte. — 789 schamende, sich schämend, schamhaft. — 790 erlengen swv., in die Länge ziehen, hinaus- schieben. — 791 magetuom stm., Jungfräulichkeit: der Umstand, daßs ich mich ihm nicht ergab, drängte ihn zu immer neuen Thaten, um meine Liebe zu gewinnen. — 793 ich n = ich in. — kunde, verstände. — 794 wart schîn (adj.), ward offenbar, zeigte sich. — 796 enwec, hinweg: er ver- schenkte die Rüstung. — daz, was: ihr Blick schweift auf das Zelt ab, in welchem Isenhart's Leiche balsamiert liegt (I, 1512), und sie zeigt dieses Gahmuret. da: in V. 799 bezieht sich wieder auf harnas. — 799 ane wer- den mit acc., beraubt werden, verlustig gehen. — 802 blôz. ohne — Rüstung.
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GAHMURET UND BELAKANE. 35 28 dô dítz alsô was, ein fürste (Prôthizilas der hiez) mîn mässenie, vor zageheit der vrie, ûz durch âventiure reit, dâ grôz schade in niht vermeit. zem fôrést in Azagouc ein tjost im sterben niht erlouc, die er tet úf einen küenen man, der ouch sîn ende aldâ gewan. daz was mîn friunt Isenhart. ir ietwedere innen wart eins spers durh schilt und durh den lip. daz klage ich noch, vil armez wîp: ir bêder tôt mich iemer müet. uf mîner triuwe jâmer blüet. ih enwart nie wip decheines man.» Gahmureten důhte sân, swie sie wæere ein heidenin, mit triuwen wîplîcher sin in wibes herze nie geslouf. ir kiusche was ein reiner touf, und ouch dèr regen der sie begôz, der wâc der von ir ougen flôz úf ir zóbel und án ir brust. riuwen phlege was ir gelust, und rehtiu jâmers lêre. sie sagte im fürbaz mére. 810 815 820 825 805 830 803 als dies sich so verhielt, so stand: unter diesen Verhältnissen. 806 vor von vríe abhängig: nhd. frei von, ohne: vgl. II, 204. — zageheit stf.. Verzagtheit, Feigheit. — 808 grôc unflect. Form des Adj. — ver- miden, verschonen. — 809 ce, das Verweilen: in. — fôrest stn., Wald, Forst; altfranz. forest, neufranz. foret. — 810 erliegen stv., verleugnen: unterliefs nicht ihm zu geben. — 811 die sc. tjost. — 814 ietwedere, jeder von beiden davon ir abhangig. — innen wart mit gen., bemerkte, fühlte: jeder fühlte daſs ein Speer durch seinen Schild und Leib drang. — 816 vil arme: wip, mit ausgelassenem ich. — 818 ûf, auf der Grundlage, dem Boden. — 819 wip, der Gegensatz zu maget, Jungfrau. Ich bin noch Jungfrau. — 820 dunken præet. důhte, scheinen, vorkommen. — 821 heidenin fem. zu heiden, Heidin. — 822 das zu ergänzen. — wiplîcher ist Compara- tiv grobere Treue und Weiblichkeit. — 823 geslouf præt. von gesliefen stv., hineinschlüpfen, -kommen. Man erwartet den Conjunctiv. — 824 ver- trat die Stelle der Taufe. — 826 wâc stm. (zu wegen, bewegen), Wasser. — 828 riuwe stf. (hier gen. pl.), Betrübniss, Trauer. — phlege, beständiges Betreiben. — gelust, Wohlgefallen, Freude. — 829 lére stf., Belehrung, Anordnung: sie stand unter Herrschaft des Jammers. — 3*
GAHMURET UND BELAKANE. 35 28 dô dítz alsô was, ein fürste (Prôthizilas der hiez) mîn mässenie, vor zageheit der vrie, ûz durch âventiure reit, dâ grôz schade in niht vermeit. zem fôrést in Azagouc ein tjost im sterben niht erlouc, die er tet úf einen küenen man, der ouch sîn ende aldâ gewan. daz was mîn friunt Isenhart. ir ietwedere innen wart eins spers durh schilt und durh den lip. daz klage ich noch, vil armez wîp: ir bêder tôt mich iemer müet. uf mîner triuwe jâmer blüet. ih enwart nie wip decheines man.» Gahmureten důhte sân, swie sie wæere ein heidenin, mit triuwen wîplîcher sin in wibes herze nie geslouf. ir kiusche was ein reiner touf, und ouch dèr regen der sie begôz, der wâc der von ir ougen flôz úf ir zóbel und án ir brust. riuwen phlege was ir gelust, und rehtiu jâmers lêre. sie sagte im fürbaz mére. 810 815 820 825 805 830 803 als dies sich so verhielt, so stand: unter diesen Verhältnissen. 806 vor von vríe abhängig: nhd. frei von, ohne: vgl. II, 204. — zageheit stf.. Verzagtheit, Feigheit. — 808 grôc unflect. Form des Adj. — ver- miden, verschonen. — 809 ce, das Verweilen: in. — fôrest stn., Wald, Forst; altfranz. forest, neufranz. foret. — 810 erliegen stv., verleugnen: unterliefs nicht ihm zu geben. — 811 die sc. tjost. — 814 ietwedere, jeder von beiden davon ir abhangig. — innen wart mit gen., bemerkte, fühlte: jeder fühlte daſs ein Speer durch seinen Schild und Leib drang. — 816 vil arme: wip, mit ausgelassenem ich. — 818 ûf, auf der Grundlage, dem Boden. — 819 wip, der Gegensatz zu maget, Jungfrau. Ich bin noch Jungfrau. — 820 dunken præet. důhte, scheinen, vorkommen. — 821 heidenin fem. zu heiden, Heidin. — 822 das zu ergänzen. — wiplîcher ist Compara- tiv grobere Treue und Weiblichkeit. — 823 geslouf præt. von gesliefen stv., hineinschlüpfen, -kommen. Man erwartet den Conjunctiv. — 824 ver- trat die Stelle der Taufe. — 826 wâc stm. (zu wegen, bewegen), Wasser. — 828 riuwe stf. (hier gen. pl.), Betrübniss, Trauer. — phlege, beständiges Betreiben. — gelust, Wohlgefallen, Freude. — 829 lére stf., Belehrung, Anordnung: sie stand unter Herrschaft des Jammers. — 3*
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36 ERSTES BUCH. 29 «dô suochte mich von über mer der Schotten künec mit sînem her: der was sîns ééhéimes sun. sine mohten mir niht mêr getuon. schaden dan mir was geschehen an Isenharte, ich muoz es jehen.» diu frouwe ersiufte dicke. durch die zähere manege blicke sie schamende gástlîchen sach an Gahmureten: dô verjach ir óugén dem herzen sân daz er ware wol getân. sie kunde ouch liehte varwe spehen: wan sie hete och ê gesehen manegen liehten heiden. aldâ wart undr in beiden ein vil getriulîchiu ger: sie sach dar, und er sach her. dar nâch hiez sie schenken sân: getorste sie, daz war' verlân. ez müete sie deiz niht beleip, wand’ ez die rîter ie vertreip, die gerne sprâchen wider diu wîp. doch was ir lîp sîn selbes lip : ouch hete er ir den muot gegeben, sîn leben was der frouwen leben. dô stuont er ûf unde sprach “frouwe, ich tuon iu ungemach. ich kan ze lange sitzen: 835 840 845 850 855 831 über mer als éin Begriff gefafst: das Land jenseit des Meeres; von über mer = altfranz. d'oltre mer. Vgl. I, 916. — 833 sîns, Isenhart’s. — 835 schaden ist Gen. (nom. schade swm.), abhängig von mêr. — 837 ersiaf- ten swv., aufseufzen. — 838 zaher stm., Tropfen; Zähre. — blic sehen, wie Schlag schlagen u. s. w. — 839 gastlîchen adv., wie Fremde thun, sich ansehen. — 840 an ist Præp., nicht Adv.: blickte auf Gahmuret. — 841 ougen pl.: zu I, 540. — 842 wol getàn, gut beschaffen, schön. — 843 kunde. verstand sich darauf. — spehen, prüfend betrachten. — 844 och (= ouch), auch schon. — 845 lieht, der nicht schwarz war wie sie. — 847 getriulích — getriuwelich, aufrichtig, aus dem Herzen kommend. — ger stf., Verlangen, Sehnen. — 849 schenken, Wein und andere Getränke einschenken: zur Bewillkommnung. — 850 getorste præt. (conj.) von geturren, dürfen, wagen: im Sinne des Plusquamperfectums. — verlàzen, verlân stv., unterlassen. — 851 beleip præt. von belîben, unterbleiben. — 852 es war für ihn das Zeichen an den Aufbruch zu denken, dem ersten Anstandsbesuche ein Ende zu machen. — 853 die sich gern mit den Frauen unterhielten. — 854 doch: wiewohl sie sich trennen mussten. — 855 er hatte ihr solche Gesinnung eingegeben, sie dazu veranlaſst. — 858 ungemach, Unbequemlichkeit: ich falle euch lästig. —
36 ERSTES BUCH. 29 «dô suochte mich von über mer der Schotten künec mit sînem her: der was sîns ééhéimes sun. sine mohten mir niht mêr getuon. schaden dan mir was geschehen an Isenharte, ich muoz es jehen.» diu frouwe ersiufte dicke. durch die zähere manege blicke sie schamende gástlîchen sach an Gahmureten: dô verjach ir óugén dem herzen sân daz er ware wol getân. sie kunde ouch liehte varwe spehen: wan sie hete och ê gesehen manegen liehten heiden. aldâ wart undr in beiden ein vil getriulîchiu ger: sie sach dar, und er sach her. dar nâch hiez sie schenken sân: getorste sie, daz war' verlân. ez müete sie deiz niht beleip, wand’ ez die rîter ie vertreip, die gerne sprâchen wider diu wîp. doch was ir lîp sîn selbes lip : ouch hete er ir den muot gegeben, sîn leben was der frouwen leben. dô stuont er ûf unde sprach “frouwe, ich tuon iu ungemach. ich kan ze lange sitzen: 835 840 845 850 855 831 über mer als éin Begriff gefafst: das Land jenseit des Meeres; von über mer = altfranz. d'oltre mer. Vgl. I, 916. — 833 sîns, Isenhart’s. — 835 schaden ist Gen. (nom. schade swm.), abhängig von mêr. — 837 ersiaf- ten swv., aufseufzen. — 838 zaher stm., Tropfen; Zähre. — blic sehen, wie Schlag schlagen u. s. w. — 839 gastlîchen adv., wie Fremde thun, sich ansehen. — 840 an ist Præp., nicht Adv.: blickte auf Gahmuret. — 841 ougen pl.: zu I, 540. — 842 wol getàn, gut beschaffen, schön. — 843 kunde. verstand sich darauf. — spehen, prüfend betrachten. — 844 och (= ouch), auch schon. — 845 lieht, der nicht schwarz war wie sie. — 847 getriulích — getriuwelich, aufrichtig, aus dem Herzen kommend. — ger stf., Verlangen, Sehnen. — 849 schenken, Wein und andere Getränke einschenken: zur Bewillkommnung. — 850 getorste præt. (conj.) von geturren, dürfen, wagen: im Sinne des Plusquamperfectums. — verlàzen, verlân stv., unterlassen. — 851 beleip præt. von belîben, unterbleiben. — 852 es war für ihn das Zeichen an den Aufbruch zu denken, dem ersten Anstandsbesuche ein Ende zu machen. — 853 die sich gern mit den Frauen unterhielten. — 854 doch: wiewohl sie sich trennen mussten. — 855 er hatte ihr solche Gesinnung eingegeben, sie dazu veranlaſst. — 858 ungemach, Unbequemlichkeit: ich falle euch lästig. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 37 daz entuon ich niht mit witzen. mir ist vil dienestlîchen leit, daz iuwer kumber ist sô breit. frowe, gebietet über mich : swar ir welt, dar'st mîn gerich. ich diene iu allez daz ich sol.» «hêrre, des trûwe ich in wol.» 860 865 Der búregrâvé sîn wirt nu vil wênic des verbirt, er'n kürze im sine stunde. zu vrâgen er begunde, 30 ober wólde baneken rîten: «und schouwet wâ wir strîten, wie unser porten sîn behuot.» Gahmuret der degen guot sprach, er wolde gerne sehen wâ rîterschaft dâ wæer' geschehen. her abe mit dem helde reit manec rîter vil gemeit, hie der wîse, dort der tumbe. si fuorten in alumbe für séhzéhen porten, und beschieden im mit worten, daz der necheiniu waer’ bespart, sît wurde gerochen Isenhart «an uns mit zorne. naht unt tac unser strît vil nâch gelîche wac : man beslôz ir keine sît. 870 875 880 885 60 witze gern im Pl.: darin handle ich nicht verständig. — 861 dienest- chen ady., wie es einem Dienstmann zukommt. — 862 breit, ausgedehnt, rofs. — 864 dar'st = dar ist, dahin wendet sich. — gerich stm., Rache. — 35 dienen trans., zu Dienste thun. — 866 trûwen einem eines d., etwas von emand glauben, ihm zutrauen. 868 verbirt 3. præes. von verbern, unterlassen: mit folgendem ne und onj.: dafs er nicht, zu (mit inf.). — vil wênic = nichts, durchaus nicht. — 39 stunde acc. pl., Zeit. — 870 beginnen mit ze ist mhd. seltener als der loße Infinitiv. — 871 baneken intr., sich umhertummeln, spazieren: altfranz. anoier (deutscher Herkunft). — 872 Ubergang aus indirecter in directe tede bei Wolfram häufig : leicht erklärlich bei einem nur dictierenden ichter. Vgl. I, 885 etc. — 873 sîn ist Conj. — behuot part. von behüeten, eschützen. — 874 guot wie altfranz. bon, im Sinne von: tapfer. — 876 dâ erstarkend zu wá. — 879 wis, erfahren, alt; tump, unerfahren, jung. — 80 alumbe adv., ringsum. — 881 für, vorüber an. — 882 bescheiden stv., useinandersetzen, ausführlich mittheilen. — 883 bespart rückumlaut. part. on besperren swv., zusperren. — 884 wurde conj. in indirecter Rede: die ireete beginnt mit an uns. — 886 wir kämpften des Nachts beinahe ebenso iei wie am Tage. — 887 sît, seitdem: seit Isenhart's Tode. —
GAHMURET UND BELAKANE. 37 daz entuon ich niht mit witzen. mir ist vil dienestlîchen leit, daz iuwer kumber ist sô breit. frowe, gebietet über mich : swar ir welt, dar'st mîn gerich. ich diene iu allez daz ich sol.» «hêrre, des trûwe ich in wol.» 860 865 Der búregrâvé sîn wirt nu vil wênic des verbirt, er'n kürze im sine stunde. zu vrâgen er begunde, 30 ober wólde baneken rîten: «und schouwet wâ wir strîten, wie unser porten sîn behuot.» Gahmuret der degen guot sprach, er wolde gerne sehen wâ rîterschaft dâ wæer' geschehen. her abe mit dem helde reit manec rîter vil gemeit, hie der wîse, dort der tumbe. si fuorten in alumbe für séhzéhen porten, und beschieden im mit worten, daz der necheiniu waer’ bespart, sît wurde gerochen Isenhart «an uns mit zorne. naht unt tac unser strît vil nâch gelîche wac : man beslôz ir keine sît. 870 875 880 885 60 witze gern im Pl.: darin handle ich nicht verständig. — 861 dienest- chen ady., wie es einem Dienstmann zukommt. — 862 breit, ausgedehnt, rofs. — 864 dar'st = dar ist, dahin wendet sich. — gerich stm., Rache. — 35 dienen trans., zu Dienste thun. — 866 trûwen einem eines d., etwas von emand glauben, ihm zutrauen. 868 verbirt 3. præes. von verbern, unterlassen: mit folgendem ne und onj.: dafs er nicht, zu (mit inf.). — vil wênic = nichts, durchaus nicht. — 39 stunde acc. pl., Zeit. — 870 beginnen mit ze ist mhd. seltener als der loße Infinitiv. — 871 baneken intr., sich umhertummeln, spazieren: altfranz. anoier (deutscher Herkunft). — 872 Ubergang aus indirecter in directe tede bei Wolfram häufig : leicht erklärlich bei einem nur dictierenden ichter. Vgl. I, 885 etc. — 873 sîn ist Conj. — behuot part. von behüeten, eschützen. — 874 guot wie altfranz. bon, im Sinne von: tapfer. — 876 dâ erstarkend zu wá. — 879 wis, erfahren, alt; tump, unerfahren, jung. — 80 alumbe adv., ringsum. — 881 für, vorüber an. — 882 bescheiden stv., useinandersetzen, ausführlich mittheilen. — 883 bespart rückumlaut. part. on besperren swv., zusperren. — 884 wurde conj. in indirecter Rede: die ireete beginnt mit an uns. — 886 wir kämpften des Nachts beinahe ebenso iei wie am Tage. — 887 sît, seitdem: seit Isenhart's Tode. —
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38 ERSTES BUCH. 31 uns gît vor ähte porten strît des getriuwen Isenhartes man: die habent uns schaden vil getân. sie ringént mit zorne, die fürsten wol geborne, des küneges man von Azagouc.» vor feslîcher porte flouc ob küener schar ein liehter vane; ein durchstochen rîter drane, als Isenhart den lîp verlôs: sin volc diu wâpen dâ nâch kôs. «dâ gein hân wir einen site : dâ stille wir ir jâmer mite. unser vanen sint erkant, daz zwêne vinger ûz der hant biutet gein dem eide, ir'n geschâhe nie sô leide wan sît daz Isenhart lac tôt (mîner frouwen frumt’ er herzenôt), sus stêt diu künegîn gemâl, frou Belakâne, sunder twâl in einen blanken sámît gesniten von swarzer varwe, sît daz wir diu wâpen kuren an in (ir triuwe an jâmer hât gewin): die steckent obe den porten hôch. vür die andern ähte uns suochet noch 890 895 900 905 910 888 strît geben, Gelegenheit, Anlaßs zum Streit geben. — ähte umgelaut. aus ahte, acht. — 891 mit zorne, in zorniger Weise, sehr erzürnt. — 893 man nom. pl.; von Azagouc mit des küneges zu verbinden. — 894 flouc præt. von fliegen, flattern. — 895 ob præp., über, oberhalb. — vane svm., Fahne. — 897 als, so aussehend wie. — 898 diu wapen, das Wappen. — kôs præt. von kiesen, auswählen. Man würde 894—898 auch als zur Rede des Burggrafen gehörig erwarten, da 899 darauf Bezug genommen ist. Statt dessen tritt der Dichter erzählend ein; das beweist das Præt. flouc. — 899 dâ gein, dem gegenüber: gegenüber diesem ihrem Wappen. — 900 dâ — mite, da- mit. — stille für stillen: bei folgendem wir wird n häufig abgeworfen. — 901 sint erkant, haben das Kennzeichen, das Wappen. — 902 daz, dasjenige was: eine Gestalt welche. — ûz, aus — empor. — 903 biutet, emporstreckt. — 904 fg. drückt den Inhalt des Eides aus: dafs ihr niemals ein solches Leid geschehen sei, als seit der Zeit, wo Isenhart todt lag. — 906 erläutert diesen Gedanken nochmals. — 907 sus, in solcher Gestalt, so abgebildet. — gemal, in Farben dargestellt, gemalt. — 908 sunder twâl, ohne Verzug : hier nur reim- und versfüllender Ausdruck. — 910 gesniten, hineingeschnitten : also ein Bild aus verschiedenfarbigen Stoffen zusammengesetzt. — von swarzer varwe ist die Gestalt der Königin. — sît daz, seit der Zeit dafs. — 911 kuren præt. pl. von kiesen stv., wahrnehmen, sehen. — 912 ihre treue Gesinnung vermehrt ihren Jammer. — 913 die sc. vanen. — 914 vür drückt die Be- wegung aus: wir würden vor mit dat. erwarten. In suochen liegt aber der Begriff der Bewegung; vgl. Nibel. 143, 4 : suochen her enlant. Crane 4801. —
38 ERSTES BUCH. 31 uns gît vor ähte porten strît des getriuwen Isenhartes man: die habent uns schaden vil getân. sie ringént mit zorne, die fürsten wol geborne, des küneges man von Azagouc.» vor feslîcher porte flouc ob küener schar ein liehter vane; ein durchstochen rîter drane, als Isenhart den lîp verlôs: sin volc diu wâpen dâ nâch kôs. «dâ gein hân wir einen site : dâ stille wir ir jâmer mite. unser vanen sint erkant, daz zwêne vinger ûz der hant biutet gein dem eide, ir'n geschâhe nie sô leide wan sît daz Isenhart lac tôt (mîner frouwen frumt’ er herzenôt), sus stêt diu künegîn gemâl, frou Belakâne, sunder twâl in einen blanken sámît gesniten von swarzer varwe, sît daz wir diu wâpen kuren an in (ir triuwe an jâmer hât gewin): die steckent obe den porten hôch. vür die andern ähte uns suochet noch 890 895 900 905 910 888 strît geben, Gelegenheit, Anlaßs zum Streit geben. — ähte umgelaut. aus ahte, acht. — 891 mit zorne, in zorniger Weise, sehr erzürnt. — 893 man nom. pl.; von Azagouc mit des küneges zu verbinden. — 894 flouc præt. von fliegen, flattern. — 895 ob præp., über, oberhalb. — vane svm., Fahne. — 897 als, so aussehend wie. — 898 diu wapen, das Wappen. — kôs præt. von kiesen, auswählen. Man würde 894—898 auch als zur Rede des Burggrafen gehörig erwarten, da 899 darauf Bezug genommen ist. Statt dessen tritt der Dichter erzählend ein; das beweist das Præt. flouc. — 899 dâ gein, dem gegenüber: gegenüber diesem ihrem Wappen. — 900 dâ — mite, da- mit. — stille für stillen: bei folgendem wir wird n häufig abgeworfen. — 901 sint erkant, haben das Kennzeichen, das Wappen. — 902 daz, dasjenige was: eine Gestalt welche. — ûz, aus — empor. — 903 biutet, emporstreckt. — 904 fg. drückt den Inhalt des Eides aus: dafs ihr niemals ein solches Leid geschehen sei, als seit der Zeit, wo Isenhart todt lag. — 906 erläutert diesen Gedanken nochmals. — 907 sus, in solcher Gestalt, so abgebildet. — gemal, in Farben dargestellt, gemalt. — 908 sunder twâl, ohne Verzug : hier nur reim- und versfüllender Ausdruck. — 910 gesniten, hineingeschnitten : also ein Bild aus verschiedenfarbigen Stoffen zusammengesetzt. — von swarzer varwe ist die Gestalt der Königin. — sît daz, seit der Zeit dafs. — 911 kuren præt. pl. von kiesen stv., wahrnehmen, sehen. — 912 ihre treue Gesinnung vermehrt ihren Jammer. — 913 die sc. vanen. — 914 vür drückt die Be- wegung aus: wir würden vor mit dat. erwarten. In suochen liegt aber der Begriff der Bewegung; vgl. Nibel. 143, 4 : suochen her enlant. Crane 4801. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 39 des stolzen Fridebrandes her, die getouftén von über mer. ieslîcher porte ein fürste phliget, der sih strîtes ûz bewiget mit sîner báníere. wir haben Káschiere gevangen einen grâven abe : der biutet uns vil grôze habe. der ist Kaylétes swester sun: swaz uns der nu mac getuon, daz muoz ie dirre gelten. sölch glücke kumet uns selten. grüenes angers lützel, sandes wol drizec poinder landes ist z'ir gezelten vome graben: dâ wirt vil manec tjost erhaben." 32 disiu mare ságete im gár sîn wirt. « ein riter niemer das verbirt, er’n kome durch tjostieren für. op der sîn dienest dort verlür an ir diu in sande her, waz hulfe in dan sîn vrechiu ger? daz ist der stolze Hiutegêr. von dem mag ich wol sprechen mêr, sit wir hie sîn besezzen, daz der helt vermezzen ie 's morgens vil bereite was vor der pórte gein dem pálás. ouch ist von dem küenen man 920 925 930 935 940 915 918 sich bewegen, sich entschließsen, mit gen. zu: der zum Streite ausrückt, sich in Bewegung setzt. — 919 baniere stf., Fahne, Banner: für die Schar stehend, welche ein Banner führt. — 921 abe, weg. — 923 swester sun nicht compos., Sohn der Schwester. — 924 der, Kaylet; dirre, sein ge- fangener Schwestersohn. — 925 gelten stv., bezahlen, büßsen. Wir haben ihn durch den Gefangenen in unserer Macht. — 927 lützel adj., klein: neutr. subst., wenig (mit gen.). — 928 poinder stm., das Losrennen (vom altfranz. poindre) ; hier als Wegemaßs : soweit ein Ross im p. laufen kann. Davon zunächst landes abhängig, weiter sandes, an Sand : sandigen Lan- des. — 929 ist, beträgt die Entfernung. — vome = vonme, von deme. — grabe swm., Stadtgraben. — 930 erhaben part. von erheben stv., aufheben, beginnen. — 932 ein rîter: Hiuteger. Er kann es niemals unterlassen. — 933 für. hervor: aus dem Heere. — durch, wegen; beim Infin., um zu. — 934 verliesen, unnütz thun, vergebens brauchen. — 936 sein muthiges Streben — 939 besitzen stv. ebenso beligen, belagern. — 940 vermezzen part. præt., verwegen, kühn. — 941 ie's morgens, immer des Morgens, jeden Morgen. — 942 dem Saal gegenüber, in welchem die Frauen sitzen, um von ihnen gesehen zu werden. — 943 von, von ihm weg: was ihm ge- hört hatte. —
GAHMURET UND BELAKANE. 39 des stolzen Fridebrandes her, die getouftén von über mer. ieslîcher porte ein fürste phliget, der sih strîtes ûz bewiget mit sîner báníere. wir haben Káschiere gevangen einen grâven abe : der biutet uns vil grôze habe. der ist Kaylétes swester sun: swaz uns der nu mac getuon, daz muoz ie dirre gelten. sölch glücke kumet uns selten. grüenes angers lützel, sandes wol drizec poinder landes ist z'ir gezelten vome graben: dâ wirt vil manec tjost erhaben." 32 disiu mare ságete im gár sîn wirt. « ein riter niemer das verbirt, er’n kome durch tjostieren für. op der sîn dienest dort verlür an ir diu in sande her, waz hulfe in dan sîn vrechiu ger? daz ist der stolze Hiutegêr. von dem mag ich wol sprechen mêr, sit wir hie sîn besezzen, daz der helt vermezzen ie 's morgens vil bereite was vor der pórte gein dem pálás. ouch ist von dem küenen man 920 925 930 935 940 915 918 sich bewegen, sich entschließsen, mit gen. zu: der zum Streite ausrückt, sich in Bewegung setzt. — 919 baniere stf., Fahne, Banner: für die Schar stehend, welche ein Banner führt. — 921 abe, weg. — 923 swester sun nicht compos., Sohn der Schwester. — 924 der, Kaylet; dirre, sein ge- fangener Schwestersohn. — 925 gelten stv., bezahlen, büßsen. Wir haben ihn durch den Gefangenen in unserer Macht. — 927 lützel adj., klein: neutr. subst., wenig (mit gen.). — 928 poinder stm., das Losrennen (vom altfranz. poindre) ; hier als Wegemaßs : soweit ein Ross im p. laufen kann. Davon zunächst landes abhängig, weiter sandes, an Sand : sandigen Lan- des. — 929 ist, beträgt die Entfernung. — vome = vonme, von deme. — grabe swm., Stadtgraben. — 930 erhaben part. von erheben stv., aufheben, beginnen. — 932 ein rîter: Hiuteger. Er kann es niemals unterlassen. — 933 für. hervor: aus dem Heere. — durch, wegen; beim Infin., um zu. — 934 verliesen, unnütz thun, vergebens brauchen. — 936 sein muthiges Streben — 939 besitzen stv. ebenso beligen, belagern. — 940 vermezzen part. præt., verwegen, kühn. — 941 ie's morgens, immer des Morgens, jeden Morgen. — 942 dem Saal gegenüber, in welchem die Frauen sitzen, um von ihnen gesehen zu werden. — 943 von, von ihm weg: was ihm ge- hört hatte. —
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40 ERSTES BUCH. kleinéétes vil gefüeret dan, daz er durh unser schilte stach, des man für grôze koste jach so ez die krigierre brâchen drabe. er valte uns manegen rîter abe. er lât sich gerne schouwen, in lobent ouch unser frouwen. swen wîp lóbent, der wirt erkant, er hât den prîs ze sîner hant, unt sînes herzen wunne.» dô hete diu müede sunne ir liehten blic hinz' ir gelesen. des banekens muose ein ende wesen. der gast mit sîme wirte reit, er vant sîn ezzen al bereit. 945 950 955 Ich muoz iu von ir spîse sagen. diu wart mit zühten für getragen: 33 man diende in rîterlîche. die küneginne rîche kom stólzlîchè für sînen tisch. hie stuont der reiger, dort der visch. sie was durch daz hinz' ime gevaren, sie wolde selbe daz bewaren, daz man sîn phlage wol ze frumen: sie was mit júncfrouwen kumen. sie kniete nider (daz was in leit), mit ir selber hant sie sneit 960 965 970 944 kleinate (zu I, 337) gaben die Damen ihren Rittern, welche dieselben an die Lanzen befestigten. Beim Durchstechen des feindlichen Schildes blieben die kleincte oftmals in demselben hängen. — gefüeret dan, weg- geführt: von den unsrigen. — 946 jehen mit gen. und für, etwas als ein Ding erklären. koste stf., Werth; Werthstück. — 947 só, jedesmal wann. — krigierre stm. = krigierare von krîgieren = crier, schreien: der Waffen- herold, der die Ritter durch Rufe zum Kampf anfeuert. — drabe, von den Schilden ab. — 948 abe, vom Rosse. — 951 erkant, bekannt als ein solcher welcher hat. — 952 ze sîner hant, in seiner Gewalt. — 955 hin z'ir gelesen. zu sich gesammelt: sie hatte die ausgesandten Strahlen wieder eingesam- melt. Ein schönes Bild. — 956 wesen stv., sein. — 957 sîme aus sînme. sîneme, welches ebenso in sînem gekürzt werden kann. 960 mit zülten, anständig, der Hofsitte gemäßs. — für, vor sie hin — 963 stolzlîche adv., stattlich. Sie sucht ihn in seinem Hause auf. — 964 der, der eine und der andere, mancher. — reiger stm., Reiher: ein im Mittel- alter sehr beliebtes Essen. — 965 durh daz, in der Absicht. — 966 bewaren mit acc., für etwas sorgen. — 967 frume swm., Nutzen, Vortheil ; ze frumen. zweckmäſsig, gut. — 968 kumen part. præt. neben komen. — 970 ir selber gen. abhängig von hant. —
40 ERSTES BUCH. kleinéétes vil gefüeret dan, daz er durh unser schilte stach, des man für grôze koste jach so ez die krigierre brâchen drabe. er valte uns manegen rîter abe. er lât sich gerne schouwen, in lobent ouch unser frouwen. swen wîp lóbent, der wirt erkant, er hât den prîs ze sîner hant, unt sînes herzen wunne.» dô hete diu müede sunne ir liehten blic hinz' ir gelesen. des banekens muose ein ende wesen. der gast mit sîme wirte reit, er vant sîn ezzen al bereit. 945 950 955 Ich muoz iu von ir spîse sagen. diu wart mit zühten für getragen: 33 man diende in rîterlîche. die küneginne rîche kom stólzlîchè für sînen tisch. hie stuont der reiger, dort der visch. sie was durch daz hinz' ime gevaren, sie wolde selbe daz bewaren, daz man sîn phlage wol ze frumen: sie was mit júncfrouwen kumen. sie kniete nider (daz was in leit), mit ir selber hant sie sneit 960 965 970 944 kleinate (zu I, 337) gaben die Damen ihren Rittern, welche dieselben an die Lanzen befestigten. Beim Durchstechen des feindlichen Schildes blieben die kleincte oftmals in demselben hängen. — gefüeret dan, weg- geführt: von den unsrigen. — 946 jehen mit gen. und für, etwas als ein Ding erklären. koste stf., Werth; Werthstück. — 947 só, jedesmal wann. — krigierre stm. = krigierare von krîgieren = crier, schreien: der Waffen- herold, der die Ritter durch Rufe zum Kampf anfeuert. — drabe, von den Schilden ab. — 948 abe, vom Rosse. — 951 erkant, bekannt als ein solcher welcher hat. — 952 ze sîner hant, in seiner Gewalt. — 955 hin z'ir gelesen. zu sich gesammelt: sie hatte die ausgesandten Strahlen wieder eingesam- melt. Ein schönes Bild. — 956 wesen stv., sein. — 957 sîme aus sînme. sîneme, welches ebenso in sînem gekürzt werden kann. 960 mit zülten, anständig, der Hofsitte gemäßs. — für, vor sie hin — 963 stolzlîche adv., stattlich. Sie sucht ihn in seinem Hause auf. — 964 der, der eine und der andere, mancher. — reiger stm., Reiher: ein im Mittel- alter sehr beliebtes Essen. — 965 durh daz, in der Absicht. — 966 bewaren mit acc., für etwas sorgen. — 967 frume swm., Nutzen, Vortheil ; ze frumen. zweckmäſsig, gut. — 968 kumen part. præt. neben komen. — 970 ir selber gen. abhängig von hant. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 41 dem rîter sîner spîse ein teil. diu frouwe wes ir gastes geil. dô bôt sie ime sin trinken dar und phlac sîn wol: och nam er war, wie was gebaerde und ir wort. z'ende an sînes tisches ort sâzen sîne spileman, und anderhalp sin kappelan. al schämende er án die frouwen sach, harte blûclîche er sprach «i’ne hân mi's niht genietet, als ir mir’z, frouwe, bietet, mîns lébens mit sölhen êren. ob ich iuch solde lêren, sô waer’ hînt sân an iuch gegert eins phlegenes des ich waere wert, sone wært ir niht her abe geriten. getar ich iuch des, frouwe, biten, sô lât mich in der mâze leben. ir habet mir êr' ze vil gegeben.» 975 980 985 990 34 Sine wolte och des niht lâzen, da sîniu kinder sâzen, diu bat sie ezzen vaste. diz bôt sie z'êrn ir gaste. gar disiu júnchêrrelin waren holt der künegin. dar nâch diu frouwe niht vergaz, 995 971 ein teil, etwas = viel, mit der üblichen leichten Ironie der mhd. Dich- ter. — 974 auch achtete er darauf. — 975 ir muſs auch zu gebaerde ergänzt werden. — gehurde stf., Benehmen. — 976 an der untern Ecke des Tisches. — 977 spileman stm., Spielmann, Fiedler: die Geige war das beliebteste Instrument der Spielleute. — 978 auf der andern Seite: ihm gegenüber. — 979 schämen, schemen = schamen, sich schämen. — an ist wieder Præp., nicht Adv. (zu I. 840). — 980 blûclîche adv., zaghaft, schüchtern. — 981 sich nieten mit gen., sich befleifsigen, sich üben: gewohnt sein. — mi's = mich es, mich dessen: es wird durch 983 näher bestimmt. — 982 als mit sölhen zu verbinden. — bieten mit ez und einem Adv. (wol, freundliches), erweisen. — 984 wenn ich euch zu belehren hätte, so würde ich sofort heute das Ansinnen au euch gestellt haben, das zu thun, dessen ich werth wäre (mir nicht mehr zu erweisen als ich verdiene). — 985 gern mit gen. an einen, etwas von jemand begehren. — 986 phlegen hier subst. gebrauchter Infinitiv. Verfahren. — 988 getar anom. præs. zu geturren (I, 850). — 989 in der mâze, im rechten Maſse : erweist mir nicht übermässige Ehre. 991 och : sie nöthigte nicht nur ihn, sondern auch seine Edelknappen zum Essen. — des niht, davon nichts, es durchaus nicht. — 993 eezen vaste, stehende Verbindung beim Nöthigen: lasst es euch schmecken. — 994 bieten, erweisen, thun. — 995 gar, sämmtlich, alle. — juncherre swm., noch nicht Ritter gewordener Adelicher; Edelknappe: davon hier demin. —
GAHMURET UND BELAKANE. 41 dem rîter sîner spîse ein teil. diu frouwe wes ir gastes geil. dô bôt sie ime sin trinken dar und phlac sîn wol: och nam er war, wie was gebaerde und ir wort. z'ende an sînes tisches ort sâzen sîne spileman, und anderhalp sin kappelan. al schämende er án die frouwen sach, harte blûclîche er sprach «i’ne hân mi's niht genietet, als ir mir’z, frouwe, bietet, mîns lébens mit sölhen êren. ob ich iuch solde lêren, sô waer’ hînt sân an iuch gegert eins phlegenes des ich waere wert, sone wært ir niht her abe geriten. getar ich iuch des, frouwe, biten, sô lât mich in der mâze leben. ir habet mir êr' ze vil gegeben.» 975 980 985 990 34 Sine wolte och des niht lâzen, da sîniu kinder sâzen, diu bat sie ezzen vaste. diz bôt sie z'êrn ir gaste. gar disiu júnchêrrelin waren holt der künegin. dar nâch diu frouwe niht vergaz, 995 971 ein teil, etwas = viel, mit der üblichen leichten Ironie der mhd. Dich- ter. — 974 auch achtete er darauf. — 975 ir muſs auch zu gebaerde ergänzt werden. — gehurde stf., Benehmen. — 976 an der untern Ecke des Tisches. — 977 spileman stm., Spielmann, Fiedler: die Geige war das beliebteste Instrument der Spielleute. — 978 auf der andern Seite: ihm gegenüber. — 979 schämen, schemen = schamen, sich schämen. — an ist wieder Præp., nicht Adv. (zu I. 840). — 980 blûclîche adv., zaghaft, schüchtern. — 981 sich nieten mit gen., sich befleifsigen, sich üben: gewohnt sein. — mi's = mich es, mich dessen: es wird durch 983 näher bestimmt. — 982 als mit sölhen zu verbinden. — bieten mit ez und einem Adv. (wol, freundliches), erweisen. — 984 wenn ich euch zu belehren hätte, so würde ich sofort heute das Ansinnen au euch gestellt haben, das zu thun, dessen ich werth wäre (mir nicht mehr zu erweisen als ich verdiene). — 985 gern mit gen. an einen, etwas von jemand begehren. — 986 phlegen hier subst. gebrauchter Infinitiv. Verfahren. — 988 getar anom. præs. zu geturren (I, 850). — 989 in der mâze, im rechten Maſse : erweist mir nicht übermässige Ehre. 991 och : sie nöthigte nicht nur ihn, sondern auch seine Edelknappen zum Essen. — des niht, davon nichts, es durchaus nicht. — 993 eezen vaste, stehende Verbindung beim Nöthigen: lasst es euch schmecken. — 994 bieten, erweisen, thun. — 995 gar, sämmtlich, alle. — juncherre swm., noch nicht Ritter gewordener Adelicher; Edelknappe: davon hier demin. —
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42 ERSTES BUCH. sie gieng ouch dâ der wirt saz und des wîp diu purcrâvin. den pecher huop diu künegin, sie sprach «lâ dir bevolhen sîn unseren gast: diu êre ist dîn. dar umbe ich iuch beidiu mane.» sie nám urloup, dô gienc sie dane aber hin wider für ir gast. des herze truoc ir minnen last. daz selbe ouch ir von ime geschach ; des ir hérze und ir ouge jach: diu muosen's mit ir phlihte hân. mit zühten sprach diu frouwe sân «gebietet, hêrre : swes ir gert, daz schaffe ich, wand’ ir sit es wert. und lât mich iuwer urloup hân. wirt iu hie guot gemach getân, des vröwen wir uns über al.» guldîn wæern ir kerzstal: vier lieht man vor ir drûfe truoc. sie reit ouch dâ si vant genuoc. 1000 1005 1010 1015 Sine âzen och niht langer dô. der hêrre was trûric unde frô. 35 er fröwete sih daz man im bôt grôz êre: in twanc och ander nôt. daz was diu strenge minne : diu neiget hôhe sinne. 1020 998 sie gieng = sine gienge, daſs sie nicht gieng, zu gehen. — 999 purcravia = burcgrâvin, Burggräfin. — 1001 bevelhen stv., empfehlen. — 1002 das ge- reicht dir zur Ehre, du hast Ehre davon, ihn zu beherbergen: nicht er. — 1003 beidiu das Neutr., weil auf zwei Personen verschiedenen Geschlechts gehend. — manen mit umbe, zu etwas antreiben, auffordern. — 1004 sie verabschiedete sich von den Wirthsleuten. — 1005 wieder zurück (auf ihren Platz) vor ihren Gast. — 1006 dessen Herz war durch ihre Minne belastet. — 1009 phlihte, Gemeinschaft ; phlihte hân, Theil nehmen: Herz und Auge waren an ihrer Minne betheiligt. — 1011 gebietet : Formel, womit man dem Gaste sich und all das Seinige zur Verfügung stellt. — 1013 iuwer urloup, von euch die Erlaubniss gehen zu dürfen. — 1014 wenn hier gut für euere Bequemlichkeit gesorgt wird. — 1015 über al, sämmtlich, alle. — 1016 warn indic. = wâren: zu I, 483. — kerzstal stn., Gestell für eine Kerze, Leuchter. — 1017 drûfe, auf den Leuchtern. — 1018 genuoc sc. lichte: wo es ihr an Lichtern nicht fehlte. 1019 dô, nicht dort; sondern: damals, nachdem die Königin sich weg- begeben. — 1021 fröwen swv., freuen. — 1022 och, ouch bezeichnet häufig einen leichten Gegensatz: daneben, dagegen, andererseits. — ander wäre entbehrlich: es dient hier nur zur Bezeichnung von "andererseits". — 1023 strenge adj., stark. — 1024 neigen trans., neigen, beugen; nigen stv. intr., sich neigen. — hôch, hochstrebend, hochgemuth. —
42 ERSTES BUCH. sie gieng ouch dâ der wirt saz und des wîp diu purcrâvin. den pecher huop diu künegin, sie sprach «lâ dir bevolhen sîn unseren gast: diu êre ist dîn. dar umbe ich iuch beidiu mane.» sie nám urloup, dô gienc sie dane aber hin wider für ir gast. des herze truoc ir minnen last. daz selbe ouch ir von ime geschach ; des ir hérze und ir ouge jach: diu muosen's mit ir phlihte hân. mit zühten sprach diu frouwe sân «gebietet, hêrre : swes ir gert, daz schaffe ich, wand’ ir sit es wert. und lât mich iuwer urloup hân. wirt iu hie guot gemach getân, des vröwen wir uns über al.» guldîn wæern ir kerzstal: vier lieht man vor ir drûfe truoc. sie reit ouch dâ si vant genuoc. 1000 1005 1010 1015 Sine âzen och niht langer dô. der hêrre was trûric unde frô. 35 er fröwete sih daz man im bôt grôz êre: in twanc och ander nôt. daz was diu strenge minne : diu neiget hôhe sinne. 1020 998 sie gieng = sine gienge, daſs sie nicht gieng, zu gehen. — 999 purcravia = burcgrâvin, Burggräfin. — 1001 bevelhen stv., empfehlen. — 1002 das ge- reicht dir zur Ehre, du hast Ehre davon, ihn zu beherbergen: nicht er. — 1003 beidiu das Neutr., weil auf zwei Personen verschiedenen Geschlechts gehend. — manen mit umbe, zu etwas antreiben, auffordern. — 1004 sie verabschiedete sich von den Wirthsleuten. — 1005 wieder zurück (auf ihren Platz) vor ihren Gast. — 1006 dessen Herz war durch ihre Minne belastet. — 1009 phlihte, Gemeinschaft ; phlihte hân, Theil nehmen: Herz und Auge waren an ihrer Minne betheiligt. — 1011 gebietet : Formel, womit man dem Gaste sich und all das Seinige zur Verfügung stellt. — 1013 iuwer urloup, von euch die Erlaubniss gehen zu dürfen. — 1014 wenn hier gut für euere Bequemlichkeit gesorgt wird. — 1015 über al, sämmtlich, alle. — 1016 warn indic. = wâren: zu I, 483. — kerzstal stn., Gestell für eine Kerze, Leuchter. — 1017 drûfe, auf den Leuchtern. — 1018 genuoc sc. lichte: wo es ihr an Lichtern nicht fehlte. 1019 dô, nicht dort; sondern: damals, nachdem die Königin sich weg- begeben. — 1021 fröwen swv., freuen. — 1022 och, ouch bezeichnet häufig einen leichten Gegensatz: daneben, dagegen, andererseits. — ander wäre entbehrlich: es dient hier nur zur Bezeichnung von "andererseits". — 1023 strenge adj., stark. — 1024 neigen trans., neigen, beugen; nigen stv. intr., sich neigen. — hôch, hochstrebend, hochgemuth. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 43 1025 diu wirtin fuor an ir gemach: harte schiere daz geschach. man bétté dem helde sân: daz wart mit vlîzé getân. der wirt sprach zem gaste «nu sult ir slâfen vaste, und ruowet hînt : des wirt in nôt.» der wirt den sînen daz gebôt, sie solden dannen kêren. des gastes júnchêrren, der bette alumb' daz sîne lac, ir houbet dran, wand' er des pflac. dâ stuonden kerzen harte grôz und brunnen lieht. den helt verdrôz daz sô lánc wás diu naht. in brâhte dicke en únmáht diu swarze Moerinne, des landes küneginne. er want sich dicke alsam ein wit, daz ime erkráchtén diu lit. strît und minne was sin ger : nu wünschet daz man’s in gewer. sin herze gap von stôzen schal, wand' ez nâch rîterschefte swal. daz begúndé dem recken sîne brúst bêde erstrecken, 1030 1035 1040 1045 1050 1025 die Hausfrau zog sich zurück, und zwar unmittelbar nach dem Essen (1026), wie es Sitte war. — 1028 vlîc stm., Sorgfalt, Aufmerksamkeit. — 1030 schlaft recht wohl; vgl. zu I, 993. — 1031 ruowen swv., ausruhen. — hint verkürzt aus hinaht, diese (die kommende oder vergangene) Nacht. Das werdet ihr nöthig haben. — 1032 daz deutet den folgenden abhängi- gen Satz im voraus an. — 1034 junchêrren nom. pl., aufser der Construction stehend, und durch der (= deren) aufgenommen. — 1035 bette nom. pl. (stn.), mit nachfolgendem Singular des Verbums. — 1036 sodaſs sie mit dem Haupte seinem Bette zugekehrt waren. — 1038 lieht adv. = liehte, hell. — 1040 en geschwächt aus in. — unmaht stf., Kraftlosigkeit (Ohn- macht): nahm ihm seine Kraft. — 1043 wit stf., Strick aus gedrehten Reisern: der Vergleich bezieht sich auf die Manipulation des Flechtens, Drebens. — 1044 lit stn., das Glied (zu lîden, gehen). — 1046 man’s in, man ihm das (beides). — 1047 gap schal, verursachte einen Ton, ertönte. von stôzen, vom Schlagen : das muthige Herz strebt verlangend aus der engen Brust und dehnt dieselbe aus; vgl. I, 265. — 1048 swal præt. von swellen, schwellen, sich ausdehnen. — nàch, im Verlangen nach. — 1049 recke swm., eigentlich der Verbannte, dann: der kriegsdienst- suchende Held, und Held überhaupt. Das Wort ist in der höfischen Epik selten. — 1050 brust unflect. pl. = brüste. — erstrecken swv., aus- dehnen. —
GAHMURET UND BELAKANE. 43 1025 diu wirtin fuor an ir gemach: harte schiere daz geschach. man bétté dem helde sân: daz wart mit vlîzé getân. der wirt sprach zem gaste «nu sult ir slâfen vaste, und ruowet hînt : des wirt in nôt.» der wirt den sînen daz gebôt, sie solden dannen kêren. des gastes júnchêrren, der bette alumb' daz sîne lac, ir houbet dran, wand' er des pflac. dâ stuonden kerzen harte grôz und brunnen lieht. den helt verdrôz daz sô lánc wás diu naht. in brâhte dicke en únmáht diu swarze Moerinne, des landes küneginne. er want sich dicke alsam ein wit, daz ime erkráchtén diu lit. strît und minne was sin ger : nu wünschet daz man’s in gewer. sin herze gap von stôzen schal, wand' ez nâch rîterschefte swal. daz begúndé dem recken sîne brúst bêde erstrecken, 1030 1035 1040 1045 1050 1025 die Hausfrau zog sich zurück, und zwar unmittelbar nach dem Essen (1026), wie es Sitte war. — 1028 vlîc stm., Sorgfalt, Aufmerksamkeit. — 1030 schlaft recht wohl; vgl. zu I, 993. — 1031 ruowen swv., ausruhen. — hint verkürzt aus hinaht, diese (die kommende oder vergangene) Nacht. Das werdet ihr nöthig haben. — 1032 daz deutet den folgenden abhängi- gen Satz im voraus an. — 1034 junchêrren nom. pl., aufser der Construction stehend, und durch der (= deren) aufgenommen. — 1035 bette nom. pl. (stn.), mit nachfolgendem Singular des Verbums. — 1036 sodaſs sie mit dem Haupte seinem Bette zugekehrt waren. — 1038 lieht adv. = liehte, hell. — 1040 en geschwächt aus in. — unmaht stf., Kraftlosigkeit (Ohn- macht): nahm ihm seine Kraft. — 1043 wit stf., Strick aus gedrehten Reisern: der Vergleich bezieht sich auf die Manipulation des Flechtens, Drebens. — 1044 lit stn., das Glied (zu lîden, gehen). — 1046 man’s in, man ihm das (beides). — 1047 gap schal, verursachte einen Ton, ertönte. von stôzen, vom Schlagen : das muthige Herz strebt verlangend aus der engen Brust und dehnt dieselbe aus; vgl. I, 265. — 1048 swal præt. von swellen, schwellen, sich ausdehnen. — nàch, im Verlangen nach. — 1049 recke swm., eigentlich der Verbannte, dann: der kriegsdienst- suchende Held, und Held überhaupt. Das Wort ist in der höfischen Epik selten. — 1050 brust unflect. pl. = brüste. — erstrecken swv., aus- dehnen. —
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44 ERSTES BUCH. 36 so die sénewen tuot daz armbrust. dâ was ze dræte sîn gelust. Der hêrre ân' allez slâfen lac, unz er’rkôs den grâwen tac: der gap dennóch niht liehten schîn. dô solte och dâ bereite sîn zer messe ein sîn kappelân: der sanc sie gote und ime sân. sîn harnasch truoc man dar ze hant: er reit da er tjostieren vant. dô saz er an der stunde ûf ein órs, daz beidiu kunde húrtlîchen dringen und snelleclichen springen, bekêric swâ man'z wider zôch. sîn anker ûf dem helme hôch man gein der porte füeren sach; aldâ wîp und man verjach, sin' gesâéhn nie helt sô wünneclîch; ir gote im solten sîn gelîch. man fuorte ouch starkiu sper dâ bî. wie er gézimieret sî?" sîn ors von îser truoc ein dach: daz was für slege des gemach. dar ûf ein ander dekke lac, ringe, diu niht sware wac: daz was ein grüener sámît. sîn wâpenroc, sîn kúrsît was ouch ein grüenez achmardi : 1055 1060 1065 1070 1075 1051 senewe swf., Sehne. — armbrust (umgedeutscht aus dem franz. arba- leste) stn. Wie die (gespannte) Armbrust die Sehne ausdehnt. — 1052 dratt adj., eilig, heftig: er hatte es allzu eilig. 1054 erkiesen, sehen. — grâ, gen. grûwes, grau: das Tagesgrauen. — 1057 ein sîn kappelân, ein Kaplan, der der seine war; nicht: einer seiner Kapläne. — 1058 gote und ime, Gott und ihm zu Ehren. — 1061 an der stunde, sofort, sogleich. — 1062 beidiu, beides: dringen und springen. — 1063 hurtlíchen adv., losrennend (zu hurten). — dringen stv., andringen, los- stürmen. — 1065 bekêric adj., der sich umkehren läfst, lenksam. — wider. zurück. — 1067 füeren sach, sah ihn tragen. — 1068 aldâ, dort in der Stadt. — 1069 geswhen, hätten gesehen. — 1070 ihre Götter möchten ihm etwa gleich, ähnlich sein. — 1071 sper stn.; dâ bi, neben ihm her giengen Knappen, die die Speere trugen. — 1072 zimieren swv., ritterlich schmücken: ziemiere, altfranz. cimier, Helmschmuck (cime, Helm), und Schmuck der Rüstung überhaupt. — 1074 für, zum Schutz gegen. — des gemach, dessen (des Rosses) Ruhe, Schutz. — 1075 dar ûf, auf der eisernen Decke. 1076 ringe adj., leicht; dagegen lîhte, facilis.
44 ERSTES BUCH. 36 so die sénewen tuot daz armbrust. dâ was ze dræte sîn gelust. Der hêrre ân' allez slâfen lac, unz er’rkôs den grâwen tac: der gap dennóch niht liehten schîn. dô solte och dâ bereite sîn zer messe ein sîn kappelân: der sanc sie gote und ime sân. sîn harnasch truoc man dar ze hant: er reit da er tjostieren vant. dô saz er an der stunde ûf ein órs, daz beidiu kunde húrtlîchen dringen und snelleclichen springen, bekêric swâ man'z wider zôch. sîn anker ûf dem helme hôch man gein der porte füeren sach; aldâ wîp und man verjach, sin' gesâéhn nie helt sô wünneclîch; ir gote im solten sîn gelîch. man fuorte ouch starkiu sper dâ bî. wie er gézimieret sî?" sîn ors von îser truoc ein dach: daz was für slege des gemach. dar ûf ein ander dekke lac, ringe, diu niht sware wac: daz was ein grüener sámît. sîn wâpenroc, sîn kúrsît was ouch ein grüenez achmardi : 1055 1060 1065 1070 1075 1051 senewe swf., Sehne. — armbrust (umgedeutscht aus dem franz. arba- leste) stn. Wie die (gespannte) Armbrust die Sehne ausdehnt. — 1052 dratt adj., eilig, heftig: er hatte es allzu eilig. 1054 erkiesen, sehen. — grâ, gen. grûwes, grau: das Tagesgrauen. — 1057 ein sîn kappelân, ein Kaplan, der der seine war; nicht: einer seiner Kapläne. — 1058 gote und ime, Gott und ihm zu Ehren. — 1061 an der stunde, sofort, sogleich. — 1062 beidiu, beides: dringen und springen. — 1063 hurtlíchen adv., losrennend (zu hurten). — dringen stv., andringen, los- stürmen. — 1065 bekêric adj., der sich umkehren läfst, lenksam. — wider. zurück. — 1067 füeren sach, sah ihn tragen. — 1068 aldâ, dort in der Stadt. — 1069 geswhen, hätten gesehen. — 1070 ihre Götter möchten ihm etwa gleich, ähnlich sein. — 1071 sper stn.; dâ bi, neben ihm her giengen Knappen, die die Speere trugen. — 1072 zimieren swv., ritterlich schmücken: ziemiere, altfranz. cimier, Helmschmuck (cime, Helm), und Schmuck der Rüstung überhaupt. — 1074 für, zum Schutz gegen. — des gemach, dessen (des Rosses) Ruhe, Schutz. — 1075 dar ûf, auf der eisernen Decke. 1076 ringe adj., leicht; dagegen lîhte, facilis.
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GAHMURET UND BELAKANE. 45 1080 daz was geworht dâ z'Arâbi. 37 dar an ich liuge niemen: sîne schíltriemen, swaz der dar zuo gehôrte, waz ein unverblichen borte mit gestéine harte tiure : geliutert in dem fiure was sin bukel rôt gólt. sin dienest nam der minnen solt: ein scharpher strît in ringe wac. diu künegin in dem venster lac. bî ir sâzen frouwen mêr. nu sehet, dort hielt och Hiutegêr, aldâ im ê der pris geschach. do er diesen rîter komen sach zuo z'im kalopieren hie dô dâht’ er «wenne ode wie kom dirre Franzois in diz lant? wer hât den stolzen her gesant? hete ich den für einen Môr, sô waer’ mîn bester sin ein tôr.» Diu doch von sprungen niht beliben, ir ors mit sporen sie bêde triben ůzem wálap in die rábbín. sie tâten rîters ellen schîn, der tjost ein ander sie niht lugen. die sprîzen gein den lüften flugen 1085 1090 1095 1100 1105 1080 geworht part. præt. von würken swv., anfertigen, arbeiten. — 1081 dar an: in Beziehung auf das folgende. — niemen geschwächt aus nieman, Niemand: hier dat. — 1082 schiltrieme swm., Riemen zum Umhängen des Schildes. — 1083 swaz der, soviel derer. — dar zuo, zu der Rüstung, zum Schilde. — 1084 unverblichen, nicht ausgeblichen, in hellen Farben. — borte swm., Band aus Seide und Gold: diente als Besatz, als Gürtel u. s. w. — 1086 liutern swv., läutern, reinigen. — 1087 bukel stf., metallner Beschlag in der Mitte des Schildes : auf der Außenseite. — 1088 er diente um keinen andern Sold als Minne. — 1089 mich wiget ringe ein d., mich dünkt etwas von geringem Gewichte: ich schlage nicht hoch an. — 1092 halten stv. intr., stille halten (zu Pferde). — 1093 geschehen stv., zu Theil werden: hier im Sinne des Plusquamperfectums. — 1095 zuo s'im, auf sich zu. — kalopieren swv., galopieren. — 1099 hete ich, hielte ich. — 1100 min bester sin, alles was ich an Verstand besitze: so wäre ich voll- ständig verrückt. 1101 Diu sc. ors: der Relativsatz geht voraus. — belîben mit von, ab- lassen von. Die so schon fortwährend sprangen. — 1103 walap stm., Ga- lop. — rabbîn oder rabîn stf., der schnellste Lauf des Rosses, Carrière: altfranz. ravine. — 1105 der tjost gen., in Bezug auf das Losrennen betrog Keiner den Andern. — 1106 sprîte swf., Splitter: von den Speeren. —
GAHMURET UND BELAKANE. 45 1080 daz was geworht dâ z'Arâbi. 37 dar an ich liuge niemen: sîne schíltriemen, swaz der dar zuo gehôrte, waz ein unverblichen borte mit gestéine harte tiure : geliutert in dem fiure was sin bukel rôt gólt. sin dienest nam der minnen solt: ein scharpher strît in ringe wac. diu künegin in dem venster lac. bî ir sâzen frouwen mêr. nu sehet, dort hielt och Hiutegêr, aldâ im ê der pris geschach. do er diesen rîter komen sach zuo z'im kalopieren hie dô dâht’ er «wenne ode wie kom dirre Franzois in diz lant? wer hât den stolzen her gesant? hete ich den für einen Môr, sô waer’ mîn bester sin ein tôr.» Diu doch von sprungen niht beliben, ir ors mit sporen sie bêde triben ůzem wálap in die rábbín. sie tâten rîters ellen schîn, der tjost ein ander sie niht lugen. die sprîzen gein den lüften flugen 1085 1090 1095 1100 1105 1080 geworht part. præt. von würken swv., anfertigen, arbeiten. — 1081 dar an: in Beziehung auf das folgende. — niemen geschwächt aus nieman, Niemand: hier dat. — 1082 schiltrieme swm., Riemen zum Umhängen des Schildes. — 1083 swaz der, soviel derer. — dar zuo, zu der Rüstung, zum Schilde. — 1084 unverblichen, nicht ausgeblichen, in hellen Farben. — borte swm., Band aus Seide und Gold: diente als Besatz, als Gürtel u. s. w. — 1086 liutern swv., läutern, reinigen. — 1087 bukel stf., metallner Beschlag in der Mitte des Schildes : auf der Außenseite. — 1088 er diente um keinen andern Sold als Minne. — 1089 mich wiget ringe ein d., mich dünkt etwas von geringem Gewichte: ich schlage nicht hoch an. — 1092 halten stv. intr., stille halten (zu Pferde). — 1093 geschehen stv., zu Theil werden: hier im Sinne des Plusquamperfectums. — 1095 zuo s'im, auf sich zu. — kalopieren swv., galopieren. — 1099 hete ich, hielte ich. — 1100 min bester sin, alles was ich an Verstand besitze: so wäre ich voll- ständig verrückt. 1101 Diu sc. ors: der Relativsatz geht voraus. — belîben mit von, ab- lassen von. Die so schon fortwährend sprangen. — 1103 walap stm., Ga- lop. — rabbîn oder rabîn stf., der schnellste Lauf des Rosses, Carrière: altfranz. ravine. — 1105 der tjost gen., in Bezug auf das Losrennen betrog Keiner den Andern. — 1106 sprîte swf., Splitter: von den Speeren. —
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46 ERSTES BUCH. von's küenen Hiutegêres sper: ouch valte in sines strîtes wer hinder'z ors ûf dez gras. vil ungewenet er des was. 38 er reit ûf in und trat in nider. des erhólt' er sich dicke wider er tet werlîchen willen schîn: doch stecket' in dem arme sin diu Gahmuretes lanze. der iesch fîánze. sîn meister het er funden. «wer hât mich überwunden ?" alsô sprach der küene man. der sigehafte jach dô sân «ich pin Gahmúret Anschevîn.» er sprach «mîn sicherheit si din.» die enphienger unde sande in in. des muoser vil geprîset sîn von den frouwen die daz sâhen. dort her begunde gâhen von Normandie Kaschier, der ellens rîche degen fier, der starke tjóstíure. hie hielt och der gehiure Gahmurét zer anderen tjost bereit. sîm' sper was daz îser breit unt der schaft veste. aldâ wertèn die geste ein ander: ungelîche ez wac. Káschier der nidere lac mit órsé mit alle 1110 1115 1120 1125 1130 1135 1108 wer swm., der Gewährende: derjenige der ihm Streit gab, gewährte. — 1110 ungewenet, ungewohnt. — 1112 erholn refl., wieder aufkommen; des, davon. — 1113 werlîch adj., wehrhaft, streitbar. — wille, Sinn. — 1116 fîanze, der franz. Ausdruck für sicherheit (I, 1139), Zusicherung, welche der Besiegte leistet; Ergebung; altfranz. fiance. — 1117 meister, der ihm überlegen war. — funden part., nicht gefunden. — 1118 er will den Namen seines Siegers wissen: was durchaus gegen die Regel war. — 1120 sigehaft, den Sieg habend; der Sieger. — 1123 în, in die Stadt hin- ein. — 1124 muose, durfte, konnte. — prîsen, rühmen, loben. — 1126 dort her, von jener Seite her. — gàhen swv., eilen. — 1129 tjostiure stm. subst. zu tjostieren (I, 449), altfranz. josteor. — 1132 sper bezeichnet das Ganze, bestehend aus îser und schaft: lanze (1, 1115) ist ursprünglich nur die eiserne Spitze. — 1134 werten, gewährten: sc. strîtes. — die geste, d. 1r. Gahmuret und Gaschier: beide waren Fremde in dem Lande. — 1137 mit alle (instrument.), gänzlich, vollständig. —
46 ERSTES BUCH. von's küenen Hiutegêres sper: ouch valte in sines strîtes wer hinder'z ors ûf dez gras. vil ungewenet er des was. 38 er reit ûf in und trat in nider. des erhólt' er sich dicke wider er tet werlîchen willen schîn: doch stecket' in dem arme sin diu Gahmuretes lanze. der iesch fîánze. sîn meister het er funden. «wer hât mich überwunden ?" alsô sprach der küene man. der sigehafte jach dô sân «ich pin Gahmúret Anschevîn.» er sprach «mîn sicherheit si din.» die enphienger unde sande in in. des muoser vil geprîset sîn von den frouwen die daz sâhen. dort her begunde gâhen von Normandie Kaschier, der ellens rîche degen fier, der starke tjóstíure. hie hielt och der gehiure Gahmurét zer anderen tjost bereit. sîm' sper was daz îser breit unt der schaft veste. aldâ wertèn die geste ein ander: ungelîche ez wac. Káschier der nidere lac mit órsé mit alle 1110 1115 1120 1125 1130 1135 1108 wer swm., der Gewährende: derjenige der ihm Streit gab, gewährte. — 1110 ungewenet, ungewohnt. — 1112 erholn refl., wieder aufkommen; des, davon. — 1113 werlîch adj., wehrhaft, streitbar. — wille, Sinn. — 1116 fîanze, der franz. Ausdruck für sicherheit (I, 1139), Zusicherung, welche der Besiegte leistet; Ergebung; altfranz. fiance. — 1117 meister, der ihm überlegen war. — funden part., nicht gefunden. — 1118 er will den Namen seines Siegers wissen: was durchaus gegen die Regel war. — 1120 sigehaft, den Sieg habend; der Sieger. — 1123 în, in die Stadt hin- ein. — 1124 muose, durfte, konnte. — prîsen, rühmen, loben. — 1126 dort her, von jener Seite her. — gàhen swv., eilen. — 1129 tjostiure stm. subst. zu tjostieren (I, 449), altfranz. josteor. — 1132 sper bezeichnet das Ganze, bestehend aus îser und schaft: lanze (1, 1115) ist ursprünglich nur die eiserne Spitze. — 1134 werten, gewährten: sc. strîtes. — die geste, d. 1r. Gahmuret und Gaschier: beide waren Fremde in dem Lande. — 1137 mit alle (instrument.), gänzlich, vollständig. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 47 39 von der tjoste valle, und wart betwungen sicherheit, ez wære im liep oder leit. Gahmuret der wigant sprach «mir sichert iuwer hant : diu was bî mánlîcher wer. nu rîtet gein der Schotten her, und bítet sie dáz sie uns verberen mit strîte, op sie des wellen geren: und komet nâch mir in die stat.» swaz er gebôt oder bat, endehaft ez wart getân: die Schotten muosen strîten lân. dô kom gevaren Kávlét. von dem kêrte Gahmuret: wand’ er was siner muomen sun : waz solt’ er ime dô leides tuon ? der Spânôl rief im nâch genuoc. ein strůz er úfem helme truoc: gézimieret was der man als ich dâ von ze sagenne hân, mit phelle wît únde lanc. daz gevilde nâch dem helde klanc: sine schéllen gâbn gedone. er bluome an mannes schœne! sin varwe an schone hielt den strît, unz an zwên' die nâch im wuohsen sit, Bêâcúrs Lôtes kint und Parzivâl, die dâ niht sint: die wâren dennoch ungeboren, und wurden sît für schone erkoren. 1145 1150 1155 1160 1165 1140 1138 durch das Hinfallen infolge des Lanzenrennens. — 1139 sicherheit (zu I, 1116) ist Gen. 1142 sichern swv., sicherheit (zu 1, 1116) geloben. — 1143 was bî, war verbunden mit. — 1145 verbern stv. mit acc. und mit, verschonen. — 1146 gern, Lust haben. — 1148 gebieten und biten: eine sehr häufige alliterier. Ver- bindung: verstärktes befehlen. Vgl. I, 659. — 1149 endehaft adj., ein Ende habend, vollständig. — 1152 kêrte, wandte sich ab. — 1155 der Spânôl, der Spanier: Kaylet ist gemeint. — gennoc, viel. — 1156 strůz stm., Straufs (lat. struthio). — 1158 als, so wie, ganz so wie. — 1160 nâch, hinter ihm her: wo er geritten war. — 1161 schelle swf., Schelle: die an der Rüstung und am Reitzeng angebrachten Schellen veranlafsten das Getön. — gedane stn. coll. zu dón, Getön. — 1162 bluome swm. bezeichnet das Edelste und Höchste seiner Art. — 1163 hielt den strît, behauptete den Sieg im Streite, besiegte jede andere Schönheit. — 1164 unt an, bis auf, ausgenommen. — 1166 die noch nicht existieren. — 1168 für. als. — erkiesen stv., beurthei- len, erfinden.
GAHMURET UND BELAKANE. 47 39 von der tjoste valle, und wart betwungen sicherheit, ez wære im liep oder leit. Gahmuret der wigant sprach «mir sichert iuwer hant : diu was bî mánlîcher wer. nu rîtet gein der Schotten her, und bítet sie dáz sie uns verberen mit strîte, op sie des wellen geren: und komet nâch mir in die stat.» swaz er gebôt oder bat, endehaft ez wart getân: die Schotten muosen strîten lân. dô kom gevaren Kávlét. von dem kêrte Gahmuret: wand’ er was siner muomen sun : waz solt’ er ime dô leides tuon ? der Spânôl rief im nâch genuoc. ein strůz er úfem helme truoc: gézimieret was der man als ich dâ von ze sagenne hân, mit phelle wît únde lanc. daz gevilde nâch dem helde klanc: sine schéllen gâbn gedone. er bluome an mannes schœne! sin varwe an schone hielt den strît, unz an zwên' die nâch im wuohsen sit, Bêâcúrs Lôtes kint und Parzivâl, die dâ niht sint: die wâren dennoch ungeboren, und wurden sît für schone erkoren. 1145 1150 1155 1160 1165 1140 1138 durch das Hinfallen infolge des Lanzenrennens. — 1139 sicherheit (zu I, 1116) ist Gen. 1142 sichern swv., sicherheit (zu 1, 1116) geloben. — 1143 was bî, war verbunden mit. — 1145 verbern stv. mit acc. und mit, verschonen. — 1146 gern, Lust haben. — 1148 gebieten und biten: eine sehr häufige alliterier. Ver- bindung: verstärktes befehlen. Vgl. I, 659. — 1149 endehaft adj., ein Ende habend, vollständig. — 1152 kêrte, wandte sich ab. — 1155 der Spânôl, der Spanier: Kaylet ist gemeint. — gennoc, viel. — 1156 strůz stm., Straufs (lat. struthio). — 1158 als, so wie, ganz so wie. — 1160 nâch, hinter ihm her: wo er geritten war. — 1161 schelle swf., Schelle: die an der Rüstung und am Reitzeng angebrachten Schellen veranlafsten das Getön. — gedane stn. coll. zu dón, Getön. — 1162 bluome swm. bezeichnet das Edelste und Höchste seiner Art. — 1163 hielt den strît, behauptete den Sieg im Streite, besiegte jede andere Schönheit. — 1164 unt an, bis auf, ausgenommen. — 1166 die noch nicht existieren. — 1168 für. als. — erkiesen stv., beurthei- len, erfinden.
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48 ERSTES BUCH. Gaschier in mit dem zuome nam. «iuwer wilde wirt vil zam 40 (daz ságich iu üf die triuwe min), bestêt ir den Anschevîn, der mîne sicherheit dort hât. ir sult merken mînen rât, und dar zuo, hêrre, mîne bete. ich hân geheizen Gahmurete daz ich iuch alle wende: daz lobet’ ich sîner hende. durch mich lât iuwer streben sin. er tuot iu kraft an strîte schîn.» dô sprach der künec Kaylet «ist daz mîn neve Gahmuret fil li roy Gandîn, mit dem lâz' ich mîn strîten sîn. lât mir'n zuom.» «i'n lâz' iu's niht, ê daz mîn ouge alrêrst ersiht iuwer blôzez houbet. daz mîne ist mir betoubet.» den helm er ime her abe dô bant. Gahmuret mêr strîtes vant. ez was wol mitter morgen dô. die von der stat des waren vrô, die dise tjost ersâhen. si begúnden alle gâhen an ir wérlîchen letze. er was vor in ein netze: swaz drunder kom, daz was beslagen. ein ander ors, sus hoere ich sagen, 1175 1180 1185 1190 1195 1170 1169 mit, bei. — 1170 wilde stf., Wildheit, wildes Wesen. — 1172 best n mit acc:, angreifen, feindlich entgegentreten. — 1176 geheizen stv. ver- heißsen, geloben, versprechen. — 1177 wende, zur Umkehr veranlasse. — 1178 loben swv., geloben. — hende ist Dat. sing. — 1179 durch mich, um meinetwillen. — streben, vorwärts dringen. — 1185 lafst mir den Zaum los, frei. Ich lasse euch denselben durchaus nicht (eigentl. nichts von demselben) los. — 1186 alrêrst aus aller êrst, zuerst, erst: bis ihr den Helm abgelegt habt. — 1188 motiviert die Forderung, auf der er besteht: es könnte euch sonst auch so gehen wie mir. — 1190 er fand noch melir Gelegenheit zu kämpfen, wenn er auch mit Kaylet nicht kämpfte. — 1191 mitter ist Nom. sing. masc. vom adj. mitte: der Dat. fem. in Mitter- nacht. — 1192 des bezieht sich andeutend auf den Inhalt des Relativsatzes mit die. — 1195 letze stf., die äußserste Vertheidigungslinie, Schutzwehr. — werlîch, zur Vertheidigung eingerichtet. — 1196 er, Gahmuret. — vor in, vor ihren Augen. — 1197 beslahen stv., Vögel im zuschlagenden Netze fangen, fangen überhaupt. — 1198 ein ander ors, aufser der Construction stehend, durch dar ûf aufgenommen. —
48 ERSTES BUCH. Gaschier in mit dem zuome nam. «iuwer wilde wirt vil zam 40 (daz ságich iu üf die triuwe min), bestêt ir den Anschevîn, der mîne sicherheit dort hât. ir sult merken mînen rât, und dar zuo, hêrre, mîne bete. ich hân geheizen Gahmurete daz ich iuch alle wende: daz lobet’ ich sîner hende. durch mich lât iuwer streben sin. er tuot iu kraft an strîte schîn.» dô sprach der künec Kaylet «ist daz mîn neve Gahmuret fil li roy Gandîn, mit dem lâz' ich mîn strîten sîn. lât mir'n zuom.» «i'n lâz' iu's niht, ê daz mîn ouge alrêrst ersiht iuwer blôzez houbet. daz mîne ist mir betoubet.» den helm er ime her abe dô bant. Gahmuret mêr strîtes vant. ez was wol mitter morgen dô. die von der stat des waren vrô, die dise tjost ersâhen. si begúnden alle gâhen an ir wérlîchen letze. er was vor in ein netze: swaz drunder kom, daz was beslagen. ein ander ors, sus hoere ich sagen, 1175 1180 1185 1190 1195 1170 1169 mit, bei. — 1170 wilde stf., Wildheit, wildes Wesen. — 1172 best n mit acc:, angreifen, feindlich entgegentreten. — 1176 geheizen stv. ver- heißsen, geloben, versprechen. — 1177 wende, zur Umkehr veranlasse. — 1178 loben swv., geloben. — hende ist Dat. sing. — 1179 durch mich, um meinetwillen. — streben, vorwärts dringen. — 1185 lafst mir den Zaum los, frei. Ich lasse euch denselben durchaus nicht (eigentl. nichts von demselben) los. — 1186 alrêrst aus aller êrst, zuerst, erst: bis ihr den Helm abgelegt habt. — 1188 motiviert die Forderung, auf der er besteht: es könnte euch sonst auch so gehen wie mir. — 1190 er fand noch melir Gelegenheit zu kämpfen, wenn er auch mit Kaylet nicht kämpfte. — 1191 mitter ist Nom. sing. masc. vom adj. mitte: der Dat. fem. in Mitter- nacht. — 1192 des bezieht sich andeutend auf den Inhalt des Relativsatzes mit die. — 1195 letze stf., die äußserste Vertheidigungslinie, Schutzwehr. — werlîch, zur Vertheidigung eingerichtet. — 1196 er, Gahmuret. — vor in, vor ihren Augen. — 1197 beslahen stv., Vögel im zuschlagenden Netze fangen, fangen überhaupt. — 1198 ein ander ors, aufser der Construction stehend, durch dar ûf aufgenommen. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 49 41 dar ûf saz der werde : daz flouc und ruort' die erde, gereht ze bêden sîten, küen' dâ man solde strîten, verhalden unde dræte. waz er dar ûfe tæte ? des muoz ich im für ellen jehen. er reit da in Môren mohten sehen, aldâ die lâgen mit ir her, westerhalp dort an dem mer. 1200 1205 Ein fürste Razalîc dâ hiez. deheinen tac daz nimmer liez der rîchestè von Azagouc (sîn geslehte im des niht louc, von küneges frühte was sîn art), der huop sich immer dannewart durh tjostieren für die stat. aldâ tet sîner krefte mat der helt von Anschóuwe. daz klágete ein swárziu frouwe, diu in hete dar gesant, daz in dâ iemen überwant. ein knappe bôt al sunder bete sîme hêrren Gahmurete ein sper, dem was der schaft ein rôr: dâ mite stách ér den Môr hinder'z ors ûfen griez: (niht langer er in ligen liez) dâ twanc in sicherheit sîn hant. dô was daz úrliugè gelant, 1215 1220 1225 1210 1200 rüeren swv., berühren. — 1201 gereht adj., geschickt: in beiden Be- ziehungen. — 1203 verhalden part. præt., zurückhaltend, nicht voreilig. — drœte adj., schnell. — 1205 das muſ ich ihm als Muth anrechnen, aus- legen. — 1206 er ritt dicht an das Lager der Mohren heran. 1209 dâ: im Heere der Mohren. — 1212 liegen (vgl. 1105) einem eines d., einem in Bezug auf etwas lügen, ihm etwas nicht gewähren : also negat. gewähren. — 1214 dannewart = dannewert, von dort weg gewendet. — huop sich, machte sich auf. — 1216 mat stm., Matt im Schachspiel: mat tuon mit dat., besiegen. — krefte ist Dat. sing. — 1221 bete stf., Auffor- derung: ohne erst die Aufforderung seines Herrn abzuwarten. — 1223 ein rôr, nicht wie meist von Holz, sondern Rohr: der Leichtigkeit wegen. — 1225 griez stm., Kiessand; namentlich wird der Turnierplatz damit be- zeichnet: daher der Aufseher desselben griezwart heißt. — ûfen = ûf den. — 1226 er trat sofort an ihn heran und forderte ihn zur Ergebung auf. — 1228 urliuge stn., Kampf, Streit. — gelant part. von lenden, landen: ans Ziel gekommen. —
GAHMURET UND BELAKANE. 49 41 dar ûf saz der werde : daz flouc und ruort' die erde, gereht ze bêden sîten, küen' dâ man solde strîten, verhalden unde dræte. waz er dar ûfe tæte ? des muoz ich im für ellen jehen. er reit da in Môren mohten sehen, aldâ die lâgen mit ir her, westerhalp dort an dem mer. 1200 1205 Ein fürste Razalîc dâ hiez. deheinen tac daz nimmer liez der rîchestè von Azagouc (sîn geslehte im des niht louc, von küneges frühte was sîn art), der huop sich immer dannewart durh tjostieren für die stat. aldâ tet sîner krefte mat der helt von Anschóuwe. daz klágete ein swárziu frouwe, diu in hete dar gesant, daz in dâ iemen überwant. ein knappe bôt al sunder bete sîme hêrren Gahmurete ein sper, dem was der schaft ein rôr: dâ mite stách ér den Môr hinder'z ors ûfen griez: (niht langer er in ligen liez) dâ twanc in sicherheit sîn hant. dô was daz úrliugè gelant, 1215 1220 1225 1210 1200 rüeren swv., berühren. — 1201 gereht adj., geschickt: in beiden Be- ziehungen. — 1203 verhalden part. præt., zurückhaltend, nicht voreilig. — drœte adj., schnell. — 1205 das muſ ich ihm als Muth anrechnen, aus- legen. — 1206 er ritt dicht an das Lager der Mohren heran. 1209 dâ: im Heere der Mohren. — 1212 liegen (vgl. 1105) einem eines d., einem in Bezug auf etwas lügen, ihm etwas nicht gewähren : also negat. gewähren. — 1214 dannewart = dannewert, von dort weg gewendet. — huop sich, machte sich auf. — 1216 mat stm., Matt im Schachspiel: mat tuon mit dat., besiegen. — krefte ist Dat. sing. — 1221 bete stf., Auffor- derung: ohne erst die Aufforderung seines Herrn abzuwarten. — 1223 ein rôr, nicht wie meist von Holz, sondern Rohr: der Leichtigkeit wegen. — 1225 griez stm., Kiessand; namentlich wird der Turnierplatz damit be- zeichnet: daher der Aufseher desselben griezwart heißt. — ûfen = ûf den. — 1226 er trat sofort an ihn heran und forderte ihn zur Ergebung auf. — 1228 urliuge stn., Kampf, Streit. — gelant part. von lenden, landen: ans Ziel gekommen. —
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50 ERSTES BUCH. und ime ein grôzer pris geschehen. Gahmuret begunde sehen 42 aht vanen sweimen gein der stat, die er balde wenden bat den küenen sigelôsen man. dar nâch gebôt er ime dô sân daz er kêrte nâch im in. daz tet' er: wande ez solte et sîn. Gaschier sin kumen ouch niht verbirt ; an dem innen wart der wirt daz sîn gast was komen úz. daz er niht îsen als ein strůz und starke vlínsé verslant, daz machte daz er’r niht envant. sîn zorn begunde limmen und als ein lewe primmen. dô brach er ûz sîn eigen hâr, er sprach «nu sint mir mîniu jâr nâch grôzer túmphéit bewant. die gote heten mir gesant einen küenen werden gast: ist er verladen mit strîtes last, sone mag ich niemer werden wert. waz touc mir schilt únde swert? er sol mih schelten, swer mih’s mane.» dô kêrt' er von den sînen dane, gein der pórte er vaste ruorte. ein knappe im widerfuorte 1235 1240 1245 1250 1230 1255 1231 sweimen swv., schweben, flattern. Acht Scharen, jede mit einer Fahne. — 1232 er befahl dem besiegten Razalic die Scharen zur Umkehr zu veranlassen. — 1235 daſs er hinter ihm her sich in die Stadt begäbe. — 1236 et, nun einmal: es war ihm nun einmal bestimmt. 1237 kumen: nämlich in die Stadt; vgl. 1147. — 1238 der wirt sc. Gahmuret’s: der Burggraf. — 1239 ûz komen, ins Feld, in den Kampf ziehen. — 1240 Eisen fressen zur Bezeichnung grofsen Grimmes nicht selten; vgl. Haupt zu Neidhart, S. 215. Das grimmige Aussehen des Straufses wird auch Liedersaal 3, 423 hervorgehoben. — 1241 vlins stm., Kiesel, Stein. — verslinden stv., verschlingen (vgl. Schlund). — 1243 limmen stv., knurren, knirschen: meist vom Bären und Eber gebraucht. — 1244 brim- men, primmen stv., brummen, dumpf brüllen. — 1245 ûz brechen, ausraufen. — 1247 nach, wieder die Modalität: in. — bewenden swv., anwenden. — 1251 wert, angesehen, geachtet: so verliere ich meine Ehre. — 1252 toue anom. præes. von tugen, nützen. — 1253 sol, wird, hat Ursache. Wer mich daran erinnert. — 1255 rüeren, in Bewegung setzen; das Obj. (ors) ist zu ergänzen. — 1256 widerfüeren, entgegenführen. —
50 ERSTES BUCH. und ime ein grôzer pris geschehen. Gahmuret begunde sehen 42 aht vanen sweimen gein der stat, die er balde wenden bat den küenen sigelôsen man. dar nâch gebôt er ime dô sân daz er kêrte nâch im in. daz tet' er: wande ez solte et sîn. Gaschier sin kumen ouch niht verbirt ; an dem innen wart der wirt daz sîn gast was komen úz. daz er niht îsen als ein strůz und starke vlínsé verslant, daz machte daz er’r niht envant. sîn zorn begunde limmen und als ein lewe primmen. dô brach er ûz sîn eigen hâr, er sprach «nu sint mir mîniu jâr nâch grôzer túmphéit bewant. die gote heten mir gesant einen küenen werden gast: ist er verladen mit strîtes last, sone mag ich niemer werden wert. waz touc mir schilt únde swert? er sol mih schelten, swer mih’s mane.» dô kêrt' er von den sînen dane, gein der pórte er vaste ruorte. ein knappe im widerfuorte 1235 1240 1245 1250 1230 1255 1231 sweimen swv., schweben, flattern. Acht Scharen, jede mit einer Fahne. — 1232 er befahl dem besiegten Razalic die Scharen zur Umkehr zu veranlassen. — 1235 daſs er hinter ihm her sich in die Stadt begäbe. — 1236 et, nun einmal: es war ihm nun einmal bestimmt. 1237 kumen: nämlich in die Stadt; vgl. 1147. — 1238 der wirt sc. Gahmuret’s: der Burggraf. — 1239 ûz komen, ins Feld, in den Kampf ziehen. — 1240 Eisen fressen zur Bezeichnung grofsen Grimmes nicht selten; vgl. Haupt zu Neidhart, S. 215. Das grimmige Aussehen des Straufses wird auch Liedersaal 3, 423 hervorgehoben. — 1241 vlins stm., Kiesel, Stein. — verslinden stv., verschlingen (vgl. Schlund). — 1243 limmen stv., knurren, knirschen: meist vom Bären und Eber gebraucht. — 1244 brim- men, primmen stv., brummen, dumpf brüllen. — 1245 ûz brechen, ausraufen. — 1247 nach, wieder die Modalität: in. — bewenden swv., anwenden. — 1251 wert, angesehen, geachtet: so verliere ich meine Ehre. — 1252 toue anom. præes. von tugen, nützen. — 1253 sol, wird, hat Ursache. Wer mich daran erinnert. — 1255 rüeren, in Bewegung setzen; das Obj. (ors) ist zu ergänzen. — 1256 widerfüeren, entgegenführen. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 51 ein schílt, ûzèn und innen dran gemâlt als ein durchstochen man, geworht in Isenhartes lant. ein helm er fuorte ouch in der hant, 43 unde ein swert daz Razalîc durh ellen brâhte in den wîc. dâ was er von gescheiden, der küene swarze heiden. des lop was virrec unde wît : starp er âne toufen sît, so erkenn' sih über den degen balt der aller wunder hât gewalt. 1260 1265 Do der búrcrâve daz ersach, sô rehte liebe im nie geschach. diu wâpen er rekande, hin ûz der porte er rande. sînn gast sach er dort halden, den jungen, niht den alden, al gerende strîteclîcher tjost. dô nam in Láhfílirost, sîn wirt, und zôch in vaste wider. er'n stach tâ mêr decheinen nider. Lahfilirost schahtelakunt sprach «hêrre, ir sult mir machen kunt, hâ betwungen iuwer hant Razalîgen? unser lant ist kamphes sicher iemer mêr. der ist ob al den Môren hêr, des getriuwen Isenhartes man, die uns den schaden hânt getân. sich hât verendet unser nôt. 1275 1280 1285 1270 1257 dran zeigt dafs das Subj. des partic. Satzes nicht schilt ist: es war etwas (ein Bild) darauf gemalt. Die Waffen sind die Razalic's. — 1262 brâhte, gebracht hatte. — wîc stm., Kampf, Schlacht; vgl. zu I, 143. — 1263 da von, von dem Schwerte. — 1266 ohne getauft zu werden, ohne Christ zu wer- den. — 1267 sich erkennen über einen, sich eines erbarmen: eigentlich zum Einsehen kommen über. — 1268 derjenige, der Macht hat alle Wunder zu thun: eine der bei Wolfram häufigen Umschreibungen für Gott. 1270 liebe adv., freudig. — nie, wie in dem Augenblicke. — 1271 rekande Metathesis von erkande, namentlich nach r häufig. — 1272 rande præt. von rennen, laufen lassen, sc. das Ross. — 1275 strîteclîch adj., streithaft. — 1277 zôch wider, führte zurück: indem er das Pferd beim Zaume nahm. — 1279 schahtelakunt = cons du chastel = buregrave; vgl. I, 1475. — 1283 ist sicher vor Kampf immer fortan, in aller Zukunft. — 1284 hêr, erhaben; ob, über. Zu den Môren gehört als Apposit. man dat. pl. — 1287 verenden swv., ganz beenden; refl. sich endigen. — 43
GAHMURET UND BELAKANE. 51 ein schílt, ûzèn und innen dran gemâlt als ein durchstochen man, geworht in Isenhartes lant. ein helm er fuorte ouch in der hant, 43 unde ein swert daz Razalîc durh ellen brâhte in den wîc. dâ was er von gescheiden, der küene swarze heiden. des lop was virrec unde wît : starp er âne toufen sît, so erkenn' sih über den degen balt der aller wunder hât gewalt. 1260 1265 Do der búrcrâve daz ersach, sô rehte liebe im nie geschach. diu wâpen er rekande, hin ûz der porte er rande. sînn gast sach er dort halden, den jungen, niht den alden, al gerende strîteclîcher tjost. dô nam in Láhfílirost, sîn wirt, und zôch in vaste wider. er'n stach tâ mêr decheinen nider. Lahfilirost schahtelakunt sprach «hêrre, ir sult mir machen kunt, hâ betwungen iuwer hant Razalîgen? unser lant ist kamphes sicher iemer mêr. der ist ob al den Môren hêr, des getriuwen Isenhartes man, die uns den schaden hânt getân. sich hât verendet unser nôt. 1275 1280 1285 1270 1257 dran zeigt dafs das Subj. des partic. Satzes nicht schilt ist: es war etwas (ein Bild) darauf gemalt. Die Waffen sind die Razalic's. — 1262 brâhte, gebracht hatte. — wîc stm., Kampf, Schlacht; vgl. zu I, 143. — 1263 da von, von dem Schwerte. — 1266 ohne getauft zu werden, ohne Christ zu wer- den. — 1267 sich erkennen über einen, sich eines erbarmen: eigentlich zum Einsehen kommen über. — 1268 derjenige, der Macht hat alle Wunder zu thun: eine der bei Wolfram häufigen Umschreibungen für Gott. 1270 liebe adv., freudig. — nie, wie in dem Augenblicke. — 1271 rekande Metathesis von erkande, namentlich nach r häufig. — 1272 rande præt. von rennen, laufen lassen, sc. das Ross. — 1275 strîteclîch adj., streithaft. — 1277 zôch wider, führte zurück: indem er das Pferd beim Zaume nahm. — 1279 schahtelakunt = cons du chastel = buregrave; vgl. I, 1475. — 1283 ist sicher vor Kampf immer fortan, in aller Zukunft. — 1284 hêr, erhaben; ob, über. Zu den Môren gehört als Apposit. man dat. pl. — 1287 verenden swv., ganz beenden; refl. sich endigen. — 43
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52 ERSTES BUCH. 44 ein zornic got in daz gebôt, daz s' uns hie suochten mit ir her: nu ist énschumphiert ir wer.» Er fuorte in in : daz was im leit. diu küneginne im widerreit. sînen zóum nám sie mit ir hant, si entstricte der fintâlen bant. der wirt in muose lâzen. sîn' knappen niht vergâzen, sine kêrten vaste ir hêrren nâch. durch die stat man füeren sach ir gast die küneginne wis, der dâ behalden hete den pris. si erbeizte aldâ si's dúhte zit. «wê wie getriuwe ir knappen sît! ir waent verliesen disen man: dem wirt ân’ iuch gemach getân. nemet sîn ors unt füert ez hin: sîn geselle ich hie bin.» vil frouwen er dort ûfe vant. entwâpent mit swarzer hant wart er von der künegin. ein décláchen zobelîn und ein bétte wol gehêret, dar an im wart gemêret ein héinlîchiu êre. aldâ was niemen mêre : júncfrouwen giengen für und sluzzen nâch in zuo die tür. dô phlac diu küneginne 1295 1300 1305 1310 1290 1315 1288 zornic, nämlich ihnen zürnend. — 1290 enschumphieren (vgl. schum- phentiure. I, 625), niederschlagen, vernichten. 1292 widerrîten stv., entgegenreiten. — 1294 entstricken swv., losbinden, aufknüpfen. — fintâle, finteile swf., altfranz. ventaille, der Theil des Helmes, durch welchen Luft zutritt: Visier. — 1295 in, den Zaum; vgl. 1277. — 1296 vergezzen, unterlassen: sine kêrten, zu kehren. — 1299 ir gast ist Obj. von füeren; die küneginne Obj. von sach. — 1301 si's, sie dazu; es von zît abhängig. — 1302 wê interj. wie owé, nicht nur des Schmerzes, auch des Staunens: ei. — 1303 weil sie nicht von seiner Seite weichen. — 1304 âne præp., ohne. — 1305 hin, von hier fort. — 1306 geselle kann auch von der Frau gesagt werden : Gefährtin, Begleiterin ; so heifst auch vriunt Geliebter und Geliebte. — 1310 fg. wieder nomin., die durch dar an in die Con- struction aufgenommen werden. — declachen stn., Tuch zum Decken, Betttuch. — 1311 hêren swv., hêr machen, schmücken. — 1312 in dem Bette wurde ihm noch größsere Ehre als bisher zu Theil, nämlich die Ehre heimlicher Minne. — 1315 für, vor die Thür, hinaus. —
52 ERSTES BUCH. 44 ein zornic got in daz gebôt, daz s' uns hie suochten mit ir her: nu ist énschumphiert ir wer.» Er fuorte in in : daz was im leit. diu küneginne im widerreit. sînen zóum nám sie mit ir hant, si entstricte der fintâlen bant. der wirt in muose lâzen. sîn' knappen niht vergâzen, sine kêrten vaste ir hêrren nâch. durch die stat man füeren sach ir gast die küneginne wis, der dâ behalden hete den pris. si erbeizte aldâ si's dúhte zit. «wê wie getriuwe ir knappen sît! ir waent verliesen disen man: dem wirt ân’ iuch gemach getân. nemet sîn ors unt füert ez hin: sîn geselle ich hie bin.» vil frouwen er dort ûfe vant. entwâpent mit swarzer hant wart er von der künegin. ein décláchen zobelîn und ein bétte wol gehêret, dar an im wart gemêret ein héinlîchiu êre. aldâ was niemen mêre : júncfrouwen giengen für und sluzzen nâch in zuo die tür. dô phlac diu küneginne 1295 1300 1305 1310 1290 1315 1288 zornic, nämlich ihnen zürnend. — 1290 enschumphieren (vgl. schum- phentiure. I, 625), niederschlagen, vernichten. 1292 widerrîten stv., entgegenreiten. — 1294 entstricken swv., losbinden, aufknüpfen. — fintâle, finteile swf., altfranz. ventaille, der Theil des Helmes, durch welchen Luft zutritt: Visier. — 1295 in, den Zaum; vgl. 1277. — 1296 vergezzen, unterlassen: sine kêrten, zu kehren. — 1299 ir gast ist Obj. von füeren; die küneginne Obj. von sach. — 1301 si's, sie dazu; es von zît abhängig. — 1302 wê interj. wie owé, nicht nur des Schmerzes, auch des Staunens: ei. — 1303 weil sie nicht von seiner Seite weichen. — 1304 âne præp., ohne. — 1305 hin, von hier fort. — 1306 geselle kann auch von der Frau gesagt werden : Gefährtin, Begleiterin ; so heifst auch vriunt Geliebter und Geliebte. — 1310 fg. wieder nomin., die durch dar an in die Con- struction aufgenommen werden. — declachen stn., Tuch zum Decken, Betttuch. — 1311 hêren swv., hêr machen, schmücken. — 1312 in dem Bette wurde ihm noch größsere Ehre als bisher zu Theil, nämlich die Ehre heimlicher Minne. — 1315 für, vor die Thür, hinaus. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 53 45 einer wérden süezer minne, und Gahmuret ir herzen trût. unglîch was doch ir zweier hût. Sie brâhten opfers vil ir goten, die von der stat. waz wart geboten dem küenen Razalîge, do er schiet vón dem wîge? daz leister durh triuwe: doch wart sîn jâmer niuwe nâch sîme hêrren Isenhart. der búrcrâvè des innen wart, daz er kom. dô wart ein schal: dar kômn die fürsten über al ûz der küngin lant von Zazamanc: die sageten ime des prîses danc, den er hete aldâ bezalt. ze rehter tjost het' er gevalt vier unt zweinzec rîter nider, unt zôch ir ors almeistic wider. dâ wârn gevangen fürsten drî: den reit manec rîter bî, ze hove úf den pálás. entslâfen und enbizzen was, unt wünneclîch gefeitet mit kleidern wol bereitet des hôhésten wirtes lîp. diu ê hiez maget, diu was nu wîp; din in her ûz fuort’ an ir hant. sie sprach «mîn lîp und mîn lant 1325 1330 1335 1340 1320 1345 1318 süezer: die starke Form des Adj. nach ein ungewöhnlich. — 1319 trût stm., Liebling, Geliebter. — 1320 trotzdem liebten sie sich zärtlich. 1322 waz; vgl. zu I, 26. Es entspricht dem daz in 1325. Vgl. 1233 bis 35. — 1325 leist' præet. von leisten, für leistete, aber die Unterdrückung des mittleren e ist hier Regel, swv., befolgen, thun. — 1326 jâmer, schmerz- liche Sehnsucht. — niuwe adj., erneuert, aufgefrischt. — 1330 dar, vor Gahmuret's Gemach : Gahmuret befand sich jetzt nicht mehr bei dem Burg- grafen. — 1331 von Zazamanc ist mit küngin zu verbinden. — 1332 ime, Gahmuret. — 1336 zôch wider, hatte sie mit in die Stadt führen lassen. — almeistic, zum allergrößsten Theile. — 1340 entslâfen was, er hatte geschlafen : war vom Schlafe erwacht. — 1341 feiten (vgl. feitieren, I, 514), zurecht machen, ausrüsten: Weiterbildung vom altfranz. fait. — 1342 mit kleidern gehört zu beiden Verben. — bereiten, ausrüsten, versehen. — 1343 der Superl. dient hier zur Verstärkung. — 1345 her ûz, aus dem Gemache, in welchem sie geschlafen hatten. —
GAHMURET UND BELAKANE. 53 45 einer wérden süezer minne, und Gahmuret ir herzen trût. unglîch was doch ir zweier hût. Sie brâhten opfers vil ir goten, die von der stat. waz wart geboten dem küenen Razalîge, do er schiet vón dem wîge? daz leister durh triuwe: doch wart sîn jâmer niuwe nâch sîme hêrren Isenhart. der búrcrâvè des innen wart, daz er kom. dô wart ein schal: dar kômn die fürsten über al ûz der küngin lant von Zazamanc: die sageten ime des prîses danc, den er hete aldâ bezalt. ze rehter tjost het' er gevalt vier unt zweinzec rîter nider, unt zôch ir ors almeistic wider. dâ wârn gevangen fürsten drî: den reit manec rîter bî, ze hove úf den pálás. entslâfen und enbizzen was, unt wünneclîch gefeitet mit kleidern wol bereitet des hôhésten wirtes lîp. diu ê hiez maget, diu was nu wîp; din in her ûz fuort’ an ir hant. sie sprach «mîn lîp und mîn lant 1325 1330 1335 1340 1320 1345 1318 süezer: die starke Form des Adj. nach ein ungewöhnlich. — 1319 trût stm., Liebling, Geliebter. — 1320 trotzdem liebten sie sich zärtlich. 1322 waz; vgl. zu I, 26. Es entspricht dem daz in 1325. Vgl. 1233 bis 35. — 1325 leist' præet. von leisten, für leistete, aber die Unterdrückung des mittleren e ist hier Regel, swv., befolgen, thun. — 1326 jâmer, schmerz- liche Sehnsucht. — niuwe adj., erneuert, aufgefrischt. — 1330 dar, vor Gahmuret's Gemach : Gahmuret befand sich jetzt nicht mehr bei dem Burg- grafen. — 1331 von Zazamanc ist mit küngin zu verbinden. — 1332 ime, Gahmuret. — 1336 zôch wider, hatte sie mit in die Stadt führen lassen. — almeistic, zum allergrößsten Theile. — 1340 entslâfen was, er hatte geschlafen : war vom Schlafe erwacht. — 1341 feiten (vgl. feitieren, I, 514), zurecht machen, ausrüsten: Weiterbildung vom altfranz. fait. — 1342 mit kleidern gehört zu beiden Verben. — bereiten, ausrüsten, versehen. — 1343 der Superl. dient hier zur Verstärkung. — 1345 her ûz, aus dem Gemache, in welchem sie geschlafen hatten. —
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54 ERSTES BUCH. ist disem rîter undertân, óbez im vînde wellent lân.» Dô wart gevolget Gahmurete einer höfschlîchen bete. 46 «gêt nâher, mîn hêr Razalîc: ir sult küssén mîn wîp. als tuot ouch ir, hêr Gáschier.» Hiutegêrn den Schotten fier bat er sie küssen an ir munt: der was von sîner tjoste wunt. er bat sie alle sitzen, al stênde er sprach mit witzen «ich sæhe och gerne den neven mîn, möht' ez mit sînen hulden sîn, der in hie gevangen hât. i’ne hân's von sippe decheinen rât, i'ne müeze in ledec machen.» diu künegîn begunde lachen, si hiez bálde nâch im springen. dort her begunde dringen der minneclîche bêâkunt. der was von rîterschefte wunt, und hetez ouch dâ vil guot getân. Gáschier der Oriman in dár brâhte: ér was cúrtóys, sîn vater was ein Franzoys, er was Kaylétes swester barn : in wîbes dienste er was gevarn: er hiez Killirjacac, aller mánne schone er widerwac. 1350 1355 1360 1365 1370 1375 1348 wellent 3. pl., eigentlich wellen, weil conj. Form : mit Eindringen der indicat. Form. 1349 volgen mit dat. und gen., einem beistimmen in Bezug auf etwas — 1350 höfschlîch adj., hofgemaßs, fein. — 1351 gén, häufig im Sinne von kommen. — min hêr, Titel von Männern hoher Geburt = monseigneur, mon- sieur; hêrre vor Namen in hér verkürzt. — 1353 als, ebenso. — 1356 von dem Lanzenrennen mit Gahmuret. — 1358 al sténde, fortwährend noch stehend. — 1360 hulde stf. (gern im Pl.), Genehmigung, Erlaubniss: mit Erlaubniss desjenigen. — 1362 sippe stf., Verwandtschaft: wegen unserer Verwandtschaft. — rât, vgl. zu I, 628: ich kann nicht umhin. — 1363 ledec adj., frei, los. — 1365 nàch im, um ihn holen zu lassen. — 1367 béâkunt = beax cons, der schöne Graf. Er war I, 921 erwähnt. — 1369 ez guot tuon, tapfer kämpfen; vgl. I, 1480, II, 341. 449. 1105; altfranz. bien le faisoient li Norman, Bartsch, Chrestom. 116, 42. — 1370 Oriman, Normann; vgl. I, 1127. — 1371 curtoys adj., altfranz. cortois, höfisch, wohlerzogen. — 1373 barn stn., Kind; vgl. swester sun I, 923; muomen sun I, 1414. — 1374 varn, ausziehen
54 ERSTES BUCH. ist disem rîter undertân, óbez im vînde wellent lân.» Dô wart gevolget Gahmurete einer höfschlîchen bete. 46 «gêt nâher, mîn hêr Razalîc: ir sult küssén mîn wîp. als tuot ouch ir, hêr Gáschier.» Hiutegêrn den Schotten fier bat er sie küssen an ir munt: der was von sîner tjoste wunt. er bat sie alle sitzen, al stênde er sprach mit witzen «ich sæhe och gerne den neven mîn, möht' ez mit sînen hulden sîn, der in hie gevangen hât. i’ne hân's von sippe decheinen rât, i'ne müeze in ledec machen.» diu künegîn begunde lachen, si hiez bálde nâch im springen. dort her begunde dringen der minneclîche bêâkunt. der was von rîterschefte wunt, und hetez ouch dâ vil guot getân. Gáschier der Oriman in dár brâhte: ér was cúrtóys, sîn vater was ein Franzoys, er was Kaylétes swester barn : in wîbes dienste er was gevarn: er hiez Killirjacac, aller mánne schone er widerwac. 1350 1355 1360 1365 1370 1375 1348 wellent 3. pl., eigentlich wellen, weil conj. Form : mit Eindringen der indicat. Form. 1349 volgen mit dat. und gen., einem beistimmen in Bezug auf etwas — 1350 höfschlîch adj., hofgemaßs, fein. — 1351 gén, häufig im Sinne von kommen. — min hêr, Titel von Männern hoher Geburt = monseigneur, mon- sieur; hêrre vor Namen in hér verkürzt. — 1353 als, ebenso. — 1356 von dem Lanzenrennen mit Gahmuret. — 1358 al sténde, fortwährend noch stehend. — 1360 hulde stf. (gern im Pl.), Genehmigung, Erlaubniss: mit Erlaubniss desjenigen. — 1362 sippe stf., Verwandtschaft: wegen unserer Verwandtschaft. — rât, vgl. zu I, 628: ich kann nicht umhin. — 1363 ledec adj., frei, los. — 1365 nàch im, um ihn holen zu lassen. — 1367 béâkunt = beax cons, der schöne Graf. Er war I, 921 erwähnt. — 1369 ez guot tuon, tapfer kämpfen; vgl. I, 1480, II, 341. 449. 1105; altfranz. bien le faisoient li Norman, Bartsch, Chrestom. 116, 42. — 1370 Oriman, Normann; vgl. I, 1127. — 1371 curtoys adj., altfranz. cortois, höfisch, wohlerzogen. — 1373 barn stn., Kind; vgl. swester sun I, 923; muomen sun I, 1414. — 1374 varn, ausziehen
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GAHMURET UND BELAKANE. 55 47 Dô in Gahmuret gesach (ir ántlítze sippe jach: diu wârn ein ander vil gelîch), er bat die küneginne rîch in küssen unde vâhen z'ir. er sprach «nu ging ouch her ze mir.» der wirt in kuste selbe dô: sie wârn ze sehene ein ander vrô. Gahmuret sprach aber sân «ôwê junc süezer man, was solde her dîn kranker lip ? sag’ an, gebôt dir daz ein wîp ?" «die gebietent wênic, hêrre, mir. mich hât mîn veter Gaschier her brâht, er weiz wol selbe wie. ich hân im tûsent rîter hie, unt stên im dienestlîche bî. ze Rôéms in Normandî kom ich zer samenunge: ich brâhte im helde junge, ich fuor von Schámpân durh in. nu wil kunst unde sin der schade an in kêren, ir’n welt inch selben êren. gebietet ir, sô lât in mîn geniezen, senftet sînen pîn.» «den rât nim du vil gar zuo dir. var du und mîn hêr Gaschier, und bringet mir Kayléten her.» dô wurben sie des heldes ger, sie brâhten in durch sîne bete. dô wart och er von Gahmurete 1380 1385 1390 1395 1400 1405 1378 ihr Antlitz bekundete ihre Verwandtschaft; sie sahen sich ähn- lich. — 1381 vàhen z'ir, an sich zu fassen, zu umarmen. — 1382 ging imper. zu gan (gangen), geschwächt aus gang. — 1383 der wirt, Gahmuret; vgl. 1343. Er heifst so, weil er nun Belakanens Gemahl ist. — 1386 junc unflect. Form. — 1387 her, zu ergänzen komen (partic.): was bezweckte er, daſs er hieher kam? — 1389 ich bin noch nicht in dem Alter, um einer Frau zu dienen. — 1391 wie, zu welchem Zwecke. — 1392 hân im, habe für ihn. — 1394 Rôems, Rouen. — 1395 samenunge stf., Versammlung: dort stießs ich mit meinen Leuten zu dem Heere. — 1397 Schampân, Champagne. — 1399 schade persönlich gedacht: der Schaden wird alles, was er weißs und versteht, gegen ihn wenden. — 1400 irin welt, es sei denn dafs ihr wollt, wenn ihr nicht wollt. — 1402 geniezen mit gen., Nutzen haben von etwas; Gegensatz engelten. — senften swv., senfte, ruhig, still machen, beruhigen. — 1403 nimm dich des von dir gegebenen Rathes an, vollziehe ihn selbst. — 1407 weil er es befohlen hatte. —
GAHMURET UND BELAKANE. 55 47 Dô in Gahmuret gesach (ir ántlítze sippe jach: diu wârn ein ander vil gelîch), er bat die küneginne rîch in küssen unde vâhen z'ir. er sprach «nu ging ouch her ze mir.» der wirt in kuste selbe dô: sie wârn ze sehene ein ander vrô. Gahmuret sprach aber sân «ôwê junc süezer man, was solde her dîn kranker lip ? sag’ an, gebôt dir daz ein wîp ?" «die gebietent wênic, hêrre, mir. mich hât mîn veter Gaschier her brâht, er weiz wol selbe wie. ich hân im tûsent rîter hie, unt stên im dienestlîche bî. ze Rôéms in Normandî kom ich zer samenunge: ich brâhte im helde junge, ich fuor von Schámpân durh in. nu wil kunst unde sin der schade an in kêren, ir’n welt inch selben êren. gebietet ir, sô lât in mîn geniezen, senftet sînen pîn.» «den rât nim du vil gar zuo dir. var du und mîn hêr Gaschier, und bringet mir Kayléten her.» dô wurben sie des heldes ger, sie brâhten in durch sîne bete. dô wart och er von Gahmurete 1380 1385 1390 1395 1400 1405 1378 ihr Antlitz bekundete ihre Verwandtschaft; sie sahen sich ähn- lich. — 1381 vàhen z'ir, an sich zu fassen, zu umarmen. — 1382 ging imper. zu gan (gangen), geschwächt aus gang. — 1383 der wirt, Gahmuret; vgl. 1343. Er heifst so, weil er nun Belakanens Gemahl ist. — 1386 junc unflect. Form. — 1387 her, zu ergänzen komen (partic.): was bezweckte er, daſs er hieher kam? — 1389 ich bin noch nicht in dem Alter, um einer Frau zu dienen. — 1391 wie, zu welchem Zwecke. — 1392 hân im, habe für ihn. — 1394 Rôems, Rouen. — 1395 samenunge stf., Versammlung: dort stießs ich mit meinen Leuten zu dem Heere. — 1397 Schampân, Champagne. — 1399 schade persönlich gedacht: der Schaden wird alles, was er weißs und versteht, gegen ihn wenden. — 1400 irin welt, es sei denn dafs ihr wollt, wenn ihr nicht wollt. — 1402 geniezen mit gen., Nutzen haben von etwas; Gegensatz engelten. — senften swv., senfte, ruhig, still machen, beruhigen. — 1403 nimm dich des von dir gegebenen Rathes an, vollziehe ihn selbst. — 1407 weil er es befohlen hatte. —
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56 ERSTES BUCH. 48 minneclîche enphangen, und dicke umbevangen von der küneginne rîch. sie kuste den degen minneclîch. sie moht' ez wol mit êren tuon : er was ir mannes muomen sun und was von arde ein künic hêr. der wirt sprach láchénde mêr «goteweiz, hêr Káylét, ob ich iu name Dôlét und iuwer lant ze Spâne, durch den künec von Gascâne, der iu dícke tuot mit zornes gir, daz wære ein úntriuwe an mir: wan ir sît mîner muomen kint. die besten gar mit iu hie sint, der rîterschefte herte: wer twang luch dirre verte?" 1410 1415 1420 1425 Dô sprach der stolze degen junc «mir gebôt mîn veter Schiltunc, des tohter Vridebrant dâ hât, daz ich im diende, ez wæer' sîn rât. der hât von sîme wîbe hie von mîn eines lîbe sehs tûsent rîter wol bekant: die tragent wérlîche hant. ich brâhte och rîter mêr durh in: der ist ein teil gescheiden hin. hie wâren durch die Schotten die wérlîche rotten. 1430 1435 1412 minnecl’ch ist Adj. zu degen, nicht Adv.: liebenswürdig, zur Minne geeignet. — 1415 arde dat. sing. von art, Herkunft, Abstammung. — 1416 mêr, weiter. — 1417 goteweiz, betheuernder Ausdruck : weißs Gott, bei Gott. — 1418 Dôlet, Toledo. — 1420 weil der König von Gascogne (es ist Hardîz: vgl. II, 189. 271) euch oft bekriegt und ich also mit ihm gemein- schaftliche Sache gegen euch machen könnte. — 1421 tuot sc. leide: in zornigem Eifer. — 1422 an mir, auf meiner Seite, meinerserts. — 1424 dic besten, die Tapfersten; guot, tapfer (vgl. zu I, 1369). — 1425 herte stf., die beste Kraft, die Auserlesenen; vgl. lat. robur. — 1426 dirre verte gen., zu dieser Fahrt. 1428 mir gebôt, mich forderte auf. — 1430 das riethe er mir. — 1431 durch sein Weib (von wie I, 1362), wegen meiner Verwandtschaft mit seiner Frau. — 1432 von mir allein. — 1435 och, noch. — 1436 ein Theil ist mit Fridebrand wieder abgezogen; vgl. I, 722. — 1438 in werlîche mus. wohl ein Volksname stecken, wie Lachmann vermuthet. Vielleicht: aus Wales. —
56 ERSTES BUCH. 48 minneclîche enphangen, und dicke umbevangen von der küneginne rîch. sie kuste den degen minneclîch. sie moht' ez wol mit êren tuon : er was ir mannes muomen sun und was von arde ein künic hêr. der wirt sprach láchénde mêr «goteweiz, hêr Káylét, ob ich iu name Dôlét und iuwer lant ze Spâne, durch den künec von Gascâne, der iu dícke tuot mit zornes gir, daz wære ein úntriuwe an mir: wan ir sît mîner muomen kint. die besten gar mit iu hie sint, der rîterschefte herte: wer twang luch dirre verte?" 1410 1415 1420 1425 Dô sprach der stolze degen junc «mir gebôt mîn veter Schiltunc, des tohter Vridebrant dâ hât, daz ich im diende, ez wæer' sîn rât. der hât von sîme wîbe hie von mîn eines lîbe sehs tûsent rîter wol bekant: die tragent wérlîche hant. ich brâhte och rîter mêr durh in: der ist ein teil gescheiden hin. hie wâren durch die Schotten die wérlîche rotten. 1430 1435 1412 minnecl’ch ist Adj. zu degen, nicht Adv.: liebenswürdig, zur Minne geeignet. — 1415 arde dat. sing. von art, Herkunft, Abstammung. — 1416 mêr, weiter. — 1417 goteweiz, betheuernder Ausdruck : weißs Gott, bei Gott. — 1418 Dôlet, Toledo. — 1420 weil der König von Gascogne (es ist Hardîz: vgl. II, 189. 271) euch oft bekriegt und ich also mit ihm gemein- schaftliche Sache gegen euch machen könnte. — 1421 tuot sc. leide: in zornigem Eifer. — 1422 an mir, auf meiner Seite, meinerserts. — 1424 dic besten, die Tapfersten; guot, tapfer (vgl. zu I, 1369). — 1425 herte stf., die beste Kraft, die Auserlesenen; vgl. lat. robur. — 1426 dirre verte gen., zu dieser Fahrt. 1428 mir gebôt, mich forderte auf. — 1430 das riethe er mir. — 1431 durch sein Weib (von wie I, 1362), wegen meiner Verwandtschaft mit seiner Frau. — 1432 von mir allein. — 1435 och, noch. — 1436 ein Theil ist mit Fridebrand wieder abgezogen; vgl. I, 722. — 1438 in werlîche mus. wohl ein Volksname stecken, wie Lachmann vermuthet. Vielleicht: aus Wales. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 57 im kom von Gruonlanden helede zen handen, 49 zwên' künegé mit grôzer kraft: die vluot von der rîterschaft sie bráhten, unde manegen kiel: ir rotte mir vil wol geviel. hie was och Môrhólt durch in: des strît hât kraft unde sin. die sint nu hin gekêret: swie mich mîn frouwe lêret, als tuon ich mit den mînen. mîn dienst sol ir erschînen: dune darft mir dienes danken niht, wand’ es diu sippe sus vergiht. die vrävelen helde sint nu dîn: waern sie getoufet sô die mîn, und an der hiut’ nâch in getân, sone wart gekroenet nie kein man, er'n hete strîts von in genuoc. mich wundert waz dich her vertruoc: daz sage mir rehte, unde wie.» «ich kom géster, hiute bin ich hie worden hêrre über’z lant. mich vienc diu künegîn mit ir hant: dô werte ich mich mit minne. sus rieten mir die sinne.» «ich wæn’ dir hât dîn süeziu wer betwungen beidenthalp diu her.» 1445 1450 1455 1460 1440 1465 1439 kom sing. bei folgendem Plural. — 1440 helt zen handen, kampfbereiter, tapferer Held. — 1442 vluot, grofse Menge. — 1443 kiel stm., Kiel = Schiff. — 1445 Môrholt von Irland : war Wolfram aus Eilhart's Tristrant bekannt; denn Gottfried's Gedicht fällt später. — 1446 er ist ein starker und kunst- gerechter Kämpfer. — 1449 als, ebenso ; tuon 1. præs. mit Beibehaltung des alten n (ursprüngl. m). — 1450 erschînen, offenbar werden. — 1451 darft 2. pers. von darf, ich habe nöthig, brauche. — dienes = dienens, für das Dienen. — 1452 denn unsere Verwandtschaft will es so, spricht sich dafür aus. — 1453 vrävel adj., verwegen, muthig. Die folgenden Zeilen bezeich- nen die Tapferkeit. — 1454 die min = die mîne. Es fehlt ihnen, um voll- kommene Helden zu sein, nur das Christenthum. — 1455 hiut' dat. sing. von hût, Haut. — nách in, wie sie. —getân, beschaffen. — 1456 fg. so könnten sie jedem Herrscher reichlich Streit bieten. — 1457 er’n hete, daßs er nicht, der nicht hätte. — 1458 vertragen, aus der eingeschlagenen Richtung füh- ren. — 1459 rehte adv., genau. — wie, wie es zugieng. — 1460 gester adv., gestern. — 1463 ich vertheidigte mich gegen sie mit Minne: andere Waffen hätten mir ihr gegenüber nichts geholfen. — 1465 süeziu wer mit Bezug auf 1463. — 1466 beidenthalp, auf beiden Seiten : beide Heere, indem du ihr zu Liebe für sie kämpftest und das feindliche Heer bezwangst, aber auch durch ihre Liebe ihres eigenen Heeres Herr wurdest. —
GAHMURET UND BELAKANE. 57 im kom von Gruonlanden helede zen handen, 49 zwên' künegé mit grôzer kraft: die vluot von der rîterschaft sie bráhten, unde manegen kiel: ir rotte mir vil wol geviel. hie was och Môrhólt durch in: des strît hât kraft unde sin. die sint nu hin gekêret: swie mich mîn frouwe lêret, als tuon ich mit den mînen. mîn dienst sol ir erschînen: dune darft mir dienes danken niht, wand’ es diu sippe sus vergiht. die vrävelen helde sint nu dîn: waern sie getoufet sô die mîn, und an der hiut’ nâch in getân, sone wart gekroenet nie kein man, er'n hete strîts von in genuoc. mich wundert waz dich her vertruoc: daz sage mir rehte, unde wie.» «ich kom géster, hiute bin ich hie worden hêrre über’z lant. mich vienc diu künegîn mit ir hant: dô werte ich mich mit minne. sus rieten mir die sinne.» «ich wæn’ dir hât dîn süeziu wer betwungen beidenthalp diu her.» 1445 1450 1455 1460 1440 1465 1439 kom sing. bei folgendem Plural. — 1440 helt zen handen, kampfbereiter, tapferer Held. — 1442 vluot, grofse Menge. — 1443 kiel stm., Kiel = Schiff. — 1445 Môrholt von Irland : war Wolfram aus Eilhart's Tristrant bekannt; denn Gottfried's Gedicht fällt später. — 1446 er ist ein starker und kunst- gerechter Kämpfer. — 1449 als, ebenso ; tuon 1. præs. mit Beibehaltung des alten n (ursprüngl. m). — 1450 erschînen, offenbar werden. — 1451 darft 2. pers. von darf, ich habe nöthig, brauche. — dienes = dienens, für das Dienen. — 1452 denn unsere Verwandtschaft will es so, spricht sich dafür aus. — 1453 vrävel adj., verwegen, muthig. Die folgenden Zeilen bezeich- nen die Tapferkeit. — 1454 die min = die mîne. Es fehlt ihnen, um voll- kommene Helden zu sein, nur das Christenthum. — 1455 hiut' dat. sing. von hût, Haut. — nách in, wie sie. —getân, beschaffen. — 1456 fg. so könnten sie jedem Herrscher reichlich Streit bieten. — 1457 er’n hete, daßs er nicht, der nicht hätte. — 1458 vertragen, aus der eingeschlagenen Richtung füh- ren. — 1459 rehte adv., genau. — wie, wie es zugieng. — 1460 gester adv., gestern. — 1463 ich vertheidigte mich gegen sie mit Minne: andere Waffen hätten mir ihr gegenüber nichts geholfen. — 1465 süeziu wer mit Bezug auf 1463. — 1466 beidenthalp, auf beiden Seiten : beide Heere, indem du ihr zu Liebe für sie kämpftest und das feindliche Heer bezwangst, aber auch durch ihre Liebe ihres eigenen Heeres Herr wurdest. —
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58 ERSTES BUCH. 50 «du meinst durch daz ich dir entran. vaste riefe du mich an: waz woltste an mir ertwingen ? lâ mich sus mit dir dingen.» «dane erkánde ich niht des ankers dîn : mîner múomen mán Gándîn hât in gefüeret selten ûz.» «do rekánde abr ích wol dînen strůz, ame schílde ein sarapandratest: din strûz stuont hôch sunder nest. ich sach an dîner gelegenheit, dir was diu sicherheit vil leit, die mir tæten zwêne man: die heten'z dâ vil guot getân.» «mir waere och lîhte alsam geschehen. ich muoz des eime tiuvel jehen, des fuore ich niemer wirde vrô: het’ er den pris behalten sô an vrävelen helden sô dîn lîp, für zucker gæezen in diu wîp.» «dîn munt mir lobes ze vil vergiht.» «nein, i’ne kan gesmeichen niht : nim anderr mîner helfe war.» sie riefen Razalîge dar. 1470 1475 1480 1485 1490 Mit zühten sprach dô Kaylet «iuch hât mîn neve Gahmuret mit sîner hant gevangen.» «hêrre, daz ist ergangen. 1467 scherzend: weil ich dir entkam; du hättest mich sonst vielleicht be- siegt. — 1468 riefe 2. præt., du riefst. Vgl. I, 1155. — 1469 woltste ge- schwächt aus woltstu. — 1470 dingen swv., unterhandeln: in so friedlicher Weise. — 1471 dâ am Anfang einer Rede erklärend: das kam so, verhält sich so.— des ankers von niht abhängig. — erkande, kannte: den Anker nahm erst Gahmuret als Wappen an; vgl. I, 402. — 1475 sarapandratest = teste de serpent, Schlangenkopf. Vgl. zu I, 1279. — 1476 sunder nest, nicht in einem Neste kauernd. — 1477 gelegenheit stf., Lage, Art und Weise. — 1481 alsam, ebenso: daſs ich mich hätte dir ergeben müssen. — 1482 ich müfte es einem Teufel, an dessen Art und Weise ich gar keine Freude habe, zugestehen, wenn er so tapfer wie du gekämpft hätte, die Weiber würden ihn vor Liebe auffressen. — 1485 an, gegenüber. — dîn lip = da: zu I, 761. — 1486 als Zucker, wie Zucker; vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum, 6, 294. — gœezen præt. conj. von gezzen, aufessen. — 1488 ge- smeichen swv., schmeicheln. — 1489 du sollst nun sehen, wie ich dir auf andere Weise (nicht durch Schmeichelreden) behülflich bin. — 1490 Raza- lîge dat.: riefen ihm heranzukommen. 1494 ergén stv., geschehen: das verhält sich wirklich so. —
58 ERSTES BUCH. 50 «du meinst durch daz ich dir entran. vaste riefe du mich an: waz woltste an mir ertwingen ? lâ mich sus mit dir dingen.» «dane erkánde ich niht des ankers dîn : mîner múomen mán Gándîn hât in gefüeret selten ûz.» «do rekánde abr ích wol dînen strůz, ame schílde ein sarapandratest: din strûz stuont hôch sunder nest. ich sach an dîner gelegenheit, dir was diu sicherheit vil leit, die mir tæten zwêne man: die heten'z dâ vil guot getân.» «mir waere och lîhte alsam geschehen. ich muoz des eime tiuvel jehen, des fuore ich niemer wirde vrô: het’ er den pris behalten sô an vrävelen helden sô dîn lîp, für zucker gæezen in diu wîp.» «dîn munt mir lobes ze vil vergiht.» «nein, i’ne kan gesmeichen niht : nim anderr mîner helfe war.» sie riefen Razalîge dar. 1470 1475 1480 1485 1490 Mit zühten sprach dô Kaylet «iuch hât mîn neve Gahmuret mit sîner hant gevangen.» «hêrre, daz ist ergangen. 1467 scherzend: weil ich dir entkam; du hättest mich sonst vielleicht be- siegt. — 1468 riefe 2. præt., du riefst. Vgl. I, 1155. — 1469 woltste ge- schwächt aus woltstu. — 1470 dingen swv., unterhandeln: in so friedlicher Weise. — 1471 dâ am Anfang einer Rede erklärend: das kam so, verhält sich so.— des ankers von niht abhängig. — erkande, kannte: den Anker nahm erst Gahmuret als Wappen an; vgl. I, 402. — 1475 sarapandratest = teste de serpent, Schlangenkopf. Vgl. zu I, 1279. — 1476 sunder nest, nicht in einem Neste kauernd. — 1477 gelegenheit stf., Lage, Art und Weise. — 1481 alsam, ebenso: daſs ich mich hätte dir ergeben müssen. — 1482 ich müfte es einem Teufel, an dessen Art und Weise ich gar keine Freude habe, zugestehen, wenn er so tapfer wie du gekämpft hätte, die Weiber würden ihn vor Liebe auffressen. — 1485 an, gegenüber. — dîn lip = da: zu I, 761. — 1486 als Zucker, wie Zucker; vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum, 6, 294. — gœezen præt. conj. von gezzen, aufessen. — 1488 ge- smeichen swv., schmeicheln. — 1489 du sollst nun sehen, wie ich dir auf andere Weise (nicht durch Schmeichelreden) behülflich bin. — 1490 Raza- lîge dat.: riefen ihm heranzukommen. 1494 ergén stv., geschehen: das verhält sich wirklich so. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 59 1495 ich hân den helt dâ für rekant, daz im Azagouc daz lant mit dienste niemer wirt verspart, sît unser hêrre Isenhart aldâ niht krône solde tragen. er wart in ir dienste erslagen, 51 diu nu ist iuwers neven wîp. umbe ir minne er gap den lip: daz hât min kus an sie verkoren. ich hân hêrren und den mâg verloren. wil nu iuwer muomen sun rîterlîche fuore tuon, daz er uns wil ergetzen sîn, sô valde ich ime die hende mîn. sô hât er rîcheit unde prîs, und al dâ mite Tankanîs Isenharten gerbet hât, der gebálsemt inme her dort stât. alle tage ich sîne wunden sach, sît im diz sper sin herze brach.» daz zôch er ůzem buosem sîn an einer snüere sîdîn: hin wider hieng'z der degen snel für sîne brust an blôzez fel. «ez ist noch vil hôher tac. wil mîn hêr Kýllírjacac in'z hér wérben als ih'n bite, sô rîtent im die fürsten mite.» ein vingerlîn er sande dar. die nâch der helle wârn gevar, 1500 1505 1510 1515 1520 1495 dà für, als einen solchen. — rekant, kennen gelernt. — 1497 versperren swv., verschließsen. — mit dienste, in Bezug auf Dienst. — 1503 verkiesen stv. mit acc., über etwas wegsehen, verschmerzen, verzeihen: an einen, jemand. Das habe ich ihr verziehen, indem ich sie küsste. Der Kuss ist Zeichen der Sühne: Nibel. 1460, 2. — 1504 den mußs auch zu herren bezogen werden. — 1507 ergetzen mit acc. und gen., einen etwas vergessen machen, dafür ent- schädigen. — sîn, für ihn, für seinen Verlust. — 1508 valden stv., falten. Die Hände falten ist Zeichen der Huldigung: der Lehnsmann faltet seine Hände, der Lehnsherr nimmt sie zwischen die seinigen. Rechtsalterthümer, 137. — 1509 s6, alsdann: wenn das geschieht. — rîcheit stf., Reichthum, Macht. — 1511 erben einen mit —, jemand mit etwas als Erbschaft aus- statten. — 1512 balsemen swv., balsamieren. — 1514 sper bezeichnet hier nur die eiserne Spitze der Lanze. — 1515 buosem stm., Busen: der ihn bedeckende Theil des Kleides. — 1517 snel adj. zu degen, schnell, thatkräftig, streitbar. — 1518 fel stn., Haut. — 1521 werben absol., eine Botschaft ausrichten: der Bote wirbet. — in’z her, indem er sich ins Heer begibt. — 1523 vingerlîn stn., Fingerring: als Wahr- und Erkennungszeichen. — 1524 die Mohren. —
GAHMURET UND BELAKANE. 59 1495 ich hân den helt dâ für rekant, daz im Azagouc daz lant mit dienste niemer wirt verspart, sît unser hêrre Isenhart aldâ niht krône solde tragen. er wart in ir dienste erslagen, 51 diu nu ist iuwers neven wîp. umbe ir minne er gap den lip: daz hât min kus an sie verkoren. ich hân hêrren und den mâg verloren. wil nu iuwer muomen sun rîterlîche fuore tuon, daz er uns wil ergetzen sîn, sô valde ich ime die hende mîn. sô hât er rîcheit unde prîs, und al dâ mite Tankanîs Isenharten gerbet hât, der gebálsemt inme her dort stât. alle tage ich sîne wunden sach, sît im diz sper sin herze brach.» daz zôch er ůzem buosem sîn an einer snüere sîdîn: hin wider hieng'z der degen snel für sîne brust an blôzez fel. «ez ist noch vil hôher tac. wil mîn hêr Kýllírjacac in'z hér wérben als ih'n bite, sô rîtent im die fürsten mite.» ein vingerlîn er sande dar. die nâch der helle wârn gevar, 1500 1505 1510 1515 1520 1495 dà für, als einen solchen. — rekant, kennen gelernt. — 1497 versperren swv., verschließsen. — mit dienste, in Bezug auf Dienst. — 1503 verkiesen stv. mit acc., über etwas wegsehen, verschmerzen, verzeihen: an einen, jemand. Das habe ich ihr verziehen, indem ich sie küsste. Der Kuss ist Zeichen der Sühne: Nibel. 1460, 2. — 1504 den mußs auch zu herren bezogen werden. — 1507 ergetzen mit acc. und gen., einen etwas vergessen machen, dafür ent- schädigen. — sîn, für ihn, für seinen Verlust. — 1508 valden stv., falten. Die Hände falten ist Zeichen der Huldigung: der Lehnsmann faltet seine Hände, der Lehnsherr nimmt sie zwischen die seinigen. Rechtsalterthümer, 137. — 1509 s6, alsdann: wenn das geschieht. — rîcheit stf., Reichthum, Macht. — 1511 erben einen mit —, jemand mit etwas als Erbschaft aus- statten. — 1512 balsemen swv., balsamieren. — 1514 sper bezeichnet hier nur die eiserne Spitze der Lanze. — 1515 buosem stm., Busen: der ihn bedeckende Theil des Kleides. — 1517 snel adj. zu degen, schnell, thatkräftig, streitbar. — 1518 fel stn., Haut. — 1521 werben absol., eine Botschaft ausrichten: der Bote wirbet. — in’z her, indem er sich ins Heer begibt. — 1523 vingerlîn stn., Fingerring: als Wahr- und Erkennungszeichen. — 1524 die Mohren. —
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60 ERSTES BUCH. 1525 52 die kômen, swaz dâ fürsten was, durch die stát ûf den palas. dô lêch mit vanen hin sîn hant von Azagouc der fürsten lant. ieslîcher was sîns ortes geil : doch beleip der bezzer teil Gahmurete ir hêrren. die selben wârn die êrren: nâher drungen die von Zazamanc, mit grôzer fuore, niht ze kranc. si enphiengen, als ir frouwe hiez, von im ir lant und des geniez, als ieslîchen ane gezôch. diu ármúot ir hêrren flôch. dô hete Prôtízilas, der von arde ein fürste was, lâzén ein herzentuom: daz lêh er dem der manegen ruom mit sîner hant bejagete (gein strîte er nie verzagete): Lahfilirost schahtelacunt nam ez mit vanen sâ zestunt. Von Azagouc die fürsten hêr nâmèn den Schotten Hiutegêr und Gáschiern den Orman, sie giengen für ir hêrren sân: der liez sie ledic umb' ir bete. des dancten sie dô Gahmurete. Hiutegêrn den Schotten sie bâten sunder spotten «lât mîme hêrren daz gezelt 1530 1535 1540 1545 1550 1555 1527 lêch præt. von lîhen stv., belehnen, als Lehn ertheilen. — mit vanen: als Fahnlehen. Der Vasall brachte dem Herrn die Fahne und dieser bot sie ihm wieder dar. Rechtsalt., 161. — sîn, Gahmuret's. — 1532 die selben, die Fürsten von Azagouc, welche ihr Land als Lehen von Gahmuret empfiengen. — êrre comp. von êr, der frühere, der vordere. — 1534 fuore stf., Zug (von varn), Gefolge. — niht ze kranc verstärkt durch den Gegen- satz das Adj. grôz. — 1535 hiez, befahl. — 1536 geniez stm., Ertrag, Ein- kommen. — 1537 ane geziehen mit acc. der Person, zukommen, gebühren. — 1541 herzentuom stn. aus herzogentuom, Herzogthum. — 1542 dem: dem in V. 1545 genannten Lahfilirost. — 1546 sâ adv., sogleich, alsbald. — zestant, auf der Stelle: verstärkend zu sâ. 1548 nâmen, nahmen mit sich, bei der Hand: denn Männer wie Frauen pflegten Hand in Hand zu gehen. — 1550 ir hêrren, Gahmuret. — 1554 sun- der spotten, ernstlich, inständig. —
60 ERSTES BUCH. 1525 52 die kômen, swaz dâ fürsten was, durch die stát ûf den palas. dô lêch mit vanen hin sîn hant von Azagouc der fürsten lant. ieslîcher was sîns ortes geil : doch beleip der bezzer teil Gahmurete ir hêrren. die selben wârn die êrren: nâher drungen die von Zazamanc, mit grôzer fuore, niht ze kranc. si enphiengen, als ir frouwe hiez, von im ir lant und des geniez, als ieslîchen ane gezôch. diu ármúot ir hêrren flôch. dô hete Prôtízilas, der von arde ein fürste was, lâzén ein herzentuom: daz lêh er dem der manegen ruom mit sîner hant bejagete (gein strîte er nie verzagete): Lahfilirost schahtelacunt nam ez mit vanen sâ zestunt. Von Azagouc die fürsten hêr nâmèn den Schotten Hiutegêr und Gáschiern den Orman, sie giengen für ir hêrren sân: der liez sie ledic umb' ir bete. des dancten sie dô Gahmurete. Hiutegêrn den Schotten sie bâten sunder spotten «lât mîme hêrren daz gezelt 1530 1535 1540 1545 1550 1555 1527 lêch præt. von lîhen stv., belehnen, als Lehn ertheilen. — mit vanen: als Fahnlehen. Der Vasall brachte dem Herrn die Fahne und dieser bot sie ihm wieder dar. Rechtsalt., 161. — sîn, Gahmuret's. — 1532 die selben, die Fürsten von Azagouc, welche ihr Land als Lehen von Gahmuret empfiengen. — êrre comp. von êr, der frühere, der vordere. — 1534 fuore stf., Zug (von varn), Gefolge. — niht ze kranc verstärkt durch den Gegen- satz das Adj. grôz. — 1535 hiez, befahl. — 1536 geniez stm., Ertrag, Ein- kommen. — 1537 ane geziehen mit acc. der Person, zukommen, gebühren. — 1541 herzentuom stn. aus herzogentuom, Herzogthum. — 1542 dem: dem in V. 1545 genannten Lahfilirost. — 1546 sâ adv., sogleich, alsbald. — zestant, auf der Stelle: verstärkend zu sâ. 1548 nâmen, nahmen mit sich, bei der Hand: denn Männer wie Frauen pflegten Hand in Hand zu gehen. — 1550 ir hêrren, Gahmuret. — 1554 sun- der spotten, ernstlich, inständig. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 61 hie umb' âventiure gelt. ez zucte uns Isenhartes leben, daz Fridebrande wart gegeben diu zierde unsers landes: sîn froude diu stuont phandes, 53 er stêt hie selbe ouch anme rê. unvergólten dienst im tet ze wê.» ûf erde niht sô guotes was, der helm, von arde ein adamas dicke unde herte, ame strîte ein guot geverte. dô lobete Hiutegêres hant, swenn' ér koem' in sîns hêrren lant, daz er'z wolde erwerben gar und senden wider wol gevar. daz tet er unbetwungen. nâch úrlóube drungen zem künege swaz dâ fürsten was: dô růmten sie den pálás. swie verwüestet wæer’ sîn lant, doch kunde Gahmuretes hant swenken sölher gâbe solt als al die boume trüegen golt. er teilte grôze gâbe. sîn' man, sîne mâge nâmèn von im des heldes guot: daz was der küneginne muot. der brûtloufte hôhgezît het' dâ vor manegen grôzen strît: 1560 1565 1570 1575 1580 1556 als Zahlungspreis seines Abenteuers. — 1557 zücken swv., mit Gewalt ziehen; entreißsen, rauben. — ez, der Umstand. — 1559 gemeint ist die Rustung, die Isenhart verschenkt hatte: vgl. I, 796. — 1560 stuont phandes, verpfändet stehen, sein: er besafs, hatte keine Freude mehr am Leben: vgl. 1, 801. — 1561 ouch: weil der Ausdruck stên sich wiederholt. — rê stn., Todtenbahre. — 1562 dienst, Minnedienst; vgl. I, 776 fg. — 1564 adamas stm., Diamant. — 1566 geverte swm., Gefährte, Genosse der vart. — 1568 sins hêrren, Fridebrand's : er gab es nicht sogleich hin, weil er nicht darüber verfügen konnte; er wollte es erst von Fridebrand erwerben und dann zurückschicken. — 1570 wol gevar, wohl beschaffen, unversehrt. — 1571 un- betwungen: er gelobte es freiwillig. — 1572 um sich zu verabschieden, drängten sich herzu. — 1574 rûmen, leer machen, verlassen. — 1577 swen- ken swv., schleudern, verschleudern, reichlich austheilen. — solt, Bezah- lung, Lohn, Geschenk. — 1578 als, als ob. — boume : so gew. im Pl., nicht böume. — 1581 empfiengen aus seiner Hand. — 1582 das war ganz im Sinne der Königin. — 1583 brûtlouft stf., Brautlauf (von einer alten Sitte benannt), Vermählung. — hôhgezît stf., Fest. — 1584 der Hochzeit war mancher Streit vorausgegangen. —
GAHMURET UND BELAKANE. 61 hie umb' âventiure gelt. ez zucte uns Isenhartes leben, daz Fridebrande wart gegeben diu zierde unsers landes: sîn froude diu stuont phandes, 53 er stêt hie selbe ouch anme rê. unvergólten dienst im tet ze wê.» ûf erde niht sô guotes was, der helm, von arde ein adamas dicke unde herte, ame strîte ein guot geverte. dô lobete Hiutegêres hant, swenn' ér koem' in sîns hêrren lant, daz er'z wolde erwerben gar und senden wider wol gevar. daz tet er unbetwungen. nâch úrlóube drungen zem künege swaz dâ fürsten was: dô růmten sie den pálás. swie verwüestet wæer’ sîn lant, doch kunde Gahmuretes hant swenken sölher gâbe solt als al die boume trüegen golt. er teilte grôze gâbe. sîn' man, sîne mâge nâmèn von im des heldes guot: daz was der küneginne muot. der brûtloufte hôhgezît het' dâ vor manegen grôzen strît: 1560 1565 1570 1575 1580 1556 als Zahlungspreis seines Abenteuers. — 1557 zücken swv., mit Gewalt ziehen; entreißsen, rauben. — ez, der Umstand. — 1559 gemeint ist die Rustung, die Isenhart verschenkt hatte: vgl. I, 796. — 1560 stuont phandes, verpfändet stehen, sein: er besafs, hatte keine Freude mehr am Leben: vgl. 1, 801. — 1561 ouch: weil der Ausdruck stên sich wiederholt. — rê stn., Todtenbahre. — 1562 dienst, Minnedienst; vgl. I, 776 fg. — 1564 adamas stm., Diamant. — 1566 geverte swm., Gefährte, Genosse der vart. — 1568 sins hêrren, Fridebrand's : er gab es nicht sogleich hin, weil er nicht darüber verfügen konnte; er wollte es erst von Fridebrand erwerben und dann zurückschicken. — 1570 wol gevar, wohl beschaffen, unversehrt. — 1571 un- betwungen: er gelobte es freiwillig. — 1572 um sich zu verabschieden, drängten sich herzu. — 1574 rûmen, leer machen, verlassen. — 1577 swen- ken swv., schleudern, verschleudern, reichlich austheilen. — solt, Bezah- lung, Lohn, Geschenk. — 1578 als, als ob. — boume : so gew. im Pl., nicht böume. — 1581 empfiengen aus seiner Hand. — 1582 das war ganz im Sinne der Königin. — 1583 brûtlouft stf., Brautlauf (von einer alten Sitte benannt), Vermählung. — hôhgezît stf., Fest. — 1584 der Hochzeit war mancher Streit vorausgegangen. —
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62 ERSTES BUCH. 54 die wurden sus ze suone brâht. i'ne hân mir’s selbe niht erdâht: man sagete mir daz Isenhart küneclîch bestatet wart. daz tâten die in erkanden. den zins von sînen landen, swaz der gelten mohte ein jâr, den selben liezen sie dâ gar: daz tâten se umbe ir selber muot. Gahmuret daz grôze guot sîn vólc híez behalden: die muosen's sunder walden. 's morgens vor der veste rûmden'z gar die geste. sich schieden die dâ wâren, und fuorten manege bâren. daz velt herbérge stuont al blôz, wan ein gezelt, daz was vil grôz. daz hiez der künec ze schiffe tragen: do begúnd' ér dem volke sagen, er wolde’z füern in Azagouc: mit der rede er sie betrouc. 1590 1595 1600 1585 1605 Dâ was der stolze küene man, unz er sich vaste senen began, daz er niht rîterschefte vant: des was sîn vröude sorgen phant: doch was ime daz swarze wîp lieber dan sîn selbes lîp. ez enwart nie wip geschicket baz: 1610 1585 die sc. strîte. — suone stf., Versöhnung, Sühne. — 1587 meine Quelle hat es mir berichtet. — 1589 die ihn gekannt hatten, ihm nahe standen: seine Mannen. — 1591 gelten stv., eintragen, betragen. Eine ganze Jahres- einnahme. — 1592 verwendeten sie auf die Bestattung und die damit ver- bundenen Festlichkeiten. — 1593 aus freiem Entschlusse. — 1596 sunder, abgesondert, ohne daß er darauf Ansprüche erhob. — walden stv. mit gen., Gewalt haben, verfügen über etwas. — 1597 veste stf., befestigter Platz, Stadt. Die vor der Stadt liegenden Feinde (geste). — 1598 rûmden'z: e2 unbestimmtes Object: den Platz, das Feld. — 1600 bâre swf., Tragbahre zum Fortschaffen der Verwundeten. — 1601 herberge stf., Feldlager: gen. von blôz abhängig. — 1602 wan, ausgenommen. — gezelt: das I, 1558 ge- nannte. — 1603 der künec, Gahmuret. — 1606 es gestaltete sich anders, nicht ein absichtliches Täuschen ist gemeint : weil er es bei seiner heim- lichen Flucht mitnahm; II, 79. 169. 1608 sich senen, sich härmen, Schmerz empfinden. — 1610 seine Freude war der Sorge verpfändet, ihm durch die Sorge geraubt. — 1613 schicken swv., passend gestalten: aber nicht bloſs in körperlicher Hinsicht. —
62 ERSTES BUCH. 54 die wurden sus ze suone brâht. i'ne hân mir’s selbe niht erdâht: man sagete mir daz Isenhart küneclîch bestatet wart. daz tâten die in erkanden. den zins von sînen landen, swaz der gelten mohte ein jâr, den selben liezen sie dâ gar: daz tâten se umbe ir selber muot. Gahmuret daz grôze guot sîn vólc híez behalden: die muosen's sunder walden. 's morgens vor der veste rûmden'z gar die geste. sich schieden die dâ wâren, und fuorten manege bâren. daz velt herbérge stuont al blôz, wan ein gezelt, daz was vil grôz. daz hiez der künec ze schiffe tragen: do begúnd' ér dem volke sagen, er wolde’z füern in Azagouc: mit der rede er sie betrouc. 1590 1595 1600 1585 1605 Dâ was der stolze küene man, unz er sich vaste senen began, daz er niht rîterschefte vant: des was sîn vröude sorgen phant: doch was ime daz swarze wîp lieber dan sîn selbes lîp. ez enwart nie wip geschicket baz: 1610 1585 die sc. strîte. — suone stf., Versöhnung, Sühne. — 1587 meine Quelle hat es mir berichtet. — 1589 die ihn gekannt hatten, ihm nahe standen: seine Mannen. — 1591 gelten stv., eintragen, betragen. Eine ganze Jahres- einnahme. — 1592 verwendeten sie auf die Bestattung und die damit ver- bundenen Festlichkeiten. — 1593 aus freiem Entschlusse. — 1596 sunder, abgesondert, ohne daß er darauf Ansprüche erhob. — walden stv. mit gen., Gewalt haben, verfügen über etwas. — 1597 veste stf., befestigter Platz, Stadt. Die vor der Stadt liegenden Feinde (geste). — 1598 rûmden'z: e2 unbestimmtes Object: den Platz, das Feld. — 1600 bâre swf., Tragbahre zum Fortschaffen der Verwundeten. — 1601 herberge stf., Feldlager: gen. von blôz abhängig. — 1602 wan, ausgenommen. — gezelt: das I, 1558 ge- nannte. — 1603 der künec, Gahmuret. — 1606 es gestaltete sich anders, nicht ein absichtliches Täuschen ist gemeint : weil er es bei seiner heim- lichen Flucht mitnahm; II, 79. 169. 1608 sich senen, sich härmen, Schmerz empfinden. — 1610 seine Freude war der Sorge verpfändet, ihm durch die Sorge geraubt. — 1613 schicken swv., passend gestalten: aber nicht bloſs in körperlicher Hinsicht. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 63 55 der frouwen herze nie vergaz, im enfüere ein werdiu volge mite, an rehter kiusche wiplîch site. von Sibilje ûzer stat was geboren den er dâ bat dan kêrens z'einer wîle. der hete in manege mîle dâ vor gefuort: er brâhte in dar. er was niht als ein Mór gevar. der márnare wîse sprach «ir sult’z helen lîse vor den die tragent daz swarze vel. mîne kocken sint sô snel, sine mugen uns niht genâhen. wir sulen von hinnen gâhen.» siîn golt hiez er ze schiffe tragen. nu muoz ich iu von scheiden sagen. die naht fuor dan der werde man: daz wart verhólné getân. do er entran dem wibe, dô hete sie in ir libe zwelf wochen lébendíc ein kint. vaste mente in dan der wint. Diu frouwe in ir biutel vant ein brief, den schreip ir mannes hant. en franzoys, daz sie kunde, diu schrift ir sagen begunde «Hie enbiutet liep ein ander liep. ich pin dirre verte ein diep : 1620 1625 1630 1635 1615 1640 1615 mite varn, beigesellt sein: daß ihm nicht beigesellt gewesen wäre. — volge stf., Begleitung. — 1616 weibliches Benehmen, das sich in rechtem Maßhalten zeigt. — 1617 Sibilje, Sevilla. — úzer = úz der. — 1618 den, der- jenige welchen. — dâ dient zur Verstärkung von den. — 1619 dan kêrens (von bat abhängig), um Fortwenden : sich mit ihm fortzubegeben. — z'einer wîle, nach Verlauf einiger Zeit. — 1621 dâ vor: vgl. I, 555. — brahte, hatte gebracht. — 1624 lîse adv., geräuschlos: ohne Aufhebens zu machen. — 1626 kocke swm., ein breites vorn und hinten gerundetes Schiff, altfranz. coque. vorzugsweise Lastschiff. — 1627 genâhen, nahe kommen, einholen. — 1632 verholne adv. des Part. præt. von verheln, heimlich. — 1636 menen swv., vorwärts treiben (franz. mener). 1637 biutel stm., Beutel, Tasche. — 1638 schreip ist Plusquamperf. — 1641 enbiutet liep: häufige Eingangsformel von Briefen und Botschaften : vollständig "Liebes und Gutes". Doch ist hier liep, wie man aus ein ander liep sieht, Dat. (= liebe): ein Liebendes dem andern, und das Obj. ist zu ergänzen. — 1642 fg. ich schleiche mich heimlich fort wie ein Dieb, muls dir die Reise verhehlen wie etwas Unrechtes. —
GAHMURET UND BELAKANE. 63 55 der frouwen herze nie vergaz, im enfüere ein werdiu volge mite, an rehter kiusche wiplîch site. von Sibilje ûzer stat was geboren den er dâ bat dan kêrens z'einer wîle. der hete in manege mîle dâ vor gefuort: er brâhte in dar. er was niht als ein Mór gevar. der márnare wîse sprach «ir sult’z helen lîse vor den die tragent daz swarze vel. mîne kocken sint sô snel, sine mugen uns niht genâhen. wir sulen von hinnen gâhen.» siîn golt hiez er ze schiffe tragen. nu muoz ich iu von scheiden sagen. die naht fuor dan der werde man: daz wart verhólné getân. do er entran dem wibe, dô hete sie in ir libe zwelf wochen lébendíc ein kint. vaste mente in dan der wint. Diu frouwe in ir biutel vant ein brief, den schreip ir mannes hant. en franzoys, daz sie kunde, diu schrift ir sagen begunde «Hie enbiutet liep ein ander liep. ich pin dirre verte ein diep : 1620 1625 1630 1635 1615 1640 1615 mite varn, beigesellt sein: daß ihm nicht beigesellt gewesen wäre. — volge stf., Begleitung. — 1616 weibliches Benehmen, das sich in rechtem Maßhalten zeigt. — 1617 Sibilje, Sevilla. — úzer = úz der. — 1618 den, der- jenige welchen. — dâ dient zur Verstärkung von den. — 1619 dan kêrens (von bat abhängig), um Fortwenden : sich mit ihm fortzubegeben. — z'einer wîle, nach Verlauf einiger Zeit. — 1621 dâ vor: vgl. I, 555. — brahte, hatte gebracht. — 1624 lîse adv., geräuschlos: ohne Aufhebens zu machen. — 1626 kocke swm., ein breites vorn und hinten gerundetes Schiff, altfranz. coque. vorzugsweise Lastschiff. — 1627 genâhen, nahe kommen, einholen. — 1632 verholne adv. des Part. præt. von verheln, heimlich. — 1636 menen swv., vorwärts treiben (franz. mener). 1637 biutel stm., Beutel, Tasche. — 1638 schreip ist Plusquamperf. — 1641 enbiutet liep: häufige Eingangsformel von Briefen und Botschaften : vollständig "Liebes und Gutes". Doch ist hier liep, wie man aus ein ander liep sieht, Dat. (= liebe): ein Liebendes dem andern, und das Obj. ist zu ergänzen. — 1642 fg. ich schleiche mich heimlich fort wie ein Dieb, muls dir die Reise verhehlen wie etwas Unrechtes. —
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64 ERSTES BUCH. 56 die muose ich dir durch jâmer stelen. frouwe, i’n mac dich niht verhelen, war' din ordn in mîner ê, sô wær’ mir iemer nâch dir wê: und hân doch iemer nâch dir pîn. werde unser zweier kindelîn anme antlitze éinem man gelîch, deiswar dér wirt ellens rich. er'st erbórn von Anschóuwe. diu minne wirt sîn frouwe: só wirt ab' ér an strîte ein schûr, den vînden herter nâchgebûr. wizzen sol der sún mîn, sîn ane der hiez Gandîn: der lac an rîterschefte tôt. des vater leit die selben nôt: der was geheizen Addanz: sîn schilt beleip vil selten ganz. der was von arde ein Britûn: er und Utepandragûn waren zweir gebruoder kint, die bêde alhie geschriben sint. daz was einer, Lazaliez: Prickus der ander hiez. der zweier vater hiez Mazadân. den fuorte ein feie in Feimurgân: diu hiez Terdelaschoye : er was ir herzen boye. von ín zwèin kom gelehte mîn, 1650 1655 1660 1665 1645 1670 1643 durch jamer, wegen des Jammers, den du empfinden würdest und der mir die Abreise schwer machte. — 1644 verheln mit doppelt. Acc. — 1645 orden stm., Einrichtungen (collect.), besonders religiöse, Religion. — ê stf., Gesetz, Religion. Wärst du Christin wie ich Christ bin. — 1646 mir ist wê, ich empfinde schmerzliche Sehnsucht: so könnte ich nicht von dir lassen. — 1647 doch, wiewohl du Heidin bist. — 1648 werde conj., für den Fall dafs wird. — 1651 erbern, part. erborn, gebären. — 1652 sîn frouwe, seine Gebieterin. — 1653 ab = abe, aber: auf der andern Seite aber wird er. — schůr stm., Hagelschauer; bildl. Vernichtung; vgl. hagel, I, 49. — 1654 herte adj., stark, gefährlich. — 1656 ane swm., Ahn, Groß- vater. — 1657 vgl. I, 148. — 1661 Britůn stm., Bretone. — 1662 Utepan- dragûn, der Vater von Artus. — 1663 wœren indic. = wâren: zu I, 483. — 1664 alhie, in diesem Briefe. — 1668 feie swf., Fee; altfranz. fee, burgund. feie von fata (pl. von fatum). — Feimurgan, Fata Morgana: der Name einer Fee, den Wolfram zum Namen des Landes macht ; die Fee nennt er umgekehrt Terdelaschoye = terre de la joie. — 1670 boye swf., Fessel ; altfranz. boie. — 1671 geslehte mîn, mit Auslassung des Artikels. —
64 ERSTES BUCH. 56 die muose ich dir durch jâmer stelen. frouwe, i’n mac dich niht verhelen, war' din ordn in mîner ê, sô wær’ mir iemer nâch dir wê: und hân doch iemer nâch dir pîn. werde unser zweier kindelîn anme antlitze éinem man gelîch, deiswar dér wirt ellens rich. er'st erbórn von Anschóuwe. diu minne wirt sîn frouwe: só wirt ab' ér an strîte ein schûr, den vînden herter nâchgebûr. wizzen sol der sún mîn, sîn ane der hiez Gandîn: der lac an rîterschefte tôt. des vater leit die selben nôt: der was geheizen Addanz: sîn schilt beleip vil selten ganz. der was von arde ein Britûn: er und Utepandragûn waren zweir gebruoder kint, die bêde alhie geschriben sint. daz was einer, Lazaliez: Prickus der ander hiez. der zweier vater hiez Mazadân. den fuorte ein feie in Feimurgân: diu hiez Terdelaschoye : er was ir herzen boye. von ín zwèin kom gelehte mîn, 1650 1655 1660 1665 1645 1670 1643 durch jamer, wegen des Jammers, den du empfinden würdest und der mir die Abreise schwer machte. — 1644 verheln mit doppelt. Acc. — 1645 orden stm., Einrichtungen (collect.), besonders religiöse, Religion. — ê stf., Gesetz, Religion. Wärst du Christin wie ich Christ bin. — 1646 mir ist wê, ich empfinde schmerzliche Sehnsucht: so könnte ich nicht von dir lassen. — 1647 doch, wiewohl du Heidin bist. — 1648 werde conj., für den Fall dafs wird. — 1651 erbern, part. erborn, gebären. — 1652 sîn frouwe, seine Gebieterin. — 1653 ab = abe, aber: auf der andern Seite aber wird er. — schůr stm., Hagelschauer; bildl. Vernichtung; vgl. hagel, I, 49. — 1654 herte adj., stark, gefährlich. — 1656 ane swm., Ahn, Groß- vater. — 1657 vgl. I, 148. — 1661 Britůn stm., Bretone. — 1662 Utepan- dragûn, der Vater von Artus. — 1663 wœren indic. = wâren: zu I, 483. — 1664 alhie, in diesem Briefe. — 1668 feie swf., Fee; altfranz. fee, burgund. feie von fata (pl. von fatum). — Feimurgan, Fata Morgana: der Name einer Fee, den Wolfram zum Namen des Landes macht ; die Fee nennt er umgekehrt Terdelaschoye = terre de la joie. — 1670 boye swf., Fessel ; altfranz. boie. — 1671 geslehte mîn, mit Auslassung des Artikels. —
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GAHMURET UND BELAKANE. 65 57 daz iemer mêr gît liehten schîn. ieslîcher sider krône truoc, und heten werdekeit genuoc. frouwe, wiltu toufen dich, du maht ouch noch erwerben mich.» des engerte s' keinen wandel niht. «ouwê wie balde daz geschiht! wil er wider wenden, schiere sol ich’z enden. wem hât sîn mánlîchiu zuht hie lâzen sîner minne fruht ? ôwê lieplîch geselleschaft, sol mir nu riuwe mit ir kraft iemer dwingen mînen lîp! sîme gote ze êren», sprach daz wîp, ich mich gerne toufen solte unde leben swie er wolte.» der jâmer gap ir herzen wîc. ir froude vant den dürren zwic, als noch diu turteltübe tuot. diu het’ ie den selben muot : swenne ir an trûtscháft gebrast, ir triuwe kôs den dürren ast. Diu frouwe an rehter zît genas eins sunes, der zweier varwe was, an dem got wunders wart enein: wiz und swarzer varwe er schein. diu künegin kuste in sunder twâl 1675 1680 1685 1690 1695 1672 iemer měr. in aller Zukunft. — 1673 sidler adv., seitdem, seither; zu sit (I, 578). — 1676 ouch noch, auch jetzt ist es noch nicht zu spät. — 1677 wandel stm., Anderung: sie verlangte es auch gar nicht anders. — 1680 enden, zu Ende bringen: dafs ich Christin werde. — 1681 wem, wem zur Beschützung, in wessen Obhut. — 1683 weh über die freundliche Ge- meinschaft die wir pflegten, wenn nun u. s. w. — 1684 riuwe stf., Trauer, Leid. — 1688 leben bezieht sich auf die Religionsübung; vgl. Nibel. 1335, 3. — 1689 kämpfte mit ihrem Herzen. — 1690 vant, suchte auf. — zwíc stm., Zweig. — 1691 die Turteltaube als Bild ehelicher Treue. Wenn der Tau- ber stirbt, setzt sie sich nie auf einen grünen Ast und trübt das Wasser, ehe sie es trinkt. Vgl. Altdeutsche Wälder, 3, 34. — 1693 trütschaft stf., Liebe ; auch der Geliebte. 1696 varwe gen. pl. für varwen. — 1697 enein (= in ein) werden mit gen., mit sich eins werden in Bezug auf etwas, beschließsen: an welchem Gott ein Wunder zu zeigen beschlofs.- 1698 wiz mit er zu verbinden. — schein præet. von schînen, strahlen, sich zeigen. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
GAHMURET UND BELAKANE. 65 57 daz iemer mêr gît liehten schîn. ieslîcher sider krône truoc, und heten werdekeit genuoc. frouwe, wiltu toufen dich, du maht ouch noch erwerben mich.» des engerte s' keinen wandel niht. «ouwê wie balde daz geschiht! wil er wider wenden, schiere sol ich’z enden. wem hât sîn mánlîchiu zuht hie lâzen sîner minne fruht ? ôwê lieplîch geselleschaft, sol mir nu riuwe mit ir kraft iemer dwingen mînen lîp! sîme gote ze êren», sprach daz wîp, ich mich gerne toufen solte unde leben swie er wolte.» der jâmer gap ir herzen wîc. ir froude vant den dürren zwic, als noch diu turteltübe tuot. diu het’ ie den selben muot : swenne ir an trûtscháft gebrast, ir triuwe kôs den dürren ast. Diu frouwe an rehter zît genas eins sunes, der zweier varwe was, an dem got wunders wart enein: wiz und swarzer varwe er schein. diu künegin kuste in sunder twâl 1675 1680 1685 1690 1695 1672 iemer měr. in aller Zukunft. — 1673 sidler adv., seitdem, seither; zu sit (I, 578). — 1676 ouch noch, auch jetzt ist es noch nicht zu spät. — 1677 wandel stm., Anderung: sie verlangte es auch gar nicht anders. — 1680 enden, zu Ende bringen: dafs ich Christin werde. — 1681 wem, wem zur Beschützung, in wessen Obhut. — 1683 weh über die freundliche Ge- meinschaft die wir pflegten, wenn nun u. s. w. — 1684 riuwe stf., Trauer, Leid. — 1688 leben bezieht sich auf die Religionsübung; vgl. Nibel. 1335, 3. — 1689 kämpfte mit ihrem Herzen. — 1690 vant, suchte auf. — zwíc stm., Zweig. — 1691 die Turteltaube als Bild ehelicher Treue. Wenn der Tau- ber stirbt, setzt sie sich nie auf einen grünen Ast und trübt das Wasser, ehe sie es trinkt. Vgl. Altdeutsche Wälder, 3, 34. — 1693 trütschaft stf., Liebe ; auch der Geliebte. 1696 varwe gen. pl. für varwen. — 1697 enein (= in ein) werden mit gen., mit sich eins werden in Bezug auf etwas, beschließsen: an welchem Gott ein Wunder zu zeigen beschlofs.- 1698 wiz mit er zu verbinden. — schein præet. von schînen, strahlen, sich zeigen. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
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66 ERSTES BUCH. 1700 vil dicke an sîniu blanken mâl. diu muoter hiez ir kindelîn Féirefîz Anschevîn. der wart ein wâltswénde: die tjoste sîner hende manec sper zebrâchen. die schilde dürkel stâchen. als ein ágeléster wart gevar sîn hâr und och sîn vel vil gar. nu wásez ouch über des jâres zil, daz Gahmuret geprîset vil 58 was worden dâ ze Zazamanc: sîn hant dâ sigenunft erranc. dennoch swébete er üf dem sê: die snellen winde im tâten wê. einen sîdîn segel sah er roten : den truoc ein kocke, und ouch die boten. die von Schotten Vridebrant vroun Belakânen hete gesant. er bat sie daz se ûf in verkür, swie’r den mâg durch sie verlür, daz sie von ime gesuochet was. dô fuorten sie den adamas, ein swert, einn halsperc und zwuo hosen. hie muget ir grôz wunder losen, daz ime der kocke widerfuor, als mir diu âventiure swuor. sie gâben'z ime: dô lobete ouch er, sîn munt der bótschéfte ein wer 1705 1710 1715 1720 1725 1700 mâl stn., Zeichen, Fleck. — 1702 Feirefic= vaire fiz, der bunte Sohn; feire = vaire, wie finteile = ventaille (I, 1294). — 1703 waltswende swm. der den Wald verbraucht durch die vielen Speerschäfte, die er verbraucht. — 1706 dürkel adj. (zu durch), durchlöchert: stachen Löcher in die Schilde. — 1709 es war mehr als ein Jahr vergangen. — 1712 sigenunft stf., das sige nemen, Sieg. — 1713 dennoch, noch immer. — sweben swv., sich schiffend, schwimmend, fliegend hin und her bewegen. — sê stm., die See und der See. — 1715 sidin = sidinen. — roten swv., roth sein, roth er- glänzen. — 1719 er, Fridebrant, sie, Belakanen. — verkiesen mit îf, ver- zeihen einem, mit abhängigem daz (1721). — 1720 swie'r, wiewohl er den gröfsten Verlust erlitten, also eigentlich sie um Verzeihung nachsuchen sollte. — 1722 adamas, den Diamanthelm; vgl. I, 1564. — 1723 halspere stm., eigentlich Halsschutz; Panzerhemde. — zwuo fem. von zwêne: die sonst übliche Form ist zwô. — hose swf., Beinbekleidung; der untere Theil der Rüstung, vom Schenkel oder Knie an. — 1724 losen swv., aufmerksam hören. — 1727 ez, die Rüstung. — ouch, andererseits, dagegen. — 1728 wer, Gewährender, Ausrichter, Besteller. — botschefte: nämlich I, 1719—21. -
66 ERSTES BUCH. 1700 vil dicke an sîniu blanken mâl. diu muoter hiez ir kindelîn Féirefîz Anschevîn. der wart ein wâltswénde: die tjoste sîner hende manec sper zebrâchen. die schilde dürkel stâchen. als ein ágeléster wart gevar sîn hâr und och sîn vel vil gar. nu wásez ouch über des jâres zil, daz Gahmuret geprîset vil 58 was worden dâ ze Zazamanc: sîn hant dâ sigenunft erranc. dennoch swébete er üf dem sê: die snellen winde im tâten wê. einen sîdîn segel sah er roten : den truoc ein kocke, und ouch die boten. die von Schotten Vridebrant vroun Belakânen hete gesant. er bat sie daz se ûf in verkür, swie’r den mâg durch sie verlür, daz sie von ime gesuochet was. dô fuorten sie den adamas, ein swert, einn halsperc und zwuo hosen. hie muget ir grôz wunder losen, daz ime der kocke widerfuor, als mir diu âventiure swuor. sie gâben'z ime: dô lobete ouch er, sîn munt der bótschéfte ein wer 1705 1710 1715 1720 1725 1700 mâl stn., Zeichen, Fleck. — 1702 Feirefic= vaire fiz, der bunte Sohn; feire = vaire, wie finteile = ventaille (I, 1294). — 1703 waltswende swm. der den Wald verbraucht durch die vielen Speerschäfte, die er verbraucht. — 1706 dürkel adj. (zu durch), durchlöchert: stachen Löcher in die Schilde. — 1709 es war mehr als ein Jahr vergangen. — 1712 sigenunft stf., das sige nemen, Sieg. — 1713 dennoch, noch immer. — sweben swv., sich schiffend, schwimmend, fliegend hin und her bewegen. — sê stm., die See und der See. — 1715 sidin = sidinen. — roten swv., roth sein, roth er- glänzen. — 1719 er, Fridebrant, sie, Belakanen. — verkiesen mit îf, ver- zeihen einem, mit abhängigem daz (1721). — 1720 swie'r, wiewohl er den gröfsten Verlust erlitten, also eigentlich sie um Verzeihung nachsuchen sollte. — 1722 adamas, den Diamanthelm; vgl. I, 1564. — 1723 halspere stm., eigentlich Halsschutz; Panzerhemde. — zwuo fem. von zwêne: die sonst übliche Form ist zwô. — hose swf., Beinbekleidung; der untere Theil der Rüstung, vom Schenkel oder Knie an. — 1724 losen swv., aufmerksam hören. — 1727 ez, die Rüstung. — ouch, andererseits, dagegen. — 1728 wer, Gewährender, Ausrichter, Besteller. — botschefte: nämlich I, 1719—21. -
Strana 67
GAHMURET UND BELAKANE. 67 wurde, swenn’ er koeme z'ir. sie schieden sich. man sagete mir, daz mer in truoc in eine habe : ze Sibilje kêrte er drabe. mit golde galt der küene man sînem márnáre sân harte wol sîn árbéit. sie schieden sich: daz was dem leit. 1730 1735 1732 drale, von dem Meere: in Sevilla stieg er ans Land. — 1733 gelten stv.. vergelten, bezahlen. — 1736 dem. dem marnare.
GAHMURET UND BELAKANE. 67 wurde, swenn’ er koeme z'ir. sie schieden sich. man sagete mir, daz mer in truoc in eine habe : ze Sibilje kêrte er drabe. mit golde galt der küene man sînem márnáre sân harte wol sîn árbéit. sie schieden sich: daz was dem leit. 1730 1735 1732 drale, von dem Meere: in Sevilla stieg er ans Land. — 1733 gelten stv.. vergelten, bezahlen. — 1736 dem. dem marnare.
Strana 68
ZWEITES BUCH. GAHMURET UND HERZELOIDE. Gahmuret vernimmt in Spanien, dafs Kaylet zu einem Turnier gezogen. welches Herzeloide, Königin von Waleis, nach Kanvoleis ausgeschrieben. Der Sieger soll ihre Hand und ihr Land haben. Gahmuret zieht auch dahin. Die Ritter haben sich in zwei Lager, in und außser der Stadt, ge- theilt. Im Vorturnier nimmt Gahmuret vier Könige gefangen; von seiner Partei gerathen Kaylet und Killirjakak in die Hand der Feinde. Inzwischen waren Boten der Königin Anpflise von Frankreich, Gahmuret's erster Ge- liebten, angekommen, die ihm ihre Hand und ihr Reich antragen. Abends begibt sich die Königin in Gahmuret's Zelt, wohin auch Kaylet kommt, um Austausch der Gefangenen vorzuschlagen. Nach aller Ausspruch gebuhrt Gahmuret der Preis des Tages, und daher die Hand der Königin. An- pflisens Boten erheben Einsprache; Herzeloide aber beharrt auf ihrem Rechte. Gahmuret, nach Belakanen sich sehnend, wird noch trauriger gestimmt durch die Nachricht von dem Tode seines Bruders Galoes. Am andern Morgen beruft Herzeloide ein Schiedsgericht, das ihre Ansprüche auf Gahmuret bestätigt. Anpflisens Boten ziehen zornig heim. Er feiert das Beilager mit Herzeloide und ist Herrscher über drei Lande, Anjou. Waleis und Norgal. Nach längerer Zeit, während deren er oft auf Tur- niere gezogen, erfährt er von Kriegsbedrängniss des Baruk's und eilt ihm zu helfen. Durch Verrath verliert er sein Leben. Der Baruk läfst ihn prächtig bestatten. Die Botschaft kommt Herzeloiden, die durch er- schreckende Träume darauf vorbereitet ist. Vierzehn Tage nachher ge- biert sie einen Knaben, den Helden der Erzählung. Ihr Lob als Mutter veranlaft den Dichter zu Bemerkungen über einen gegen ihn erhobenen Tadel, weil er eine ungetreue Dame etwas scharf mitgenommen hatte. Dâ ze Spâne im lande er den künec erkánde, daz was sin neve Kaylet: nâch dém kêrt' ér ze Dôlet. 1 Zu verbinden: im lande dà ze Spane. daz lant (da) ze Spane, da- Land Spanien. — 4 Kaylet war nach Hause zurückgekehrt: I, 1572.
ZWEITES BUCH. GAHMURET UND HERZELOIDE. Gahmuret vernimmt in Spanien, dafs Kaylet zu einem Turnier gezogen. welches Herzeloide, Königin von Waleis, nach Kanvoleis ausgeschrieben. Der Sieger soll ihre Hand und ihr Land haben. Gahmuret zieht auch dahin. Die Ritter haben sich in zwei Lager, in und außser der Stadt, ge- theilt. Im Vorturnier nimmt Gahmuret vier Könige gefangen; von seiner Partei gerathen Kaylet und Killirjakak in die Hand der Feinde. Inzwischen waren Boten der Königin Anpflise von Frankreich, Gahmuret's erster Ge- liebten, angekommen, die ihm ihre Hand und ihr Reich antragen. Abends begibt sich die Königin in Gahmuret's Zelt, wohin auch Kaylet kommt, um Austausch der Gefangenen vorzuschlagen. Nach aller Ausspruch gebuhrt Gahmuret der Preis des Tages, und daher die Hand der Königin. An- pflisens Boten erheben Einsprache; Herzeloide aber beharrt auf ihrem Rechte. Gahmuret, nach Belakanen sich sehnend, wird noch trauriger gestimmt durch die Nachricht von dem Tode seines Bruders Galoes. Am andern Morgen beruft Herzeloide ein Schiedsgericht, das ihre Ansprüche auf Gahmuret bestätigt. Anpflisens Boten ziehen zornig heim. Er feiert das Beilager mit Herzeloide und ist Herrscher über drei Lande, Anjou. Waleis und Norgal. Nach längerer Zeit, während deren er oft auf Tur- niere gezogen, erfährt er von Kriegsbedrängniss des Baruk's und eilt ihm zu helfen. Durch Verrath verliert er sein Leben. Der Baruk läfst ihn prächtig bestatten. Die Botschaft kommt Herzeloiden, die durch er- schreckende Träume darauf vorbereitet ist. Vierzehn Tage nachher ge- biert sie einen Knaben, den Helden der Erzählung. Ihr Lob als Mutter veranlaft den Dichter zu Bemerkungen über einen gegen ihn erhobenen Tadel, weil er eine ungetreue Dame etwas scharf mitgenommen hatte. Dâ ze Spâne im lande er den künec erkánde, daz was sin neve Kaylet: nâch dém kêrt' ér ze Dôlet. 1 Zu verbinden: im lande dà ze Spane. daz lant (da) ze Spane, da- Land Spanien. — 4 Kaylet war nach Hause zurückgekehrt: I, 1572.
Strana 69
GAHMURET UND HERZELOIDE. 69 59 der was nâh rîterschaft gevaren, dâ man niht schilde dorfte sparen. dô hiez ouch er bereiten sich (sus wert diu âventiure mich) mit speren wol gemâlen mit grüenen zíndâlen: ieslîchez hete ein banier, drî härmîn anker dran sô fier daz man ir jach für rîchéit. sie wâren lang unde breit, und reichten vaste unz ûf die hant, dô man s' zem spers îser bant dâ niderhalp ein spanne. der wart dem küenen manne hundert dâ bereitet und wol hin nâch geleitet von sînes neven liuten. êren unde triuten kunden s' in mit werdekeit. daz was ir hêrren niht ze leit. er streich, i’n weiz wie lange, nâch. unz er géste hérbérge ersach im lándé ze Wâleis. dâ was geslagen für Kanvoleis manc poulůn úf die plâne. i'ne sagez iu niht nâch wâne: gebietet ir, sô ist ez wâr. sîn volc hiez er ûf halden gar: der hêrre sande vor hin in den kluogen meisterknappen sin. 10 15 20 25 30 5 6 wo es viel zu turnieren gab. — 7 er, Gahmuret er zog Kaylet nach. — bereiten, ausrüsten. — 8 wern mit acc., gewähren, versichern (einem). — 9 wol gemâl, schön bemalt. — 10 mit, die versehen waren mit: es sind die kleinen Fähnlein am Speer gemeint, die V. 11 durch banier näher bezeich- net werden. — 12 härmîn, dasselbe was hermîn, I, 407. — 13 daſs man sie als Reichthum ansah, daſ man zugab, sie seien kostbar. — 15 vaste adv., recht gut. — 17 niderhalp. unterhalb: eine Spanne unterhalb der eisernen Spitze wurde das Fähnlein befestigt. — 18 der, der Speere. — wart sing. zum pl. hundert in V. 19. — 20 hin nach, nach ihm fort. — 22 triuten swv., lieb haben, Liebes erweisen. — 23 mit werdekeit, in angemessener Weise. — 25 streich præet. von strîchen stv., eilen, gehen. — nach, hinter Kaylet her. — 26 geste gen., fremde Ritter. — herberge, aufgeschlagene Zelte. — 27 Waleis, Valois. — 28 füi, nicht vor, sondern vor Kanvoleis hin; daher auch ûf die, nicht ûf der. — 29 poulůn stn., Zelt; franz. pavillon. — plàne stf. (vom Adj. plan). Ebene, freier Platz. — 30 nach wâne, nach bloßer Vermuthung, aufs Gerathewohl. — 31 wenn ihr damit einverstanden seid. — 32 ûf halden, anhalten. — 33 vor, voraus. — 34 meisterknappe swm., der die Aufsicht über die andern Knappen zu führen hat, der oberste Knappe.—
GAHMURET UND HERZELOIDE. 69 59 der was nâh rîterschaft gevaren, dâ man niht schilde dorfte sparen. dô hiez ouch er bereiten sich (sus wert diu âventiure mich) mit speren wol gemâlen mit grüenen zíndâlen: ieslîchez hete ein banier, drî härmîn anker dran sô fier daz man ir jach für rîchéit. sie wâren lang unde breit, und reichten vaste unz ûf die hant, dô man s' zem spers îser bant dâ niderhalp ein spanne. der wart dem küenen manne hundert dâ bereitet und wol hin nâch geleitet von sînes neven liuten. êren unde triuten kunden s' in mit werdekeit. daz was ir hêrren niht ze leit. er streich, i’n weiz wie lange, nâch. unz er géste hérbérge ersach im lándé ze Wâleis. dâ was geslagen für Kanvoleis manc poulůn úf die plâne. i'ne sagez iu niht nâch wâne: gebietet ir, sô ist ez wâr. sîn volc hiez er ûf halden gar: der hêrre sande vor hin in den kluogen meisterknappen sin. 10 15 20 25 30 5 6 wo es viel zu turnieren gab. — 7 er, Gahmuret er zog Kaylet nach. — bereiten, ausrüsten. — 8 wern mit acc., gewähren, versichern (einem). — 9 wol gemâl, schön bemalt. — 10 mit, die versehen waren mit: es sind die kleinen Fähnlein am Speer gemeint, die V. 11 durch banier näher bezeich- net werden. — 12 härmîn, dasselbe was hermîn, I, 407. — 13 daſs man sie als Reichthum ansah, daſ man zugab, sie seien kostbar. — 15 vaste adv., recht gut. — 17 niderhalp. unterhalb: eine Spanne unterhalb der eisernen Spitze wurde das Fähnlein befestigt. — 18 der, der Speere. — wart sing. zum pl. hundert in V. 19. — 20 hin nach, nach ihm fort. — 22 triuten swv., lieb haben, Liebes erweisen. — 23 mit werdekeit, in angemessener Weise. — 25 streich præet. von strîchen stv., eilen, gehen. — nach, hinter Kaylet her. — 26 geste gen., fremde Ritter. — herberge, aufgeschlagene Zelte. — 27 Waleis, Valois. — 28 füi, nicht vor, sondern vor Kanvoleis hin; daher auch ûf die, nicht ûf der. — 29 poulůn stn., Zelt; franz. pavillon. — plàne stf. (vom Adj. plan). Ebene, freier Platz. — 30 nach wâne, nach bloßer Vermuthung, aufs Gerathewohl. — 31 wenn ihr damit einverstanden seid. — 32 ûf halden, anhalten. — 33 vor, voraus. — 34 meisterknappe swm., der die Aufsicht über die andern Knappen zu führen hat, der oberste Knappe.—
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70 ZWEITES BUCH. 60 der wolde, als in sîn hêrre bat, herbérge nemen in der stat. dô was im snéllîchen gâch: man zôch im sóumare nâch. sîn ouge niender hûs dâ sach schilde wæern sîn ander dach, und die wénde gar behangen mit speren al umbevangen. diu künegîn von Wâleis gesprochen hete ze Kanvoleis einen túrney álsô gezilt, des manegen zagen noch bevilt swa er dém gelîche werben siht: von sîner hant es niht geschiht. sie was ein maget, niht ein wîp, und bôt zwei lant und ir lip swer dâ den prîs bezalte. diz maere manegen valte hinder'z órs ûf den sâmen. die solch gevelle nâmen, ir schanze wart gein flust gesaget. des phlâgen helde unverzaget, sie tæeten rîters ellen schîn. mit hurteclîcher rábbîn wart dâ manc ors ersprenget und swerte vil erklenget. 40 45 50 35 35 60 Ein schifprücke úf einen plân gieng über einen wazzers trân, mit einem tor beslozzen. 35 in bat, ihm befahl. —37 snellîchen adv., in schneller Weise. — 39 niender adv., nirgend. — 40 warn = enwœrn, daßs nicht wären: dessen zweites Dach nicht Schilde waren. — 42 mit speren gehört zu beiden Verben; Construction àтò xooб. — 44 sprechen stv., verabreden, festsetzen; ze bedeutet hier: nach, nicht: in. — 45 turney stm., das Turnier. — ziln swv., einrichten. — 46 des, dafs desselben; dês zu schreiben ist nicht nothwendig; vgl. zu I, 103. — zage swm., Feigling.— 48 es niht, nichts von dem, nichts der Art. — 51 swer, demjenigen , wer es auch sein mochte, der. — 52 diese Kunde hatte viele Ritter herbeigelockt und manchen im Turnier zu Falle ge- bracht. — 53 sâme swm., Feld, Boden. — 54 gevelle stn., Fall, Sturz. — 55 gein flust gesaget, als Verlust bezeichnet, für Verlust erklärt; flust stf., der Verlust (aus verlust). — 56 solchen Fall erlitten. — 57 tœten indic. = tâten, zu I, 483. — 58 hurteclîch adj., losrennend, stürmend. — 59 er- sprengen swv., zum Springen bringen, sprengen. — 60 erklengen swv., klingen machen. 61 plàn stm., Ebene; dasselbe was plâne (29). — 62 tràn stm. (zu- sammengezogen aus trahen), Strom, Flußs. —
70 ZWEITES BUCH. 60 der wolde, als in sîn hêrre bat, herbérge nemen in der stat. dô was im snéllîchen gâch: man zôch im sóumare nâch. sîn ouge niender hûs dâ sach schilde wæern sîn ander dach, und die wénde gar behangen mit speren al umbevangen. diu künegîn von Wâleis gesprochen hete ze Kanvoleis einen túrney álsô gezilt, des manegen zagen noch bevilt swa er dém gelîche werben siht: von sîner hant es niht geschiht. sie was ein maget, niht ein wîp, und bôt zwei lant und ir lip swer dâ den prîs bezalte. diz maere manegen valte hinder'z órs ûf den sâmen. die solch gevelle nâmen, ir schanze wart gein flust gesaget. des phlâgen helde unverzaget, sie tæeten rîters ellen schîn. mit hurteclîcher rábbîn wart dâ manc ors ersprenget und swerte vil erklenget. 40 45 50 35 35 60 Ein schifprücke úf einen plân gieng über einen wazzers trân, mit einem tor beslozzen. 35 in bat, ihm befahl. —37 snellîchen adv., in schneller Weise. — 39 niender adv., nirgend. — 40 warn = enwœrn, daßs nicht wären: dessen zweites Dach nicht Schilde waren. — 42 mit speren gehört zu beiden Verben; Construction àтò xooб. — 44 sprechen stv., verabreden, festsetzen; ze bedeutet hier: nach, nicht: in. — 45 turney stm., das Turnier. — ziln swv., einrichten. — 46 des, dafs desselben; dês zu schreiben ist nicht nothwendig; vgl. zu I, 103. — zage swm., Feigling.— 48 es niht, nichts von dem, nichts der Art. — 51 swer, demjenigen , wer es auch sein mochte, der. — 52 diese Kunde hatte viele Ritter herbeigelockt und manchen im Turnier zu Falle ge- bracht. — 53 sâme swm., Feld, Boden. — 54 gevelle stn., Fall, Sturz. — 55 gein flust gesaget, als Verlust bezeichnet, für Verlust erklärt; flust stf., der Verlust (aus verlust). — 56 solchen Fall erlitten. — 57 tœten indic. = tâten, zu I, 483. — 58 hurteclîch adj., losrennend, stürmend. — 59 er- sprengen swv., zum Springen bringen, sprengen. — 60 erklengen swv., klingen machen. 61 plàn stm., Ebene; dasselbe was plâne (29). — 62 tràn stm. (zu- sammengezogen aus trahen), Strom, Flußs. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 71 der knappe unverdrozzen 61 tet’z ûf, als ime ze muote was. dar obe stuont der pálás: och saz diu küneginne zen vénstéren dar inne mit maneger werden frouwen. die begunden schouwen, waz dise knappen tâten. die heten sich berâten und sluogen üf éin gezelt. umb' unvergolten minnen gelt wart ez ein künec âne : des twang in Belacâne. mit árbéit wart ûf geslagen daz drizec soumæer' muosen tragen, ein gezélt, daz zeigte rîcheit. ouch was der plân wol sô breit, daz sich die snüere stracten dran. Gahmuret der werde man die selben zît dort ûze enbeiz. dar nâch er sich mit vlîze vleiz, wie'r höfslîche koome geriten. des enwart niht langer dô gebiten, sîn' knappen an den stunden sîniu spér ze samene bunden, ieslîcher fünviu an ein bant: daz sehste fuort’ er an der hant mit einer bániere. sus kom gevaren der fiere. Vor der küngîn wart vernomen daz ein gast dâ solte komen 70 75 80 85 90 65 64 unverdrozzen part., unermüdlich. — 66 dar obe, darüber: über dem Thore. — 68 ~en. an den, in den. — dar inne, im palas, im Saale. — 74 unvergolten, unbelohnt: mit gelt zu verbinden. — minnen ist gen. pl. 75 Pin künec, Isenhart; vgl. I, 795 ff. — 77 mit arbeit, mit Mühe. — 78 daz, dasjenige was: näher bestimmt durch die folgende Zeile. — 81 snüere sind die Seile, welche von der Spitze des Zeltes nach verschiedenen Seiten aus- gehen: sie waren am Boden mittelst Pflöcken befestigt. — stracten, rück- umlautendes Praet. von strecken, ausdehnen: sie hatten Raum sich zu ent- falten. — 83 die selben zit, während ebenderselben Zeit. — 84 vlizen stv. refl., sich bestreben, sich befleißsen. — 85 höfsliche = höveschlîche adv. zu höfschlich, I, 1350. Er stattete sich hofgemäss aus. — 86 gebiten part. von biten stv., warten. — 87 an den stunden, sofort; vgl. I, 1061. — 90 er: jeder der Knappen trug außer den fünf zusammengebundenen noch einen sechsten Speer, an welchem ein Fähnchen befestigt war. 93 Vor, in Gegenwart. — wart vernomen, hörte man sprechen, er- zählen. — 94 solte, im Begriffe wäre. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 71 der knappe unverdrozzen 61 tet’z ûf, als ime ze muote was. dar obe stuont der pálás: och saz diu küneginne zen vénstéren dar inne mit maneger werden frouwen. die begunden schouwen, waz dise knappen tâten. die heten sich berâten und sluogen üf éin gezelt. umb' unvergolten minnen gelt wart ez ein künec âne : des twang in Belacâne. mit árbéit wart ûf geslagen daz drizec soumæer' muosen tragen, ein gezélt, daz zeigte rîcheit. ouch was der plân wol sô breit, daz sich die snüere stracten dran. Gahmuret der werde man die selben zît dort ûze enbeiz. dar nâch er sich mit vlîze vleiz, wie'r höfslîche koome geriten. des enwart niht langer dô gebiten, sîn' knappen an den stunden sîniu spér ze samene bunden, ieslîcher fünviu an ein bant: daz sehste fuort’ er an der hant mit einer bániere. sus kom gevaren der fiere. Vor der küngîn wart vernomen daz ein gast dâ solte komen 70 75 80 85 90 65 64 unverdrozzen part., unermüdlich. — 66 dar obe, darüber: über dem Thore. — 68 ~en. an den, in den. — dar inne, im palas, im Saale. — 74 unvergolten, unbelohnt: mit gelt zu verbinden. — minnen ist gen. pl. 75 Pin künec, Isenhart; vgl. I, 795 ff. — 77 mit arbeit, mit Mühe. — 78 daz, dasjenige was: näher bestimmt durch die folgende Zeile. — 81 snüere sind die Seile, welche von der Spitze des Zeltes nach verschiedenen Seiten aus- gehen: sie waren am Boden mittelst Pflöcken befestigt. — stracten, rück- umlautendes Praet. von strecken, ausdehnen: sie hatten Raum sich zu ent- falten. — 83 die selben zit, während ebenderselben Zeit. — 84 vlizen stv. refl., sich bestreben, sich befleißsen. — 85 höfsliche = höveschlîche adv. zu höfschlich, I, 1350. Er stattete sich hofgemäss aus. — 86 gebiten part. von biten stv., warten. — 87 an den stunden, sofort; vgl. I, 1061. — 90 er: jeder der Knappen trug außer den fünf zusammengebundenen noch einen sechsten Speer, an welchem ein Fähnchen befestigt war. 93 Vor, in Gegenwart. — wart vernomen, hörte man sprechen, er- zählen. — 94 solte, im Begriffe wäre. —
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72 ZWEITES BUCH. 62 ûz vérrem lande, den niemen dâ rekande. « sin volc daz ist cúrtóys, beidiu heidensch und franzoys : etslîcher mag ein Anschevîn mit sîner sprâche iedoch wol sîn. ir muot ist stolz, ir wât ist clâr. wol gesniten al für wâr. ich was sînen knappen bi: die sint vor missewende fri : sie jehent, swer habe geruoche, op der ir hêrren suoche, dén scheid' ér von swaere. von ime vrâgt' ich der maere: sô sageten sie mir sunder wanc, ez war' der künec von Zazamanc.» disiu máér' sagt' ír ein gárzůn. «âvóy wélch ein póulûn! iuwer krône und iuwer lant waern derfür niht halbez phant.» «dune darft mir'z sô loben niht. mîn munt hin widere dir giht, ez mac wol sîn eins werden man. der niht mit armüete kan.» alsus sprach diu künegin. «wê wán kumt ér et selbe drîn?" Den garzûn sie des vragen bat. höfslîchen durch die stat der helt begunde trecken, die slâfénden wecken. 100 105 110 115 120 95 95 verre adj. fern, entfernt. — 97 Ubergang in directe Rede. — 100 mil. bei: nach seiner Sprache zu urtheilen. — 101 clâr adj., leuchtend, glän- zend schön. — 102 al gehört zu für wár; vgl. alwůr, I, 25. — 104 misse- wende stf., Tadel. — fri, geschützt, bewahrt ; fri vor—, ohne. — 105 wer gern Habe besitzen wolle. — 106 suochen, aufsuchen. — 107 sware stf., Kummer: den befreie er von seinem Kummer (der Armuth). — 108 von ime. de eo: fragte ich nach Auskunft. — 109 manc stm., Ausweichen: offen- herzig. — 114 derfür, an seiner Stelle. Wenn man für ihn eure Krone und euer Land verpfändete, so würde beides nicht halb den Preis und Werth decken. — 115 darft, hast nöthig: weil sie es selbst gesehen. — 116 hin widere adv., dagegen: mein Mund erwidert dir darauf. — 117 sin mit gen., gehören. — 118 armüete stf., Armuth (ahd. aramuotî); kannen mit—, sich verstehen auf—, umzugehen wissen. — 120 wan, warum nicht (I, 175). — et selbe, auch selbst. — drîn, da hinein. 121 sie beauftragte den Boten sich danach zu erkundigen. — 124 durch den Lärm und das Aufsehen, das er machte. —
72 ZWEITES BUCH. 62 ûz vérrem lande, den niemen dâ rekande. « sin volc daz ist cúrtóys, beidiu heidensch und franzoys : etslîcher mag ein Anschevîn mit sîner sprâche iedoch wol sîn. ir muot ist stolz, ir wât ist clâr. wol gesniten al für wâr. ich was sînen knappen bi: die sint vor missewende fri : sie jehent, swer habe geruoche, op der ir hêrren suoche, dén scheid' ér von swaere. von ime vrâgt' ich der maere: sô sageten sie mir sunder wanc, ez war' der künec von Zazamanc.» disiu máér' sagt' ír ein gárzůn. «âvóy wélch ein póulûn! iuwer krône und iuwer lant waern derfür niht halbez phant.» «dune darft mir'z sô loben niht. mîn munt hin widere dir giht, ez mac wol sîn eins werden man. der niht mit armüete kan.» alsus sprach diu künegin. «wê wán kumt ér et selbe drîn?" Den garzûn sie des vragen bat. höfslîchen durch die stat der helt begunde trecken, die slâfénden wecken. 100 105 110 115 120 95 95 verre adj. fern, entfernt. — 97 Ubergang in directe Rede. — 100 mil. bei: nach seiner Sprache zu urtheilen. — 101 clâr adj., leuchtend, glän- zend schön. — 102 al gehört zu für wár; vgl. alwůr, I, 25. — 104 misse- wende stf., Tadel. — fri, geschützt, bewahrt ; fri vor—, ohne. — 105 wer gern Habe besitzen wolle. — 106 suochen, aufsuchen. — 107 sware stf., Kummer: den befreie er von seinem Kummer (der Armuth). — 108 von ime. de eo: fragte ich nach Auskunft. — 109 manc stm., Ausweichen: offen- herzig. — 114 derfür, an seiner Stelle. Wenn man für ihn eure Krone und euer Land verpfändete, so würde beides nicht halb den Preis und Werth decken. — 115 darft, hast nöthig: weil sie es selbst gesehen. — 116 hin widere adv., dagegen: mein Mund erwidert dir darauf. — 117 sin mit gen., gehören. — 118 armüete stf., Armuth (ahd. aramuotî); kannen mit—, sich verstehen auf—, umzugehen wissen. — 120 wan, warum nicht (I, 175). — et selbe, auch selbst. — drîn, da hinein. 121 sie beauftragte den Boten sich danach zu erkundigen. — 124 durch den Lärm und das Aufsehen, das er machte. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 73 125 63 vil schilde sach er schînen. die hellen púsînen mit krache vor im gâben dôz. von würfen und mit slegen grôz zwén' tambúre gâben schal: der galm übr al die stat erhal. der dôn iedoch gemischet wart mit floytieren an der vart: ein reisenote sie bliesen. nu sulen wir niht verliesen, wie ir hêrre komen si: dem riten videlaère bî. dô léité der degen wert ein bein für sich ûfez phert, zwên' stivâl über blôziu bein. sín múnt áls ein rúbîn schein von rœete als obe er brünne: der was dicke und niht ze dünne. sîn lip was allenthalben clâr. lieht reideloht was im sîn hâr, swâ man’z vor dem huote sach : der was ein tiwere houbetdach. grüene sámit was der mantel sin: ein zóbel dâ vór gap swarzen schîn, ob einem hemde daz was planc. von schouwen wart dâ grôz gedranc. vil dicke aldâ gevrâget wart, wer warr’ der rîter âne bart, der fuorte alsölhe rîcheit. vil schiere wart daz maere breit : 130 135 140 145 150 125 schilde, vgl. II, 40. — 126 pusîne swf., Posaune. — 127 krach stm., Larm: Schmettern. — vor im, ilm voraus, vor ihm her. — gâben doz, ver- ursachten Getöse; dôz stm., Geräusch, zu diezen. — 129 tambûr hier stm., Zu würfen und slegen vgl. 1, 548. — 130 galm stm. (zu gellen), Lärm. — erhal præet. von erhellen stv., ertönen. — 131 dôn stm., Ton. — 132 floy- tieren swv., Flöten blasen. — an der vart, bei dem Zuge. — 133 reisenote stf.. Melodie, die beim Marschieren gespielt wird. — 134 verliesen, aufser Acht lassen. — 137 dô, als sie so hinzogen. — leite = legete, hatte gelegt. — 139 stival stm., leichte Fußbekleidung von Leder (lat. œstivale), die auch das Schienbein deckt. — 141 brünne præt. conj. von brinnen stv., brennen. — 142 dicke bezeichnet das Schwellende der Lippen. — niht ze dünne: zur Verstärkung von dicke. — 144 reideloht adj., abgeleitet von reit adj., kraus, lockigt, mit demin. l und der Bildungssilbe oht, die ähnlich, -artig be- zeichnet. — 145 so weit der Hut es nicht dem Blicke entzog. — 146 der, der Hut. — houbetdach stn., Bedeckung des Hauptes. — 148 dâ vor: der Mantel war mit Zobel besetzt. — 150 gedranc stm., Gedränge: weil jeder es sehen wollte. — 154 wart breit, verbreitete sich. — schiere adv., in kurzer Zeit, schnell. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 73 125 63 vil schilde sach er schînen. die hellen púsînen mit krache vor im gâben dôz. von würfen und mit slegen grôz zwén' tambúre gâben schal: der galm übr al die stat erhal. der dôn iedoch gemischet wart mit floytieren an der vart: ein reisenote sie bliesen. nu sulen wir niht verliesen, wie ir hêrre komen si: dem riten videlaère bî. dô léité der degen wert ein bein für sich ûfez phert, zwên' stivâl über blôziu bein. sín múnt áls ein rúbîn schein von rœete als obe er brünne: der was dicke und niht ze dünne. sîn lip was allenthalben clâr. lieht reideloht was im sîn hâr, swâ man’z vor dem huote sach : der was ein tiwere houbetdach. grüene sámit was der mantel sin: ein zóbel dâ vór gap swarzen schîn, ob einem hemde daz was planc. von schouwen wart dâ grôz gedranc. vil dicke aldâ gevrâget wart, wer warr’ der rîter âne bart, der fuorte alsölhe rîcheit. vil schiere wart daz maere breit : 130 135 140 145 150 125 schilde, vgl. II, 40. — 126 pusîne swf., Posaune. — 127 krach stm., Larm: Schmettern. — vor im, ilm voraus, vor ihm her. — gâben doz, ver- ursachten Getöse; dôz stm., Geräusch, zu diezen. — 129 tambûr hier stm., Zu würfen und slegen vgl. 1, 548. — 130 galm stm. (zu gellen), Lärm. — erhal præet. von erhellen stv., ertönen. — 131 dôn stm., Ton. — 132 floy- tieren swv., Flöten blasen. — an der vart, bei dem Zuge. — 133 reisenote stf.. Melodie, die beim Marschieren gespielt wird. — 134 verliesen, aufser Acht lassen. — 137 dô, als sie so hinzogen. — leite = legete, hatte gelegt. — 139 stival stm., leichte Fußbekleidung von Leder (lat. œstivale), die auch das Schienbein deckt. — 141 brünne præt. conj. von brinnen stv., brennen. — 142 dicke bezeichnet das Schwellende der Lippen. — niht ze dünne: zur Verstärkung von dicke. — 144 reideloht adj., abgeleitet von reit adj., kraus, lockigt, mit demin. l und der Bildungssilbe oht, die ähnlich, -artig be- zeichnet. — 145 so weit der Hut es nicht dem Blicke entzog. — 146 der, der Hut. — houbetdach stn., Bedeckung des Hauptes. — 148 dâ vor: der Mantel war mit Zobel besetzt. — 150 gedranc stm., Gedränge: weil jeder es sehen wollte. — 154 wart breit, verbreitete sich. — schiere adv., in kurzer Zeit, schnell. —
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74 ZWEITES BUCH. 155 64 sie sageten'z in für unbetrogen. do begunden s' an die brücke zogen, andr vóle und ouch die sîne. von dem liehten schîne, der von der küneginne schein, derzucte im neben sich sin bein: ûf rihte sich der degen wert, als ein vederspil daz gert. diu herberge dûhte in guot. alsô stuont des heldes muot : sie dolte ouch wol, diu wirtîn, von Wâleis diu künegîn. 160 165 Dô vriesch der künec von Spâne, daz ûf der Lêôplâne stüend' éin gezelt, daz Gahmurete durch des küenen Razalîges bete beleip vor Pâtelamunt. dáz tet' ime ein rîter kunt. dô fuor er springende als ein tier, er was der fröweden sóldier. der selbe rîter aber sprach «iuwer muomen sun ich sach kumende als er ie was fier. ez sint hundert bánier zuo eime schilde ûf grüene velt gestôzen für sîn hôh gezelt: die sint ouch alle grüene. och hât der helt küene dri härmîn anker lieht gemâl 170 175 180 155 sie, diejenigen die es wussten: oder auch Gahmuret's Leute. — für un- betrogen, als etwas nicht Erlogenes, soviel als für war. — 160 derzucken= erzucken swv., zurückfahren (intr.). — sich wie nhd.: mhd. sonst gewöhn- lich im: bei Præp. kommt sich am frühesten vor. — sîn bein, das er aufs Pferd gelegt hatte; V. 138. — 162 vederspil stn., Vogel, der zur Beize ab- gerichtet ist. — gern absol., technischer Ausdruck vom Jagdvogel, der auf seine Beute los will. — 163 dort zu verweilen däuchte ihm gut: so war der Held gesinnt. — 165 doln swv. absol., fühlen, empfinden: auch sie war bei seinem Anblick nicht unempfindlich. 167 vriesch præt. von vreischen (aus vereischen) stv., erforschen, erfah- ren. Kaylet ist gemeint. — 168 Léôplane: noch II, 1051 = franz. lee plaine, weite Ebene; vgl. II, 80. — 171 beleip, als Eigenthum verblieb. — 173 tier: besonders das Reh wird darunter verstanden; vgl. engl. deer. — 174 fröwede stf., gewöhnlich froude: hier persönlich gefafst und dann schwach flec- tiert, wie sœlde (1, 226). — soldier, Söldner, Krieger: er stand im Dienst der Freude, Freude war seine Herrin (vgl. I, 1652). — 175 aber, wiederum. — 177 stattlich wie er immer war. — 179 zuo, nebenhin. — 180 stôzen stv., in die Erde stecken, aufstellen. —
74 ZWEITES BUCH. 155 64 sie sageten'z in für unbetrogen. do begunden s' an die brücke zogen, andr vóle und ouch die sîne. von dem liehten schîne, der von der küneginne schein, derzucte im neben sich sin bein: ûf rihte sich der degen wert, als ein vederspil daz gert. diu herberge dûhte in guot. alsô stuont des heldes muot : sie dolte ouch wol, diu wirtîn, von Wâleis diu künegîn. 160 165 Dô vriesch der künec von Spâne, daz ûf der Lêôplâne stüend' éin gezelt, daz Gahmurete durch des küenen Razalîges bete beleip vor Pâtelamunt. dáz tet' ime ein rîter kunt. dô fuor er springende als ein tier, er was der fröweden sóldier. der selbe rîter aber sprach «iuwer muomen sun ich sach kumende als er ie was fier. ez sint hundert bánier zuo eime schilde ûf grüene velt gestôzen für sîn hôh gezelt: die sint ouch alle grüene. och hât der helt küene dri härmîn anker lieht gemâl 170 175 180 155 sie, diejenigen die es wussten: oder auch Gahmuret's Leute. — für un- betrogen, als etwas nicht Erlogenes, soviel als für war. — 160 derzucken= erzucken swv., zurückfahren (intr.). — sich wie nhd.: mhd. sonst gewöhn- lich im: bei Præp. kommt sich am frühesten vor. — sîn bein, das er aufs Pferd gelegt hatte; V. 138. — 162 vederspil stn., Vogel, der zur Beize ab- gerichtet ist. — gern absol., technischer Ausdruck vom Jagdvogel, der auf seine Beute los will. — 163 dort zu verweilen däuchte ihm gut: so war der Held gesinnt. — 165 doln swv. absol., fühlen, empfinden: auch sie war bei seinem Anblick nicht unempfindlich. 167 vriesch præt. von vreischen (aus vereischen) stv., erforschen, erfah- ren. Kaylet ist gemeint. — 168 Léôplane: noch II, 1051 = franz. lee plaine, weite Ebene; vgl. II, 80. — 171 beleip, als Eigenthum verblieb. — 173 tier: besonders das Reh wird darunter verstanden; vgl. engl. deer. — 174 fröwede stf., gewöhnlich froude: hier persönlich gefafst und dann schwach flec- tiert, wie sœlde (1, 226). — soldier, Söldner, Krieger: er stand im Dienst der Freude, Freude war seine Herrin (vgl. I, 1652). — 175 aber, wiederum. — 177 stattlich wie er immer war. — 179 zuo, nebenhin. — 180 stôzen stv., in die Erde stecken, aufstellen. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 75 úf ieslîchen zindál.» 65 « ist er gezimieret hie ? âvoy sô sol man schouwen wie sîn lîp den poinder irret. wie er’z mit hurte wirret ! der stolze künec Hardiz hât mit zorne sînen vlîz nu lange vaste an mich gewant : den sol hie Gahmuretes hant mit sîner tjoste neigen. mîn saelde ist niht der veigen.» sîne boten sande er sân dâ Gaschier der Oriman mit grôzer massenîe lac, unt der liehte Kíllírjakac: die wâren dâ durch sîne bete. zem poulůn sie mit Káiléte fuoren mit geselleschaft. do enphiengen sie durh liebe kraft den werden künec von Zazamanc. sie dûhte ein beiten gar ze lanc daz s' in niht ê gesâhen; des sie mit triuwen jâhen. dô vrâgt' er sie der mæere, wer dâ rîter waere. 190 195 200 205 185 Dô sprach sîner muomen kint «ůz verrem lande híe sínt rîter die diu minne jaget, vil küener helde unverzaget. hie hât mangen Britûn 210 184 ieslichen ist Acc.: hat auf jeden Zindal machen lassen. Vgl. I, 406. — zindál, vgl. I1, 10. — 185 gezimieret, in seinem ritterlichen Schmucke, d. h. zum Turnier gerüstet. — 187 irren mit acc., in Verwirrung bringen. — 188 hurte stf., Losrennen. — wirret 3. præs. von werren stv., verwickeln, verwirren. — 190 seinen eifrigen Zorn; vgl. I, 142. — 191 nu, nun schon. — 193 neigen swv., sich verneigen machen, zu Falle bringen, nieder- werfen. — 194 veige adj., zum Tode oder Unglück bestimmt; mein Schick- sal ist nicht das derjenigen, die zum Unglück bestimmt sind; das Glück meint es gut mit mir. — 199 die waren auf seinen Wunsch mit bei dem Turnier. — 200 zem poulůn, nämlich Gahmuret’s. — 201 geselleschaft stf., hier: Begleitung. — 202 durh liebe kraft, weil sie ihm sehr zugethan waren. — 204 beiten swv. (zu bîten), warten, harren. — 206 das sagten sie in aufrichtiger Gesinnung. — 208 rîter ist gen. pl. von wer abhängig: wer von Rittern. 212 vil ist Subject, davon küener helde abhängig. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 75 úf ieslîchen zindál.» 65 « ist er gezimieret hie ? âvoy sô sol man schouwen wie sîn lîp den poinder irret. wie er’z mit hurte wirret ! der stolze künec Hardiz hât mit zorne sînen vlîz nu lange vaste an mich gewant : den sol hie Gahmuretes hant mit sîner tjoste neigen. mîn saelde ist niht der veigen.» sîne boten sande er sân dâ Gaschier der Oriman mit grôzer massenîe lac, unt der liehte Kíllírjakac: die wâren dâ durch sîne bete. zem poulůn sie mit Káiléte fuoren mit geselleschaft. do enphiengen sie durh liebe kraft den werden künec von Zazamanc. sie dûhte ein beiten gar ze lanc daz s' in niht ê gesâhen; des sie mit triuwen jâhen. dô vrâgt' er sie der mæere, wer dâ rîter waere. 190 195 200 205 185 Dô sprach sîner muomen kint «ůz verrem lande híe sínt rîter die diu minne jaget, vil küener helde unverzaget. hie hât mangen Britûn 210 184 ieslichen ist Acc.: hat auf jeden Zindal machen lassen. Vgl. I, 406. — zindál, vgl. I1, 10. — 185 gezimieret, in seinem ritterlichen Schmucke, d. h. zum Turnier gerüstet. — 187 irren mit acc., in Verwirrung bringen. — 188 hurte stf., Losrennen. — wirret 3. præs. von werren stv., verwickeln, verwirren. — 190 seinen eifrigen Zorn; vgl. I, 142. — 191 nu, nun schon. — 193 neigen swv., sich verneigen machen, zu Falle bringen, nieder- werfen. — 194 veige adj., zum Tode oder Unglück bestimmt; mein Schick- sal ist nicht das derjenigen, die zum Unglück bestimmt sind; das Glück meint es gut mit mir. — 199 die waren auf seinen Wunsch mit bei dem Turnier. — 200 zem poulůn, nämlich Gahmuret’s. — 201 geselleschaft stf., hier: Begleitung. — 202 durh liebe kraft, weil sie ihm sehr zugethan waren. — 204 beiten swv. (zu bîten), warten, harren. — 206 das sagten sie in aufrichtiger Gesinnung. — 208 rîter ist gen. pl. von wer abhängig: wer von Rittern. 212 vil ist Subject, davon küener helde abhängig. —
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76 ZWEITES BUCH. róys Utepandragůn. 66 ein mæere in stichet als ein dorn, daz er sîn wip hât verlorn, diu Artüses muoter was. ein phaffe der wol zouber las, mit dem diu frouwe ist hin gewant : dem ist Artûs nâch gerant. ez ist nu ime dritten jâr, daz er sún und wip verlôs für wâr. hie ist och sîner tohter man, der wol mit rîterschefte kan: Lôt von Nórwage, gein válschéit der træege und der snélle gein dem prîse, der küene degen wise. hie ist och Gâwân, dés sún, sô kranc, daz er niht mac getuon riîterschaft enkeine. er was bî mir, der kleine: er sprichet, möhter einen schaft gebrechen, trôste in des sîn kraft, er tæte gerne rîters tât. wie fruo’s sîn ger begunnen hât! hie hât der künec von Patrigalt von speren einen ganzen walt. des fuore ist dá engein gár ein wint, wan die von Portegâl hie sint. die heizen wir die vrechen: sie wellnt durch schilde stechen. hie hânt die Provenzâle schilde wol gemâle. 67 hie sint die Wâleise, 220 225 230 235 240 215 245 214 roys, altfranz. rois (obliq. roi, vgl. I, 285), König. — 215 maere stn., Gegenstand der Erzählung, Sache, Ding. — 218 ein phaffe: außer der Con- struction, in welche es durch mit dem aufgenommen ist. Unter dem phaffen ist Klinschor zu verstehen. Der sich trefflich auf Zauberbücher verstand. — 219 hin wenden intr., sich wegwenden, sich davon machen. — 220 ren- nen hier im intr. Sinne, wie nhd. — 226 fg. der zur Falschheit, Treulosig- keit es nicht eilig hat, wohl aber zum Ruhme. — 229 des, dessen: Lot’s — 230 kranc, schwach: weil er noch zu jung ist. Der Dichter deutet schon hier auf Gawan hin, dessen Thaten später einen so bedeutenden Raum einnehmen sollen. — 231 enkein = enhein = nehein, kein. — 233 ver- möchte er einen Schaft zu zerbrechen. — 234 trœsten swv., die Gewissheit geben. — 239 engein, entgegen, gegenüber; da, mit Bezug auf das Folgende. — wint, bildl. etwas Nichtiges: ein Nichts. Sein Thun und Treiben 1st. dem Folgenden gegenüber durchaus ein Nichts. —
76 ZWEITES BUCH. róys Utepandragůn. 66 ein mæere in stichet als ein dorn, daz er sîn wip hât verlorn, diu Artüses muoter was. ein phaffe der wol zouber las, mit dem diu frouwe ist hin gewant : dem ist Artûs nâch gerant. ez ist nu ime dritten jâr, daz er sún und wip verlôs für wâr. hie ist och sîner tohter man, der wol mit rîterschefte kan: Lôt von Nórwage, gein válschéit der træege und der snélle gein dem prîse, der küene degen wise. hie ist och Gâwân, dés sún, sô kranc, daz er niht mac getuon riîterschaft enkeine. er was bî mir, der kleine: er sprichet, möhter einen schaft gebrechen, trôste in des sîn kraft, er tæte gerne rîters tât. wie fruo’s sîn ger begunnen hât! hie hât der künec von Patrigalt von speren einen ganzen walt. des fuore ist dá engein gár ein wint, wan die von Portegâl hie sint. die heizen wir die vrechen: sie wellnt durch schilde stechen. hie hânt die Provenzâle schilde wol gemâle. 67 hie sint die Wâleise, 220 225 230 235 240 215 245 214 roys, altfranz. rois (obliq. roi, vgl. I, 285), König. — 215 maere stn., Gegenstand der Erzählung, Sache, Ding. — 218 ein phaffe: außer der Con- struction, in welche es durch mit dem aufgenommen ist. Unter dem phaffen ist Klinschor zu verstehen. Der sich trefflich auf Zauberbücher verstand. — 219 hin wenden intr., sich wegwenden, sich davon machen. — 220 ren- nen hier im intr. Sinne, wie nhd. — 226 fg. der zur Falschheit, Treulosig- keit es nicht eilig hat, wohl aber zum Ruhme. — 229 des, dessen: Lot’s — 230 kranc, schwach: weil er noch zu jung ist. Der Dichter deutet schon hier auf Gawan hin, dessen Thaten später einen so bedeutenden Raum einnehmen sollen. — 231 enkein = enhein = nehein, kein. — 233 ver- möchte er einen Schaft zu zerbrechen. — 234 trœsten swv., die Gewissheit geben. — 239 engein, entgegen, gegenüber; da, mit Bezug auf das Folgende. — wint, bildl. etwas Nichtiges: ein Nichts. Sein Thun und Treiben 1st. dem Folgenden gegenüber durchaus ein Nichts. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 77 daz sie behabent ir reise durch den poinder swâ si's gernt: von der kráft ir landes sie des wernt. hie ist manc rîter durch diu wîp, des niht erkennen mac mîn lip. al die ich dir hie benennet hân, wir ligen mit wârheit sunder wân mit grôzer fuore in der stat, als uns diu küneginne bat. ich sage dir wer ze velde liget, die unser wer vil ringe wiget. der werde künec von Ascalûn, unt der stólze künec von Arragûn, Cidegast de Lôgroys, unt der künec von Punturtoys: der heizet Prandelidelin. da ist ouch der küene Lehelin. da ist Môrhólt von Yrlant: der brichet abe uns gabiu phant. dâ ligent ûf dem plâne die stolzen Alemâne: der hérzóge von Brâbánt ist gestrichen in diz lant dúrch den künec Hardizen. sîne swester Alizen gap ime der künec von Gascôn: sîn dienst hât vor enphangen lôn. die sint mit zorne hie gein mir. nu sol ich wol getrûwen dir. gedenke an die sippe dîn. durh rehte liebe warte mîn. » 250 255 260 265 270 68 275 246 dus: zu ergänzen ist vorher: so beschaffen, solcher Art. — behaben swv., behaupten, durchsetzen. — 247 poinder ist hier wie 187 die Schar der zusammenrennenden Ritter : durch diese brechen sie sich Bahn. — 248 wern, gewahren, vollziehen: weil sie als die im Lande Heimischen die größste Zahl stellen können. — 250 des niht, von dem nichts, den nicht. — min lip = ich. — 255 ze velde, vor der Stadt. Auf das collect. wer bezieht sich die, solche die. — 256 mich wiget ringe ein d., mich dünkt etwas gering- fügig, ich schlage es nicht hoch an. — 263 Môrholt war schon im ersten Buche erwähnt; vgl. I, 1445. — 264 brichet abe uns, bricht von uns los, nimmt uns. — gœbe adj., was man sich gern geben lafst, annehmbar (vgl. genœme). — phant, was er als Pfand behält: Ritter, Gefangene, Beute. — 266 Alemân, Deutscher: darunter sind hier Brabanter verstanden. — 271 dies ist eben Hardiz; vgl. I, 1420; II, 189. — 272 vor, im voraus. — lôn, durch die Hand Alizens. — 274 sol ich, will ich, darf ich. — getrûwen, mich ver- lassen auf dich. — 276 warten mit gen., Rücksicht nehmen: um deiner aufrichtigen Zuneigung willen.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 77 daz sie behabent ir reise durch den poinder swâ si's gernt: von der kráft ir landes sie des wernt. hie ist manc rîter durch diu wîp, des niht erkennen mac mîn lip. al die ich dir hie benennet hân, wir ligen mit wârheit sunder wân mit grôzer fuore in der stat, als uns diu küneginne bat. ich sage dir wer ze velde liget, die unser wer vil ringe wiget. der werde künec von Ascalûn, unt der stólze künec von Arragûn, Cidegast de Lôgroys, unt der künec von Punturtoys: der heizet Prandelidelin. da ist ouch der küene Lehelin. da ist Môrhólt von Yrlant: der brichet abe uns gabiu phant. dâ ligent ûf dem plâne die stolzen Alemâne: der hérzóge von Brâbánt ist gestrichen in diz lant dúrch den künec Hardizen. sîne swester Alizen gap ime der künec von Gascôn: sîn dienst hât vor enphangen lôn. die sint mit zorne hie gein mir. nu sol ich wol getrûwen dir. gedenke an die sippe dîn. durh rehte liebe warte mîn. » 250 255 260 265 270 68 275 246 dus: zu ergänzen ist vorher: so beschaffen, solcher Art. — behaben swv., behaupten, durchsetzen. — 247 poinder ist hier wie 187 die Schar der zusammenrennenden Ritter : durch diese brechen sie sich Bahn. — 248 wern, gewahren, vollziehen: weil sie als die im Lande Heimischen die größste Zahl stellen können. — 250 des niht, von dem nichts, den nicht. — min lip = ich. — 255 ze velde, vor der Stadt. Auf das collect. wer bezieht sich die, solche die. — 256 mich wiget ringe ein d., mich dünkt etwas gering- fügig, ich schlage es nicht hoch an. — 263 Môrholt war schon im ersten Buche erwähnt; vgl. I, 1445. — 264 brichet abe uns, bricht von uns los, nimmt uns. — gœbe adj., was man sich gern geben lafst, annehmbar (vgl. genœme). — phant, was er als Pfand behält: Ritter, Gefangene, Beute. — 266 Alemân, Deutscher: darunter sind hier Brabanter verstanden. — 271 dies ist eben Hardiz; vgl. I, 1420; II, 189. — 272 vor, im voraus. — lôn, durch die Hand Alizens. — 274 sol ich, will ich, darf ich. — getrûwen, mich ver- lassen auf dich. — 276 warten mit gen., Rücksicht nehmen: um deiner aufrichtigen Zuneigung willen.
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78 ZWEITES BUCH. Dô sprach der künec von Zazamanc «dune darft mir wizzen keinen danc swaz dir mîn dienst hie z'êren tuot. wir sulen haben einen muot. stêt dîn strůz noch sunder nest? du solt dîn sarapandratest gein sînem halben grîfen tragen. mîn anker vaste wirt geslagen durch lenden in sîns poinders hurt: er muoz selbe suochen furt hinder'm órse ûfme grieze. der uns z'ein ander lieze, ich valte in, oder er valte mich des wer ih an den triuwen dich.» Kaylét ze hérbérgen reit mit grôzen fröuden sunder leit. sich huob ein krîîeren vor zwein helden fieren: von Póytóuwe Schyolarz und Gurnemanz de Grâhárz, die tjostierten ûf dem plân. sich huop diu vesperie sân. hie riten sehse, dort wol dri: den fuor vil lihte ein tropel bi. si begúnden rehte rîters tât: des enwas et dô dechéin rât. 280 285 290 295 300 Ez was dennóch wol mitter tac: der hêrre in sîme gezelte lac. 69 dô vriesch der künec von Zazamanc, 305 278 vgl. I, 1451. Der Genetiv bei danc wi€zen liegt in swa:= für alles das was. — 280 wir wollen übereinstimmend, einmüthig handeln; vgl. Nibel. 385, 1. — 281 sunder nest; vgl. zu I, 1476: bist du noch so muthig wie früher? — 283 der halbe Greif: das Wappen des Königs von Gascogne. — 285 durch lenden, um zu landen, um ans Ziel zu dringen : im Bilde von anker. — hurt stm., Losrennen: mein Anker dringt tief ein in seine los- rennende Schar (zu II, 247), um hindurchzudringen (vgl. II, 246). — 286 furt stm. (zu varn), Furt; Bahn, Weg: hier im Bilde von anker und lenden. — 288 der, wenn jemand. — 290 dafür bürge ich, das versichere ich dir. — an den triuwen, in Wahrheit. — 292 sunder leit, zur Verstär- kung von fröuden hinzugefügt. — 293 kriieren swv., schreien (franz. crier): nämlich von den Knappen (vgl. 1, 947). — 295 Poytonwe, Poitou. — 298 vesperîe stf., Kampfspiel am Vorabend des eigentlichen Turniers. — sich heben, anfangen, beginnen. — 300 tropel (altfranz. tropel, neufranz. troupean) stm., kleine Schar. — 302 ist rat mit gen., es ist Abhilfe für etwas : dagegen gab es keine Abhilfe, das musste nun einmal so sein. 304 der herre, Gahmuret. —
78 ZWEITES BUCH. Dô sprach der künec von Zazamanc «dune darft mir wizzen keinen danc swaz dir mîn dienst hie z'êren tuot. wir sulen haben einen muot. stêt dîn strůz noch sunder nest? du solt dîn sarapandratest gein sînem halben grîfen tragen. mîn anker vaste wirt geslagen durch lenden in sîns poinders hurt: er muoz selbe suochen furt hinder'm órse ûfme grieze. der uns z'ein ander lieze, ich valte in, oder er valte mich des wer ih an den triuwen dich.» Kaylét ze hérbérgen reit mit grôzen fröuden sunder leit. sich huob ein krîîeren vor zwein helden fieren: von Póytóuwe Schyolarz und Gurnemanz de Grâhárz, die tjostierten ûf dem plân. sich huop diu vesperie sân. hie riten sehse, dort wol dri: den fuor vil lihte ein tropel bi. si begúnden rehte rîters tât: des enwas et dô dechéin rât. 280 285 290 295 300 Ez was dennóch wol mitter tac: der hêrre in sîme gezelte lac. 69 dô vriesch der künec von Zazamanc, 305 278 vgl. I, 1451. Der Genetiv bei danc wi€zen liegt in swa:= für alles das was. — 280 wir wollen übereinstimmend, einmüthig handeln; vgl. Nibel. 385, 1. — 281 sunder nest; vgl. zu I, 1476: bist du noch so muthig wie früher? — 283 der halbe Greif: das Wappen des Königs von Gascogne. — 285 durch lenden, um zu landen, um ans Ziel zu dringen : im Bilde von anker. — hurt stm., Losrennen: mein Anker dringt tief ein in seine los- rennende Schar (zu II, 247), um hindurchzudringen (vgl. II, 246). — 286 furt stm. (zu varn), Furt; Bahn, Weg: hier im Bilde von anker und lenden. — 288 der, wenn jemand. — 290 dafür bürge ich, das versichere ich dir. — an den triuwen, in Wahrheit. — 292 sunder leit, zur Verstär- kung von fröuden hinzugefügt. — 293 kriieren swv., schreien (franz. crier): nämlich von den Knappen (vgl. 1, 947). — 295 Poytonwe, Poitou. — 298 vesperîe stf., Kampfspiel am Vorabend des eigentlichen Turniers. — sich heben, anfangen, beginnen. — 300 tropel (altfranz. tropel, neufranz. troupean) stm., kleine Schar. — 302 ist rat mit gen., es ist Abhilfe für etwas : dagegen gab es keine Abhilfe, das musste nun einmal so sein. 304 der herre, Gahmuret. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 79 daz die póynder wît unde lanc warn ze velde worden al nâch rîters orden. er huop och sich des endes dar mit maneger banier lieht gevar. er’n kêrt’ sich niht an gâhez schehen: müezeclîche er wolde ersehen wie’z ze bêder sît dâ waer' getân. sînen tépich leit' man ûf die plân, dâ sih die ponder wurren unt diu órs von stichen kurren. von knappen was umb' in ein rinc, da bî von swerten klinga klinc. wie sie nâch prise rungen, der klingen alsus klungen! von speren was grôz krachen dâ. er'n dorfte niemen vrâgen wâ. poynder warn sin wende: die worhten rîters hende. diu rîterschaft sô nâhe was, daz die frouwen abe dem palas wol sâhn der helde árbéit. doch was der küneginne leit daz sich der künec von Zazamanc dâ mit den andern niht endranc. sie sprach «wê war ist er komen, von dem ich wunder hân vernomen?" Nu was ouch rois de Franze tót. des wip in dicke in grôze nôt 310 315 320 325 330 306 wit unde lanc ist mit worden zu verbinden: sich auf dem ganzen Felde ausbreiteten. — 308 orden, Regel: in ganz regulärer Weise. — 309 des endes, in der Richtung, nach der Seite. — 311 schehen stv.?, schnell hin- fahren, rennen. — 312 müezecliche adv., in Muſse, sich Zeit lassend. — 313 beder ist gen. pl., von sît abhängig. — ez waer' getân, gekämpft würde; vgl. zu 1, 1369. — 314 die plán stf. neben plán stm. und plâne stf.: nieder- deutscher Einfluß. — 315 ponder Nebenform von poinder (zu I, 928). — sich werren, sich vermischen, untereinander gerathen: sie konnten nicht mehr auseinander. — 316 kurren præt. pl. von kerren, kar stv., grunzen; wiehern, schreien. — 318 klingâ klinc, zweimal. imper., der erste durch die Partikel â verstärkt, die gern an imper. verstärkend antritt. — 320 der gen. pl., sie, deren. — 322 weil man es deutlich genug hörte. — 323 sîn, Gahmuret's: er war zu beiden Seiten von den aneinander stürmenden Rittern wie von Wänden eingeschlossen. — 324 die sc. wende. — 325 rîter- schaft, ritterlicher Kampf. — 326 abe præp., herab von. — 330 sich dringen stv, sich drängen. 334 des wîp, Anpflise. — in, Gahmureten. Vgl. I, 341. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 79 daz die póynder wît unde lanc warn ze velde worden al nâch rîters orden. er huop och sich des endes dar mit maneger banier lieht gevar. er’n kêrt’ sich niht an gâhez schehen: müezeclîche er wolde ersehen wie’z ze bêder sît dâ waer' getân. sînen tépich leit' man ûf die plân, dâ sih die ponder wurren unt diu órs von stichen kurren. von knappen was umb' in ein rinc, da bî von swerten klinga klinc. wie sie nâch prise rungen, der klingen alsus klungen! von speren was grôz krachen dâ. er'n dorfte niemen vrâgen wâ. poynder warn sin wende: die worhten rîters hende. diu rîterschaft sô nâhe was, daz die frouwen abe dem palas wol sâhn der helde árbéit. doch was der küneginne leit daz sich der künec von Zazamanc dâ mit den andern niht endranc. sie sprach «wê war ist er komen, von dem ich wunder hân vernomen?" Nu was ouch rois de Franze tót. des wip in dicke in grôze nôt 310 315 320 325 330 306 wit unde lanc ist mit worden zu verbinden: sich auf dem ganzen Felde ausbreiteten. — 308 orden, Regel: in ganz regulärer Weise. — 309 des endes, in der Richtung, nach der Seite. — 311 schehen stv.?, schnell hin- fahren, rennen. — 312 müezecliche adv., in Muſse, sich Zeit lassend. — 313 beder ist gen. pl., von sît abhängig. — ez waer' getân, gekämpft würde; vgl. zu 1, 1369. — 314 die plán stf. neben plán stm. und plâne stf.: nieder- deutscher Einfluß. — 315 ponder Nebenform von poinder (zu I, 928). — sich werren, sich vermischen, untereinander gerathen: sie konnten nicht mehr auseinander. — 316 kurren præt. pl. von kerren, kar stv., grunzen; wiehern, schreien. — 318 klingâ klinc, zweimal. imper., der erste durch die Partikel â verstärkt, die gern an imper. verstärkend antritt. — 320 der gen. pl., sie, deren. — 322 weil man es deutlich genug hörte. — 323 sîn, Gahmuret's: er war zu beiden Seiten von den aneinander stürmenden Rittern wie von Wänden eingeschlossen. — 324 die sc. wende. — 325 rîter- schaft, ritterlicher Kampf. — 326 abe præp., herab von. — 330 sich dringen stv, sich drängen. 334 des wîp, Anpflise. — in, Gahmureten. Vgl. I, 341. —
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80 ZWEITES BUCH. 70 brâhte mir ir minne: diu werde küneginne hete aldar nâch ime gesant, ob er noch wider in daz lant waer' komen von der heidenschaft. des twanc sie grôzer liebe kraft. ez wart dâ harte guot getân von manegem küenem ármmán, die doch der hohe gerten niht, des der künegîn zil vergiht, ir lîbes und ir lande: sie gerten anderr phande. Nu was och Gahmuretes lip in harnasche, dâ sîn wîp wart einer suone bî gemant; daz ir von Schotten Vridebrant ze gebe sande für ir schaden: mit strîte hete er sie verladen. ûf erde niht sô guotes was. dô schouwet’ er den adamas: daz was ein helm. dar ûf man bant einen anker, dâ man inne vant verwieret édel gestéine, grôz, níht ze kleine: daz was iedoch ein swaerer last. gézimieret wart der gast. wie sîn schilt gehêret sî? mit góldé von Arâbî ein tiweriu bukel drûf geslagen, sware, die er muose tragen. 340 345 350 355 360 335 337 aldar, verstärktes dar, dorthin: in seine Heimat, die auch unter das lant verstanden ist. — 342 armman stm., armer Dienstmann. — 343 die wegen des collect. man. — der hœhe wird näher erläutert durch V. 345, 346. — 344 des, nämlich dasjenige was. — zil, Feststellung, Bestimmung. — verjehen mit gen., etwas versprechen. — 346 anderr phande, anderer Beute- stücke, die nachher ausgelöst wurden oder für welche sie Geld bekommen konnten, als Waffen und Pferde. 348 dâ mit bi zu verbinden: bei welchem, durch welchen. — 349 manen mit acc. und gen., jemand an etwas erinnern. — 350 daz auf harnasch zu beziehen. — 351 gebe stf., Gabe, Geschenk. — für, als Ersatz für. . 353 derselbe Vers bei derselben Schilderung I, 1563. — 356 dâ inne, in welchem (dem Anker): gewöhnlich sagt man dar în verwieren; da inne, steht wegen vant. — 357 verwieren swv., hinein verarbeiten: namentlich von Edelsteinen gebraucht. 359 iedoch, doch. — last stm., die Last. 362 mit bezeichnet hier ungefähr den Stoff. — —
80 ZWEITES BUCH. 70 brâhte mir ir minne: diu werde küneginne hete aldar nâch ime gesant, ob er noch wider in daz lant waer' komen von der heidenschaft. des twanc sie grôzer liebe kraft. ez wart dâ harte guot getân von manegem küenem ármmán, die doch der hohe gerten niht, des der künegîn zil vergiht, ir lîbes und ir lande: sie gerten anderr phande. Nu was och Gahmuretes lip in harnasche, dâ sîn wîp wart einer suone bî gemant; daz ir von Schotten Vridebrant ze gebe sande für ir schaden: mit strîte hete er sie verladen. ûf erde niht sô guotes was. dô schouwet’ er den adamas: daz was ein helm. dar ûf man bant einen anker, dâ man inne vant verwieret édel gestéine, grôz, níht ze kleine: daz was iedoch ein swaerer last. gézimieret wart der gast. wie sîn schilt gehêret sî? mit góldé von Arâbî ein tiweriu bukel drûf geslagen, sware, die er muose tragen. 340 345 350 355 360 335 337 aldar, verstärktes dar, dorthin: in seine Heimat, die auch unter das lant verstanden ist. — 342 armman stm., armer Dienstmann. — 343 die wegen des collect. man. — der hœhe wird näher erläutert durch V. 345, 346. — 344 des, nämlich dasjenige was. — zil, Feststellung, Bestimmung. — verjehen mit gen., etwas versprechen. — 346 anderr phande, anderer Beute- stücke, die nachher ausgelöst wurden oder für welche sie Geld bekommen konnten, als Waffen und Pferde. 348 dâ mit bi zu verbinden: bei welchem, durch welchen. — 349 manen mit acc. und gen., jemand an etwas erinnern. — 350 daz auf harnasch zu beziehen. — 351 gebe stf., Gabe, Geschenk. — für, als Ersatz für. . 353 derselbe Vers bei derselben Schilderung I, 1563. — 356 dâ inne, in welchem (dem Anker): gewöhnlich sagt man dar în verwieren; da inne, steht wegen vant. — 357 verwieren swv., hinein verarbeiten: namentlich von Edelsteinen gebraucht. 359 iedoch, doch. — last stm., die Last. 362 mit bezeichnet hier ungefähr den Stoff. — —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 81 365 71 diu gap von rœete alsolhez prehen, daz man sich drinne mohte ersehen. ein zobelîn anker drunde. mir selben ich wol gunde des er het an den lip gegert: wand' ez was maneger marke wert. sîn wâpenroc was harte wît : ich wæne kein sô guoten sît iemán ze strîte fuorte; des lenge'n teppech ruorte. ob ih'n geprüeven künne, er schein als obe hie brünne bî der naht ein queckez fiwer. verblichen varwe was im tiwer: sîn glast die blicke niht vermeit: ein boesez oug' sich dran versneit. mit golde er gebildet was, daz zer muntâne an Kaukasas ab einem velse zarten grifen klâ, die'z dâ bewarten und ez noch hiute aldâ bewarent. von Arâbî liute varent: die erwerbent ez mit listen dâ (sô tiwerz ist niender anderswâ) und bringent'z wider z'Arâbî, dà man diu grüenen achmardî wurket und die phellel rîch. 370 375 380 385 390 365 rat, nämlich des Goldes, welches als rôt bezeichnet wird; zu I, 246. — brehen, prehen swv. glänzen, leuchten. — 366 erschen refl., sich spie- geln. — 367 drunde mitteld. Form für drunder : : dar under: unterhalb der Schilderhöhung in der Mitte des Schildes (der buckel). — 368 gunde præt. conj. von gunnen, würde ich gönnen. — 369 des, dasjenige was. — an den lip, um es anzulegen. — 372 kein verkürzt aus keinen. - 374 'n = en, den. — ruorte, berulrte. — 375 geprüefen swv., beurtheilen, beschreiben. — 377 quec adj., lebendig. — 378 tiwer, selten = nicht vorhanden : war nicht an ihm. — 379 glast stm., Glanz. — blic stm., das Blitzen, der Blitz: unter- lieſs nicht Blitze zu schieſsen. — 380 base adj., schwach, krank. — dran, an dem Glanze. — versnîden, verwunden: wurde schmerzhaft davon be- ruhrt. — 381 bilden swv., mit Bildern verzieren. — 382 muntâne, altfranz. montaigne, Gebirge. — an, vielleicht ah = franz. à, wie Lachmann ver- muthet; vgl. V, 1140. — 383 zarten præet. (rückumlaut.) von zerren, ab- reissen. — 384 klà stf., Klaue, Kralle. Die Greifen als Hüter des Goldes im Kaukasus begegnen in der mittelalterlichen Sage häufig; vgl. Bartsch, Herzog Ernst, S. CXXXII. CLIV. — 387 die Art der Erwerbung durch List wird im Reinfried beschrieben; H. Ernst, S. CXXXII. — 388 so kostbares Gold; daher auch das arabische, aus dieser Quelle stammende Gold als das beste gepriesen wird. — 390 zu den achmardî (I, 412) und den phellen wurde Gold verwendet. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 6
GAHMURET UND HERZELOIDE. 81 365 71 diu gap von rœete alsolhez prehen, daz man sich drinne mohte ersehen. ein zobelîn anker drunde. mir selben ich wol gunde des er het an den lip gegert: wand' ez was maneger marke wert. sîn wâpenroc was harte wît : ich wæne kein sô guoten sît iemán ze strîte fuorte; des lenge'n teppech ruorte. ob ih'n geprüeven künne, er schein als obe hie brünne bî der naht ein queckez fiwer. verblichen varwe was im tiwer: sîn glast die blicke niht vermeit: ein boesez oug' sich dran versneit. mit golde er gebildet was, daz zer muntâne an Kaukasas ab einem velse zarten grifen klâ, die'z dâ bewarten und ez noch hiute aldâ bewarent. von Arâbî liute varent: die erwerbent ez mit listen dâ (sô tiwerz ist niender anderswâ) und bringent'z wider z'Arâbî, dà man diu grüenen achmardî wurket und die phellel rîch. 370 375 380 385 390 365 rat, nämlich des Goldes, welches als rôt bezeichnet wird; zu I, 246. — brehen, prehen swv. glänzen, leuchten. — 366 erschen refl., sich spie- geln. — 367 drunde mitteld. Form für drunder : : dar under: unterhalb der Schilderhöhung in der Mitte des Schildes (der buckel). — 368 gunde præt. conj. von gunnen, würde ich gönnen. — 369 des, dasjenige was. — an den lip, um es anzulegen. — 372 kein verkürzt aus keinen. - 374 'n = en, den. — ruorte, berulrte. — 375 geprüefen swv., beurtheilen, beschreiben. — 377 quec adj., lebendig. — 378 tiwer, selten = nicht vorhanden : war nicht an ihm. — 379 glast stm., Glanz. — blic stm., das Blitzen, der Blitz: unter- lieſs nicht Blitze zu schieſsen. — 380 base adj., schwach, krank. — dran, an dem Glanze. — versnîden, verwunden: wurde schmerzhaft davon be- ruhrt. — 381 bilden swv., mit Bildern verzieren. — 382 muntâne, altfranz. montaigne, Gebirge. — an, vielleicht ah = franz. à, wie Lachmann ver- muthet; vgl. V, 1140. — 383 zarten præet. (rückumlaut.) von zerren, ab- reissen. — 384 klà stf., Klaue, Kralle. Die Greifen als Hüter des Goldes im Kaukasus begegnen in der mittelalterlichen Sage häufig; vgl. Bartsch, Herzog Ernst, S. CXXXII. CLIV. — 387 die Art der Erwerbung durch List wird im Reinfried beschrieben; H. Ernst, S. CXXXII. — 388 so kostbares Gold; daher auch das arabische, aus dieser Quelle stammende Gold als das beste gepriesen wird. — 390 zu den achmardî (I, 412) und den phellen wurde Gold verwendet. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 6
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82 ZWEITES BUCH. 72 anderr wâte ist er vil ungelîch. den schilt nam er ze halse sân. hie stuont ein ors vil wol getân, gewâpent vaste unz uf den huof, hie garzûne ruofâ ruof. sîn lip spranc drûf, wand' er'z dâ vant. vil starker sper des heldes hant mit húrté verswande: die poynder er zetrande, ímer durch, ánderthálben úz. dem anker volgete nâch der strůz. 395 400 Gahmuret stach hinder'z ors Poytewin de Prienlascors und anders manegen werden man, an den er sicherheit gewan. swaz dâ gekriuzter rîter reit, die genúzzen's heldes arbeit: diu gewúnnen ors diu gap er in: an im lag ir grôz gewin. gelîcher bániere man gein im fuorte viere (küene rótten riten drunde: ir hêrre strîten kunde), an ieslîchèr eins grîfen zagel. 405 410 415 392 mit andern Stoffen läfst es (der Wappenrock und der Stoff) sich durch- aus nicht vergleichen. — 393 ze halse: er nahm in auf, und alsdann deckte der Schild den Hals. - 396 ruofà ruof, ruf ruf, mit verstärkendem à (zu II, 318). Knappen mit ihrem unablässigen Zurufen. Die Wiederholung entspricht etwa unsern ablautend gebildeten Worten, wie Klingklang, Wirrwarr u. s. w. — 397 weil er dazu die Gelegenheit, das Geschick besafs. Gemeint ist, dafs er ohne Steigbügel darauf sprang, was immer als Zeichen eines tüchtigen Reiters betrachtet wird. — 399 verswande, rückumlaut. Præt. von verswenden swv., verbrauchen, verwenden. — 400 zetrennen, auftrennen, auseinanderbringen. — 401 er drang durch die ineinander verschlungenen Scharen ein und ruhte nicht, bis er sie durchbrochen hatte. Vgl. I1, 315. — imer, mit gekürztem Vocal aus iemer. — anderthalben, auf der andern Seite. — 402 Gahmureten folgte Kaylet. 404 Poytewîn, franz. Baudouin, Balduin. — 405 anders, auch sonst noch. — 406 denen er das Gelübde der Unterwerfung abnöthigte. — gewinnen in sei- ner ursprünglichen Bedeutung: erkämpfen. — 407 gekriuzter, mit dem Kreuz versehener. Man erblickt darin einen Wolfram entschlüpften Anachronis- mus, eine Anspielung auf die Kreuzfahrer. Allein nach dem Folgenden sind vielmehr die oben unter armman (342) bezeichneten gemeint. gekriuzter ist also vermuthlich, wie schon die Abweichungen der Hss. zeigen (eine hat armer), entstellt. G hat gekruter: krot ist Hinderniss, Beschwerde; demnach «(von Armuth) beschwert, armo. kruden aus mitteld. Quellen weist mir Bech nach : Höfer’s Auswahl, 272. Fahne, Forschungen, II, 2. 144. Böhmer, Urk. von Frankfurt, S. 769; vgl. auch bekrutten Wilken, Heidelb. Hss., S. 405. — 408 arbeit ist gen. von genuzzen abhängig. — 's = des. — 409 gewunnen = gewunnenen, aber fast immer so verkürzt. — 410 an im lag, auf ihm beruhte. —
82 ZWEITES BUCH. 72 anderr wâte ist er vil ungelîch. den schilt nam er ze halse sân. hie stuont ein ors vil wol getân, gewâpent vaste unz uf den huof, hie garzûne ruofâ ruof. sîn lip spranc drûf, wand' er'z dâ vant. vil starker sper des heldes hant mit húrté verswande: die poynder er zetrande, ímer durch, ánderthálben úz. dem anker volgete nâch der strůz. 395 400 Gahmuret stach hinder'z ors Poytewin de Prienlascors und anders manegen werden man, an den er sicherheit gewan. swaz dâ gekriuzter rîter reit, die genúzzen's heldes arbeit: diu gewúnnen ors diu gap er in: an im lag ir grôz gewin. gelîcher bániere man gein im fuorte viere (küene rótten riten drunde: ir hêrre strîten kunde), an ieslîchèr eins grîfen zagel. 405 410 415 392 mit andern Stoffen läfst es (der Wappenrock und der Stoff) sich durch- aus nicht vergleichen. — 393 ze halse: er nahm in auf, und alsdann deckte der Schild den Hals. - 396 ruofà ruof, ruf ruf, mit verstärkendem à (zu II, 318). Knappen mit ihrem unablässigen Zurufen. Die Wiederholung entspricht etwa unsern ablautend gebildeten Worten, wie Klingklang, Wirrwarr u. s. w. — 397 weil er dazu die Gelegenheit, das Geschick besafs. Gemeint ist, dafs er ohne Steigbügel darauf sprang, was immer als Zeichen eines tüchtigen Reiters betrachtet wird. — 399 verswande, rückumlaut. Præt. von verswenden swv., verbrauchen, verwenden. — 400 zetrennen, auftrennen, auseinanderbringen. — 401 er drang durch die ineinander verschlungenen Scharen ein und ruhte nicht, bis er sie durchbrochen hatte. Vgl. I1, 315. — imer, mit gekürztem Vocal aus iemer. — anderthalben, auf der andern Seite. — 402 Gahmureten folgte Kaylet. 404 Poytewîn, franz. Baudouin, Balduin. — 405 anders, auch sonst noch. — 406 denen er das Gelübde der Unterwerfung abnöthigte. — gewinnen in sei- ner ursprünglichen Bedeutung: erkämpfen. — 407 gekriuzter, mit dem Kreuz versehener. Man erblickt darin einen Wolfram entschlüpften Anachronis- mus, eine Anspielung auf die Kreuzfahrer. Allein nach dem Folgenden sind vielmehr die oben unter armman (342) bezeichneten gemeint. gekriuzter ist also vermuthlich, wie schon die Abweichungen der Hss. zeigen (eine hat armer), entstellt. G hat gekruter: krot ist Hinderniss, Beschwerde; demnach «(von Armuth) beschwert, armo. kruden aus mitteld. Quellen weist mir Bech nach : Höfer’s Auswahl, 272. Fahne, Forschungen, II, 2. 144. Böhmer, Urk. von Frankfurt, S. 769; vgl. auch bekrutten Wilken, Heidelb. Hss., S. 405. — 408 arbeit ist gen. von genuzzen abhängig. — 's = des. — 409 gewunnen = gewunnenen, aber fast immer so verkürzt. — 410 an im lag, auf ihm beruhte. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 83 73 daz hinder teil was ouch ein hagel an rîterschaft: des wâren die. daz vorder teil des grîfen hie der künec von Gascône truoc ûfeme schilde, ein rîter kluoc. gezimieret was sîn lîp sô wol geprüeven kunnen wip. er nam sich vor den andern ûz, do'r ûfem helme ersach den strůz. der anker kom doch vor an in. dô stach in hinder'z ors dort hin der werde künec von Zazamanc, und vieng in. dâ was grôz gedranc, hôhe fürhe sleht getennet, mit swerten vil gekemmet. dâ wart verswéndét der walt und manec rîter abe gevalt. sie wunden sich (sus hôrte ich sagen) hindenort, dâ hielden zagen. der strit was wol sô nâhen, daz gar die frouwen sâhen wer dâ bî prîse solde sîn. der minnen gernde Rîwalîn, von dés sper snîte ein niuwe leis: daz was der künec von Lóhnéis: sîn' hurte gâben kraches schal. Môrhólt in einen rîter stal, územ sátel er in für sich huop (daz was ein ungefüeger uop): 420 425 430 435 440 416 die den Greifenschwanz im Wappen führten. — hagel: waren auch solche, die alles im Kampfe niederschlugen (zu I, 49). — 417 im ritter- lichen Kampfe. — des wàren, zu dem gehörten. — 420 kluoc, zierlich, ge- wandt; auch klug. — 422 geprüeven swv., anordnen, zurechtmachen. Frauen hatten ihn gewaffnet. — 423 sich ûz nemen, sich hervorthun, sich auszeichnen. — 424 fg. Straußs und Anker = Kaylet und Gahmuret. — 429 furh stf., Furche. — sleht, eben. — tennen swv., zur Tenne machen. Der Ackerboden wurde ganz fest gestampft. — 430 kemmen swv., kämmen; hier bildlich; vgl. unser : mit Kolben lausen. — 431 der walt, viele Speere; vgl. I, 1703. — 433 sich winden, sich zurückbewegen. — 434 hindenort, nach hinten. — dâ, wo. — 435 so nahe beim palas; vgl. 325. — 436 gar, voll- ständig. — 438 Riwalîn, der Vater Tristan's: ebenfalls aus Eilhart's Ge- dichte entlehnt, was sich namentlich aus seiner Bezeichnung als König von Lohneis ergibt. Der Nom. steht wieder auferhalb der Construction. — 439 snien swv., schneien. — leis stf., Spur; gemeint ist die Blutspur. Sein Weg war durch immer neu von seinem Speere herabfallendes Blut bezeichnet. Vgl. Nibel. 1947, 1. — 442 in, ihnen: den Gegnern. — 443 für sich, auf sein (Morholt’s) Pferd. — 444 uop stm., Handlungsweise. — un- gefüege adv., unhöflich, unpassend. — 6*
GAHMURET UND HERZELOIDE. 83 73 daz hinder teil was ouch ein hagel an rîterschaft: des wâren die. daz vorder teil des grîfen hie der künec von Gascône truoc ûfeme schilde, ein rîter kluoc. gezimieret was sîn lîp sô wol geprüeven kunnen wip. er nam sich vor den andern ûz, do'r ûfem helme ersach den strůz. der anker kom doch vor an in. dô stach in hinder'z ors dort hin der werde künec von Zazamanc, und vieng in. dâ was grôz gedranc, hôhe fürhe sleht getennet, mit swerten vil gekemmet. dâ wart verswéndét der walt und manec rîter abe gevalt. sie wunden sich (sus hôrte ich sagen) hindenort, dâ hielden zagen. der strit was wol sô nâhen, daz gar die frouwen sâhen wer dâ bî prîse solde sîn. der minnen gernde Rîwalîn, von dés sper snîte ein niuwe leis: daz was der künec von Lóhnéis: sîn' hurte gâben kraches schal. Môrhólt in einen rîter stal, územ sátel er in für sich huop (daz was ein ungefüeger uop): 420 425 430 435 440 416 die den Greifenschwanz im Wappen führten. — hagel: waren auch solche, die alles im Kampfe niederschlugen (zu I, 49). — 417 im ritter- lichen Kampfe. — des wàren, zu dem gehörten. — 420 kluoc, zierlich, ge- wandt; auch klug. — 422 geprüeven swv., anordnen, zurechtmachen. Frauen hatten ihn gewaffnet. — 423 sich ûz nemen, sich hervorthun, sich auszeichnen. — 424 fg. Straußs und Anker = Kaylet und Gahmuret. — 429 furh stf., Furche. — sleht, eben. — tennen swv., zur Tenne machen. Der Ackerboden wurde ganz fest gestampft. — 430 kemmen swv., kämmen; hier bildlich; vgl. unser : mit Kolben lausen. — 431 der walt, viele Speere; vgl. I, 1703. — 433 sich winden, sich zurückbewegen. — 434 hindenort, nach hinten. — dâ, wo. — 435 so nahe beim palas; vgl. 325. — 436 gar, voll- ständig. — 438 Riwalîn, der Vater Tristan's: ebenfalls aus Eilhart's Ge- dichte entlehnt, was sich namentlich aus seiner Bezeichnung als König von Lohneis ergibt. Der Nom. steht wieder auferhalb der Construction. — 439 snien swv., schneien. — leis stf., Spur; gemeint ist die Blutspur. Sein Weg war durch immer neu von seinem Speere herabfallendes Blut bezeichnet. Vgl. Nibel. 1947, 1. — 442 in, ihnen: den Gegnern. — 443 für sich, auf sein (Morholt’s) Pferd. — 444 uop stm., Handlungsweise. — un- gefüege adv., unhöflich, unpassend. — 6*
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84 ZWEITES BUCH. der híez Killírjacac. von dem hete der künec Lac dâ vor enphangen solhen solt, den der vâllende án der erde holt: er hete ez dâ vil guot getân. dô luste disen starken man daz er in twunge sunder swert: alsús vieng ér den degen wert. hinder'z órs stach Káylétes hant den hérzógen von Brâbant: 74 der fürste hiez Lambekîn. waz dô tâtén die sin?" die beschútten in mit swerten : die helde strîtes gerten. 450 455 445 Dô stach der künec von Arragûn den alten Utepandragûn hinder'z órs ûf die plâne, den künec von Britâne. ez stuont dâ bluomen vil umb' in. wê wie gefüege ich doch pin, daz ich den werden Pritâneis sô schône lege für Kanvoleis, dâ nie getrat vilânes fuoz (ob ich'z iu rehte sagen muoz) noch lîhte niemer dâ geschiht. er'n dorfte sîn besezzen niht ufem orse aldâ er saz. niht langer man sîn dô vergaz, in beschútten die ob ime dâ striten. dâ wart grôz hurten niht vermiten. dô kom der künec von Punturteis. der wart alhie vor Kanvoleis 460 465 470 475 446 Lac, der Vater Erec's. — 450 luste præt. von lüsten (= lüstete), ge- lüsten. Morholt ist gemeint. — 451 twunge præt. conj. von twingen stv., bezwingen. — 457 beschutten prat. von beschüten, beschütten, bedecken. beschützen. 463 bluomen gen. pl. von vil abhängig. — 464 wé, etwa: ei. — 466 schône, nämlich auf Blumen. — lege, hin lege. — für, vor—hin; vgl. zu II, 28. — 467 vilân stm., Bauer, von franz. vilain, mlat. villanus. — 469 lîhte niemer, wahrscheinlich niemals, schwerlich jemals. — geschibt. nämjich dass ein Bauer dort tritt. — 470 besitzen intrans., sitzen bleiben: er sollte nun einmal nicht auf dem Pferde sitzen bleiben. — 473 ob ims, über ihm: weil er auf der Erde lag. — 474 hurten infin. substant., Los- rennen. —
84 ZWEITES BUCH. der híez Killírjacac. von dem hete der künec Lac dâ vor enphangen solhen solt, den der vâllende án der erde holt: er hete ez dâ vil guot getân. dô luste disen starken man daz er in twunge sunder swert: alsús vieng ér den degen wert. hinder'z órs stach Káylétes hant den hérzógen von Brâbant: 74 der fürste hiez Lambekîn. waz dô tâtén die sin?" die beschútten in mit swerten : die helde strîtes gerten. 450 455 445 Dô stach der künec von Arragûn den alten Utepandragûn hinder'z órs ûf die plâne, den künec von Britâne. ez stuont dâ bluomen vil umb' in. wê wie gefüege ich doch pin, daz ich den werden Pritâneis sô schône lege für Kanvoleis, dâ nie getrat vilânes fuoz (ob ich'z iu rehte sagen muoz) noch lîhte niemer dâ geschiht. er'n dorfte sîn besezzen niht ufem orse aldâ er saz. niht langer man sîn dô vergaz, in beschútten die ob ime dâ striten. dâ wart grôz hurten niht vermiten. dô kom der künec von Punturteis. der wart alhie vor Kanvoleis 460 465 470 475 446 Lac, der Vater Erec's. — 450 luste præt. von lüsten (= lüstete), ge- lüsten. Morholt ist gemeint. — 451 twunge præt. conj. von twingen stv., bezwingen. — 457 beschutten prat. von beschüten, beschütten, bedecken. beschützen. 463 bluomen gen. pl. von vil abhängig. — 464 wé, etwa: ei. — 466 schône, nämlich auf Blumen. — lege, hin lege. — für, vor—hin; vgl. zu II, 28. — 467 vilân stm., Bauer, von franz. vilain, mlat. villanus. — 469 lîhte niemer, wahrscheinlich niemals, schwerlich jemals. — geschibt. nämjich dass ein Bauer dort tritt. — 470 besitzen intrans., sitzen bleiben: er sollte nun einmal nicht auf dem Pferde sitzen bleiben. — 473 ob ims, über ihm: weil er auf der Erde lag. — 474 hurten infin. substant., Los- rennen. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 85 gevellet ûf sîns orses slâ, daz er derhinder lac aldâ. daz tet der stolze Gahmuret. wetâ hêrre, wetâ wet ! mit strîte funden sie geweten. sîner múomen sún Kávléten den viengen Punturteise. dâ wart vil rûch diu reise. 75 do der künec Brandelidelîn wart gezucket von den sin, enen andern künec sie viengen. dâ liefen unde giengen manc werder man in isenwât: den wart dâ gâlûnt ir brât mit tretenne und mit kiulen. ir vel truoc swarze biulen: die héldé gehiure derwurben quáschiure. i'ne ságe'z iu niht für wæhe: dâ was diu ruowe smæhe. die werden twanc diu minne dar, manegen schilt wol gevar, und manegen gézimierten helm: des dach was worden dâ der melm. daz velt etswâ geblüemet was, dâ stuont al kurz grüene gras: dâ vielen ûf die werden man, den diu êre en téil wás getân. 480 485 490 495 500 477 slä stf. (zu slahen), Spur: auf die Spur seines Rosses, d. h. hinten vom Rosse herunter. — 478 der geschwächt aus dar, dàr, da. — 480 wetà imp. mit angehängtem à (zu II, 318. 396), von weten stv., verknüpfen, verbin- den; hier bildlich auffordernd (Ruf der garzûne): drauf los! — geweten in der folgenden Zeile ist Part. præt. — 484 rûch adj., rauh, schwierig: Gegensatz sleht. — reise, das Vordringen durch die Scharen. — 486 den sín dat. pl. = den sînen. — 487 enen, jenen: nämlich Kaylet. — 489 îsen- wat stf., Eisenkleidung, eiserne Rüstung. — 490 âlûnen swv. (von âlûn, Alaun), das Leder mit Alaun bearbeiten: gerben. — brât stn., Fleisch. — 492 biule swf., Beule. — 494 derwerben = erwerben. — quaschiure stf., Quetschung. — 495 wœhe adj., schön, verschönert: nicht als verschönert, sondern wahrheitsgemäß. — 496 smœhe adj., klein, gering = nicht vorhan- den. — 497 die werden, die werthen Männer, dazu als nähere Erläuterung und Umschreibung manegen schill und helm. — 500 melm stm., Staub: der mit Staub bedeckt war. — 501 etswà, hier und da. — blüemen swv., mit Blumen bedecken. — 502 derselbe Vers wiederholt V, 100. — 503 dà mit ûf zu verbinden: auf welches. — 504 en teil, geschwächt aus ein teil, ein wenig: ironisch. — tuon, geben; getàn, beschieden. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 85 gevellet ûf sîns orses slâ, daz er derhinder lac aldâ. daz tet der stolze Gahmuret. wetâ hêrre, wetâ wet ! mit strîte funden sie geweten. sîner múomen sún Kávléten den viengen Punturteise. dâ wart vil rûch diu reise. 75 do der künec Brandelidelîn wart gezucket von den sin, enen andern künec sie viengen. dâ liefen unde giengen manc werder man in isenwât: den wart dâ gâlûnt ir brât mit tretenne und mit kiulen. ir vel truoc swarze biulen: die héldé gehiure derwurben quáschiure. i'ne ságe'z iu niht für wæhe: dâ was diu ruowe smæhe. die werden twanc diu minne dar, manegen schilt wol gevar, und manegen gézimierten helm: des dach was worden dâ der melm. daz velt etswâ geblüemet was, dâ stuont al kurz grüene gras: dâ vielen ûf die werden man, den diu êre en téil wás getân. 480 485 490 495 500 477 slä stf. (zu slahen), Spur: auf die Spur seines Rosses, d. h. hinten vom Rosse herunter. — 478 der geschwächt aus dar, dàr, da. — 480 wetà imp. mit angehängtem à (zu II, 318. 396), von weten stv., verknüpfen, verbin- den; hier bildlich auffordernd (Ruf der garzûne): drauf los! — geweten in der folgenden Zeile ist Part. præt. — 484 rûch adj., rauh, schwierig: Gegensatz sleht. — reise, das Vordringen durch die Scharen. — 486 den sín dat. pl. = den sînen. — 487 enen, jenen: nämlich Kaylet. — 489 îsen- wat stf., Eisenkleidung, eiserne Rüstung. — 490 âlûnen swv. (von âlûn, Alaun), das Leder mit Alaun bearbeiten: gerben. — brât stn., Fleisch. — 492 biule swf., Beule. — 494 derwerben = erwerben. — quaschiure stf., Quetschung. — 495 wœhe adj., schön, verschönert: nicht als verschönert, sondern wahrheitsgemäß. — 496 smœhe adj., klein, gering = nicht vorhan- den. — 497 die werden, die werthen Männer, dazu als nähere Erläuterung und Umschreibung manegen schill und helm. — 500 melm stm., Staub: der mit Staub bedeckt war. — 501 etswà, hier und da. — blüemen swv., mit Blumen bedecken. — 502 derselbe Vers wiederholt V, 100. — 503 dà mit ûf zu verbinden: auf welches. — 504 en teil, geschwächt aus ein teil, ein wenig: ironisch. — tuon, geben; getàn, beschieden. —
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86 ZWEITES BUCH. mîn gir kan sölher wünsche dolen, daz et ich besaeze úf dem volen. 505 Dô reit der künec von Zazamanc hin dán dâ in niemen dranc, nâch eim' órse daz geruowet was. man bant von ime den adamas, niwan durch des windes luft, und anders durch decheinen guft. man stroufte im abe sîn härsenier ; sîn munt was rôt unde fier. 76 ein wîp die’ch ê genennet hân, hie kom ein ir kappelân und kleiner júnchêrren drî: den riten starke knappen bî, zwên' soumaer' giengen an ir hant. die boten hete dar gesant diu küneginne Anpflîse. ir kappelân was wîse, vil schiere bekante er disen man, en franzois er in gruozte sân. «bien sei venúz, bêâs sir, mîner frouwen unde mir. daz ist rêgîné de Franze: die rüeret dîner minnen lanze.» einen brief gab ér im in die hant, dar an der hêrre grüezen vant, unde ein kleine vingerlîn: daz solt’ ein wargeleite sîn, wan daz enphienc sîn frouwe 510 515 520 525 530 505 gir stf., Verlangen, Streben. — dolen swv., ertragen, sich gefallen lassen, mit gen. — sölher wünsche, nämlich die Ehre, mit ihnen auf dem Anger zu liegen, zu theilen. — 506 daz, vorausgesetzt daſ: wenn ich nur. — vole, vol swm., männliches Fohlen; Ross. 508 dringen trans., drängen: aus dem Gedränge. — 509 nach, um zu holen. — geruowet, ausgeruht. — 511 niwan, nichts als, nur. — 512 an- ders, sonst, weiter. — guft stm., Ubermuth. — 513 stroufen swv., streifen. — härsenier stn., Kappe unter dem Helm, um den Kopf zu schützen. — 515 ein wîp, Anpflise; vgl. II, 334: wiederum außer der Construction, durch ir aufgenommen. — 523 bekennen swv., erkennen. — 525 bien sei venuz = bien soies venuz = wis willekomen. — hêas = altfranz. beax, beau, schön; lieb = mhd. schœne. — sir, Herr. — 526 frouwen, Herrin. — 527 rê- gîne, altfranz. reïne, Königin. — 528 rüeren, treffen. Häufiger als die Lanze werden der Minne Pfeile beigelegt; vgl. Albrecht von Halberstadt, S. L fg. — 532 wargeleite stn., Wahrzeichen, das dem Boten mitgegeben wird; vgl. warzeichen: zu XII, 1301. — 533 daz, das Ringlein. —
86 ZWEITES BUCH. mîn gir kan sölher wünsche dolen, daz et ich besaeze úf dem volen. 505 Dô reit der künec von Zazamanc hin dán dâ in niemen dranc, nâch eim' órse daz geruowet was. man bant von ime den adamas, niwan durch des windes luft, und anders durch decheinen guft. man stroufte im abe sîn härsenier ; sîn munt was rôt unde fier. 76 ein wîp die’ch ê genennet hân, hie kom ein ir kappelân und kleiner júnchêrren drî: den riten starke knappen bî, zwên' soumaer' giengen an ir hant. die boten hete dar gesant diu küneginne Anpflîse. ir kappelân was wîse, vil schiere bekante er disen man, en franzois er in gruozte sân. «bien sei venúz, bêâs sir, mîner frouwen unde mir. daz ist rêgîné de Franze: die rüeret dîner minnen lanze.» einen brief gab ér im in die hant, dar an der hêrre grüezen vant, unde ein kleine vingerlîn: daz solt’ ein wargeleite sîn, wan daz enphienc sîn frouwe 510 515 520 525 530 505 gir stf., Verlangen, Streben. — dolen swv., ertragen, sich gefallen lassen, mit gen. — sölher wünsche, nämlich die Ehre, mit ihnen auf dem Anger zu liegen, zu theilen. — 506 daz, vorausgesetzt daſ: wenn ich nur. — vole, vol swm., männliches Fohlen; Ross. 508 dringen trans., drängen: aus dem Gedränge. — 509 nach, um zu holen. — geruowet, ausgeruht. — 511 niwan, nichts als, nur. — 512 an- ders, sonst, weiter. — guft stm., Ubermuth. — 513 stroufen swv., streifen. — härsenier stn., Kappe unter dem Helm, um den Kopf zu schützen. — 515 ein wîp, Anpflise; vgl. II, 334: wiederum außer der Construction, durch ir aufgenommen. — 523 bekennen swv., erkennen. — 525 bien sei venuz = bien soies venuz = wis willekomen. — hêas = altfranz. beax, beau, schön; lieb = mhd. schœne. — sir, Herr. — 526 frouwen, Herrin. — 527 rê- gîne, altfranz. reïne, Königin. — 528 rüeren, treffen. Häufiger als die Lanze werden der Minne Pfeile beigelegt; vgl. Albrecht von Halberstadt, S. L fg. — 532 wargeleite stn., Wahrzeichen, das dem Boten mitgegeben wird; vgl. warzeichen: zu XII, 1301. — 533 daz, das Ringlein. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 87 77 von dem von Anschouwe. er neic, do er die schrift ersach. welt ir nu hoeren wie diu sprach ? «Dir enbiutet minne unde gruoz mîn lîp, dem nie wart kumbers buoz sît ich dîner minne enphant. dîn minne ist slôz unde bant mîns herzen unt des fröude. dîn minne tuot mich töude. sol mir dîn minne verren, sô muoz mir minne werren. kum wider, und nim von mîner hant krône, zepter und ein lant. daz ist mich ane erstorben: daz hât dîn minne erworben. habe dir ouch ze soldiment dise rîchen prísént in den vier sôumschrîn. du solt ouch mîn rîter sîn ime lándé ze Wâleis vor der hóubetstat ze Kanvoleis. i'nę ruoche óbe ez diu künegin siht: ez mac mir vil geschaden niht. ich bin schoner unde rîcher, únde kan och minneclicher minne enphâhn und minne geben. wiltú nâch werder minne leben, sô habe dir mîne krône nâch mínné ze lône.» 540 545 550 555 535 560 An dísem brieve ér niht mêre vant. sîn härsenier eins knappen hant 534 von Gahmuret. — 536 sprechen, lauten. 538 der nie von Kummer frei wurde. — 541 des, desselben, des Her- zens. — 542 tuot, macht. — töude = töunde part. von töun, töuwen swv., dahinsterben. — 543 verren swv. intr., fern sein, fern bleiben. — 544 wer- ren stv. mit dat., verdrießsen (mich). — 547 ane ersterben mit acc., durch Erbschaft (Tod des Erblassers) an einen kommen; vgl. II, 333. — 549 sol- diment stn., Sold, Lohn. — 550 prisent stm., altfranz. present, Geschenk. — 552 mîn riter: bei dem Turnier vor Kanvoleis. — 554 houbetstat stf., die erste Stadt des Landes; ze ist für uns unübersetzbar; vgl. zu II, 1. — 555 ruochen, sich kümmern: es ist mir gleichgültig. — diu künegîn, Herze- loide. — 560 nâch, gemäßs, entsprechend. — werder minne, Minne, wie sie dir ziemt. — 562 nách minne, nachdem du mir deine Minne gegeben.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 87 77 von dem von Anschouwe. er neic, do er die schrift ersach. welt ir nu hoeren wie diu sprach ? «Dir enbiutet minne unde gruoz mîn lîp, dem nie wart kumbers buoz sît ich dîner minne enphant. dîn minne ist slôz unde bant mîns herzen unt des fröude. dîn minne tuot mich töude. sol mir dîn minne verren, sô muoz mir minne werren. kum wider, und nim von mîner hant krône, zepter und ein lant. daz ist mich ane erstorben: daz hât dîn minne erworben. habe dir ouch ze soldiment dise rîchen prísént in den vier sôumschrîn. du solt ouch mîn rîter sîn ime lándé ze Wâleis vor der hóubetstat ze Kanvoleis. i'nę ruoche óbe ez diu künegin siht: ez mac mir vil geschaden niht. ich bin schoner unde rîcher, únde kan och minneclicher minne enphâhn und minne geben. wiltú nâch werder minne leben, sô habe dir mîne krône nâch mínné ze lône.» 540 545 550 555 535 560 An dísem brieve ér niht mêre vant. sîn härsenier eins knappen hant 534 von Gahmuret. — 536 sprechen, lauten. 538 der nie von Kummer frei wurde. — 541 des, desselben, des Her- zens. — 542 tuot, macht. — töude = töunde part. von töun, töuwen swv., dahinsterben. — 543 verren swv. intr., fern sein, fern bleiben. — 544 wer- ren stv. mit dat., verdrießsen (mich). — 547 ane ersterben mit acc., durch Erbschaft (Tod des Erblassers) an einen kommen; vgl. II, 333. — 549 sol- diment stn., Sold, Lohn. — 550 prisent stm., altfranz. present, Geschenk. — 552 mîn riter: bei dem Turnier vor Kanvoleis. — 554 houbetstat stf., die erste Stadt des Landes; ze ist für uns unübersetzbar; vgl. zu II, 1. — 555 ruochen, sich kümmern: es ist mir gleichgültig. — diu künegîn, Herze- loide. — 560 nâch, gemäßs, entsprechend. — werder minne, Minne, wie sie dir ziemt. — 562 nách minne, nachdem du mir deine Minne gegeben.
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88 ZWEITES BUCH. 78 wider uf sîn houbet zôch. Gahmureten trûren flôch. man bant im ûf den adamas, der dicke unde herte was : er wolt' sich árbéiten. die boten hiez er leiten durch ruowen under'z poulûn. swa gedrénge was, dâ machter rûn. dirre flôs, ener gewan. dâ mohte erholen sich ein man, het er versûmet sîne tât: alhíe wás genuoger rât. sie solden tjóstieren, dort mit rótten púnieren. sie geloubten sich der sliche die man heizet friwendes stiche : héinlîch gevaterschaft wart dâ zefuort mit zornes kraft. dâ wirt diu krümbe selten sleht. man sprach dâ wênic rîters reht : swer iht gewan, der habte im daz: er'n ruochte, hetes der ander haz. sie wârn von manegen landen, die dâ mit ir handen schildes ambet worhten und schaden wênic vorhten. aldâ wart von Gahmurete geleistet Anpflîsen bete, 570 575 580 585 590 565 566 die Trauer entwich von ihm : er war sehr erfreut über den Brief. — 569 sich arbeiten, sich anstrengen. — 571 durch rouwen, um auszu- ruhen. — 572 růn = rům stm., Raum. Er kehrte in den Kampf zurück, und machte Raum um sich her, indem alles vor ihm wich. — 574 sich er- holen, Versäumtes nachholen, gut machen. — 575 wenn er in seinem Thun (hier im Streit) nachlässig gewesen war. — 576 genuoc adj., genügend, reichlich. — rât, Vorrath, Gelegenheit. — 578 punieren swv., stofsend los- rennen (vgl. poinder). — mit rotten, rottenweise. — 579 sich gelouben, sich entschlagen, enthalten. — slich stm., Kunstgriff. — 580 Stiche, wie sie unter Freunden ausgetheilt werden, die nicht ernsthaft, sondern nur zur ritterlichen Ubung kämpfen. Hier wurde aber aus dem Ritterspiel wirk- licher Ernst, was auch in der That bei Turnieren nicht selten vorkam. — 581 heinlîch adj., vertraulich, vertraut. — 582 zefüeren swv., zertrennen, zerstören. — 583 dâ, wo Zorn und Leidenschaft walten. — diu krümbe, die Krümme, das Unrecht: was nicht in der Ordnung ist; Gegensatz slehl. Wird im Folgenden näher erläutert. — 584 man fragte da nicht, ob einer mit Recht etwas behielt oder an sich nahm. — 585 habte præet. von haben. festhalten. — im refl., für sich. — 586 het es, hatte deswegen : es hängt von haz ab. — 589 schildes ambet, Schildesamt, Ritterwerk, -that. 590 vorhten præt. pl. von vürhten. —
88 ZWEITES BUCH. 78 wider uf sîn houbet zôch. Gahmureten trûren flôch. man bant im ûf den adamas, der dicke unde herte was : er wolt' sich árbéiten. die boten hiez er leiten durch ruowen under'z poulûn. swa gedrénge was, dâ machter rûn. dirre flôs, ener gewan. dâ mohte erholen sich ein man, het er versûmet sîne tât: alhíe wás genuoger rât. sie solden tjóstieren, dort mit rótten púnieren. sie geloubten sich der sliche die man heizet friwendes stiche : héinlîch gevaterschaft wart dâ zefuort mit zornes kraft. dâ wirt diu krümbe selten sleht. man sprach dâ wênic rîters reht : swer iht gewan, der habte im daz: er'n ruochte, hetes der ander haz. sie wârn von manegen landen, die dâ mit ir handen schildes ambet worhten und schaden wênic vorhten. aldâ wart von Gahmurete geleistet Anpflîsen bete, 570 575 580 585 590 565 566 die Trauer entwich von ihm : er war sehr erfreut über den Brief. — 569 sich arbeiten, sich anstrengen. — 571 durch rouwen, um auszu- ruhen. — 572 růn = rům stm., Raum. Er kehrte in den Kampf zurück, und machte Raum um sich her, indem alles vor ihm wich. — 574 sich er- holen, Versäumtes nachholen, gut machen. — 575 wenn er in seinem Thun (hier im Streit) nachlässig gewesen war. — 576 genuoc adj., genügend, reichlich. — rât, Vorrath, Gelegenheit. — 578 punieren swv., stofsend los- rennen (vgl. poinder). — mit rotten, rottenweise. — 579 sich gelouben, sich entschlagen, enthalten. — slich stm., Kunstgriff. — 580 Stiche, wie sie unter Freunden ausgetheilt werden, die nicht ernsthaft, sondern nur zur ritterlichen Ubung kämpfen. Hier wurde aber aus dem Ritterspiel wirk- licher Ernst, was auch in der That bei Turnieren nicht selten vorkam. — 581 heinlîch adj., vertraulich, vertraut. — 582 zefüeren swv., zertrennen, zerstören. — 583 dâ, wo Zorn und Leidenschaft walten. — diu krümbe, die Krümme, das Unrecht: was nicht in der Ordnung ist; Gegensatz slehl. Wird im Folgenden näher erläutert. — 584 man fragte da nicht, ob einer mit Recht etwas behielt oder an sich nahm. — 585 habte præet. von haben. festhalten. — im refl., für sich. — 586 het es, hatte deswegen : es hängt von haz ab. — 589 schildes ambet, Schildesamt, Ritterwerk, -that. 590 vorhten præt. pl. von vürhten. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 89 79 daz er ir rîter wære: ein brief sagt’ ime daz mære. âvoy nu wart er lâzen ane. op minne und ellen in des mane? grôz liebe und starkiu triuwe sin’ kraft im frumte al niuwe. nu saher wâ der künic Lôt sînen schilt gein der herte bôt. der was umbe nâch gewant : daz werte Gahmuretes hant. mit hurte er den poinder brach, den künec von Arragûn er stach hinder'z ors mit eime rôr. der künec hiez Schafillôr. daz sper was sunder bánier, dâ mite er valte den degen fier: er hét'z brâht vón der heidenschaft. die sîne werten in mit kraft : doch vienger den werden man. die inren tâten de ûzern sân vaste rîten ufez velt. ir vesperî gap strîtes gelt, ez mohte sîn ein túrnéi: wan dâ lac manec sper enzwei. Do begúnde zürnen Lähelîn: «sul wir sus entêret sîn ? daz machet der den anker treit. únser entwéder den andern leit noch hiute da er unsamfte liget. sie hânt uns vil nâch án gesiget.» ir hurten gap in rûmes vil: 600 605 610 615 620 595 595 lazen (part.) ane; vgl. zu 1, 615: nun stürmte er darauf los. — 596 in des mane, ihn dazu antreibe. — 597 liebe stf., herzliche Neigung. — 598 frumen swv., bewirken, machen. — 599 wâ, wie dort; vgl. engl. look where. — 601 der, Lot. — nâch, beinahe. — 602 wern swv., wehren, ver- hindern. — 605 rôr, rohrenem Schafte. — 610 wern, hier: schützen, ver- theidigen. — 612 die inren, die aus der Stadt; de (= die) ûzern, die vor der Stadt liegenden. — tâten, machten dafs. — 613 dafs sie weit ins Feld hinaus verschlagen wurden. — 614 ir bezieht sich auf beide Parteien. — strîtes gelt, Gewinn an Streit, reichlichen Streit: das Vorspiel des Turniers war einem wirklichen Turnier zu vergleichen. — 616 enzwei, zerbrochen. 620 entweder aus einweder, einer von beiden: unser, von uns. — leit = leget, legt, wirft hin. — 622 an gesigen mit dat., den Sieg über jemand davontragen. — 623 ihr Anstürmen machte weiten Raum um sie, indem man vor ihnen wich. Vgl. 572. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 89 79 daz er ir rîter wære: ein brief sagt’ ime daz mære. âvoy nu wart er lâzen ane. op minne und ellen in des mane? grôz liebe und starkiu triuwe sin’ kraft im frumte al niuwe. nu saher wâ der künic Lôt sînen schilt gein der herte bôt. der was umbe nâch gewant : daz werte Gahmuretes hant. mit hurte er den poinder brach, den künec von Arragûn er stach hinder'z ors mit eime rôr. der künec hiez Schafillôr. daz sper was sunder bánier, dâ mite er valte den degen fier: er hét'z brâht vón der heidenschaft. die sîne werten in mit kraft : doch vienger den werden man. die inren tâten de ûzern sân vaste rîten ufez velt. ir vesperî gap strîtes gelt, ez mohte sîn ein túrnéi: wan dâ lac manec sper enzwei. Do begúnde zürnen Lähelîn: «sul wir sus entêret sîn ? daz machet der den anker treit. únser entwéder den andern leit noch hiute da er unsamfte liget. sie hânt uns vil nâch án gesiget.» ir hurten gap in rûmes vil: 600 605 610 615 620 595 595 lazen (part.) ane; vgl. zu 1, 615: nun stürmte er darauf los. — 596 in des mane, ihn dazu antreibe. — 597 liebe stf., herzliche Neigung. — 598 frumen swv., bewirken, machen. — 599 wâ, wie dort; vgl. engl. look where. — 601 der, Lot. — nâch, beinahe. — 602 wern swv., wehren, ver- hindern. — 605 rôr, rohrenem Schafte. — 610 wern, hier: schützen, ver- theidigen. — 612 die inren, die aus der Stadt; de (= die) ûzern, die vor der Stadt liegenden. — tâten, machten dafs. — 613 dafs sie weit ins Feld hinaus verschlagen wurden. — 614 ir bezieht sich auf beide Parteien. — strîtes gelt, Gewinn an Streit, reichlichen Streit: das Vorspiel des Turniers war einem wirklichen Turnier zu vergleichen. — 616 enzwei, zerbrochen. 620 entweder aus einweder, einer von beiden: unser, von uns. — leit = leget, legt, wirft hin. — 622 an gesigen mit dat., den Sieg über jemand davontragen. — 623 ihr Anstürmen machte weiten Raum um sie, indem man vor ihnen wich. Vgl. 572. —
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90 ZWEITES BUCH. 80 dô giengez ûz der kinde spil. sie worhten mit ir henden daz den wált begunde swenden. diz was gelîche ir beider ger, sperâ hêrre, sperâ sper. doch muose et dulden Lähelîn einen schemelîchen pîn. in stach der künec von Zazamanc hinder’z ors, wol speres lanc, daz in ein rôr geschiftet was. sîn' sicherheit er an sich las. doch læse ich samfter süeze biren, swie die rîter vor im nider riren. der krîe dô vil maneger wielt, swer vor sîner tjoste hielt, «hie kumt der anker, fîâ fi.» zegégen kom ime gehurtet bî ein fürste ûz Anschóuwe (diu riuwe was sîn frouwe) mit uf kêrter spitze: daz lêrte in jâmers witze. diu wâpen er rekande. war umbe er von im wande? welt ir, ich bescheide iuch des. sie gap der stolze Gâlôes, fil li roy Gandîn, der vil getriuwe bruoder sîn, 630 635 640 645 625 650 624 gieng ûz, trat heraus aus, hörte auf zu sein. — 625 worhten prat. von würken, vollbringen, thun. — 626 daz, solche Arbeit die. — walt swenden, vgl. I, 1703. — 627 ir beider, Gahmuret's und Lähelin’s. — gelîche adv., gleichermaßen. — 628 sie verlangten immer neue Speere für die verbrauch- ten. — 629 et, nun einmal: es konnte nicht anders sein. — 630 schemelich adj., schämenswerth, schimpflich. — 632 die Speerlänge weit, welche Gahmuret's Speer hatte, flog er vom Rosse herab. Vgl. 605. — 633 schiften swv., in den Schaft (der hier Rohr ist) befestigen ; sper ist wieder nur die eiserne Spitze. — 634 an sich las, las sie für sich auf: weil der Gegner am Boden lag. — 635 samfter, bequemer, leichter, lieber. — 636 swie, wenn auch: wenn er auch Sieger war. — riren præet. pl. von rîsen stv., fallen.— 637 der, nämlich V. 639. — krîe stf., Feldgeschrei; Geschrei, Ruf. — wiclt præt. von walten stv., treiben, mit gen. — 638 wer ihm gegenüberstand, sodafs er seinem Anprall ausgesetzt war. — 639 fîâ fî, verdoppeltes fî, mit an- gehängtem â: Interj. des Ekels (pfui): weg weg! — 640 zegegen adv., ent- gegen. — bî, dicht heran. — 642 vgl. 1, 1652. — 643 úf, aufwärts: der Trauernde trug das Wappen umgekehrt. Vgl. Bech in Germania 7, 291.— 644 witze, Verständniss, Belehrung. — 646 wenden, intr., sich wenden (man kann auch ros ergänzen; vgl. rennen). — 647 bescheiden stv. mit acc. und gen., jemand Bescheid über etwas geben. — 648 sie, das Wappen. — gap, dem Fürsten aus Anjou. —
90 ZWEITES BUCH. 80 dô giengez ûz der kinde spil. sie worhten mit ir henden daz den wált begunde swenden. diz was gelîche ir beider ger, sperâ hêrre, sperâ sper. doch muose et dulden Lähelîn einen schemelîchen pîn. in stach der künec von Zazamanc hinder’z ors, wol speres lanc, daz in ein rôr geschiftet was. sîn' sicherheit er an sich las. doch læse ich samfter süeze biren, swie die rîter vor im nider riren. der krîe dô vil maneger wielt, swer vor sîner tjoste hielt, «hie kumt der anker, fîâ fi.» zegégen kom ime gehurtet bî ein fürste ûz Anschóuwe (diu riuwe was sîn frouwe) mit uf kêrter spitze: daz lêrte in jâmers witze. diu wâpen er rekande. war umbe er von im wande? welt ir, ich bescheide iuch des. sie gap der stolze Gâlôes, fil li roy Gandîn, der vil getriuwe bruoder sîn, 630 635 640 645 625 650 624 gieng ûz, trat heraus aus, hörte auf zu sein. — 625 worhten prat. von würken, vollbringen, thun. — 626 daz, solche Arbeit die. — walt swenden, vgl. I, 1703. — 627 ir beider, Gahmuret's und Lähelin’s. — gelîche adv., gleichermaßen. — 628 sie verlangten immer neue Speere für die verbrauch- ten. — 629 et, nun einmal: es konnte nicht anders sein. — 630 schemelich adj., schämenswerth, schimpflich. — 632 die Speerlänge weit, welche Gahmuret's Speer hatte, flog er vom Rosse herab. Vgl. 605. — 633 schiften swv., in den Schaft (der hier Rohr ist) befestigen ; sper ist wieder nur die eiserne Spitze. — 634 an sich las, las sie für sich auf: weil der Gegner am Boden lag. — 635 samfter, bequemer, leichter, lieber. — 636 swie, wenn auch: wenn er auch Sieger war. — riren præet. pl. von rîsen stv., fallen.— 637 der, nämlich V. 639. — krîe stf., Feldgeschrei; Geschrei, Ruf. — wiclt præt. von walten stv., treiben, mit gen. — 638 wer ihm gegenüberstand, sodafs er seinem Anprall ausgesetzt war. — 639 fîâ fî, verdoppeltes fî, mit an- gehängtem â: Interj. des Ekels (pfui): weg weg! — 640 zegegen adv., ent- gegen. — bî, dicht heran. — 642 vgl. 1, 1652. — 643 úf, aufwärts: der Trauernde trug das Wappen umgekehrt. Vgl. Bech in Germania 7, 291.— 644 witze, Verständniss, Belehrung. — 646 wenden, intr., sich wenden (man kann auch ros ergänzen; vgl. rennen). — 647 bescheiden stv. mit acc. und gen., jemand Bescheid über etwas geben. — 648 sie, das Wappen. — gap, dem Fürsten aus Anjou. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 91 81 dâ vor unz ime diu minne erwarp daz er an einer tjoste erstarp. dô bant er abe sînen helm. weder’z gras noch den melm sîn strît dâ niht mêr pante: grôz jâmer in des mante. mit sîme sinne er bâgte, dáz er níht frâgte Kayléten sîner muomen sun, waz sîn bruoder wolde tuon, daz er niht turnierte hie. daz enwesser leider, wie er starp vór Munthôri. dâ vor was ime ein kumber bî: des twanc in werdiu minne einer rîchen küneginne. diu kom och sît nâch ime in nôt, sie lag an klagenden triuwen tôt. Swie Gahmuret waer’ ouch mit klage, doch het er an dem halben tage gefrumet sô vil der sper enzwei; waer’ wórdén der túrnéi, sô waer’ verswéndét der walt. gevárt hundèrt im wârn gezalt, diu gar vertet der fiere. sîne liehten bániere wârn dén krigierren worden. daz was wol in ir orden. dô reit er gein dem poulûn. der Wâleisinne garzûn huop sich nâch im ûf die vart. der tiwere wâpenroc im wart, 655 660 665 670 675 680 651 dâ vor, fruher. — im erwarp, ihm (das Loos) erwarb, ihn dahin führte. — 653 er, Gahmuret. — 655 banen, panen swv., bahnen, zur Bahn machen. — 657 bagen swv., hadern, streiten. — 658 gefragt hatte. — 660 was sein Bruder wohl vorbätte, daf er nicht beim Turnier zugegen war. — 662 wesse præet. von wizzen. — wie steht hier für daz, nicht: auf welche Weise. — 666 küneginne, Belakanens. — 667 nâch ime, in Sehnsucht nach ihm. 672 wäre das Turnier wirklich noch zu Stande gekommen. — 673 vgl. II, 626. — 674 gevart part. præt. von verwen, mit Rückumlaut, statt gever- wet, gefärbt. — zeln, zuzählen, bestimmen. — 675 vertuon, verbrauchen = verswenden. — 678 orden, Satzungen: das kam ihnen von Rechts wegen zu. — 682 wart, wurde zu Theil. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 91 81 dâ vor unz ime diu minne erwarp daz er an einer tjoste erstarp. dô bant er abe sînen helm. weder’z gras noch den melm sîn strît dâ niht mêr pante: grôz jâmer in des mante. mit sîme sinne er bâgte, dáz er níht frâgte Kayléten sîner muomen sun, waz sîn bruoder wolde tuon, daz er niht turnierte hie. daz enwesser leider, wie er starp vór Munthôri. dâ vor was ime ein kumber bî: des twanc in werdiu minne einer rîchen küneginne. diu kom och sît nâch ime in nôt, sie lag an klagenden triuwen tôt. Swie Gahmuret waer’ ouch mit klage, doch het er an dem halben tage gefrumet sô vil der sper enzwei; waer’ wórdén der túrnéi, sô waer’ verswéndét der walt. gevárt hundèrt im wârn gezalt, diu gar vertet der fiere. sîne liehten bániere wârn dén krigierren worden. daz was wol in ir orden. dô reit er gein dem poulûn. der Wâleisinne garzûn huop sich nâch im ûf die vart. der tiwere wâpenroc im wart, 655 660 665 670 675 680 651 dâ vor, fruher. — im erwarp, ihm (das Loos) erwarb, ihn dahin führte. — 653 er, Gahmuret. — 655 banen, panen swv., bahnen, zur Bahn machen. — 657 bagen swv., hadern, streiten. — 658 gefragt hatte. — 660 was sein Bruder wohl vorbätte, daf er nicht beim Turnier zugegen war. — 662 wesse præet. von wizzen. — wie steht hier für daz, nicht: auf welche Weise. — 666 küneginne, Belakanens. — 667 nâch ime, in Sehnsucht nach ihm. 672 wäre das Turnier wirklich noch zu Stande gekommen. — 673 vgl. II, 626. — 674 gevart part. præt. von verwen, mit Rückumlaut, statt gever- wet, gefärbt. — zeln, zuzählen, bestimmen. — 675 vertuon, verbrauchen = verswenden. — 678 orden, Satzungen: das kam ihnen von Rechts wegen zu. — 682 wart, wurde zu Theil. —
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92 ZWEITES BUCH. durchstochen und verhouwen : den truoger für die frouwen. er was von golde dennoch guot, er gleste als ein glüendic gluot. dar an kôs man rîcheit. dô sprach diu künegin gemeit «dich hât ein werdez wîp gesant bî disem rîter in diz lant. nu manet mich diu fuoge mîn, daz die ándern niht verkrenket sîn, die âventiure brâhte dar. ieslîcher neme mîns wunsches war: 82 wan sie sint mir alle sippe von dem Adâmes rippe. doch wæne et Gahmuretes tât den hoesten prîs derworben hât.» die andern tæten rîterschaft mit sô bewander zornes kraft, daz si'z wielken vaste unz an die naht. die inren héten die ûzern brâht mit strîte unz an ir poulûn. niwán der künec von Ascalûn und Môrhólt von Yrlant, durch die snüere in war' gerant. dâ was gewunnen und verloren : genuoge heten schaden erkoren, die andern prîs und êre. nu ist zit daz man sie kêre von ein ánder. niemen hie gesiht: 690 695 700 705 685 710 683 verhouwen stv., zerhauen. — 684 vor seine Herrin hin, vor Herzeloiden. — 685 dennoch, noch: wiewohl er durchstochen und zerhauen war. — 686 glesten swv. (zu glast), glänzen. — glüendic (vom Part. glüende) adj., glühend. — 687 kiesen stv., sehen, bemerken. — 689 dich: sie redet den Wappenrock an. — 690 bî, durch (vgl. engl. by). — 691 fuoge stf., Wohl- erzogenheit, Anstand. — 692 verkrenken swv. (zu kranc), herabsetzen. — 693 âventiure stf., Glücksspiel : mit Bezug darauf dafs jeder sein Glück im Turnier versuchen will, um die Königin zu gewinnen. — 694 neme war. sehe : jeder möge sehen, gewahr werden, dafs ich ihm das Beste, das Höchste wünsche. — 695 sippe adj., blutsverwandt. — 696 rippe stn., die Rippe: durch die gemeinsame Herkunft von Adam. — 699 taten = tâten, zu I, 483. — 700 sô bewant, so beschaffen, solch. — 701 wielken præt. von walken stv., walken, schlagen; ez, allgemeines Object: drauf los. — 703 pou- lûn ist hier Plural. — 704 niwan ellipt. mit folg. Nominativ: wäre nicht gewesen. — 706 snüere, die Zeltseile (zu II, 81) : so wäre man in die Zelte selbst eingedrungen. — 708 genuoge nom. pl., viele. —
92 ZWEITES BUCH. durchstochen und verhouwen : den truoger für die frouwen. er was von golde dennoch guot, er gleste als ein glüendic gluot. dar an kôs man rîcheit. dô sprach diu künegin gemeit «dich hât ein werdez wîp gesant bî disem rîter in diz lant. nu manet mich diu fuoge mîn, daz die ándern niht verkrenket sîn, die âventiure brâhte dar. ieslîcher neme mîns wunsches war: 82 wan sie sint mir alle sippe von dem Adâmes rippe. doch wæne et Gahmuretes tât den hoesten prîs derworben hât.» die andern tæten rîterschaft mit sô bewander zornes kraft, daz si'z wielken vaste unz an die naht. die inren héten die ûzern brâht mit strîte unz an ir poulûn. niwán der künec von Ascalûn und Môrhólt von Yrlant, durch die snüere in war' gerant. dâ was gewunnen und verloren : genuoge heten schaden erkoren, die andern prîs und êre. nu ist zit daz man sie kêre von ein ánder. niemen hie gesiht: 690 695 700 705 685 710 683 verhouwen stv., zerhauen. — 684 vor seine Herrin hin, vor Herzeloiden. — 685 dennoch, noch: wiewohl er durchstochen und zerhauen war. — 686 glesten swv. (zu glast), glänzen. — glüendic (vom Part. glüende) adj., glühend. — 687 kiesen stv., sehen, bemerken. — 689 dich: sie redet den Wappenrock an. — 690 bî, durch (vgl. engl. by). — 691 fuoge stf., Wohl- erzogenheit, Anstand. — 692 verkrenken swv. (zu kranc), herabsetzen. — 693 âventiure stf., Glücksspiel : mit Bezug darauf dafs jeder sein Glück im Turnier versuchen will, um die Königin zu gewinnen. — 694 neme war. sehe : jeder möge sehen, gewahr werden, dafs ich ihm das Beste, das Höchste wünsche. — 695 sippe adj., blutsverwandt. — 696 rippe stn., die Rippe: durch die gemeinsame Herkunft von Adam. — 699 taten = tâten, zu I, 483. — 700 sô bewant, so beschaffen, solch. — 701 wielken præt. von walken stv., walken, schlagen; ez, allgemeines Object: drauf los. — 703 pou- lûn ist hier Plural. — 704 niwan ellipt. mit folg. Nominativ: wäre nicht gewesen. — 706 snüere, die Zeltseile (zu II, 81) : so wäre man in die Zelte selbst eingedrungen. — 708 genuoge nom. pl., viele. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 93 83 sine wért der phandær liehtes niht : wer solde ouch vinsterlingen spilen ? es mac die müeden doch bevilen. Der vinster man vil gar vergaz, dâ min hêr Gahmuret dort saz als ez war' tac. des'n was ez niht : dâ warn ave ungefüegiu lieht, von kleinen kerzen manec schoup: geleit ûf öleboume loup manec kulter rîche, gestrecket vlîzecliche derfür manec teppech breit. diu künegin an die snüere reit mit manger werden frouwen: sie wolte gerne schouwen den werden künec von Zazamanc. vil müeder rîter nâch ir dranc. diu tischlachèn wârn abe genomen è sie in'z poulûn wære komen. ûf spranc der wirt vil schiere, und gevángener künege viere: den fuor och etslîch fürste mite. do enphienger sie nâch zühte site. er geviel ir wol, dô s'in ersach. diu Wâleisîn mit fröuden sprach «ir sît hie wirt dâ ich iuch vant : sô bin ich wirtîn über'z lant. ruocht ir's daz ich iuch küssen sol, daz ist mit mînem willen wol." «iuwer kus sol wesen mîn, 715 720 725 730 735 740 — — — 712 phandar stu., der Wirth, bei welchem gespielt wird: er nahm beim Würfelspiel die zu Pfande gesctzte Summe in Verwahrung und zählte auch wohl die Würfe; vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum 11, 53. Sinn: Hier ist kein Wirth, der ihnen Licht anstecken kann, wenn es dunkel geworden. — 713 vinsterlingen adv., im Finstern. — spiln, der Vergleich les Kampfes mit dem Spiel ist bei mhd. Dichtern sehr üblich. Zu Stricker's Karl 811. — 714 doch, ohnehin schon. 715 vinster stf., Finsterniss. — 717 bei so heller Beleuchtung als wenn 2s Tag wäre. — 718 ungefüege adj., sehr groſs. — 719 kleine, zierlich. — sckoup stm. (zu schieben), Bündel: eine Anzahl Kerzen waren immer zu- sammengebunden und bildeten die grofsen Lichter, wie man im Süden, in Italien, noch thut. - 723 derfür, vor die Polster. — 724 an die snüere, an das Zelt, vgl. 706. — 729 das Essen war zu Ende. — 732 die vier sind Hardiz, Brandelidelin, Schafillor und Lähelin. — 733 fuor mite, begleitete. — 737 vinden, aufsuchen, besuchen: hier in euerm Zelte. — 738 sô, ebenso, andererseits. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 93 83 sine wért der phandær liehtes niht : wer solde ouch vinsterlingen spilen ? es mac die müeden doch bevilen. Der vinster man vil gar vergaz, dâ min hêr Gahmuret dort saz als ez war' tac. des'n was ez niht : dâ warn ave ungefüegiu lieht, von kleinen kerzen manec schoup: geleit ûf öleboume loup manec kulter rîche, gestrecket vlîzecliche derfür manec teppech breit. diu künegin an die snüere reit mit manger werden frouwen: sie wolte gerne schouwen den werden künec von Zazamanc. vil müeder rîter nâch ir dranc. diu tischlachèn wârn abe genomen è sie in'z poulûn wære komen. ûf spranc der wirt vil schiere, und gevángener künege viere: den fuor och etslîch fürste mite. do enphienger sie nâch zühte site. er geviel ir wol, dô s'in ersach. diu Wâleisîn mit fröuden sprach «ir sît hie wirt dâ ich iuch vant : sô bin ich wirtîn über'z lant. ruocht ir's daz ich iuch küssen sol, daz ist mit mînem willen wol." «iuwer kus sol wesen mîn, 715 720 725 730 735 740 — — — 712 phandar stu., der Wirth, bei welchem gespielt wird: er nahm beim Würfelspiel die zu Pfande gesctzte Summe in Verwahrung und zählte auch wohl die Würfe; vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum 11, 53. Sinn: Hier ist kein Wirth, der ihnen Licht anstecken kann, wenn es dunkel geworden. — 713 vinsterlingen adv., im Finstern. — spiln, der Vergleich les Kampfes mit dem Spiel ist bei mhd. Dichtern sehr üblich. Zu Stricker's Karl 811. — 714 doch, ohnehin schon. 715 vinster stf., Finsterniss. — 717 bei so heller Beleuchtung als wenn 2s Tag wäre. — 718 ungefüege adj., sehr groſs. — 719 kleine, zierlich. — sckoup stm. (zu schieben), Bündel: eine Anzahl Kerzen waren immer zu- sammengebunden und bildeten die grofsen Lichter, wie man im Süden, in Italien, noch thut. - 723 derfür, vor die Polster. — 724 an die snüere, an das Zelt, vgl. 706. — 729 das Essen war zu Ende. — 732 die vier sind Hardiz, Brandelidelin, Schafillor und Lähelin. — 733 fuor mite, begleitete. — 737 vinden, aufsuchen, besuchen: hier in euerm Zelte. — 738 sô, ebenso, andererseits. —
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94 ZWEITES BUCH. suln dise hêrrn geküsset sîn. sol künec od fürste des enberen, sone getár och ih's von iu niht geren." «deiswar daz sol ouch geschehen. i'ne hân ir keinen ê gesehen.» sie kuste die’s tâ waren wert : des hete Gahmuret gegert. 745 84 Er bát sitzèn die künegîn. mîn hêr Brandelidelîn mit zühten zuo der frouwen saz. grüene binz, von touwe naz, dünne uf die tepche was geströwet, dâ saz ûf des sich hie fröwet diu werde Wâleisinne: sie twanc iedoch sîn minne. er saz für sie sô nâhe nider, daz s'in begreif und zôch in wider anderhalp vast' an ir lîp. sie was ein maget und niht ein wip, diu in sô nâhen sitzen liez. welt ir nu hoeren wie sie hiez? diu küngîn Herzeloyde; únde ir báse Ritschóyde: die hete der künec Káylét, des muomen sun was Gahmuret. vrou Herzeloyde gap den schîn, waern erlóschen gar die kerzen sîn, dâ waer' doch lieht von ir genuoc. wan daz grôz jâmer under sluoc die hohe an sîner fröude breit, sîn minne ware ir vil bereit. 755 760 765 770 750 746 sie sind mir alle fremd. — 747 die es ihrer Stellung und ihrem Range nach verdienten. — tà = dâ. 751 saz zuo, setzte sich hin zu. — 752 binz stm., Binse: hier in collect. Sinne. — grüene ist unflectierte Form. Man pflegte bei festlichen Gelegenheiten den Fußsboden mit Binsen zu bestreuen; vgl. Weinhold, Deutsche Frauen, S. 340; Parzival X, 1393. — 753 ströwen swv., streuen. — 754 des, derjenige dessen. — 757 er setzte sich so dicht vor sie nieder. - 758 begrifen, ergreifen, erfassen. — wider, zurück. — 760 wîp, verheirathete Frau im Gegensatz zu maget, Jungfrau. — 761 liez, nicht: gestattete, son- dern: veranlafte. — 765 hete sc. zur Frau. — 767 den, solchen. — 769 da. dort im Zelte. — lieht ist Adj., nicht Subst. — 770 wan daz, nur daſs: wenn nicht. — under slahen, herunter, niederschlagen. — 771 an bezeichnet hier ungefähr was der Gen. — 772 so wäre er in der Stimmung gewesen sie zu minnen. —
94 ZWEITES BUCH. suln dise hêrrn geküsset sîn. sol künec od fürste des enberen, sone getár och ih's von iu niht geren." «deiswar daz sol ouch geschehen. i'ne hân ir keinen ê gesehen.» sie kuste die’s tâ waren wert : des hete Gahmuret gegert. 745 84 Er bát sitzèn die künegîn. mîn hêr Brandelidelîn mit zühten zuo der frouwen saz. grüene binz, von touwe naz, dünne uf die tepche was geströwet, dâ saz ûf des sich hie fröwet diu werde Wâleisinne: sie twanc iedoch sîn minne. er saz für sie sô nâhe nider, daz s'in begreif und zôch in wider anderhalp vast' an ir lîp. sie was ein maget und niht ein wip, diu in sô nâhen sitzen liez. welt ir nu hoeren wie sie hiez? diu küngîn Herzeloyde; únde ir báse Ritschóyde: die hete der künec Káylét, des muomen sun was Gahmuret. vrou Herzeloyde gap den schîn, waern erlóschen gar die kerzen sîn, dâ waer' doch lieht von ir genuoc. wan daz grôz jâmer under sluoc die hohe an sîner fröude breit, sîn minne ware ir vil bereit. 755 760 765 770 750 746 sie sind mir alle fremd. — 747 die es ihrer Stellung und ihrem Range nach verdienten. — tà = dâ. 751 saz zuo, setzte sich hin zu. — 752 binz stm., Binse: hier in collect. Sinne. — grüene ist unflectierte Form. Man pflegte bei festlichen Gelegenheiten den Fußsboden mit Binsen zu bestreuen; vgl. Weinhold, Deutsche Frauen, S. 340; Parzival X, 1393. — 753 ströwen swv., streuen. — 754 des, derjenige dessen. — 757 er setzte sich so dicht vor sie nieder. - 758 begrifen, ergreifen, erfassen. — wider, zurück. — 760 wîp, verheirathete Frau im Gegensatz zu maget, Jungfrau. — 761 liez, nicht: gestattete, son- dern: veranlafte. — 765 hete sc. zur Frau. — 767 den, solchen. — 769 da. dort im Zelte. — lieht ist Adj., nicht Subst. — 770 wan daz, nur daſs: wenn nicht. — under slahen, herunter, niederschlagen. — 771 an bezeichnet hier ungefähr was der Gen. — 772 so wäre er in der Stimmung gewesen sie zu minnen. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 95 85 sie sprâchen gruoz nâch zühte kür. bi einer wîle giengen schenken für mit gezierdé von Azagouc, dar an grôz rîcheit niemen trouc : die truogen júnchêrren în. daz muosen tiure näphe sîn von edelem gesteine, wît, niht ze kleine. hie wâren alle sunder golt : ez was des landes zinses solt, daz Isenhart vil dicke bôt frôn Belakân für grôze nôt. dô bôt man in daz trinken dar in manegem steine wol gevar, smarâde unde sárdîn: etslîcher was ein rúbîn. 775 780 785 Für daz póulûn dô reit zwên' riter uf ir sicherheit. die wârn hin ûz gevangen, und kômn her in gegangen. daz eine daz was Kaylet. der sach den künec Gahmuret sitzen als er waere unfrô. er sprach «wie gebârstu sô? din pris ist doch dâ für rekant, frôn Herzeloyden und ir lant hât dîn lîp errungen. des jehent hie gar die zungen: er si Brítůn óder Yrschmán, od swer hie walhisch sprâche kan, Franzois oder Brâbant, 790 795 800 773 kür stf., Beschaffenheit, Art und Weise; vgl. I1, 734. — 774 bi (wegen der Verschmelzung statt bî), während, binnen, nach Verlauf. — 775 ge- zierde stf., Kostbarkeit, hier collectiv. — 776 die in Wahrheit sehr präch- tig waren. — 781 alle sunder, alle einzeln, jeder Einzelne. — 783 daz, dasjenige was. — 784 für, zur Abwehr gegen. — nôt, Minnenoth. — 786 stein, der Napf aus Édelsteinen. — 787 smaràde ist Nom. pl., die Con- struction ist frei wie so oft. 789 reit sing. mit nachfolgendem Plur. — 790 ûf, in Zuversicht, im Vertrauen auf ihr gegebenes Wort. — 791 hin ûz, von den ûzern (II, 612). — 792 man hatte sie auf ihr Wort hineingehen lassen. — 795 als, als ob. — 796 gebaren swv., sich benehmen. — 797 dâ für, als ein solcher: man er- wartet danach daz: dals du dadurch. — 798 frôn gen. von frô, verdichtet — aus frou, verkürzt vor Namen aus frouwe. — 800 gar, sämmtlich.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 95 85 sie sprâchen gruoz nâch zühte kür. bi einer wîle giengen schenken für mit gezierdé von Azagouc, dar an grôz rîcheit niemen trouc : die truogen júnchêrren în. daz muosen tiure näphe sîn von edelem gesteine, wît, niht ze kleine. hie wâren alle sunder golt : ez was des landes zinses solt, daz Isenhart vil dicke bôt frôn Belakân für grôze nôt. dô bôt man in daz trinken dar in manegem steine wol gevar, smarâde unde sárdîn: etslîcher was ein rúbîn. 775 780 785 Für daz póulûn dô reit zwên' riter uf ir sicherheit. die wârn hin ûz gevangen, und kômn her in gegangen. daz eine daz was Kaylet. der sach den künec Gahmuret sitzen als er waere unfrô. er sprach «wie gebârstu sô? din pris ist doch dâ für rekant, frôn Herzeloyden und ir lant hât dîn lîp errungen. des jehent hie gar die zungen: er si Brítůn óder Yrschmán, od swer hie walhisch sprâche kan, Franzois oder Brâbant, 790 795 800 773 kür stf., Beschaffenheit, Art und Weise; vgl. I1, 734. — 774 bi (wegen der Verschmelzung statt bî), während, binnen, nach Verlauf. — 775 ge- zierde stf., Kostbarkeit, hier collectiv. — 776 die in Wahrheit sehr präch- tig waren. — 781 alle sunder, alle einzeln, jeder Einzelne. — 783 daz, dasjenige was. — 784 für, zur Abwehr gegen. — nôt, Minnenoth. — 786 stein, der Napf aus Édelsteinen. — 787 smaràde ist Nom. pl., die Con- struction ist frei wie so oft. 789 reit sing. mit nachfolgendem Plur. — 790 ûf, in Zuversicht, im Vertrauen auf ihr gegebenes Wort. — 791 hin ûz, von den ûzern (II, 612). — 792 man hatte sie auf ihr Wort hineingehen lassen. — 795 als, als ob. — 796 gebaren swv., sich benehmen. — 797 dâ für, als ein solcher: man er- wartet danach daz: dals du dadurch. — 798 frôn gen. von frô, verdichtet — aus frou, verkürzt vor Namen aus frouwe. — 800 gar, sämmtlich.
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96 ZWEITES BUCH. die jehent und volgent dîner hant, dir enkünne an sô bewantem spilen gliche niemen hie gezilen. des lise ich hie den wâren brief: dîn kraft mit ellen dô niht slief, dô dise hêrren kômn in nôt, der hant nie sicherheit gebôt; mîn hêr Brandelidelîn, unt der küene Lähelîn, Hardîz und Schaffillôr. ôwê Razalîc der Môr, 86 dem du vor Pâtelamunt tæte ouch fianze kunt ! des gert din prîs an strîte der hohe und och der wîte.» 805 810 815 «Mîn frowe mac wænen daz du tobest, sît du mích álsô lobest. dune maht mîn doch verkoufen niht, wand' etswer wandel an mir siht. dîn munt ist lobes ze vil vernomen. sag et, wie bistu wider komen?" «diu werde diet von nturteys hât mich und disen Schampôneys ledic lâzen über al. Môrhólt, der mînen neven stal, von dem sol er ledic sîn, mac mîn hêr Brandelidelîn ledic sin von dîner hant. wir sîn noch anders beide phant, 820 825 830 804 volgen, beistimmen, zugestehen. — 805 spilen: das Ritterspiel, Turnie- ren ist gemeint. — 806 geziln swv., vollenden, machen, thun. — 807 ich lese in Bezug darauf den wahren Brief, verkünde wahre Botschaft, melde die Wahrheit. — 808 mit ellen = und din ellen. -- 810 der gen. pl., deren. — 814 owê, nicht klagend, sondern das Erstaunen ausdrückend: ei und nun noch. — 816 vgl. I, 1227. — tate 2. pers. prt., thatest: den du ken- nen lehrtest was sicherheit ist. 819 Mîn frouwe, meine Gebieterin, modern: die gnädige Frau. — toben swv., von Sinnen sein. 821 wenn du mich auch noch so sehr wie ein Verkäufer seine Waare lobst. — 822 etswer, jemand, mancher. — wandel stm., Makel, Fehler. — 823 dein Mund ist gehört worden (als einer) von zu vielem Lobe, der zu viel lobt. — 824 wider, zurück: aus der Gefangen- schaft. — 826 Schampôneys, Bewohner der Champagne: es ist Killirjakak (II, 445). — 827 über al, durchaus. — 828 vgl. II, 442. — Môrholt steht als Nom. wieder voraus und aufser der Construction. — 829 von dem, von dessen Seite, seinerseits: von dîner hant, deinerseits. — 832 anders, sonst: wenn du darauf nicht eingehst. —
96 ZWEITES BUCH. die jehent und volgent dîner hant, dir enkünne an sô bewantem spilen gliche niemen hie gezilen. des lise ich hie den wâren brief: dîn kraft mit ellen dô niht slief, dô dise hêrren kômn in nôt, der hant nie sicherheit gebôt; mîn hêr Brandelidelîn, unt der küene Lähelîn, Hardîz und Schaffillôr. ôwê Razalîc der Môr, 86 dem du vor Pâtelamunt tæte ouch fianze kunt ! des gert din prîs an strîte der hohe und och der wîte.» 805 810 815 «Mîn frowe mac wænen daz du tobest, sît du mích álsô lobest. dune maht mîn doch verkoufen niht, wand' etswer wandel an mir siht. dîn munt ist lobes ze vil vernomen. sag et, wie bistu wider komen?" «diu werde diet von nturteys hât mich und disen Schampôneys ledic lâzen über al. Môrhólt, der mînen neven stal, von dem sol er ledic sîn, mac mîn hêr Brandelidelîn ledic sin von dîner hant. wir sîn noch anders beide phant, 820 825 830 804 volgen, beistimmen, zugestehen. — 805 spilen: das Ritterspiel, Turnie- ren ist gemeint. — 806 geziln swv., vollenden, machen, thun. — 807 ich lese in Bezug darauf den wahren Brief, verkünde wahre Botschaft, melde die Wahrheit. — 808 mit ellen = und din ellen. -- 810 der gen. pl., deren. — 814 owê, nicht klagend, sondern das Erstaunen ausdrückend: ei und nun noch. — 816 vgl. I, 1227. — tate 2. pers. prt., thatest: den du ken- nen lehrtest was sicherheit ist. 819 Mîn frouwe, meine Gebieterin, modern: die gnädige Frau. — toben swv., von Sinnen sein. 821 wenn du mich auch noch so sehr wie ein Verkäufer seine Waare lobst. — 822 etswer, jemand, mancher. — wandel stm., Makel, Fehler. — 823 dein Mund ist gehört worden (als einer) von zu vielem Lobe, der zu viel lobt. — 824 wider, zurück: aus der Gefangen- schaft. — 826 Schampôneys, Bewohner der Champagne: es ist Killirjakak (II, 445). — 827 über al, durchaus. — 828 vgl. II, 442. — Môrholt steht als Nom. wieder voraus und aufser der Construction. — 829 von dem, von dessen Seite, seinerseits: von dîner hant, deinerseits. — 832 anders, sonst: wenn du darauf nicht eingehst. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 97 87 ich unt mîner swester sun: du solt an uns genâde tuon. ein vesperîe ist hie erliten, daz turnieren wirt vermiten an dirre zît vor Kanvoleiz: die rehten wârheit ich des weiz; wan d’ûzer herte sitzet hie : nu sprich et, wâ von oder wie möhtèn s' uns vor gehalden? du muost vil prîses walden.» diu küngîn sprach ze Gahmurete von herzen eine süeze bete. «swaz mînes rehtes an iu sî, dâ sult ir mich lâzen bî: dar zuo mîn dienst genâden gert. wird’ ich der bêder hie gewert, sol iu daz prîs verkrenken, sô lât mich fürder wenken.» 835 840 845 850 Der künegin Anpflîsen, der kiuschen unt der wîsen, ûf spranc balde ir kappelân. er sprach «niht. in sól ze rehte hân mîn frouwe, diu mich in diz lant nâch sîner minne hât gesant. diu lebet nâch ime in's lîbes zer: ir minne hât an ime gewer. diu sol behalden sînen lîp: wan s' ist im holt für elliu wîp. hie sint ir boten fürsten drî, kint vor missewende vrî. der heizet einer Lanzidant, 855 860 835 erliten, hat man durchgemacht: dafs das Turnier nicht zu Stande kommt. — 838 des, in Bezug darauf. — 839 die Besten aus dem Heere der vor der Stadt Liegenden sind hier gefangen; vgl. zu I, 1425; II, 612. — 841 vor gehalden mit dat., vor jemand Stand halten. — 846 das sollt ihr mir nicht entziehen. — 847 dar zuo, aufser dem Rechte, das ich auf euch zu haben glaube. — dienst, Dienstwilligkeit, Ergebenheit. — 848 béder: Recht und Gnade. — 850 fürder, weiter vorwarts, fort, weg. — wenken swv., weichen, fortgehen. 853 der Kaplan, ihr Bote, war II, 516 erwähnt. — 854 niht, nicht so, nein. Er verneint die Rechtsansprüche Herzeloidens. — 857 nâch, in Sehnsucht nach. — in’s = in des. — zer stf., Aufzehrung: ihr Leben ver- zehrt sich in Sehnsucht. — 858 gewer stf., Besitz; Besitzrecht. — 859 be- halden, behaupten (als Eigenthum). — 861 ir boten, als ihre Boten. 862 kint, die junchêrren II, 517. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 97 87 ich unt mîner swester sun: du solt an uns genâde tuon. ein vesperîe ist hie erliten, daz turnieren wirt vermiten an dirre zît vor Kanvoleiz: die rehten wârheit ich des weiz; wan d’ûzer herte sitzet hie : nu sprich et, wâ von oder wie möhtèn s' uns vor gehalden? du muost vil prîses walden.» diu küngîn sprach ze Gahmurete von herzen eine süeze bete. «swaz mînes rehtes an iu sî, dâ sult ir mich lâzen bî: dar zuo mîn dienst genâden gert. wird’ ich der bêder hie gewert, sol iu daz prîs verkrenken, sô lât mich fürder wenken.» 835 840 845 850 Der künegin Anpflîsen, der kiuschen unt der wîsen, ûf spranc balde ir kappelân. er sprach «niht. in sól ze rehte hân mîn frouwe, diu mich in diz lant nâch sîner minne hât gesant. diu lebet nâch ime in's lîbes zer: ir minne hât an ime gewer. diu sol behalden sînen lîp: wan s' ist im holt für elliu wîp. hie sint ir boten fürsten drî, kint vor missewende vrî. der heizet einer Lanzidant, 855 860 835 erliten, hat man durchgemacht: dafs das Turnier nicht zu Stande kommt. — 838 des, in Bezug darauf. — 839 die Besten aus dem Heere der vor der Stadt Liegenden sind hier gefangen; vgl. zu I, 1425; II, 612. — 841 vor gehalden mit dat., vor jemand Stand halten. — 846 das sollt ihr mir nicht entziehen. — 847 dar zuo, aufser dem Rechte, das ich auf euch zu haben glaube. — dienst, Dienstwilligkeit, Ergebenheit. — 848 béder: Recht und Gnade. — 850 fürder, weiter vorwarts, fort, weg. — wenken swv., weichen, fortgehen. 853 der Kaplan, ihr Bote, war II, 516 erwähnt. — 854 niht, nicht so, nein. Er verneint die Rechtsansprüche Herzeloidens. — 857 nâch, in Sehnsucht nach. — in’s = in des. — zer stf., Aufzehrung: ihr Leben ver- zehrt sich in Sehnsucht. — 858 gewer stf., Besitz; Besitzrecht. — 859 be- halden, behaupten (als Eigenthum). — 861 ir boten, als ihre Boten. 862 kint, die junchêrren II, 517. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl.
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98 ZWEITES BUCH. 88 von hôher art ûz Gruonlant: der ist se Kärlíngen komen und hât die sprâche an sich genomen. der ander heizet Lîadarz, fil li cunt Schîolarz.» wer nu der dritte waere? des hoeret ouch ein mære. des muoter hiez Bêâflûrs, unt sîn vater Pansâmůrs: die wâren von der feien art: daz kint hiez Lîahturteltart. diu liefen alliu driu für in. sie sprâchen «hêrre, hâstu sin (dir zelt rêgîn’ de Franze der werden minne schanze), sô mahtu spilen sunder phant: dîn fröude ist kumbers ledec zehant.» dô diu botschâft was vernomen, Káylét, der ê was komen, saz ter küngîn undr ir mandels ort: hinz' im sprach sie disiu wort. «sag' an, ist dir iht mêr geschehen ? ich hân slege an dir gesehen.» do begréif im diu gehiure sîne quáschiure mit ir linden handen wiz: an den lac der gotes flîz. dô was im g'ámesieret und sère zéquaschieret hiufel, kinne, und an der nasen. er hete der küneginne basen, 870 875 880 885 890 865 864 Gruonlant ist hier und 1. 1439 und öfter nicht Grönland, sondern ein Theil von Norwegen. — 865 Kärlingen, der mittelalterliche deutsche Name von Frankreich. — 868 fil li cunt = Sohn des Grafen; cunt (franz. conte) obl. von cuns, franz. cuens, Graf. — 875 älliu neutr. pl. von al, mit Um- laut, auch elliu, 901. — driu neutr. von drî. — 876 bist du verständig, klug. — 877 zelt, zählt zu; vgl. zu II, 712. — 878 den Gewinn einer deiner würdigen Minne. — 879 ohne Pfand; vgl. zu II, 712. — 880 ledec gebraucht der Dichter wegen des Bildes phant: deine Freude ist dann dem Kummer nicht verpfändet. — 883 ter = der. Unter der Ecke ihres Mantels: ein Zeichen besonderer Vertraulichkeit, aber auch des Schutzes. Er hatte ihre Base zur Frau (II, 765). — 884 hinz = hin ze, zu — hin, zu. — 885 mêr, weiteres als was man sofort sehen kann. — 887 begrifen, betasten. — 890 aut denen ruhte, auf die war verwendet Gottes Sorgfalt. Gott wird hier wie oft als der kunstreiche Schöpfer, als Künstler gedacht. — 891 amesieren (mlat. amassare), quetschen. — 893 hiufel stn., Wange. —
98 ZWEITES BUCH. 88 von hôher art ûz Gruonlant: der ist se Kärlíngen komen und hât die sprâche an sich genomen. der ander heizet Lîadarz, fil li cunt Schîolarz.» wer nu der dritte waere? des hoeret ouch ein mære. des muoter hiez Bêâflûrs, unt sîn vater Pansâmůrs: die wâren von der feien art: daz kint hiez Lîahturteltart. diu liefen alliu driu für in. sie sprâchen «hêrre, hâstu sin (dir zelt rêgîn’ de Franze der werden minne schanze), sô mahtu spilen sunder phant: dîn fröude ist kumbers ledec zehant.» dô diu botschâft was vernomen, Káylét, der ê was komen, saz ter küngîn undr ir mandels ort: hinz' im sprach sie disiu wort. «sag' an, ist dir iht mêr geschehen ? ich hân slege an dir gesehen.» do begréif im diu gehiure sîne quáschiure mit ir linden handen wiz: an den lac der gotes flîz. dô was im g'ámesieret und sère zéquaschieret hiufel, kinne, und an der nasen. er hete der küneginne basen, 870 875 880 885 890 865 864 Gruonlant ist hier und 1. 1439 und öfter nicht Grönland, sondern ein Theil von Norwegen. — 865 Kärlingen, der mittelalterliche deutsche Name von Frankreich. — 868 fil li cunt = Sohn des Grafen; cunt (franz. conte) obl. von cuns, franz. cuens, Graf. — 875 älliu neutr. pl. von al, mit Um- laut, auch elliu, 901. — driu neutr. von drî. — 876 bist du verständig, klug. — 877 zelt, zählt zu; vgl. zu II, 712. — 878 den Gewinn einer deiner würdigen Minne. — 879 ohne Pfand; vgl. zu II, 712. — 880 ledec gebraucht der Dichter wegen des Bildes phant: deine Freude ist dann dem Kummer nicht verpfändet. — 883 ter = der. Unter der Ecke ihres Mantels: ein Zeichen besonderer Vertraulichkeit, aber auch des Schutzes. Er hatte ihre Base zur Frau (II, 765). — 884 hinz = hin ze, zu — hin, zu. — 885 mêr, weiteres als was man sofort sehen kann. — 887 begrifen, betasten. — 890 aut denen ruhte, auf die war verwendet Gottes Sorgfalt. Gott wird hier wie oft als der kunstreiche Schöpfer, als Künstler gedacht. — 891 amesieren (mlat. amassare), quetschen. — 893 hiufel stn., Wange. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 99 diu dise êre an im begienc daz s'in mit handen z'ir gevienc. sie sprach nâch zühte lêre hinz' Gahmurete mêre « iu biutet vaste ir minne diu werde Franzoysinne. nu êret an mir elliu wîp, und lât ze rehte mînen lip. sît hie unz ich mîn reht geneme: ir lâzet anders mich in scheme." 89 daz lobete ir der werde man. sie nám urlóup, dô fuor sie dan. sie huop Kaylét, der degen wert, sunder schâmel ûf ir pfert, und gienc von ir hin wider în, aldâ er sach die friwende sîn. 900 905 895 910 Er sprach ze Hárdîze «iwer swester Alîze mir minne bôt: die nam ich dâ. diu ist bestatet anderswâ, und werdeclicher dan ze mir. durch iuwer zuht lât zornes gir. sie hât der fürste Lambekîn. al sül sie niht gekroenet sîn, sie hât doch werdekeit bekant : Hânóuwe und Brâbánt ir dient, und manec rîter guot. kêrt mir ze grüezen iweren muot, lât mich in iuwern hulden sîn, und nemet hin wider dienest mîn.» der künec von Gascôn' dô sprach 915 920 925 896 daſs sie ihn mit ihren Händen an sich nahm, daſs ihre Hände sich mit ihm befaßsten. — 901 an mir, in mir. Ihr würdet das ganze weibliche Geschlecht entehren, wenn ihr mich meines Rechts berauben wolltet. — 902 lât ze rehte, lafst zur Rechtsverhandlung, zur richterlichen Entschei- dung. — 903 sît hie, bleibt hier. — 904 scheme stf., Scham, Schande. — 908 schamel stm., Schemel, Fußsbank. Es war Sitte, daſs beim Aufstei- gen die Frauen sich solcher bedienten; Weinhold, Die deutschen Frauen, S. 936. 913 die, ihre Minne. — 914 bestaten swv., anbringen, verheirathen. — 915 und zwar an einen Wütrdigern als ich bin. — 918 al mit conj., ob- gleich: wenn sie auch keine Königin ist. — 919 werdekeit, äußsere Wür- den, Ansehen. — bekant, kennen gelernt. — 920 Hânouwe, Hennegau: franz. Hainaut. — 922 kêrt mir, wendet mir zu. — ze grüezen, zu freund- schaftlichem Entgegenkommen. — 924 dienest, Dienstwilligkeit. — *
GAHMURET UND HERZELOIDE. 99 diu dise êre an im begienc daz s'in mit handen z'ir gevienc. sie sprach nâch zühte lêre hinz' Gahmurete mêre « iu biutet vaste ir minne diu werde Franzoysinne. nu êret an mir elliu wîp, und lât ze rehte mînen lip. sît hie unz ich mîn reht geneme: ir lâzet anders mich in scheme." 89 daz lobete ir der werde man. sie nám urlóup, dô fuor sie dan. sie huop Kaylét, der degen wert, sunder schâmel ûf ir pfert, und gienc von ir hin wider în, aldâ er sach die friwende sîn. 900 905 895 910 Er sprach ze Hárdîze «iwer swester Alîze mir minne bôt: die nam ich dâ. diu ist bestatet anderswâ, und werdeclicher dan ze mir. durch iuwer zuht lât zornes gir. sie hât der fürste Lambekîn. al sül sie niht gekroenet sîn, sie hât doch werdekeit bekant : Hânóuwe und Brâbánt ir dient, und manec rîter guot. kêrt mir ze grüezen iweren muot, lât mich in iuwern hulden sîn, und nemet hin wider dienest mîn.» der künec von Gascôn' dô sprach 915 920 925 896 daſs sie ihn mit ihren Händen an sich nahm, daſs ihre Hände sich mit ihm befaßsten. — 901 an mir, in mir. Ihr würdet das ganze weibliche Geschlecht entehren, wenn ihr mich meines Rechts berauben wolltet. — 902 lât ze rehte, lafst zur Rechtsverhandlung, zur richterlichen Entschei- dung. — 903 sît hie, bleibt hier. — 904 scheme stf., Scham, Schande. — 908 schamel stm., Schemel, Fußsbank. Es war Sitte, daſs beim Aufstei- gen die Frauen sich solcher bedienten; Weinhold, Die deutschen Frauen, S. 936. 913 die, ihre Minne. — 914 bestaten swv., anbringen, verheirathen. — 915 und zwar an einen Wütrdigern als ich bin. — 918 al mit conj., ob- gleich: wenn sie auch keine Königin ist. — 919 werdekeit, äußsere Wür- den, Ansehen. — bekant, kennen gelernt. — 920 Hânouwe, Hennegau: franz. Hainaut. — 922 kêrt mir, wendet mir zu. — ze grüezen, zu freund- schaftlichem Entgegenkommen. — 924 dienest, Dienstwilligkeit. — *
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100 ZWEITES BUCH. als ime sin manlîch ellen jach «iwer réde was ie süeze: swer iuch dar umbe grüeze, dem ir vil lasters habet getân, der wolte ez doch durch vorhte lân. mich vienc iuwer muomen sun.» «der kan an niemen missetuon: ir wert wol ledec von Gahmurete. daz sol sin min êrstiu bete. 90 swenne ir denn’ unbetwungen sît, mîn dienst gelebet noch die zît daz ir mich z'einem friwende nemet. ir möht iuch nu wol hân verschemet. swaz halt mir von iu geschiht, mich enslüeg’ doch iuwer swester niht.» der rede sie lachten über al. dô wart getrüebet in der schal. den wirt sin triuwe menete daz er sich wider senete: wan jâmer ist ein schärpher gart. ir feslîcher innen wart daz sîn lîp mit kumber ranc und al sîn fröude was ze kranc. dô zurnde sîner muomen sun, er sprach «du kanst unfuoge tuon.» «nein, ich muoz bî riuwen sîn : ich sene mich. nâch der künegîn. ich liez ze Pâtelamunt dâ von mir ist mîn herze wunt, in reiner art ein süeze wîp. 930 935 940 945 950 955 926 jach, zugestand, eingab. — 929 swer, wenn einer, mit der zu verbin- den. — grüezen, herausfordern. — dar umbe ist auf laster zu beziehen. — 929 laster stm., Schmach, Schande : indem er seine Schwester beschimpfte. — 930 wolte, würde. — vorhte stf., Furcht : weil er in der Macht eines Verwandten seines Gegners ist. — 932 missetuon, ein Unrecht begehen : er würde euch unsere Feindschaft nicht entgelten lassen. — 935 er will die Aussöhnung erst, wenn H. frei ist, und hofft ihn dann zum Freunde zu gewinnen. — 936 geleben, erleben: wird es erreichen, dahin bringen. — 937 z'einem, nhd. zum. — 938 verschemen refl., über die Scham, die Schande hinwegkommen. — 939 halt in concess. Sätzen : auch. — 940 euere Schwester würde mich nicht tödten. — 943 menen, antreiben; vgl. zu I, 1636. — 945 schärphe, scherphe, scharpf adj., scharf. — gart stm., Stachel, Treib- stecken, gebraucht wegen des in menen liegenden Begriffs. — 950 un- fuoge stf., Unschicklichkeit. — kanst, verstehst dich darauf. — 954 dâ von, dasjenige, etwas der Art, wovon. — 955 süeze ist unflectierte Form. —
100 ZWEITES BUCH. als ime sin manlîch ellen jach «iwer réde was ie süeze: swer iuch dar umbe grüeze, dem ir vil lasters habet getân, der wolte ez doch durch vorhte lân. mich vienc iuwer muomen sun.» «der kan an niemen missetuon: ir wert wol ledec von Gahmurete. daz sol sin min êrstiu bete. 90 swenne ir denn’ unbetwungen sît, mîn dienst gelebet noch die zît daz ir mich z'einem friwende nemet. ir möht iuch nu wol hân verschemet. swaz halt mir von iu geschiht, mich enslüeg’ doch iuwer swester niht.» der rede sie lachten über al. dô wart getrüebet in der schal. den wirt sin triuwe menete daz er sich wider senete: wan jâmer ist ein schärpher gart. ir feslîcher innen wart daz sîn lîp mit kumber ranc und al sîn fröude was ze kranc. dô zurnde sîner muomen sun, er sprach «du kanst unfuoge tuon.» «nein, ich muoz bî riuwen sîn : ich sene mich. nâch der künegîn. ich liez ze Pâtelamunt dâ von mir ist mîn herze wunt, in reiner art ein süeze wîp. 930 935 940 945 950 955 926 jach, zugestand, eingab. — 929 swer, wenn einer, mit der zu verbin- den. — grüezen, herausfordern. — dar umbe ist auf laster zu beziehen. — 929 laster stm., Schmach, Schande : indem er seine Schwester beschimpfte. — 930 wolte, würde. — vorhte stf., Furcht : weil er in der Macht eines Verwandten seines Gegners ist. — 932 missetuon, ein Unrecht begehen : er würde euch unsere Feindschaft nicht entgelten lassen. — 935 er will die Aussöhnung erst, wenn H. frei ist, und hofft ihn dann zum Freunde zu gewinnen. — 936 geleben, erleben: wird es erreichen, dahin bringen. — 937 z'einem, nhd. zum. — 938 verschemen refl., über die Scham, die Schande hinwegkommen. — 939 halt in concess. Sätzen : auch. — 940 euere Schwester würde mich nicht tödten. — 943 menen, antreiben; vgl. zu I, 1636. — 945 schärphe, scherphe, scharpf adj., scharf. — gart stm., Stachel, Treib- stecken, gebraucht wegen des in menen liegenden Begriffs. — 950 un- fuoge stf., Unschicklichkeit. — kanst, verstehst dich darauf. — 954 dâ von, dasjenige, etwas der Art, wovon. — 955 süeze ist unflectierte Form. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 101 91 ir werdiu kiusche mir den lip nâch ir minne jâmers mant. sie gap mir liute unde lant. mich tuot frô Belakâne manlîcher fröuden âne: ez ist doch vil mánlích, swer minnen wankes schamet sich. der frouwen huote mich ûf pant, daz ich niht rîterschefte vant: dô wânde ich daz mich rîterschaft næem' von ungemüetes kraft. der hân ich hie ein teil getân. nu waent manc ungewisser man daz mich ir swerze jagete dane: die sah ich für die sunnen ane. ir wiplîch prîs mir füeget leit: si ist ein búkel obe der werdekeit. einz undez ander muoz ich klagen: ich sach mîns bruoder wâpen tragen mit ûf kêrtem orte.» ôwê mir dirre worte ! daz mære wart dô jæmerlch. von wazzer wurden d'ougen rîch dem werden Spânôle. «ôwi küngîn fôle, durch dîne minne gap den lîp Gâlôes, den elliu wip von herzen klagen solten mit triuwen, obe sie wolten daz ir site bræhte 960 965 970 975 980 985 957 treibt mich in Sehnsucht nach euerer Minne zum Jammern. — 960 man- lich, einem Manne zukommend. — âne tuon mit gen., beraubt machen, be- rauben. — 962 wanc stm., Wanken, Untreue. — 963 huote stf., Aufsicht, Behütung. — ûf binden, zurückhalten, verhindern; ebenso II, 1147. — 964 daſs ich keine Turniere aufsuchte. — 966 ungemüete stn., Missstim- mung, Betrübniss. — nœme, befreite. — 967 der sc. rîterschaft. — ein teil = ziemlich viel. — 968 ungewis, unwissend, unklug. — 970 für, als: die schien mir hell wie die Sonne. — 971 prîs, Werth. — 972 bukel: wie die buckel (zu I, 1087) den hervorragendsten Theil des Schildes bildet, so ragt sie über alle werdekeit hervor. — 973 dies eine und noch ein zweites. — un- dez = unde dez, daz. — 975 ort, Spitze; vgl. II, 643. — 976 man sagt wé, owê mir, aber immer wol mich. — dirre worte, wegen dieser Worte. — 977 jamerlîch adj., Leid erregend, kläglich. — 979 Spanôl, Spanier, d. h. Kaylet. — 980 die Königin hief Annôre (VII, 256): daher ist hier nach Simrock’s Vorschlage fôle statt Fôle zu lesen. — fôle fem. zu fol, altfranz. fol, thöricht. — 984 mit triuwen, aufrichtig. — 985 ir site, ihr Benehmen. — brœhte, hervorbrächte. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 101 91 ir werdiu kiusche mir den lip nâch ir minne jâmers mant. sie gap mir liute unde lant. mich tuot frô Belakâne manlîcher fröuden âne: ez ist doch vil mánlích, swer minnen wankes schamet sich. der frouwen huote mich ûf pant, daz ich niht rîterschefte vant: dô wânde ich daz mich rîterschaft næem' von ungemüetes kraft. der hân ich hie ein teil getân. nu waent manc ungewisser man daz mich ir swerze jagete dane: die sah ich für die sunnen ane. ir wiplîch prîs mir füeget leit: si ist ein búkel obe der werdekeit. einz undez ander muoz ich klagen: ich sach mîns bruoder wâpen tragen mit ûf kêrtem orte.» ôwê mir dirre worte ! daz mære wart dô jæmerlch. von wazzer wurden d'ougen rîch dem werden Spânôle. «ôwi küngîn fôle, durch dîne minne gap den lîp Gâlôes, den elliu wip von herzen klagen solten mit triuwen, obe sie wolten daz ir site bræhte 960 965 970 975 980 985 957 treibt mich in Sehnsucht nach euerer Minne zum Jammern. — 960 man- lich, einem Manne zukommend. — âne tuon mit gen., beraubt machen, be- rauben. — 962 wanc stm., Wanken, Untreue. — 963 huote stf., Aufsicht, Behütung. — ûf binden, zurückhalten, verhindern; ebenso II, 1147. — 964 daſs ich keine Turniere aufsuchte. — 966 ungemüete stn., Missstim- mung, Betrübniss. — nœme, befreite. — 967 der sc. rîterschaft. — ein teil = ziemlich viel. — 968 ungewis, unwissend, unklug. — 970 für, als: die schien mir hell wie die Sonne. — 971 prîs, Werth. — 972 bukel: wie die buckel (zu I, 1087) den hervorragendsten Theil des Schildes bildet, so ragt sie über alle werdekeit hervor. — 973 dies eine und noch ein zweites. — un- dez = unde dez, daz. — 975 ort, Spitze; vgl. II, 643. — 976 man sagt wé, owê mir, aber immer wol mich. — dirre worte, wegen dieser Worte. — 977 jamerlîch adj., Leid erregend, kläglich. — 979 Spanôl, Spanier, d. h. Kaylet. — 980 die Königin hief Annôre (VII, 256): daher ist hier nach Simrock’s Vorschlage fôle statt Fôle zu lesen. — fôle fem. zu fol, altfranz. fol, thöricht. — 984 mit triuwen, aufrichtig. — 985 ir site, ihr Benehmen. — brœhte, hervorbrächte. —
Strana 102
102 ZWEITES BUCH. 92 lop swâ man's gedæhte. künegin von Averre, swie lützel ez dir werre, den mâg ich doch durch dich verlôs, der rîterlichen ende kôs von einer tjoste, diu in sluoc der din kleinoete truoc. fürsten, die gesellen sîn, tuont herzenlîche ir klagen schîn. sie habent ir schildes breite nâch jâmérs geleite zer érdén gekêret: grôz trûren sie daz lêret. alsus tuont sie rîterschaft. sie sint verladen mit jâmers kraft, sît Gâloes mîner muomen sun nâch minnen dienst niht solde tuon.» Do er vernam des bruoder tôt, daz was sîn ander herzenôt. mit jâmer sprach er disiu wort. “wie hât nu mîns ankers ort in riuwe ergriffen landes habe !» der wâpen tet er sich dô abe. sîn riuwe im hertes kumbers jach. der helt mit wâren triuwen sprach « von Anschouwe Gâlôes ! fürbaz darf niemen vrâgen des: ez enwart nie mánlîcher zuht geboren : der wâren milte fruht ûz dîme herzen blüete. 990 995 1000 1005 1010 1015 986 es bezieht sich auf site. — 987 Averre, Auvergne. — 988 dir werre, dich verdrießst, bekümmert. — 990 rîterlichen ist nicht Adj., da ende auch stm. ist. — kôs von kiesen, schmecken, kosten; ende kiesen, sterben. — 993 ge- selle, Gefährte, Genosse. — 994 herzenlîche adv., aus dem Herzen kom- mend, herzlich. — 995 die breite obere Seite des Schildes; unten war der- selbe spitz (II, 643). — 996 geleite stn., Leitung, Begleitung: entsprechend dem Jammer, der sie geleitet. — 999 in dieser Weise ziehen sie zu Tur- nieren. — 1002 nâch minnen, um Minne zu erlangen. 1003 bruoder gen. unflect. wie vater; I, 125. — 1004 ander, zweite; vgl. 973. — 1006 dasselbe Bild mit Bezug auf sein Wappenschild schon I, 419 fg. — 1007 ergrifen, erfassen, packen : mit Bezug auf den den Boden — 1008 sich abe tuon mit gen., etwas ablegen. — packenden Anker. 1009 seine Trauer legte ihm bei, gab ihm harten Kummer. — 1012 fürbaz, fernerhin. — des, darnach, nämlich wo es manlîcher zuht gegeben: sie hat nie existiert. — 1013 manlîcher ist compar.: zu ergänzen als die deine. — 1015 blüete præt. von blüejen, blühen. —
102 ZWEITES BUCH. 92 lop swâ man's gedæhte. künegin von Averre, swie lützel ez dir werre, den mâg ich doch durch dich verlôs, der rîterlichen ende kôs von einer tjoste, diu in sluoc der din kleinoete truoc. fürsten, die gesellen sîn, tuont herzenlîche ir klagen schîn. sie habent ir schildes breite nâch jâmérs geleite zer érdén gekêret: grôz trûren sie daz lêret. alsus tuont sie rîterschaft. sie sint verladen mit jâmers kraft, sît Gâloes mîner muomen sun nâch minnen dienst niht solde tuon.» Do er vernam des bruoder tôt, daz was sîn ander herzenôt. mit jâmer sprach er disiu wort. “wie hât nu mîns ankers ort in riuwe ergriffen landes habe !» der wâpen tet er sich dô abe. sîn riuwe im hertes kumbers jach. der helt mit wâren triuwen sprach « von Anschouwe Gâlôes ! fürbaz darf niemen vrâgen des: ez enwart nie mánlîcher zuht geboren : der wâren milte fruht ûz dîme herzen blüete. 990 995 1000 1005 1010 1015 986 es bezieht sich auf site. — 987 Averre, Auvergne. — 988 dir werre, dich verdrießst, bekümmert. — 990 rîterlichen ist nicht Adj., da ende auch stm. ist. — kôs von kiesen, schmecken, kosten; ende kiesen, sterben. — 993 ge- selle, Gefährte, Genosse. — 994 herzenlîche adv., aus dem Herzen kom- mend, herzlich. — 995 die breite obere Seite des Schildes; unten war der- selbe spitz (II, 643). — 996 geleite stn., Leitung, Begleitung: entsprechend dem Jammer, der sie geleitet. — 999 in dieser Weise ziehen sie zu Tur- nieren. — 1002 nâch minnen, um Minne zu erlangen. 1003 bruoder gen. unflect. wie vater; I, 125. — 1004 ander, zweite; vgl. 973. — 1006 dasselbe Bild mit Bezug auf sein Wappenschild schon I, 419 fg. — 1007 ergrifen, erfassen, packen : mit Bezug auf den den Boden — 1008 sich abe tuon mit gen., etwas ablegen. — packenden Anker. 1009 seine Trauer legte ihm bei, gab ihm harten Kummer. — 1012 fürbaz, fernerhin. — des, darnach, nämlich wo es manlîcher zuht gegeben: sie hat nie existiert. — 1013 manlîcher ist compar.: zu ergänzen als die deine. — 1015 blüete præt. von blüejen, blühen. —
Strana 103
GAHMURET UND HERZELOIDE. 103 93 nu erbarmet mich dîn güete.» er sprach ze Káylétte «wie gehábet sich Schôétte, mîn muoter fröuden arme?"» « sô daz ez got erbarme. dô ir erstárp Gándîn und Gâlôes der bruoder dîn, unt dô sie dîn bî ir niht sach, der tôt ouch ir daz herze brach.» dô sprach der künec Hardiz «nu kêrt an manheit iuwern vliz. ob ir manheit kunnet tragen, sô sult ir leit ze mâzen klagen.» sîn kumber leider was ze grôz: ein güsse in von den ougen vlôz. er schuof den ritern ir gemach, und gienc da er sîne kameren sach, ein kleine gezelt von samît. die naht er dolte jâmers zît. Als der ander tac erschein, sie wurden alle des enein, die innern und daz ûzer her, swer dâ mit striteclîcher wer ware, júnc óder alt, oder bloede oder balt, dine solden tjóstieren niht. dô schein der mitte morgen lieht. sie wârn mit strite sô verriben unt d'ors mit sporen alsô vertriben, daz die vrechen rîterschaft ie dennoch twanc der müede kraft. diu künegin reit dô selbe 1020 1025 1030 1035 1040 1045 1016 erbarmen mit nom. der Sache, acc. der Person, erbarmen, dauern, ruhren. — 1018 sich gehaben swv., sich benehmen, sich befinden. — 1021 Gandin, ihr Gemahl, Gahmuret’s Vater. — 1023 dîn niht, nichts von dir, dich nicht. — 1026 nun strebt danach euch mannhaft zu zeigen. — 1028 ze mâzen (dat. pl.), in massvoller Weise. — 1030 güsse (zu I, 749), Wasserschwall; Thränenstrom. — 1031 ir gemach, ihre Bequemlichkeit, Ruhe; sorgte für ihre Nachtruhe. 1038 strîteclîch adj., zum Kampfe dienlich. — mit, versehen mit. — 1040 blœde adj., schwach, zaghaft. — 1041 die entspricht dem collectiven swer. — 1043 verriben stv., aufreiben. — 1044 vertrîben, übermassig treiben. — 1046 ie dennoch, immer noch. — müede stf., Müdigkeit, Ermüdung.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 103 93 nu erbarmet mich dîn güete.» er sprach ze Káylétte «wie gehábet sich Schôétte, mîn muoter fröuden arme?"» « sô daz ez got erbarme. dô ir erstárp Gándîn und Gâlôes der bruoder dîn, unt dô sie dîn bî ir niht sach, der tôt ouch ir daz herze brach.» dô sprach der künec Hardiz «nu kêrt an manheit iuwern vliz. ob ir manheit kunnet tragen, sô sult ir leit ze mâzen klagen.» sîn kumber leider was ze grôz: ein güsse in von den ougen vlôz. er schuof den ritern ir gemach, und gienc da er sîne kameren sach, ein kleine gezelt von samît. die naht er dolte jâmers zît. Als der ander tac erschein, sie wurden alle des enein, die innern und daz ûzer her, swer dâ mit striteclîcher wer ware, júnc óder alt, oder bloede oder balt, dine solden tjóstieren niht. dô schein der mitte morgen lieht. sie wârn mit strite sô verriben unt d'ors mit sporen alsô vertriben, daz die vrechen rîterschaft ie dennoch twanc der müede kraft. diu künegin reit dô selbe 1020 1025 1030 1035 1040 1045 1016 erbarmen mit nom. der Sache, acc. der Person, erbarmen, dauern, ruhren. — 1018 sich gehaben swv., sich benehmen, sich befinden. — 1021 Gandin, ihr Gemahl, Gahmuret’s Vater. — 1023 dîn niht, nichts von dir, dich nicht. — 1026 nun strebt danach euch mannhaft zu zeigen. — 1028 ze mâzen (dat. pl.), in massvoller Weise. — 1030 güsse (zu I, 749), Wasserschwall; Thränenstrom. — 1031 ir gemach, ihre Bequemlichkeit, Ruhe; sorgte für ihre Nachtruhe. 1038 strîteclîch adj., zum Kampfe dienlich. — mit, versehen mit. — 1040 blœde adj., schwach, zaghaft. — 1041 die entspricht dem collectiven swer. — 1043 verriben stv., aufreiben. — 1044 vertrîben, übermassig treiben. — 1046 ie dennoch, immer noch. — müede stf., Müdigkeit, Ermüdung.
Strana 104
104 ZWEITES BUCH. 94 nâch den wérden hin ze velde, und brâht' sie mit ir in die stat. die besten sie dort inne bat daz sie zer Lêôplâne riten. dane wart ir bete niht vermiten: sie kômen dâ man messe sanc dem trûrigen künec von Zazamanc. als der bendiz wart getân, dô kom frou Herzeloyde sân. an Gahmuretes lip sie sprach: sie gerte als ir diu volge jach. dô sprach er «frouwe, ich hân ein wîp : diu ist mir lieber dan der lip. ob ich der âne ware, dennóch wess' ich ein mæere, dâ mite ich iu enbræste gar, næm' iemen mînes rehtes war.» 1050 1055 1060 «Ir sult die Méerinne lân durch mîne minne. des toufes segen hât bezzer kraft. nu ânet iuch der heidenschaft, und minnet mich nâch unser ê: wan mir’st nâch iuwerr minne wê. odr sol mir gein iu schade sîn der Franzoyser künegîn? der boten sprâchen süeziu wort, sie spiltn ir mæere unz an den ort.» «ja diu ist min wâriu frouwe. ich brâhte in Anschouwe 1070 1075 1065 1048 nâch, um zu holen. — 1049 mit ir, mit sich. — 1050 dort inne, dort in der Stadt. — die besten, die Vornehmsten. — 1053 dâ = dar dâ, dorthin wo. — 1055 bendiz stm., der Segen, am Schlusse der Messe. — 1057 spre- chen an mit acc., Ansprüche machen auf etwas oder jemand. — 1058 als, wie es, = relat. was. — volge, rechtliche Abstimmung: eigentlich das Bei- stimmen der Schöffen zu dem Ausspruche des Richters. — 1061 der, deren: auf wîp (dem Sinne nach) bezüglich. — âne, ledig. — 1062 dennoch, auch hier nicht unser : dennoch, sondern: auch dann noch. — ein mœre, etwas. — 1063 enbresten stv., entgehen, entkommen. 1068 sich ânen mit gen., sich entäußern, sich lossagen. — der heiden- schaft, von dem heidnischen Volke, von der Heidin. — 1071 schade wesen. schädlich sein, zum Schaden gereichen. — 1073 der, deren. — 1074 spiln, spielen, treiben. — unz an den ort, bis ans Ende, zu Ende. — 1075 diu, der Franzosen Königin. — 1076 in, nach. Aus Frankreich, wo er ihr ge- dient hatte, heim. —
104 ZWEITES BUCH. 94 nâch den wérden hin ze velde, und brâht' sie mit ir in die stat. die besten sie dort inne bat daz sie zer Lêôplâne riten. dane wart ir bete niht vermiten: sie kômen dâ man messe sanc dem trûrigen künec von Zazamanc. als der bendiz wart getân, dô kom frou Herzeloyde sân. an Gahmuretes lip sie sprach: sie gerte als ir diu volge jach. dô sprach er «frouwe, ich hân ein wîp : diu ist mir lieber dan der lip. ob ich der âne ware, dennóch wess' ich ein mæere, dâ mite ich iu enbræste gar, næm' iemen mînes rehtes war.» 1050 1055 1060 «Ir sult die Méerinne lân durch mîne minne. des toufes segen hât bezzer kraft. nu ânet iuch der heidenschaft, und minnet mich nâch unser ê: wan mir’st nâch iuwerr minne wê. odr sol mir gein iu schade sîn der Franzoyser künegîn? der boten sprâchen süeziu wort, sie spiltn ir mæere unz an den ort.» «ja diu ist min wâriu frouwe. ich brâhte in Anschouwe 1070 1075 1065 1048 nâch, um zu holen. — 1049 mit ir, mit sich. — 1050 dort inne, dort in der Stadt. — die besten, die Vornehmsten. — 1053 dâ = dar dâ, dorthin wo. — 1055 bendiz stm., der Segen, am Schlusse der Messe. — 1057 spre- chen an mit acc., Ansprüche machen auf etwas oder jemand. — 1058 als, wie es, = relat. was. — volge, rechtliche Abstimmung: eigentlich das Bei- stimmen der Schöffen zu dem Ausspruche des Richters. — 1061 der, deren: auf wîp (dem Sinne nach) bezüglich. — âne, ledig. — 1062 dennoch, auch hier nicht unser : dennoch, sondern: auch dann noch. — ein mœre, etwas. — 1063 enbresten stv., entgehen, entkommen. 1068 sich ânen mit gen., sich entäußern, sich lossagen. — der heiden- schaft, von dem heidnischen Volke, von der Heidin. — 1071 schade wesen. schädlich sein, zum Schaden gereichen. — 1073 der, deren. — 1074 spiln, spielen, treiben. — unz an den ort, bis ans Ende, zu Ende. — 1075 diu, der Franzosen Königin. — 1076 in, nach. Aus Frankreich, wo er ihr ge- dient hatte, heim. —
Strana 105
GAHMURET UND HERZELOIDE. 105 ir rât und mîner zühte site : mir wonet noch hiute ir helfe mite, dâ von daz mich mîn frouwe zôch, die wibes missewende ie flôch. wir wâren kinder beidiu dô, unt doch ze sehene ein ander vrô. diu küneginne Anphlise wont an wîplîchem prîse. 95 mir gap diu gehiure vom lant die besten stiure : (ich was dô ermer denne nu) dâ greif ich willeclîchen zuo. zelt mich noch für die armen. ich solte iuch, frouwe, erbarmen : mir ist mîn werder bruoder tôt. durch iuwer zuht lât mich ân’ nôt. kêrt minne dâ diu froude si: wan mir wont niht wan jâmer bî.» «lât mich den lip niht langer zern: sagt an, wâ mite welt ir iuch wern?" «ich sage nâch iwerre frâge ger. ez wart ein túrnéy dâ her gesprochen: des enwart hie niht. manec geziuc mir des giht.» «den hât ein vesperîe erlemet. die vrechen sint sô hie gezemet, daz der túrnéy dervon verdarp.» «iuwerr stete were ich warp mit den die’z guot hie hânt getân. ir sult mich nôtréde erlân: 1080 1085 1090 1095 1100 1105 1077 mîner zühte site, mein wohlanständiges Benehmen, zu dem sie mir verholfen hatte. — 1078 mite wonen, beiwohnen, bei jemand (dat.) sein. — 1079 dâ von, dadurch. — ziehen stv., groſ ziehen, erziehen. — 1080 die ist Obj., missewende Subj. — 1084 wonen an, ausharren bei, festhalten an. — 1086 stiure stf., Unterstützung: sie unterstützte mich aus den Einkünften ihres Landes. — 1087 dô, damals. — 1088 willeclîchen adv., mit geneigtem Willen, eifrig. — 1089 zeln swv., betrachten; für, als: rechnet mich noch unter die Armen. — 1090 erbarmen, hier persönlich gebraucht. — 1092 ân’ nôt, ohne Bedrängniss, unbehelligt. — 1093 richtet euere Minne dorthin wo. — 1095 zern swv., verbrauchen, hinbringen; vgl. II, 857. — 1097 wie euere Frage es verlangt. — 1099 aus dem ist hier nichts geworden. — 1100 giht 3. præes. von jehen, einräumen, zugestehen. — 1101 erlemen swv., lähmen, lahm legen. — 1102 zemen swv., zahm machen. — 1103 verderben stv., zu nichte werden. — 1104 stete gen. von stat, Stadt. — were, wer, Vertheidigung. — warp, betrieb. — 1106 nôtrede stf., erzwungene Rede, die man ungern thut. — erlan mit acc. und gen., einem etwas erlassen, einen eines Dinges überheben. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 105 ir rât und mîner zühte site : mir wonet noch hiute ir helfe mite, dâ von daz mich mîn frouwe zôch, die wibes missewende ie flôch. wir wâren kinder beidiu dô, unt doch ze sehene ein ander vrô. diu küneginne Anphlise wont an wîplîchem prîse. 95 mir gap diu gehiure vom lant die besten stiure : (ich was dô ermer denne nu) dâ greif ich willeclîchen zuo. zelt mich noch für die armen. ich solte iuch, frouwe, erbarmen : mir ist mîn werder bruoder tôt. durch iuwer zuht lât mich ân’ nôt. kêrt minne dâ diu froude si: wan mir wont niht wan jâmer bî.» «lât mich den lip niht langer zern: sagt an, wâ mite welt ir iuch wern?" «ich sage nâch iwerre frâge ger. ez wart ein túrnéy dâ her gesprochen: des enwart hie niht. manec geziuc mir des giht.» «den hât ein vesperîe erlemet. die vrechen sint sô hie gezemet, daz der túrnéy dervon verdarp.» «iuwerr stete were ich warp mit den die’z guot hie hânt getân. ir sult mich nôtréde erlân: 1080 1085 1090 1095 1100 1105 1077 mîner zühte site, mein wohlanständiges Benehmen, zu dem sie mir verholfen hatte. — 1078 mite wonen, beiwohnen, bei jemand (dat.) sein. — 1079 dâ von, dadurch. — ziehen stv., groſ ziehen, erziehen. — 1080 die ist Obj., missewende Subj. — 1084 wonen an, ausharren bei, festhalten an. — 1086 stiure stf., Unterstützung: sie unterstützte mich aus den Einkünften ihres Landes. — 1087 dô, damals. — 1088 willeclîchen adv., mit geneigtem Willen, eifrig. — 1089 zeln swv., betrachten; für, als: rechnet mich noch unter die Armen. — 1090 erbarmen, hier persönlich gebraucht. — 1092 ân’ nôt, ohne Bedrängniss, unbehelligt. — 1093 richtet euere Minne dorthin wo. — 1095 zern swv., verbrauchen, hinbringen; vgl. II, 857. — 1097 wie euere Frage es verlangt. — 1099 aus dem ist hier nichts geworden. — 1100 giht 3. præes. von jehen, einräumen, zugestehen. — 1101 erlemen swv., lähmen, lahm legen. — 1102 zemen swv., zahm machen. — 1103 verderben stv., zu nichte werden. — 1104 stete gen. von stat, Stadt. — were, wer, Vertheidigung. — warp, betrieb. — 1106 nôtrede stf., erzwungene Rede, die man ungern thut. — erlan mit acc. und gen., einem etwas erlassen, einen eines Dinges überheben. —
Strana 106
106 ZWEITES BUCH. ez tet hie manec rîter baz. iuwer reht ist gein mir laz; niwan iwer gemeiner gruoz, ob ich den von iu haben muoz.» 1110 Als mir diu âventiure saget, dô nam der rîter und diu maget einen rihtære über der frouwen klage. dô nâhet' ez dem mitten tage. 96 man sprach ein úrtéil zehant, “swelch rîter helm hie uf gebant, der her nâch rîterschaft ist komen, hât er den prîs hie genomen, den sol diu küneginne hân.» dar nâch diu volge wart getân. dô sprach sie «hêrre, nu sît ir mîn. ich tuon iu dienst nâch hulden schin, und füege iu sölher frouden teil, daz ir nâch jâmer werdet geil.» er hete iedoch von jâmer pîn. dô was des aberillen schîn zergangen, dar nâch komen was kurz kleine grüene gras. daz velt was gar vergrüenet; daz ploediu herze küenet und in gît hôchgemüete. vil boume stuont in blüete von dem süezen luft des maien. sîn art von der feien muose minnen oder minne gern. des wolde in friundin dâ gewern. 1115 1120 1125 1130 1135 1107 kämpfte tapferer als ich; vgl. zu I, 1369. — 1108 laz adj., matt; so- viel als: nicht vorhanden. — 1109 gemeine, allgemein, der jedem zu Theil wird: nur das kommt mir zu; im Gegensatz zu dem sunder gruoz. — 1110 muoz, darf. 1116 ûf binden, den helm, aufsetzen: der Helm wurde mit dem helm- bant befestigt. — 1118 genomen, errungen. — 1120 dem entsprechend ge- schah die Beistimmung der Schöffen, der Beisitzer des Gerichts. Der Richter (1113) hatte das Urtheil (1116—19) gefällt. — 1122 nàch hulden, um euere Huld zu erringen. — 1123 füegen, ermöglichen, verschaffen. — teil. Antheil, Besitz. — 1126 aberille swm., April. — 1129 vergrüenen swv., über und über grün machen; pass. grün werden. — 1130 daz, was, etwas das. — küenen swv., kühn machen. — 1131 hôchgemüete stn., hohes Streben, erhöhte Stimmung. — 1132 buome ist gen. pl. von vil abhängig. — blüete dat. von bluot stf., Blüte. — 1134 sîn, Gahmuret's Abstammung von einer Fee. Die erwachende Natur erweckt in seiner Seele den schaffenden Trieb. — 1136 das (die Minne) wollte ihm eine Geliebte da gewähren. —
106 ZWEITES BUCH. ez tet hie manec rîter baz. iuwer reht ist gein mir laz; niwan iwer gemeiner gruoz, ob ich den von iu haben muoz.» 1110 Als mir diu âventiure saget, dô nam der rîter und diu maget einen rihtære über der frouwen klage. dô nâhet' ez dem mitten tage. 96 man sprach ein úrtéil zehant, “swelch rîter helm hie uf gebant, der her nâch rîterschaft ist komen, hât er den prîs hie genomen, den sol diu küneginne hân.» dar nâch diu volge wart getân. dô sprach sie «hêrre, nu sît ir mîn. ich tuon iu dienst nâch hulden schin, und füege iu sölher frouden teil, daz ir nâch jâmer werdet geil.» er hete iedoch von jâmer pîn. dô was des aberillen schîn zergangen, dar nâch komen was kurz kleine grüene gras. daz velt was gar vergrüenet; daz ploediu herze küenet und in gît hôchgemüete. vil boume stuont in blüete von dem süezen luft des maien. sîn art von der feien muose minnen oder minne gern. des wolde in friundin dâ gewern. 1115 1120 1125 1130 1135 1107 kämpfte tapferer als ich; vgl. zu I, 1369. — 1108 laz adj., matt; so- viel als: nicht vorhanden. — 1109 gemeine, allgemein, der jedem zu Theil wird: nur das kommt mir zu; im Gegensatz zu dem sunder gruoz. — 1110 muoz, darf. 1116 ûf binden, den helm, aufsetzen: der Helm wurde mit dem helm- bant befestigt. — 1118 genomen, errungen. — 1120 dem entsprechend ge- schah die Beistimmung der Schöffen, der Beisitzer des Gerichts. Der Richter (1113) hatte das Urtheil (1116—19) gefällt. — 1122 nàch hulden, um euere Huld zu erringen. — 1123 füegen, ermöglichen, verschaffen. — teil. Antheil, Besitz. — 1126 aberille swm., April. — 1129 vergrüenen swv., über und über grün machen; pass. grün werden. — 1130 daz, was, etwas das. — küenen swv., kühn machen. — 1131 hôchgemüete stn., hohes Streben, erhöhte Stimmung. — 1132 buome ist gen. pl. von vil abhängig. — blüete dat. von bluot stf., Blüte. — 1134 sîn, Gahmuret's Abstammung von einer Fee. Die erwachende Natur erweckt in seiner Seele den schaffenden Trieb. — 1136 das (die Minne) wollte ihm eine Geliebte da gewähren. —
Strana 107
GAHMURET UND HERZELOIDE. 107 97 an fron Hérzeloyden er dô sach: sîn süezer munt mit zühten sprach «frowe, sol ich mit iu genesen, sô lât mich âne huote wesen. wan verlât mich iemer jâmers kraft, sô tæte ich gerne rîterschaft. lât ir niht turnieren mich, sô kan ich noch den alten slich, als dô ich mînem wîbe entran, die ich ouch mit rîterschaft gewan. dô sie mich ûf von strîte bant, ich liez ir liute unde lant.» si sprach «hêrre, nemet iu selbe ein zil: ich lâze iu iuwers willen vil.» «ich wil frúmen noch vil der sper enzwei: aller mânedglîch ein túrnéi, des sult ir, frouwe, ruochen, daz ich den müeze suochen.» diz lobete sie, wart mir gesaget: er enphienc diu lant unt och die maget. Disiu driu junchêrrelîn Anpflîsén der künegin hie stuonden, und ir kappelân, dâ volge und urteil wart getân, aldâ er'z hôrte unde sach. heinlîche er Gahmureten sprach. «man tet mîner frouwen kunt daz ir vor Pâtelamunt den hoehsten pris behieltet unt dâ zweir krône wieltet. sie hât ouch lant unde muot, und gît iu lîp unde guot.» 1140 1145 1150 1155 1160 1165 1139 soll ich mit euch durchkommen, mit euch leben. — 1141 verlân, fahren lassen, loslassen. — iemer, jemals, je in Zukunft (aus ie mér). — 1144 kan, verstehe mich auf. — 1145 wie damals als. — 1147 ûf bant, vgl. zu 1I, 962. — 1149 bestimmt selbst darüber. — 1152 mânedglîch aus mânede gelîch; gelich, jeder einzelne, jeder (hier acc. der Zeit); mânede gen. pl. von mânet, Monat: in jedem aller Monate. — 1153 ruochen mit gen, ge- nehmigen. 1157 vgl. II, 517. 861. — 1161 er, der Kaplan. In seiner Gegenwart geschah die Entscheidung. — 1166 walten mit gen., herrschen über. — krône für krônen (gen. pl.). — 1167 so gut ihr durch den Besitz von Bela- kanens Landen euch fesseln liefset, könnt ihr es auch bei ihr thun. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 107 97 an fron Hérzeloyden er dô sach: sîn süezer munt mit zühten sprach «frowe, sol ich mit iu genesen, sô lât mich âne huote wesen. wan verlât mich iemer jâmers kraft, sô tæte ich gerne rîterschaft. lât ir niht turnieren mich, sô kan ich noch den alten slich, als dô ich mînem wîbe entran, die ich ouch mit rîterschaft gewan. dô sie mich ûf von strîte bant, ich liez ir liute unde lant.» si sprach «hêrre, nemet iu selbe ein zil: ich lâze iu iuwers willen vil.» «ich wil frúmen noch vil der sper enzwei: aller mânedglîch ein túrnéi, des sult ir, frouwe, ruochen, daz ich den müeze suochen.» diz lobete sie, wart mir gesaget: er enphienc diu lant unt och die maget. Disiu driu junchêrrelîn Anpflîsén der künegin hie stuonden, und ir kappelân, dâ volge und urteil wart getân, aldâ er'z hôrte unde sach. heinlîche er Gahmureten sprach. «man tet mîner frouwen kunt daz ir vor Pâtelamunt den hoehsten pris behieltet unt dâ zweir krône wieltet. sie hât ouch lant unde muot, und gît iu lîp unde guot.» 1140 1145 1150 1155 1160 1165 1139 soll ich mit euch durchkommen, mit euch leben. — 1141 verlân, fahren lassen, loslassen. — iemer, jemals, je in Zukunft (aus ie mér). — 1144 kan, verstehe mich auf. — 1145 wie damals als. — 1147 ûf bant, vgl. zu 1I, 962. — 1149 bestimmt selbst darüber. — 1152 mânedglîch aus mânede gelîch; gelich, jeder einzelne, jeder (hier acc. der Zeit); mânede gen. pl. von mânet, Monat: in jedem aller Monate. — 1153 ruochen mit gen, ge- nehmigen. 1157 vgl. II, 517. 861. — 1161 er, der Kaplan. In seiner Gegenwart geschah die Entscheidung. — 1166 walten mit gen., herrschen über. — krône für krônen (gen. pl.). — 1167 so gut ihr durch den Besitz von Bela- kanens Landen euch fesseln liefset, könnt ihr es auch bei ihr thun. —
Strana 108
108 ZWEITES BUCH. «dô sie mir gap die rîterschaft, dô muose ich nâch der ordens kraft, als mir des schildes ambet saget, derbî beliben unverzaget. wan daz ich schilt von ir gewan, ez waer' noch anders ungetân. 98 ich werde’s trûric oder geil, mich behábet hie rîters úrtéil. vart wider, saget ir dienest min; ich süle iedoch ir rîter sîn. ob mir álle krône wæern bereit, ich hân nâch ir mîn hœhste leit.» er bôt in sîne grôze habe: sîner gébe tâten sie sich abe. die boten fuorn ze lande gar âne ir frouwen schande. sine gerten urloubes niht, als lîhte in zorne noch geschiht. ir knappen fürsten, disiu kint wârn von weinen vil nâch blínt. Die den schilt verkêrt dâ hânt getragen , den begúnde ir friwent ze vélde sagen «frou Herzeloyd' diu künegin hât behabet den Anschevîn.» «wer was von Anschouwe dâ? unser hêrre ist leider anderswá, durch rîters prîs zen Sarrazîn. daz ist nu unser hôhster pin.» «der hie den prîs hât bezalt und so mánegen rîter abe gevalt, 1175 1180 1185 1190 1195 1170 1169 als sie mich ins ritterliche Leben einführte. — 1170 nâch der kraft, wie unser: kraft. — ordens, der Bestimmungen, Satzungen des Ritter- thums. — 1171 schildes ambet, Schildes Amt, ritterlicher Stand, Ritterthum. — 1172 derbî, bei der Ritterschaft. — 1173 wan daz, wenn nicht. — 1174 un- getân, nicht geschehen. — 1175 werde ist conj., möge werden. — 1176 be- haben swv., festhalten. — 1177 kehrt zurück. — dienest min, bei nachfol- gendem Pron. poss. (im Gen.) wird der Artikel oft weggelassen. — 1179 bereit, bereit stehend, zur Verfügung. — 1180 leit stn., Sehnsucht. — hœhste schw. Form. — 1182 sie schlugen sie aus. — 1183 ze lande, heim. — 1185 sie verabschiedeten sich nicht. — 1187 knappen fürsten, jugendliche, noch nicht Ritter gewordene Fürsten. 1189 die von Anjou; vgl. II, 643. 975. — 1190 ir friwent, der Fürst aus Anjou, der II, 641 erwähnt war. — 1193 war denn hier jemand aus Anjou? — 1194 unser hêrre, Gahmuret. — 1195 zen = ze den, bei den. Sarrazín = Sarrasînen. —
108 ZWEITES BUCH. «dô sie mir gap die rîterschaft, dô muose ich nâch der ordens kraft, als mir des schildes ambet saget, derbî beliben unverzaget. wan daz ich schilt von ir gewan, ez waer' noch anders ungetân. 98 ich werde’s trûric oder geil, mich behábet hie rîters úrtéil. vart wider, saget ir dienest min; ich süle iedoch ir rîter sîn. ob mir álle krône wæern bereit, ich hân nâch ir mîn hœhste leit.» er bôt in sîne grôze habe: sîner gébe tâten sie sich abe. die boten fuorn ze lande gar âne ir frouwen schande. sine gerten urloubes niht, als lîhte in zorne noch geschiht. ir knappen fürsten, disiu kint wârn von weinen vil nâch blínt. Die den schilt verkêrt dâ hânt getragen , den begúnde ir friwent ze vélde sagen «frou Herzeloyd' diu künegin hât behabet den Anschevîn.» «wer was von Anschouwe dâ? unser hêrre ist leider anderswá, durch rîters prîs zen Sarrazîn. daz ist nu unser hôhster pin.» «der hie den prîs hât bezalt und so mánegen rîter abe gevalt, 1175 1180 1185 1190 1195 1170 1169 als sie mich ins ritterliche Leben einführte. — 1170 nâch der kraft, wie unser: kraft. — ordens, der Bestimmungen, Satzungen des Ritter- thums. — 1171 schildes ambet, Schildes Amt, ritterlicher Stand, Ritterthum. — 1172 derbî, bei der Ritterschaft. — 1173 wan daz, wenn nicht. — 1174 un- getân, nicht geschehen. — 1175 werde ist conj., möge werden. — 1176 be- haben swv., festhalten. — 1177 kehrt zurück. — dienest min, bei nachfol- gendem Pron. poss. (im Gen.) wird der Artikel oft weggelassen. — 1179 bereit, bereit stehend, zur Verfügung. — 1180 leit stn., Sehnsucht. — hœhste schw. Form. — 1182 sie schlugen sie aus. — 1183 ze lande, heim. — 1185 sie verabschiedeten sich nicht. — 1187 knappen fürsten, jugendliche, noch nicht Ritter gewordene Fürsten. 1189 die von Anjou; vgl. II, 643. 975. — 1190 ir friwent, der Fürst aus Anjou, der II, 641 erwähnt war. — 1193 war denn hier jemand aus Anjou? — 1194 unser hêrre, Gahmuret. — 1195 zen = ze den, bei den. Sarrazín = Sarrasînen. —
Strana 109
GAHMURET UND HERZELOIDE. 109 99 unt der sô stach unde sluoc, unt der den tiwern anker truoc uf dem hélme lieht gesteinet, daz ist den ir dâ meinet. mir saget der künec Kaylet, der Anschevîn war' Gahmuret. dem ist hie wol gelungen.» nâch den órsen sie dô sprungen. ir wât wart von den ougen naz, do si kômen dâ ir hêrre saz. sie enphiengen in, er'nphienc ouch sie. fröude und jâmer daz was hie. dô kuster die getriuwen, er sprach «iuch sol niht riuwen z'unmâzer wîs der bruoder mîn: ich mag iuch wol ergetzen sîn. kêrt úf den schilt nâch sîner art, gehabet iuch an der vröuden vart. ich sol mins vater wâpen tragen: sîn lant mîn anker hât beslagen. der anker ist ein recken zil: den trage und neme nu swer der wil. ich muoz nu lebelîche gebâren: ich bin rîche. wan solt’ ich volkes hêrre sîn ? den tæte wê der jâmer min. frou Herzeloyde, helfet mir, daz wir biten, ich unt ir, künege und fürsten die hie sîn, daz sie durch den dienest mîn belîben, unze ir mich gewert des minnen werc zer minnen gert.» die bete warb ir beider munt: die werden lobeten’z sâ ze stunt. 1205 1210 1215 1220 1225 1200 1230 1201 gesteinet, mit Edelsteinen geschmückt. — 1205 gelingen stv., unpersön- lich mit dat., Erfolg haben; wol, guten. — 1207 von den aus den Augen tropfenden Thränen. — 1212 riuwen stv., in Betrübniss versetzen. — 1213 ze, in. — unmâz adj. (von unmâze), maſslos. — 1215 kehrt den Schild wieder um wie er ursprünglich war. — 1216 gehaben refl., sich halten. — 1218 beslahen, schlagend erfassen, einschlagen in (acc.). — 1219 zil, Vor- bild, Symbol: eines wandernden Ritters. — 1220 der geschwächt aus dar, dár = dâ, verstärkend zu swer. — 1221 lebelîche adv., dem Leben entspre- chend. — 1228 um meiner Dienstwilligkeit willen. — 1229 gewern mit acc. und gen., jemand etwas gewähren. — 1230 minnen werc, die vollzogene, erfüllte Minne. — zer, bei der, von der. — minnen hier schw. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 109 99 unt der sô stach unde sluoc, unt der den tiwern anker truoc uf dem hélme lieht gesteinet, daz ist den ir dâ meinet. mir saget der künec Kaylet, der Anschevîn war' Gahmuret. dem ist hie wol gelungen.» nâch den órsen sie dô sprungen. ir wât wart von den ougen naz, do si kômen dâ ir hêrre saz. sie enphiengen in, er'nphienc ouch sie. fröude und jâmer daz was hie. dô kuster die getriuwen, er sprach «iuch sol niht riuwen z'unmâzer wîs der bruoder mîn: ich mag iuch wol ergetzen sîn. kêrt úf den schilt nâch sîner art, gehabet iuch an der vröuden vart. ich sol mins vater wâpen tragen: sîn lant mîn anker hât beslagen. der anker ist ein recken zil: den trage und neme nu swer der wil. ich muoz nu lebelîche gebâren: ich bin rîche. wan solt’ ich volkes hêrre sîn ? den tæte wê der jâmer min. frou Herzeloyde, helfet mir, daz wir biten, ich unt ir, künege und fürsten die hie sîn, daz sie durch den dienest mîn belîben, unze ir mich gewert des minnen werc zer minnen gert.» die bete warb ir beider munt: die werden lobeten’z sâ ze stunt. 1205 1210 1215 1220 1225 1200 1230 1201 gesteinet, mit Edelsteinen geschmückt. — 1205 gelingen stv., unpersön- lich mit dat., Erfolg haben; wol, guten. — 1207 von den aus den Augen tropfenden Thränen. — 1212 riuwen stv., in Betrübniss versetzen. — 1213 ze, in. — unmâz adj. (von unmâze), maſslos. — 1215 kehrt den Schild wieder um wie er ursprünglich war. — 1216 gehaben refl., sich halten. — 1218 beslahen, schlagend erfassen, einschlagen in (acc.). — 1219 zil, Vor- bild, Symbol: eines wandernden Ritters. — 1220 der geschwächt aus dar, dár = dâ, verstärkend zu swer. — 1221 lebelîche adv., dem Leben entspre- chend. — 1228 um meiner Dienstwilligkeit willen. — 1229 gewern mit acc. und gen., jemand etwas gewähren. — 1230 minnen werc, die vollzogene, erfüllte Minne. — zer, bei der, von der. — minnen hier schw. —
Strana 110
110 ZWEITES BUCH. ieslîcher fuor an sîn gemach: diu künegin z'ir friunde sprach « nu habet iuch an mîne phlege.» sie wiste in héinlîche wege. sîner géste phlac man wol ze frumen. swar halt ir wirt ware kumen. daz gesinde wart gemeine: doch fuor er dan al eine, wán zwei júnchêrrelîn. juncfrouwen und diu künegîn in fuorten dâ er vröude vant und al sîn trûren gar verswant. éntschumphiert wart sîn riuwe und sîn hôhgemüete al niuwe : daz muose iedoch bî liebe sîn. frou Herzeloyd' diu künegîn ir magettuom dâ âne wart. die munde wâren ungespart: die begúnden sie mit küssen zeren und dem jâmer von den fröuden weren. Dar nâch er eine zuht begienc: sie wurden ledic, die'r dâ vienc. Hardîzen unde Kaylet, seht, die versuonde Gahmuret. da ergienc ein sölhiu hôhgeziht, swer der hât gelîchet sît, des hant iedoch gewaldes pflac. Gahmuret sich des bewac, sîn habe was vil ungespart. arâbesch golt geteilet wart armen rîtern al gemeine, unt den künegen edel gesteine 1240 1245 1250 1255 1260 100 1235 1235 habet iuch, haltet euch, vertraut euch (an = dat.). — 1237 frume swm., Nutzen; ze frumen, aufs beste. — 1238 wenn auch der Wirth nicht zur Stelle war. — 1239 gemeine, vereinigt, zusammengethan. — 1241 wan, aus- genommen; das al eine beschränkend. — 1247 das durfte dort wohl an der Seite der Geliebten der Fall sein. — 1249 magettuom, gewöhnlich magetuom (I, 791). — 1250 ungespart, ungeschont; vgl. I, 1261. 1303. — 1251 zeren. reichlich brauchen, anstrengen. — 1252 den Jammer von der Freude fern halten. 1253 that etwas was wohlanständig war, seiner feinen Bildung ent- sprach. — 1256 versüenen swv., versöhnen. — 1258 gelîchen swv., gleich machen, gleiches thun; der ist dat.: ein diesem Feste gleiches Fest ge- macht. —
110 ZWEITES BUCH. ieslîcher fuor an sîn gemach: diu künegin z'ir friunde sprach « nu habet iuch an mîne phlege.» sie wiste in héinlîche wege. sîner géste phlac man wol ze frumen. swar halt ir wirt ware kumen. daz gesinde wart gemeine: doch fuor er dan al eine, wán zwei júnchêrrelîn. juncfrouwen und diu künegîn in fuorten dâ er vröude vant und al sîn trûren gar verswant. éntschumphiert wart sîn riuwe und sîn hôhgemüete al niuwe : daz muose iedoch bî liebe sîn. frou Herzeloyd' diu künegîn ir magettuom dâ âne wart. die munde wâren ungespart: die begúnden sie mit küssen zeren und dem jâmer von den fröuden weren. Dar nâch er eine zuht begienc: sie wurden ledic, die'r dâ vienc. Hardîzen unde Kaylet, seht, die versuonde Gahmuret. da ergienc ein sölhiu hôhgeziht, swer der hât gelîchet sît, des hant iedoch gewaldes pflac. Gahmuret sich des bewac, sîn habe was vil ungespart. arâbesch golt geteilet wart armen rîtern al gemeine, unt den künegen edel gesteine 1240 1245 1250 1255 1260 100 1235 1235 habet iuch, haltet euch, vertraut euch (an = dat.). — 1237 frume swm., Nutzen; ze frumen, aufs beste. — 1238 wenn auch der Wirth nicht zur Stelle war. — 1239 gemeine, vereinigt, zusammengethan. — 1241 wan, aus- genommen; das al eine beschränkend. — 1247 das durfte dort wohl an der Seite der Geliebten der Fall sein. — 1249 magettuom, gewöhnlich magetuom (I, 791). — 1250 ungespart, ungeschont; vgl. I, 1261. 1303. — 1251 zeren. reichlich brauchen, anstrengen. — 1252 den Jammer von der Freude fern halten. 1253 that etwas was wohlanständig war, seiner feinen Bildung ent- sprach. — 1256 versüenen swv., versöhnen. — 1258 gelîchen swv., gleich machen, gleiches thun; der ist dat.: ein diesem Feste gleiches Fest ge- macht. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 111 1265 101 teilte Gahmuretes hant, und och swaz er dâ fürsten vant. dâ wart daz varnde volc vil geil: die enphiengen rîcher gâbe teil. lât si rîten, swer dâ geste sîn: den gáp urloup der Anschevîn. dez pantel, daz sîn vater truoc, von zóbele ûf sînen schilt man sluoc. al kleine wîz sîdîn ein hemede der künegin. als ez ruorte ir blôzen lip, diu nu worden was sîn wip, daz was sîns hálspérges dach. ahzéheniu máner durchstóchen sach und mit swerten gar zerhouwen, ê er schiede von der frouwen. daz leite ouch sie an blôze hût, sô kom von rîterschaft ir trût, der manegen schilt vil dürkel stach. ir zweier minne triuwen jach. Er hete werdekeit genuoc, do in sîn manlîch ellen truoc hin über gein der herte. mich jâmert sîner verte. im kom diu wâre botschaft, sîn hêrre der bâruc wæer’ mit kraft überríten vón den Babylôn. einer hiez Ipomidôn, der ander Pompeius. den nennet d'âventiure alsus. 102 daz was ein stolz werder man 1270 1275 1280 1285 1290 1295 1267 daz varnde volc, das wandernde Volk der Spielleute, die sich bei sol- chen Festen in Scharen einfanden. — 1269 geste ist gen., von swer ab- hängig: wer von Gästen auch. — 1271 pantel stn., Panther: das väterliche Wappen. — 1273 kleine, fein. — 1275 als, wie. — ruorte, berührt hatte : unmittelbar von ihrem Leibe genommen. — 1277 wurde über den Panzer gezogen. — 1278 maner = man ir, man ihrer: solcher Hemden. — 1281 daz, das so zerstochene Hemde. — ouch, andererseits. — 1284 gab Treue zu erkennen, bekundete Treue. 1287 hin über, übers Meer. — gein der herte, ernstem Kampfe ent- gegen; I, 103. — 1288 mich jâmert mit gen., mich schmerzt, betrübt. — verte gen. sing. von vart. — 1290 hêrre: weil er erst in seinem Dienste gestanden (I, 400). — kraft, Heeresmacht. — 1291 überrîten, mit Reiterei überziehen. — Babylôn, vgl. zu I, 393. — 1295 stolz unflect. Form: häufig das erste von zwei Adj. unflectiert. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 111 1265 101 teilte Gahmuretes hant, und och swaz er dâ fürsten vant. dâ wart daz varnde volc vil geil: die enphiengen rîcher gâbe teil. lât si rîten, swer dâ geste sîn: den gáp urloup der Anschevîn. dez pantel, daz sîn vater truoc, von zóbele ûf sînen schilt man sluoc. al kleine wîz sîdîn ein hemede der künegin. als ez ruorte ir blôzen lip, diu nu worden was sîn wip, daz was sîns hálspérges dach. ahzéheniu máner durchstóchen sach und mit swerten gar zerhouwen, ê er schiede von der frouwen. daz leite ouch sie an blôze hût, sô kom von rîterschaft ir trût, der manegen schilt vil dürkel stach. ir zweier minne triuwen jach. Er hete werdekeit genuoc, do in sîn manlîch ellen truoc hin über gein der herte. mich jâmert sîner verte. im kom diu wâre botschaft, sîn hêrre der bâruc wæer’ mit kraft überríten vón den Babylôn. einer hiez Ipomidôn, der ander Pompeius. den nennet d'âventiure alsus. 102 daz was ein stolz werder man 1270 1275 1280 1285 1290 1295 1267 daz varnde volc, das wandernde Volk der Spielleute, die sich bei sol- chen Festen in Scharen einfanden. — 1269 geste ist gen., von swer ab- hängig: wer von Gästen auch. — 1271 pantel stn., Panther: das väterliche Wappen. — 1273 kleine, fein. — 1275 als, wie. — ruorte, berührt hatte : unmittelbar von ihrem Leibe genommen. — 1277 wurde über den Panzer gezogen. — 1278 maner = man ir, man ihrer: solcher Hemden. — 1281 daz, das so zerstochene Hemde. — ouch, andererseits. — 1284 gab Treue zu erkennen, bekundete Treue. 1287 hin über, übers Meer. — gein der herte, ernstem Kampfe ent- gegen; I, 103. — 1288 mich jâmert mit gen., mich schmerzt, betrübt. — verte gen. sing. von vart. — 1290 hêrre: weil er erst in seinem Dienste gestanden (I, 400). — kraft, Heeresmacht. — 1291 überrîten, mit Reiterei überziehen. — Babylôn, vgl. zu I, 393. — 1295 stolz unflect. Form: häufig das erste von zwei Adj. unflectiert. —
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112 ZWEITES BUCH. (níht dér von Rôme entran Julîuse dâ bevor): der künec Nábchodónosor sîner muoter bruoder was, der an trügelîchen buochen las er solte selbe sîn ein got. daz wæere nu der liute spot. ir lip, ir guot was ungespart. die gebruoder wârn von hôher art, von Nînus, der gewaldes pflac ê wurde gestiftet Baldac. der selbe stifte ouch Ninnivê. in tet schade und laster wê: der jach der bâruc z'urboren. des wart gewunnen unt verloren genuoc ze bêden sîten: man sach tâ helde strîten. dô schifte er sich über mer, und vant den bârúc mit wer. mit fröuden er enphangen wart, swie mich jâmer sîner vart. 1300 1305 1310 1315 Waz tâ geschehe, wie'z dort ergê, gewin und flust, wie daz gestê, des'n weiz frou Herzeloyde niht. diu was als diu sunne lieht und hete minneclîchen lip. rîchéit bî jugende phlac daz wîp, und fröuden mêre dan ze vil: sie was gar obe dem wunsches zil. 103 sie kêrte ir herze an guote kunst: des bejágete sie der werelde gunst. frou Herzeloyd' diu künegin, 1320 1325 1297 dâ bevor, vor diesem, vormals. — 1300 trügelîch, trügerisch, lügenhaft. — buoch pl. diu buoch. — 1302 darüber würde man jetzt spotten. — 1308 es schmerzte sie der ihnen zugefügte Schaden und Schimpf: daſs man ihnen das einst ihren Vätern gehörige Land entrissen hatte. — 1309 der: Baldac und Ninive. — jehen ze mit gen., etwas—nennen. — urbor stn., zinstragen- der Grundbesitz. Diese nannte er sein Zinsgut, sein Eigenthum. — 1310 des, infolge dessen. — 1316 jâmer conj. præes. = jâmere. 1318 gestén intr., sich verhalten, sich stellen. — 1322 rîcheit ist gen., von phlac, besaß, hatte, abhängig. — bî, neben, soviel als: und. — 1324 sie übertraf das Höchste was man sich wünschen kann. — 1325 kunst, Ver- ständniss, Weisheit. — 1326 werlt, werelt stf., die Menschheit, die Menschen. —
112 ZWEITES BUCH. (níht dér von Rôme entran Julîuse dâ bevor): der künec Nábchodónosor sîner muoter bruoder was, der an trügelîchen buochen las er solte selbe sîn ein got. daz wæere nu der liute spot. ir lip, ir guot was ungespart. die gebruoder wârn von hôher art, von Nînus, der gewaldes pflac ê wurde gestiftet Baldac. der selbe stifte ouch Ninnivê. in tet schade und laster wê: der jach der bâruc z'urboren. des wart gewunnen unt verloren genuoc ze bêden sîten: man sach tâ helde strîten. dô schifte er sich über mer, und vant den bârúc mit wer. mit fröuden er enphangen wart, swie mich jâmer sîner vart. 1300 1305 1310 1315 Waz tâ geschehe, wie'z dort ergê, gewin und flust, wie daz gestê, des'n weiz frou Herzeloyde niht. diu was als diu sunne lieht und hete minneclîchen lip. rîchéit bî jugende phlac daz wîp, und fröuden mêre dan ze vil: sie was gar obe dem wunsches zil. 103 sie kêrte ir herze an guote kunst: des bejágete sie der werelde gunst. frou Herzeloyd' diu künegin, 1320 1325 1297 dâ bevor, vor diesem, vormals. — 1300 trügelîch, trügerisch, lügenhaft. — buoch pl. diu buoch. — 1302 darüber würde man jetzt spotten. — 1308 es schmerzte sie der ihnen zugefügte Schaden und Schimpf: daſs man ihnen das einst ihren Vätern gehörige Land entrissen hatte. — 1309 der: Baldac und Ninive. — jehen ze mit gen., etwas—nennen. — urbor stn., zinstragen- der Grundbesitz. Diese nannte er sein Zinsgut, sein Eigenthum. — 1310 des, infolge dessen. — 1316 jâmer conj. præes. = jâmere. 1318 gestén intr., sich verhalten, sich stellen. — 1322 rîcheit ist gen., von phlac, besaß, hatte, abhängig. — bî, neben, soviel als: und. — 1324 sie übertraf das Höchste was man sich wünschen kann. — 1325 kunst, Ver- ständniss, Weisheit. — 1326 werlt, werelt stf., die Menschheit, die Menschen. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 113 ir site an lobe vant gewin, ir kiusche was für prîs erkant. küneginne über dríu lánt, Wâléys und Anschóuwe, dar über was sie frouwe, sie truog ouch krôn’ ze Norgâls in der hóubetstat ze Kingrivâls. ir was ouch wol sô liep ir man, ob ie kein frouwe mêr gewan sô werden friunt, waz war ir daz? sie möhte'z lâzen âne haz. do er ûze bleip ein halbez jâr, sins komens warte sie für wâr: daz was ir lipgedinge. dô brast ir fröuden klinge mitten ime hefte enzwei. ôwê unde heiâ hei, daz güete alsölhen kumber treget und iemer triuwe jâmer reget! alsus vert diu mennischeit, hiute líep, mórgen leit. 1330 1335 1340 1345 104 Diu frouwe umb' einen mitten tac eins angestlîchen slâfes pflac. ir kom ein fórhtlîcher schric. sie dûhte wie ein sternen blic sie gein den lüften fuorte, dâ sie mit kreften ruorte manc fiurin donerstrâle. die flugen al zemâle 1350 1355 1328 ihr Benehmen wuchs an Lobe, gewann immer mehr Lob. — 1329 für pris erkant, als preiswürdig angesehen. — 1336 mêr mit ie zu verbinden: jemals (II, 1141). — 1337 was machte ihr das aus? — 1338 lazen ane haz, in Frieden, gern geschehen lassen. — 1340 warten mit gen., nach etwas ausschauen, auf etwas warten. — 1341 lipgedinge stn., das was zur Erhal- tung des Lebens als Einnahme festgesetzt wird. Davon lebte sie. — 1342 bresten stv., brechen. — 1344 heiâ hei, doppeltes hei mit verstärken- dem à (II, 318, 639), interj., hei, ach. — 1346 iemer, jemals, über- haupt, nicht: immer. — regen swv., in Bewegung setzen, erwecken. — 1347 mennischeit stf., Natur und Leben des Menschen. — 1348 liep stn., Freude. 1350 angestlich adj., Angst erregend, angstvoll. — 1351 forhtlich, Furcht erregend, furchtbar. — schric stm., Auffahren, Emporschrecken. — 1352 es kam ihr vor als wenn. — blic stm., Blitz, Glanz. — 1355 fiurîn adj., feurig. — donerstrâle stf., Donnerkeil, Donner- und Blitzstrahl. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 113 ir site an lobe vant gewin, ir kiusche was für prîs erkant. küneginne über dríu lánt, Wâléys und Anschóuwe, dar über was sie frouwe, sie truog ouch krôn’ ze Norgâls in der hóubetstat ze Kingrivâls. ir was ouch wol sô liep ir man, ob ie kein frouwe mêr gewan sô werden friunt, waz war ir daz? sie möhte'z lâzen âne haz. do er ûze bleip ein halbez jâr, sins komens warte sie für wâr: daz was ir lipgedinge. dô brast ir fröuden klinge mitten ime hefte enzwei. ôwê unde heiâ hei, daz güete alsölhen kumber treget und iemer triuwe jâmer reget! alsus vert diu mennischeit, hiute líep, mórgen leit. 1330 1335 1340 1345 104 Diu frouwe umb' einen mitten tac eins angestlîchen slâfes pflac. ir kom ein fórhtlîcher schric. sie dûhte wie ein sternen blic sie gein den lüften fuorte, dâ sie mit kreften ruorte manc fiurin donerstrâle. die flugen al zemâle 1350 1355 1328 ihr Benehmen wuchs an Lobe, gewann immer mehr Lob. — 1329 für pris erkant, als preiswürdig angesehen. — 1336 mêr mit ie zu verbinden: jemals (II, 1141). — 1337 was machte ihr das aus? — 1338 lazen ane haz, in Frieden, gern geschehen lassen. — 1340 warten mit gen., nach etwas ausschauen, auf etwas warten. — 1341 lipgedinge stn., das was zur Erhal- tung des Lebens als Einnahme festgesetzt wird. Davon lebte sie. — 1342 bresten stv., brechen. — 1344 heiâ hei, doppeltes hei mit verstärken- dem à (II, 318, 639), interj., hei, ach. — 1346 iemer, jemals, über- haupt, nicht: immer. — regen swv., in Bewegung setzen, erwecken. — 1347 mennischeit stf., Natur und Leben des Menschen. — 1348 liep stn., Freude. 1350 angestlich adj., Angst erregend, angstvoll. — 1351 forhtlich, Furcht erregend, furchtbar. — schric stm., Auffahren, Emporschrecken. — 1352 es kam ihr vor als wenn. — blic stm., Blitz, Glanz. — 1355 fiurîn adj., feurig. — donerstrâle stf., Donnerkeil, Donner- und Blitzstrahl. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
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114 ZWEITES BUCH. gein ir: dô sungelt' unde sanc von gänstérn ir zöphe lanc. mit krache gap der doner duz: brinnendige zähere was sîn guz. ir lîp sie dâ nâch wider vant, dô zucte ein grif ir zesewen hant: daz wart ir verkêrt hie mite. sie dûhte wunderlîcher site, wie si ware eins wurmes amme, der sît zerfuorte ir wamme, und wie ein trache ir brüste süge, und daz der gâhes von ir flüge, sô daz s'in niemer mêr gesach. daz herze er'r územ libe brach: die vorhte muose ir ougen sehen. ez ist sélten wibe mêr geschehen in slâfe kumber dem gelîch. dâ vor was sie rîterlîch: ah wênc, daz wirt verkêret gar, sie wirt nâch jâmer nu gevar. ir schade wirt lanc unde breit : ir nâhent kumendiu herzenleit. diu frouwe dô begunde, daz sie dâ vor niht kunde. beidiu zabeln und wuofen, in slâfe lûte ruofen. vil júncfrouwen sâzen hie: die sprungen dar und wacten sie. 1360 1365 1370 1375 1380 105 Dô kom geriten Tampanis. ir mannes meisterknappe wîs, 1385 1357 sungeln swv. (zu singen), knistern. — sinjen stv., zischen. — 1358 van- ster swf., aus ganeister, Funke. — 1359 duz (zu diezen) stm., Geräusch, Getöse. — 1360 brinnendic, vom Part. brinnende (vgl. II, 686), brennend ... guz, der das Wetter begleitende Regen. Sie weinte im Traume. — 1361 sie kam wieder zum Bewufitsein. — 1362 zese, flect. zesewer, zeswer adj., recht. Es packte und rifs sie etwas an der rechten Hand. — 1363 verkêrt, ver- wandelt: das Traumbild änderte sich. — 1364 es kam ihr eine wunderbare Art, ein wunderbares Ding vor. — 1365 wie wenn sie einen Drachen säugte. — wurm stm., Schlange, Drache. — 1366 serfüeren, zerreißen. — wamme stf. aus wambe, Bauch. — 1367 süge præt. conj. von sûgen stv., saugen. — 1370 er r = er ir. — 1371 vorhte, hier der Gegenstand der Furcht, das Furchtbare. — 1372 selten, selten; hier: niemals. — 1373 kumber. lastende Angst. — 1375 wênec, ursprünglich beweinenswerth: hier interj., leider. — 1378 kumendiu, künftige. — 1381 zabeln swv., hin- und herfahren, zappeln. — wuofen stv., jammern, wehklagen. — 1384 dar, dahin, herzu. — wacten rückumlautendes Præt. von wecken.
114 ZWEITES BUCH. gein ir: dô sungelt' unde sanc von gänstérn ir zöphe lanc. mit krache gap der doner duz: brinnendige zähere was sîn guz. ir lîp sie dâ nâch wider vant, dô zucte ein grif ir zesewen hant: daz wart ir verkêrt hie mite. sie dûhte wunderlîcher site, wie si ware eins wurmes amme, der sît zerfuorte ir wamme, und wie ein trache ir brüste süge, und daz der gâhes von ir flüge, sô daz s'in niemer mêr gesach. daz herze er'r územ libe brach: die vorhte muose ir ougen sehen. ez ist sélten wibe mêr geschehen in slâfe kumber dem gelîch. dâ vor was sie rîterlîch: ah wênc, daz wirt verkêret gar, sie wirt nâch jâmer nu gevar. ir schade wirt lanc unde breit : ir nâhent kumendiu herzenleit. diu frouwe dô begunde, daz sie dâ vor niht kunde. beidiu zabeln und wuofen, in slâfe lûte ruofen. vil júncfrouwen sâzen hie: die sprungen dar und wacten sie. 1360 1365 1370 1375 1380 105 Dô kom geriten Tampanis. ir mannes meisterknappe wîs, 1385 1357 sungeln swv. (zu singen), knistern. — sinjen stv., zischen. — 1358 van- ster swf., aus ganeister, Funke. — 1359 duz (zu diezen) stm., Geräusch, Getöse. — 1360 brinnendic, vom Part. brinnende (vgl. II, 686), brennend ... guz, der das Wetter begleitende Regen. Sie weinte im Traume. — 1361 sie kam wieder zum Bewufitsein. — 1362 zese, flect. zesewer, zeswer adj., recht. Es packte und rifs sie etwas an der rechten Hand. — 1363 verkêrt, ver- wandelt: das Traumbild änderte sich. — 1364 es kam ihr eine wunderbare Art, ein wunderbares Ding vor. — 1365 wie wenn sie einen Drachen säugte. — wurm stm., Schlange, Drache. — 1366 serfüeren, zerreißen. — wamme stf. aus wambe, Bauch. — 1367 süge præt. conj. von sûgen stv., saugen. — 1370 er r = er ir. — 1371 vorhte, hier der Gegenstand der Furcht, das Furchtbare. — 1372 selten, selten; hier: niemals. — 1373 kumber. lastende Angst. — 1375 wênec, ursprünglich beweinenswerth: hier interj., leider. — 1378 kumendiu, künftige. — 1381 zabeln swv., hin- und herfahren, zappeln. — wuofen stv., jammern, wehklagen. — 1384 dar, dahin, herzu. — wacten rückumlautendes Præt. von wecken.
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 115 106 und kleiner junchêrren vil. dâ giengez ûz der fröuden zil. die sageten klagende ir hêrren tôt: des kom frou Herzeloyde in nôt, sie viel hin unversunnen. die riter sprâchen «wie’st gewunnen min hêrre in sîme harnas, sô wol gewâpent sô er was?» swie den knáppen jâmer jagete, den helden er doch sagete «minen hêrren lebenes lenge vlôch. sîn härsenier von ime er zôch: des twanc in starkiu hitze. g'unêrtiu heidensch witze hât uns verstoln den helt guot. ein rîter hete bockes bluot genomen in ein langez glas: daz sluoger uf den adamas: dô wart er weicher danne ein swamp. den man noch mâlet für daz lamp, und ouch'z kriuze in sîne klân, den erbárme daz tâ wart getân. dô sie mit scharen z'ein ander riten, âvoy wie dâ wart gestriten ! des pârúckes riterschaft sih werte wol mit ellens kraft. vor Baldac ûfm' gevilde durchstochen wart vil schilde, dâ sie z'ein ander gâhten. die poynder sich tâ flâhten, sich wúrrén die bánier: dâ viel manec degen fier. aldâ worht’ mins hêrren hant 1390 1395 1400 1405 1410 1415 1388 zil stn., Grenze. — 1391 unversunnen (part. von versinnen) adj., ohne Besinnung. — 1392 die Ritter, die zugegen waren und die Kunde hörten. — gewinnen stv., überwinden. — 1397 er sollte kein langes Leben haben. — 1400 gunéret = geunêret part. præt., mit Schande überhäuft, ver- flucbt. — 1401 versteln stv., stehlen, rauben. — 1402 Bocksblut war nach mittelalterl. Glauben das einzige Mittel, die Härte des Diamanten zu brechen. — 1404 damit schlug er auf den Helm los. — 1405 swamp stm., Schwamm. — 1406 Christus. — für, in Gestalt von. — lamp stn., Lamm. — 1407 klâ hier swf.: der Acc. erklärt sich durch : in seine Klauen gelegt. — 1408 daz, dasjenige was. — 1409 z’ein ander, aufeinander los: vgl. 1415. — 1416 flâhten præt. pl. von dehten, verflechten, verwickeln; vgl. II, 315. — 1419 that dasjenige, solche Thaten, wodurch. — 8 *
GAHMURET UND HERZELOIDE. 115 106 und kleiner junchêrren vil. dâ giengez ûz der fröuden zil. die sageten klagende ir hêrren tôt: des kom frou Herzeloyde in nôt, sie viel hin unversunnen. die riter sprâchen «wie’st gewunnen min hêrre in sîme harnas, sô wol gewâpent sô er was?» swie den knáppen jâmer jagete, den helden er doch sagete «minen hêrren lebenes lenge vlôch. sîn härsenier von ime er zôch: des twanc in starkiu hitze. g'unêrtiu heidensch witze hât uns verstoln den helt guot. ein rîter hete bockes bluot genomen in ein langez glas: daz sluoger uf den adamas: dô wart er weicher danne ein swamp. den man noch mâlet für daz lamp, und ouch'z kriuze in sîne klân, den erbárme daz tâ wart getân. dô sie mit scharen z'ein ander riten, âvoy wie dâ wart gestriten ! des pârúckes riterschaft sih werte wol mit ellens kraft. vor Baldac ûfm' gevilde durchstochen wart vil schilde, dâ sie z'ein ander gâhten. die poynder sich tâ flâhten, sich wúrrén die bánier: dâ viel manec degen fier. aldâ worht’ mins hêrren hant 1390 1395 1400 1405 1410 1415 1388 zil stn., Grenze. — 1391 unversunnen (part. von versinnen) adj., ohne Besinnung. — 1392 die Ritter, die zugegen waren und die Kunde hörten. — gewinnen stv., überwinden. — 1397 er sollte kein langes Leben haben. — 1400 gunéret = geunêret part. præt., mit Schande überhäuft, ver- flucbt. — 1401 versteln stv., stehlen, rauben. — 1402 Bocksblut war nach mittelalterl. Glauben das einzige Mittel, die Härte des Diamanten zu brechen. — 1404 damit schlug er auf den Helm los. — 1405 swamp stm., Schwamm. — 1406 Christus. — für, in Gestalt von. — lamp stn., Lamm. — 1407 klâ hier swf.: der Acc. erklärt sich durch : in seine Klauen gelegt. — 1408 daz, dasjenige was. — 1409 z’ein ander, aufeinander los: vgl. 1415. — 1416 flâhten præt. pl. von dehten, verflechten, verwickeln; vgl. II, 315. — 1419 that dasjenige, solche Thaten, wodurch. — 8 *
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116 ZWEITES BUCH. 1420 dâ von ir aller prîs verswant. dô kom gevaren Ipomidôn: mit tôde er mîme hêrren lôn gap, daz er in nider stach da'z manec tûsent rîter sach. von Alexandrie mîn hêrre valsches vrîe gein dem künege kêrte, des tjost in sterben lêrte. sîn helm versneit des spers ort durch sîn houbet wart gebort, daz man den trúnzûn drinne vant. iedoch gesaz der wigant, al töwende er ûz dem strîte reit ûf eine plân, diu was breit. über in kóm sin kappelân. er sprach mit kurzen worten sân sîne bîhte und sande her diz hemede unt daz selbe sper daz in von uns gescheiden hât. er starp ân' alle missetât. junchêrren und die knappen sîn bevalh er der künegîn. 1425 1430 1435 1440 Er wart geleit ze Baldac. diu kost den bâruc ringe wac. 107 mit golde wart gehêret, grôz rîcheit dran gekêret mit edelem gesteine, dâ inne lît der reine. gebalsemt wart sîn junger rê. vor jâmer wart vil liuten wê. ein tiwer rúbîn ist der stein 1445 1450 1420 verswinden stv., zu nichte werden. — 1423 daz, dadurch daſs, indem. — 1425 von Alexandrîe ist mit dem künege zu verbinden. — 1426 vríe flect. in schw. Form: gewöhnlich in diesem Falle unflectiert. — 1429 ort gehört als gemeinsames Subject zu versneit und wart gebort. — 1431 trunzůn stm., Speerstück, Splitter, altfranz. tronçon. — 1432 gesitzen, sitzen bleiben (im Sattel). — 1435 über in: er war inzwischen vom Rosse gesunken und lag sterbend am Boden. Vgl. Nibel. 2066, 1. — 1436 er, Gahmuret. — 1441 die und sîn muſs auch zu juncherren ergänzt werden. 1443 geleit = geleitet, geführt, geschafft. — 1444 kost stf., Aufwand, Ausgaben. — 1445 das Subj. liegt in dâ inne, dasjenige, der Sarg, worin. — 1446 dran, darauf: ebenfalls auf dâ inne zu beziehen. — 1449 rê stm.. Leichnam. — 1450 vgl. Nibel. 1026, 4. —
116 ZWEITES BUCH. 1420 dâ von ir aller prîs verswant. dô kom gevaren Ipomidôn: mit tôde er mîme hêrren lôn gap, daz er in nider stach da'z manec tûsent rîter sach. von Alexandrie mîn hêrre valsches vrîe gein dem künege kêrte, des tjost in sterben lêrte. sîn helm versneit des spers ort durch sîn houbet wart gebort, daz man den trúnzûn drinne vant. iedoch gesaz der wigant, al töwende er ûz dem strîte reit ûf eine plân, diu was breit. über in kóm sin kappelân. er sprach mit kurzen worten sân sîne bîhte und sande her diz hemede unt daz selbe sper daz in von uns gescheiden hât. er starp ân' alle missetât. junchêrren und die knappen sîn bevalh er der künegîn. 1425 1430 1435 1440 Er wart geleit ze Baldac. diu kost den bâruc ringe wac. 107 mit golde wart gehêret, grôz rîcheit dran gekêret mit edelem gesteine, dâ inne lît der reine. gebalsemt wart sîn junger rê. vor jâmer wart vil liuten wê. ein tiwer rúbîn ist der stein 1445 1450 1420 verswinden stv., zu nichte werden. — 1423 daz, dadurch daſs, indem. — 1425 von Alexandrîe ist mit dem künege zu verbinden. — 1426 vríe flect. in schw. Form: gewöhnlich in diesem Falle unflectiert. — 1429 ort gehört als gemeinsames Subject zu versneit und wart gebort. — 1431 trunzůn stm., Speerstück, Splitter, altfranz. tronçon. — 1432 gesitzen, sitzen bleiben (im Sattel). — 1435 über in: er war inzwischen vom Rosse gesunken und lag sterbend am Boden. Vgl. Nibel. 2066, 1. — 1436 er, Gahmuret. — 1441 die und sîn muſs auch zu juncherren ergänzt werden. 1443 geleit = geleitet, geführt, geschafft. — 1444 kost stf., Aufwand, Ausgaben. — 1445 das Subj. liegt in dâ inne, dasjenige, der Sarg, worin. — 1446 dran, darauf: ebenfalls auf dâ inne zu beziehen. — 1449 rê stm.. Leichnam. — 1450 vgl. Nibel. 1026, 4. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 117 ob sîme grábe, dâ dúrch er schein. uns wart gevolget hie míte : ein kriuze nach der marter site, als uns Kristes tôt lôste, liez man stôzen ime ze trôste, ze scherm der sêle, über'z grap. der bârúc die koste gap: ez was ein tiwer smárât. wir tâten’z ân' der heiden rât : ir orden kan niht kriuzes phlegen, als Kristes tôt uns liez den segen. ez betent heiden sunder spot an in als an ir werden got, niht durch des kriuzes êre noch durch des toufes lêre, der zem úrteillîchen ende uns loesen sol gebende. diu mánlîche triuwe sîn gît im ze himele liehten schîn, und ouch sîn riuwic pîhte. der valsch was an im sîhte. In sînen helm, den adamas, ein epitafúm ergraben was, 108 versigelt uf'z kriuze obeme grabe. sús ságent die búochstábe. «Durch disen helm ein tjoste sluoc den wérdén der ellen truoc. Gahmuret was er genant, gewaldec künec über driu lant. ieglîchez im der krône jach: dâ giengen rîche fürsten nâch. 1455 1460 1465 1470 1475 1480 1452 er, der Leichnam, der Todte. — 1453 volgen, beistimmen, bewilligen. — hie mite, in Bezug auf das Folgende. — 1454 nach Art der Passion Christi; vgl. III, 1302. — 1455 als, soviel als: mit der; vgl. 1462. — 1456 stôzen, aufstecken, aufrichten. — 1457 scherm stm., Schirm, Schutz. — 1459 ez, das Kreuz. — 1461 ihre Religion kennt das Kreuz nicht. — 1463 beten an (præp.) einen, jemand anbeten. — 1464 in, Gahmuret. — 1467 urteillich adj., das Urtheil gebend, entscheidend: am jüngsten Tage. — der, der touf. — 1468 gebende stn., Banden, Fesseln. — 1470 ze himele, im Himmel. — 1471 riuwic, reuig. — pîhte = bîhte. — 1472 sîhte adj., seicht, gering = gar nicht vorhanden. 1474 epitafum stn., Epitaph, Grabschrift. — ergraben stv., eingraben. — 1475 versigeln, versiegeln, fest machen: der Helm nämlich. — obeme = ob deme. — 1482 dà giengen nâch, den Kronen folgten mächtige Fürsten: als Lehnsmannen. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 117 ob sîme grábe, dâ dúrch er schein. uns wart gevolget hie míte : ein kriuze nach der marter site, als uns Kristes tôt lôste, liez man stôzen ime ze trôste, ze scherm der sêle, über'z grap. der bârúc die koste gap: ez was ein tiwer smárât. wir tâten’z ân' der heiden rât : ir orden kan niht kriuzes phlegen, als Kristes tôt uns liez den segen. ez betent heiden sunder spot an in als an ir werden got, niht durch des kriuzes êre noch durch des toufes lêre, der zem úrteillîchen ende uns loesen sol gebende. diu mánlîche triuwe sîn gît im ze himele liehten schîn, und ouch sîn riuwic pîhte. der valsch was an im sîhte. In sînen helm, den adamas, ein epitafúm ergraben was, 108 versigelt uf'z kriuze obeme grabe. sús ságent die búochstábe. «Durch disen helm ein tjoste sluoc den wérdén der ellen truoc. Gahmuret was er genant, gewaldec künec über driu lant. ieglîchez im der krône jach: dâ giengen rîche fürsten nâch. 1455 1460 1465 1470 1475 1480 1452 er, der Leichnam, der Todte. — 1453 volgen, beistimmen, bewilligen. — hie mite, in Bezug auf das Folgende. — 1454 nach Art der Passion Christi; vgl. III, 1302. — 1455 als, soviel als: mit der; vgl. 1462. — 1456 stôzen, aufstecken, aufrichten. — 1457 scherm stm., Schirm, Schutz. — 1459 ez, das Kreuz. — 1461 ihre Religion kennt das Kreuz nicht. — 1463 beten an (præp.) einen, jemand anbeten. — 1464 in, Gahmuret. — 1467 urteillich adj., das Urtheil gebend, entscheidend: am jüngsten Tage. — der, der touf. — 1468 gebende stn., Banden, Fesseln. — 1470 ze himele, im Himmel. — 1471 riuwic, reuig. — pîhte = bîhte. — 1472 sîhte adj., seicht, gering = gar nicht vorhanden. 1474 epitafum stn., Epitaph, Grabschrift. — ergraben stv., eingraben. — 1475 versigeln, versiegeln, fest machen: der Helm nämlich. — obeme = ob deme. — 1482 dà giengen nâch, den Kronen folgten mächtige Fürsten: als Lehnsmannen. —
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118 ZWEITES BUCH. er was von Anschouwe erboren, und hât vor Báldác verloren den lip durch den bârúc. sîn prîs gap sô hôhen ruc, niemen reichet an sîn zil, swâ man noch rîter prüeven wil. er ist von muoter ungeboren, zuo dem sîn ellen habe gesworen: ich mein' der schildes ambet hât. helfe und mánlîchen rât gap er mit stæte friunden sîn: er leit durch wip vil schärphen pîn. er truoc den touf und kristen ê: sîn tôt tet Sarrazînen wê sunder liegen, daz ist wâr. sîner zît versunnenlîchiu jâr sîn ellen sô nâch prîse warp, mit rîterlîchem prîse er starp. er hete der valscheit an gesiget. nu wünscht im heiles, der hie liget.» 1485 1490 1495 1500 Diz was alsô der knappe jach. Wâleise man vil weinen sach. 109 die muosen wol von schulden klagen. die frouwe hêté getragen ein kint, daz in ir lîbe stiez, die man ân' helfe ligen liez. ahzéhen wochen hete gelebet des muoter mit dem tôde strebet, frou Herzeloyd' diu künegin. die andern heten kranken sin, 1505 1510 1485 durch, um—willen. — 1486 ruc stm., Aufrücken, Erhebung; etwa= zuc (I, 382). — gap, gab sich, hatte. — 1489 er, derjenige: es gibt niemand auf Erden. — 1490 swern mit zuo, sich mit jemand eidlich verbinden: dem solcher Muth, wie er ihn besafs, innig (wie durch einen Eid) verbunden. zugesellt gewesen wäre. — 1493 friunden sin, der Artikel fehlt; vgl. zu II, 1177. Nibel. 116, 1. — 1496 wiewohl er ein Christ war. — 1497 auf- richtig weh. — 1498 versunnenlîch adj., Selbstbewuß’tsein habend : die Jahre seines Lebens, seitdem er zum Bewußtsein, zu Verstande gelangt war, hindurch. — 1501 valscheit stf., Betrug, Treulosigkeit. 1505 schulde stf., Ursache, Grund; von schulden, mit gutem Grunde, mit Recht. — 1507 stiez, sich hin- und herbewegte. — 1508 sie war ohn- mächtig zusammengesunken: niemand dachte bei der allgemeinen Klage daran ihr zu helfen. — 1509 gelebet, Zeichen seines Lebens gegeben: nach der Hälfte der Schwangerschaft. — 1510 des, er, dessen. — streben, ringen. — 1512 waren nicht verständig. —
118 ZWEITES BUCH. er was von Anschouwe erboren, und hât vor Báldác verloren den lip durch den bârúc. sîn prîs gap sô hôhen ruc, niemen reichet an sîn zil, swâ man noch rîter prüeven wil. er ist von muoter ungeboren, zuo dem sîn ellen habe gesworen: ich mein' der schildes ambet hât. helfe und mánlîchen rât gap er mit stæte friunden sîn: er leit durch wip vil schärphen pîn. er truoc den touf und kristen ê: sîn tôt tet Sarrazînen wê sunder liegen, daz ist wâr. sîner zît versunnenlîchiu jâr sîn ellen sô nâch prîse warp, mit rîterlîchem prîse er starp. er hete der valscheit an gesiget. nu wünscht im heiles, der hie liget.» 1485 1490 1495 1500 Diz was alsô der knappe jach. Wâleise man vil weinen sach. 109 die muosen wol von schulden klagen. die frouwe hêté getragen ein kint, daz in ir lîbe stiez, die man ân' helfe ligen liez. ahzéhen wochen hete gelebet des muoter mit dem tôde strebet, frou Herzeloyd' diu künegin. die andern heten kranken sin, 1505 1510 1485 durch, um—willen. — 1486 ruc stm., Aufrücken, Erhebung; etwa= zuc (I, 382). — gap, gab sich, hatte. — 1489 er, derjenige: es gibt niemand auf Erden. — 1490 swern mit zuo, sich mit jemand eidlich verbinden: dem solcher Muth, wie er ihn besafs, innig (wie durch einen Eid) verbunden. zugesellt gewesen wäre. — 1493 friunden sin, der Artikel fehlt; vgl. zu II, 1177. Nibel. 116, 1. — 1496 wiewohl er ein Christ war. — 1497 auf- richtig weh. — 1498 versunnenlîch adj., Selbstbewuß’tsein habend : die Jahre seines Lebens, seitdem er zum Bewußtsein, zu Verstande gelangt war, hindurch. — 1501 valscheit stf., Betrug, Treulosigkeit. 1505 schulde stf., Ursache, Grund; von schulden, mit gutem Grunde, mit Recht. — 1507 stiez, sich hin- und herbewegte. — 1508 sie war ohn- mächtig zusammengesunken: niemand dachte bei der allgemeinen Klage daran ihr zu helfen. — 1509 gelebet, Zeichen seines Lebens gegeben: nach der Hälfte der Schwangerschaft. — 1510 des, er, dessen. — streben, ringen. — 1512 waren nicht verständig. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 119 110 daz si hulfen niht dem wibe : wan diu truoc in ir libe der aller rîter bluome wirt, obe in sterben hie verbirt. dô kom ein áltwîse man durch klage über die frouwen sân, dâ sie mit dem tôde ranc. die zene er’r von ein ander twanc: man gôz ir wazzer in den munt. aldâ wart ir versinnen kunt. sie sprach «ôwê war kom mîn trût?" diu frouwe in klagete über lût. «mînes herzen froude breit was Gahmuretes werdekeit. den nam mir sîn vrechiu ger. ich was vil júngér dan er, und bin sîn muoter und sîn wîp. ich trage alhie doch sînen lîp und sînes verhes sâmen. den gâben unde nâmen unser zweier minne. hât got getriuwe sinne, sô lâzer mir'n ze frühte komen. ich hân doch schaden ze vil genomen an mînem stolzen werden man. wie hât der tôt ze mir getân! er'nphienc nie wibes minnen teil, er’n ware al ir vröuden geil: in müete wîbes riuwe. daz riet sîn manlich triuwe : wand’ er was valsches lare.» nu hoert ein ander mære, waz diu frouwe dô begienc. kint und bûch sie z'ir gevienc 1520 1525 1530 1535 1540 1515 1545 1516 wenn er bei dieser Gelegenheit nicht stirbt. — 1517 altwîs, alterfahren. — 1518 um zu klagen, um ihr klagen zu helfen. — über, vgl. II, 1435. — 1522 versinnen stv., zum Bewußstsein kommen. — 1524 über lût (neutr. des Adj.) adv., vernehmlich. — 1525 fröude breit, groſše Freude. — 1527 ger, Streben, Eifer. — 1529 muoter : mit Bezug auf die beiden folgenden Zeilen. — 1531 verch stn., Leben. — sáme swm., Same. — 1532 den sc. sàmen. — 1535 in. den Samen: zur Frucht werden, reifen. — 1536 doch, ohnehin: also kann er mir das Kind wohl gönnen. — 1538 ze, an. — 1539 er, Gah- muret. — teil, Antheil. — 1540 er’n ware, ohne dafs er gewesen wäre. — 1541 müete præt. von müejen, bekümmern. — 1545 begên stv., ausführen, thun. — 1546 bûch stm., Bauch: fafste sie an sich. — gevienc præt. von gevâhen. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 119 110 daz si hulfen niht dem wibe : wan diu truoc in ir libe der aller rîter bluome wirt, obe in sterben hie verbirt. dô kom ein áltwîse man durch klage über die frouwen sân, dâ sie mit dem tôde ranc. die zene er’r von ein ander twanc: man gôz ir wazzer in den munt. aldâ wart ir versinnen kunt. sie sprach «ôwê war kom mîn trût?" diu frouwe in klagete über lût. «mînes herzen froude breit was Gahmuretes werdekeit. den nam mir sîn vrechiu ger. ich was vil júngér dan er, und bin sîn muoter und sîn wîp. ich trage alhie doch sînen lîp und sînes verhes sâmen. den gâben unde nâmen unser zweier minne. hât got getriuwe sinne, sô lâzer mir'n ze frühte komen. ich hân doch schaden ze vil genomen an mînem stolzen werden man. wie hât der tôt ze mir getân! er'nphienc nie wibes minnen teil, er’n ware al ir vröuden geil: in müete wîbes riuwe. daz riet sîn manlich triuwe : wand’ er was valsches lare.» nu hoert ein ander mære, waz diu frouwe dô begienc. kint und bûch sie z'ir gevienc 1520 1525 1530 1535 1540 1515 1545 1516 wenn er bei dieser Gelegenheit nicht stirbt. — 1517 altwîs, alterfahren. — 1518 um zu klagen, um ihr klagen zu helfen. — über, vgl. II, 1435. — 1522 versinnen stv., zum Bewußstsein kommen. — 1524 über lût (neutr. des Adj.) adv., vernehmlich. — 1525 fröude breit, groſše Freude. — 1527 ger, Streben, Eifer. — 1529 muoter : mit Bezug auf die beiden folgenden Zeilen. — 1531 verch stn., Leben. — sáme swm., Same. — 1532 den sc. sàmen. — 1535 in. den Samen: zur Frucht werden, reifen. — 1536 doch, ohnehin: also kann er mir das Kind wohl gönnen. — 1538 ze, an. — 1539 er, Gah- muret. — teil, Antheil. — 1540 er’n ware, ohne dafs er gewesen wäre. — 1541 müete præt. von müejen, bekümmern. — 1545 begên stv., ausführen, thun. — 1546 bûch stm., Bauch: fafste sie an sich. — gevienc præt. von gevâhen. —
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120 ZWEITES BUCH. mit armen und mit henden. sie sprach «mir sol got senden die werden fruht von Gahmurete. daz ist mînes herzen bete. got wende mich sô tumber nôt: daz war' Gahmúrets ander tôt, ob ich mich selben slüege, die wîle ich bî mir trüege daz ich von sîner minne enphienc, der mannes triuwe an mir begienc.» 1550 1555 111 Diu frouwe enruochte wer daz sach, daz hemede von der brust sie brach. ir brüstel linde unde wiz, dar an kêrte sie ir vlîz, sie dructe s' an ir rôten munt. sie tet wîplîche fuore kunt. alsus sprach diu wîse. «du bist káste eins kindes spîse: die hât ez vor im her gesant, sît ich'z lébendic inme lîbe vant. » diu frouwe ir willen dar an sach, daz diu spîse was ir herzen dach, diu milch in ir tüttelîn: die dructe drůz diu künegîn. sie sprach «du bist von triuwen komen. het’ ich des toufes niht genomen, du wærest wol mîns toufes zil. ich sol mich begiezen vil mit dir und mit den ougen, offenlîche und tougen : wande ich wil Gahmureten klagen.» 1560 1565 1570 1575 1551 wenden mit acc. und gen., verhindern an etwas: an so thörichter Weise mir zugefügter Noth, mit Bezug auf 1553. — 1552 ander, zweiter. — 1554 die wîle, während der Zeit (daſs), so lange. 1559 linde, weich; auch von Händen: II, 889. — 1562 tet kunt, zeigte, bewies. — 1563 wîse, die sich darauf verstand. — 1564 haste swm., Gefäl : davon zunächst spîse (gen.) abhängig. — 1565 vor im her, sich voraus : ehe es geboren wird. — 1566 seit ich's in meinem Leibe leben fühlte. — 1567 wille swm., Wille, Wunsch: sah ihren Wunsch darin erfüllt. — 1568 ihres Herzens Dach; über ihrem Herzen (in ihren Brüsten) war. — 1569 tüttelîn stn., demin. von tutte, weibliche Brust. — 1571 sie redet die Milch an. — triuwe, Wohlmeinenheit. — 1572 fg. wäre ich nicht schon getauft, mit dir könnte ich mich taufen. — 1573 zil, das wodurch man etwas erreicht. — 1575 ougen, mit meinen Thränen. —
120 ZWEITES BUCH. mit armen und mit henden. sie sprach «mir sol got senden die werden fruht von Gahmurete. daz ist mînes herzen bete. got wende mich sô tumber nôt: daz war' Gahmúrets ander tôt, ob ich mich selben slüege, die wîle ich bî mir trüege daz ich von sîner minne enphienc, der mannes triuwe an mir begienc.» 1550 1555 111 Diu frouwe enruochte wer daz sach, daz hemede von der brust sie brach. ir brüstel linde unde wiz, dar an kêrte sie ir vlîz, sie dructe s' an ir rôten munt. sie tet wîplîche fuore kunt. alsus sprach diu wîse. «du bist káste eins kindes spîse: die hât ez vor im her gesant, sît ich'z lébendic inme lîbe vant. » diu frouwe ir willen dar an sach, daz diu spîse was ir herzen dach, diu milch in ir tüttelîn: die dructe drůz diu künegîn. sie sprach «du bist von triuwen komen. het’ ich des toufes niht genomen, du wærest wol mîns toufes zil. ich sol mich begiezen vil mit dir und mit den ougen, offenlîche und tougen : wande ich wil Gahmureten klagen.» 1560 1565 1570 1575 1551 wenden mit acc. und gen., verhindern an etwas: an so thörichter Weise mir zugefügter Noth, mit Bezug auf 1553. — 1552 ander, zweiter. — 1554 die wîle, während der Zeit (daſs), so lange. 1559 linde, weich; auch von Händen: II, 889. — 1562 tet kunt, zeigte, bewies. — 1563 wîse, die sich darauf verstand. — 1564 haste swm., Gefäl : davon zunächst spîse (gen.) abhängig. — 1565 vor im her, sich voraus : ehe es geboren wird. — 1566 seit ich's in meinem Leibe leben fühlte. — 1567 wille swm., Wille, Wunsch: sah ihren Wunsch darin erfüllt. — 1568 ihres Herzens Dach; über ihrem Herzen (in ihren Brüsten) war. — 1569 tüttelîn stn., demin. von tutte, weibliche Brust. — 1571 sie redet die Milch an. — triuwe, Wohlmeinenheit. — 1572 fg. wäre ich nicht schon getauft, mit dir könnte ich mich taufen. — 1573 zil, das wodurch man etwas erreicht. — 1575 ougen, mit meinen Thränen. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 121 112 diu frouwe hiez dar nâher tragen ein hémedé nâch bluote var, dar inne an's pârúckes schar Gahmuret den lip verlôs, der wérlîchen ende kôs mit rehter manlîcher ger. diu frouwe vrâgte ouch nâch dem sper. daz Gahmurete gap den rê. Ipomidôn von Ninnivê gap alsus werlîchen lôn. der stolze werde Babylòn: daz hémede ein háder was von slegen. diu frouwe wolde’z an sich legen, als sie dâ vór héte getân, sô kom von rîterschaft ir man: dô nâmen si'z ir ûzer hant. die besten über al daz lant bestatten sper und ouch daz bluot ze münster, sô man tôten tuot. in Gahmuretes lande man jâmer dô bekande. 1580 1585 1590 1595 Dann' über den vierzéhenden tac diu frouwe eins kindelîns gelac, eins sunes, der sölher lide was daz sie vil kúme dran genas. hie’st der âventiure wurf gespilt, und ir begín ist gezilt: wand’ er ist álrêrst geboren, dem diz maere wart erkoren. sîns vater fröude und des nôt, 1600 1605 1578 dar nâher, näher herzu. — 1579 hemede: das mitgesendete (II, 1438). — 1582 werlichen ist Adj. zu ende; vgl. zu II, 990. — 1585 rê stm., Tod. — 1586 Ninnivé widerspricht bei der Verwirrung des Orients und Agyptens nicht der Auffassung von II, 1425. — 1587 werlîch, streitbar. — 1589 hader stm., zerrissenes Tuch, Lumpen. — von, durch, infolge von. — 1591 fg. vgl. II, 1281 fg. — 1596 ze münster, im Münster. — tôten kann dat. pl. (den Todten), aber auch acc. sing. (einen Todten) sein : in letzterem Falle steht tuot = bestatet, mit der Rection dieses Verbs. 1599 Dann', von da ab, für danne = dannen. 14 Tage nachher. — 1600 geligen stv. (ins Kindbett) niederkommen. — 1601 der so starke Glied- maſen hatte. — 1602 kůme adv., mit Mühe; vil kûme, mit großer Mühe. — dran genas, dabei am Leben blieb. — 1603 spiln, ausspielen: das Spiel ist eröffnet. — 1604 ziln, feststellen. — 1605 alrêrst, jetzt erst. — 1606 für den diese Erzählung erwählt, erfunden ward. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 121 112 diu frouwe hiez dar nâher tragen ein hémedé nâch bluote var, dar inne an's pârúckes schar Gahmuret den lip verlôs, der wérlîchen ende kôs mit rehter manlîcher ger. diu frouwe vrâgte ouch nâch dem sper. daz Gahmurete gap den rê. Ipomidôn von Ninnivê gap alsus werlîchen lôn. der stolze werde Babylòn: daz hémede ein háder was von slegen. diu frouwe wolde’z an sich legen, als sie dâ vór héte getân, sô kom von rîterschaft ir man: dô nâmen si'z ir ûzer hant. die besten über al daz lant bestatten sper und ouch daz bluot ze münster, sô man tôten tuot. in Gahmuretes lande man jâmer dô bekande. 1580 1585 1590 1595 Dann' über den vierzéhenden tac diu frouwe eins kindelîns gelac, eins sunes, der sölher lide was daz sie vil kúme dran genas. hie’st der âventiure wurf gespilt, und ir begín ist gezilt: wand’ er ist álrêrst geboren, dem diz maere wart erkoren. sîns vater fröude und des nôt, 1600 1605 1578 dar nâher, näher herzu. — 1579 hemede: das mitgesendete (II, 1438). — 1582 werlichen ist Adj. zu ende; vgl. zu II, 990. — 1585 rê stm., Tod. — 1586 Ninnivé widerspricht bei der Verwirrung des Orients und Agyptens nicht der Auffassung von II, 1425. — 1587 werlîch, streitbar. — 1589 hader stm., zerrissenes Tuch, Lumpen. — von, durch, infolge von. — 1591 fg. vgl. II, 1281 fg. — 1596 ze münster, im Münster. — tôten kann dat. pl. (den Todten), aber auch acc. sing. (einen Todten) sein : in letzterem Falle steht tuot = bestatet, mit der Rection dieses Verbs. 1599 Dann', von da ab, für danne = dannen. 14 Tage nachher. — 1600 geligen stv. (ins Kindbett) niederkommen. — 1601 der so starke Glied- maſen hatte. — 1602 kůme adv., mit Mühe; vil kûme, mit großer Mühe. — dran genas, dabei am Leben blieb. — 1603 spiln, ausspielen: das Spiel ist eröffnet. — 1604 ziln, feststellen. — 1605 alrêrst, jetzt erst. — 1606 für den diese Erzählung erwählt, erfunden ward. —
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122 ZWEITES BUCH. 113 beidìu sîn leben und sîn tôt, des habt ir wol ein teil vernomen. nu wizzet wâ von iu si komen diss mæres sachewalte, und wie man den behalte. man barg in vor rîterschaft, ê er koeme an sîner witze kraft. dô diu künegin sich versan und ir kindel wider z'ir gewan, sie und ander frouwen begunden enallenthalben schouwen zwischen beinn sîn visellîn. er muose vil getriutet sîn, do er hete manlîchiu lit. er wart mit swerten sît ein smit, vil fiwers er von helmen sluoc: sin herze manlîch ellen truoc. die künegîn des geluste daz s'in vil dicke kuste. sie sprach hinz' im in allen flîz «bon fîz, schêr fiz, bêâ fîz.» 1610 1615 1620 1625 Diu künegîn nam dô sunder twâl diu rôten välwelohten mâl: ich meine ir tüttels gränsel: daz schoup s'im in sin vlänsel. selbe was sin amme diu in truoc in ir wamme: an ir brüste sie in zôch, die wîbes missewende vlôch. 1630 1635 1608 sîn tôt ist nicht Acc., sondern Nom., nach häufigem Gebrauche der Construct. vorausgehend und in diese durch des, davon, aufgenommen. 1610 iu dat. ethicus. — wizzet in doppelter Bedeutung: bei 1612 erfahrt. - 1611 sachewalte swm., Sachwalter, der sich einer Processsache annimmt; der Held. — 1612 behalten, behüten, bewahren. — 1613 bergen stv., in Sicherheit bringen, bewahren. — 1615 sich versinnen, zum Bewußstsein kommen. — 1618 en geschwächt aus in: überall. — 1619 beinn dat. pl. statt beinen. — visellîn stn., demin. von visel stm., männliches Glied. — 1620 triuten swv., liebkosen, herzen. — 1627 in allen fliz. mit aller zärt- lichen Sorgfalt. — 1628 schêr, franz. cher. — fiz nom. und voc., altfranz. fiz, Sohn. 1630 välweloht adj. (zu val), etwas fahl, ins Gelbliche schimmernd. — 1631 tüttel = tüttelin. II, 1569. — gränsel stn., demin. zu grans, Schnabel: hier die hervorragenden Brustwarzen. — 1632 vlänsel, ebenso zu vlans, Mund, Maul: Mäulchen. — 1634 diu, diejenige, die. — truoc ist Plus- quamperf. — 1636 missewende ist Subject. —
122 ZWEITES BUCH. 113 beidìu sîn leben und sîn tôt, des habt ir wol ein teil vernomen. nu wizzet wâ von iu si komen diss mæres sachewalte, und wie man den behalte. man barg in vor rîterschaft, ê er koeme an sîner witze kraft. dô diu künegin sich versan und ir kindel wider z'ir gewan, sie und ander frouwen begunden enallenthalben schouwen zwischen beinn sîn visellîn. er muose vil getriutet sîn, do er hete manlîchiu lit. er wart mit swerten sît ein smit, vil fiwers er von helmen sluoc: sin herze manlîch ellen truoc. die künegîn des geluste daz s'in vil dicke kuste. sie sprach hinz' im in allen flîz «bon fîz, schêr fiz, bêâ fîz.» 1610 1615 1620 1625 Diu künegîn nam dô sunder twâl diu rôten välwelohten mâl: ich meine ir tüttels gränsel: daz schoup s'im in sin vlänsel. selbe was sin amme diu in truoc in ir wamme: an ir brüste sie in zôch, die wîbes missewende vlôch. 1630 1635 1608 sîn tôt ist nicht Acc., sondern Nom., nach häufigem Gebrauche der Construct. vorausgehend und in diese durch des, davon, aufgenommen. 1610 iu dat. ethicus. — wizzet in doppelter Bedeutung: bei 1612 erfahrt. - 1611 sachewalte swm., Sachwalter, der sich einer Processsache annimmt; der Held. — 1612 behalten, behüten, bewahren. — 1613 bergen stv., in Sicherheit bringen, bewahren. — 1615 sich versinnen, zum Bewußstsein kommen. — 1618 en geschwächt aus in: überall. — 1619 beinn dat. pl. statt beinen. — visellîn stn., demin. von visel stm., männliches Glied. — 1620 triuten swv., liebkosen, herzen. — 1627 in allen fliz. mit aller zärt- lichen Sorgfalt. — 1628 schêr, franz. cher. — fiz nom. und voc., altfranz. fiz, Sohn. 1630 välweloht adj. (zu val), etwas fahl, ins Gelbliche schimmernd. — 1631 tüttel = tüttelin. II, 1569. — gränsel stn., demin. zu grans, Schnabel: hier die hervorragenden Brustwarzen. — 1632 vlänsel, ebenso zu vlans, Mund, Maul: Mäulchen. — 1634 diu, diejenige, die. — truoc ist Plus- quamperf. — 1636 missewende ist Subject. —
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 123 114 sie dûht', sie hete Gahmureten wider an ir arm erbeten. sie kêrt' sich niht an lôsheit: diemúot was ir bereit. frou Herzeloyde sprach mit sinne «diu héhéste küneginne Jêsús ir brüste bôt, der sit durch uns vil scharpfen tôt ame kriuze mennischlîche enphienc und sîne triuwe an uns begienc. swes lîp sin zürnen ringet, des sèle unsamfte dinget, swie kiusche er si und wære. des weiz ich wâriu mæere.» sich begôz des landes frouwe mit ir herzen jâmers touwe: ir ougen regenden ûf den knaben. sie kunde wibes triuwe haben. beidiu siufzen unde lachen kunde ir munt vil wol gemachen. sie fröwete sich ir sunes geburt: ir schimph ertranc in riuwen furt. Swer nu wiben sprichet baz, deiswâr daz lâze ich âne haz: ich vriesche gerne ir fröude breit. wan einer bin ich unbereit dienstlîcher triuwe: min zorn ist iemer niuwe gein ir, sît ich se an wanke sach. ich bin Wolfrám von Eschenbach, unt kan ein teil mit sange, 1640 1645 1650 1655 1660 1665 1638 erbiten stv., durch Bitten erlangen. — 1639 lôsheit stf., Leichtfertig- keit: sie versäumte nicht in Leichtsinn ihre Mutterpflichten. — 1640 die- muot stf., Demuth, Herablassun g. — bereit, zur Verfügung, zur Seite. — 1645 mennischliche adv., in menschlicher Gestalt. — 1647 ringen swv., ge- ring anschlagen (von ringe). — swes lip, wer. — 1648 unsamfte adv., schwer. — dingen swv., zum Frieden unterhandeln, Frieden erlangen. — 1652 jâmers touwe ist zunächst zu verbinden: Thau, den der Jammer verursacht. — 1658 schimph stm., Kurzweile, Scherz. — furt, Weg durch das Wasser. 1659 sprechen mit dat. und einem Adv., sprechen (gut, schlecht) von einem. — bas, besser als ich. — 1661 ich vernähme gern was ihnen grofse Freude macht. — 1662 unbereit, nicht bereit; mit gen.: zu. Der Dichter bezieht sich hier auf ein Gedicht, worin er eine Frau, der er gedient und die sich treulos erwiesen hatte, geschmäht und das ihm Tadel zugezogen hatte. — 1667 ein teil, soviel als: ziemlich viel: ich verstehe mich so ziemlich (ironisch) auf Gesang. —
GAHMURET UND HERZELOIDE. 123 114 sie dûht', sie hete Gahmureten wider an ir arm erbeten. sie kêrt' sich niht an lôsheit: diemúot was ir bereit. frou Herzeloyde sprach mit sinne «diu héhéste küneginne Jêsús ir brüste bôt, der sit durch uns vil scharpfen tôt ame kriuze mennischlîche enphienc und sîne triuwe an uns begienc. swes lîp sin zürnen ringet, des sèle unsamfte dinget, swie kiusche er si und wære. des weiz ich wâriu mæere.» sich begôz des landes frouwe mit ir herzen jâmers touwe: ir ougen regenden ûf den knaben. sie kunde wibes triuwe haben. beidiu siufzen unde lachen kunde ir munt vil wol gemachen. sie fröwete sich ir sunes geburt: ir schimph ertranc in riuwen furt. Swer nu wiben sprichet baz, deiswâr daz lâze ich âne haz: ich vriesche gerne ir fröude breit. wan einer bin ich unbereit dienstlîcher triuwe: min zorn ist iemer niuwe gein ir, sît ich se an wanke sach. ich bin Wolfrám von Eschenbach, unt kan ein teil mit sange, 1640 1645 1650 1655 1660 1665 1638 erbiten stv., durch Bitten erlangen. — 1639 lôsheit stf., Leichtfertig- keit: sie versäumte nicht in Leichtsinn ihre Mutterpflichten. — 1640 die- muot stf., Demuth, Herablassun g. — bereit, zur Verfügung, zur Seite. — 1645 mennischliche adv., in menschlicher Gestalt. — 1647 ringen swv., ge- ring anschlagen (von ringe). — swes lip, wer. — 1648 unsamfte adv., schwer. — dingen swv., zum Frieden unterhandeln, Frieden erlangen. — 1652 jâmers touwe ist zunächst zu verbinden: Thau, den der Jammer verursacht. — 1658 schimph stm., Kurzweile, Scherz. — furt, Weg durch das Wasser. 1659 sprechen mit dat. und einem Adv., sprechen (gut, schlecht) von einem. — bas, besser als ich. — 1661 ich vernähme gern was ihnen grofse Freude macht. — 1662 unbereit, nicht bereit; mit gen.: zu. Der Dichter bezieht sich hier auf ein Gedicht, worin er eine Frau, der er gedient und die sich treulos erwiesen hatte, geschmäht und das ihm Tadel zugezogen hatte. — 1667 ein teil, soviel als: ziemlich viel: ich verstehe mich so ziemlich (ironisch) auf Gesang. —
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124 ZWEITES BUCH. 115 unt bin ein habendiu zange mînen zórn gein einem wibe : diu hât mîme lîbe erboten solhe missetât, i'ne hân sie hazzens keinen rât. dar umb' hân ich der andern haz. ôwê war umbe tuont sie daz? alein sî mir ir hazzen leit, ez ist iedoch ir wîpheit, sît ich mich versprochen hân und an mir selben missetân; daz lîhte niemer mêr geschiht. doch sulen sie sich vergâhen niht mit hurte an mîn hâmît: sie vindent wérlîchen strît. i'ne hân des niht vergezzen, i'ne künne wol gemezzen beide ir gebarde unt ir site. swelhem wîbe volget kiusche mite, der lobes kemphe wil ich sîn: mir ist von herzen leit ir pîn. 1670 1675 1680 1685 Sîn lop hinket ame spat, swer allen frouwen sprichet mat durch sîn eines frouwen. swelhiu mîn reht wil schouwen, beidiu sehen und hoeren, die'n sol ich niht betoeren. schildes ambet ist mîn art: 1690 1695 1668 habendiu, festhaltende: davon zorn abhängig. — 1671 erbieten stv., darreichen, erweisen. — 1672 ich kann nicht umhin sie zu hassen. — hazzens hängt von rât ab, behält aber seine verbale Rection (sie). — 1675 alein mit conj., obgleich; vgl. II, 918. — 1676 ez ist, was ihren Haſs verursacht. — 1677 versprechen stv. refl., mehr sprechen als gut ist, Un- rechtes sprechen. — 1679 was schwerlich je wieder geschieht. — 1680 ver- gâhen swv. refl., sich übereilen. — 1681 hamît stn., Verhau, Verschanzung. Sie sollen mir nicht zu nahe treten. — 1684 gemeczen stv., ermessen, be- urtheilen. — 1687 kemphe swm., Kämpfer, Vertheidiger: ihres Lobes. 1689 Sin lop, das Lob desjenigen. Er verdient sich kein Lob. — spat stm., Krankheit der Pferde am Knie. — 1690 mat sprechen: vom Schach- spiel entlehnter Ausdruck: matt setzen, für geschlagen erklären. — 1691 sin ist gen. von er, von ihm, eines, dem einen : blofs um seiner Herrin willen. — 1692 wenn ein Weib beachten will was mir gebührt, mir zukommt, mir mein Recht werden läfst. — 1694 beteren swv., betrügen. — 1695 art: dazu bin ich durch Geburt bestimmt.
124 ZWEITES BUCH. 115 unt bin ein habendiu zange mînen zórn gein einem wibe : diu hât mîme lîbe erboten solhe missetât, i'ne hân sie hazzens keinen rât. dar umb' hân ich der andern haz. ôwê war umbe tuont sie daz? alein sî mir ir hazzen leit, ez ist iedoch ir wîpheit, sît ich mich versprochen hân und an mir selben missetân; daz lîhte niemer mêr geschiht. doch sulen sie sich vergâhen niht mit hurte an mîn hâmît: sie vindent wérlîchen strît. i'ne hân des niht vergezzen, i'ne künne wol gemezzen beide ir gebarde unt ir site. swelhem wîbe volget kiusche mite, der lobes kemphe wil ich sîn: mir ist von herzen leit ir pîn. 1670 1675 1680 1685 Sîn lop hinket ame spat, swer allen frouwen sprichet mat durch sîn eines frouwen. swelhiu mîn reht wil schouwen, beidiu sehen und hoeren, die'n sol ich niht betoeren. schildes ambet ist mîn art: 1690 1695 1668 habendiu, festhaltende: davon zorn abhängig. — 1671 erbieten stv., darreichen, erweisen. — 1672 ich kann nicht umhin sie zu hassen. — hazzens hängt von rât ab, behält aber seine verbale Rection (sie). — 1675 alein mit conj., obgleich; vgl. II, 918. — 1676 ez ist, was ihren Haſs verursacht. — 1677 versprechen stv. refl., mehr sprechen als gut ist, Un- rechtes sprechen. — 1679 was schwerlich je wieder geschieht. — 1680 ver- gâhen swv. refl., sich übereilen. — 1681 hamît stn., Verhau, Verschanzung. Sie sollen mir nicht zu nahe treten. — 1684 gemeczen stv., ermessen, be- urtheilen. — 1687 kemphe swm., Kämpfer, Vertheidiger: ihres Lobes. 1689 Sin lop, das Lob desjenigen. Er verdient sich kein Lob. — spat stm., Krankheit der Pferde am Knie. — 1690 mat sprechen: vom Schach- spiel entlehnter Ausdruck: matt setzen, für geschlagen erklären. — 1691 sin ist gen. von er, von ihm, eines, dem einen : blofs um seiner Herrin willen. — 1692 wenn ein Weib beachten will was mir gebührt, mir zukommt, mir mein Recht werden läfst. — 1694 beteren swv., betrügen. — 1695 art: dazu bin ich durch Geburt bestimmt.
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GAHMURET UND HERZELOIDE. 125 116 swâ mîn ellen sî gespart, swelhiu mich minnet umbe sanc, sô dunket mich ir witze kranc. ob ich gúotes wîbes minne ger, mag ich mit schilde und ouch mit sper verdienen niht ir minne solt, al dar nâch sî sie mir holt. vil hôhes topels er doch spilt, der an rîterschaft nâch minnen zilt. heten’z wîp niht für ein smeichen, ich solt’ iu fürbaz reichen an disem mæere unkúndiu wort, ich spræeche iu d'âventiure vort. swer des von mir geruoche, der enzel s' ze keinem buoche. i'ne kan decheinen buochstap. dâ nement genuoge ir úrháp: disiu âventiure vert ân' der buoche stiure. ê man sie hete für ein buoch, ich ware ê nacket âne tuoch, so ich ín dem bade sæeze, ob ich's quésten niht vergæze. 1700 1705 1710 1715 1696—98 wenn ein Weib mich um meines Gesanges willen liebt, während ich keinen Muth beweise, die handelt nicht verständig. — 1702 dem soll auch ihre Huld entsprechen, d. h. meinem Mangel an Rittermuthe soll sie ihre Huld entziehen. — 1703 topel (franz. doublet) stm., Würfelspiel. — 1704 ziln swv., streben, ringen. — 1705 haben für, halten für. Für Schmeicheln: weil im weitern Verlaufe noch vieles zum Lobe der Frauen berichtet wird. — 1706 fürbaz, noch weiter. — 1707 unkunt adj., unbekannt. — 1708 vort sprechen, weiter erzählen, fortsetzen. — vort ist nicht rein mhd., sondern md. und nd. — 1709 fg. wer das von mir will (nämlich: dafs ich in meiner Erzählung fortfahre), der rechne meine Erzählung nicht zu den Büchern, nenne sie kein Buch: weil dazu ein Niederschreiben gehört, und dies bei dem des Schreibens und Lesens unkundigen Dichter unmöglich war. — 1712 dâ, von dem Buchstaben, von der Buchgelehrsamkeit. Wohl auf Hartmann’s Iwein und Armen Heinrich zu beziehen, in deren Eingängen der Dichter scine literarische Bildung erwähnt. — urhap stm. (zu erheben), Anfang. — 1714 vert, schreitet einher. Nicht vorgelesen, sondern vorge- tragen: denn so wird Wolfram zuerst seine Dichtungen bekannt gemacht haben. — 1715 ehe man an meine Erzählung die Ansprüche machte, die man an ein geschriebenes Buch macht. — 1717 wollte ich lieber ohne Tuch nackt im Bade sitzen: die Scham wäre geringer als in dem V. 1715 erwähnten Falle. — 1718 queste swm., Laubbüschel: diese brauchte man im Schwitzbade, um sich damit zu streichen und zu peitschen. Im Fall er ohne Tuch im Bade säfse, und nur den Laubbüschel hätte, könnte er diesen zur Verhüllung der Scham brauchen, um doch nicht ganz beschämt dazustehen. Vgl. Zeitschrift f. d. Alterthum, 11, 50 fg.
GAHMURET UND HERZELOIDE. 125 116 swâ mîn ellen sî gespart, swelhiu mich minnet umbe sanc, sô dunket mich ir witze kranc. ob ich gúotes wîbes minne ger, mag ich mit schilde und ouch mit sper verdienen niht ir minne solt, al dar nâch sî sie mir holt. vil hôhes topels er doch spilt, der an rîterschaft nâch minnen zilt. heten’z wîp niht für ein smeichen, ich solt’ iu fürbaz reichen an disem mæere unkúndiu wort, ich spræeche iu d'âventiure vort. swer des von mir geruoche, der enzel s' ze keinem buoche. i'ne kan decheinen buochstap. dâ nement genuoge ir úrháp: disiu âventiure vert ân' der buoche stiure. ê man sie hete für ein buoch, ich ware ê nacket âne tuoch, so ich ín dem bade sæeze, ob ich's quésten niht vergæze. 1700 1705 1710 1715 1696—98 wenn ein Weib mich um meines Gesanges willen liebt, während ich keinen Muth beweise, die handelt nicht verständig. — 1702 dem soll auch ihre Huld entsprechen, d. h. meinem Mangel an Rittermuthe soll sie ihre Huld entziehen. — 1703 topel (franz. doublet) stm., Würfelspiel. — 1704 ziln swv., streben, ringen. — 1705 haben für, halten für. Für Schmeicheln: weil im weitern Verlaufe noch vieles zum Lobe der Frauen berichtet wird. — 1706 fürbaz, noch weiter. — 1707 unkunt adj., unbekannt. — 1708 vort sprechen, weiter erzählen, fortsetzen. — vort ist nicht rein mhd., sondern md. und nd. — 1709 fg. wer das von mir will (nämlich: dafs ich in meiner Erzählung fortfahre), der rechne meine Erzählung nicht zu den Büchern, nenne sie kein Buch: weil dazu ein Niederschreiben gehört, und dies bei dem des Schreibens und Lesens unkundigen Dichter unmöglich war. — 1712 dâ, von dem Buchstaben, von der Buchgelehrsamkeit. Wohl auf Hartmann’s Iwein und Armen Heinrich zu beziehen, in deren Eingängen der Dichter scine literarische Bildung erwähnt. — urhap stm. (zu erheben), Anfang. — 1714 vert, schreitet einher. Nicht vorgelesen, sondern vorge- tragen: denn so wird Wolfram zuerst seine Dichtungen bekannt gemacht haben. — 1715 ehe man an meine Erzählung die Ansprüche machte, die man an ein geschriebenes Buch macht. — 1717 wollte ich lieber ohne Tuch nackt im Bade sitzen: die Scham wäre geringer als in dem V. 1715 erwähnten Falle. — 1718 queste swm., Laubbüschel: diese brauchte man im Schwitzbade, um sich damit zu streichen und zu peitschen. Im Fall er ohne Tuch im Bade säfse, und nur den Laubbüschel hätte, könnte er diesen zur Verhüllung der Scham brauchen, um doch nicht ganz beschämt dazustehen. Vgl. Zeitschrift f. d. Alterthum, 11, 50 fg.
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DRITTES BUCH. PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. Herzeloide zieht sich, ihren Kronen entsagend, mit Parzival in die Waldeinsamkeit Soltane zurück, wo er ohne Kenntniss des ritterlichen Lebens aufwächst. Sie belehrt ihn über Gott und den Teufel. Einst be- gegnen ihm vier Ritter, die er wegen ihrer lichten Erscheinung für Gott hält und die ihn, da er ein Ritter wie sie werden will, an Artus verweisen. Die Mutter muſs ihn ziehen lassen und gibt ihm Narrenkleider und gute Lehren mit, die er wörtlich befolgt. Sie stirbt beim Scheiden. In einem Zelte findet er Jeschute, Orilus' Gemahlin, die er, der Mutter Rath fol- gend, küsst und ihr Ring und Spange raubt, und die deswegen bei ihrem Gemahl in Verdacht des Treubruchs kommt. Er trifft Sigune mit dem von Orilus eben erschlagenen Schionatulander im Schofs. Sie sagt ihm, wer er sei. Ein Fischer, bei dem er für die Spange Nachtherberge findet, führt ihn bis vor Nantes, wo Artus Hof hält. Er trifft Ither, den rothen Ritter, der auf Artus' Land Anspruch macht und Parzival mit Aufträgen an den König sendet. Sein Aufzug und seine Schönheit erregen Verwunderung. Orilus' Schwester, Cunneware, die nicht eher lachen wollte, als bis sie den trefflichsten Ritter gesehen, lacht bei seinem Anblick; Antanor, der nicht reden wollte, als bis sie lachte, bricht sein Schweigen. Beide wer- den von Keie geschlagen: Parzival gelobt Rache dafür. Er tödtet Ithern mit seinem Jagdspiefs und nimmt seine Rüstung, die ihm Artus geschenkt hatte. Er kommt zu Gurnemanz, der ihm unter andern Lehren die, nicht zu viel zu fragen, ertheilt und ihn in ritterlicher Kunst unterweist. Er möchte ihn als Ersatz dreier verlorener Söhne als Schwiegersohn ; Parzival lehnt es ab, bis er diese Auszeichnung verdient habe, und zieht weiter. Ez machet trûric mir den lîp, daz alsô mangiu heizet wîp. ir stimme sint gelîche hel : genuoge sint gein valsche snel, 1 mir den lip, mich. — 3 im Aufsern sind sie gleich, wie eine feinere Stimme sie durchgängig von den Männern unterscheidet: nicht so im Innern. — 4 gennoge, viele: haben grofse Neigung zur Falschheit. —
DRITTES BUCH. PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. Herzeloide zieht sich, ihren Kronen entsagend, mit Parzival in die Waldeinsamkeit Soltane zurück, wo er ohne Kenntniss des ritterlichen Lebens aufwächst. Sie belehrt ihn über Gott und den Teufel. Einst be- gegnen ihm vier Ritter, die er wegen ihrer lichten Erscheinung für Gott hält und die ihn, da er ein Ritter wie sie werden will, an Artus verweisen. Die Mutter muſs ihn ziehen lassen und gibt ihm Narrenkleider und gute Lehren mit, die er wörtlich befolgt. Sie stirbt beim Scheiden. In einem Zelte findet er Jeschute, Orilus' Gemahlin, die er, der Mutter Rath fol- gend, küsst und ihr Ring und Spange raubt, und die deswegen bei ihrem Gemahl in Verdacht des Treubruchs kommt. Er trifft Sigune mit dem von Orilus eben erschlagenen Schionatulander im Schofs. Sie sagt ihm, wer er sei. Ein Fischer, bei dem er für die Spange Nachtherberge findet, führt ihn bis vor Nantes, wo Artus Hof hält. Er trifft Ither, den rothen Ritter, der auf Artus' Land Anspruch macht und Parzival mit Aufträgen an den König sendet. Sein Aufzug und seine Schönheit erregen Verwunderung. Orilus' Schwester, Cunneware, die nicht eher lachen wollte, als bis sie den trefflichsten Ritter gesehen, lacht bei seinem Anblick; Antanor, der nicht reden wollte, als bis sie lachte, bricht sein Schweigen. Beide wer- den von Keie geschlagen: Parzival gelobt Rache dafür. Er tödtet Ithern mit seinem Jagdspiefs und nimmt seine Rüstung, die ihm Artus geschenkt hatte. Er kommt zu Gurnemanz, der ihm unter andern Lehren die, nicht zu viel zu fragen, ertheilt und ihn in ritterlicher Kunst unterweist. Er möchte ihn als Ersatz dreier verlorener Söhne als Schwiegersohn ; Parzival lehnt es ab, bis er diese Auszeichnung verdient habe, und zieht weiter. Ez machet trûric mir den lîp, daz alsô mangiu heizet wîp. ir stimme sint gelîche hel : genuoge sint gein valsche snel, 1 mir den lip, mich. — 3 im Aufsern sind sie gleich, wie eine feinere Stimme sie durchgängig von den Männern unterscheidet: nicht so im Innern. — 4 gennoge, viele: haben grofse Neigung zur Falschheit. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 127 117 etslîche valsches lære: sus teilent sich diu mære. daz die gelîche sint genamet, des hât mîn herze sich geschamet. wîphéit, din ordenlîcher site, dem vert und fuor ie triuwe mite. genuoge sprechent, armuot, daz diu si ze nihte guot. swer die durch triuwe lîdet, hellefiwer die sêle mîdet. die dolte ein wip durch triuwe : des wart ir gâbe niuwe ze himel mit éndelôser gebe. ich wæne ir nu vil wênic lebe, die junc der erden rîhtuom liezen durch des himeles ruom. ich erkenne ir nehein. man und wîp mir sint al ein : die miten'z al gelîche. frou Herzeloid' diu rîche ir drier lande wart ein gast: sie truoc der fröuden mangels last. der valsch sô gar an ir verswant, ougè noch ôre in nie dâ vant. ein nebel was ir diu sunne : sie vlôch der werelde wunne. ir was gelîch nàht únt der tac: ir herze niht wan jâmers phlac. 10 15 20 25 30 5 Sich zôch diu frouwe jâmers balt ûz ir lande in einen walt, 5 lœre adj., leer, frei, mit gen. von. — 6 diu mere, die Dinge. — 7 die, die so verschiedenen Frauen. — namen swv., benamen, nennen. — 9 wipheit, Weiblichkeit, weibliche Art. — dîn site nom., durch dem in die Construct. aufgenommen. — ordenlîch, der Regel, dem wibes orden entsprechend. — 10 mite varn mit dat., gesellt sein, verbunden sein (mit). — 14 dessen Seele entgeht dem Höllenfeuer. — 15 die sc. armuot. — 16 des, deshalb. — gâbe stf., Gabe, Geschenk; dagegen gebe (17), Begabung, Beschenkung. — niuwe, erneuert, nahm kein Ende. — 17 im Himmel. — 20 liezen, lassen wurden. — 21 nehein unflect. Form, bei vorausgehendem partit. Gen. sehr gewöhnlich. — 22 stehen mir darin gleich. — 23 die würden es meiden, nämlich den Reichthum um des Himmels willen zu lassen. — 25 gast, Fremdling: sie verliefs ihre drei Länder. — 26 fröuden mangel = Trauer, Leid. — 27 sô gar, so vollständig, so ganz und gar. 33 jamers balt. beharrlich in ihrem Jammer. — zôch, zog zurück. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 127 117 etslîche valsches lære: sus teilent sich diu mære. daz die gelîche sint genamet, des hât mîn herze sich geschamet. wîphéit, din ordenlîcher site, dem vert und fuor ie triuwe mite. genuoge sprechent, armuot, daz diu si ze nihte guot. swer die durch triuwe lîdet, hellefiwer die sêle mîdet. die dolte ein wip durch triuwe : des wart ir gâbe niuwe ze himel mit éndelôser gebe. ich wæne ir nu vil wênic lebe, die junc der erden rîhtuom liezen durch des himeles ruom. ich erkenne ir nehein. man und wîp mir sint al ein : die miten'z al gelîche. frou Herzeloid' diu rîche ir drier lande wart ein gast: sie truoc der fröuden mangels last. der valsch sô gar an ir verswant, ougè noch ôre in nie dâ vant. ein nebel was ir diu sunne : sie vlôch der werelde wunne. ir was gelîch nàht únt der tac: ir herze niht wan jâmers phlac. 10 15 20 25 30 5 Sich zôch diu frouwe jâmers balt ûz ir lande in einen walt, 5 lœre adj., leer, frei, mit gen. von. — 6 diu mere, die Dinge. — 7 die, die so verschiedenen Frauen. — namen swv., benamen, nennen. — 9 wipheit, Weiblichkeit, weibliche Art. — dîn site nom., durch dem in die Construct. aufgenommen. — ordenlîch, der Regel, dem wibes orden entsprechend. — 10 mite varn mit dat., gesellt sein, verbunden sein (mit). — 14 dessen Seele entgeht dem Höllenfeuer. — 15 die sc. armuot. — 16 des, deshalb. — gâbe stf., Gabe, Geschenk; dagegen gebe (17), Begabung, Beschenkung. — niuwe, erneuert, nahm kein Ende. — 17 im Himmel. — 20 liezen, lassen wurden. — 21 nehein unflect. Form, bei vorausgehendem partit. Gen. sehr gewöhnlich. — 22 stehen mir darin gleich. — 23 die würden es meiden, nämlich den Reichthum um des Himmels willen zu lassen. — 25 gast, Fremdling: sie verliefs ihre drei Länder. — 26 fröuden mangel = Trauer, Leid. — 27 sô gar, so vollständig, so ganz und gar. 33 jamers balt. beharrlich in ihrem Jammer. — zôch, zog zurück. —
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128 DRITTES BUCH. zer waste in Sóltâne; niht durch blúomen ûf die plâne. ir herzen jâmer was sô ganz, sine kêrte sich an keinen kranz, er waere rôt oder val. sie brâhte dar durch flühtesal des werden Gahmuretes kint. liute, die bî ir dâ sint, müezen büwen unde riuten. sie kunde wol getriuten ir sun. ê daz sich der versan, ir volc sie gar für sich gewan: ez waere man oder wîp, den gebôt sie allen an den lîp, daz se iemer rîters wurden lût. « wan friesche daz mîns herzen trût, welch riters leben wære, daz wurde mir vil sware. nu habet iuch an der witze kraft, und helt in alle rîterschaft.» Der site fuor angestlîche vart. der knappe alsus verborgen wart 118 zer waste in Sóltâne erzogen, an küneclîcher fuore betrogen; ez enmöhte an éime site sîn: bogen unde bölzelîn die sneit er mit sîn selbes hant, und schôz vil vogele die er vant. swénne ab ér den vogel erschôz, 40 45 50 55 60 35 35 waste stf., Wüste. — in, vgl. I, 809; III, 392. — Soltäne, als Eigenname aufgefaft: bei Crestien la gaste forest soltaine, «der wüste einsame Wald ". — 36 nicht auf die Aue, um der Blumen willen, um an diesen sich zu freuen. — 39 val adj., gelb. — 40 fühtesal stf., Flüchtung, Sicherung. — 43 bûwen, das Feld bauen. — riuten swv., ausreuten, urbar machen. — 44 getriuten (zu trût), lieb haben. — 45 sich versan, zu Verstande kam. — 46 liefs sie alle ihre Leute vor sich kommen. — 48 an den lip, bei ihrem Leben. — 49 iemer = niemer; in Sätzen mit daz wird die Negation sehr oft ausgelassen. — wurden lût, verlauten, hören ließsen; rîters, den Namen Ritter. — 50 friesche præt. conj. von freischen, erfahren. — 53 habet iuch, haltet euch: nehmt allen euren Verstand zusammen. — 54 heln, verhehlen, mit doppeltem Accusativ. 55 dieser Gebrauch wurde mit angstlicher Sorgfalt befolgt, beobachtet. 59 nur in einem Punkte war seine Erziehung der ritterlichen ent- sprechend, indem ihm das Jagdvergnügen, wenn auch in kindlicher Weise, verstattet ward. — 60 bölzelin stn., kleiner Bolzen. — 63 erschôz, er- schossen hatte. —
128 DRITTES BUCH. zer waste in Sóltâne; niht durch blúomen ûf die plâne. ir herzen jâmer was sô ganz, sine kêrte sich an keinen kranz, er waere rôt oder val. sie brâhte dar durch flühtesal des werden Gahmuretes kint. liute, die bî ir dâ sint, müezen büwen unde riuten. sie kunde wol getriuten ir sun. ê daz sich der versan, ir volc sie gar für sich gewan: ez waere man oder wîp, den gebôt sie allen an den lîp, daz se iemer rîters wurden lût. « wan friesche daz mîns herzen trût, welch riters leben wære, daz wurde mir vil sware. nu habet iuch an der witze kraft, und helt in alle rîterschaft.» Der site fuor angestlîche vart. der knappe alsus verborgen wart 118 zer waste in Sóltâne erzogen, an küneclîcher fuore betrogen; ez enmöhte an éime site sîn: bogen unde bölzelîn die sneit er mit sîn selbes hant, und schôz vil vogele die er vant. swénne ab ér den vogel erschôz, 40 45 50 55 60 35 35 waste stf., Wüste. — in, vgl. I, 809; III, 392. — Soltäne, als Eigenname aufgefaft: bei Crestien la gaste forest soltaine, «der wüste einsame Wald ". — 36 nicht auf die Aue, um der Blumen willen, um an diesen sich zu freuen. — 39 val adj., gelb. — 40 fühtesal stf., Flüchtung, Sicherung. — 43 bûwen, das Feld bauen. — riuten swv., ausreuten, urbar machen. — 44 getriuten (zu trût), lieb haben. — 45 sich versan, zu Verstande kam. — 46 liefs sie alle ihre Leute vor sich kommen. — 48 an den lip, bei ihrem Leben. — 49 iemer = niemer; in Sätzen mit daz wird die Negation sehr oft ausgelassen. — wurden lût, verlauten, hören ließsen; rîters, den Namen Ritter. — 50 friesche præt. conj. von freischen, erfahren. — 53 habet iuch, haltet euch: nehmt allen euren Verstand zusammen. — 54 heln, verhehlen, mit doppeltem Accusativ. 55 dieser Gebrauch wurde mit angstlicher Sorgfalt befolgt, beobachtet. 59 nur in einem Punkte war seine Erziehung der ritterlichen ent- sprechend, indem ihm das Jagdvergnügen, wenn auch in kindlicher Weise, verstattet ward. — 60 bölzelin stn., kleiner Bolzen. — 63 erschôz, er- schossen hatte. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 129 119 des schal von sange ê was sô grôz, sô weinde er unde roufte sich, an sin hâr kêrt’ er gerich. sin lîp was klâr unde fier: úf dem plân am rivíer twuog er sich alle morgen. er'n kunde niht gesorgen, ez enwære ob im der vogelsanc, die suoze in sîn herze dranc: daz er trácte im sîniu prüstelîn. al weinde er lief zer künegîn. sô sprach sie «wer hât dir getân? du wær’ hin ûz ûf den plân.» er'n kunde es ir gesagen niht, als kinden lîhte noch geschiht. dem mæere gienc sie lange nâch. eins tages sie in kapfen sach ûf die bóume nâch der vogele schal. sie wart wol innen daz zeswal von der stimme ir kindes brust. des twang in art und sîn gelust. frou Herzeloyde kêrte ir haz an die vógele, sine wesse um waz: sie wolte ir schal verkrenken. ir bûliute und ir enken die hiez sie vaste gâhen, vogele würgen unde vâhen. die vogele wâren baz geriten: etslîches sterben wart vermiten: der bleip dâ lébendíc ein teil, die sît mit sange wurden geil. 70 75 80 85 90 65 66 an seinem Haar liefs er seine Rache aus. — 67 fier, stattlich, schmuck. — 68 rivier stm., Bach, franz. riviere. — 69 twuog præt. von twahen stv., waschen. — 70 er verstand sich nicht aufs Sorgen. — 71 ausgenommen der Vogelgesang über ihm: der war seine einzige Sorge, bewegte ihn zu Thränen. — 72 die = der, mitteld. Form, bei Wolfram öfter; vgl. III, 702, 1060, 1401 etc. — 73 erstracte von erstrecken, ausdehnen: in unbewußter Sehnsucht. — 74 weinde part. = weinende, durch al verstärkt. — 75 getân: das Object etwas ist zu ergänzen. — 76 du bist hinausgegangen. — 78 lîhte noch, vermuthlich noch heutzutage. — 80 kapfen swv., offenen Mundes schauen, gaffen. — 82 zeswellen stv., bis zum Zerspringen anschwellen. — 84 art, angeborne Eigenthümlichkeit. — 87 ir schal, ihr Singen, ihre laute Fröhlichkeit. — verkrenken swv., vernichten. — 88 bûliute pl. von bůman, Ackerknecht. — enke swm., Knecht beim Vieh oder auf dem Acker. — 91 bas geriten, besser beritten, d. h. schneller. — 92 das Sterben von vielen unterblieb. — 93 ein teil, ein grofser Theil. — 94 geil, fröhlich. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 129 119 des schal von sange ê was sô grôz, sô weinde er unde roufte sich, an sin hâr kêrt’ er gerich. sin lîp was klâr unde fier: úf dem plân am rivíer twuog er sich alle morgen. er'n kunde niht gesorgen, ez enwære ob im der vogelsanc, die suoze in sîn herze dranc: daz er trácte im sîniu prüstelîn. al weinde er lief zer künegîn. sô sprach sie «wer hât dir getân? du wær’ hin ûz ûf den plân.» er'n kunde es ir gesagen niht, als kinden lîhte noch geschiht. dem mæere gienc sie lange nâch. eins tages sie in kapfen sach ûf die bóume nâch der vogele schal. sie wart wol innen daz zeswal von der stimme ir kindes brust. des twang in art und sîn gelust. frou Herzeloyde kêrte ir haz an die vógele, sine wesse um waz: sie wolte ir schal verkrenken. ir bûliute und ir enken die hiez sie vaste gâhen, vogele würgen unde vâhen. die vogele wâren baz geriten: etslîches sterben wart vermiten: der bleip dâ lébendíc ein teil, die sît mit sange wurden geil. 70 75 80 85 90 65 66 an seinem Haar liefs er seine Rache aus. — 67 fier, stattlich, schmuck. — 68 rivier stm., Bach, franz. riviere. — 69 twuog præt. von twahen stv., waschen. — 70 er verstand sich nicht aufs Sorgen. — 71 ausgenommen der Vogelgesang über ihm: der war seine einzige Sorge, bewegte ihn zu Thränen. — 72 die = der, mitteld. Form, bei Wolfram öfter; vgl. III, 702, 1060, 1401 etc. — 73 erstracte von erstrecken, ausdehnen: in unbewußter Sehnsucht. — 74 weinde part. = weinende, durch al verstärkt. — 75 getân: das Object etwas ist zu ergänzen. — 76 du bist hinausgegangen. — 78 lîhte noch, vermuthlich noch heutzutage. — 80 kapfen swv., offenen Mundes schauen, gaffen. — 82 zeswellen stv., bis zum Zerspringen anschwellen. — 84 art, angeborne Eigenthümlichkeit. — 87 ir schal, ihr Singen, ihre laute Fröhlichkeit. — verkrenken swv., vernichten. — 88 bûliute pl. von bůman, Ackerknecht. — enke swm., Knecht beim Vieh oder auf dem Acker. — 91 bas geriten, besser beritten, d. h. schneller. — 92 das Sterben von vielen unterblieb. — 93 ein teil, ein grofser Theil. — 94 geil, fröhlich. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl.
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130 DRITTES BUCH. 95 Der knappe sprach zer künegin «waz wîzet man den vogelîn?" er gerte in frides sâ zestunt. sîn muoter kuste in an den munt: diu sprach «wes wende ich sîn gebot, der doch ist der hohste got? suln vogele dúrch mich fröude lân?" der knappe sprach zer muoter sân «ôwê muoter, waz ist got?" «sun, ich sage dir'z âne spot. er ist noch liehter denn' der tac, der antlitzes sich bewac nâch menschen ántlítze. sun, merke eine witze, und flêhe in umbe dîne nôt : sîn triwe der wérlde ie helfe bôt. sô heizet einer der helle wirt: der ist swarz, untriuwe in niht verbirt. von dem kêr’ dîne gedanke, und och von zwivels wanke.» sîn muoter underschiet im gar daz vinster unt daz lieht gevar. 120 dar nâch sîn snelheit verre spranc. er lernte den gabylôtes swanc, dâ mite er manegen hirz erschôz: des sîn múoter und ir volc genôz. ez wære æber oder snê, dem wilde tet sîn schiezen wê. nu hœeret fremdiu mære. swenne er’rschôz daz swære, 100 105 110 115 120 96 wizen stv., zum Vorwurf machen, Schuld geben. — vogelîn = vogelînen dat. pl. — 97 gern mit gen. und dat., etwas für einen begehren. — fride stm., Schutz, Sicherheit. — 99 wes, warum, gen. von waz. — wenden, hin- dern, rückgängig machen. — 103 ôwê, Ausruf des Erstaunens. — 104 âne spot, aufrichtig. — 106 fg. der sich entschlofs ein Antlitz nach dem Ant- litz des Menschen geformt anzunehmen. — 108 merke eins, das klug, ver- ständig ist. — 111 sô, dagegen. — 115 underschiet, belehrte ihn über den Unterschied. — 116 das Finstere und Lichte bezeichnet hier den Teufel und Gott. — 117 dann sprang er schnell fort und kehrte zu seinen kind- lichen Spielen zurück. — 118 gabylôt, gabilôt stn., kleiner Wurfspiefs, alt- franz. gavelot. — swanc stm., das Schwingen. — 120 von diesen seinen Jagderfolgen hatte seine Mutter und ihre Leute Nutzen. — 121 œber stf., Ort wo die Sonne den Schnee aufgetrocknet hat, schneefreie Stelle. — 123 fremde, seltsam, wunderbar. — 124 daz swœre, ein solches Gewicbt, Wild von solchem Gewichte. —
130 DRITTES BUCH. 95 Der knappe sprach zer künegin «waz wîzet man den vogelîn?" er gerte in frides sâ zestunt. sîn muoter kuste in an den munt: diu sprach «wes wende ich sîn gebot, der doch ist der hohste got? suln vogele dúrch mich fröude lân?" der knappe sprach zer muoter sân «ôwê muoter, waz ist got?" «sun, ich sage dir'z âne spot. er ist noch liehter denn' der tac, der antlitzes sich bewac nâch menschen ántlítze. sun, merke eine witze, und flêhe in umbe dîne nôt : sîn triwe der wérlde ie helfe bôt. sô heizet einer der helle wirt: der ist swarz, untriuwe in niht verbirt. von dem kêr’ dîne gedanke, und och von zwivels wanke.» sîn muoter underschiet im gar daz vinster unt daz lieht gevar. 120 dar nâch sîn snelheit verre spranc. er lernte den gabylôtes swanc, dâ mite er manegen hirz erschôz: des sîn múoter und ir volc genôz. ez wære æber oder snê, dem wilde tet sîn schiezen wê. nu hœeret fremdiu mære. swenne er’rschôz daz swære, 100 105 110 115 120 96 wizen stv., zum Vorwurf machen, Schuld geben. — vogelîn = vogelînen dat. pl. — 97 gern mit gen. und dat., etwas für einen begehren. — fride stm., Schutz, Sicherheit. — 99 wes, warum, gen. von waz. — wenden, hin- dern, rückgängig machen. — 103 ôwê, Ausruf des Erstaunens. — 104 âne spot, aufrichtig. — 106 fg. der sich entschlofs ein Antlitz nach dem Ant- litz des Menschen geformt anzunehmen. — 108 merke eins, das klug, ver- ständig ist. — 111 sô, dagegen. — 115 underschiet, belehrte ihn über den Unterschied. — 116 das Finstere und Lichte bezeichnet hier den Teufel und Gott. — 117 dann sprang er schnell fort und kehrte zu seinen kind- lichen Spielen zurück. — 118 gabylôt, gabilôt stn., kleiner Wurfspiefs, alt- franz. gavelot. — swanc stm., das Schwingen. — 120 von diesen seinen Jagderfolgen hatte seine Mutter und ihre Leute Nutzen. — 121 œber stf., Ort wo die Sonne den Schnee aufgetrocknet hat, schneefreie Stelle. — 123 fremde, seltsam, wunderbar. — 124 daz swœre, ein solches Gewicbt, Wild von solchem Gewichte. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 131 des wære ein mûl geladen genuoc, als unzerworht hin heim er’z truoc. 125 Eins tages gieng ér den weideganc an einer halden, diu was lanc: er brach durch blates stimme 'en zwîc. dâ nâhen bî im gienc ein stîc: dâ hôrt' er schal von huofslegen. sîn gabylôt begunder wegen: dô sprach er «waz hân ich vernomen ? wan wolte et nu der tiuvel komen mit grimme zorneclîche! den bestüende ich sicherlîche. mîn muoter freisen von im saget: ich wæne ir ellen si verzaget.» alsús stuont ér in strîtes ger. nu seht, dort kom geschûftet her dri rîtér nâch wunsche var, von fuoze ûf gewâpent gar. der knappe wânde sunder spot, daz feslîcher wære ein got. dô stuont ouch er niht langer hie, in'z phat viel er uf sîniu knie. 121 lûte rief der knappe sân « hilf, got : du maht wol helfe hân." der vorder zornes sich bewac, dô der knappe im phade lac: «dirre téersche Wâléise únsich wéndet gâher reise.» 130 135 140 145 150 125 des, womit, oder: daßs damit. — mûl stn., Maulthier. — geladen, be- laden. — 126 als, so, wie es war. — unzerworht von zerwirken swv., zer- legen. — hin heim, nach Hause fort. 127 weideganc stm., Jagdgang, Jagdweg. — 128 halde swf., Abhang. — 129 um dem Blatte Töne abzulocken, auf dem Blatt zu pfeifen. blatten (D. W. 2, 78) heifst noch in der Jägersprache die Stimme des Wildes in der Brunstzeit nachahmen, um es zu locken. — 'en zwîc = den zwîc in collect. Sinne, Zweige; vgl. I, 964. — 132 wegen swv., bewegen, schwingen. — 134 wollte doch nur jetzt. — 136 bestân stv. mit acc., angreifen, es mit jemand im Kampfe aufnehmen. — 137 freise swf., Schrecken, Schreckliches. — 138 ich glaube, sie hat nur keinen Muth. — 140 kom sing. bei nachfolg. Pl. des Subjects. — schûften swv., galopieren. — 141 gestaltet, aussehend, wie man es nur wünschen konnte: vollkommen. — 145 ouch gehört zum ganzen Satze, wird aber gern vor das Pronomen gestellt. — 146 phat stm., stn., Pfad, Fußsweg. — 149 der vorn an ritt: wurde zornig, eigentlich ent- schlofs sich zum Zorne. — 151 tœersch, tœrisch adj., thöricht, läppisch. — Wâleis, Bewohner von Valois. — 152 unsich acc. pl. von ich. — 9*
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 131 des wære ein mûl geladen genuoc, als unzerworht hin heim er’z truoc. 125 Eins tages gieng ér den weideganc an einer halden, diu was lanc: er brach durch blates stimme 'en zwîc. dâ nâhen bî im gienc ein stîc: dâ hôrt' er schal von huofslegen. sîn gabylôt begunder wegen: dô sprach er «waz hân ich vernomen ? wan wolte et nu der tiuvel komen mit grimme zorneclîche! den bestüende ich sicherlîche. mîn muoter freisen von im saget: ich wæne ir ellen si verzaget.» alsús stuont ér in strîtes ger. nu seht, dort kom geschûftet her dri rîtér nâch wunsche var, von fuoze ûf gewâpent gar. der knappe wânde sunder spot, daz feslîcher wære ein got. dô stuont ouch er niht langer hie, in'z phat viel er uf sîniu knie. 121 lûte rief der knappe sân « hilf, got : du maht wol helfe hân." der vorder zornes sich bewac, dô der knappe im phade lac: «dirre téersche Wâléise únsich wéndet gâher reise.» 130 135 140 145 150 125 des, womit, oder: daßs damit. — mûl stn., Maulthier. — geladen, be- laden. — 126 als, so, wie es war. — unzerworht von zerwirken swv., zer- legen. — hin heim, nach Hause fort. 127 weideganc stm., Jagdgang, Jagdweg. — 128 halde swf., Abhang. — 129 um dem Blatte Töne abzulocken, auf dem Blatt zu pfeifen. blatten (D. W. 2, 78) heifst noch in der Jägersprache die Stimme des Wildes in der Brunstzeit nachahmen, um es zu locken. — 'en zwîc = den zwîc in collect. Sinne, Zweige; vgl. I, 964. — 132 wegen swv., bewegen, schwingen. — 134 wollte doch nur jetzt. — 136 bestân stv. mit acc., angreifen, es mit jemand im Kampfe aufnehmen. — 137 freise swf., Schrecken, Schreckliches. — 138 ich glaube, sie hat nur keinen Muth. — 140 kom sing. bei nachfolg. Pl. des Subjects. — schûften swv., galopieren. — 141 gestaltet, aussehend, wie man es nur wünschen konnte: vollkommen. — 145 ouch gehört zum ganzen Satze, wird aber gern vor das Pronomen gestellt. — 146 phat stm., stn., Pfad, Fußsweg. — 149 der vorn an ritt: wurde zornig, eigentlich ent- schlofs sich zum Zorne. — 151 tœersch, tœrisch adj., thöricht, läppisch. — Wâleis, Bewohner von Valois. — 152 unsich acc. pl. von ich. — 9*
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132 DRITTES BUCH. ein prîs den wir Beier tragen, muoz ich von Wâleisen sagen: die sint téerscher denne beiersch her, unt doch bî mánlîcher wer. swer in den zwein landen wirt, gefuoge ein wunder an im birt. 155 122 Dô kom géleischieret und wól gézimieret ein rîter, dem was harte gâch. er reit in strîteclîchen nâch, die verre wâren von im komen: zwên' rîter heten im genomen ein' frouwen in sîm' lande. den helt ez dûhte schande: in müete der juncfrouwen leit, diu jæemerlîche vor in reit. dise drî wâren sîne man. er reit ein schoene kastelân: sins schildes was vil wênic ganz. er hiez Kárnahkárnánz léh cóns Ulterlec. er sprach «wer irret uns den wec?" sus fuor er zuome knappen sân. den dûhte er als ein got getân: er’n het ê sô liehtes niht erkant. ûfem tówe der wâpenroc erwant. mit guldîn schellen kleine vor ietwederem beine wârn die stégréife erklenget 165 170 175 160 180 153 prîs, was man ihnen nachsagt : mit etwas Ironie. — 155 als das bai- rische Volk. Bei Crestien: Gualois sont tuit par nature plus fol que bestes. — 157 wirt, geboren wird. — 158 gefuoge, Schicklichkeit, schickliches Be- nehmen: bringt in sich hervor, trägt eine Fülle von Schicklichkeit an sich; natürlich ironisch zu verstehen. 159 leischieren swv. vom altfranz. laissier, dem Ross den Zügel lassen; geleischieret, mit verhängtem Zügel. — 162 in, nicht den drei oben erwähn- ten, von denen einer schalt, sondern den beiden in V. 164 erwähnten Rittern. — strîteclîchen adv., eifrig. — 163 die einen weiten Vorsprung gewonnen hatten. — 168 jœmertîche adv., voll Jammer, leidvoll. — 170 ka- stelan stn., castilischès Pferd. — schœne ist unflect. Form. — 173 leh cons = le (li) cons, der Graf. — Ulterlec = ultre lac, jenseit des Sees. — 174 irren, hindern. — 176 dem erschien er wie ein Gott beschaffen. — 178 erwinden stv., sich umwenden, zurückgeworfen werden: der Wappenrock spiegelte sich im Thaue. — 181 stegreif stm., Riemen, um aufs Pferd zu steigen, Steigbügel. — erklengen, klingend machen. —
132 DRITTES BUCH. ein prîs den wir Beier tragen, muoz ich von Wâleisen sagen: die sint téerscher denne beiersch her, unt doch bî mánlîcher wer. swer in den zwein landen wirt, gefuoge ein wunder an im birt. 155 122 Dô kom géleischieret und wól gézimieret ein rîter, dem was harte gâch. er reit in strîteclîchen nâch, die verre wâren von im komen: zwên' rîter heten im genomen ein' frouwen in sîm' lande. den helt ez dûhte schande: in müete der juncfrouwen leit, diu jæemerlîche vor in reit. dise drî wâren sîne man. er reit ein schoene kastelân: sins schildes was vil wênic ganz. er hiez Kárnahkárnánz léh cóns Ulterlec. er sprach «wer irret uns den wec?" sus fuor er zuome knappen sân. den dûhte er als ein got getân: er’n het ê sô liehtes niht erkant. ûfem tówe der wâpenroc erwant. mit guldîn schellen kleine vor ietwederem beine wârn die stégréife erklenget 165 170 175 160 180 153 prîs, was man ihnen nachsagt : mit etwas Ironie. — 155 als das bai- rische Volk. Bei Crestien: Gualois sont tuit par nature plus fol que bestes. — 157 wirt, geboren wird. — 158 gefuoge, Schicklichkeit, schickliches Be- nehmen: bringt in sich hervor, trägt eine Fülle von Schicklichkeit an sich; natürlich ironisch zu verstehen. 159 leischieren swv. vom altfranz. laissier, dem Ross den Zügel lassen; geleischieret, mit verhängtem Zügel. — 162 in, nicht den drei oben erwähn- ten, von denen einer schalt, sondern den beiden in V. 164 erwähnten Rittern. — strîteclîchen adv., eifrig. — 163 die einen weiten Vorsprung gewonnen hatten. — 168 jœmertîche adv., voll Jammer, leidvoll. — 170 ka- stelan stn., castilischès Pferd. — schœne ist unflect. Form. — 173 leh cons = le (li) cons, der Graf. — Ulterlec = ultre lac, jenseit des Sees. — 174 irren, hindern. — 176 dem erschien er wie ein Gott beschaffen. — 178 erwinden stv., sich umwenden, zurückgeworfen werden: der Wappenrock spiegelte sich im Thaue. — 181 stegreif stm., Riemen, um aufs Pferd zu steigen, Steigbügel. — erklengen, klingend machen. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 133 unt ze rehter mâze erlenget. sin zeswer arm von schellen klanc, swar er'n bôt oder swanc. der was durch swértslège sô hel: der helt was gein prise snel. sus fuor der fürste rîche, gezimiert wünneclîche. 185 123 Aller mánne schone ein bluomen kranz. den vrâgte Kárnahkárnánz «junchêrre, sâht ir für iuch varen zwên’ rîter die sich niht bewaren kunnèn an riterlîcher zunft? sie ringent mit der nôtnunft und sint an werdekeit verzaget: sie füerent roubes eine maget.» der knappe wânde, swaz er sprach, ez wære got, als ime verjach frou Herzeloyd' diu künegin, do s'im únderschiet den liehten schîn. dô rief er lûte sunder spot «nu hilf mir, helfe richer got.» vil dicke viel an sîn gebet fil li roy Gahmuret. der fürste sprach «ich pin niht got, ich leiste ab gerne sîn gebot. du maht hie vier rîter sehen, ob du ze rehte kundest spehen." der knappe frâgte fürbáz «du nennest rîter: waz ist daz?" hâstu niht gotelîcher kraft, 195 200 205 190 210 182 erlengen, verlängern. — 185 der, der rechte Arm. — hel, laut tönend (von den Schellen). — 186 war eifrig auf Ruhm bedacht. 189 Nominativ durch den in die Construction aufgenommen: ihn, der ein Blumenkranz war: der alle Mannesschönheit wie Blumen zu einem Kranze in sich vereinigte. Vgl. I, 1162. — 191 für iuch, bei euch vor- über. — 193 zunft (zu zemen) stf., Schicklichkeit, Würde: die ihre Ritter- würde nicht zu bewahren wissen. — 194 ringen, sich mühen, sich eifrig beschäftigen. — nôtnunft stf., gewaltsame Entführung (zu nemen). — 196 roubes adv. gen., in räuberischer Weise. — 198 nach der Schilderung, die ihm Herzeloide gegeben hatte. — 200 den liehten schîn und das Fin- stere; vgl. 115 fg. — 203 wiederholt fiel er nieder um sein Gebet zu sprechen. — 207 du maht, du kannst. — 208 wenn du dich überhaupt auf richtige Beurtheilung verständest. — 210 du sprichst den Namen Ritter aus. — 211 gotelicher kraft gen., von niht abhängig. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 133 unt ze rehter mâze erlenget. sin zeswer arm von schellen klanc, swar er'n bôt oder swanc. der was durch swértslège sô hel: der helt was gein prise snel. sus fuor der fürste rîche, gezimiert wünneclîche. 185 123 Aller mánne schone ein bluomen kranz. den vrâgte Kárnahkárnánz «junchêrre, sâht ir für iuch varen zwên’ rîter die sich niht bewaren kunnèn an riterlîcher zunft? sie ringent mit der nôtnunft und sint an werdekeit verzaget: sie füerent roubes eine maget.» der knappe wânde, swaz er sprach, ez wære got, als ime verjach frou Herzeloyd' diu künegin, do s'im únderschiet den liehten schîn. dô rief er lûte sunder spot «nu hilf mir, helfe richer got.» vil dicke viel an sîn gebet fil li roy Gahmuret. der fürste sprach «ich pin niht got, ich leiste ab gerne sîn gebot. du maht hie vier rîter sehen, ob du ze rehte kundest spehen." der knappe frâgte fürbáz «du nennest rîter: waz ist daz?" hâstu niht gotelîcher kraft, 195 200 205 190 210 182 erlengen, verlängern. — 185 der, der rechte Arm. — hel, laut tönend (von den Schellen). — 186 war eifrig auf Ruhm bedacht. 189 Nominativ durch den in die Construction aufgenommen: ihn, der ein Blumenkranz war: der alle Mannesschönheit wie Blumen zu einem Kranze in sich vereinigte. Vgl. I, 1162. — 191 für iuch, bei euch vor- über. — 193 zunft (zu zemen) stf., Schicklichkeit, Würde: die ihre Ritter- würde nicht zu bewahren wissen. — 194 ringen, sich mühen, sich eifrig beschäftigen. — nôtnunft stf., gewaltsame Entführung (zu nemen). — 196 roubes adv. gen., in räuberischer Weise. — 198 nach der Schilderung, die ihm Herzeloide gegeben hatte. — 200 den liehten schîn und das Fin- stere; vgl. 115 fg. — 203 wiederholt fiel er nieder um sein Gebet zu sprechen. — 207 du maht, du kannst. — 208 wenn du dich überhaupt auf richtige Beurtheilung verständest. — 210 du sprichst den Namen Ritter aus. — 211 gotelicher kraft gen., von niht abhängig. —
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134 DRITTES BUCH. 124 sô sage mir, wer gît rîterschaft?" «daz tuot der künec Artîîs. junchêrre, komet ir in dès hûs, der bringet iuch an rîters namen, daz ir's iuch niemer durfet schamen. ir muget wol sîn von rîters art." von den hélden er geschouwet wart: dô lac diu gotes kunst an ime. von der âventiure ich daz nime, diu mich mit wârheit des beschiet : nie mannes varwe baz geriet vor ime sît Adâmes zît. des wart siîn lop von wiben wit. Aber sprach der knappe sân dâ von ein lachen wart getân. «ay rîter got, waz mahtu sîn ?" du hâst sus manec vingerlîn an dînen lîp gebunden, dort oben unt hie unden.» aldâ begreif des knappen hant swaz er îsers ame fürsten vant: des hárnásch begunder schouwen. «mîner muoter juncfrouwen ir vingerlîn an snüeren tragent, diu niht sus an ein ander ragent.» der knappe sprach durch sînen muot « wár zúo ist ditze guot, daz dich sô wol kan schicken ? i'ne mages niht abe gezwicken." der fürste im zeigete sâ sîn swert: «nu sich, swer an mich strîtes gert, des selben wer ich mich mit slegen: 215 220 225 230 235 240 219 Gott als Künstler gedacht: Gottes Kunst zeigte sich in seiner schönen Bildung. — 220 ich entnehme es der Erzählung: daz, mit Bezug auf das Folgende. — 222 varwe, Aussehen, Erscheinung. — 224 deshalb wurde er von Frauen weit und breit gelobt. 226 dâ von, solche Worte, über die. — 227 rîter got: er identificiert Ritter und Gott noch immer wegen der leuchtenden Erscheinung. — 228 er meint die Ringe des Ring- oder Kettenpanzers, der im 12. und 13. Jahr- hundert allgemein war; die Plattenpanzer kamen erst mit Erfindung der Feuerwaffen auf. — 236 diu auf vingerlîn zu beziehen. — ragen swv., stoſšen. — 237 veranlaft durch seinen (kindlichen) Sinn. — 238 wozu dient das? — 239 schicken mit acc., passend gestalten, wohl anstehen. — 243 sich wern mit gen., sich gegen jemand (etwas) vertheidigen. —
134 DRITTES BUCH. 124 sô sage mir, wer gît rîterschaft?" «daz tuot der künec Artîîs. junchêrre, komet ir in dès hûs, der bringet iuch an rîters namen, daz ir's iuch niemer durfet schamen. ir muget wol sîn von rîters art." von den hélden er geschouwet wart: dô lac diu gotes kunst an ime. von der âventiure ich daz nime, diu mich mit wârheit des beschiet : nie mannes varwe baz geriet vor ime sît Adâmes zît. des wart siîn lop von wiben wit. Aber sprach der knappe sân dâ von ein lachen wart getân. «ay rîter got, waz mahtu sîn ?" du hâst sus manec vingerlîn an dînen lîp gebunden, dort oben unt hie unden.» aldâ begreif des knappen hant swaz er îsers ame fürsten vant: des hárnásch begunder schouwen. «mîner muoter juncfrouwen ir vingerlîn an snüeren tragent, diu niht sus an ein ander ragent.» der knappe sprach durch sînen muot « wár zúo ist ditze guot, daz dich sô wol kan schicken ? i'ne mages niht abe gezwicken." der fürste im zeigete sâ sîn swert: «nu sich, swer an mich strîtes gert, des selben wer ich mich mit slegen: 215 220 225 230 235 240 219 Gott als Künstler gedacht: Gottes Kunst zeigte sich in seiner schönen Bildung. — 220 ich entnehme es der Erzählung: daz, mit Bezug auf das Folgende. — 222 varwe, Aussehen, Erscheinung. — 224 deshalb wurde er von Frauen weit und breit gelobt. 226 dâ von, solche Worte, über die. — 227 rîter got: er identificiert Ritter und Gott noch immer wegen der leuchtenden Erscheinung. — 228 er meint die Ringe des Ring- oder Kettenpanzers, der im 12. und 13. Jahr- hundert allgemein war; die Plattenpanzer kamen erst mit Erfindung der Feuerwaffen auf. — 236 diu auf vingerlîn zu beziehen. — ragen swv., stoſšen. — 237 veranlaft durch seinen (kindlichen) Sinn. — 238 wozu dient das? — 239 schicken mit acc., passend gestalten, wohl anstehen. — 243 sich wern mit gen., sich gegen jemand (etwas) vertheidigen. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 135 für die sîne muoz ich an mich legen, und für den schuz und für den stich muoz ich alsus wâpen mich.» aber sprach der knappe snel «ob die hirze trüegen sus ir vel, son’ verwúnt’ ir niht mîn gabylôt. der vellet manger vor mir tôt.» 245 250 125 Die rîter zurnden daz er hielt bi dem knáppen der vil tumpheit wielt. der fürste sprach «got hüete dîn. ôwi wan waer’ dîn schone min! dir hete got den wunsch gegeben, ob du mit witzen soldest leben. diu gotes kraft dir virre leit." die sîne und och er selbe reit, unde gáhéten balde z'einem velde in dem walde. dâ vant der gefüege frôn Herzeloyden phlüege. ir volke leider nie geschach; die er balde eren sach : si begúnden san, dar nâch egen, ir gart ob starken ohsen wegen. der fürste in guoten morgen bôt, und frâgte se, op sie sæhen nôt eine juncfrouwen lîden. sine kunden niht vermîden, swes er vrâgt', daz wart gesaget. «zwêne rîter und ein maget dâ riten hiute morgen. diu frouwe fuor mit sorgen : mit sporen sie vaste ruorten, die die júncfróuwen fuorten.» 255 260 265 270 275 244 für, zum Schutz gegen: an mich legen sc. solche Wehr. — 247 knappe swm., Knabe. — snel ist adj. zu knappe: frisch, eifrig. — 249 ir niht, keiner von ihnen. 252 der großse Unerfahrenheit hatte. — 254 ôwî, hier Ausruf des Wunsches. — wan, Wunschpartikel. — 255 den wunsch, die höchste Voll- kommenheit. — 257 virren swv., fern halten. — 259 balde, schnell. — 261 der gefüege, d. h. Karnahkarnanz. — 263 leider compar. des Adv. leide, größe- res Leid. — 264 die auf das collect. volc zu beziehen. — eren stv., ackern (præt. ier). — 266 gart, Treibstecken, Peitsche. — 268 sœhen, gesehen hätten. — 275 vaste adv., sehr. — ruorten præet. von rüeren, als Object ist ros zu ergänzen (zu I, 1255). —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 135 für die sîne muoz ich an mich legen, und für den schuz und für den stich muoz ich alsus wâpen mich.» aber sprach der knappe snel «ob die hirze trüegen sus ir vel, son’ verwúnt’ ir niht mîn gabylôt. der vellet manger vor mir tôt.» 245 250 125 Die rîter zurnden daz er hielt bi dem knáppen der vil tumpheit wielt. der fürste sprach «got hüete dîn. ôwi wan waer’ dîn schone min! dir hete got den wunsch gegeben, ob du mit witzen soldest leben. diu gotes kraft dir virre leit." die sîne und och er selbe reit, unde gáhéten balde z'einem velde in dem walde. dâ vant der gefüege frôn Herzeloyden phlüege. ir volke leider nie geschach; die er balde eren sach : si begúnden san, dar nâch egen, ir gart ob starken ohsen wegen. der fürste in guoten morgen bôt, und frâgte se, op sie sæhen nôt eine juncfrouwen lîden. sine kunden niht vermîden, swes er vrâgt', daz wart gesaget. «zwêne rîter und ein maget dâ riten hiute morgen. diu frouwe fuor mit sorgen : mit sporen sie vaste ruorten, die die júncfróuwen fuorten.» 255 260 265 270 275 244 für, zum Schutz gegen: an mich legen sc. solche Wehr. — 247 knappe swm., Knabe. — snel ist adj. zu knappe: frisch, eifrig. — 249 ir niht, keiner von ihnen. 252 der großse Unerfahrenheit hatte. — 254 ôwî, hier Ausruf des Wunsches. — wan, Wunschpartikel. — 255 den wunsch, die höchste Voll- kommenheit. — 257 virren swv., fern halten. — 259 balde, schnell. — 261 der gefüege, d. h. Karnahkarnanz. — 263 leider compar. des Adv. leide, größe- res Leid. — 264 die auf das collect. volc zu beziehen. — eren stv., ackern (præt. ier). — 266 gart, Treibstecken, Peitsche. — 268 sœhen, gesehen hätten. — 275 vaste adv., sehr. — ruorten præet. von rüeren, als Object ist ros zu ergänzen (zu I, 1255). —
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136 DRITTES BUCH. éz was Méljáhkánz. den ergähte Karnachkarnanz. mit strîte er ime die frouwen nam : diu was dâ vor fröuden lam. sie hiez Imâne von der Beâfontâne. 280 Die bûliutè verzageten, do die hélde für sie jageten. sie sprâchen «wie’st uns sus geschehen ? hât unser junchêrre ersehen ûf disen rîtern helme schart, sone hân wir uns niht wol bewart. wir sulen der küneginne haz von schulden hoeren umbe daz, wand’ er mit uns dâ her lief hiute mórgen dô sie dannoch slief.» der knappe enruochte ouch wer dô schôz die hirze kleine unde grôz: er huop sich gein der muoter wider, und sagete ir maer'. dô viel sie nider: 126 sîner wórte sie sô sêre erschrac, daz si unversunnen vor im lac. dô diu küneginne wider kom z'ir sinne, swie sie dâ vor war' verzaget, dô sprach sie «sun, wer hât gesaget dir von rîters orden? wâ bist du's innen worden?" «muoter, ich sach víer mán noch liehter danne got getân: die sageten mir von riterschaft. Artůses küneclîchiu kraft sol mich nâch rîters êren 285 290 295 300 305 278 ergâhen swv., ereilen, einholen. — 280 fröuden ist gen. pl. von lam abhängig: gelähmt an Freuden, der Freuden beraubt. 283 verzagen, muthlos werden. — 284 für sie, an ihnen vorüber. — 287 schart adj. (zu schern), zerhauen. — 288 so haben wir uns nicht woh! vorgesehen. — 289 sulen, werden. — haz, feindselige Außerung, Ent- rüstung. — 290 umbe daz, deswegen. — 293 ruochen, sich bekümmern. — ouch, fernerhin, von dem Augenblicke an. — dô, in diesem Zeitpunkte, nicht local. — 295 wider, zurück. — 296 und sagte ihr was sich zugetra- gen. — 297 erschricken stv. mit gen., erschrecken über etwas. — 304 wo hast du es erfahren? — 309 der ritterlichen Ehre gemäss. —
136 DRITTES BUCH. éz was Méljáhkánz. den ergähte Karnachkarnanz. mit strîte er ime die frouwen nam : diu was dâ vor fröuden lam. sie hiez Imâne von der Beâfontâne. 280 Die bûliutè verzageten, do die hélde für sie jageten. sie sprâchen «wie’st uns sus geschehen ? hât unser junchêrre ersehen ûf disen rîtern helme schart, sone hân wir uns niht wol bewart. wir sulen der küneginne haz von schulden hoeren umbe daz, wand’ er mit uns dâ her lief hiute mórgen dô sie dannoch slief.» der knappe enruochte ouch wer dô schôz die hirze kleine unde grôz: er huop sich gein der muoter wider, und sagete ir maer'. dô viel sie nider: 126 sîner wórte sie sô sêre erschrac, daz si unversunnen vor im lac. dô diu küneginne wider kom z'ir sinne, swie sie dâ vor war' verzaget, dô sprach sie «sun, wer hât gesaget dir von rîters orden? wâ bist du's innen worden?" «muoter, ich sach víer mán noch liehter danne got getân: die sageten mir von riterschaft. Artůses küneclîchiu kraft sol mich nâch rîters êren 285 290 295 300 305 278 ergâhen swv., ereilen, einholen. — 280 fröuden ist gen. pl. von lam abhängig: gelähmt an Freuden, der Freuden beraubt. 283 verzagen, muthlos werden. — 284 für sie, an ihnen vorüber. — 287 schart adj. (zu schern), zerhauen. — 288 so haben wir uns nicht woh! vorgesehen. — 289 sulen, werden. — haz, feindselige Außerung, Ent- rüstung. — 290 umbe daz, deswegen. — 293 ruochen, sich bekümmern. — ouch, fernerhin, von dem Augenblicke an. — dô, in diesem Zeitpunkte, nicht local. — 295 wider, zurück. — 296 und sagte ihr was sich zugetra- gen. — 297 erschricken stv. mit gen., erschrecken über etwas. — 304 wo hast du es erfahren? — 309 der ritterlichen Ehre gemäss. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. an schildes ambet kêren." sich huop ein niuwer jâmer hie. diu frouwe enwesse rehte, wie dáz sie ír den list erdæehte únde in von dem willen bræhte. 137 310 127 Der knappe tump unde wert iesch von der muoter dicke ein pfert. daz begúnde se in ir herzen klagen. sie dâhte «i’n wil im niht versagen : éz muoz áber vil boese sîn.» do gedâhte mêr diu künegîn «der liute vil bî spotte sint. tôren kleider sol mîn kint ob sime liehten libe tragen. wirt er geroufet unt geslagen, sô kumet er mir her wider wol." ôwê der jæmerlîchen dol! diu frouwe nam ein sactuoch : sie sneit im hemede unde bruoch, daz doch an éime stücke erschein, unz enmítten an sîn blankez bein. daz wart für tôren kleit erkant. ein gugel man obene drûfe vant. al frisch růch kelberîn von einer hût zwei ribbalîn nâch sînen beinen wart gesniten. dâ wart grôz jâmer niht vermiten. diu künegîn wás alsô bedâht, sie bat belîben in die naht. 320 325 330 335 315 310 vgl. 215: er wird mich zum Schildesamt führen, mir den Ritterschlag geben. — 313 daz ist eng mit wie zu verbinden: wie (es geschehen könnte) daſs. — ir dat., nhd. sich. — 314 brahte, abbrächte. 315 einfältig und (doch) voll Tüchtigkeit. — 316 iesch: zu I, 601. — 319 ez, das was ich ihm gebe, womit ich ihn ausrüste. — bœse, schlecht, werthlos. — 320 mêr, weiter. — 321 bî spotte sint, lieben den Spott. — 322 tôren kleider, Narrenkleider. — 326 dol stf., Leiden. — 327 sactuoch stn., Tuch, woraus man Säcke macht. — 328 bruoch stf., Hose, die den Oberschenkel bedeckt, während die hose das eigentliche Bein (Schienbein) bedeckt. — 329 daz, Hemde und Hose, relat. Beides war aus einem Stück. Crestien braies faites à la guise de Gales ù l'en fet ensamble braies et cauces, also hier nicht Hemde und Hose, sondern der obere und untere Theil der Hose, die ganze Beinbekleidung aus einem Stück. — 331 das war als Narrenkleidung bekannt, war die bekannte Narrenkleidung. — 332 gugel stf., Kaputze. — 333 růch adj., rauh. — kelberín, von einem Kalbe: die Adj. sind mit hût zu verbinden. — 334 ribbalîn stn., vom altfranz. revelin, eine Fußsbekleidung, Schuh. — 335 nâch, ihnen angepasst. — 337 hatte es sich so überlegt. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. an schildes ambet kêren." sich huop ein niuwer jâmer hie. diu frouwe enwesse rehte, wie dáz sie ír den list erdæehte únde in von dem willen bræhte. 137 310 127 Der knappe tump unde wert iesch von der muoter dicke ein pfert. daz begúnde se in ir herzen klagen. sie dâhte «i’n wil im niht versagen : éz muoz áber vil boese sîn.» do gedâhte mêr diu künegîn «der liute vil bî spotte sint. tôren kleider sol mîn kint ob sime liehten libe tragen. wirt er geroufet unt geslagen, sô kumet er mir her wider wol." ôwê der jæmerlîchen dol! diu frouwe nam ein sactuoch : sie sneit im hemede unde bruoch, daz doch an éime stücke erschein, unz enmítten an sîn blankez bein. daz wart für tôren kleit erkant. ein gugel man obene drûfe vant. al frisch růch kelberîn von einer hût zwei ribbalîn nâch sînen beinen wart gesniten. dâ wart grôz jâmer niht vermiten. diu künegîn wás alsô bedâht, sie bat belîben in die naht. 320 325 330 335 315 310 vgl. 215: er wird mich zum Schildesamt führen, mir den Ritterschlag geben. — 313 daz ist eng mit wie zu verbinden: wie (es geschehen könnte) daſs. — ir dat., nhd. sich. — 314 brahte, abbrächte. 315 einfältig und (doch) voll Tüchtigkeit. — 316 iesch: zu I, 601. — 319 ez, das was ich ihm gebe, womit ich ihn ausrüste. — bœse, schlecht, werthlos. — 320 mêr, weiter. — 321 bî spotte sint, lieben den Spott. — 322 tôren kleider, Narrenkleider. — 326 dol stf., Leiden. — 327 sactuoch stn., Tuch, woraus man Säcke macht. — 328 bruoch stf., Hose, die den Oberschenkel bedeckt, während die hose das eigentliche Bein (Schienbein) bedeckt. — 329 daz, Hemde und Hose, relat. Beides war aus einem Stück. Crestien braies faites à la guise de Gales ù l'en fet ensamble braies et cauces, also hier nicht Hemde und Hose, sondern der obere und untere Theil der Hose, die ganze Beinbekleidung aus einem Stück. — 331 das war als Narrenkleidung bekannt, war die bekannte Narrenkleidung. — 332 gugel stf., Kaputze. — 333 růch adj., rauh. — kelberín, von einem Kalbe: die Adj. sind mit hût zu verbinden. — 334 ribbalîn stn., vom altfranz. revelin, eine Fußsbekleidung, Schuh. — 335 nâch, ihnen angepasst. — 337 hatte es sich so überlegt. —
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138 DRITTES BUCH. «dune solt niht hinnen kêren, ich wil dich list ê lêren. an ungebanten strâzen soltu túnkel fürte lâzen: die sîhte unde lûter sîn, dâ solte al balde rîten în. du solt dich site nieten, der werelde grüezen bieten. op dich ein grâ wîse man zuht wil lêrn als er wol kan, dem soltu gerne volgen, und wis im niht erbolgen. sun, lâ dir bevolhen sîn, swa du gúotes wibes vingerlîn mügest erwerben unt ir gruoz, daz nim : ez tuot dir kumbers buoz. du solt z'ir kusse gâhen und ir lîp vast' umbevâhen: 128 daz gît gelücke und hôhen muot, op sie kiusche ist unde guot. du solt och wizzen, sún mîn, der stolze küene Lähelin dînen fürsten abe ervaht zwei lant, diu solten dienen dîner hant, Wâléis und Nórgâls. ein dîn fürste Turkentâls den tôt von sîner hende enphienc: dîn volc er sluoc unde vienc.» “ diz riche ich, muoter, ruocht es got : in verwúndet noch mîn gabylôt.» Des morgens dô der tag erschein, der knappe balde wart enein, im was gein Artüse gâch. 345 350 355 360 365 340 370 339 hinnen, von hinnen. — 340 list stm., Klugheit, Lebensregel. — 342 tun- kel adj., dunkel, undurchsichtig. — lâzen, sein lassen, vermeiden. — 345 site gen. pl., Anstand. — 346 der werelde, den Leuten. — 348 wie er es wohl versteht, da er wîse, erfahren ist. — 350 wis imper. von wesen, sein. — erbolgen partic. von erbelgen stv., erzürnen: zürne ihm nicht. — 351 bevolhen, anempfohlen, ans Herz gelegt. — 354 buoz tuon mit gen., Abhilfe gegen etwas verschaffen, von etwas befreien. — 357 hôhen muot, gehobene Stimmung. — 361 abe ervehten mit dat., einem durch Fechten, durch Kampf abnehmen, abgewinnen. — 364 einer deiner Fürsten. — 365 hende dat. sing. von hant. 370 hatte bald seinen Entschlufs gefasst. —
138 DRITTES BUCH. «dune solt niht hinnen kêren, ich wil dich list ê lêren. an ungebanten strâzen soltu túnkel fürte lâzen: die sîhte unde lûter sîn, dâ solte al balde rîten în. du solt dich site nieten, der werelde grüezen bieten. op dich ein grâ wîse man zuht wil lêrn als er wol kan, dem soltu gerne volgen, und wis im niht erbolgen. sun, lâ dir bevolhen sîn, swa du gúotes wibes vingerlîn mügest erwerben unt ir gruoz, daz nim : ez tuot dir kumbers buoz. du solt z'ir kusse gâhen und ir lîp vast' umbevâhen: 128 daz gît gelücke und hôhen muot, op sie kiusche ist unde guot. du solt och wizzen, sún mîn, der stolze küene Lähelin dînen fürsten abe ervaht zwei lant, diu solten dienen dîner hant, Wâléis und Nórgâls. ein dîn fürste Turkentâls den tôt von sîner hende enphienc: dîn volc er sluoc unde vienc.» “ diz riche ich, muoter, ruocht es got : in verwúndet noch mîn gabylôt.» Des morgens dô der tag erschein, der knappe balde wart enein, im was gein Artüse gâch. 345 350 355 360 365 340 370 339 hinnen, von hinnen. — 340 list stm., Klugheit, Lebensregel. — 342 tun- kel adj., dunkel, undurchsichtig. — lâzen, sein lassen, vermeiden. — 345 site gen. pl., Anstand. — 346 der werelde, den Leuten. — 348 wie er es wohl versteht, da er wîse, erfahren ist. — 350 wis imper. von wesen, sein. — erbolgen partic. von erbelgen stv., erzürnen: zürne ihm nicht. — 351 bevolhen, anempfohlen, ans Herz gelegt. — 354 buoz tuon mit gen., Abhilfe gegen etwas verschaffen, von etwas befreien. — 357 hôhen muot, gehobene Stimmung. — 361 abe ervehten mit dat., einem durch Fechten, durch Kampf abnehmen, abgewinnen. — 364 einer deiner Fürsten. — 365 hende dat. sing. von hant. 370 hatte bald seinen Entschlufs gefasst. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 139 129 frou Herzelóyde in kuste und lief im nâch. der werelde riuwe aldâ geschach. dô sie ir sun niht langer sach (der reit enwec: wem'st deste baz?), dô viel diu frouwe valsches laz ûf die érde, aldâ sie jâmer sneit dô daz se ein sterben niht vermeit. ir vil getriulîcher tôt der frouwen wert’ die hellenôt. ôwol sie daz se ie muoter wart ! sus fuor die lônes bernden vart ein wúrzél der güete und ein stám der diemüete. owê daz wir nu niht enhân ir sippe unz an den eilften spân! des wirt gevelschet manec lîp. doch solten nu getriuwiu wîp heiles wünschen disem knaben, der sich hie von ir hât erhaben. Dô kêrt' der knabe wol getân gein dém fôrést in Prizljân. er kom an einen bach geriten. den hete ein hane wol überschriten: swie da stúonden bluomen unde gras, durch daz sin fliez sô tunkel was, der knappe 'n furt dar ane vermeit. den tag er gar derneben reit, als ez sînen witzen tohte. 375 380 385 390 395 373 der werelde riuwe: der werelde dient hier zur Verstärkung, wie sonst in Zusammensetzungen (werlttôre, werltwîse), grofses, das gröfste Leid. — 375 wem ist desto wohler? wer empfindet Freude bei diesem Scheiden? — 376 valsches laz, trage zur Falschheit, frei von Falschheit; vgl. III, 4. — 377 wo ihr Jammer das Herz zerschnitt. — 378 ein sterben ist Subject. — 379 getriulîch, aus Treue hervorgehend. — 380 wert’ mit dat., hielt von ihr fern. — 382 bernde part. von bern, tragen: hier mit gen. verbunden, lônes. — 383 aus der alle Güte entsprofs; dasselbe Bild in der folgenden Zeile. — 386 span stm., Span; auch Kerbholz: die Verwandtschaftsgrade werden nach spœnen gezählt: wir sagen (bis ins elfte Glied». Wolfram klagt daſs es so treue Menschen nun nicht mehr gibt, daſs keine Abkömmlinge davon leben. — 387 velschen swv., falsch, treulos machen. — manec lîp, mancher Mensch. — 390 erhaben part. von erheben refl., sich aufmachen. 392 Prizljân, franz. Breceliande, ein Wald in der Bretagne, in welchem die meisten Abenteuer der Tafelrunde vor sich gehen. — 394 hane, han swm., Hahn. — 396 niez stm., fast ausschlieflich mitteldeutsch, Flußs. — 397 'n furt = den furt, den Flussübergang. — dar ane, bei dem Bache. — 398 den tag gar, den ganzen Tag. — derneben aus dar neben, daneben. — 399 tohte præt. von tugen, ziemen, entsprechen. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 139 129 frou Herzelóyde in kuste und lief im nâch. der werelde riuwe aldâ geschach. dô sie ir sun niht langer sach (der reit enwec: wem'st deste baz?), dô viel diu frouwe valsches laz ûf die érde, aldâ sie jâmer sneit dô daz se ein sterben niht vermeit. ir vil getriulîcher tôt der frouwen wert’ die hellenôt. ôwol sie daz se ie muoter wart ! sus fuor die lônes bernden vart ein wúrzél der güete und ein stám der diemüete. owê daz wir nu niht enhân ir sippe unz an den eilften spân! des wirt gevelschet manec lîp. doch solten nu getriuwiu wîp heiles wünschen disem knaben, der sich hie von ir hât erhaben. Dô kêrt' der knabe wol getân gein dém fôrést in Prizljân. er kom an einen bach geriten. den hete ein hane wol überschriten: swie da stúonden bluomen unde gras, durch daz sin fliez sô tunkel was, der knappe 'n furt dar ane vermeit. den tag er gar derneben reit, als ez sînen witzen tohte. 375 380 385 390 395 373 der werelde riuwe: der werelde dient hier zur Verstärkung, wie sonst in Zusammensetzungen (werlttôre, werltwîse), grofses, das gröfste Leid. — 375 wem ist desto wohler? wer empfindet Freude bei diesem Scheiden? — 376 valsches laz, trage zur Falschheit, frei von Falschheit; vgl. III, 4. — 377 wo ihr Jammer das Herz zerschnitt. — 378 ein sterben ist Subject. — 379 getriulîch, aus Treue hervorgehend. — 380 wert’ mit dat., hielt von ihr fern. — 382 bernde part. von bern, tragen: hier mit gen. verbunden, lônes. — 383 aus der alle Güte entsprofs; dasselbe Bild in der folgenden Zeile. — 386 span stm., Span; auch Kerbholz: die Verwandtschaftsgrade werden nach spœnen gezählt: wir sagen (bis ins elfte Glied». Wolfram klagt daſs es so treue Menschen nun nicht mehr gibt, daſs keine Abkömmlinge davon leben. — 387 velschen swv., falsch, treulos machen. — manec lîp, mancher Mensch. — 390 erhaben part. von erheben refl., sich aufmachen. 392 Prizljân, franz. Breceliande, ein Wald in der Bretagne, in welchem die meisten Abenteuer der Tafelrunde vor sich gehen. — 394 hane, han swm., Hahn. — 396 niez stm., fast ausschlieflich mitteldeutsch, Flußs. — 397 'n furt = den furt, den Flussübergang. — dar ane, bei dem Bache. — 398 den tag gar, den ganzen Tag. — derneben aus dar neben, daneben. — 399 tohte præt. von tugen, ziemen, entsprechen. —
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140 DRITTES BUCH. er beleip die naht swie’r mohte, unz ime der liehte tag erschein. der knappe huop sich dan al ein z'eime fúrte lûter wol getân. dâ was anderhalp der plân mit eime gezelt gehêret, grôz rîcheit dran gekêret. von drier varwe sámît ez was hôh unde wît : ûf den nâten lâgen porten guot. dâ hienc ein liderîn huot, den man drüber ziehen solte iemer swenne ez regenen wolte. 405 410 400 130 Duc Orilus dé Lalander, des wîp dort unde vander ligende wünneclîche, die herzoginne rîche, glîch eime rîters trûte. sie híez Jéschůte. diu frouwe was entslâfen. sie truoc der minne wâfen, einen munt durchliuhtic rôt, und gerndes rîters herzen nôt. innen des diu frouwe slief, der munt ir von ein ander lief: der truoc der minne hitze fiur. sus lac des wunsches âventiur. von snêwîzem beine nâhe bî ein ander kleine, 415 420 425 400 beleip, fand ein Unterkommen. Wie er konnte, wie der Wald es ge- währte. — 402 huop sich dan, machte sich von da auf. — 404 anderhalp, auf der andern Seite. — 406 kêren, verwenden. — 409 nœten, wo die ein- zelnen Theile zusammengenäht waren : diese Nähte waren mit golddurch- wirkten Bändern verdeckt. — 410 liderîn adj., von Leder. 413 Orilus, entstellt aus li orgueilleus, «der Stolze», bei Crestien. — de Lalander, ebenso wie de Lalant, aus franz. de la lande. Der Nom. steht wieder aufser der Construction. — 414 unde adv., unten: vorzugs- weise mitteld. Form; vgl. II1, 510. — vander = vant er. — 417 trût stn., Geliebte. — 418 Jeschûte: Crestien kennt keinen Namen; unzweifelhaft ist er Missverständniss der Worte une dame gisoit des Originals. — 420 sie trug das an sich, womit die Minne das Herz eines Mannes verwundet. — 421 durchliuhtic, durch und durch leuchtend. — 422 und was einem liebes- sehnsüchtigen Ritter Herzensnoth bereitet. — 423 während der Zeit daßs, innen des = innen des daz. — 424 die Lippen öffneten sich halb. — 426 âven- tiur, was einem zufällt, errungenes Glück; des wunsches, das Höchste was man sich wünschen kann. — 427 bein, Knochen. —
140 DRITTES BUCH. er beleip die naht swie’r mohte, unz ime der liehte tag erschein. der knappe huop sich dan al ein z'eime fúrte lûter wol getân. dâ was anderhalp der plân mit eime gezelt gehêret, grôz rîcheit dran gekêret. von drier varwe sámît ez was hôh unde wît : ûf den nâten lâgen porten guot. dâ hienc ein liderîn huot, den man drüber ziehen solte iemer swenne ez regenen wolte. 405 410 400 130 Duc Orilus dé Lalander, des wîp dort unde vander ligende wünneclîche, die herzoginne rîche, glîch eime rîters trûte. sie híez Jéschůte. diu frouwe was entslâfen. sie truoc der minne wâfen, einen munt durchliuhtic rôt, und gerndes rîters herzen nôt. innen des diu frouwe slief, der munt ir von ein ander lief: der truoc der minne hitze fiur. sus lac des wunsches âventiur. von snêwîzem beine nâhe bî ein ander kleine, 415 420 425 400 beleip, fand ein Unterkommen. Wie er konnte, wie der Wald es ge- währte. — 402 huop sich dan, machte sich von da auf. — 404 anderhalp, auf der andern Seite. — 406 kêren, verwenden. — 409 nœten, wo die ein- zelnen Theile zusammengenäht waren : diese Nähte waren mit golddurch- wirkten Bändern verdeckt. — 410 liderîn adj., von Leder. 413 Orilus, entstellt aus li orgueilleus, «der Stolze», bei Crestien. — de Lalander, ebenso wie de Lalant, aus franz. de la lande. Der Nom. steht wieder aufser der Construction. — 414 unde adv., unten: vorzugs- weise mitteld. Form; vgl. II1, 510. — vander = vant er. — 417 trût stn., Geliebte. — 418 Jeschûte: Crestien kennt keinen Namen; unzweifelhaft ist er Missverständniss der Worte une dame gisoit des Originals. — 420 sie trug das an sich, womit die Minne das Herz eines Mannes verwundet. — 421 durchliuhtic, durch und durch leuchtend. — 422 und was einem liebes- sehnsüchtigen Ritter Herzensnoth bereitet. — 423 während der Zeit daßs, innen des = innen des daz. — 424 die Lippen öffneten sich halb. — 426 âven- tiur, was einem zufällt, errungenes Glück; des wunsches, das Höchste was man sich wünschen kann. — 427 bein, Knochen. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 141 sus stuonden ir die liehten zene. ich wæn’ mich iemen küssens wene an ein sus wol gelobeten munt : daz ist mir selten worden kunt. ir deckelachen zobelin erwant an ir hüffelin, daz sie durch hitze von ir stiez, dâ sie der wirt al eine liez. sie was geschicket und gesniten, an ir was künste niht vermiten: got selbe worhte ir süezen lip. och hete daz minneclîche wîp langen arm und blanke hant. der knappe ein vingerlîn dâ vant, daz in gein dem bette twanc, da er mit der herzoginne ranc. dô dâht'er an die muoter sîn: diu riet an wîbes vingerlîn. 131 ouch spranc der knappe wol getân vonme téppich an daz bette sân. 435 440 445 430 Diu süeze kiusche unsamfte erschrac, do der knáppe an ir arme lac: sie muoste iedoch erwachen. mit schame al sunder lachen diu frouwe zuht gelêret sprach «wer hât mich entêret? junchêrre, es ist iu gar ze vil: ir möht iu nemen ander zil." diu frouwe lûte klagete: 450 455 -— 430 iemen = niemen (zu III, 49); wir würden die Negation eher bei wan’ erwarten : ich glaube nicht dafs jemand. — wenen swv., gewöhnen, mit gen., an. — 431 an mit küssens zu verbinden: küssen an den munt ist die mhd. Ausdrucksweise. Auch der substantivisch gebrauchte Infin. behält seine Verbalrection. — 433 zobelîn adj., von Zobel. — 434 erwinden, aufhören, enden. — hüffelin demin. von huf, Hüfte. — 436 dâ, dort wo : in dem Zelte, weil es heifs darin war. — 437 geschicket, wohlgebildet. — gesniten, zuge- schnitten, schöngestaltet. — 438 fg. vgl. zu III, 219. — 439 worhte præt. von würken. — 443 weil er der Lehre der Mutter eingedenk war; III, 352. — gein, zu — hin. — 446 an, zu: rieth, Weibes Ringlein zu nehmen. — 447 ouch, er machte auch wirklich den Gedanken zur That. — 448 vonme = von deme. — an, auf. 449 erschricken, hier im eigentlichen Sinne: emporfahren. — 451 sie konnte da doch unmöglich schlafend bleiben. — 453 zuht acc., von gelêret abhängig, die in Zucht unterwiesen worden war. — 455 ihr nehmt euch gar zu viel heraus. — 456 ir möht = ir möhtet, ihr hättet Ursache, ihr könntet wohl. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 141 sus stuonden ir die liehten zene. ich wæn’ mich iemen küssens wene an ein sus wol gelobeten munt : daz ist mir selten worden kunt. ir deckelachen zobelin erwant an ir hüffelin, daz sie durch hitze von ir stiez, dâ sie der wirt al eine liez. sie was geschicket und gesniten, an ir was künste niht vermiten: got selbe worhte ir süezen lip. och hete daz minneclîche wîp langen arm und blanke hant. der knappe ein vingerlîn dâ vant, daz in gein dem bette twanc, da er mit der herzoginne ranc. dô dâht'er an die muoter sîn: diu riet an wîbes vingerlîn. 131 ouch spranc der knappe wol getân vonme téppich an daz bette sân. 435 440 445 430 Diu süeze kiusche unsamfte erschrac, do der knáppe an ir arme lac: sie muoste iedoch erwachen. mit schame al sunder lachen diu frouwe zuht gelêret sprach «wer hât mich entêret? junchêrre, es ist iu gar ze vil: ir möht iu nemen ander zil." diu frouwe lûte klagete: 450 455 -— 430 iemen = niemen (zu III, 49); wir würden die Negation eher bei wan’ erwarten : ich glaube nicht dafs jemand. — wenen swv., gewöhnen, mit gen., an. — 431 an mit küssens zu verbinden: küssen an den munt ist die mhd. Ausdrucksweise. Auch der substantivisch gebrauchte Infin. behält seine Verbalrection. — 433 zobelîn adj., von Zobel. — 434 erwinden, aufhören, enden. — hüffelin demin. von huf, Hüfte. — 436 dâ, dort wo : in dem Zelte, weil es heifs darin war. — 437 geschicket, wohlgebildet. — gesniten, zuge- schnitten, schöngestaltet. — 438 fg. vgl. zu III, 219. — 439 worhte præt. von würken. — 443 weil er der Lehre der Mutter eingedenk war; III, 352. — gein, zu — hin. — 446 an, zu: rieth, Weibes Ringlein zu nehmen. — 447 ouch, er machte auch wirklich den Gedanken zur That. — 448 vonme = von deme. — an, auf. 449 erschricken, hier im eigentlichen Sinne: emporfahren. — 451 sie konnte da doch unmöglich schlafend bleiben. — 453 zuht acc., von gelêret abhängig, die in Zucht unterwiesen worden war. — 455 ihr nehmt euch gar zu viel heraus. — 456 ir möht = ir möhtet, ihr hättet Ursache, ihr könntet wohl. —
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142 DRITTES BUCH. er'n ruochte waz sie sagete, ir munt er an den sînen twanc. dâ nâch was dô niht ze lanc, er dructe an sich die herzogin und nam ir och ein vingerlîn. an ir hémede ein fürspan er dâ sach: ungefuoge er'z dannen brach. diu frouwe was mit wibes wer : ir was sîn kraft ein ganzez her. doch wart dâ ringes vil getân. der knappe klagete'n hunger sân. diu frouwe was ir libes lieht, sie sprach «ir sult mîn ezzen niht. wart ir ze frumen wîse, ir næemt iu ander spise. dort stêt brôt unde win, unde zwei pardrisekin, als s' ein juncfrouwe brâhte, diu's wênic iu gedâhte.» 460 465 470 475 Er'n ruochte wâ diu wirtin saz: einen guoten kropf er az, dar nâch er sware trünke tranc. die frouwen dûhte gar ze lanc sîns wesenes in dem poulûn. sie wânde, er ware ein garzûn gescheiden von den witzen. ir schame begunde switzen. iedoch sprach diu herzogin «junchêrre, ir sult mîn vingerlin 480 485 132 460 nachdem er sie geküsst, dauerte es gar nicht lange: unmittelbar da- nach. — 463 fürspan stn., Spange, die das Gewand vorn zusammen- schliefst. — 464 ungefuoge adv., unartig. — dannen, von da ab, vom Hemde. — 465 was mit, war versehen mit: wehrte sich wie ein Weib es kann. — 467 ringes gen. des Gerund., statt ringens. — 468 'n (= den) hunger, klagte über den Hunger, den er empfand. — 469 ir lîbes, an ihrem Leibe, in Bezug auf ihren Leib. — 470 mîn gen., von niht abhängig: mich. — 471 ze frumen, wie es euch nützlich wäre, euch geziemte. — wîse, verstän- dig. — 474 pardrîsekîn demin. von pardrîs, franz. perdrix, Rebhuhn. Die Endung kîn ist niederdeutsch. — 476 die es euch wenig (= durchaus nicht) zugedachte: die nicht für euch bestimmt waren. Vgl. III, 556. 478 er schlug sich seinen Magen ordentlich voll. — 479 sware trünke, tüchtige Züge. Crestien si en boit sovent et grans trais. — 481 sîns wesenes, mit seinem Verweilen. — 483 der von Verstande gekommen wäre. — 484 in ihrem Schamgefühl brach ihr der Angstschweißs aus, wenn sie dachte, was ihr von dem Narren geschehen könnte. — 485 iedoch, wiewobl sie in Angst war. —
142 DRITTES BUCH. er'n ruochte waz sie sagete, ir munt er an den sînen twanc. dâ nâch was dô niht ze lanc, er dructe an sich die herzogin und nam ir och ein vingerlîn. an ir hémede ein fürspan er dâ sach: ungefuoge er'z dannen brach. diu frouwe was mit wibes wer : ir was sîn kraft ein ganzez her. doch wart dâ ringes vil getân. der knappe klagete'n hunger sân. diu frouwe was ir libes lieht, sie sprach «ir sult mîn ezzen niht. wart ir ze frumen wîse, ir næemt iu ander spise. dort stêt brôt unde win, unde zwei pardrisekin, als s' ein juncfrouwe brâhte, diu's wênic iu gedâhte.» 460 465 470 475 Er'n ruochte wâ diu wirtin saz: einen guoten kropf er az, dar nâch er sware trünke tranc. die frouwen dûhte gar ze lanc sîns wesenes in dem poulûn. sie wânde, er ware ein garzûn gescheiden von den witzen. ir schame begunde switzen. iedoch sprach diu herzogin «junchêrre, ir sult mîn vingerlin 480 485 132 460 nachdem er sie geküsst, dauerte es gar nicht lange: unmittelbar da- nach. — 463 fürspan stn., Spange, die das Gewand vorn zusammen- schliefst. — 464 ungefuoge adv., unartig. — dannen, von da ab, vom Hemde. — 465 was mit, war versehen mit: wehrte sich wie ein Weib es kann. — 467 ringes gen. des Gerund., statt ringens. — 468 'n (= den) hunger, klagte über den Hunger, den er empfand. — 469 ir lîbes, an ihrem Leibe, in Bezug auf ihren Leib. — 470 mîn gen., von niht abhängig: mich. — 471 ze frumen, wie es euch nützlich wäre, euch geziemte. — wîse, verstän- dig. — 474 pardrîsekîn demin. von pardrîs, franz. perdrix, Rebhuhn. Die Endung kîn ist niederdeutsch. — 476 die es euch wenig (= durchaus nicht) zugedachte: die nicht für euch bestimmt waren. Vgl. III, 556. 478 er schlug sich seinen Magen ordentlich voll. — 479 sware trünke, tüchtige Züge. Crestien si en boit sovent et grans trais. — 481 sîns wesenes, mit seinem Verweilen. — 483 der von Verstande gekommen wäre. — 484 in ihrem Schamgefühl brach ihr der Angstschweißs aus, wenn sie dachte, was ihr von dem Narren geschehen könnte. — 485 iedoch, wiewobl sie in Angst war. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 143 hie lâzen unt mîn fürspan. hebt iuch enwec: wan kumet mîn man, ir müezet zürnen lîden, daz ir gérner möhtet mîden.» dô sprach der knappe wol geborn «wê wáz fürht’ ich iurs mannes zorn? wan schadet ez iu an êren, sô wil ich hinnen kêren.» dô gieng er zuo dem bette sân: ein ander kus dâ wart getân. daz was der herzoginne leit. der knappe ân' urloup dannen reit: iedoch sprach er «got hüete dîn : alsus riet mir diu muoter mîn.» 490 495 500 133 Der knappe des roubes was gemeit. do er eine wil' von dan gereit, wol nâch gein der mile zil, dô kom von dem ich sprechen wil. der spürte an dem touwe daz gesúochet was sîn frouwe. der snüere ein teil was ûz getret: dâ hete ein knappe'z gras gewet. der fürste wert unt erkant sîn wip dort unde al trûric vant. dô sprach der stolze Orilus «ôwê frówe, wie hân ich sus mîn dienst gein iu gewendet! mir ist nâch laster g'endet manec rîterlîcher prîs. 505 510 515 490 daz, was, nämlich das Zürnen meines Mannes. — gerner, lieber. — 492 iur, zusammengezogen aus iwer, iuwer. — 493 wan, doch: nicht aus Furcht vor dem Zorn des Mannes, sondern um ihrer Ehre nicht zu scha- den. — 496 ein ander, ein zweiter; vgl. 459. — 497 das verdroßs die Her- zogin. — 498 ohne, wie es die höfische Sitte erheischte, um die Erlaub- niss, gehen zu dürfen (gebt mir urloup), zu bitten. — 500 alsus: so zu grüßsen; vgl. 346. 501 gemeit mit gen., froh. — 502 gereit, geritten war. — 503 wohl nahezu daß er etwa eine Meile zurückgelegt hatte. — 504 kom, kam derjenige, von welchem ich nun erzählen will: nämlich Orilus. — 506 suochen, besuchen, heimsuchen. — 507 snüere, die Zeltseile; vgl. zu II, 81. — getret = ge- tretet, von treten swv.; ûz getret, durch Treten aus der Ordnung ge- bracht. — 508 weten swv. (zu waten), niedertreten. — 509 erkant, wohl- bekannt, berühmt. — 513 dienst kann masc. (mín = mînen) und neutr. sein: euch zugewendet. — 514 nâch laster = adv. lasterlîche, in schimpflicher Weise. — g'endet = geendet. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 143 hie lâzen unt mîn fürspan. hebt iuch enwec: wan kumet mîn man, ir müezet zürnen lîden, daz ir gérner möhtet mîden.» dô sprach der knappe wol geborn «wê wáz fürht’ ich iurs mannes zorn? wan schadet ez iu an êren, sô wil ich hinnen kêren.» dô gieng er zuo dem bette sân: ein ander kus dâ wart getân. daz was der herzoginne leit. der knappe ân' urloup dannen reit: iedoch sprach er «got hüete dîn : alsus riet mir diu muoter mîn.» 490 495 500 133 Der knappe des roubes was gemeit. do er eine wil' von dan gereit, wol nâch gein der mile zil, dô kom von dem ich sprechen wil. der spürte an dem touwe daz gesúochet was sîn frouwe. der snüere ein teil was ûz getret: dâ hete ein knappe'z gras gewet. der fürste wert unt erkant sîn wip dort unde al trûric vant. dô sprach der stolze Orilus «ôwê frówe, wie hân ich sus mîn dienst gein iu gewendet! mir ist nâch laster g'endet manec rîterlîcher prîs. 505 510 515 490 daz, was, nämlich das Zürnen meines Mannes. — gerner, lieber. — 492 iur, zusammengezogen aus iwer, iuwer. — 493 wan, doch: nicht aus Furcht vor dem Zorn des Mannes, sondern um ihrer Ehre nicht zu scha- den. — 496 ein ander, ein zweiter; vgl. 459. — 497 das verdroßs die Her- zogin. — 498 ohne, wie es die höfische Sitte erheischte, um die Erlaub- niss, gehen zu dürfen (gebt mir urloup), zu bitten. — 500 alsus: so zu grüßsen; vgl. 346. 501 gemeit mit gen., froh. — 502 gereit, geritten war. — 503 wohl nahezu daß er etwa eine Meile zurückgelegt hatte. — 504 kom, kam derjenige, von welchem ich nun erzählen will: nämlich Orilus. — 506 suochen, besuchen, heimsuchen. — 507 snüere, die Zeltseile; vgl. zu II, 81. — getret = ge- tretet, von treten swv.; ûz getret, durch Treten aus der Ordnung ge- bracht. — 508 weten swv. (zu waten), niedertreten. — 509 erkant, wohl- bekannt, berühmt. — 513 dienst kann masc. (mín = mînen) und neutr. sein: euch zugewendet. — 514 nâch laster = adv. lasterlîche, in schimpflicher Weise. — g'endet = geendet. —
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144 DRITTES BUCH. 134 ir habet ein ander âmis.» diu frouwe bôt ir lougen mit wazzerrîchen ougen sô, daz se unschuldic wære. er'n geloubte niht ir mære. iedoch sprach sie mit forhten siten «dâ kom ein tôr her zuo geriten: swaz ich liute erkennet hân, i'ne gesách nie lîp sô wol getân. mîn fürspan und ein vingerlîn nam er ân' den willen mîn.» «hey sîn lîp iu wol gevellet. ir habet iuch z'ime gesellet.» dô sprach sie «nune welle got. sîniu ríbbalîn, sin gabilôt wârn mir doch ze nâhen. diu rede iu solte smâhen: fürstínne ez übele zæme, op sie dâ minne næme.» aber sprach der fürste sân «frouwe, i’n hân iu niht getân ; ir’n welt iuch einer site schamen: ir liezet küneginne namen und hiezt durch mich ein herzogin. der kouf gît mir ungewin. mîn mánhéit ist doch sô quec, daz iuwer bruoder Érec, min swâger, fil li roy Lac, iuch wol dar umbe hazzen mac. mich erkénnet och der wîse 520 525 530 535 540 545 516 amis, hier stn., Lieb, Geliebter. — 517 setzte ihr Leugnen entgegen, stellte es in Abrede. — 519 sô, in dem Sinne. — 520 mœere ist gen. pl. — 521 doch stellte sie die Thatsache selbst nicht in Abrede. — forhten ist gen. pl. — mit siten, in der Weise: in furchtsamer Weise. — 522 dâ häufig am Anfang einer Rede, erläuternd und begründend. — 523 swaz liute, so- viel Leute. — 526 gegen meinen Willen, mir mit Gewalt. — 529 das ver- hüte Gott. — 531 ich sah doch deutlich genug, dafs er ein Narr war. — 532 diu rede, solche Rede, wie ihr sie geführt. — smâhen swv., verächtlich erscheinen. — 533 zœme præet. conj. von zemen stv., ziemen, anstehen. — 534 dâ, von einem Narren. — 535 aber sprach, antwortete. — 536 niht, nichts. — 537 das wäre das einzige, was ihr mir vorwerfen, dessen ihr euch schämen könntet: dafs ihr nun nicht mehr Königin heißst. — einer site, eines Dinges. — 538 ir liezet, ihr liefset fahren, gabt auf. — 539 hiezt, wurdet genannt. — 540 der kouf, dieser Handel, den ich mit euch gemacht. — 541 meinen ritterlichen Muth kann kein Vorwurf treffen, der euch ent- schuldigte. — quec, muthig. — 544 dar umbe, weil ihr mein Weib seid. — 545 der wîse, der sich darauf versteht; Erec ist gemeint. —
144 DRITTES BUCH. 134 ir habet ein ander âmis.» diu frouwe bôt ir lougen mit wazzerrîchen ougen sô, daz se unschuldic wære. er'n geloubte niht ir mære. iedoch sprach sie mit forhten siten «dâ kom ein tôr her zuo geriten: swaz ich liute erkennet hân, i'ne gesách nie lîp sô wol getân. mîn fürspan und ein vingerlîn nam er ân' den willen mîn.» «hey sîn lîp iu wol gevellet. ir habet iuch z'ime gesellet.» dô sprach sie «nune welle got. sîniu ríbbalîn, sin gabilôt wârn mir doch ze nâhen. diu rede iu solte smâhen: fürstínne ez übele zæme, op sie dâ minne næme.» aber sprach der fürste sân «frouwe, i’n hân iu niht getân ; ir’n welt iuch einer site schamen: ir liezet küneginne namen und hiezt durch mich ein herzogin. der kouf gît mir ungewin. mîn mánhéit ist doch sô quec, daz iuwer bruoder Érec, min swâger, fil li roy Lac, iuch wol dar umbe hazzen mac. mich erkénnet och der wîse 520 525 530 535 540 545 516 amis, hier stn., Lieb, Geliebter. — 517 setzte ihr Leugnen entgegen, stellte es in Abrede. — 519 sô, in dem Sinne. — 520 mœere ist gen. pl. — 521 doch stellte sie die Thatsache selbst nicht in Abrede. — forhten ist gen. pl. — mit siten, in der Weise: in furchtsamer Weise. — 522 dâ häufig am Anfang einer Rede, erläuternd und begründend. — 523 swaz liute, so- viel Leute. — 526 gegen meinen Willen, mir mit Gewalt. — 529 das ver- hüte Gott. — 531 ich sah doch deutlich genug, dafs er ein Narr war. — 532 diu rede, solche Rede, wie ihr sie geführt. — smâhen swv., verächtlich erscheinen. — 533 zœme præet. conj. von zemen stv., ziemen, anstehen. — 534 dâ, von einem Narren. — 535 aber sprach, antwortete. — 536 niht, nichts. — 537 das wäre das einzige, was ihr mir vorwerfen, dessen ihr euch schämen könntet: dafs ihr nun nicht mehr Königin heißst. — einer site, eines Dinges. — 538 ir liezet, ihr liefset fahren, gabt auf. — 539 hiezt, wurdet genannt. — 540 der kouf, dieser Handel, den ich mit euch gemacht. — 541 meinen ritterlichen Muth kann kein Vorwurf treffen, der euch ent- schuldigte. — quec, muthig. — 544 dar umbe, weil ihr mein Weib seid. — 545 der wîse, der sich darauf versteht; Erec ist gemeint. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 145 135 an sô bewandem prîse, der niender mag entêret sîn, wan daz er mich vor Prûrin mit sîner tjoste valte. am ime ich sît bezalte hôhen prîs vor Kárnánt. ze rehter tjost stach in mîn hant hinder'z órs durh fîanze: durch sînen schilt mîn lanze iwer kléinoete brâhte. vil wênc ich dô gedâhte iwerr minne eim' andern trûte, min frouwe Jéschûte. frouwe, ir sult gelouben des, daz der stolze Gâlôes, fil li roy Gándîn, tôt lac von der tjoste mîn. ir hielt ouch dâ nâhen bî, dâ Plihopliheri gein mir durch tjostieren reit und mich sîn strîten niht vermeit. min tjoste in hinder’z ors verswanc, daz in der satel niender dranc. ich han dicke pris bezalt und manegen riter abe gevalt. des enmoht' ich nu geniezen niht: ein hôhez laster mir des giht. Sie hazzent mich besunder, die von der tavelrunder, 550 555 560 565 570 546 er weiß dafs ich solchen Ruhm habe. — 548 wan dat, ausgenommen dafs ; das ist der einzige Makel an meinem Ruhme. Das Turnier bei Prurin wird Erec 2440 fg. erzählt: Orilus heifst dort der hôchvertige Landô (2575), im franz. Erec li orgueilleus de la lande. — 549 valte præt. von vellen (I, 624). — 550 bezalte pris, errang, erwarb Ruhm; bezaln, vgl. zu I, 438. — 551 Karnant, die Hauptstadt im Reiche König Lac's; von diesem Aben- teuer steht im Erec nichts. — 553 durh, um jenes Gelöbniss von ihm zu erlangen. — 555 über das Stechen der Kleinode durch die Schilde vgl. zu I, 944. — 556 wenig (durchaus nicht) dachte ich damals, daßs eure Minne einem andern Liebhaber zu Theil werden würde. Vgl. zu III, 476. — 560 Gâlôes, Gahmuret’s Bruder: auf seinen Tod war I, 982 fg. Bezug ge- nommen, aber nicht Orilus dabei erwähnt. — 563 hielt 2. pl. = hieltet. — 564 Plihopliherî, ein Ritter der Tafelrunde, dessen auch im Iwein 4705 ge- dacht ist. — 567 verswingen stv., im Schwunge fortschleudern. — 568 drane, drängte, drückte. — 571 von meinem Ruhme konnte ich nun keinen Nutzen haben. — 572 die grofse Schande, die ihr mir angethan, sagt mir das. 573 besunder, einzeln: jeder einzelne, alle. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 10
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 145 135 an sô bewandem prîse, der niender mag entêret sîn, wan daz er mich vor Prûrin mit sîner tjoste valte. am ime ich sît bezalte hôhen prîs vor Kárnánt. ze rehter tjost stach in mîn hant hinder'z órs durh fîanze: durch sînen schilt mîn lanze iwer kléinoete brâhte. vil wênc ich dô gedâhte iwerr minne eim' andern trûte, min frouwe Jéschûte. frouwe, ir sult gelouben des, daz der stolze Gâlôes, fil li roy Gándîn, tôt lac von der tjoste mîn. ir hielt ouch dâ nâhen bî, dâ Plihopliheri gein mir durch tjostieren reit und mich sîn strîten niht vermeit. min tjoste in hinder’z ors verswanc, daz in der satel niender dranc. ich han dicke pris bezalt und manegen riter abe gevalt. des enmoht' ich nu geniezen niht: ein hôhez laster mir des giht. Sie hazzent mich besunder, die von der tavelrunder, 550 555 560 565 570 546 er weiß dafs ich solchen Ruhm habe. — 548 wan dat, ausgenommen dafs ; das ist der einzige Makel an meinem Ruhme. Das Turnier bei Prurin wird Erec 2440 fg. erzählt: Orilus heifst dort der hôchvertige Landô (2575), im franz. Erec li orgueilleus de la lande. — 549 valte præt. von vellen (I, 624). — 550 bezalte pris, errang, erwarb Ruhm; bezaln, vgl. zu I, 438. — 551 Karnant, die Hauptstadt im Reiche König Lac's; von diesem Aben- teuer steht im Erec nichts. — 553 durh, um jenes Gelöbniss von ihm zu erlangen. — 555 über das Stechen der Kleinode durch die Schilde vgl. zu I, 944. — 556 wenig (durchaus nicht) dachte ich damals, daßs eure Minne einem andern Liebhaber zu Theil werden würde. Vgl. zu III, 476. — 560 Gâlôes, Gahmuret’s Bruder: auf seinen Tod war I, 982 fg. Bezug ge- nommen, aber nicht Orilus dabei erwähnt. — 563 hielt 2. pl. = hieltet. — 564 Plihopliherî, ein Ritter der Tafelrunde, dessen auch im Iwein 4705 ge- dacht ist. — 567 verswingen stv., im Schwunge fortschleudern. — 568 drane, drängte, drückte. — 571 von meinem Ruhme konnte ich nun keinen Nutzen haben. — 572 die grofse Schande, die ihr mir angethan, sagt mir das. 573 besunder, einzeln: jeder einzelne, alle. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 10
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146 DRITTES BUCH. 575 136 der ich ähte nider stach, da'z manec wert juncfrouwe sach, umbe'n spärwar' ze Kanadic. ich behielt iu pris und mir den sic. daz sâhet ir unt Artûs, der mîne swester hât ze hûs, die süezen Cunnewâren. ir munt kan niht gebâren mit lachene, ê sie den gesiht dem man des hoehsten prises giht. wan koem' mir doch der selbe man! sô wurde ein strîten hie getân, als hiute morgen, dô ich streit und eime fürsten frumte leit, der mir sîn tjostieren bôt: von mîner tjoste lag er tôt. ich enwil iu niht von zorne sagen, daz manger hât sîn wip geslagen umbe ir krenker schulde. het ich dienst od hulde, daz ich iu solte bieten, ir müest iuch mangels nieten. ich ensol niht mêr erwarmen an iweren blanken armen, da ich étswénn' durh minne lac manegen wünneclîchen tac. ich sol vélwen iweren rôten munt, und iwern óugen machen roete kunt. ich sol iu fröude entêren, und iwer herze siuften lêren.» 580 585 590 595 600 576 vor den Augen mancher werthen Jungfrau. — 577 spärware stm., Sperber. Auf die Geschichte wird auch V, 1618 angespielt. Ein Sperber auf einer Stange als Turnierpreis kommt auch im Erec vor (V. 188). — 580 ze hûs, in seinem Hause. — 582 gebâren, umgehen: versteht nicht zu lachen. Vgl. III, 1057. — 585 der selbe, eben dieser: dem man den höch- sten Preis zugesteht. — 588 eime fürsten: gemeint ist Schionatulander, vgl. 677. — 591 ich schweige davon, daßs mancher im Zorne sein Weib geschlagen hat; ich werde dergleichen nicht thun. — 593 krenker compar. von kranc, schwach, gering. — 594 hulde, Huldigung. — 596 sich nieten mit gen., genug haben: daran solltet ihr fortan reichlich Mangel haben, daf ich euch Dienst oder Huldigung böte. — 597 ich sol, ich werde. — 599 da, an denen. — etswenne, manchmal in früherer Zeit. — durh minne, um der Minne zu pflegen. — 601 velwen swv. (zu val), entfärbt, bleich machen. — 602 eure Augen Röthe kennen lehren (durch Thränen). — 603 eure Freude ihrer Ehre berauben.
146 DRITTES BUCH. 575 136 der ich ähte nider stach, da'z manec wert juncfrouwe sach, umbe'n spärwar' ze Kanadic. ich behielt iu pris und mir den sic. daz sâhet ir unt Artûs, der mîne swester hât ze hûs, die süezen Cunnewâren. ir munt kan niht gebâren mit lachene, ê sie den gesiht dem man des hoehsten prises giht. wan koem' mir doch der selbe man! sô wurde ein strîten hie getân, als hiute morgen, dô ich streit und eime fürsten frumte leit, der mir sîn tjostieren bôt: von mîner tjoste lag er tôt. ich enwil iu niht von zorne sagen, daz manger hât sîn wip geslagen umbe ir krenker schulde. het ich dienst od hulde, daz ich iu solte bieten, ir müest iuch mangels nieten. ich ensol niht mêr erwarmen an iweren blanken armen, da ich étswénn' durh minne lac manegen wünneclîchen tac. ich sol vélwen iweren rôten munt, und iwern óugen machen roete kunt. ich sol iu fröude entêren, und iwer herze siuften lêren.» 580 585 590 595 600 576 vor den Augen mancher werthen Jungfrau. — 577 spärware stm., Sperber. Auf die Geschichte wird auch V, 1618 angespielt. Ein Sperber auf einer Stange als Turnierpreis kommt auch im Erec vor (V. 188). — 580 ze hûs, in seinem Hause. — 582 gebâren, umgehen: versteht nicht zu lachen. Vgl. III, 1057. — 585 der selbe, eben dieser: dem man den höch- sten Preis zugesteht. — 588 eime fürsten: gemeint ist Schionatulander, vgl. 677. — 591 ich schweige davon, daßs mancher im Zorne sein Weib geschlagen hat; ich werde dergleichen nicht thun. — 593 krenker compar. von kranc, schwach, gering. — 594 hulde, Huldigung. — 596 sich nieten mit gen., genug haben: daran solltet ihr fortan reichlich Mangel haben, daf ich euch Dienst oder Huldigung böte. — 597 ich sol, ich werde. — 599 da, an denen. — etswenne, manchmal in früherer Zeit. — durh minne, um der Minne zu pflegen. — 601 velwen swv. (zu val), entfärbt, bleich machen. — 602 eure Augen Röthe kennen lehren (durch Thränen). — 603 eure Freude ihrer Ehre berauben.
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 147 Diu fürstîn an den fürsten sach: ir munt dô jæmerlîchen sprach « nu êret an mir rîters prîs. ir sît getriuwe unde wîs, und och wol sô gewaldic mîn, ir muget mir geben hôhen pîn. ir sult ê mîn gerihte nemen durch elliu wip lât's iuch gezemen: ir muget mir dannoch füegen nôt. laege ich von andern handen tôt, daz iu niht prîs geneicte, swie schiere ich denne veicte, daz waere mir ein süeziu zît, sît iuwer hazzen an mir lît.» 610 615 605 137 Aber sprach der fürste mêr «frouwe, ir wert mir gar ze hêr : des sol ich an iu mâzen. geselleschaft wird lâzen mit trinken und mit ezzen: bi ligens wirt vergezzen. ir'nphâhet mêr dehein gewant, wan als ich iuch sitzen vant. iwer zóum muoz sîn ein pästin seil, iwer phért bejaget wol hungers teil, iwer sâtel wol gezieret der wirt énschumphieret.» vil balde er zarte unde brach den samît drabe: dô daz geschach, 620 625 630 605 an — sach, sah an. — 607 deutlicher ist die negative Ausdrucks- weise : entehrt nicht durch ungerechte Behandlung gegen mich ritterlichen Ruhm. — 608 getriuwe, aufrichtig, wohlmeinend. — wîs, verständig. — 611 ê, vorher: ehe ihr mich verurtheilt. — gerihte stn., Rechtfertigung: sie erbietet sich zur Entscheidung durch ein Gottesurtheil. — 612 um der Achtung willen, die ihr dem ganzen weiblichen Geschlechte erweist. — gezemen, gefallen. — 613 dannoch, dann immer noch. — 614 sie will nicht von seiner Hand sterben, weil ihm das zum Vorwurf gereichen würde. — 615 daz, was = sodaßs es (mein Tod). — geneigen swv., herabsetzen, er- niedrigen. — 616 veigen, swv., dem Tode verfallen sein, sterben. — 617 ich stürbe gern, da ihr mich hasst. 620 wert = werdet. — hêr, stolz, hochmüthig. — 621 mâzen swv., Maſs halten; mit gen., in etwas. Das werde ich euch beschränken. — 622 lâzen part. præet. — geselleschaft ist mit mit zu verbinden. — 626 wan als, außser dasjenige, in welchem. — 627 pästîn, bästîn (636) adj., von Bast. — 628 er- langt wohl ein gut Theil Hunger, soll ordentlich hungern. — 630 enschum- phieren, in einen schmachvollen Zustand bringen. — 631 zarte præt. von zerren. — 632 geschach plusquamperf. — 10 *
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 147 Diu fürstîn an den fürsten sach: ir munt dô jæmerlîchen sprach « nu êret an mir rîters prîs. ir sît getriuwe unde wîs, und och wol sô gewaldic mîn, ir muget mir geben hôhen pîn. ir sult ê mîn gerihte nemen durch elliu wip lât's iuch gezemen: ir muget mir dannoch füegen nôt. laege ich von andern handen tôt, daz iu niht prîs geneicte, swie schiere ich denne veicte, daz waere mir ein süeziu zît, sît iuwer hazzen an mir lît.» 610 615 605 137 Aber sprach der fürste mêr «frouwe, ir wert mir gar ze hêr : des sol ich an iu mâzen. geselleschaft wird lâzen mit trinken und mit ezzen: bi ligens wirt vergezzen. ir'nphâhet mêr dehein gewant, wan als ich iuch sitzen vant. iwer zóum muoz sîn ein pästin seil, iwer phért bejaget wol hungers teil, iwer sâtel wol gezieret der wirt énschumphieret.» vil balde er zarte unde brach den samît drabe: dô daz geschach, 620 625 630 605 an — sach, sah an. — 607 deutlicher ist die negative Ausdrucks- weise : entehrt nicht durch ungerechte Behandlung gegen mich ritterlichen Ruhm. — 608 getriuwe, aufrichtig, wohlmeinend. — wîs, verständig. — 611 ê, vorher: ehe ihr mich verurtheilt. — gerihte stn., Rechtfertigung: sie erbietet sich zur Entscheidung durch ein Gottesurtheil. — 612 um der Achtung willen, die ihr dem ganzen weiblichen Geschlechte erweist. — gezemen, gefallen. — 613 dannoch, dann immer noch. — 614 sie will nicht von seiner Hand sterben, weil ihm das zum Vorwurf gereichen würde. — 615 daz, was = sodaßs es (mein Tod). — geneigen swv., herabsetzen, er- niedrigen. — 616 veigen, swv., dem Tode verfallen sein, sterben. — 617 ich stürbe gern, da ihr mich hasst. 620 wert = werdet. — hêr, stolz, hochmüthig. — 621 mâzen swv., Maſs halten; mit gen., in etwas. Das werde ich euch beschränken. — 622 lâzen part. præet. — geselleschaft ist mit mit zu verbinden. — 626 wan als, außser dasjenige, in welchem. — 627 pästîn, bästîn (636) adj., von Bast. — 628 er- langt wohl ein gut Theil Hunger, soll ordentlich hungern. — 630 enschum- phieren, in einen schmachvollen Zustand bringen. — 631 zarte præt. von zerren. — 632 geschach plusquamperf. — 10 *
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148 DRITTES BUCH. 138 er zerslúoc den satel dâ se inne reit (ir kiusche und ir wîpheit sîn hazzen lîden muosten): mit bästînen buosten bant er’n aber wider zuo. ir kom sîn hazzen alze fruo. dô sprach er an den zîten «frówe, nu súlen wir rîten. koem' ich an in, des wurde ich geil, der hie nam iwerre minne teil. ich bestüende in doch durch âventiur, ob sîn âtem gæbe fiur, als eines wilden trachen." al weinde sunder lachen diu frouwe jâmers rîche schiet dannen trûreclîche. sine müete niht, swaz ir geschach, wan eht ir mannes ungemach : des trûren gap ir grôze nôt, daz sie noch sampfter wære tôt. nu sult ir sie durch triuwe klagen: si beginnet nu hôhen kumber tragen. wær’ mir aller wibe haz bereit, mich müet doch froun Jeschûten leit. sus riten sie ûf der slâ hin nâch: dem knappen vor in ouch was gâch. doch wesse der unverzagete niht daz man ihn jagete: wan swen sîn ougen sâhen, so er dem begunde nâhen, den gruozte der knappe guoter, und jach «sus riet mîn muoter.» 640 645 650 655 660 635 Sus kom unser teerscher knabe geriten eine halden abe. 665 636 buost (oder buoste?) stm.?, Strick aus Bast (zu bast). — 637 aber wider, ein Pleonasmus. — 638 sie hätte auf seinen Haſs gern noch länger ge- wartet. — 639 an den zîten, in diesem Zeitpunkt: als er das gethan. — 641 käme ich an ihn heran, käme er mir in den Wurf. — 643 durch àven- tiur, um das Abenteuer zu bestehen, um mein Glück zu versuchen. — 645 als sc. der âtem. — 650 eht dasselbe was et (I, 633), nur, blofs. — 652 sampfter, leichter, lieber. — 654 hôhen, grofsen, wie hôhez laster 572, hôhen pîn 610. — 655 wenn ich mir auch den Haßs aller Weiber dadurch zuzöge. — 661 wan, doch: wiewohl er eilig ritt ; seine Eile aber stammte nicht aus Furcht. — 663 guoter stark flectiertes Adj., ebenso III, 1225; VII, 1102.
148 DRITTES BUCH. 138 er zerslúoc den satel dâ se inne reit (ir kiusche und ir wîpheit sîn hazzen lîden muosten): mit bästînen buosten bant er’n aber wider zuo. ir kom sîn hazzen alze fruo. dô sprach er an den zîten «frówe, nu súlen wir rîten. koem' ich an in, des wurde ich geil, der hie nam iwerre minne teil. ich bestüende in doch durch âventiur, ob sîn âtem gæbe fiur, als eines wilden trachen." al weinde sunder lachen diu frouwe jâmers rîche schiet dannen trûreclîche. sine müete niht, swaz ir geschach, wan eht ir mannes ungemach : des trûren gap ir grôze nôt, daz sie noch sampfter wære tôt. nu sult ir sie durch triuwe klagen: si beginnet nu hôhen kumber tragen. wær’ mir aller wibe haz bereit, mich müet doch froun Jeschûten leit. sus riten sie ûf der slâ hin nâch: dem knappen vor in ouch was gâch. doch wesse der unverzagete niht daz man ihn jagete: wan swen sîn ougen sâhen, so er dem begunde nâhen, den gruozte der knappe guoter, und jach «sus riet mîn muoter.» 640 645 650 655 660 635 Sus kom unser teerscher knabe geriten eine halden abe. 665 636 buost (oder buoste?) stm.?, Strick aus Bast (zu bast). — 637 aber wider, ein Pleonasmus. — 638 sie hätte auf seinen Haſs gern noch länger ge- wartet. — 639 an den zîten, in diesem Zeitpunkt: als er das gethan. — 641 käme ich an ihn heran, käme er mir in den Wurf. — 643 durch àven- tiur, um das Abenteuer zu bestehen, um mein Glück zu versuchen. — 645 als sc. der âtem. — 650 eht dasselbe was et (I, 633), nur, blofs. — 652 sampfter, leichter, lieber. — 654 hôhen, grofsen, wie hôhez laster 572, hôhen pîn 610. — 655 wenn ich mir auch den Haßs aller Weiber dadurch zuzöge. — 661 wan, doch: wiewohl er eilig ritt ; seine Eile aber stammte nicht aus Furcht. — 663 guoter stark flectiertes Adj., ebenso III, 1225; VII, 1102.
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 149 wibes stimme er hôrte vor eines velses orte. ein frouwe uz rehtem jâmer schrei: ir was diu wâre fröude enzwei. der knappe reit ir balde zuo. nu hoeret waz diu frouwe tuo. dâ brach frou Sigûne ir langen zöpfe brûne vor jâmer ûzer swarten. der knappe begunde warten: Schîânatulander den fürsten tôt dâ vander der juncfrouwen in ir schôz. aller schimphe sie verdrôz. 670 675 680 «Er sî trûric oder vröuden var, die bat mîn muoter grüezen gar. got halde iuch», sprach des knappen munt. «ich hân hie jæmerlîchen funt in iuwern schôze funden. wer gab iu den rîter wunden?" 139 der knappe unverdrozzen sprach «wer hât in erschozzen? gescháhez mit éime gabylôt? mich dunket, frouwe, er lige tôt. welt ir mir dâ von iht sagen, wer iu den riter habe erslagen? ob ich in müge errîten, ich wil gérne mit im strîten.» dô greif der knappe mære zuo sîme kóchâre: 685 690 695 668 ort, Spitze, Rand. — 669 schrei præet. von schrîen stv.; die andere Form schré kennt Wolfram nicht. — 671 reit ir zuo, ritt auf sie zu. — 673 dâ local: dort wo sie safs. — brechen, reisen. — Sigûne. die Tochter Kyot's von Katelangen und Schoysianens, der Schwester Herzeloydens, also Parzival's Base. — 675 ûzer = ûz der. — swarte swf., die behaarte (Kopf-) Haut. — 676 warten swv., schauen, spähen. — 679 der juncfrouwen ist dat. 681 Er, hier im allgemeinen Sinne : irgend jemand; darauf bezieht sich der Plural die. — fröuden (gen.) var, nach Freuden aussehend. — 682 gar, alle. — 683 halden stv. (= halten), behüten. — 686 wunden acc. sing. in flect. Form; vgl. zu II, 663. — 687 er liefs sich ihr Schweigen nicht ver- drießsen, sondern fragte weiter. — 693 errîten stv., reitend einholen. — 695 greif præt. von grifen. — more adj., berühmt, herrlich; aber nicht selten mit einem etwas ironischen Anfluge wie nhd. lobesam. — 696 kochœre stm., Köcher. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 149 wibes stimme er hôrte vor eines velses orte. ein frouwe uz rehtem jâmer schrei: ir was diu wâre fröude enzwei. der knappe reit ir balde zuo. nu hoeret waz diu frouwe tuo. dâ brach frou Sigûne ir langen zöpfe brûne vor jâmer ûzer swarten. der knappe begunde warten: Schîânatulander den fürsten tôt dâ vander der juncfrouwen in ir schôz. aller schimphe sie verdrôz. 670 675 680 «Er sî trûric oder vröuden var, die bat mîn muoter grüezen gar. got halde iuch», sprach des knappen munt. «ich hân hie jæmerlîchen funt in iuwern schôze funden. wer gab iu den rîter wunden?" 139 der knappe unverdrozzen sprach «wer hât in erschozzen? gescháhez mit éime gabylôt? mich dunket, frouwe, er lige tôt. welt ir mir dâ von iht sagen, wer iu den riter habe erslagen? ob ich in müge errîten, ich wil gérne mit im strîten.» dô greif der knappe mære zuo sîme kóchâre: 685 690 695 668 ort, Spitze, Rand. — 669 schrei præet. von schrîen stv.; die andere Form schré kennt Wolfram nicht. — 671 reit ir zuo, ritt auf sie zu. — 673 dâ local: dort wo sie safs. — brechen, reisen. — Sigûne. die Tochter Kyot's von Katelangen und Schoysianens, der Schwester Herzeloydens, also Parzival's Base. — 675 ûzer = ûz der. — swarte swf., die behaarte (Kopf-) Haut. — 676 warten swv., schauen, spähen. — 679 der juncfrouwen ist dat. 681 Er, hier im allgemeinen Sinne : irgend jemand; darauf bezieht sich der Plural die. — fröuden (gen.) var, nach Freuden aussehend. — 682 gar, alle. — 683 halden stv. (= halten), behüten. — 686 wunden acc. sing. in flect. Form; vgl. zu II, 663. — 687 er liefs sich ihr Schweigen nicht ver- drießsen, sondern fragte weiter. — 693 errîten stv., reitend einholen. — 695 greif præt. von grifen. — more adj., berühmt, herrlich; aber nicht selten mit einem etwas ironischen Anfluge wie nhd. lobesam. — 696 kochœre stm., Köcher. —
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150 DRITTES BUCH. 140 vil scharphiu gabylôt er vant. er fuorte ouch dannoch beidiu phant, diu er von Jeschûten brach und ime ein tumpheit dâ geschach. het er gelernt sîns vater site, die werdeclîche im wonte mite, diu bukel wære gehurtet baz, da diu hérzoginne al eine saz, diu sît vil kumbers durch in leit. mêr danne ein ganzez jâr sie meit gruoz von ir mannes libe. unrehte geschach dem wibe. Nu hoert ouch von Sigûnen sagen: diu kunde ir leit mit jâmer klagen. sie sprach zem knappen «du hâst tugent. gêret sî dîn süeziu jugent unt dîn antlítze minneclich. deiswâr du wirst noch sælden rîch. disen rîter meit dez gabylôt: er lac ze tjóstieren tôt. du bist geborn von triuwen, daz er dich sus kan riuwen.» ê sie den knappen riten lieze, sie vrâgte in ê wie er hieze, und jach er trüege den gotes vlîz. «bon fiz, schier fiz, bêâ fiz, alsus hât mich genennet 700 705 710 715 720 697 vant, nämlich in dem Köcher. — 698 fuorte, führte mit sich. — dan- noch, damals noch: später gab er sie weg ; vgl. III, 806. — phant, was er als Pfand behalten, weggenommen hatte. — 700 und in relativem Sinne mit dâ zu verbinden = dâ dâ (wobei das zweite dâ wie in der dâ verstärkt), wobei. — tumpheit, Unerfahrenheit, Einfältigkeit. — geschach , begegnete. — 702 die = der (zu III, 72), auf site bezüglich. — werdeclîche adv., in würdiger, herrlicher Weise. — im, seinem Vater. — 703 hurten swv., stofsen, hier mit acc. Der Schildbuckel (zu I, 1087) hätte bessere Stöfse erlitten, d. h. Gahmuret hätte sich mit dem, was Parzival ihr nahm, nicht begnügt, sondern mehr geraubt. — 704 dâ, in dem Zelte wo. — 706 sie ist acc., gruoz Subject. — 708 unrehte ist adv., wie leide ge- schehen u. s. w. 710 kunde, verstand. — 711 tugent, hier im Sinne von: edle feine Sitte, geziemendes Benehmen. — 715 meit præt. von mîden (ebenso 706), meiden, verschonen. — 716 ze, im. — 717 du stammst von der Treue ab. — 719 lieze conj., wo wir nhd. den Indicativ brauchen, und so oft bei Zeit- und Causalpartikeln. — 720 ê, vorher. — 721 den gotes vlîz: dasselbe Bild von Gott als schaffendem Künstler wie III, 219, 437. — 722 schier, altfranz. chier, theuer. — bêâ voc. von béâs, altfranz. beax, schön; lieb, vgl. II, 525. —
150 DRITTES BUCH. 140 vil scharphiu gabylôt er vant. er fuorte ouch dannoch beidiu phant, diu er von Jeschûten brach und ime ein tumpheit dâ geschach. het er gelernt sîns vater site, die werdeclîche im wonte mite, diu bukel wære gehurtet baz, da diu hérzoginne al eine saz, diu sît vil kumbers durch in leit. mêr danne ein ganzez jâr sie meit gruoz von ir mannes libe. unrehte geschach dem wibe. Nu hoert ouch von Sigûnen sagen: diu kunde ir leit mit jâmer klagen. sie sprach zem knappen «du hâst tugent. gêret sî dîn süeziu jugent unt dîn antlítze minneclich. deiswâr du wirst noch sælden rîch. disen rîter meit dez gabylôt: er lac ze tjóstieren tôt. du bist geborn von triuwen, daz er dich sus kan riuwen.» ê sie den knappen riten lieze, sie vrâgte in ê wie er hieze, und jach er trüege den gotes vlîz. «bon fiz, schier fiz, bêâ fiz, alsus hât mich genennet 700 705 710 715 720 697 vant, nämlich in dem Köcher. — 698 fuorte, führte mit sich. — dan- noch, damals noch: später gab er sie weg ; vgl. III, 806. — phant, was er als Pfand behalten, weggenommen hatte. — 700 und in relativem Sinne mit dâ zu verbinden = dâ dâ (wobei das zweite dâ wie in der dâ verstärkt), wobei. — tumpheit, Unerfahrenheit, Einfältigkeit. — geschach , begegnete. — 702 die = der (zu III, 72), auf site bezüglich. — werdeclîche adv., in würdiger, herrlicher Weise. — im, seinem Vater. — 703 hurten swv., stofsen, hier mit acc. Der Schildbuckel (zu I, 1087) hätte bessere Stöfse erlitten, d. h. Gahmuret hätte sich mit dem, was Parzival ihr nahm, nicht begnügt, sondern mehr geraubt. — 704 dâ, in dem Zelte wo. — 706 sie ist acc., gruoz Subject. — 708 unrehte ist adv., wie leide ge- schehen u. s. w. 710 kunde, verstand. — 711 tugent, hier im Sinne von: edle feine Sitte, geziemendes Benehmen. — 715 meit præt. von mîden (ebenso 706), meiden, verschonen. — 716 ze, im. — 717 du stammst von der Treue ab. — 719 lieze conj., wo wir nhd. den Indicativ brauchen, und so oft bei Zeit- und Causalpartikeln. — 720 ê, vorher. — 721 den gotes vlîz: dasselbe Bild von Gott als schaffendem Künstler wie III, 219, 437. — 722 schier, altfranz. chier, theuer. — bêâ voc. von béâs, altfranz. beax, schön; lieb, vgl. II, 525. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 151 141 der mich dâ heime erkennet.» dô diu rede was getân, si erkánde in bî dem namen sân. nu hoert in rehter nennen, daz ir wol müget erkennen wer dirre aventiure hêrre sî: der hielt der juncfrouwen bî. ir rôter munt sprach sunder twâl «deiswâr du heizest Parzivâl. der name ist rehte enmitten durch. grôz liebe ier solch herzen furch mit dîner muoter triuwe : din vater liez ir riuwe. i'n gihe dir's niht ze ruome, dîn muoter ist mîn muome, und sage dir sunder valschen list die rehten wârheit, wer du bist. dîn vater was ein Anschevin: ein Wâleis von der muoter dîn bistu geborn von Kanvoleiz. die rehten wârheit ich des weiz. du bist och künec ze Norgâls: in der houbetstat ze Kingrivâls sol dîn houbet krône tragen. dirre fürste wart durch dich erslagen, wand' er dîn lant ie werte: sine triuwe er nie verscherte. júnc vlátic süezer man, die gebrúoder hânt dir vil getân. zwei lant nam dir Lähelin : disen rîter unt den vetern dîn 730 735 740 745 750 725 727 rehter compar. vom Adv. rehte, genauer. — 729 der Held dieser Er- zählung. — 730 bi ist adv. Præp.: der Jungfrau zur Seite. — 733 ist, be- deutet. — enmitten durch: die altfranzösische Form Perceval kann im ersten Theil als Imper. von percer, durchdringen, durchbohren, gedeutet werden. Auf diese Deutung führt auch der nach Perceval gebildete Rittername Perceforest (15. Jahrhundert). — 734 ier præt. von eren (zu III, 264). Dies Bild geht auch auf die Deutung des Namens. Die Liebe schnitt mittels der Treue (die dem Pflug verglichen wird) so tiefe Furchen ins Herz. — 737 ze ruome, damit du damit prahlst. — 738 muome stf., Mutterschwester; vgl. zu III, 673. — 743 Kanvoleiz ist die Hauptstadt von Wâleis. — 744 des, in Bezug darauf. — 748 dieser Fürst, Schianatulander. — durch dich, um deinetwillen. — 750 verscherien swv., verletzen (vgl. I, 84). — 751 vlatic adj., schön, schmuck ; die beiden ersten Adj. stehen unflectiert. — 752 näm- lich Lähelin und Orilus. — vil, viel zu Leide. — 753 zwei lant, Waleis und Norgals; vgl. III, 363. — 754 der zugleich dein Vetter war. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 151 141 der mich dâ heime erkennet.» dô diu rede was getân, si erkánde in bî dem namen sân. nu hoert in rehter nennen, daz ir wol müget erkennen wer dirre aventiure hêrre sî: der hielt der juncfrouwen bî. ir rôter munt sprach sunder twâl «deiswâr du heizest Parzivâl. der name ist rehte enmitten durch. grôz liebe ier solch herzen furch mit dîner muoter triuwe : din vater liez ir riuwe. i'n gihe dir's niht ze ruome, dîn muoter ist mîn muome, und sage dir sunder valschen list die rehten wârheit, wer du bist. dîn vater was ein Anschevin: ein Wâleis von der muoter dîn bistu geborn von Kanvoleiz. die rehten wârheit ich des weiz. du bist och künec ze Norgâls: in der houbetstat ze Kingrivâls sol dîn houbet krône tragen. dirre fürste wart durch dich erslagen, wand' er dîn lant ie werte: sine triuwe er nie verscherte. júnc vlátic süezer man, die gebrúoder hânt dir vil getân. zwei lant nam dir Lähelin : disen rîter unt den vetern dîn 730 735 740 745 750 725 727 rehter compar. vom Adv. rehte, genauer. — 729 der Held dieser Er- zählung. — 730 bi ist adv. Præp.: der Jungfrau zur Seite. — 733 ist, be- deutet. — enmitten durch: die altfranzösische Form Perceval kann im ersten Theil als Imper. von percer, durchdringen, durchbohren, gedeutet werden. Auf diese Deutung führt auch der nach Perceval gebildete Rittername Perceforest (15. Jahrhundert). — 734 ier præt. von eren (zu III, 264). Dies Bild geht auch auf die Deutung des Namens. Die Liebe schnitt mittels der Treue (die dem Pflug verglichen wird) so tiefe Furchen ins Herz. — 737 ze ruome, damit du damit prahlst. — 738 muome stf., Mutterschwester; vgl. zu III, 673. — 743 Kanvoleiz ist die Hauptstadt von Wâleis. — 744 des, in Bezug darauf. — 748 dieser Fürst, Schianatulander. — durch dich, um deinetwillen. — 750 verscherien swv., verletzen (vgl. I, 84). — 751 vlatic adj., schön, schmuck ; die beiden ersten Adj. stehen unflectiert. — 752 näm- lich Lähelin und Orilus. — vil, viel zu Leide. — 753 zwei lant, Waleis und Norgals; vgl. III, 363. — 754 der zugleich dein Vetter war. —
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152 DRITTES BUCH. ze tjóstiern sluoc Orilus. der liez och mich in jâmer sus. mir diende ân' alle schande dirre fürste von dîm' lande: dô zôch mich din muoter. lieber neve guoter, nu hoer' waz disiu maere sin. ein bracken seil gap ime den pîn. in unser zweier dienste den tôt hât er bejaget, und jâmernôt mir nâch sîner minne. ich hete kranke sinne, daz ich ime niht minne gap : des hât der sorgen úrháp mir fröudé verschrôten: nu minne i'n alsô tôten.» 760 765 755 770 142 Dô sprach er «niftel, mir ist leit din kumber und mîn laster breit. swenne ich daz mac gerechen, daz wil ich gerne zechen." dô was im gein dem strîte gâch. sie wiste in únréhte nâch: sie vorht' daz er den lip verlür unt daz sie groezeren schaden kür. eine strâze er dô gevienc, diu gein den Britoneysen gienc: diu was g'estrîchet unde breit. swer im widergienc od widerreit, ez wæer’ rîter oder koufman, 775 780 758 dîm' = dîme, aus dînme, dîneme. — 759 zôch, erzog. — 761 wie es sich damit verhält. — 762 bracken seil, Seil woran ein bracke, Spürhund, geführt wird. — den pîn bedeutet hier die Todesqual, den Tod. — 763 in beider Dienste starb er, indem er für Sigune das Brackenseil, für Parzival's Mutter die geraubten Länder gewinnen wollte. — 764 jâmernôt stf., jam- mervolle Sehnsucht. — 765 mir mit bejaget zu verbinden. — 766 ich hatte schwachen, geringen Verstand. — 768 urhap, Anfang (II, 1712) ; vielleicht hier Urheber: derjenige der die Sorge gibt, Gott. — 769 verschrôten stv., zerschneiden. — 770 i'n = ich in. — alsô tôten, todt wie er ist; vgl. Nibel. 1003, 3. 771 niftel hier nicht Nichte, der es dem Wortlaute nach entspricht, sondern Base. — 772 und meine groſe Schande. — 774 zechen swv., an- ordnen, schaffen, besorgen. — 776 unrehte adv., nicht auf dem rechten Wege. — nâch, Orilus nach. — 778 kür præt. conj. von kiesen stv., schmecken, erfahren, — 779 gevienc, traf an, erreichte. — 781 g'estrîchet = geestrîchet (von estrîch), wie Estrich eben, geebnet. — 782 widergan, widerrîten, gehend, reitend entgegenkommen. —
152 DRITTES BUCH. ze tjóstiern sluoc Orilus. der liez och mich in jâmer sus. mir diende ân' alle schande dirre fürste von dîm' lande: dô zôch mich din muoter. lieber neve guoter, nu hoer' waz disiu maere sin. ein bracken seil gap ime den pîn. in unser zweier dienste den tôt hât er bejaget, und jâmernôt mir nâch sîner minne. ich hete kranke sinne, daz ich ime niht minne gap : des hât der sorgen úrháp mir fröudé verschrôten: nu minne i'n alsô tôten.» 760 765 755 770 142 Dô sprach er «niftel, mir ist leit din kumber und mîn laster breit. swenne ich daz mac gerechen, daz wil ich gerne zechen." dô was im gein dem strîte gâch. sie wiste in únréhte nâch: sie vorht' daz er den lip verlür unt daz sie groezeren schaden kür. eine strâze er dô gevienc, diu gein den Britoneysen gienc: diu was g'estrîchet unde breit. swer im widergienc od widerreit, ez wæer’ rîter oder koufman, 775 780 758 dîm' = dîme, aus dînme, dîneme. — 759 zôch, erzog. — 761 wie es sich damit verhält. — 762 bracken seil, Seil woran ein bracke, Spürhund, geführt wird. — den pîn bedeutet hier die Todesqual, den Tod. — 763 in beider Dienste starb er, indem er für Sigune das Brackenseil, für Parzival's Mutter die geraubten Länder gewinnen wollte. — 764 jâmernôt stf., jam- mervolle Sehnsucht. — 765 mir mit bejaget zu verbinden. — 766 ich hatte schwachen, geringen Verstand. — 768 urhap, Anfang (II, 1712) ; vielleicht hier Urheber: derjenige der die Sorge gibt, Gott. — 769 verschrôten stv., zerschneiden. — 770 i'n = ich in. — alsô tôten, todt wie er ist; vgl. Nibel. 1003, 3. 771 niftel hier nicht Nichte, der es dem Wortlaute nach entspricht, sondern Base. — 772 und meine groſe Schande. — 774 zechen swv., an- ordnen, schaffen, besorgen. — 776 unrehte adv., nicht auf dem rechten Wege. — nâch, Orilus nach. — 778 kür præt. conj. von kiesen stv., schmecken, erfahren, — 779 gevienc, traf an, erreichte. — 781 g'estrîchet = geestrîchet (von estrîch), wie Estrich eben, geebnet. — 782 widergan, widerrîten, gehend, reitend entgegenkommen. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 153 143 die selben gruozter alle sân, und daz wæer’ sîner muoter rât. diu gáben ouch âne missetât. der âbent begunde nâhen, grôz müede gein im gâhen. do ersach der tumpheite gnôz ein hûs ze guoter mâze grôz. dâ was inne ein arger wirt, als noch uf ungeslähte birt. daz was ein vischære und aller güete lære. den knappen hunger lêrte daz er dergegene kêrte und klagte dem wirte hungers nôt. der sprach «i’n gæbe ein halbez brôt iu niht ze drîzec jâren. swer mîner milte varen vergebene wil, der sûmet sich. i'ne sorge umb' niemen danne umb' mich, dar nâch umb' mîniu kindelîn. ir enkomet tâlanc dâ her în. het ir phenninge oder phant, ich behielt’ iuch al zehant." dô bôt ime der knappe sân froun Jeschûten fürspan. dô daz der vílân ersach, sîn munt derlachte unde sprach «wiltu beliben, süezez kint, dich êrent al die hinne sint.» 790 795 800 805 810 785 786 gaben aus gab in, hatte ihn gegeben. — âne missetât, ohne böse Ab- sicht; vgl. âne spot, III, 104. — 789 der Genosse der Einfalt = Parzival. — 790 ze guoter mâze, ziemlich. — 791 arc adj., karg, geizig. — 792 unge- slähte stn., niedrige Herkunft, Mensch von niedriger Herkunft. — birt 3. præes. von bern, hier intr., geboren wird, entsteht; als Subject zu birt ist aus arger das Subst. erge herauszunehmen, wie diese Eigenschaft (der Geiz) sich noch heutzutage bei Menschen von niedriger Herkunft findet. Man sah die milte, die Freigebigkeit, vorzugsweise als Tugend der hohen Herren an. — 796 dergegene aus dar gegene, darauf zu. — 799 ze, in. — 800 milte stf., Freigebigkeit. — varen swv., mit gen., nach etwas trachten, etwas ins Auge fassen, sich Hoffnung worauf machen. — 801 vergebene adv., umsonst, unentgeltlich. — sich sûmen swv., sich aufhalten, seine Zeit und Mühe verlieren. — 804 tâlanc adv. aus tagelanc (der Ausfall des Consonanten erklärt die Länge des a), während der Dauer dieses Tages, heute. — 805 het synkopiert aus hetet. — 806 behalten stv., im Hause be- halten, bewirthen. — 810 derlachen = erlachen swv., auflachen, zu lachen beginnen; vgl. derwerben, derzucken u. a. — 812 hinne = hie inne adv., hier — im Hause.
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 153 143 die selben gruozter alle sân, und daz wæer’ sîner muoter rât. diu gáben ouch âne missetât. der âbent begunde nâhen, grôz müede gein im gâhen. do ersach der tumpheite gnôz ein hûs ze guoter mâze grôz. dâ was inne ein arger wirt, als noch uf ungeslähte birt. daz was ein vischære und aller güete lære. den knappen hunger lêrte daz er dergegene kêrte und klagte dem wirte hungers nôt. der sprach «i’n gæbe ein halbez brôt iu niht ze drîzec jâren. swer mîner milte varen vergebene wil, der sûmet sich. i'ne sorge umb' niemen danne umb' mich, dar nâch umb' mîniu kindelîn. ir enkomet tâlanc dâ her în. het ir phenninge oder phant, ich behielt’ iuch al zehant." dô bôt ime der knappe sân froun Jeschûten fürspan. dô daz der vílân ersach, sîn munt derlachte unde sprach «wiltu beliben, süezez kint, dich êrent al die hinne sint.» 790 795 800 805 810 785 786 gaben aus gab in, hatte ihn gegeben. — âne missetât, ohne böse Ab- sicht; vgl. âne spot, III, 104. — 789 der Genosse der Einfalt = Parzival. — 790 ze guoter mâze, ziemlich. — 791 arc adj., karg, geizig. — 792 unge- slähte stn., niedrige Herkunft, Mensch von niedriger Herkunft. — birt 3. præes. von bern, hier intr., geboren wird, entsteht; als Subject zu birt ist aus arger das Subst. erge herauszunehmen, wie diese Eigenschaft (der Geiz) sich noch heutzutage bei Menschen von niedriger Herkunft findet. Man sah die milte, die Freigebigkeit, vorzugsweise als Tugend der hohen Herren an. — 796 dergegene aus dar gegene, darauf zu. — 799 ze, in. — 800 milte stf., Freigebigkeit. — varen swv., mit gen., nach etwas trachten, etwas ins Auge fassen, sich Hoffnung worauf machen. — 801 vergebene adv., umsonst, unentgeltlich. — sich sûmen swv., sich aufhalten, seine Zeit und Mühe verlieren. — 804 tâlanc adv. aus tagelanc (der Ausfall des Consonanten erklärt die Länge des a), während der Dauer dieses Tages, heute. — 805 het synkopiert aus hetet. — 806 behalten stv., im Hause be- halten, bewirthen. — 810 derlachen = erlachen swv., auflachen, zu lachen beginnen; vgl. derwerben, derzucken u. a. — 812 hinne = hie inne adv., hier — im Hause.
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154 DRITTES BUCH. “wiltu mich hînt wol spîsen und morgen rehte wîsen gein Artûs (dem bin ich holt), sô mac belîben dir daz golt.» «diz tuon ich», sprach der vílân. «i'ne gesách nie lîp sô wol getân. ich pringe dich durch wunder für des küneges tafelrunder." die naht beleip der knappe dâ: man sah in’s morgens anderswâ. des tages er kûme erbeite. der wirt ouch sich bereite und lief im vor, der knappe nâch reit: dô was in beiden gâch. mîn hêr Hártmán von Ouwe, frou Ginóvêr iuwer frouwe und iur hêrre der künec Artûs, den kumet ein mîn gast ze hûs. bitet hüeten sin vor spotte. er'n ist gîge noch diu rotte : sie sulen ein ander gampel nemen: des lâzen sich durch zuht gezemen. anders iuwer frouwe Enîte unt ir muoter Karsnafîte 144 werdent durch die müle gezücket unde ir lop gebücket. 815 820 825 830 835 815 dem bin ich holt, zu dem zieht es mich hin. — 819 durch wunder, um des Ungewöhnlichen willen; weil du eine so ungewöhnliche, wunderbare Erscheinung bist. — 820 tavelrunder stf., die Tafelrunde des König Artus ; dieser Form, nicht tavelrunde, bedient sich Wolfram; vgl. III, 574, 960. IV, 738, 1106; VI, 16 u. s. w. Zu vergleichen ist Lalander = lalande (zu III, 413). — 822 's morgens = des morgens. — 823 erbeite præt. von erheiten swv., erwarten: er konnte den Tag kaum erwarten. — 825 vor, voran. — 827 Wolfram wendet sich an Hartmann, weil dieser damals der bekannteste Dichter von Artusromanen in deutscher Sprache war. — mîn hêr, ehrender Titel = monsieur. — 828 frouwe swf., Herrin; Ginovér und Artûs sind Nomin., die durch den (830) in die Construction aufgenommen werden. — 830 ein min gast, ein Gast von mir, den ich ihnen schicke. — ze hûs, ins Haus. — 831 bittet dafs man ihn vor Spott in Acht nehme, bewahre. — 832 gîge swf., Geige. — rotte stf., die wälsche Harfe, kelt. crwth, altfranz. rote. Er ist kein Instrument, auf dem man nur so spielen kann. Vgl. Shakespeare's Hamlet, III, 2. — 833 gampel stf., Spielzeug. — 834 sich ist acc., sonst würde es in lauten; vgl. III, 612. — durch zuht, um ihrer Wohlerzogenheit willen. — 835 anders, sonst. — Enîte, die Heldin von Hartmann’s Erec. Auch sie erschien, die Tochter armer Edelleute, bei Artus in ärmlichem Aufzuge. — 836 Karsnafîte, vgl. Erec 429. — 837 sprich- wörtlicher Ausdruck: vgl. unser durchhecheln. — 838 bücken swv. (zu biegen), beugen; auch die andere Lesart brücken gibt guten Sinn: zer- bröckeln; doch spricht die Ubereinstimmung der Hss. verschiedener Classen für die erstere. —
154 DRITTES BUCH. “wiltu mich hînt wol spîsen und morgen rehte wîsen gein Artûs (dem bin ich holt), sô mac belîben dir daz golt.» «diz tuon ich», sprach der vílân. «i'ne gesách nie lîp sô wol getân. ich pringe dich durch wunder für des küneges tafelrunder." die naht beleip der knappe dâ: man sah in’s morgens anderswâ. des tages er kûme erbeite. der wirt ouch sich bereite und lief im vor, der knappe nâch reit: dô was in beiden gâch. mîn hêr Hártmán von Ouwe, frou Ginóvêr iuwer frouwe und iur hêrre der künec Artûs, den kumet ein mîn gast ze hûs. bitet hüeten sin vor spotte. er'n ist gîge noch diu rotte : sie sulen ein ander gampel nemen: des lâzen sich durch zuht gezemen. anders iuwer frouwe Enîte unt ir muoter Karsnafîte 144 werdent durch die müle gezücket unde ir lop gebücket. 815 820 825 830 835 815 dem bin ich holt, zu dem zieht es mich hin. — 819 durch wunder, um des Ungewöhnlichen willen; weil du eine so ungewöhnliche, wunderbare Erscheinung bist. — 820 tavelrunder stf., die Tafelrunde des König Artus ; dieser Form, nicht tavelrunde, bedient sich Wolfram; vgl. III, 574, 960. IV, 738, 1106; VI, 16 u. s. w. Zu vergleichen ist Lalander = lalande (zu III, 413). — 822 's morgens = des morgens. — 823 erbeite præt. von erheiten swv., erwarten: er konnte den Tag kaum erwarten. — 825 vor, voran. — 827 Wolfram wendet sich an Hartmann, weil dieser damals der bekannteste Dichter von Artusromanen in deutscher Sprache war. — mîn hêr, ehrender Titel = monsieur. — 828 frouwe swf., Herrin; Ginovér und Artûs sind Nomin., die durch den (830) in die Construction aufgenommen werden. — 830 ein min gast, ein Gast von mir, den ich ihnen schicke. — ze hûs, ins Haus. — 831 bittet dafs man ihn vor Spott in Acht nehme, bewahre. — 832 gîge swf., Geige. — rotte stf., die wälsche Harfe, kelt. crwth, altfranz. rote. Er ist kein Instrument, auf dem man nur so spielen kann. Vgl. Shakespeare's Hamlet, III, 2. — 833 gampel stf., Spielzeug. — 834 sich ist acc., sonst würde es in lauten; vgl. III, 612. — durch zuht, um ihrer Wohlerzogenheit willen. — 835 anders, sonst. — Enîte, die Heldin von Hartmann’s Erec. Auch sie erschien, die Tochter armer Edelleute, bei Artus in ärmlichem Aufzuge. — 836 Karsnafîte, vgl. Erec 429. — 837 sprich- wörtlicher Ausdruck: vgl. unser durchhecheln. — 838 bücken swv. (zu biegen), beugen; auch die andere Lesart brücken gibt guten Sinn: zer- bröckeln; doch spricht die Ubereinstimmung der Hss. verschiedener Classen für die erstere. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 155 sol ich den munt mit spotte zeren, ich wil mînen friunt mit spotte weren. Do kom der víscháre und ouch der knappe mære einer hóubetstat sô nâhen, aldâ sie Nantes sâhen. dô sprach er «kint, got hüete dîn. nu sich, dort soltu rîten în.» dô sprach der knappe an witzen laz «du solt mich wîsen fürbaz." « wie wol min lip daz bewart! diu mässenîe ist sölher art, genæhte ir iemer vílân, daz wær' vil sêre missetân." der knappe al eine fürbaz reit úf einen plân niht ze breit: der stuont von bluomen lieht gemâl. in zôch nehein Curvenâl: er'nkunde curtôsîe niht, als ungevarnem man geschiht. sin zoum der was pastîn, und harte kranc sîn phärdelîn: daz tet von strûche manegen val. ouch was sîn satel über al unbeslagen mit niuwen lederen. sámît, härmîner vederen man dâ vil lützel an im siht. er'n bedórfte der mantelsnüere niht. 145 für sukenîe und für surkôt, 845 850 855 860 840 865 839 zeren swv., anstrengen; zum Spotte brauchen, anwenden. 843 die houbetstat ist eben Nantes. — 847 an Verstand zurückgeblieben, einfältig. — 848 fürbaz, noch weiter. — 849 wie wol, wie sehr. — min lîp, ich : werde ich mich davor in Acht nehmen. — bewarn mit acc., sich vor etwas hüten. — 851 genœhen, dasselbe was genâhen, nahe kommen. — 852 missetuon anom. verb., übel handeln. — 856 Curvenâl, der Erzieher Tristan’s, des feingebildeten Jünglings. Ihn kannte Wolfram aus Eilhart’s von Oberge Tristrant. — 857 curtôsîe stf., höfisches Wesen, altfranz. cor- toisie, cortesie. — 858 ungevarn part., der noch nicht gereist, in die Welt gekommen ist. — 860 kranc, schlecht. — phärdelîn demin. von phärt, phert, aus mittellat. paraveredus. — 861 strůch stm., Straucheln. — 862 über al unbeslagen, nirgend beschlagen. — 864 vedere stf., flaumartiges Pelzwerk. Das vorangehende samît, an der Spitze des Satzes, steht nicht in der Construction; es müfste Gen. sein. — 866 mantelsnüere gen. sing. von mantelsnuor. — 867 sukenîe stf., altfranz. soquenie, sosquenie, Gewand, das über den Rock getragen wird. — surkôt stn., altfranz. sorcot, Oberrock. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 155 sol ich den munt mit spotte zeren, ich wil mînen friunt mit spotte weren. Do kom der víscháre und ouch der knappe mære einer hóubetstat sô nâhen, aldâ sie Nantes sâhen. dô sprach er «kint, got hüete dîn. nu sich, dort soltu rîten în.» dô sprach der knappe an witzen laz «du solt mich wîsen fürbaz." « wie wol min lip daz bewart! diu mässenîe ist sölher art, genæhte ir iemer vílân, daz wær' vil sêre missetân." der knappe al eine fürbaz reit úf einen plân niht ze breit: der stuont von bluomen lieht gemâl. in zôch nehein Curvenâl: er'nkunde curtôsîe niht, als ungevarnem man geschiht. sin zoum der was pastîn, und harte kranc sîn phärdelîn: daz tet von strûche manegen val. ouch was sîn satel über al unbeslagen mit niuwen lederen. sámît, härmîner vederen man dâ vil lützel an im siht. er'n bedórfte der mantelsnüere niht. 145 für sukenîe und für surkôt, 845 850 855 860 840 865 839 zeren swv., anstrengen; zum Spotte brauchen, anwenden. 843 die houbetstat ist eben Nantes. — 847 an Verstand zurückgeblieben, einfältig. — 848 fürbaz, noch weiter. — 849 wie wol, wie sehr. — min lîp, ich : werde ich mich davor in Acht nehmen. — bewarn mit acc., sich vor etwas hüten. — 851 genœhen, dasselbe was genâhen, nahe kommen. — 852 missetuon anom. verb., übel handeln. — 856 Curvenâl, der Erzieher Tristan’s, des feingebildeten Jünglings. Ihn kannte Wolfram aus Eilhart’s von Oberge Tristrant. — 857 curtôsîe stf., höfisches Wesen, altfranz. cor- toisie, cortesie. — 858 ungevarn part., der noch nicht gereist, in die Welt gekommen ist. — 860 kranc, schlecht. — phärdelîn demin. von phärt, phert, aus mittellat. paraveredus. — 861 strůch stm., Straucheln. — 862 über al unbeslagen, nirgend beschlagen. — 864 vedere stf., flaumartiges Pelzwerk. Das vorangehende samît, an der Spitze des Satzes, steht nicht in der Construction; es müfste Gen. sein. — 866 mantelsnüere gen. sing. von mantelsnuor. — 867 sukenîe stf., altfranz. soquenie, sosquenie, Gewand, das über den Rock getragen wird. — surkôt stn., altfranz. sorcot, Oberrock. —
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156 DRITTES BUCH. dâ für nam er sîn gabylôt. des site man gein prîse maz, sîn vater was gekleidet paz úfem tepch vor Kanvoleiz. der nie geliez vorhtlîchen sweiz, im kom ein rîter widerriten. den grúoztér nâch sînen siten. « got halde iuch, riet mîn muoter mir.» «junchêrre, got lôn' iu unt ir», sprach Artûses basen sun. den zôch Utepandragůn: ouch sprach der selbe wîgánt erbeschaft ze Brítâne ufez lant. ez was Ithêr von Kahaviez: den rôten rîter man in hiez. Sin harnasch was gar sô rôt, daz ez den ougen roete bôt: sîn ors was rôt unde snel, al rôt was sîn gügerel, rôt samît was sîn covertiur, sin schilt noch roeter danne eine fiur, al rôt was sîn kursît und wol an in gesniten wît, rôt was sîn schaft, rôt was sîn sper, al rôt nâch des heldes ger was ime sîn swert geroetet, nâch der schérpfe iedoch geloetet. der künec von Kukûmerlant, al rôt von golde ûf sîner hant 875 880 885 890 870 895 868 dem zog er vor. — 869 des auf sîn vater zu beziehen. — gein prîse maz, mit dem höchsten Preise zusammenstellte, den Preis zuerkannte. — 871 vgl. II, 314. — 872 auf Parzival zu beziehen; solche Umschreibungen der Person liebt Wolfram außserordentlich. — geliez, von sich liefs, aus- schwitzte. — vorhtlich adj., furchtsam, von der Furcht veranlaßt. — 878 Utepandragûn ist Artusens Vater. — 880 erbeschaft sprechen, ûf, Erb- ansprüche auf etwas erheben. Zu verbinden ûfez lant ze Britâne, auf das Land Bretagne. 884 ez, der Harnisch (mhd. neutr.). Daſ er durch sein brennendes Roth die Augen des Beschauers röthete. — 886 gügerel stn., Kopfschmuck des Rosses. — 890 auf seinen Leib -zugeschnitten, von rechter Weite. — 891 sper stn. ist hier die metallene Spitze der Lanze, welche auf den schaft befestigt wird. Vgl. zu I, 1132. — 892 wie der Held es gewünscht hatte. — 894 wie es der Schärfe entsprach, wie die Schärfe es erheischte. — lœten swv., durch übergossenes Metall festmachen. — 895 Ither: dem Namen Kukûmerlant entspricht im Original la forest de Kinkerloi (Bern. Hs. Guingueron). Der Nom. steht wieder außerhalb der Construction und wird hier durch das possess. sîner (896) aufgenommen. —
156 DRITTES BUCH. dâ für nam er sîn gabylôt. des site man gein prîse maz, sîn vater was gekleidet paz úfem tepch vor Kanvoleiz. der nie geliez vorhtlîchen sweiz, im kom ein rîter widerriten. den grúoztér nâch sînen siten. « got halde iuch, riet mîn muoter mir.» «junchêrre, got lôn' iu unt ir», sprach Artûses basen sun. den zôch Utepandragůn: ouch sprach der selbe wîgánt erbeschaft ze Brítâne ufez lant. ez was Ithêr von Kahaviez: den rôten rîter man in hiez. Sin harnasch was gar sô rôt, daz ez den ougen roete bôt: sîn ors was rôt unde snel, al rôt was sîn gügerel, rôt samît was sîn covertiur, sin schilt noch roeter danne eine fiur, al rôt was sîn kursît und wol an in gesniten wît, rôt was sîn schaft, rôt was sîn sper, al rôt nâch des heldes ger was ime sîn swert geroetet, nâch der schérpfe iedoch geloetet. der künec von Kukûmerlant, al rôt von golde ûf sîner hant 875 880 885 890 870 895 868 dem zog er vor. — 869 des auf sîn vater zu beziehen. — gein prîse maz, mit dem höchsten Preise zusammenstellte, den Preis zuerkannte. — 871 vgl. II, 314. — 872 auf Parzival zu beziehen; solche Umschreibungen der Person liebt Wolfram außserordentlich. — geliez, von sich liefs, aus- schwitzte. — vorhtlich adj., furchtsam, von der Furcht veranlaßt. — 878 Utepandragûn ist Artusens Vater. — 880 erbeschaft sprechen, ûf, Erb- ansprüche auf etwas erheben. Zu verbinden ûfez lant ze Britâne, auf das Land Bretagne. 884 ez, der Harnisch (mhd. neutr.). Daſ er durch sein brennendes Roth die Augen des Beschauers röthete. — 886 gügerel stn., Kopfschmuck des Rosses. — 890 auf seinen Leib -zugeschnitten, von rechter Weite. — 891 sper stn. ist hier die metallene Spitze der Lanze, welche auf den schaft befestigt wird. Vgl. zu I, 1132. — 892 wie der Held es gewünscht hatte. — 894 wie es der Schärfe entsprach, wie die Schärfe es erheischte. — lœten swv., durch übergossenes Metall festmachen. — 895 Ither: dem Namen Kukûmerlant entspricht im Original la forest de Kinkerloi (Bern. Hs. Guingueron). Der Nom. steht wieder außerhalb der Construction und wird hier durch das possess. sîner (896) aufgenommen. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 157 146 stuont ein kopf vil wol ergraben, ob tavelrunder uf erhaben. blanc was sîn vel, rôt was sîn hâr. der sprach zem knappen sunder vâr «g'êret si dîn süezer lîp: dich brâht’ zer werelde ein reine wîp. ôwol der muoter diu dich bar! i'ne gesách nie lîp sô wol gevar. du bist der wâren minne blic, ir schumphentiure unde ir sic. vil wîbes fröude an dir gesiget, der nâch dir jâmer swære wiget. lieber friunt, wiltu dâ hin în, sô sage mir durch den dienest mîn künc Artûse und den sînen, i'ne süle niht flühtic schînen: ich wil hie gerne beiten swer zer tjóst sich sol bereiten. ir néheiner habe’z für wunder. ich reit für tavelrunder, mîns landes ich mich underwant: disen kóph mîn ungefüegiu hant úf zucte, daz der wîn vergôz froun Ginóvêrn in ir schôz. underwinden mich daz lêrte. obe ich schoube umbe kêrte, sô wurde ruozec mir mîn vel. daz meit ich», sprach der degen snel. 900 905 910 915 920 897 kopf stm., Becher. — ergraben stv., gravieren. — 898 den er über die Tafelrunde weg aufgenommen, entführt hatte. — 900 var stf., Hinterlist, Arglist. — 902 reine unflectierte Form. — 903 bar præt. von bern, trug, gebar. — 905 aus dir leuchtet wahre Minne. — 906 er heifst Niederlage der Minne, indem Frauenherzen ihm unterliegen, und in ihm siegt zu- gleich die Minne. — 907 gelangt in dir ans Ziel ihrer Wünsche. — 908 auf der in Sehnsucht nach dir schwerer Jammer lastet. — 910 um meiner Dienstbereitwilligkeit willen, die ich gegen dich hege; eine Höflichkeits- formel, die etwa unserem: sei so gut, thue mir den Gefallen, gleich- kommt. — 912 i'ne süle, ich werde nicht. süle conj. von sol. Man wird mich nicht von hier fliehen sehen. — 914 swer, auf jeden, der. — sol, wird. — 915 keiner von ihnen wundere sich über mein Benehmen und Verfahren. — 917 sich underwinden mit gen., in Besitz nehmen. Die Be- sitzergreifung geschah symbolisch dadurch, daſs man von dem Eigenthum, auf welches man Anspruch erhob, etwas nahm : wie hier den Becher. Vgl. Rechtsalterth. 192. — 919 úf zucte, emporriſs. — vergiezen intr., sich verschütten. — 920 schôz im mhd. stf. — 922 eine zweite Art der Besitz- ergreifung (Rechtsalterth. 196) war die mittelst eines umgekehrten und angebrannten Strohwisches (schoup zu II, 719). Diese Art hat Ither als die weniger reinliche verschmäht. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 157 146 stuont ein kopf vil wol ergraben, ob tavelrunder uf erhaben. blanc was sîn vel, rôt was sîn hâr. der sprach zem knappen sunder vâr «g'êret si dîn süezer lîp: dich brâht’ zer werelde ein reine wîp. ôwol der muoter diu dich bar! i'ne gesách nie lîp sô wol gevar. du bist der wâren minne blic, ir schumphentiure unde ir sic. vil wîbes fröude an dir gesiget, der nâch dir jâmer swære wiget. lieber friunt, wiltu dâ hin în, sô sage mir durch den dienest mîn künc Artûse und den sînen, i'ne süle niht flühtic schînen: ich wil hie gerne beiten swer zer tjóst sich sol bereiten. ir néheiner habe’z für wunder. ich reit für tavelrunder, mîns landes ich mich underwant: disen kóph mîn ungefüegiu hant úf zucte, daz der wîn vergôz froun Ginóvêrn in ir schôz. underwinden mich daz lêrte. obe ich schoube umbe kêrte, sô wurde ruozec mir mîn vel. daz meit ich», sprach der degen snel. 900 905 910 915 920 897 kopf stm., Becher. — ergraben stv., gravieren. — 898 den er über die Tafelrunde weg aufgenommen, entführt hatte. — 900 var stf., Hinterlist, Arglist. — 902 reine unflectierte Form. — 903 bar præt. von bern, trug, gebar. — 905 aus dir leuchtet wahre Minne. — 906 er heifst Niederlage der Minne, indem Frauenherzen ihm unterliegen, und in ihm siegt zu- gleich die Minne. — 907 gelangt in dir ans Ziel ihrer Wünsche. — 908 auf der in Sehnsucht nach dir schwerer Jammer lastet. — 910 um meiner Dienstbereitwilligkeit willen, die ich gegen dich hege; eine Höflichkeits- formel, die etwa unserem: sei so gut, thue mir den Gefallen, gleich- kommt. — 912 i'ne süle, ich werde nicht. süle conj. von sol. Man wird mich nicht von hier fliehen sehen. — 914 swer, auf jeden, der. — sol, wird. — 915 keiner von ihnen wundere sich über mein Benehmen und Verfahren. — 917 sich underwinden mit gen., in Besitz nehmen. Die Be- sitzergreifung geschah symbolisch dadurch, daſs man von dem Eigenthum, auf welches man Anspruch erhob, etwas nahm : wie hier den Becher. Vgl. Rechtsalterth. 192. — 919 úf zucte, emporriſs. — vergiezen intr., sich verschütten. — 920 schôz im mhd. stf. — 922 eine zweite Art der Besitz- ergreifung (Rechtsalterth. 196) war die mittelst eines umgekehrten und angebrannten Strohwisches (schoup zu II, 719). Diese Art hat Ither als die weniger reinliche verschmäht. —
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158 DRITTES BUCH. 925 147 «i'ne hân'z ouch niht durch roup getân : des hât mîn krône mich erlân. friunt, nu sage der künegîn, ich begüzze s' ân' den willen mîn, aldâ die werden sâzen, die rehter wer vergâzen. ez sîn künege od fürsten, wes lânt se ir wirt erdürsten ? wan hólent s' im híe sîn goltvaz?" ir sneller pris wirt anders laz.» 930 Der knappe sprach «ich wirbe dir swaz du gesprochen hâst ze mir.» er reit von ime ze Nantes in. dâ volgeten ime diu kindelîn ûf den hóf für den palas, dâ maneger slahte fuore was. schiere wart umb' in gedranc. Iwânet dar nâher spranc : der knappe valsches vrîe derbôt im kumpânîe. der knappe sprach «got halde dich, bát réden mîn muoter mich, ê daz ich schiede von ir hûs. ich sihe hier manegen Artûs: wer sol mich rîter machen?» Iwânét begunde lachen, er sprach «du'n sihest des rehten niht; daz aber schiere nu geschiht.» er fuort’ in în zem palas, da diu wérde massenîe was. 940 945 950 935 926 erlân mit acc. und gen., einen eines Dinges überheben. Das hatte ich als König nicht nöthig. — 928 das Weinverschütten gehörte demnach nicht zur Symbolik, sondern das Wegnehmen des Bechers. — 932 erdürsten swv., vor Durst umkommen. — 933 wan, warum nicht. — 934 anders, sonst: wenn sie es nicht thun. 935 werben ist der Ausdruck für den, dem eine Botschaft aufgetragen wird. — 938 kindelîn stn., Page, Edelknabe; neugierig begleiteten sie den sonderbaren Ankömmling. — 940 wo ein buntes, mannigfaltiges Treiben war. — 942 dar nâher, näher herzu. Iwanet ist Iwein, der hier noch jung ist. — 943 vrie schwach flectirte Form. — 944 derbieten = erbieten (zu III, 810), anbieten. — kumpânie stf., Gesellschaft: bot sich ihm zum gesellen, zum Freunde an, schlofs sogleich Freundschaft mit ihm. — 947 schiede conj., vgl. III, 989, 1238 und zu III, 719. — 949 machen mit dopp. Acc., jemand zu etwas machen. — 951 des rehten abhängig von niht: den rechten (Artus). Er hält die ihm begegnenden Junker schon für Artus. — 952 daz, was. —
158 DRITTES BUCH. 925 147 «i'ne hân'z ouch niht durch roup getân : des hât mîn krône mich erlân. friunt, nu sage der künegîn, ich begüzze s' ân' den willen mîn, aldâ die werden sâzen, die rehter wer vergâzen. ez sîn künege od fürsten, wes lânt se ir wirt erdürsten ? wan hólent s' im híe sîn goltvaz?" ir sneller pris wirt anders laz.» 930 Der knappe sprach «ich wirbe dir swaz du gesprochen hâst ze mir.» er reit von ime ze Nantes in. dâ volgeten ime diu kindelîn ûf den hóf für den palas, dâ maneger slahte fuore was. schiere wart umb' in gedranc. Iwânet dar nâher spranc : der knappe valsches vrîe derbôt im kumpânîe. der knappe sprach «got halde dich, bát réden mîn muoter mich, ê daz ich schiede von ir hûs. ich sihe hier manegen Artûs: wer sol mich rîter machen?» Iwânét begunde lachen, er sprach «du'n sihest des rehten niht; daz aber schiere nu geschiht.» er fuort’ in în zem palas, da diu wérde massenîe was. 940 945 950 935 926 erlân mit acc. und gen., einen eines Dinges überheben. Das hatte ich als König nicht nöthig. — 928 das Weinverschütten gehörte demnach nicht zur Symbolik, sondern das Wegnehmen des Bechers. — 932 erdürsten swv., vor Durst umkommen. — 933 wan, warum nicht. — 934 anders, sonst: wenn sie es nicht thun. 935 werben ist der Ausdruck für den, dem eine Botschaft aufgetragen wird. — 938 kindelîn stn., Page, Edelknabe; neugierig begleiteten sie den sonderbaren Ankömmling. — 940 wo ein buntes, mannigfaltiges Treiben war. — 942 dar nâher, näher herzu. Iwanet ist Iwein, der hier noch jung ist. — 943 vrie schwach flectirte Form. — 944 derbieten = erbieten (zu III, 810), anbieten. — kumpânie stf., Gesellschaft: bot sich ihm zum gesellen, zum Freunde an, schlofs sogleich Freundschaft mit ihm. — 947 schiede conj., vgl. III, 989, 1238 und zu III, 719. — 949 machen mit dopp. Acc., jemand zu etwas machen. — 951 des rehten abhängig von niht: den rechten (Artus). Er hält die ihm begegnenden Junker schon für Artus. — 952 daz, was. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 159 955 sus vil kund' ér in schalle, er sprach] «got halde iuch hêrren alle, 148 benamen den künec und des wîp. mir gebôt mîn muoter an den lîp, daz ich die gruozte sunder: unt die óbe der tavelrunder von rehtem prîse heten stat, die selben sie mich grüezen bat. dar an ein kunst mich verbirt, i’ne weiz niht welher hinne ist wirt. dem hât ein rîter her enboten (den sah ich allenthalben roten), er welle sîn d’ûze bîten. mich dunkt er welle strîten. im ist ouch leit daz er den wîn vergôz ûf die künegîn. owî wan het ich sîn gewant enphangen von des küneges hant! sô wære ich fröuden rîche : wan ez stêt sô rîterlîche." 960 965 970 Der knappe unbedwungen wart harte vil gedrungen, gehurtet her unde dar. sie nâmen sîner varwe war. diz was sélpschóuwet, gehêrret noch gefrouwet wart nie minneclîcher fruht. got was an einer süezen zuht, do'r Parzivâlen worhte, der vreise wênec vorhte. 980 975 955 so viel brachte er zu Wege in dem ihn umgebenden Lärm, der betäu- bend auf ihn eindrang. — 957 benamen, geschwächt aus bî namen, nament- lich, besonders. — 958 an den lîp, bei Leibe, so wahr mir mein Leben lieb sei. — 959 die, den König und die Königin. — 961 durch den rechten Ruhm, den sie erworben. — stat stf., Stätte, Stelle. — 963 dar an, in Be- zug darauf. — ein kunst, ein Wissen, eine Kenntniss. — mich verbirt, meidet mich, entgeht mir; durch die folgende Zeile erläutert. — 966 roten, roth sein (zu I, 1715). — 967 d'ůze = dà ûze, dort draußen. — 970 ver- giezen, hier im trans. Sinne; vgl. 919. — 974 stên, sich verhalten, be- schaffen sein. 975 bedwungen part., sorgenvoll, traurig; unbedwungen, sorglos, fröh- lich. — 978 sie betrachteten sein Aussehen. — 979 selpschouwet part., mit eigenen Augen erschaut; sie brauchten es nicht von Andern zu hören. — 980 hêrren. frouwen swv., zum Herrn, zur Frau machen; Pass. — werden. Unter Männern und Frauen gab es nie. — 982 zuht ist hier das Schaffen, Bilden; es war ein liebliches Schaffen, als Gott Parzival schuf. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 159 955 sus vil kund' ér in schalle, er sprach] «got halde iuch hêrren alle, 148 benamen den künec und des wîp. mir gebôt mîn muoter an den lîp, daz ich die gruozte sunder: unt die óbe der tavelrunder von rehtem prîse heten stat, die selben sie mich grüezen bat. dar an ein kunst mich verbirt, i’ne weiz niht welher hinne ist wirt. dem hât ein rîter her enboten (den sah ich allenthalben roten), er welle sîn d’ûze bîten. mich dunkt er welle strîten. im ist ouch leit daz er den wîn vergôz ûf die künegîn. owî wan het ich sîn gewant enphangen von des küneges hant! sô wære ich fröuden rîche : wan ez stêt sô rîterlîche." 960 965 970 Der knappe unbedwungen wart harte vil gedrungen, gehurtet her unde dar. sie nâmen sîner varwe war. diz was sélpschóuwet, gehêrret noch gefrouwet wart nie minneclîcher fruht. got was an einer süezen zuht, do'r Parzivâlen worhte, der vreise wênec vorhte. 980 975 955 so viel brachte er zu Wege in dem ihn umgebenden Lärm, der betäu- bend auf ihn eindrang. — 957 benamen, geschwächt aus bî namen, nament- lich, besonders. — 958 an den lîp, bei Leibe, so wahr mir mein Leben lieb sei. — 959 die, den König und die Königin. — 961 durch den rechten Ruhm, den sie erworben. — stat stf., Stätte, Stelle. — 963 dar an, in Be- zug darauf. — ein kunst, ein Wissen, eine Kenntniss. — mich verbirt, meidet mich, entgeht mir; durch die folgende Zeile erläutert. — 966 roten, roth sein (zu I, 1715). — 967 d'ůze = dà ûze, dort draußen. — 970 ver- giezen, hier im trans. Sinne; vgl. 919. — 974 stên, sich verhalten, be- schaffen sein. 975 bedwungen part., sorgenvoll, traurig; unbedwungen, sorglos, fröh- lich. — 978 sie betrachteten sein Aussehen. — 979 selpschouwet part., mit eigenen Augen erschaut; sie brauchten es nicht von Andern zu hören. — 980 hêrren. frouwen swv., zum Herrn, zur Frau machen; Pass. — werden. Unter Männern und Frauen gab es nie. — 982 zuht ist hier das Schaffen, Bilden; es war ein liebliches Schaffen, als Gott Parzival schuf. —
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160 DRITTES BUCH. sus wart für Artûsen brâht an dem got wunsches het erdâht. 149 im kunde niemen vîent sîn. do besáh in ouch diu künegîn, ê si schiede von dem pálás, dâ sie dâ vor begozzen was. Artûs an den knappen sach: zuo-dem tumben er dô sprach «junchêrre, got vergelde iu gruoz, den ich vil gerne dienen muoz mit lîbe und mit dem guote. des ist mir wol ze muote.» «wolte et got, wan wæer’ daz wâr ! der wîle dunket mich ein jâr, daz ich niht rîter wesen sol : daz tuot mir wirs denne wol. nune sûmet mich niht mêre, phlegt mîn nâch rîters êre.» «daz tuon ich gerne», sprach der wirt , «ob werdekeit mich niht verbirt. du bist wol sô gehiure, rîch an koste stiure wirt dir mîn gâbe untertân. dêswar ich sol'z ungerne lân. du solt unz morgen beiten: ich wil dich wol bereiten.» der wol geborne knappe hielt gagerende als ein trappe. er sprach «i’n wil hie nihtes biten. 990 995 1000 1005 1010 985 986 in dieser Zeile liegt das Subject: Umschreibung für Parzival; vgl. zu III, 872. Er, an dem Gott die höchste Vollkommenheit zur Erscheinung bringen wollte. — erdenken mit gen., ausdenken. — 987 vient mit dat., feindlich gesinnt, feind. — 988 besah, betrachtete ihn genau. — 993 gruoz mit Weglassung des Artikels; ebenso bei dienest u. a. — 994 dienen swv., durch Dienst vergelten. — gerne muoz, ich habe gut und gerne Ursache, Verpflichtung. — 996 muot, Sinn, Neigung, Verlangen; das habe ich wohl im Sinne. — 997 wäre das doch wahr, was ihr da sagt. — 998 der wîle gen. der Zeitdauer; es kommt mir an der Zeit vor, sie währe ein Jahr. — 1000 wirs adv. compar. zu übele, übler, schlimmer; schlimmer als gut, d. h. nichts weniger als wohl, gefällt mir keineswegs, sehr schlecht. — 1001 sûmen mit acc., hinhalten. — 1002 phlegt mîn, verfahrt mit mir. — 1004 wenn ich die erforderliche Würdigkeit habe. — 1007 undertan part., zur Verfügung gestellt. — 1008 dêswâr, dasselbe was deiswar (zu I, 184). — 1010 bereiten, ausrüsten, mit allem Nothwendigen versehen. — 1012 gageren swv., sich hin und her bewegen; um die Ungeduld zu bezeichnen. — trappe swm., Trappe, tarda. — 1013 ich will keine Geschenke. — nihtes gen. von niht, abhängig von biten: um nichts. —
160 DRITTES BUCH. sus wart für Artûsen brâht an dem got wunsches het erdâht. 149 im kunde niemen vîent sîn. do besáh in ouch diu künegîn, ê si schiede von dem pálás, dâ sie dâ vor begozzen was. Artûs an den knappen sach: zuo-dem tumben er dô sprach «junchêrre, got vergelde iu gruoz, den ich vil gerne dienen muoz mit lîbe und mit dem guote. des ist mir wol ze muote.» «wolte et got, wan wæer’ daz wâr ! der wîle dunket mich ein jâr, daz ich niht rîter wesen sol : daz tuot mir wirs denne wol. nune sûmet mich niht mêre, phlegt mîn nâch rîters êre.» «daz tuon ich gerne», sprach der wirt , «ob werdekeit mich niht verbirt. du bist wol sô gehiure, rîch an koste stiure wirt dir mîn gâbe untertân. dêswar ich sol'z ungerne lân. du solt unz morgen beiten: ich wil dich wol bereiten.» der wol geborne knappe hielt gagerende als ein trappe. er sprach «i’n wil hie nihtes biten. 990 995 1000 1005 1010 985 986 in dieser Zeile liegt das Subject: Umschreibung für Parzival; vgl. zu III, 872. Er, an dem Gott die höchste Vollkommenheit zur Erscheinung bringen wollte. — erdenken mit gen., ausdenken. — 987 vient mit dat., feindlich gesinnt, feind. — 988 besah, betrachtete ihn genau. — 993 gruoz mit Weglassung des Artikels; ebenso bei dienest u. a. — 994 dienen swv., durch Dienst vergelten. — gerne muoz, ich habe gut und gerne Ursache, Verpflichtung. — 996 muot, Sinn, Neigung, Verlangen; das habe ich wohl im Sinne. — 997 wäre das doch wahr, was ihr da sagt. — 998 der wîle gen. der Zeitdauer; es kommt mir an der Zeit vor, sie währe ein Jahr. — 1000 wirs adv. compar. zu übele, übler, schlimmer; schlimmer als gut, d. h. nichts weniger als wohl, gefällt mir keineswegs, sehr schlecht. — 1001 sûmen mit acc., hinhalten. — 1002 phlegt mîn, verfahrt mit mir. — 1004 wenn ich die erforderliche Würdigkeit habe. — 1007 undertan part., zur Verfügung gestellt. — 1008 dêswâr, dasselbe was deiswar (zu I, 184). — 1010 bereiten, ausrüsten, mit allem Nothwendigen versehen. — 1012 gageren swv., sich hin und her bewegen; um die Ungeduld zu bezeichnen. — trappe swm., Trappe, tarda. — 1013 ich will keine Geschenke. — nihtes gen. von niht, abhängig von biten: um nichts. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 161 mir kom ein rîter widerriten: mac mir des harnasch werden niht, i’ne ruoch’ wer küneges gâbe giht. 150 sô git mir aber diu muoter min: ich wan' doch diu'st ein künegin.» Artůs sprach zem knappen sân «dez harnasch hât an ime ein man, daz ich tir's niht getörste geben. ich muoz doch sus mit kumber leben ân' alle mîne schulde, sît ich dárbe sîner hulde. ez ist Ithêr von Kahaviez, der trûren mir durch fröude stiez.» oir wært ein künec unmilte, ob iuch sölher gâbe bevilte. gebt'z im dar», sprach Keye sân, «und lât in zuo z'im ûf den plân. sol iemen bringen uns den kopf, hie helt diu geisel, dort der topf: lât'z kint in umbe triben: sô lobet man'z vor den wiben. ez muoz noch dicke bâgen und sölhe schanze wâgen. i’ne sorge umb' ir deweders leben: man sol húnde umb' ebers houbet geben.» «ungerne wolt’ ich ime versagen, wan daz ich fürhte, er werde erslagen, dem ich hélfen sol der riterschaft o, sprach Artûs uz triuwen kraft. 1020 1025 1030 1035 1015 1040 1016 giht, zuerkennt, gewährt. So frage ich nichts nach den mir zuge- dachten Geschenken. — 1017 sô, dann. — aber, hier im nhd. Sinne. 1021 tir = dir: sodaß ich nicht wagen könnte ihn (es gen. von niht ab- hängig) dir zu geben. — 1022 sus, so schon. — 1024 darben swv. mit gen., entbehren, ermangeln. — 1026 der Ursache war, dals Trauern meine Freude durchbohrte, störte, vernichtete. Vgl. III, 769. — 1027 unmilte adj., nicht freigebig. — 1029 ez, seinen Wunsch. — dar, hin. Lasst ihm seinen Willen. — — 1031 wenn einmal jemand uns den Becher wiederbringen soll. 1032 Wolfram spielt auf das Kreiselspiel an : der Kreisel (mhd. topf) wird mit der Peitsche (geisel) umgetrieben. Es ist alles Nöthige da, dafs das Spiel losgehen kann. — helt 3. præes. = heldet. — 1035 bâgen, streiten. — 1037 deweder, irgend einer von beiden; mit der Negation: keiner von bei- den. Ich frage nichts nach beider Leben. — 1038 hunde sind das Werth- lose : hier die beiden Kämpfer. — ebers houbet, die gewünschte Jagdbeute ; hier der Becher. — 1040 wan daz, aufer dafs : wenn ich nicht fürchtete. — 1041 helfen mit dat. und gen., jemand zu etwas verhelfen. — riterschaft, ritterlicher Stand. — 1042 aus der Fülle seines Wohlwollens. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 11
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 161 mir kom ein rîter widerriten: mac mir des harnasch werden niht, i’ne ruoch’ wer küneges gâbe giht. 150 sô git mir aber diu muoter min: ich wan' doch diu'st ein künegin.» Artůs sprach zem knappen sân «dez harnasch hât an ime ein man, daz ich tir's niht getörste geben. ich muoz doch sus mit kumber leben ân' alle mîne schulde, sît ich dárbe sîner hulde. ez ist Ithêr von Kahaviez, der trûren mir durch fröude stiez.» oir wært ein künec unmilte, ob iuch sölher gâbe bevilte. gebt'z im dar», sprach Keye sân, «und lât in zuo z'im ûf den plân. sol iemen bringen uns den kopf, hie helt diu geisel, dort der topf: lât'z kint in umbe triben: sô lobet man'z vor den wiben. ez muoz noch dicke bâgen und sölhe schanze wâgen. i’ne sorge umb' ir deweders leben: man sol húnde umb' ebers houbet geben.» «ungerne wolt’ ich ime versagen, wan daz ich fürhte, er werde erslagen, dem ich hélfen sol der riterschaft o, sprach Artûs uz triuwen kraft. 1020 1025 1030 1035 1015 1040 1016 giht, zuerkennt, gewährt. So frage ich nichts nach den mir zuge- dachten Geschenken. — 1017 sô, dann. — aber, hier im nhd. Sinne. 1021 tir = dir: sodaß ich nicht wagen könnte ihn (es gen. von niht ab- hängig) dir zu geben. — 1022 sus, so schon. — 1024 darben swv. mit gen., entbehren, ermangeln. — 1026 der Ursache war, dals Trauern meine Freude durchbohrte, störte, vernichtete. Vgl. III, 769. — 1027 unmilte adj., nicht freigebig. — 1029 ez, seinen Wunsch. — dar, hin. Lasst ihm seinen Willen. — — 1031 wenn einmal jemand uns den Becher wiederbringen soll. 1032 Wolfram spielt auf das Kreiselspiel an : der Kreisel (mhd. topf) wird mit der Peitsche (geisel) umgetrieben. Es ist alles Nöthige da, dafs das Spiel losgehen kann. — helt 3. præes. = heldet. — 1035 bâgen, streiten. — 1037 deweder, irgend einer von beiden; mit der Negation: keiner von bei- den. Ich frage nichts nach beider Leben. — 1038 hunde sind das Werth- lose : hier die beiden Kämpfer. — ebers houbet, die gewünschte Jagdbeute ; hier der Becher. — 1040 wan daz, aufer dafs : wenn ich nicht fürchtete. — 1041 helfen mit dat. und gen., jemand zu etwas verhelfen. — riterschaft, ritterlicher Stand. — 1042 aus der Fülle seines Wohlwollens. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 11
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162 DRITTES BUCH. 151 Der knáppe iedoch die gâbe enphienc, dâ von ein jâmer sît ergienc. dô was im von dem künege gâch. junge und alte im drungen nâch. Iwânét in an der hende zôch für eine louben niht ze hôch. dô saher für und widere: diu loube was sô nidere, daz er drûffe hôrte und ersach dâ von ein trûren ime geschach. dâ wolt’ ouch diu künegîn selbe an dem venster sîn mit rîtern und mit frouwen. die begúnden'n alle schouwen. dâ saz frou Cunnewâre, diu fiere und diu clâre. diu enláchté decheinen wis, sine sæhe in, die den hohsten pris hete od solte erwerben: sie wolt’ ê sus ersterben. allez lachen sie vermeit, unz daz der knappe für sie reit: do erlachte ir minneclîcher munt. des wart ir rükke ungesunt. 1045 1050 1055 1060 1065 Dô nam Keye scheneschant froun Cunnewâren dé Lalánt mit ir reiden hâre : ir lange zöpfe clâre die want er umbe sîne hant, er spancte se âne türebant. 1070 1043 die gàbe, die Gewähr seines Wunsches. — 1048 loube swf., be- deckte Galerie am obern Stockwerk eines Hauses. — niht ze hoch, nichts weniger als hoch; vgl. 1050. — 1049 für und widere, nach vorn und zurück. — 1050 nidere adj., niedrig: das untere Stockwerk war also nicht hoch. — 1052 dâ von, dasjenige, so etwas, wovon. — 1053 die Königin wollte Par- zival sehen und begab sich daher ans Fenster. — 1059 decheinen wîs adv. acc., in keiner Weise, schlechterdings nicht. Das Nichtlachen ist ein alter oft wiederkehrender Märchenzug. — 1060 es sei denn, daf sie den- jenigen säbe. — die = der. — 1062 sus, so, ohne Lachen. — 1063 sic ist Object: Lachen blieb ihr fern. — 1064 für sie, an ihr vorüber. — 1065 sie lacht mit Recht, wenn auch unbewusst, weil Parzival die Bedingung erfüllt. 1067 scheneschant stm., Seneschall : das n bei Wolfram erklärt sich aus falscher Lesung der altfranz. Form senescaus. — 1069 mit, bei. — reit adj., kraus, lockig; reiden ist geschwächte Form statt reidem. — 1072 spancte præt. mit Rückumlaut von spengen swv., mit einer Spange zusammenhalten, zusammendrücken, zwängen. — türebant stn., eisernes Band, welches die Thür mit dem Pfosten zusammenhält. Er brauchte kein solches, seine Hand besorgte das. —
162 DRITTES BUCH. 151 Der knáppe iedoch die gâbe enphienc, dâ von ein jâmer sît ergienc. dô was im von dem künege gâch. junge und alte im drungen nâch. Iwânét in an der hende zôch für eine louben niht ze hôch. dô saher für und widere: diu loube was sô nidere, daz er drûffe hôrte und ersach dâ von ein trûren ime geschach. dâ wolt’ ouch diu künegîn selbe an dem venster sîn mit rîtern und mit frouwen. die begúnden'n alle schouwen. dâ saz frou Cunnewâre, diu fiere und diu clâre. diu enláchté decheinen wis, sine sæhe in, die den hohsten pris hete od solte erwerben: sie wolt’ ê sus ersterben. allez lachen sie vermeit, unz daz der knappe für sie reit: do erlachte ir minneclîcher munt. des wart ir rükke ungesunt. 1045 1050 1055 1060 1065 Dô nam Keye scheneschant froun Cunnewâren dé Lalánt mit ir reiden hâre : ir lange zöpfe clâre die want er umbe sîne hant, er spancte se âne türebant. 1070 1043 die gàbe, die Gewähr seines Wunsches. — 1048 loube swf., be- deckte Galerie am obern Stockwerk eines Hauses. — niht ze hoch, nichts weniger als hoch; vgl. 1050. — 1049 für und widere, nach vorn und zurück. — 1050 nidere adj., niedrig: das untere Stockwerk war also nicht hoch. — 1052 dâ von, dasjenige, so etwas, wovon. — 1053 die Königin wollte Par- zival sehen und begab sich daher ans Fenster. — 1059 decheinen wîs adv. acc., in keiner Weise, schlechterdings nicht. Das Nichtlachen ist ein alter oft wiederkehrender Märchenzug. — 1060 es sei denn, daf sie den- jenigen säbe. — die = der. — 1062 sus, so, ohne Lachen. — 1063 sic ist Object: Lachen blieb ihr fern. — 1064 für sie, an ihr vorüber. — 1065 sie lacht mit Recht, wenn auch unbewusst, weil Parzival die Bedingung erfüllt. 1067 scheneschant stm., Seneschall : das n bei Wolfram erklärt sich aus falscher Lesung der altfranz. Form senescaus. — 1069 mit, bei. — reit adj., kraus, lockig; reiden ist geschwächte Form statt reidem. — 1072 spancte præt. mit Rückumlaut von spengen swv., mit einer Spange zusammenhalten, zusammendrücken, zwängen. — türebant stn., eisernes Band, welches die Thür mit dem Pfosten zusammenhält. Er brauchte kein solches, seine Hand besorgte das. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 163 152 ir rüke wart kein eit gestabet: doch wart ein stap sô dran gehabet, unz daz sîn siusen gar verswanc, durch die wât unt durch ir vel ez dranc. dô sprach der unwîse «iuwerm werdem prîse ist gegében ein smæhiu letze: ich pin sîn vängec netze, ich solen wider in iuch smiden daz ir's enpfindet ûf den liden. ez ist dem künege Artûs úf sînen hof unt in sîn hûs sô manec werder man geriten, durch den ir lachen hât vermiten, und lachet nu durch einen man der niht mit rîters fuore kan.» in zorne wunders vil geschiht. sins slages waer' ime erteilet niht vorem rîche ûf dise maget, diu vil von friwenden wart geklaget (op sie halt schilt solde tragen, diu unfuoge ist dâ geslagen): wan sie was von arde ein fürstîn. Orilus und Lähelîn, ir bruoder, heten'z die gesehen, der slege minre wære geschehen. Der verswigene Antanór, der durch swîgen dûhte ein tôr, 1075 1080 1085 1090 1095 1100 1073 einem den eit staben, einem (unter Berührung des Richterstabes) die Eidesformel vorsprechen. Wie der Schwörende, so kam hier ihr Rücken auch mit einem Stabe in Berührung. — 1074 gehabet, gehalten. — 1075 siusen swv., Sausen. — verswingen stv. intr., sich zu schwingen aufhören. — 1076 ez dranc statt eines Satzes mit daz: daſs, bis er aufhörte sich sausend zu schwingen, u. s. w. — 1077 unwîs adj., unverständig. — 1079 smœhe adj., schmählich. — letze stf., Ende; aber auch Entziehung, Raub, durch das Folgende näher erläutert. — 1080 vängec adj., fangend: ich fange ihn wie in einem Netze wieder ein. — 1081 ich will ihn euch wieder eintreiben. — 1088 der sich auf ritterliche Lebensweise nicht ver- steht. — 1089 wunder, ausserordentliches Ereigniss. — 1090 erteilen mit dat. und acc., jemand etwas durch Urtheilsspruch zuerkennen; das Obj. (hier Nom.) ist niht, davon sîns slages abhängig. — 1091 vorem = vor dem. — riche stn., Reichsoberhaupt, Kaiser. Der Kaiser hätte nicht entschie- den, daſs er die Jungfrau schlagen sollte. — 1094 zu ergänzen ist als Zwischenglied : das würde nun nichts mehr helfen, die Unanständigkeit ist nun einmal geschehen, die ungefüegen slege sind gethan. 1099 verswigen part., schweigsam. Der Name Antanor scheint aus den Worten des Originals en son retor trova un sot (= dûhte ein tôr) durch Miss- verständniss entstanden. — 1100 wegen seines Schweigens. — 11 *
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 163 152 ir rüke wart kein eit gestabet: doch wart ein stap sô dran gehabet, unz daz sîn siusen gar verswanc, durch die wât unt durch ir vel ez dranc. dô sprach der unwîse «iuwerm werdem prîse ist gegében ein smæhiu letze: ich pin sîn vängec netze, ich solen wider in iuch smiden daz ir's enpfindet ûf den liden. ez ist dem künege Artûs úf sînen hof unt in sîn hûs sô manec werder man geriten, durch den ir lachen hât vermiten, und lachet nu durch einen man der niht mit rîters fuore kan.» in zorne wunders vil geschiht. sins slages waer' ime erteilet niht vorem rîche ûf dise maget, diu vil von friwenden wart geklaget (op sie halt schilt solde tragen, diu unfuoge ist dâ geslagen): wan sie was von arde ein fürstîn. Orilus und Lähelîn, ir bruoder, heten'z die gesehen, der slege minre wære geschehen. Der verswigene Antanór, der durch swîgen dûhte ein tôr, 1075 1080 1085 1090 1095 1100 1073 einem den eit staben, einem (unter Berührung des Richterstabes) die Eidesformel vorsprechen. Wie der Schwörende, so kam hier ihr Rücken auch mit einem Stabe in Berührung. — 1074 gehabet, gehalten. — 1075 siusen swv., Sausen. — verswingen stv. intr., sich zu schwingen aufhören. — 1076 ez dranc statt eines Satzes mit daz: daſs, bis er aufhörte sich sausend zu schwingen, u. s. w. — 1077 unwîs adj., unverständig. — 1079 smœhe adj., schmählich. — letze stf., Ende; aber auch Entziehung, Raub, durch das Folgende näher erläutert. — 1080 vängec adj., fangend: ich fange ihn wie in einem Netze wieder ein. — 1081 ich will ihn euch wieder eintreiben. — 1088 der sich auf ritterliche Lebensweise nicht ver- steht. — 1089 wunder, ausserordentliches Ereigniss. — 1090 erteilen mit dat. und acc., jemand etwas durch Urtheilsspruch zuerkennen; das Obj. (hier Nom.) ist niht, davon sîns slages abhängig. — 1091 vorem = vor dem. — riche stn., Reichsoberhaupt, Kaiser. Der Kaiser hätte nicht entschie- den, daſs er die Jungfrau schlagen sollte. — 1094 zu ergänzen ist als Zwischenglied : das würde nun nichts mehr helfen, die Unanständigkeit ist nun einmal geschehen, die ungefüegen slege sind gethan. 1099 verswigen part., schweigsam. Der Name Antanor scheint aus den Worten des Originals en son retor trova un sot (= dûhte ein tôr) durch Miss- verständniss entstanden. — 1100 wegen seines Schweigens. — 11 *
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164 DRITTES BUCH. 153 sîn rede und ir lachen was gezilt mit éinen sachen: er'n wolde niemer wort gesagen. sine lachte diu dâ wart geslagen. dô ir lachen wart getân, sîn munt sprach ze Keyen sân « goteweiz, hêr scheneschant, daz Cunnewâre de Lalant durch den knappen ist zerbert, iwer fröude es wirt verzert noch von sîner hende, er'n si nie sô ellénde.» «sît iuwer êrste rede mir dröut, ich wæne ir’s wênic iuch gevröut.» sîn brât wart g'âlûnet, mit slegen vil gerûnet dem witzehaften tôren mit fiusten in sîn ôren: daz tet Kaye sunder twâl. dô muose der junge Parzivâl disen kumber schouwen Antanors unt der frouwen. im was von herzen leit ir nôt: vil dicke er greif zem gabilôt. vor der künegîn was sölh gedranc, daz er durch daz vermeit den swanc. urloup nam dô Iwânet zem fil li roy Gahmuret: des reise al eine wart getân hin ûz gein Ithêr ûf den plân. dem sagete er sölhiu mære, daz niemen d'inne wære der tjostierens gerte. « der künec mich gâbe werte. 1105 1110 1115 1120 1125 1130 1102 hieng an demselben Umstande. — 1104 wenn sie nicht lachte. — 1109 zerbern swv., zerschlagen, zerbläuen. — 1110 es gen. von ez, dadurch. infolge dessen. — verzern swv., verbrauchen, vernichten. — 1112 eine Vermischung zweier Constructionen: er’n sî sô ellende und er'n ist nie sô ellende: er müsste denn ganz elend sein; er ist aber durchaus nicht so elend. — 1113 eure ersten Worte. — 1114 so sollt ihr wenig Freude da- von haben. — 1116 rûnen swv., heimlich reden, raunen. — 1117 witzehaft adj., im Besitz seines Verstandes. — 1118 fiusten dat. pl. von fûst stf., Faust. — 1128 ze, bei, von; er verabschiedete sich bei ihm. — 1131 mœre, Bescheid, Nachricht. — 1132 d'inne = dâ inne, wie d'ûze, III, 967. - 1134 gewährte mir das Geschenk, um das ich ihn bat: nämlich deine Rüstung. Vgl. 1043. —
164 DRITTES BUCH. 153 sîn rede und ir lachen was gezilt mit éinen sachen: er'n wolde niemer wort gesagen. sine lachte diu dâ wart geslagen. dô ir lachen wart getân, sîn munt sprach ze Keyen sân « goteweiz, hêr scheneschant, daz Cunnewâre de Lalant durch den knappen ist zerbert, iwer fröude es wirt verzert noch von sîner hende, er'n si nie sô ellénde.» «sît iuwer êrste rede mir dröut, ich wæne ir’s wênic iuch gevröut.» sîn brât wart g'âlûnet, mit slegen vil gerûnet dem witzehaften tôren mit fiusten in sîn ôren: daz tet Kaye sunder twâl. dô muose der junge Parzivâl disen kumber schouwen Antanors unt der frouwen. im was von herzen leit ir nôt: vil dicke er greif zem gabilôt. vor der künegîn was sölh gedranc, daz er durch daz vermeit den swanc. urloup nam dô Iwânet zem fil li roy Gahmuret: des reise al eine wart getân hin ûz gein Ithêr ûf den plân. dem sagete er sölhiu mære, daz niemen d'inne wære der tjostierens gerte. « der künec mich gâbe werte. 1105 1110 1115 1120 1125 1130 1102 hieng an demselben Umstande. — 1104 wenn sie nicht lachte. — 1109 zerbern swv., zerschlagen, zerbläuen. — 1110 es gen. von ez, dadurch. infolge dessen. — verzern swv., verbrauchen, vernichten. — 1112 eine Vermischung zweier Constructionen: er’n sî sô ellende und er'n ist nie sô ellende: er müsste denn ganz elend sein; er ist aber durchaus nicht so elend. — 1113 eure ersten Worte. — 1114 so sollt ihr wenig Freude da- von haben. — 1116 rûnen swv., heimlich reden, raunen. — 1117 witzehaft adj., im Besitz seines Verstandes. — 1118 fiusten dat. pl. von fûst stf., Faust. — 1128 ze, bei, von; er verabschiedete sich bei ihm. — 1131 mœre, Bescheid, Nachricht. — 1132 d'inne = dâ inne, wie d'ûze, III, 967. - 1134 gewährte mir das Geschenk, um das ich ihn bat: nämlich deine Rüstung. Vgl. 1043. —
Strana 165
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 165 1135 ich sagte, als du mir jæhe, wie’z âne danc geschæhe daz du den wîn vergüzze, unfuoge dich verdrüzze. ir deheinen lüstet strîtes, gip mir dâ du ûffe rîtes, unt dar zuo âl dîn harnas : daz enpfieng ich úf dem palas: dar inne ich rîter werden muoz. widersaget sî dir mîn gruoz, obe du mir'z ungerne gîst. wer mich, ob du bî witzen sîst.» Der künec von Kukůmerlant sprach «hât Artûses hant dir mîn harnasch gegeben, dáz tét' er ouch mîn leben, möhtestú mir'z an gewinnen. sus kan er friwende minnen. was er dir aber ê iht holt, din dienst gedient sô schiere den solt.» «ich getár wol dienen swaz ich sol: ouch hât er mich gewert vil wol. gip her und lâz dîn lantreht: i'ne wil niht langer sîn ein kneht, ich sol schildes ambet hân.» er greif im nâch dem zoume sân: «du maht wol wesen Lähelîn, von dem mir klaget diu muoter mîn.» der rîter umbe kêrt' den schaft, 1140 1145 1150 1155 1160 154 1135 jœhe 2. præt., gesagt hattest. — 1136 wie, hier wie oft (zu II, 662) = daz. — âne danc, wider Willen; genauer wäre âne dînen danc. — 1138 deine Ungeschicklichkeit thäte dir leid. — 1140 dâ du ûffe, dasjenige (das Pferd), worauf du. — rîtes, die ursprüngliche Form der 2. pers. sing. ohne t. — 1142 enpfieng ich, im Sinne von 1043, 1134. — 1144 widersagen swv., ver- sagen, aufsagen. — 1145 gîst 2. præs. contrahiert aus gibest. — 1146 wern hier ohne Bezeichnung des Objects : gib mir was du mir geben musst. 1150 dasselbe thäte er auch mit meinem Leben; tœte vertritt das vor- ausgegangene Verb (zu II, 1596) und hat dessen Rection: davon hängt leben ab. — daz bedeutet: ebenso. — 1151 an gewinnen mit dat. und acc., einem etwas abnehmen. — 1152 kan, versteht. — friwent, hier: Verwandter; vgl. III, 877. — 1154 der Dienst, den du ihm leistest, erwirbt alsbald den Lohn: dir soll bald dein Lohn von mir werden. — 1157 lantreht stn., Ge- richtsverfahren, Process: dein Processieren und Streiten. — 1158 kneht stm., Knappe; der noch nicht zum Ritter geschlagene. — 1162 mit Be- ziehung auf III, 360. — 1163 er kehrt den Schaft um, weil er ihn nicht mit der eisernen Speerspitze verwunden will. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 165 1135 ich sagte, als du mir jæhe, wie’z âne danc geschæhe daz du den wîn vergüzze, unfuoge dich verdrüzze. ir deheinen lüstet strîtes, gip mir dâ du ûffe rîtes, unt dar zuo âl dîn harnas : daz enpfieng ich úf dem palas: dar inne ich rîter werden muoz. widersaget sî dir mîn gruoz, obe du mir'z ungerne gîst. wer mich, ob du bî witzen sîst.» Der künec von Kukůmerlant sprach «hât Artûses hant dir mîn harnasch gegeben, dáz tét' er ouch mîn leben, möhtestú mir'z an gewinnen. sus kan er friwende minnen. was er dir aber ê iht holt, din dienst gedient sô schiere den solt.» «ich getár wol dienen swaz ich sol: ouch hât er mich gewert vil wol. gip her und lâz dîn lantreht: i'ne wil niht langer sîn ein kneht, ich sol schildes ambet hân.» er greif im nâch dem zoume sân: «du maht wol wesen Lähelîn, von dem mir klaget diu muoter mîn.» der rîter umbe kêrt' den schaft, 1140 1145 1150 1155 1160 154 1135 jœhe 2. præt., gesagt hattest. — 1136 wie, hier wie oft (zu II, 662) = daz. — âne danc, wider Willen; genauer wäre âne dînen danc. — 1138 deine Ungeschicklichkeit thäte dir leid. — 1140 dâ du ûffe, dasjenige (das Pferd), worauf du. — rîtes, die ursprüngliche Form der 2. pers. sing. ohne t. — 1142 enpfieng ich, im Sinne von 1043, 1134. — 1144 widersagen swv., ver- sagen, aufsagen. — 1145 gîst 2. præs. contrahiert aus gibest. — 1146 wern hier ohne Bezeichnung des Objects : gib mir was du mir geben musst. 1150 dasselbe thäte er auch mit meinem Leben; tœte vertritt das vor- ausgegangene Verb (zu II, 1596) und hat dessen Rection: davon hängt leben ab. — daz bedeutet: ebenso. — 1151 an gewinnen mit dat. und acc., einem etwas abnehmen. — 1152 kan, versteht. — friwent, hier: Verwandter; vgl. III, 877. — 1154 der Dienst, den du ihm leistest, erwirbt alsbald den Lohn: dir soll bald dein Lohn von mir werden. — 1157 lantreht stn., Ge- richtsverfahren, Process: dein Processieren und Streiten. — 1158 kneht stm., Knappe; der noch nicht zum Ritter geschlagene. — 1162 mit Be- ziehung auf III, 360. — 1163 er kehrt den Schaft um, weil er ihn nicht mit der eisernen Speerspitze verwunden will. —
Strana 166
166 DRITTES BUCH. 155 und stach den knappen sô mit kraft, daz er und sîn pfärdelîn muosen vállende uf die bluomen sîn. der helt was zornes dræete : er sluog in daz im wæte vome schafte ûzer swarten bluot. Parzivâl der knappe guot stuont al zornic úf dem plân. sin gabylôt begreif er sân. da der hélm únt diu bárbíer sich locheten ob dem härsenier, durch’z ouge in sneit dez gabylôt unt durch den nac, sô daz er tôt viel, der valscheit widersatz. wibe síufzen, herzen jâmers kratz gap Ithêrs tôt von Gahaviez, der wîben nazziu ougen liez. swelhiu sîner minne enphant, durch die fröude ir was gerant, unde ir schimpf énschumphiert, gein der riuhe gecondewiert. 1170 1175 1180 1165 Parzivâl der tumbe kêrt' in dicke al umbe. er kunde im abe geziehen niht: daz was ein wunderlîch geschiht: helmes snüer' noch sîniu schinnelier, mit sînen blanken handen fier kund' er s' niht uf gestricken noch sus her abe gezwicken. vil dick' er'z doch versuochte, wîshéit der umberuochte. 1190 1185 1166 vallende sîn = vallen. — 1167 der helt, Ither. — drate adj. (zu drajen). schnell: rasch im Zorne. — 1169 vome schafte, infolge der Schläge mit dem Schafte. — 1173 barbier stf., ein vom Helme lösbarer Theil desselben, der den Bart bedeckt. — 1174 sich lochen, ein Loch, eine Öffnung bilden. — 1176 nac stm., Hinterkopf: das Gabilot drang hinten zum Kopf heraus. — 1177 widersatz stm., der sich widersetzt, Gegner. — 1178 kratz stm., das Kratzen: jammervolle Risse ins Herz. — 1179 gap, verursachte. — 1180 lir-, hinterließs, zurückliefs. — 1181 enphinden stv., empfinden, hier im Sinne des Plusquamperf. — 1182 deren Freude war durchbrochen; vgl. zu III. 1026. Das Bild ist hier dem Angriff auf das feindliche Heer entnommen. — 1184 riuhe stf., rauher Weg. — condewieren, franz. conduire, geleiten, abführen. 1187 niht, nichts. — 1189 schinnelier stn., Armschiene. — 1194 wisheit ist gen., abhängig von der umberuochte (= unberuochte), der in Bezug auf Erfahrung unversorgte = der tumbe, 1185. —
166 DRITTES BUCH. 155 und stach den knappen sô mit kraft, daz er und sîn pfärdelîn muosen vállende uf die bluomen sîn. der helt was zornes dræete : er sluog in daz im wæte vome schafte ûzer swarten bluot. Parzivâl der knappe guot stuont al zornic úf dem plân. sin gabylôt begreif er sân. da der hélm únt diu bárbíer sich locheten ob dem härsenier, durch’z ouge in sneit dez gabylôt unt durch den nac, sô daz er tôt viel, der valscheit widersatz. wibe síufzen, herzen jâmers kratz gap Ithêrs tôt von Gahaviez, der wîben nazziu ougen liez. swelhiu sîner minne enphant, durch die fröude ir was gerant, unde ir schimpf énschumphiert, gein der riuhe gecondewiert. 1170 1175 1180 1165 Parzivâl der tumbe kêrt' in dicke al umbe. er kunde im abe geziehen niht: daz was ein wunderlîch geschiht: helmes snüer' noch sîniu schinnelier, mit sînen blanken handen fier kund' er s' niht uf gestricken noch sus her abe gezwicken. vil dick' er'z doch versuochte, wîshéit der umberuochte. 1190 1185 1166 vallende sîn = vallen. — 1167 der helt, Ither. — drate adj. (zu drajen). schnell: rasch im Zorne. — 1169 vome schafte, infolge der Schläge mit dem Schafte. — 1173 barbier stf., ein vom Helme lösbarer Theil desselben, der den Bart bedeckt. — 1174 sich lochen, ein Loch, eine Öffnung bilden. — 1176 nac stm., Hinterkopf: das Gabilot drang hinten zum Kopf heraus. — 1177 widersatz stm., der sich widersetzt, Gegner. — 1178 kratz stm., das Kratzen: jammervolle Risse ins Herz. — 1179 gap, verursachte. — 1180 lir-, hinterließs, zurückliefs. — 1181 enphinden stv., empfinden, hier im Sinne des Plusquamperf. — 1182 deren Freude war durchbrochen; vgl. zu III. 1026. Das Bild ist hier dem Angriff auf das feindliche Heer entnommen. — 1184 riuhe stf., rauher Weg. — condewieren, franz. conduire, geleiten, abführen. 1187 niht, nichts. — 1189 schinnelier stn., Armschiene. — 1194 wisheit ist gen., abhängig von der umberuochte (= unberuochte), der in Bezug auf Erfahrung unversorgte = der tumbe, 1185. —
Strana 167
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 167 1195 daz ors unt daz phärdelîn erhuoben ein sô hôhen grîn. daz ez Iwânet erhôrte vor der stat an's graben orte, froun Ginovêrn knáppe und ir mâc. do'r von dem orse erhôrt’ den bâc. und do er niemen drûffe sach (von sînen triuwen daz geschah, die er nâch Parzivâle truoc), dô gâhte dar der knappe kluoc. er vant Ithêren tôt, und Parzivâln in tumber nôt. snellîch er z'in beiden spranc: dô sagete er Parzivâle danc prises, des erwarp sîn hant an dem von Kukûmerlant. « got lôn' dir. nu rât waz ich tuo : ich kan hie harte wênic zuo : wie bringe ich'z abe im und an mich?» «daz kan ich wol gelêren dich : » sus sprach der stolze Iwânet zem fil li roy Gahmuret. entwâpent wart der tôte man aldâ vor Nantes ûf dem plân, und an den lebenden geleget, den dannoch grôziu tumpheit reget. Iwânet sprach «diu ribbalîn sulen niht underem îsern sîn: du solt nu tragen rîters kleit.» diu rede was Parzivâle leit. 1200 1205 1210 1215 1220 156 Dô sprach der kuappe guoter «swaz mir gap mîn muoter, 157 des sol vil wênic von mir kumen, 1225 — 1196 grin stm. (zu grînen), Geschrei, Gewieher. — 1200 bâc stm. (zu bâgen), Schreien; eigentlich Streit, Zank. — 1202 infolge seiner Wohlmeinenheit. — 1203 nâch, gegen. — truoc, hegte. — 1206 in einfältiger Verlegen- heit. — 1209 des Attraction für den. — 1211 Parzival spricht und dankt ihm. — 1212 kunnen mit ze, sich auf etwas verstehen. — 1219 und dem Lebenden angelegt, nämlich seine Rüstung: aus entwâpent muß wâfen, gewœefen herausgenommen werden. Vgl. zu III, 792. — 1220 dannoch, in diesem Augenblicke noch, jetzt noch. — regen, in Bewegung setzen; lenken, beherrschen. 1227 das soll alles an meinem Leibe bleiben. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 167 1195 daz ors unt daz phärdelîn erhuoben ein sô hôhen grîn. daz ez Iwânet erhôrte vor der stat an's graben orte, froun Ginovêrn knáppe und ir mâc. do'r von dem orse erhôrt’ den bâc. und do er niemen drûffe sach (von sînen triuwen daz geschah, die er nâch Parzivâle truoc), dô gâhte dar der knappe kluoc. er vant Ithêren tôt, und Parzivâln in tumber nôt. snellîch er z'in beiden spranc: dô sagete er Parzivâle danc prises, des erwarp sîn hant an dem von Kukûmerlant. « got lôn' dir. nu rât waz ich tuo : ich kan hie harte wênic zuo : wie bringe ich'z abe im und an mich?» «daz kan ich wol gelêren dich : » sus sprach der stolze Iwânet zem fil li roy Gahmuret. entwâpent wart der tôte man aldâ vor Nantes ûf dem plân, und an den lebenden geleget, den dannoch grôziu tumpheit reget. Iwânet sprach «diu ribbalîn sulen niht underem îsern sîn: du solt nu tragen rîters kleit.» diu rede was Parzivâle leit. 1200 1205 1210 1215 1220 156 Dô sprach der kuappe guoter «swaz mir gap mîn muoter, 157 des sol vil wênic von mir kumen, 1225 — 1196 grin stm. (zu grînen), Geschrei, Gewieher. — 1200 bâc stm. (zu bâgen), Schreien; eigentlich Streit, Zank. — 1202 infolge seiner Wohlmeinenheit. — 1203 nâch, gegen. — truoc, hegte. — 1206 in einfältiger Verlegen- heit. — 1209 des Attraction für den. — 1211 Parzival spricht und dankt ihm. — 1212 kunnen mit ze, sich auf etwas verstehen. — 1219 und dem Lebenden angelegt, nämlich seine Rüstung: aus entwâpent muß wâfen, gewœefen herausgenommen werden. Vgl. zu III, 792. — 1220 dannoch, in diesem Augenblicke noch, jetzt noch. — regen, in Bewegung setzen; lenken, beherrschen. 1227 das soll alles an meinem Leibe bleiben. —
Strana 168
168 DRITTES BUCH. ez gê ze schaden oder ze frumen.» daz dûhte wunderlich genuoc Iwâneten (der was kluoc): iedoch muos' er im volgen, er’n was im niht erbolgen. zwuo liehte hosen îserîn schuoht’ er'm über diu ribbalîn. sunder leder mit zwein porten zwêne sporen dar zuo gehôrten: er spien im an daz goldes werc. ê er'm büte dar den halsperc, er stricte im umb' diu schinnelier. sunder twâl vil harte schier von fuoze uf gewâpent wol wart Parzivâl mit gernder dol. dô iesch der knappe mære sînen kócháre. «i'n reiche dir kein gabylôt: diu rîterschaft dir daz verbôt», sprach Iwânet der knappe wert. der gurte im umbe ein scharpfez swert: daz lêrt' er'n ûz ziehen und widerriet im fliehen. dô zôher ime dar nâher sân des tôten mannes kastelân: daz truoc péin hôh únde lanc. der gewâpent in den satel spranc : er'n gerte stegereife niht, dem man noch snélhéite giht. Iwânéten niht bevilte, er'n lêrte in under'm schilte 1235 1240 1245 1250 1255 1230 158 1228 es möge mir zum Schaden oder zum Nutzen ausschlagen. 1234 schuohen swv., Schuhe anziehen, die Beine bekleiden, anziehen, franz. chausser. — 1235 die Sporen waren nicht mit ledernen Riemen, sondern golddurchwirkten Borten (I, 1084) befestigt. — 1236 dar zuo, zu den Hosen. — 1237 spien præt. von spannen stv., anschließsend befestigen. Die aus Gold gearbeiteten Sporen. — 1238 büte conj. præt.; vgl. zu III, 947. — 1242 mit verlangendem Ertragen: er musste es sich gefallen lassen, war aber voll Verlangen, völlig gerüstet zu sein. — 1246 der Ritterstand, dem du nun angehörst. — 1250 widerrâten mit acc., von etwas abrathen. — 1251 ziehen, von Pferden: führen (am Zügel). — dar nâher, näher her- an. — 1253 pein = bein stn., hier Plural. — 1254 gewâpent = gewâpente: Parzival. — 1255 ohne Steigbügel in den Sattel zu springen galt als be- sonderes Kennzeichen der Kraft und eines tüchtigen Reiters. — 1256 snel- heite gen. von snelheit stf., Schnelligkeit, Kraft: von dessen Kraft man noch spricht. — 1257 Iwanet ließ es sich nicht verdriefsen ihn zu lehren. — 1258 under'm schilte, vom Schilde gedeckt. —
168 DRITTES BUCH. ez gê ze schaden oder ze frumen.» daz dûhte wunderlich genuoc Iwâneten (der was kluoc): iedoch muos' er im volgen, er’n was im niht erbolgen. zwuo liehte hosen îserîn schuoht’ er'm über diu ribbalîn. sunder leder mit zwein porten zwêne sporen dar zuo gehôrten: er spien im an daz goldes werc. ê er'm büte dar den halsperc, er stricte im umb' diu schinnelier. sunder twâl vil harte schier von fuoze uf gewâpent wol wart Parzivâl mit gernder dol. dô iesch der knappe mære sînen kócháre. «i'n reiche dir kein gabylôt: diu rîterschaft dir daz verbôt», sprach Iwânet der knappe wert. der gurte im umbe ein scharpfez swert: daz lêrt' er'n ûz ziehen und widerriet im fliehen. dô zôher ime dar nâher sân des tôten mannes kastelân: daz truoc péin hôh únde lanc. der gewâpent in den satel spranc : er'n gerte stegereife niht, dem man noch snélhéite giht. Iwânéten niht bevilte, er'n lêrte in under'm schilte 1235 1240 1245 1250 1255 1230 158 1228 es möge mir zum Schaden oder zum Nutzen ausschlagen. 1234 schuohen swv., Schuhe anziehen, die Beine bekleiden, anziehen, franz. chausser. — 1235 die Sporen waren nicht mit ledernen Riemen, sondern golddurchwirkten Borten (I, 1084) befestigt. — 1236 dar zuo, zu den Hosen. — 1237 spien præt. von spannen stv., anschließsend befestigen. Die aus Gold gearbeiteten Sporen. — 1238 büte conj. præt.; vgl. zu III, 947. — 1242 mit verlangendem Ertragen: er musste es sich gefallen lassen, war aber voll Verlangen, völlig gerüstet zu sein. — 1246 der Ritterstand, dem du nun angehörst. — 1250 widerrâten mit acc., von etwas abrathen. — 1251 ziehen, von Pferden: führen (am Zügel). — dar nâher, näher her- an. — 1253 pein = bein stn., hier Plural. — 1254 gewâpent = gewâpente: Parzival. — 1255 ohne Steigbügel in den Sattel zu springen galt als be- sonderes Kennzeichen der Kraft und eines tüchtigen Reiters. — 1256 snel- heite gen. von snelheit stf., Schnelligkeit, Kraft: von dessen Kraft man noch spricht. — 1257 Iwanet ließ es sich nicht verdriefsen ihn zu lehren. — 1258 under'm schilte, vom Schilde gedeckt. —
Strana 169
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 169 künsteclîch gebâren und der vînde schaden vâren. er bôt im in die hant ein sper : daz was gar âne sîne ger: doch vrâgt' er'n « war zuo ist diz frum ?" "swer gein dir zer tjoste kum, dâ soltu'z balde brechen, durch sînen schilt verstechen. wiltu des vil getriben, man lobet dich vor den wîben.» Als uns diu âventiure giht, von Kölne noch von Mâstrieht kein schiltære entwürfe in baz denn' als er úfem orse saz. dô sprach er z'Ywânete sân «lieber friunt, mîn kumpân, ich hân hie erworben des ich pat. du solt mîn dienest in die stat dem künege Artûse sagen und ouch mîn hôhez laster klagen. bring im wider sîn goltvaz, ein rîter sich an mir vergaz, daz er die juncfrouwen sluoc durch daz sie lachens mîn gewuoc. mich müent ir jæemerlîchen wort. diu'n rüerent mir kein herzen ort: jâ muoz enmitten drinne sin der frouwen ungedienter pîn. 159 nu tuo'z durch dîne gesellekeit, und lâz dir mîn laster leit. 1265 1270 1275 1280 1285 1260 1259 künsteclich, kunstgemäſs. — 1262 das war ihm gar nicht recht : er hätte lieber wieder sein Gabilot genommen. — 1263 frum swf., Nutzen; frum wesen, nützen. — 1264 swer, wenn jemand. — 1265 ez: sper ist neutr. 1268 man spricht in Gegenwart der Frauen rühmend von dir. 1271 schiltœre stm., Maler; die Maler des Niederrheins hatten also schon damals besondern Ruf. Vgl. Germania, IX, 463 fg. — entwerfen stv., zeichnen, malen. Ausdruck jeglicher Vollkommenheit; vgl. Nibel. 286, 2. Kudrun 660, 3. 1601, 4. — 1274 kumpán stm. = mhd. geselle, altfranz. compains. — 1276 min dienest, wie unser: meine Empfehlung. — 1280 ver- gezzen refl., sich vergessen, sich vergehen. — 1282 gewuoc præt. von ge- wahen (I, 354) : deshalb weil sie daran dachte über mich zu lachen. Von gewuoc hängt lachens, von lachens wieder mîn ab. — 1284 die berühren nicht blofs den Rand meines Herzens, sondern sind mir tief in dasselbe gedrungen. — 1286 ungedienet, unverdient, unverschuldet. — 1287 geselle- keit stf., Freundschaft; dasselbe was kumpânie (III, 944). — 1288 laz dir sc. sín; vgl. zu I, 708. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 169 künsteclîch gebâren und der vînde schaden vâren. er bôt im in die hant ein sper : daz was gar âne sîne ger: doch vrâgt' er'n « war zuo ist diz frum ?" "swer gein dir zer tjoste kum, dâ soltu'z balde brechen, durch sînen schilt verstechen. wiltu des vil getriben, man lobet dich vor den wîben.» Als uns diu âventiure giht, von Kölne noch von Mâstrieht kein schiltære entwürfe in baz denn' als er úfem orse saz. dô sprach er z'Ywânete sân «lieber friunt, mîn kumpân, ich hân hie erworben des ich pat. du solt mîn dienest in die stat dem künege Artûse sagen und ouch mîn hôhez laster klagen. bring im wider sîn goltvaz, ein rîter sich an mir vergaz, daz er die juncfrouwen sluoc durch daz sie lachens mîn gewuoc. mich müent ir jæemerlîchen wort. diu'n rüerent mir kein herzen ort: jâ muoz enmitten drinne sin der frouwen ungedienter pîn. 159 nu tuo'z durch dîne gesellekeit, und lâz dir mîn laster leit. 1265 1270 1275 1280 1285 1260 1259 künsteclich, kunstgemäſs. — 1262 das war ihm gar nicht recht : er hätte lieber wieder sein Gabilot genommen. — 1263 frum swf., Nutzen; frum wesen, nützen. — 1264 swer, wenn jemand. — 1265 ez: sper ist neutr. 1268 man spricht in Gegenwart der Frauen rühmend von dir. 1271 schiltœre stm., Maler; die Maler des Niederrheins hatten also schon damals besondern Ruf. Vgl. Germania, IX, 463 fg. — entwerfen stv., zeichnen, malen. Ausdruck jeglicher Vollkommenheit; vgl. Nibel. 286, 2. Kudrun 660, 3. 1601, 4. — 1274 kumpán stm. = mhd. geselle, altfranz. compains. — 1276 min dienest, wie unser: meine Empfehlung. — 1280 ver- gezzen refl., sich vergessen, sich vergehen. — 1282 gewuoc præt. von ge- wahen (I, 354) : deshalb weil sie daran dachte über mich zu lachen. Von gewuoc hängt lachens, von lachens wieder mîn ab. — 1284 die berühren nicht blofs den Rand meines Herzens, sondern sind mir tief in dasselbe gedrungen. — 1286 ungedienet, unverdient, unverschuldet. — 1287 geselle- keit stf., Freundschaft; dasselbe was kumpânie (III, 944). — 1288 laz dir sc. sín; vgl. zu I, 708. —
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170 DRITTES BUCH. got hüet’ dîn: ich wil von dir varn : der mag uns bêde wol bewarn.» 1290 Ithêrn von Kahaviez er jæmerlîche ligen liez. der was doch tôt sô minneclîch: lebende was er saelden rîch. wær’ rîterschaft sin endes wer, zer tjost durch schilt mit eime sper. wer klagete dan die wunders nôt? er starp von eime gabylôt. Iwânet uf in dô brach der liehten bluomen z'eime dach. er stiez den gabylôtes stil zuo z'im nâch der marter zil. der knappe kiusche unde stolz dructe en kriuzes wîs ein holz durch des gabylôtes snîden. dône wold’ er niht vermîden, hin in die stat er sagete des manec wîp verzagete und manec rîter weinde, der klagende triuwe erscheinde. dâ wart jâmers vil gedolt. der tôte schône wart geholt. diu künegîn reit ûz der stat: daz heilictuom sie füeren bat. ob dem künege von Kukûmerlant. den tôte Parzivâles hant, 160 vrou Ginovêr diu künegin sprach jæemerlîcher worte sin. 1295 1300 1305 1310 1315 1290 mag, vermag. 1293 tôt, noch im Tode. — 1295 wer stf., Gewährung: hätte ritterlicher Kampf ihm sein Ende bereitet. — 1296 im Zusammenrennen mittelst eines durch den Schild gebohrten Speeres. — 1297 klagete ist conj. — wunders nôt, seltene, außserordentliche Noth. — 1298 nun starb er aber durch ein Gabilot: eines Ritters nicht würdig. — 1299 ûf in, um ihn damit zu be- decken. — 1300 von den Blumen (welche). — dach stn., Bedeckung, Decke. — 1302 zuo z'im, neben ihm hin. — zil stn., Art; marter, Passion Christi, Kreuz Christi: nach Art von Christi Kreuze; vgl. nâch der marter site II, 1454. — 1304 ein holz, um damit den Querbalken des Kreuzes dar- zustellen. — 1305 snîde swf., Schneide. — 1307 sagete des, sagte solche Botschaft, worüber. — 1310 klagende kann zu erscheinde, aber auch zu triuwe bezogen werden. — erscheinen swv., sichtbar werden lassen. — 1314 heilictuom stn., Heiligthum, Sacrament: sie befahl, das Sacrament zur Einholung des Todten mitzunehmen. — 1315 ob, über: über ihn ge- beugt. — 1316 tôte prat. von toeten. —
170 DRITTES BUCH. got hüet’ dîn: ich wil von dir varn : der mag uns bêde wol bewarn.» 1290 Ithêrn von Kahaviez er jæmerlîche ligen liez. der was doch tôt sô minneclîch: lebende was er saelden rîch. wær’ rîterschaft sin endes wer, zer tjost durch schilt mit eime sper. wer klagete dan die wunders nôt? er starp von eime gabylôt. Iwânet uf in dô brach der liehten bluomen z'eime dach. er stiez den gabylôtes stil zuo z'im nâch der marter zil. der knappe kiusche unde stolz dructe en kriuzes wîs ein holz durch des gabylôtes snîden. dône wold’ er niht vermîden, hin in die stat er sagete des manec wîp verzagete und manec rîter weinde, der klagende triuwe erscheinde. dâ wart jâmers vil gedolt. der tôte schône wart geholt. diu künegîn reit ûz der stat: daz heilictuom sie füeren bat. ob dem künege von Kukûmerlant. den tôte Parzivâles hant, 160 vrou Ginovêr diu künegin sprach jæemerlîcher worte sin. 1295 1300 1305 1310 1315 1290 mag, vermag. 1293 tôt, noch im Tode. — 1295 wer stf., Gewährung: hätte ritterlicher Kampf ihm sein Ende bereitet. — 1296 im Zusammenrennen mittelst eines durch den Schild gebohrten Speeres. — 1297 klagete ist conj. — wunders nôt, seltene, außserordentliche Noth. — 1298 nun starb er aber durch ein Gabilot: eines Ritters nicht würdig. — 1299 ûf in, um ihn damit zu be- decken. — 1300 von den Blumen (welche). — dach stn., Bedeckung, Decke. — 1302 zuo z'im, neben ihm hin. — zil stn., Art; marter, Passion Christi, Kreuz Christi: nach Art von Christi Kreuze; vgl. nâch der marter site II, 1454. — 1304 ein holz, um damit den Querbalken des Kreuzes dar- zustellen. — 1305 snîde swf., Schneide. — 1307 sagete des, sagte solche Botschaft, worüber. — 1310 klagende kann zu erscheinde, aber auch zu triuwe bezogen werden. — erscheinen swv., sichtbar werden lassen. — 1314 heilictuom stn., Heiligthum, Sacrament: sie befahl, das Sacrament zur Einholung des Todten mitzunehmen. — 1315 ob, über: über ihn ge- beugt. — 1316 tôte prat. von toeten. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 171 «ówè unde heiâ hei, Artûses werdekeit enzwei sol brechen noch diz wunder, der obe der tavelrunder den hohsten prîs solde tragen, daz der vor Nantes lît erslagen. sins erbeteils er gerte, dâ man in sterbens werte. er was doch mässenîe alhie alsô daz kein ôre nie dehein sîn úntât vernam. er was vor wildem valsche zam: der was vil gar von ime geschaben. nu muoz ich alze fruo begraben ein slôz obe dem prîse. sîn herze an zühten wîse, obem slôze ein hantveste, riet ime benamen daz beste, swâ man nach wîbes minne mit ellenthaftem sinne solt’ erzéigen mannes triuwe. ein berendiu fruht al niuwe ist trûrens ûf diu wîp gesæt. ûz dîner wunden jâmer wæt. dir was doch wol sô rôt dîn hâr, daz dîn bluot die bluomen clâr niht roeter dorfte machen. du swendest wîplîch lachen.» 1325 1330 1335 1340 1320 1345 Ithêr der lobes rîche 161 wart bestatet küneclîche. 1321 wunder ist Subject. — sol, wird. — 1322 der gehört in den Satz mit daz, 1324. — 1326 wo man ihm den Tod statt seines Erbes gab; vgl. 1295. — 1327 mässenîe, hier: einer aus der mässenîe (I, 372), dem Gefolge; vgl. mhd. gesinde, ingesinde als stn. und swm. — 1329 irgend eine von ihm begangene Unthat. — 1330 zam adj., zahm, gezähmt; sich zurück, sich fern haltend. — 1331 der sc. valsch stm. (I, 458). — schaben stv., schaben: war völlig von ihm abgestreift, er war valsches lœre (III, 4). — 1333 ihn, der war ein slôz (zu I, 65). — 1334 das in aller Wohlanständigkeit erfahren war. — 1335 hantveste stf., Versicherung durch Unterschrift und Siegel: das Siegel auf dem Schlosse. — 1336 benamen, fürwahr. — 1337 man, ein Mann. — nâch, um sie zu erwerben. — 1340 eine Frucht, die sich immer wieder säet und so nicht ausstirbt. — 1341 trûrens ist mit fruht zu ver- binden. — 1345 dorfte, nöthig hatte. — 1346 swenden swv., schwinden machen, vertilgen, vernichten.
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 171 «ówè unde heiâ hei, Artûses werdekeit enzwei sol brechen noch diz wunder, der obe der tavelrunder den hohsten prîs solde tragen, daz der vor Nantes lît erslagen. sins erbeteils er gerte, dâ man in sterbens werte. er was doch mässenîe alhie alsô daz kein ôre nie dehein sîn úntât vernam. er was vor wildem valsche zam: der was vil gar von ime geschaben. nu muoz ich alze fruo begraben ein slôz obe dem prîse. sîn herze an zühten wîse, obem slôze ein hantveste, riet ime benamen daz beste, swâ man nach wîbes minne mit ellenthaftem sinne solt’ erzéigen mannes triuwe. ein berendiu fruht al niuwe ist trûrens ûf diu wîp gesæt. ûz dîner wunden jâmer wæt. dir was doch wol sô rôt dîn hâr, daz dîn bluot die bluomen clâr niht roeter dorfte machen. du swendest wîplîch lachen.» 1325 1330 1335 1340 1320 1345 Ithêr der lobes rîche 161 wart bestatet küneclîche. 1321 wunder ist Subject. — sol, wird. — 1322 der gehört in den Satz mit daz, 1324. — 1326 wo man ihm den Tod statt seines Erbes gab; vgl. 1295. — 1327 mässenîe, hier: einer aus der mässenîe (I, 372), dem Gefolge; vgl. mhd. gesinde, ingesinde als stn. und swm. — 1329 irgend eine von ihm begangene Unthat. — 1330 zam adj., zahm, gezähmt; sich zurück, sich fern haltend. — 1331 der sc. valsch stm. (I, 458). — schaben stv., schaben: war völlig von ihm abgestreift, er war valsches lœre (III, 4). — 1333 ihn, der war ein slôz (zu I, 65). — 1334 das in aller Wohlanständigkeit erfahren war. — 1335 hantveste stf., Versicherung durch Unterschrift und Siegel: das Siegel auf dem Schlosse. — 1336 benamen, fürwahr. — 1337 man, ein Mann. — nâch, um sie zu erwerben. — 1340 eine Frucht, die sich immer wieder säet und so nicht ausstirbt. — 1341 trûrens ist mit fruht zu ver- binden. — 1345 dorfte, nöthig hatte. — 1346 swenden swv., schwinden machen, vertilgen, vernichten.
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172 DRITTES BUCH. des tôt schoup siufzen in diu wip. sîn harnasch ime verlôs den lîp: dar umbe was sîn endes wer des tumben Parzivâles ger. sît dô er sich paz versan, ungerne het er'z dô getân. daz ors einer site pflac: grôz arbeit ez ringe wac. ez wære kalt oder heiz, ez enliez durch reise keinen sweiz. ez træte stein oder ronen, er dorft’ im keines gürtens wonen doch eines loches nâher baz, swer zwêne tage drûffe saz. gewâpent reit’z der tumbe man den tac sô verre, ez hete lân ein blôz wîser, solt’ er'z hân geriten zwêne tage, ez waere vermiten. er lie'z et schûften, selten draben: er kunde im lützel ûf gehaben. hin gein dem âbende er dersach eins turnes kupfen unt des tach. den tumben dûhte sère, wie der türne wüehse mêre : der stuont dâ vil ûf eime hûs. dô wând' er sie saet' Artôs: des jaher im für heilikeit, unt daz sîn sæelde ware breit. 1355 1360 1365 1370 1350 1375 1349 schoup præt. von schieben stv., stoſjen, schieben; erfüllte die Weiber mit Seufzen. — 1350 verliesen stv., dem Verderben preisgeben. — 1351 fg. darum (um des Harnisches willen) wünschte der einfältige Parzi- val ihm das Ende zu bereiten. Vgl. 1295. — 1353 später als er mehr zu Verstande kam. — 1355 site gen. pl., hatte éine Eigenthümlichkeit. - 1356 grofse Anstrengung machte ihm nichts aus. — 1359 rone swm., um- gefallener Baumstamm. — 1360 wonen mit gen., zu thun pflegen: davon gürtens abhängig, und hiervon im (dem Pferde). — gürten swv. mit dat., den Gurt anziehen. — 1361 doch, auch nur. — eines loches gen. des Masses: um ein Loch (am Gurt). — naher baz compar. durch baz verstärkt: näher, fester. — 1364 eine so weite Strecke, dafs es unterlassen hätte. — 1365 blôz, ohne Rüstung: Gegensatz zu gewâpent, wie wîser zu tumbe. Wenn er diese Strecke in zwei Tagen hätte zurücklegen sollen, es wäre unterblieben, er hätte es nicht gethan. — 1368 ûf gehaben, zurück- halten; als Object ist zu ergänzen: die Zügel. — 1369 gegen Abend. — 1370 kupfe (= gupfe) swf., Spitze, Kuppel. — des, dessen. — 1371 sére, wirk- lich, im Ernst. — 1372 dafs immer mehr Thürme aus der Erde heraus- wüchsen. Vgl. Crestien et vit les tors du castel nestre, k' avis li fu k' eles naissoient. — 1375 das rechnete er ihm als Heiligkeit an, er hielt ihn des wegen für einen heiligen Mann.
172 DRITTES BUCH. des tôt schoup siufzen in diu wip. sîn harnasch ime verlôs den lîp: dar umbe was sîn endes wer des tumben Parzivâles ger. sît dô er sich paz versan, ungerne het er'z dô getân. daz ors einer site pflac: grôz arbeit ez ringe wac. ez wære kalt oder heiz, ez enliez durch reise keinen sweiz. ez træte stein oder ronen, er dorft’ im keines gürtens wonen doch eines loches nâher baz, swer zwêne tage drûffe saz. gewâpent reit’z der tumbe man den tac sô verre, ez hete lân ein blôz wîser, solt’ er'z hân geriten zwêne tage, ez waere vermiten. er lie'z et schûften, selten draben: er kunde im lützel ûf gehaben. hin gein dem âbende er dersach eins turnes kupfen unt des tach. den tumben dûhte sère, wie der türne wüehse mêre : der stuont dâ vil ûf eime hûs. dô wând' er sie saet' Artôs: des jaher im für heilikeit, unt daz sîn sæelde ware breit. 1355 1360 1365 1370 1350 1375 1349 schoup præt. von schieben stv., stoſjen, schieben; erfüllte die Weiber mit Seufzen. — 1350 verliesen stv., dem Verderben preisgeben. — 1351 fg. darum (um des Harnisches willen) wünschte der einfältige Parzi- val ihm das Ende zu bereiten. Vgl. 1295. — 1353 später als er mehr zu Verstande kam. — 1355 site gen. pl., hatte éine Eigenthümlichkeit. - 1356 grofse Anstrengung machte ihm nichts aus. — 1359 rone swm., um- gefallener Baumstamm. — 1360 wonen mit gen., zu thun pflegen: davon gürtens abhängig, und hiervon im (dem Pferde). — gürten swv. mit dat., den Gurt anziehen. — 1361 doch, auch nur. — eines loches gen. des Masses: um ein Loch (am Gurt). — naher baz compar. durch baz verstärkt: näher, fester. — 1364 eine so weite Strecke, dafs es unterlassen hätte. — 1365 blôz, ohne Rüstung: Gegensatz zu gewâpent, wie wîser zu tumbe. Wenn er diese Strecke in zwei Tagen hätte zurücklegen sollen, es wäre unterblieben, er hätte es nicht gethan. — 1368 ûf gehaben, zurück- halten; als Object ist zu ergänzen: die Zügel. — 1369 gegen Abend. — 1370 kupfe (= gupfe) swf., Spitze, Kuppel. — des, dessen. — 1371 sére, wirk- lich, im Ernst. — 1372 dafs immer mehr Thürme aus der Erde heraus- wüchsen. Vgl. Crestien et vit les tors du castel nestre, k' avis li fu k' eles naissoient. — 1375 das rechnete er ihm als Heiligkeit an, er hielt ihn des wegen für einen heiligen Mann.
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 173 Alsô sprach der tumbe man. «mîner múoter volc niht půwen kan. jane wehset niht sô lanc ir sât, swaz s' ir in dem walde hât: grôz regen sie selten dâ verbirt.» Gurnemánz de Grâharz hiez der wirt ûf dirre bure dar zuo er reit. dâ vor stuont ein linde breit ûf einem grüenem anger: der was bréitér noch langer niht wan ze rehter mâze. daz ors und ouch diu strâze in truogen dâ er sitzen vant des was diu bure unt ouch daz lant. ein grôziu müede in des betwanc, daz er den schilt unrehte swanc, ze verre hinder oder für, et niender nâch der site kür, die man dâ gein prîse maz. Gurnamánz der fürste al eine saz: ouch gap der linden tolde ir schaten, als sie solde, dem houbetman der wâren zuht. des site was vor valsche ein fluht, die enpfienc den gast: daz was sîn reht. bî im was rîter noch der kneht. sus antwurt’ im dô Parzivâl ûz tumben witzen sunder twâl. «mich pat mîn muoter nemen rât ze dem der grâwe löcke hât. 163 dâ wil ich iu dienen nâch, sît mir mîn muoter des verjach.» 1380 1385 1390 1395 1400 1405 162 1378 pûwen, vom Bauen des Feldes. — 1380 s'ir, sie (die Mutter) ihrer (der Saat). — 1383 auf welche er zuritt. — 1386 breiter und langer adj. in stark flectierter Form: nur so lang und breit als es recht war. — 1389 dá = dar dà, dorthin, wo. — 1390 des, denjenigen, dessen. — 1391 betwingen mit acc. und gen., zu etwas zwingen. — 1393 entweder zu weit nach hinten oder nach vorn. — 1394 niender, durchaus nicht: nur nicht wie die Sitte es verlangte. — 1395 vgl. III, 869. — 1397 tolde swf., Wipfel. — 1398 schate als swi. ist im Mhd. selten ; auch scheint Wolfram nur die starke Form zu kennen (XI, 769). — 1400 des auf die (1401) zu beziehen. Der jegliche Falschheit floh, ohne Falsch war. — 1401 die = der (zu III, 72). — 1402 der kneht, Knechte; vgl. zu I, 964. — 1403 antwurt': weil das Empfangen mit einer Anrede verbunden war. — 1406 ze dem, bei dem. — 1407 dâ — nach, nach eurem Rathe: um denselben zu er- langen. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 173 Alsô sprach der tumbe man. «mîner múoter volc niht půwen kan. jane wehset niht sô lanc ir sât, swaz s' ir in dem walde hât: grôz regen sie selten dâ verbirt.» Gurnemánz de Grâharz hiez der wirt ûf dirre bure dar zuo er reit. dâ vor stuont ein linde breit ûf einem grüenem anger: der was bréitér noch langer niht wan ze rehter mâze. daz ors und ouch diu strâze in truogen dâ er sitzen vant des was diu bure unt ouch daz lant. ein grôziu müede in des betwanc, daz er den schilt unrehte swanc, ze verre hinder oder für, et niender nâch der site kür, die man dâ gein prîse maz. Gurnamánz der fürste al eine saz: ouch gap der linden tolde ir schaten, als sie solde, dem houbetman der wâren zuht. des site was vor valsche ein fluht, die enpfienc den gast: daz was sîn reht. bî im was rîter noch der kneht. sus antwurt’ im dô Parzivâl ûz tumben witzen sunder twâl. «mich pat mîn muoter nemen rât ze dem der grâwe löcke hât. 163 dâ wil ich iu dienen nâch, sît mir mîn muoter des verjach.» 1380 1385 1390 1395 1400 1405 162 1378 pûwen, vom Bauen des Feldes. — 1380 s'ir, sie (die Mutter) ihrer (der Saat). — 1383 auf welche er zuritt. — 1386 breiter und langer adj. in stark flectierter Form: nur so lang und breit als es recht war. — 1389 dá = dar dà, dorthin, wo. — 1390 des, denjenigen, dessen. — 1391 betwingen mit acc. und gen., zu etwas zwingen. — 1393 entweder zu weit nach hinten oder nach vorn. — 1394 niender, durchaus nicht: nur nicht wie die Sitte es verlangte. — 1395 vgl. III, 869. — 1397 tolde swf., Wipfel. — 1398 schate als swi. ist im Mhd. selten ; auch scheint Wolfram nur die starke Form zu kennen (XI, 769). — 1400 des auf die (1401) zu beziehen. Der jegliche Falschheit floh, ohne Falsch war. — 1401 die = der (zu III, 72). — 1402 der kneht, Knechte; vgl. zu I, 964. — 1403 antwurt': weil das Empfangen mit einer Anrede verbunden war. — 1406 ze dem, bei dem. — 1407 dâ — nach, nach eurem Rathe: um denselben zu er- langen. —
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174 DRITTES BUCH. «sît ir durch râtes schulde her komen, iuwer hulde müezt ir mir durch râten lân, und welt ir râtes volge hân.» 1410 Dô warf der fürste mære ein mûzerspärware von der hénde. in die burc er swanc : ein guldîn schelle dran erklanc. daz was ein bote: dô kom im sân vil junchêrren wol getân. er bat den gast, den er dâ sach, în füern und schaffen sîn gemach. der sprach «mîn muoter saget al wâr : altmannes rede stêt niht ze vâr.» hin in s' in fuorten al zehant, da er manegen werden rîter vant. ûf dem hove an einer stat ieslîcher in erbeizen bat. dô sprach an dem was tumpheit schîn «mich hiez ein künec rîter sîn: swaz halt drûffe mir geschiht, i'ne kum von disem orse niht. gruoz gein iu riet mîn muoter mir.» sie dancten beidiu ime unt ir. dô daz grüezen wart getân (daz ors was müede und och der man), maneger bete sie gedâhten, ê s' in von dem orse brâhten 164 in eine kemenâten. 1415 1420 1425 1430 1435 1409 schulde stf., Ursache, Grund. — 1410 ihr müsst meinen Rath nicht übel aufnehmen. — 1412 und am Anfang von Bedingungssätzen in fragen- der Form. — volge stf., Beistimmung: wollt ihr dafs ich eurem Wunsche, euch zu rathen, beitrete, nachgebe. 1414 mûzerspärware stm., Sperber, der die Mauser durchgemacht hat. . 1415 der Sperber hatte ihm auf der Hand gesessen. — swingen stv., sich schwingen, fliegen. — 1416 die Jagdvögel trugen zur Zierde Schellen an den Beinen; auch damit man sie, wenn sie sich verflogen, leichter fände. — 1417 er benutzte ihn als Boten: seine Leute wussten nun gleich Be- scheid. — 1419 er bat, er befahl den Junkern. — sach, erblickt hatte. — 1420 für seine Bequemlichkeit zu sorgen. — 1422 altman, alter Mann; vgl. armman, II, 342. — stêt ze var, ist mit Hinterlist verbunden: man kann sich auf sie verlassen. — 1425 an einer bestimmten Stelle. — 1427 an dem, der, an dem: Einfalt sich zeigte, offenbarte. — 1435 sie dachten sich manche Bitte aus : sie baten ihn immer wieder aufs neue. — 1437 kemenâte swf., heizbares Gemach, mlat. caminata von caminus. —
174 DRITTES BUCH. «sît ir durch râtes schulde her komen, iuwer hulde müezt ir mir durch râten lân, und welt ir râtes volge hân.» 1410 Dô warf der fürste mære ein mûzerspärware von der hénde. in die burc er swanc : ein guldîn schelle dran erklanc. daz was ein bote: dô kom im sân vil junchêrren wol getân. er bat den gast, den er dâ sach, în füern und schaffen sîn gemach. der sprach «mîn muoter saget al wâr : altmannes rede stêt niht ze vâr.» hin in s' in fuorten al zehant, da er manegen werden rîter vant. ûf dem hove an einer stat ieslîcher in erbeizen bat. dô sprach an dem was tumpheit schîn «mich hiez ein künec rîter sîn: swaz halt drûffe mir geschiht, i'ne kum von disem orse niht. gruoz gein iu riet mîn muoter mir.» sie dancten beidiu ime unt ir. dô daz grüezen wart getân (daz ors was müede und och der man), maneger bete sie gedâhten, ê s' in von dem orse brâhten 164 in eine kemenâten. 1415 1420 1425 1430 1435 1409 schulde stf., Ursache, Grund. — 1410 ihr müsst meinen Rath nicht übel aufnehmen. — 1412 und am Anfang von Bedingungssätzen in fragen- der Form. — volge stf., Beistimmung: wollt ihr dafs ich eurem Wunsche, euch zu rathen, beitrete, nachgebe. 1414 mûzerspärware stm., Sperber, der die Mauser durchgemacht hat. . 1415 der Sperber hatte ihm auf der Hand gesessen. — swingen stv., sich schwingen, fliegen. — 1416 die Jagdvögel trugen zur Zierde Schellen an den Beinen; auch damit man sie, wenn sie sich verflogen, leichter fände. — 1417 er benutzte ihn als Boten: seine Leute wussten nun gleich Be- scheid. — 1419 er bat, er befahl den Junkern. — sach, erblickt hatte. — 1420 für seine Bequemlichkeit zu sorgen. — 1422 altman, alter Mann; vgl. armman, II, 342. — stêt ze var, ist mit Hinterlist verbunden: man kann sich auf sie verlassen. — 1425 an einer bestimmten Stelle. — 1427 an dem, der, an dem: Einfalt sich zeigte, offenbarte. — 1435 sie dachten sich manche Bitte aus : sie baten ihn immer wieder aufs neue. — 1437 kemenâte swf., heizbares Gemach, mlat. caminata von caminus. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 175 si begunden im alle râten «lât'z harnasch von iu bringen und iweren liden ringen.» 1440 Schiere er muose entwâpent sîn. dô sie diu rûhen ribbalîn und diu tôren kleit gesâgen, sie erschrâken die sîn pflâgen. vil blûg’ez wart ze hove gesaget: der wirt vor schame was nâch verzaget. ein riter sprach durch sîne zuht «deiswâr sô werdeclîche fruht erkôs nie mîner ougen sehe. an ime lît der sælden spehe mit reiner süezen hôhen art. wie’st der minnen blic alsus bewart? mich jâmert iemer daz ich vant an der wérlde fröude alsölh gewant. wol doch der muoter diu in truoc, an dem des wunsches lît genuoc. sin zimierde ist rîche: dez harnásch stuont rîterlîche ê ez kóém' von dem gehiuren. von einer quaschiuren bluotige amesiere kôs ich an im schiere.» der wirt sprach zem rîter sân «daz ist durch wîbe gebot getân.» «nein, hêrre: er'st mit sölhen siten, er'n kunde niemer wîp gebiten, 1445 1450 1455 1460 1465 1439 lasst euch den Harnisch abnehmen. — 1440 ringen swy., leicht machen. — iweren liden ist dat.: es euern Gliedern. 1443 gesâgen mitteld. Form des Præt. pl. = gesâhen. — 1444 die sich mit ihm beschäftigten. — 1445 blûge adv., zaghaft, schüchtern : sie wagten es kaum zu sagen. — ze hove, bei der Herrschaft: dem Burgherrn. — 1447 veranlasst durch seine (eigene) Wohlerzogenheit: er benutzte nicht die Gelegenheit, um zu spotten. — 1448 werdeclîch adj., Werth habend, trefflich. — 1449 sehe stf., das Sehen, der Blick. — 1450 spehe stf., was erspäht, erschaut wird. — 1451 das erste Adj. steht in starker, die beiden andern in schwacher Form. — 1452 er, aus dem die Minne blickt; vgl. 1450. — bewarn swv., ausrüsten, ausstatten. — 1454 an ihm, der die Freude der Welt ist. — 1457 zimierde stf., zunächst Helmschmuck (zu I, 1072); dann ritterlicher Schmuck überhaupt. — 1458 es muls ausgesprochen wer- den 'z harnasch. — 1459 so lange er den Harnisch anhatte, sah er ganz ritterlich aus.—1461 amesiere stf., Verletzung durch Quetschung.—1464 Frauen zu Liebe hat er das Gelübde gethan, solche Kleider zu tragen. — 1465 er hat solches Benehmen an sich. — 1466 er'n kunde, daß) er nicht könnte.—
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 175 si begunden im alle râten «lât'z harnasch von iu bringen und iweren liden ringen.» 1440 Schiere er muose entwâpent sîn. dô sie diu rûhen ribbalîn und diu tôren kleit gesâgen, sie erschrâken die sîn pflâgen. vil blûg’ez wart ze hove gesaget: der wirt vor schame was nâch verzaget. ein riter sprach durch sîne zuht «deiswâr sô werdeclîche fruht erkôs nie mîner ougen sehe. an ime lît der sælden spehe mit reiner süezen hôhen art. wie’st der minnen blic alsus bewart? mich jâmert iemer daz ich vant an der wérlde fröude alsölh gewant. wol doch der muoter diu in truoc, an dem des wunsches lît genuoc. sin zimierde ist rîche: dez harnásch stuont rîterlîche ê ez kóém' von dem gehiuren. von einer quaschiuren bluotige amesiere kôs ich an im schiere.» der wirt sprach zem rîter sân «daz ist durch wîbe gebot getân.» «nein, hêrre: er'st mit sölhen siten, er'n kunde niemer wîp gebiten, 1445 1450 1455 1460 1465 1439 lasst euch den Harnisch abnehmen. — 1440 ringen swy., leicht machen. — iweren liden ist dat.: es euern Gliedern. 1443 gesâgen mitteld. Form des Præt. pl. = gesâhen. — 1444 die sich mit ihm beschäftigten. — 1445 blûge adv., zaghaft, schüchtern : sie wagten es kaum zu sagen. — ze hove, bei der Herrschaft: dem Burgherrn. — 1447 veranlasst durch seine (eigene) Wohlerzogenheit: er benutzte nicht die Gelegenheit, um zu spotten. — 1448 werdeclîch adj., Werth habend, trefflich. — 1449 sehe stf., das Sehen, der Blick. — 1450 spehe stf., was erspäht, erschaut wird. — 1451 das erste Adj. steht in starker, die beiden andern in schwacher Form. — 1452 er, aus dem die Minne blickt; vgl. 1450. — bewarn swv., ausrüsten, ausstatten. — 1454 an ihm, der die Freude der Welt ist. — 1457 zimierde stf., zunächst Helmschmuck (zu I, 1072); dann ritterlicher Schmuck überhaupt. — 1458 es muls ausgesprochen wer- den 'z harnasch. — 1459 so lange er den Harnisch anhatte, sah er ganz ritterlich aus.—1461 amesiere stf., Verletzung durch Quetschung.—1464 Frauen zu Liebe hat er das Gelübde gethan, solche Kleider zu tragen. — 1465 er hat solches Benehmen an sich. — 1466 er'n kunde, daß) er nicht könnte.—
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176 DRITTES BUCH. 165 daz sie sîn dienest næeme. sîn varwe der minne zæme.» der wirt sprach «nu sule wir sehen an des wâte ein wunder ist geschehen." Sie giengen dâ sie funden Parzivâln den wunden von eime sper, daz bleip doch ganz. sîn underwant sich Gurnemanz. sölh was sîn underwinden, daz ein váter sînen kinden, der sich triuwe kunde nieten, möhte'z in niht paz erbieten. sîn wunden wuosch unde bant der wirt mit sîn selbes hant. dô was ouch uf geleit daz prôt. des was dem jungen gaste nôt, wand’ in grôz hunger niht vermeit. al vastende er des morgens reit von dem vischære. sîn wunde und harnasch sware, die vor Nantes er bejagete, im müede unde hunger sagete; unt diu verre tagereise von Artûse dem Britâneise, da man'n állenthalben vasten liez. der wirt in mit im ezzen hiez: der gast sich dâ gelabete. in den bárn er sich sô habete, daz er der spîse swande vil. 1470 1475 1480 1485 1490 1495 1468 seinem Aussehen nach würde er sich wohl zur Minne und ihren Dienst eignen. — 1470 ihn, an dessen: der so wundersame Kleider trägt. 1472 der von einem Speer, der doch ganz dabei blieb, verwundet war; mit Bezug auf III, 1163 fg. — 1474 underwinden refl. mit gen., sich an- nehmen. — 1477 der Treue (fleißsig) zu üben verstände (I, 981). — 1478 in wiederholt pleon. sînen kinden: die Wortstellung möht'ez zeigt, daſs der Dichter vergaß, dafs er den Satz mit daz angefangen ; genau war ez möht niht paz erbieten. — erbieten, ez wol, mit dat., einem freundliche Behand- lung erweisen. — 1481 ûf geleit, auf den Tisch gelegt: der Tisch war ge- deckt, das Essen angerichtet. — 1484 reit, war fortgeritten. — 1486 sin mußs auch zu harnasch ergänzt werden; seine schwere Rüstung. — 1487 be- jagen swv., erlangen, bekommen. — 1488 sagen swv., zusprechen; ver- ursachen. — 1489 verre adj., weit. — 1491 da, wobei. — man’n = man in. — 1494 barn stm., Futterkrippe: er hielt sich so an die Krippe. Den Aus- druck Krippe braucht der Dichter hier humoristisch, um die etwas un- geschlachte Essweise Parzival's zu beze ichnen. — 1495 swande præt. von swenden, vertilgte. —
176 DRITTES BUCH. 165 daz sie sîn dienest næeme. sîn varwe der minne zæme.» der wirt sprach «nu sule wir sehen an des wâte ein wunder ist geschehen." Sie giengen dâ sie funden Parzivâln den wunden von eime sper, daz bleip doch ganz. sîn underwant sich Gurnemanz. sölh was sîn underwinden, daz ein váter sînen kinden, der sich triuwe kunde nieten, möhte'z in niht paz erbieten. sîn wunden wuosch unde bant der wirt mit sîn selbes hant. dô was ouch uf geleit daz prôt. des was dem jungen gaste nôt, wand’ in grôz hunger niht vermeit. al vastende er des morgens reit von dem vischære. sîn wunde und harnasch sware, die vor Nantes er bejagete, im müede unde hunger sagete; unt diu verre tagereise von Artûse dem Britâneise, da man'n állenthalben vasten liez. der wirt in mit im ezzen hiez: der gast sich dâ gelabete. in den bárn er sich sô habete, daz er der spîse swande vil. 1470 1475 1480 1485 1490 1495 1468 seinem Aussehen nach würde er sich wohl zur Minne und ihren Dienst eignen. — 1470 ihn, an dessen: der so wundersame Kleider trägt. 1472 der von einem Speer, der doch ganz dabei blieb, verwundet war; mit Bezug auf III, 1163 fg. — 1474 underwinden refl. mit gen., sich an- nehmen. — 1477 der Treue (fleißsig) zu üben verstände (I, 981). — 1478 in wiederholt pleon. sînen kinden: die Wortstellung möht'ez zeigt, daſs der Dichter vergaß, dafs er den Satz mit daz angefangen ; genau war ez möht niht paz erbieten. — erbieten, ez wol, mit dat., einem freundliche Behand- lung erweisen. — 1481 ûf geleit, auf den Tisch gelegt: der Tisch war ge- deckt, das Essen angerichtet. — 1484 reit, war fortgeritten. — 1486 sin mußs auch zu harnasch ergänzt werden; seine schwere Rüstung. — 1487 be- jagen swv., erlangen, bekommen. — 1488 sagen swv., zusprechen; ver- ursachen. — 1489 verre adj., weit. — 1491 da, wobei. — man’n = man in. — 1494 barn stm., Futterkrippe: er hielt sich so an die Krippe. Den Aus- druck Krippe braucht der Dichter hier humoristisch, um die etwas un- geschlachte Essweise Parzival's zu beze ichnen. — 1495 swande præt. von swenden, vertilgte. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 177 daz nam der wirt gar z'eime spil: 166 dô bat in vlizeclîche Gurnemánz der triuwen rîche, daz er vaste æeze unt der müede sîn vergæze. 1500 Man huop den tisch, dô des wart zît. «ich wæene daz ir müede sît», sprach der wirt: "wart ir iht fruo?" «gotweiz, mîn muoter slief duo. diu kan sô vil niht wachen." der wirt begunde lachen. er fuort' in an die slâfstat. der wirt in sich ûz sloufen bat: ungerne er’z tet, doch muost' ez sin. ein declachen härmîn wart geléit übr sînen blôzen lip. sô werde fruht gebar nie wîp. grôz müede und slâf in lêrte daz er sich selten kêrte an die anderen sîten. sus kund’ er tages erbiten. dô gebôt der fürste maere daz ein bat bereite wiere reht' umbe den mitten morgens tac z'ende am teppich, da er dâ lac. daz muost' des morgens alsô sîn. man warf dâ rôsen oben în. swie wênic man umb' in dâ rief, 1505 1510 1515 1520 1496 spil stn., Scherz; der Wirth nahm das durchaus nicht übel, sondern redete ihm scherzend zu, tüchtig zu essen. — 1497 vlizeclîche adv., mit Eifer. — 1499 vaste dze; vgl. zu I, 993. 1501 Man hob die Tafel auf; im eigentlichen Sinne : indem die Tische aufgeklappt und an den Wanden befestigt wurden. — des, dazu. — 1503 woert = waret (zu I, 483) : wart ihr etwa früh auf ? seid ihr früh auf- gebrochen? — 1504 duo mundartliche Nebenform von dô, damals, da; es war zu der Zeit, wo meine Mutter noch nicht aufzustehen pflegt. — 1508 sloufen swv. (zu sliefen), kleiden; ûz sliefen, auskleiden. — 1511 man legte sich nackt zu Bette. — 1514 selten = niemals; er blieb in der Stellung liegen wie er eingeschlafen war. — 1515 sîte swf., Seite. — 1516 so verstand er die Nacht hinzubringen. — erbîten stv. mit gen., erwarten. Zugleich liegt darin der Sinn: die Zeit wurde ihm nicht lang wie einem, der die Nacht schlaflos verbringt. — 1518 bereite adj., bereit. — 1519 morgens tac, Vormittag. — 1520 vor seinem Bette. — 1522 Rosen wurden ins Bad ge- worfen, um dasselbe wohlriechend zu machen. — 1523 so still das auch alles besorgt wurde. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 12
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 177 daz nam der wirt gar z'eime spil: 166 dô bat in vlizeclîche Gurnemánz der triuwen rîche, daz er vaste æeze unt der müede sîn vergæze. 1500 Man huop den tisch, dô des wart zît. «ich wæene daz ir müede sît», sprach der wirt: "wart ir iht fruo?" «gotweiz, mîn muoter slief duo. diu kan sô vil niht wachen." der wirt begunde lachen. er fuort' in an die slâfstat. der wirt in sich ûz sloufen bat: ungerne er’z tet, doch muost' ez sin. ein declachen härmîn wart geléit übr sînen blôzen lip. sô werde fruht gebar nie wîp. grôz müede und slâf in lêrte daz er sich selten kêrte an die anderen sîten. sus kund’ er tages erbiten. dô gebôt der fürste maere daz ein bat bereite wiere reht' umbe den mitten morgens tac z'ende am teppich, da er dâ lac. daz muost' des morgens alsô sîn. man warf dâ rôsen oben în. swie wênic man umb' in dâ rief, 1505 1510 1515 1520 1496 spil stn., Scherz; der Wirth nahm das durchaus nicht übel, sondern redete ihm scherzend zu, tüchtig zu essen. — 1497 vlizeclîche adv., mit Eifer. — 1499 vaste dze; vgl. zu I, 993. 1501 Man hob die Tafel auf; im eigentlichen Sinne : indem die Tische aufgeklappt und an den Wanden befestigt wurden. — des, dazu. — 1503 woert = waret (zu I, 483) : wart ihr etwa früh auf ? seid ihr früh auf- gebrochen? — 1504 duo mundartliche Nebenform von dô, damals, da; es war zu der Zeit, wo meine Mutter noch nicht aufzustehen pflegt. — 1508 sloufen swv. (zu sliefen), kleiden; ûz sliefen, auskleiden. — 1511 man legte sich nackt zu Bette. — 1514 selten = niemals; er blieb in der Stellung liegen wie er eingeschlafen war. — 1515 sîte swf., Seite. — 1516 so verstand er die Nacht hinzubringen. — erbîten stv. mit gen., erwarten. Zugleich liegt darin der Sinn: die Zeit wurde ihm nicht lang wie einem, der die Nacht schlaflos verbringt. — 1518 bereite adj., bereit. — 1519 morgens tac, Vormittag. — 1520 vor seinem Bette. — 1522 Rosen wurden ins Bad ge- worfen, um dasselbe wohlriechend zu machen. — 1523 so still das auch alles besorgt wurde. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 12
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178 DRITTES BUCH. 167 der gast derwachte der dâ slief. der junge werde süeze man gienc sitzen in die kuofen sân. I'ne weiz wer sie des bæte : jungfrówen in rîcher wæte und an lîbes varwe minneclîch, die kômen zühte site gelich. sie twuogn und strichen schiere von ime sîn amesiere mit blanken linden henden. jane dorfte in niht ellenden der dâ was witze ein weise. sus dolt’ er fröude und eise, tumphéit er wênc gein in enkalt. juncfrouwen kiusche unde balt in alsus kunrierten. swâ von sie parlierten, dâ kunde er wol geswigen zuo. ez dorfte in dunken niht ze fruo : wan von in schein der ander tac. der glast alsus enstrîte lac, sîn varwe laschte beidiu lieht : des was sîn lip versûmet niht. man bôt ein badelachen dar : des nam er vil kleine war. sus kunde er sich bî frouwen schemen, vor in wolt’ er’s niht umbe nemen. 1530 1535 1540 1545 1525 1550 1524 derwachen = erwachen. — 1526 kuofe swf., Kufe, Badewanne. 1527 sie, die Jungfrauen. — des, mit Bezug auf das Folgende (1531). Wer ihnen das aufgetragen hatte. — 1530 gelîch, entsprechend; ent- sprechend einem wohlanständigen Benehmen. — 1531 twuogen præt. pl. von twahen (III, 69). Daß Männer von Mädchen im Bade bedient wurden, war im Mittelalter ganz gewöhnlich, ja die Regel. — 1534 ellenden swv., fremd sein, fremd bleiben; er brauchte ihnen nicht fremd zu bleiben ; weil er so hübsch war, machten sie gern seine Bekanntschaft. — 1535 weise swm., Waise; beraubt, ohne etwas; mit gen. witze. — 1536 eise stf., franz. aise, Behaglichkeit, Annehmlichkeit. — 1537 enkelten stv. mit gen., für etwas büßsen müssen, Schaden wovon haben. Der Gen. ist tumpheit, von seiner Einfalt. — 1538 balt, dreist. — 1539 kunrieren swv. vom altfranz. conreer, besorgen. — 1541 er betheiligte sich nicht an ihrer Unterhaltung. — 1542 nicht zu früh, d. h. nicht zu dunkel, vor Tagesanbruch. — 1543 ander dient hier zur Bezeichnung des Ebenbildes ; mehrfach bei Wolfram ; wir sagen: ein zweiter. — 1545 laschte præet. von leschen swv., auslöschen. — beidiu, des Tages und der Jungfrauen. — 1546 versumen swv., vernach- lässigen: daran fehlte es ihm nicht. — 1547 badelachen stn., Decke, worein man sich nach dem Bade hüllte. — 1548 das nahm er nicht an. — 1549 bi, an der Seite von, in Gegenwart von. —
178 DRITTES BUCH. 167 der gast derwachte der dâ slief. der junge werde süeze man gienc sitzen in die kuofen sân. I'ne weiz wer sie des bæte : jungfrówen in rîcher wæte und an lîbes varwe minneclîch, die kômen zühte site gelich. sie twuogn und strichen schiere von ime sîn amesiere mit blanken linden henden. jane dorfte in niht ellenden der dâ was witze ein weise. sus dolt’ er fröude und eise, tumphéit er wênc gein in enkalt. juncfrouwen kiusche unde balt in alsus kunrierten. swâ von sie parlierten, dâ kunde er wol geswigen zuo. ez dorfte in dunken niht ze fruo : wan von in schein der ander tac. der glast alsus enstrîte lac, sîn varwe laschte beidiu lieht : des was sîn lip versûmet niht. man bôt ein badelachen dar : des nam er vil kleine war. sus kunde er sich bî frouwen schemen, vor in wolt’ er’s niht umbe nemen. 1530 1535 1540 1545 1525 1550 1524 derwachen = erwachen. — 1526 kuofe swf., Kufe, Badewanne. 1527 sie, die Jungfrauen. — des, mit Bezug auf das Folgende (1531). Wer ihnen das aufgetragen hatte. — 1530 gelîch, entsprechend; ent- sprechend einem wohlanständigen Benehmen. — 1531 twuogen præt. pl. von twahen (III, 69). Daß Männer von Mädchen im Bade bedient wurden, war im Mittelalter ganz gewöhnlich, ja die Regel. — 1534 ellenden swv., fremd sein, fremd bleiben; er brauchte ihnen nicht fremd zu bleiben ; weil er so hübsch war, machten sie gern seine Bekanntschaft. — 1535 weise swm., Waise; beraubt, ohne etwas; mit gen. witze. — 1536 eise stf., franz. aise, Behaglichkeit, Annehmlichkeit. — 1537 enkelten stv. mit gen., für etwas büßsen müssen, Schaden wovon haben. Der Gen. ist tumpheit, von seiner Einfalt. — 1538 balt, dreist. — 1539 kunrieren swv. vom altfranz. conreer, besorgen. — 1541 er betheiligte sich nicht an ihrer Unterhaltung. — 1542 nicht zu früh, d. h. nicht zu dunkel, vor Tagesanbruch. — 1543 ander dient hier zur Bezeichnung des Ebenbildes ; mehrfach bei Wolfram ; wir sagen: ein zweiter. — 1545 laschte præet. von leschen swv., auslöschen. — beidiu, des Tages und der Jungfrauen. — 1546 versumen swv., vernach- lässigen: daran fehlte es ihm nicht. — 1547 badelachen stn., Decke, worein man sich nach dem Bade hüllte. — 1548 das nahm er nicht an. — 1549 bi, an der Seite von, in Gegenwart von. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 179 168 die juncfrouwen muosten gên: sine getórsten dâ niht langer stên. ich wæen’ sie gerne heten gesehen, ob im dort unde iht ware geschehen. wîpheit vert mit triuwen: si kan friwendes kumber riuwen. Der gast an daz pette schreit. al wîz gewant im was bereit. von golde unde sîdîn einen brúochgürtel zôch man drîn. scharlachens hosen rôt man streich an in dem ellen nie gesweich. âvoy wie stuonden sîniu bein! reht geschickede abe in schein. brûn scharlachen wol gesniten, (dem was furrieren niht vermiten) beidiu innen härmîn blanc, roc und mantel wâren lanc: bréit swárz unde grâ zobel dervor man kôs aldâ. daz légete àn dér gehiure. undr einen gürtel tiure wart er géfischieret, und wol gezimieret mit einem tiuren fürspan. sin munt dâ bî vor roete bran. dô kom der wirt mit triuwen kraft: nâch dem gienc stolziu rîterschaft. der enphienc den gast. dô daz geschach, 1555 1560 1565 1570 1575 1554 dort unde (= unden), zwischen den Beinen. — 1555 varn stv., ver- fahren, handeln. — 1556 sie versteht (oder: es liegt in ihrer Art) über den Kummer des Freundes sich zu betrüben. 1557 schreit præt. von schrîten stv., schreiten. — 1560 bruochgürtel stm., Gurt, um die bruoch (III, 328) zu halten. — drîn, in das Gewand. — 1561 scharlachen stn., umgedeutscht aus scharlât, feines, hochroth gefärbtes Wollenzeug. — streich præt. von strîchen stv. (an), anziehen. — 1562 ge- swîchen stv. mit dat., einen im Stiche lassen. — 1564 geschickede stf., Ge- staltung, Bildung, namentlich schöne Gestaltung. — 1565 der Stoff, aus welchem Rock und Mantel waren, war brûn Scharlach, eine dunklere Art. — 1566 furrieren swv., füttern; vom altfranz. fourrer (und dies von Futter). — was vermiten, fehlte. Das Futter war Hermelin. — 1570 dervor, vor Rock und Mantel: sie waren breit mit Zobel besetzt. — 1573 fischieren swv., altfranz. fichier, mit einer Spange befestigend gürten. — 1575 das fürspan diente zur Schliefsung des Mantels. — 1576 bran præt. von brinnen stv., brennen, wie Feuer glänzen. — 1577 mit grofsem Wohlwollen. — 1579 er begrüßste den Gast. — geschach, geschehen war. 12 *
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 179 168 die juncfrouwen muosten gên: sine getórsten dâ niht langer stên. ich wæen’ sie gerne heten gesehen, ob im dort unde iht ware geschehen. wîpheit vert mit triuwen: si kan friwendes kumber riuwen. Der gast an daz pette schreit. al wîz gewant im was bereit. von golde unde sîdîn einen brúochgürtel zôch man drîn. scharlachens hosen rôt man streich an in dem ellen nie gesweich. âvoy wie stuonden sîniu bein! reht geschickede abe in schein. brûn scharlachen wol gesniten, (dem was furrieren niht vermiten) beidiu innen härmîn blanc, roc und mantel wâren lanc: bréit swárz unde grâ zobel dervor man kôs aldâ. daz légete àn dér gehiure. undr einen gürtel tiure wart er géfischieret, und wol gezimieret mit einem tiuren fürspan. sin munt dâ bî vor roete bran. dô kom der wirt mit triuwen kraft: nâch dem gienc stolziu rîterschaft. der enphienc den gast. dô daz geschach, 1555 1560 1565 1570 1575 1554 dort unde (= unden), zwischen den Beinen. — 1555 varn stv., ver- fahren, handeln. — 1556 sie versteht (oder: es liegt in ihrer Art) über den Kummer des Freundes sich zu betrüben. 1557 schreit præt. von schrîten stv., schreiten. — 1560 bruochgürtel stm., Gurt, um die bruoch (III, 328) zu halten. — drîn, in das Gewand. — 1561 scharlachen stn., umgedeutscht aus scharlât, feines, hochroth gefärbtes Wollenzeug. — streich præt. von strîchen stv. (an), anziehen. — 1562 ge- swîchen stv. mit dat., einen im Stiche lassen. — 1564 geschickede stf., Ge- staltung, Bildung, namentlich schöne Gestaltung. — 1565 der Stoff, aus welchem Rock und Mantel waren, war brûn Scharlach, eine dunklere Art. — 1566 furrieren swv., füttern; vom altfranz. fourrer (und dies von Futter). — was vermiten, fehlte. Das Futter war Hermelin. — 1570 dervor, vor Rock und Mantel: sie waren breit mit Zobel besetzt. — 1573 fischieren swv., altfranz. fichier, mit einer Spange befestigend gürten. — 1575 das fürspan diente zur Schliefsung des Mantels. — 1576 bran præt. von brinnen stv., brennen, wie Feuer glänzen. — 1577 mit grofsem Wohlwollen. — 1579 er begrüßste den Gast. — geschach, geschehen war. 12 *
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180 DRITTES BUCH. 1580 169 der rîter ieslîcher sprach, sine gesâhen nie sô schoenen lîp. mit triuwen lobeten sie daz wip, diu gap der wérelde alsölhe fruht. durch wârhéit und umbe ir zult sie jâhen «er wirt wol gewert, swâ sîn dienest gnâden gert: im ist minne und gruoz bereit. mager geniezen werdekeit." ieslîcher im des tâ verjach, unt dar nâch swer in ie gesach. Der wirt in mit der hant gevienc. geselleclîche er dannen gienc. in vrâgt' der fürste mære, welch sîn ruowe wære des nahtes dâ bî ime gewesen. " hêrre, da'n ware ich niht genesen. wan daz mîn muoter her mir riet des tages dô ich von ir schiet. got müeze lônen iu unt ir. hêrre, ir tuot genâde an mir.» dô gienc der helt mit witzen kranc dâ mán gòt und dem wirte sanc. der wirt zer messe in lêrte daz noch die sælde mêrte, opfern unde segenen sich, und gein dem tiuvel kêrn gerich. dô giengen s' ûf den palas, aldâ der tisch gedecket was. 1585 1590 1595 1600 1605 1581 geschen, hätten gesehen. — 1582 mit triuwen, aufrichtig. — 1584 weil es wirklich wahr war und um der Höflichkeit willen. — 1585 er findet wohl Gewährung, Erhörung bei einer Frau. — 1587 gruoz, eine der Stufen im Minnedienste : den gruoz seiner Dame zu erringen, war schon ein hoher Wunsch. — 1588 vermag er von seinem Werthe Nutzen zu haben. 1591 nahm ihn bei der Hand: Hand in Hand giengen Männer wie Frauen, in der Regel paarweis; sie geselleten sich (vgl. 1592). — 1594 welch pron. aus wielîch, wie beschaffen. — 1595 des nahtes gen., männlich ge- bildet, nach Analogie von des tages. — 1596 ich wäre nicht am Leben ge- blieben. — dâ am Anfang der Rede, nach einer Frage, erläuternd. — 1597 wenn meine Mutter mir nicht gerathen hätte, hierher (zu einem so erfahrenen Manne; vgl. III, 347. 1422) zu gehen. — 1600 ich danke euch. — 1601 mit seinem schwachen Verstande, in seiner großsen Einfalt. — 1603 zer, bei der. — 1604 daz, dasjenige was; durch 1605 erläutert. — 1605 segenen swv., lat. signare, das Kreuzeszeichen machen. — 1606 sich am Teufel rächen, indem man ihm durch den Schutz des Kreuzeszeichens die Seele entzieht. —
180 DRITTES BUCH. 1580 169 der rîter ieslîcher sprach, sine gesâhen nie sô schoenen lîp. mit triuwen lobeten sie daz wip, diu gap der wérelde alsölhe fruht. durch wârhéit und umbe ir zult sie jâhen «er wirt wol gewert, swâ sîn dienest gnâden gert: im ist minne und gruoz bereit. mager geniezen werdekeit." ieslîcher im des tâ verjach, unt dar nâch swer in ie gesach. Der wirt in mit der hant gevienc. geselleclîche er dannen gienc. in vrâgt' der fürste mære, welch sîn ruowe wære des nahtes dâ bî ime gewesen. " hêrre, da'n ware ich niht genesen. wan daz mîn muoter her mir riet des tages dô ich von ir schiet. got müeze lônen iu unt ir. hêrre, ir tuot genâde an mir.» dô gienc der helt mit witzen kranc dâ mán gòt und dem wirte sanc. der wirt zer messe in lêrte daz noch die sælde mêrte, opfern unde segenen sich, und gein dem tiuvel kêrn gerich. dô giengen s' ûf den palas, aldâ der tisch gedecket was. 1585 1590 1595 1600 1605 1581 geschen, hätten gesehen. — 1582 mit triuwen, aufrichtig. — 1584 weil es wirklich wahr war und um der Höflichkeit willen. — 1585 er findet wohl Gewährung, Erhörung bei einer Frau. — 1587 gruoz, eine der Stufen im Minnedienste : den gruoz seiner Dame zu erringen, war schon ein hoher Wunsch. — 1588 vermag er von seinem Werthe Nutzen zu haben. 1591 nahm ihn bei der Hand: Hand in Hand giengen Männer wie Frauen, in der Regel paarweis; sie geselleten sich (vgl. 1592). — 1594 welch pron. aus wielîch, wie beschaffen. — 1595 des nahtes gen., männlich ge- bildet, nach Analogie von des tages. — 1596 ich wäre nicht am Leben ge- blieben. — dâ am Anfang der Rede, nach einer Frage, erläuternd. — 1597 wenn meine Mutter mir nicht gerathen hätte, hierher (zu einem so erfahrenen Manne; vgl. III, 347. 1422) zu gehen. — 1600 ich danke euch. — 1601 mit seinem schwachen Verstande, in seiner großsen Einfalt. — 1603 zer, bei der. — 1604 daz, dasjenige was; durch 1605 erläutert. — 1605 segenen swv., lat. signare, das Kreuzeszeichen machen. — 1606 sich am Teufel rächen, indem man ihm durch den Schutz des Kreuzeszeichens die Seele entzieht. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 181 170 der gast ze sîme wirte saz, die spîse er ungesmæhet az. der wirt sprach durch höfscheit «hêrre, iu 'nsol niht wesen leit, ob ich iuch vrâge mære, wanne iuwer reise wære.» er saget' im gar die underscheit, wie’r von sîner muoter reit. umb'z vingerl und umb'z fürspan, und wie er’z harnasch gewan. der wirt erkande den rîter rôt: der 'rsiufte, und èrbarmt' in sîn nôt. sînen gást des namen er niht erliez, den rôten rîter er in hiez. 1610 1615 1620 Dô man den tisch hin dane genam, dar nâch wart wilder muot vil zam. der wirt sprach zem gaste sin «ir redet als ein kindelîn. wan geswigt ir iuwer muoter gar und nemet anderr maere war? habet iuch an mînen rât : der scheidet iuch von missetât. sus hebe ich an: lât's iuch gezemen. ir sult niemer iuch verschemen. verschamter lip, waz touc der mêr? der wonet in der mûze rêr, dâ im werdekeit entriset unde in gein der helle wîset. 1625 1630 1635 1609 sitzen stv., sich setzen. — 1610 ungesmæhet part., ohne sie zu ver- schmähen, zu verachten; er war kein Kostverächter. — 1611 höfscheit stf., feines, gebildetes Wesen. — 1613 erst nachdem er bewirthet worden, ward der Gast nach dem Zweck seiner Reise befragt. — 1614 wanne = wannen, woher. — 1615 underscheit stf., genaue Erklärung, Bericht. — 1617 umb' mit underscheit zu verbinden; in Bezug auf vingerl = vingerlîn, Ringlein.— 1619 erkannte nach der Beschreibung. — 1621 Parzival wurde von nun an der rothe Ritter genannt. 1623 hin dane, hinweg; vgl. zu III, 1501. — 1624 da erfolgte die Be- lehrung Parzival's, die ihn zu einem wohlgesitteten Jüngling machte. — 1627 wan, warum nicht: warum redet ihr immerzu von eurer Mutter und nicht von andern Dingen ? — 1632 verschemen swv. refl., sich aufhören zu schämen, die Scham aufgeben. — 1633 verschamt part., schamlos. Wozu ist der noch weiter nütze? — 1634 mûze stf., Mause, Federwechsel der Vögel. — rêr stf., das Niederfallen. — wonet, lebt beständig. Dem ent- fällt fortwährend seine Würdigkeit, wie dem sich mausernden Vogel die Federn. — 1635 entrîsen stv., entfallen. — 1636 Subj. von wîset ist nicht werdekeit, sondern die ganze Zeile 1635. — wîsen swv., leiten, führen.
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 181 170 der gast ze sîme wirte saz, die spîse er ungesmæhet az. der wirt sprach durch höfscheit «hêrre, iu 'nsol niht wesen leit, ob ich iuch vrâge mære, wanne iuwer reise wære.» er saget' im gar die underscheit, wie’r von sîner muoter reit. umb'z vingerl und umb'z fürspan, und wie er’z harnasch gewan. der wirt erkande den rîter rôt: der 'rsiufte, und èrbarmt' in sîn nôt. sînen gást des namen er niht erliez, den rôten rîter er in hiez. 1610 1615 1620 Dô man den tisch hin dane genam, dar nâch wart wilder muot vil zam. der wirt sprach zem gaste sin «ir redet als ein kindelîn. wan geswigt ir iuwer muoter gar und nemet anderr maere war? habet iuch an mînen rât : der scheidet iuch von missetât. sus hebe ich an: lât's iuch gezemen. ir sult niemer iuch verschemen. verschamter lip, waz touc der mêr? der wonet in der mûze rêr, dâ im werdekeit entriset unde in gein der helle wîset. 1625 1630 1635 1609 sitzen stv., sich setzen. — 1610 ungesmæhet part., ohne sie zu ver- schmähen, zu verachten; er war kein Kostverächter. — 1611 höfscheit stf., feines, gebildetes Wesen. — 1613 erst nachdem er bewirthet worden, ward der Gast nach dem Zweck seiner Reise befragt. — 1614 wanne = wannen, woher. — 1615 underscheit stf., genaue Erklärung, Bericht. — 1617 umb' mit underscheit zu verbinden; in Bezug auf vingerl = vingerlîn, Ringlein.— 1619 erkannte nach der Beschreibung. — 1621 Parzival wurde von nun an der rothe Ritter genannt. 1623 hin dane, hinweg; vgl. zu III, 1501. — 1624 da erfolgte die Be- lehrung Parzival's, die ihn zu einem wohlgesitteten Jüngling machte. — 1627 wan, warum nicht: warum redet ihr immerzu von eurer Mutter und nicht von andern Dingen ? — 1632 verschemen swv. refl., sich aufhören zu schämen, die Scham aufgeben. — 1633 verschamt part., schamlos. Wozu ist der noch weiter nütze? — 1634 mûze stf., Mause, Federwechsel der Vögel. — rêr stf., das Niederfallen. — wonet, lebt beständig. Dem ent- fällt fortwährend seine Würdigkeit, wie dem sich mausernden Vogel die Federn. — 1635 entrîsen stv., entfallen. — 1636 Subj. von wîset ist nicht werdekeit, sondern die ganze Zeile 1635. — wîsen swv., leiten, führen.
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182 DRITTES BUCH. 171 ir tragt geschickede unde schîn, ir muget wol volkes hêrre sîn. ist hôch und hoht sich iuwer art, lât iweren willen des bewart, iuch sol erbarmen nôtec her : gein des kumber sît ze wer mit milte und mit güete: vlizet iuch diemüete. der kumberhafte werde man wol mit schame ringen kan (deist éin unsüeze arbeit): dem sult ir helfe sîn bereit. swenne ir dem tuot kumbers buoz, sô nâhet iu der gotes gruoz. im ist noch wirs dan den die gênt nâch prôte aldâ diu venster stênt. ir sult bescheidenlîche sîn arm unde rîche. wan swâ der hêrre gar vertuot, daz ist niht hêrrenlîcher muot : sament ér ab schaz ze sêre, daz sint och unêre. gebt rehter mâze ir orden. ich pin wol innen worden daz ir râtes dürftic sît: nu lât der unfuoge ir strît. ir ensult niht vil gevrâgen: ouch ensol iuch niht betrâgen bedâhter gegenrede, diu gê rehte als enes vrâgen stê, der iuch wil mit worten spehen. 1640 1645 1650 1655 1660 1665 1639 sich hœhen, sich erheben. — 1640 lât bewart sc. wesen, sin, ausgerüstet sein; des, damit, in der Beziehung: daß euch erbarme. — 1641 nôtec (ahd. notag) adj., bedrängt. — her stn., Volk, Menschen. — 1642 seid zur Ab- wehr bereit. — 1644 diemüete stf., Demuth, Herablassung; gen. von vlîze? abhängig. — 1645 kumberhaft adj., Kummer, Noth habend. — 1646 er kämpft mit der Scham, die ihm wehrt, seine Noth zu klagen. — 1648 be- reit adj. mit dat. und gen. (helfe), zu etwas. — 1651 im, dem verschämten Armen. — 1652 die vor den Fenstern ihr Brot erbetteln. — 1653 bescheiden- lîche adv., in verständiger Weise, im rechten Maſs. — 1656 herrenlîch adj., einem Herrn angemessen. — muot, Gesinnung. — 1657 samenen swv., sam- meln, aufhäufen. — 1658 unêre stf., Schande; hier pl. — 1659 orden, Regel: das was ihr zukommt. — 1661 dürftic adj. mit gen., bedürftig. — 1662 lasst euch mit der Unverständigkeit, der Rohheit nicht ein. — 1663 diese Lehre namentlich ist für die weitere Entwickelung der Erzählung von höchster Bedeutung. — 1665 gé, vor sich gehe, geschehe. — 1666 stê, beschaffen ist. — 1667 spehen swv., ausforschen, ergründen. —
182 DRITTES BUCH. 171 ir tragt geschickede unde schîn, ir muget wol volkes hêrre sîn. ist hôch und hoht sich iuwer art, lât iweren willen des bewart, iuch sol erbarmen nôtec her : gein des kumber sît ze wer mit milte und mit güete: vlizet iuch diemüete. der kumberhafte werde man wol mit schame ringen kan (deist éin unsüeze arbeit): dem sult ir helfe sîn bereit. swenne ir dem tuot kumbers buoz, sô nâhet iu der gotes gruoz. im ist noch wirs dan den die gênt nâch prôte aldâ diu venster stênt. ir sult bescheidenlîche sîn arm unde rîche. wan swâ der hêrre gar vertuot, daz ist niht hêrrenlîcher muot : sament ér ab schaz ze sêre, daz sint och unêre. gebt rehter mâze ir orden. ich pin wol innen worden daz ir râtes dürftic sît: nu lât der unfuoge ir strît. ir ensult niht vil gevrâgen: ouch ensol iuch niht betrâgen bedâhter gegenrede, diu gê rehte als enes vrâgen stê, der iuch wil mit worten spehen. 1640 1645 1650 1655 1660 1665 1639 sich hœhen, sich erheben. — 1640 lât bewart sc. wesen, sin, ausgerüstet sein; des, damit, in der Beziehung: daß euch erbarme. — 1641 nôtec (ahd. notag) adj., bedrängt. — her stn., Volk, Menschen. — 1642 seid zur Ab- wehr bereit. — 1644 diemüete stf., Demuth, Herablassung; gen. von vlîze? abhängig. — 1645 kumberhaft adj., Kummer, Noth habend. — 1646 er kämpft mit der Scham, die ihm wehrt, seine Noth zu klagen. — 1648 be- reit adj. mit dat. und gen. (helfe), zu etwas. — 1651 im, dem verschämten Armen. — 1652 die vor den Fenstern ihr Brot erbetteln. — 1653 bescheiden- lîche adv., in verständiger Weise, im rechten Maſs. — 1656 herrenlîch adj., einem Herrn angemessen. — muot, Gesinnung. — 1657 samenen swv., sam- meln, aufhäufen. — 1658 unêre stf., Schande; hier pl. — 1659 orden, Regel: das was ihr zukommt. — 1661 dürftic adj. mit gen., bedürftig. — 1662 lasst euch mit der Unverständigkeit, der Rohheit nicht ein. — 1663 diese Lehre namentlich ist für die weitere Entwickelung der Erzählung von höchster Bedeutung. — 1665 gé, vor sich gehe, geschehe. — 1666 stê, beschaffen ist. — 1667 spehen swv., ausforschen, ergründen. —
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PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 183 172 ir kunnet hoeren unde sehen, entseben unde dræhen: daz solt’ iuch witzen næhen. lât derbärme bî der vrävele sîn. sus tuot mir râtes volge schîn. an swem ir strîtes sicherheit bezalt, er'n habe iu sölhiu leit getân, diu herze kumber wesen, die nemet, und lâzet in genesen. ir müezet dicke wâpen tragen: so'z von iu kome, daz ir getwagen undr ougen und an handen sît, des ist nâch îsers râme zît. sô wert ir minneclîch gevar : des nement wibes ougen war. sit manlîch unde wol gemuot: daz ist ze werdem prise guot und lât iu liep sîn diu wîp : daz tiwert junges mannes lip. gewenket niemer tag an in: deist rehte manlîcher sin. welt ir in gerne liegen, ir muget ir vil betriegen: gein werder minne valscher list hât gein prîse kurze vrist. dâ wirt der slîchâre klage daz dürre holz ime hage: daz pristet unde krachet: 1670 1675 1680 1685 1690 1695 1669 entseben stv., mit dem Geschmacke wahrnehmen, schmecken. — drœhen swv., riechen. Ihr habt ja eure fünf Sinne. — 1670 nœhen swv., nahe bringen: sollte euch verständig und vorsichtig machen. — 1671 der- bärme stf. (= erbärme), Erbarmen. — vrävele stf., Muth, Kühnheit. — 1673 sicherheit, zu I, 1139. — 1674 es müsste denn sein, daf er euch hat. — 1675 herze stark flect. Dativ. — wesen conj. præs. — 1676 nemet, nehmt an. — 1678 wenn ihr die Rüstung abgelegt habt. — daz ist mit des ist zît zu verbinden. — 1680 râm stm., staubiger Schmuz; derselbe kam haupt- sächlich von dem Metall der Rüstung (îser). — 1683 manlîch adj., wie ein Mann geartet, mannhaft. — wol gemuot adj., muthig. — 1684 ist guot ze, ist nützlich zu, verhilft zu. — 1686 tiwern swv., werth machen, ehren. — 1687 gewenken swv., wankelmüthig sein. — an in, ihnen gegenüber. — 1689 in dat. pl. Habt ihr Neigung, ihnen vorzulügen. — 1692 gein, in Bezug auf; ihr Ruhm hat nur kurze Dauer, ihre Schande kommt bald zu Tage. — 1693 slîchœre stm., Schleicher : der sich in die Burg einschleichen will. — klage, Gegenstand der Klage. — 1694 das Krachen der dürren Aste verräth den sich einschleichenden Dieb und weckt den Wächter: so verräth sich auch die Falschheit des Frauenbetrügers. — hac stm., Ge- büsch, welches als Einfriedigung dient, das Schlofs umgibt. — 1695 pristet 3. præs. von bresten, brechen (II, 1342). —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 183 172 ir kunnet hoeren unde sehen, entseben unde dræhen: daz solt’ iuch witzen næhen. lât derbärme bî der vrävele sîn. sus tuot mir râtes volge schîn. an swem ir strîtes sicherheit bezalt, er'n habe iu sölhiu leit getân, diu herze kumber wesen, die nemet, und lâzet in genesen. ir müezet dicke wâpen tragen: so'z von iu kome, daz ir getwagen undr ougen und an handen sît, des ist nâch îsers râme zît. sô wert ir minneclîch gevar : des nement wibes ougen war. sit manlîch unde wol gemuot: daz ist ze werdem prise guot und lât iu liep sîn diu wîp : daz tiwert junges mannes lip. gewenket niemer tag an in: deist rehte manlîcher sin. welt ir in gerne liegen, ir muget ir vil betriegen: gein werder minne valscher list hât gein prîse kurze vrist. dâ wirt der slîchâre klage daz dürre holz ime hage: daz pristet unde krachet: 1670 1675 1680 1685 1690 1695 1669 entseben stv., mit dem Geschmacke wahrnehmen, schmecken. — drœhen swv., riechen. Ihr habt ja eure fünf Sinne. — 1670 nœhen swv., nahe bringen: sollte euch verständig und vorsichtig machen. — 1671 der- bärme stf. (= erbärme), Erbarmen. — vrävele stf., Muth, Kühnheit. — 1673 sicherheit, zu I, 1139. — 1674 es müsste denn sein, daf er euch hat. — 1675 herze stark flect. Dativ. — wesen conj. præs. — 1676 nemet, nehmt an. — 1678 wenn ihr die Rüstung abgelegt habt. — daz ist mit des ist zît zu verbinden. — 1680 râm stm., staubiger Schmuz; derselbe kam haupt- sächlich von dem Metall der Rüstung (îser). — 1683 manlîch adj., wie ein Mann geartet, mannhaft. — wol gemuot adj., muthig. — 1684 ist guot ze, ist nützlich zu, verhilft zu. — 1686 tiwern swv., werth machen, ehren. — 1687 gewenken swv., wankelmüthig sein. — an in, ihnen gegenüber. — 1689 in dat. pl. Habt ihr Neigung, ihnen vorzulügen. — 1692 gein, in Bezug auf; ihr Ruhm hat nur kurze Dauer, ihre Schande kommt bald zu Tage. — 1693 slîchœre stm., Schleicher : der sich in die Burg einschleichen will. — klage, Gegenstand der Klage. — 1694 das Krachen der dürren Aste verräth den sich einschleichenden Dieb und weckt den Wächter: so verräth sich auch die Falschheit des Frauenbetrügers. — hac stm., Ge- büsch, welches als Einfriedigung dient, das Schlofs umgibt. — 1695 pristet 3. præs. von bresten, brechen (II, 1342). —
Strana 184
184 DRITTES BUCH. 173 der wahtare erwachet. ungeverte und hâmît, dar gedîhet manec strit : diz mezzet gein der minne. diu wérdé hât sinne, gein valsche listeclîche kunst : swenn’ ir bejaget ir úngúnst, sô müezet ir g'unêret sîn und immer dulten schamenden pîn. dise lêre sult ir nâhe tragen: ich wil iu mêr von wîbes orden sagen. man und wip diu sint al ein; als diu sunn' diu hiute schein, und ouch der name der heizet tac. der enwederz sich gescheiden mac: sie blüent ûz éime kerne gar. des nemet künstecliche war.» der gast dem wirt durch râten neic. sîner muoter er gesweic, mit rede, und in dem herzen niht; als noch getriuwem man geschiht. 1700 1705 1710 1715 Der wirt sprach sîn êre. «noch sult ir lernen mêre kunst an rîterlîchen siten. wie kômet ir zuo mir geriten! ich hân beschouwet manege want da ich den schilt baz hangen vant denn' er iu ze halse tæte. ez ist uns niht ze spate : wir sulen ze velde gâhen: 1720 1725 1697 ungeverte stn., unwegsame Gegend, ungangbarer Weg. — 1698 damit hat mancher zu kämpfen. — 1699 mezzen stv., vergleichen; gein, mit. Vgl. III, 869. — 1700 sinne pl., Verstand. — 1701 der Falschheit gegen- über versteht sie sich auf List. — 1703 unêren swv., in Schande bringen, beschimpfen. — 1704 schamende part., wobei man Scham empfindet. — 1705 euch zu Herzen nehmen. — 1707 al ein, vollständig eins. — 1709 name swm., Begriff, Ding. Die Begriffe Sonne und Tag sind unzertrennlich von einander. — 1710 enweder, keiner von beiden. — sich gescheiden, vom andern. — 1712 künsteclîche adv., mit Verständniss. — 1713 durch, wegen: weil er ihm Rath ertheilt. — 1715 mit Worten. — und, und doch. 1717 sprach sîn êre, sprach was ihm Ehre machte, zur Ehre gereichte. — 1721 beschouwen swv., sehen. — 1722 die Schilde wurden an den Wän- den aufgehangen. — 1723 Conj. nach dem Comparativsatze; nhd. der In- dicativ. —
184 DRITTES BUCH. 173 der wahtare erwachet. ungeverte und hâmît, dar gedîhet manec strit : diz mezzet gein der minne. diu wérdé hât sinne, gein valsche listeclîche kunst : swenn’ ir bejaget ir úngúnst, sô müezet ir g'unêret sîn und immer dulten schamenden pîn. dise lêre sult ir nâhe tragen: ich wil iu mêr von wîbes orden sagen. man und wip diu sint al ein; als diu sunn' diu hiute schein, und ouch der name der heizet tac. der enwederz sich gescheiden mac: sie blüent ûz éime kerne gar. des nemet künstecliche war.» der gast dem wirt durch râten neic. sîner muoter er gesweic, mit rede, und in dem herzen niht; als noch getriuwem man geschiht. 1700 1705 1710 1715 Der wirt sprach sîn êre. «noch sult ir lernen mêre kunst an rîterlîchen siten. wie kômet ir zuo mir geriten! ich hân beschouwet manege want da ich den schilt baz hangen vant denn' er iu ze halse tæte. ez ist uns niht ze spate : wir sulen ze velde gâhen: 1720 1725 1697 ungeverte stn., unwegsame Gegend, ungangbarer Weg. — 1698 damit hat mancher zu kämpfen. — 1699 mezzen stv., vergleichen; gein, mit. Vgl. III, 869. — 1700 sinne pl., Verstand. — 1701 der Falschheit gegen- über versteht sie sich auf List. — 1703 unêren swv., in Schande bringen, beschimpfen. — 1704 schamende part., wobei man Scham empfindet. — 1705 euch zu Herzen nehmen. — 1707 al ein, vollständig eins. — 1709 name swm., Begriff, Ding. Die Begriffe Sonne und Tag sind unzertrennlich von einander. — 1710 enweder, keiner von beiden. — sich gescheiden, vom andern. — 1712 künsteclîche adv., mit Verständniss. — 1713 durch, wegen: weil er ihm Rath ertheilt. — 1715 mit Worten. — und, und doch. 1717 sprach sîn êre, sprach was ihm Ehre machte, zur Ehre gereichte. — 1721 beschouwen swv., sehen. — 1722 die Schilde wurden an den Wän- den aufgehangen. — 1723 Conj. nach dem Comparativsatze; nhd. der In- dicativ. —
Strana 185
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 185 dâ sult ir künste nâhen. bringt im sîn ors, und mir dez min, und ieslichem rîter'z sîn. junchêrren sulen ouch dar komen, der ieslîcher habe genomen ein starken schaft, und bringe'n dar, der nâch der niuwe sî gevar." sus kom der fürste ûf den plân: dâ wart mit rîten kunst getân. sîme gaste er râten gap, wie’r’z ors ûzem walap 174 mit sporen gruozes pîne mit schenkelen fliegens schîne ûf den poinder solde wenken, und den schaft ze rehte senken, und den schilt gein tjoste für sich nemen. er sprach «des lâzet iuch gezemen." Unfuoge er ime sus werte baz denne ein swankel gerte, diu argen kinden brichet vel. dô hiez er komen rîter snel gein im durch tjostieren. er begunde in condewieren enen zegegen an den rinc. dô brâhté der jungelinc sin' êrsten tjost durch einen schilt deis von in allen wart bevilt unt daz er hinder'z ors verswanc einen stárken riter niht ze kranc. ein ander tjostiur’ was komen. dô het ouch Parzivâl genomen einen starken niuwen schaft. sîn júgent het éllen unde kraft. 1730 1735 1740 1745 1750 1755 1726 künste nahen, dem Verständniss nahe kommen, es gewinnen; vgl. III, 1670. — 1728 rîter z = rîter daz. — sîn und min in stark flect. Form. — 1732 niuwe stf., Neuheit: dem man ansehe, dafs er neu ist. — 1737 gruoz stm., Antrieb: mit dem Schmerz, der durch das Antreiben mittelst der Sporen entsteht. — 1738 mit Schenkeln, die wie fliegend aussehen. — 1739 wenken swv., hier trans., wenden. — 1740 ze rehte, wie es sich gebührt. 1744 swankel adj., schwankend. Die mahnenden Worte des alten Rit- ters halfen mehr als die Zuchtruthe bei bösen Kindern. — 1745 arc, böse : die Haut zerreifst. — 1749 enen, jenen, den Rittern. — rinc stm., abge- schlossener Platz, Kampfplatz. — 1751 tjost stf., Speerstoß im Losrennen auf den Gegner. — 1752 deis = daz es. — beviln, selten wie hier im Pass., für zu viel halten. — 1754 niht ze kranc, sehr kräftig. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 185 dâ sult ir künste nâhen. bringt im sîn ors, und mir dez min, und ieslichem rîter'z sîn. junchêrren sulen ouch dar komen, der ieslîcher habe genomen ein starken schaft, und bringe'n dar, der nâch der niuwe sî gevar." sus kom der fürste ûf den plân: dâ wart mit rîten kunst getân. sîme gaste er râten gap, wie’r’z ors ûzem walap 174 mit sporen gruozes pîne mit schenkelen fliegens schîne ûf den poinder solde wenken, und den schaft ze rehte senken, und den schilt gein tjoste für sich nemen. er sprach «des lâzet iuch gezemen." Unfuoge er ime sus werte baz denne ein swankel gerte, diu argen kinden brichet vel. dô hiez er komen rîter snel gein im durch tjostieren. er begunde in condewieren enen zegegen an den rinc. dô brâhté der jungelinc sin' êrsten tjost durch einen schilt deis von in allen wart bevilt unt daz er hinder'z ors verswanc einen stárken riter niht ze kranc. ein ander tjostiur’ was komen. dô het ouch Parzivâl genomen einen starken niuwen schaft. sîn júgent het éllen unde kraft. 1730 1735 1740 1745 1750 1755 1726 künste nahen, dem Verständniss nahe kommen, es gewinnen; vgl. III, 1670. — 1728 rîter z = rîter daz. — sîn und min in stark flect. Form. — 1732 niuwe stf., Neuheit: dem man ansehe, dafs er neu ist. — 1737 gruoz stm., Antrieb: mit dem Schmerz, der durch das Antreiben mittelst der Sporen entsteht. — 1738 mit Schenkeln, die wie fliegend aussehen. — 1739 wenken swv., hier trans., wenden. — 1740 ze rehte, wie es sich gebührt. 1744 swankel adj., schwankend. Die mahnenden Worte des alten Rit- ters halfen mehr als die Zuchtruthe bei bösen Kindern. — 1745 arc, böse : die Haut zerreifst. — 1749 enen, jenen, den Rittern. — rinc stm., abge- schlossener Platz, Kampfplatz. — 1751 tjost stf., Speerstoß im Losrennen auf den Gegner. — 1752 deis = daz es. — beviln, selten wie hier im Pass., für zu viel halten. — 1754 niht ze kranc, sehr kräftig. —
Strana 186
186 DRITTES BUCH. 175 der junge süeze âne bart, den twanc diu Gahmuretes art und an geborniu manheit, daz ors von rabbîne er reit mit volleclîcher hurte dar, er nam der vier nagele war. des wirtes rîter niht gesaz, al vallende er den acker maz. dô muosen kleiniu stückelin aldâ von trúnzůnen sîn. sus stach er ir fünve nider. der wirt in nam und fuorte in wider. aldâ behielt er schimpfes pris: er wart ouch sît an strîte wis. die sîn rîtén gesâhen, al die wîsen im des jâhen. dâ füere kunst und ellen bî. «nu wirt min hêrre jâmers vri: sich mac nu jungen wol sîn leben. er sol ime ze wibe geben sîne tohter, unser frouwen. obe wir'n bi witzen schouwen, sô lischet ime sîn jâmers nôt. für sîner drier süne tôt ist im ein gelt ze hûs geriten: nu hât in sælde niht vermiten.» 1765 1770 1775 1780 1760 Sus kom der fürste 's âbents in. der tisch gedecket muose sîn. sîne tohter bat er komen ze tische: alsus hân ich'z vernomen. do er die maget komen sach, 1785 1762 von rabbine (zu I, 1101), im Carrière; von wie das franz. de. — 1763 volleclîch adj., vollständig. — 1764 die vier Nägel sind diejenigen, mit welchen die buckel (zu I, 1087) auf dem Schilde befestigt ist; sie bilden daher den Mittelpunkt des Schildes und den Zielpunkt des Ritters. — 1766 er fiel in seiner ganzen Länge hin. — 1770 wider adv., zurück ins Haus. — 1771 dort behauptete er im Scherzkampfe den Preis; nachher zeigte er auch im ernstlichen Kampfe seine Kunst. — 1775 er habe kunst- gemäss und kräftig gestritten. — 1777 jungen swv., verjüngen. — 1779 unsere Herrin. — 1780 wenn er sich verständig entwickelt. — 1781 lischet 3. præes. von leschen stv., erlöschen, aufhören zu brennen. — 1783 gel stm., Ersatz. 1785 's âbents = des âbents. — în, ins Haus. — 1786 die zweite Mahl- zeit, die eigentliche Hauptmahlzeit, war im Mittelalter Abends. — 1788 so steht es in meiner Quelle. —
186 DRITTES BUCH. 175 der junge süeze âne bart, den twanc diu Gahmuretes art und an geborniu manheit, daz ors von rabbîne er reit mit volleclîcher hurte dar, er nam der vier nagele war. des wirtes rîter niht gesaz, al vallende er den acker maz. dô muosen kleiniu stückelin aldâ von trúnzůnen sîn. sus stach er ir fünve nider. der wirt in nam und fuorte in wider. aldâ behielt er schimpfes pris: er wart ouch sît an strîte wis. die sîn rîtén gesâhen, al die wîsen im des jâhen. dâ füere kunst und ellen bî. «nu wirt min hêrre jâmers vri: sich mac nu jungen wol sîn leben. er sol ime ze wibe geben sîne tohter, unser frouwen. obe wir'n bi witzen schouwen, sô lischet ime sîn jâmers nôt. für sîner drier süne tôt ist im ein gelt ze hûs geriten: nu hât in sælde niht vermiten.» 1765 1770 1775 1780 1760 Sus kom der fürste 's âbents in. der tisch gedecket muose sîn. sîne tohter bat er komen ze tische: alsus hân ich'z vernomen. do er die maget komen sach, 1785 1762 von rabbine (zu I, 1101), im Carrière; von wie das franz. de. — 1763 volleclîch adj., vollständig. — 1764 die vier Nägel sind diejenigen, mit welchen die buckel (zu I, 1087) auf dem Schilde befestigt ist; sie bilden daher den Mittelpunkt des Schildes und den Zielpunkt des Ritters. — 1766 er fiel in seiner ganzen Länge hin. — 1770 wider adv., zurück ins Haus. — 1771 dort behauptete er im Scherzkampfe den Preis; nachher zeigte er auch im ernstlichen Kampfe seine Kunst. — 1775 er habe kunst- gemäss und kräftig gestritten. — 1777 jungen swv., verjüngen. — 1779 unsere Herrin. — 1780 wenn er sich verständig entwickelt. — 1781 lischet 3. præes. von leschen stv., erlöschen, aufhören zu brennen. — 1783 gel stm., Ersatz. 1785 's âbents = des âbents. — în, ins Haus. — 1786 die zweite Mahl- zeit, die eigentliche Hauptmahlzeit, war im Mittelalter Abends. — 1788 so steht es in meiner Quelle. —
Strana 187
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 187 1790 176 nu hoeret wie der wirt sprach ze der schónen Lîâzen. «du solt di'n küssen lâzen, disen rîter, biut im êre: er vert mit sæelden lêre. ouch solt’ an iuch gedinget sîn daz ir der megede ir vingerlîn liezet, op si'z möhte hân. nune hât si's niht, noch fürspan: wer gæebe ir sölhen volleist so der frouwen in dem fôreist? diu het etswen von dem si enpfienc daz iu z'enpfâhen sît ergienc. ir muget Lîâzen niht genemen." der gast begunde sich des schemen, iedoch kuster se an den munt: dem was wol fiwers varwe kunt. Lîâzen lîp was minneclîch, dar zuo der wâren kiusche rîch. der tisch was nidere unde lanc. der wirt mit niemen sich dâ dranc, er saz al eine an den ort. sînen gást hiez er sitzen dort zwischen im unt sîme kinde. ir blanken hende linde muosen snîden, sô der wirt gebôt, den man dâ hiez der rîter rôt, swaz der ezzen wolde. niemán sie wenden solde, sine gebârten heinlîche. diu maget mit zühten rîche leiste ir vater willen gar. 1795 1800 1805 1810 1815 1820 1792 di'n = dich in, dich von ihm. — 1794 das Glück zeigt ihm, welche Lebenswege er gehen soll, ist sein Begleiter. — 1795 damit wendet er sich an den Gast. — dingen swv., an einen, von jemand ausbedingen: ich würde von euch ausbedingen. — 1796 scherzende Anspielung auf Parzival’s Abenteuer mit Jeschuten. — 1799 volleist stm., Unterstützung; wer sollte sie so kostbar ausstatten? — 1800 fôreist stm., andere Form von fôrest (1, 809), Wald. — 1802 daz, dasjenige was. — ergân stv., geschehen, zu Theil werden, beschieden sein. — 1810 er safs ganz bequem. — 1811 er setzte sich. — den ort, die Spitze der Tafel: neben ihm auf der Langseite saſs Parzival, neben diesem Liaze. — 1815 snîden, vorschneiden, zerlegen. — 1816 der rîter, wo wir den rîter erwarteten; vgl. zu I, 381. — 1818 nie- mand würde sie verhindern. — 1819 dafs sie (nicht) vertraulich miteinander verkehrten. — heinlîche adv., vertraulich. — 1820 rîche gehört zu zühten: mit grofsem Anstande. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 187 1790 176 nu hoeret wie der wirt sprach ze der schónen Lîâzen. «du solt di'n küssen lâzen, disen rîter, biut im êre: er vert mit sæelden lêre. ouch solt’ an iuch gedinget sîn daz ir der megede ir vingerlîn liezet, op si'z möhte hân. nune hât si's niht, noch fürspan: wer gæebe ir sölhen volleist so der frouwen in dem fôreist? diu het etswen von dem si enpfienc daz iu z'enpfâhen sît ergienc. ir muget Lîâzen niht genemen." der gast begunde sich des schemen, iedoch kuster se an den munt: dem was wol fiwers varwe kunt. Lîâzen lîp was minneclîch, dar zuo der wâren kiusche rîch. der tisch was nidere unde lanc. der wirt mit niemen sich dâ dranc, er saz al eine an den ort. sînen gást hiez er sitzen dort zwischen im unt sîme kinde. ir blanken hende linde muosen snîden, sô der wirt gebôt, den man dâ hiez der rîter rôt, swaz der ezzen wolde. niemán sie wenden solde, sine gebârten heinlîche. diu maget mit zühten rîche leiste ir vater willen gar. 1795 1800 1805 1810 1815 1820 1792 di'n = dich in, dich von ihm. — 1794 das Glück zeigt ihm, welche Lebenswege er gehen soll, ist sein Begleiter. — 1795 damit wendet er sich an den Gast. — dingen swv., an einen, von jemand ausbedingen: ich würde von euch ausbedingen. — 1796 scherzende Anspielung auf Parzival’s Abenteuer mit Jeschuten. — 1799 volleist stm., Unterstützung; wer sollte sie so kostbar ausstatten? — 1800 fôreist stm., andere Form von fôrest (1, 809), Wald. — 1802 daz, dasjenige was. — ergân stv., geschehen, zu Theil werden, beschieden sein. — 1810 er safs ganz bequem. — 1811 er setzte sich. — den ort, die Spitze der Tafel: neben ihm auf der Langseite saſs Parzival, neben diesem Liaze. — 1815 snîden, vorschneiden, zerlegen. — 1816 der rîter, wo wir den rîter erwarteten; vgl. zu I, 381. — 1818 nie- mand würde sie verhindern. — 1819 dafs sie (nicht) vertraulich miteinander verkehrten. — heinlîche adv., vertraulich. — 1820 rîche gehört zu zühten: mit grofsem Anstande. —
Strana 188
188 DRITTES BUCH. 177 sie unt der gast wârn wol gevar. dar nâch schìer' gienc diu maget wider. sus pflac man des heldes sider unz an den vierzéhenden tac. bî sîme herzen kumber lac anders niht wan umbe daz: er wolt’ ê gestrîten baz, ê daz er dar an wurde warm, daz man dâ heizet frouwen arm. in dûhte, wert gedinge daz wære ein hôhiu linge ze diseme libe hie unt dort. daz sint noch ungelogeniu wort. Eins morgens urloubs er bat ; dô růmder Grâharz die stat. der wirt mit ime ze velde reit: dô huop sich niuwez herzen leit. dô sprach der fürste ûz triuwe erkoren «ir sît mîn vierder sun verloren. jâ wând' ich ergetzet wære drier jæemerlîchen mæere. der wâren dennoch niht wan driu : der nu min herze envíeríu mit sîner hende slüege und ieslîch stücke trüege, daz diuhte mich ein grôz gewin, einz für iuch (ir rîtet hin), diu driu für miniu werden kint, diu ellenthaft erstorben sint. sus lônt jedoch diu riterschaft: ir zagel ist jâmerstricke haft. 1825 1830 1835 1840 1845 1850 1823 als das Essen vorüber, entfernt sich das Mädchen. — 1827 anders niht, sonst nicht, aus keinem andern Grunde. — 1828 baz adv., besser. mehr. — 1829 dar an, an demjenigen. — 1831 gedinge, Hoffnung; wert, die einen würdigen Gegenstand im Auge hat. — 1832 linge stf., Gelingen, Glück. — 1833 in diesem Leben. — 1834 das ist eine noch heute geltende Wahrheit. 1837 der Wirth begleitete ihn eine Strecke Weges. — 1839 erkorn ge- hört zu triuwe: auserwählt, trefflich ; aus trefflicher, aufrichtiger Gesin- nung. — 1840 den ich verliere. — 1841 ich muſs zweimal genommen wer- den. — 1843 der, der jammervollen Nachrichten. — dennoch, damals noch, bisher. — driu neutr. von drí. — 1844 der, wenn jemand. — envieriu = in vieriu (neutr.), in vier Theile. — 1847 das wäre das Beste. — 1848 für iuch, vor euch hin, der ihr nun wegreitet. — 1852 zagel stm., letzter Theil, Ende (eigentlich Schwanz).— jâmerstric stm., Band der Trauer. — haft stm., was festhält, Fessel. —
188 DRITTES BUCH. 177 sie unt der gast wârn wol gevar. dar nâch schìer' gienc diu maget wider. sus pflac man des heldes sider unz an den vierzéhenden tac. bî sîme herzen kumber lac anders niht wan umbe daz: er wolt’ ê gestrîten baz, ê daz er dar an wurde warm, daz man dâ heizet frouwen arm. in dûhte, wert gedinge daz wære ein hôhiu linge ze diseme libe hie unt dort. daz sint noch ungelogeniu wort. Eins morgens urloubs er bat ; dô růmder Grâharz die stat. der wirt mit ime ze velde reit: dô huop sich niuwez herzen leit. dô sprach der fürste ûz triuwe erkoren «ir sît mîn vierder sun verloren. jâ wând' ich ergetzet wære drier jæemerlîchen mæere. der wâren dennoch niht wan driu : der nu min herze envíeríu mit sîner hende slüege und ieslîch stücke trüege, daz diuhte mich ein grôz gewin, einz für iuch (ir rîtet hin), diu driu für miniu werden kint, diu ellenthaft erstorben sint. sus lônt jedoch diu riterschaft: ir zagel ist jâmerstricke haft. 1825 1830 1835 1840 1845 1850 1823 als das Essen vorüber, entfernt sich das Mädchen. — 1827 anders niht, sonst nicht, aus keinem andern Grunde. — 1828 baz adv., besser. mehr. — 1829 dar an, an demjenigen. — 1831 gedinge, Hoffnung; wert, die einen würdigen Gegenstand im Auge hat. — 1832 linge stf., Gelingen, Glück. — 1833 in diesem Leben. — 1834 das ist eine noch heute geltende Wahrheit. 1837 der Wirth begleitete ihn eine Strecke Weges. — 1839 erkorn ge- hört zu triuwe: auserwählt, trefflich ; aus trefflicher, aufrichtiger Gesin- nung. — 1840 den ich verliere. — 1841 ich muſs zweimal genommen wer- den. — 1843 der, der jammervollen Nachrichten. — dennoch, damals noch, bisher. — driu neutr. von drí. — 1844 der, wenn jemand. — envieriu = in vieriu (neutr.), in vier Theile. — 1847 das wäre das Beste. — 1848 für iuch, vor euch hin, der ihr nun wegreitet. — 1852 zagel stm., letzter Theil, Ende (eigentlich Schwanz).— jâmerstric stm., Band der Trauer. — haft stm., was festhält, Fessel. —
Strana 189
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 189 178 ein tôt mich lemet an fröuden gar, mines sunes wol gevar, der was geheizen Schentaflurs dâ Cúndwîr âmürs lib und ir lant niht wolde geben. in ir helfe er flôs sîn leben von Clâmidè únd von Kíngrůn. des ist mir türkel als ein zun mîn hérzé von jâmers sniten. nu sît ir alze fruo geriten von mir trôstelôsem man. ôwê daz ich niht sterben kan, sît Liâzé diu schone maget und ouch mîn lant iu niht behaget. mîn ander sun hiez cons Lascoyt. den sluoc mir Idêrs fil Noyt umb' einen sparware. des stên ich fröuden lære. mîn dritter sun hiez Kurzgrî. dém réit Mahaute bî mit ir schonem lîbe : wan sie gap ime ze wibe ir stolzer bruoder Ehkunat. gein Brandigân der houbetstat kom er nâch Schóydelakúrt geriten. dâ wart sîn sterben niht vermiten: dâ sluog in Mâbonagrîn. des vlôs Mahaute ir liehten schîn, und lac min wîp, sîn muoter, tôt : grôz jâmer ir'z nâch ime gebôt.» der gast nam's wirtes jâmer war, wand’ er’z im underschiet sô gar. dô sprach er "hêrre, i'n bin niht wîs; 1860 1865 1870 1875 1880 1855 1885 1853 lemen swv., lähmen: beraubt mich aller Freude. — 1855 Schentaflurs, franz. gente flors, liebliche Blüte. — 1856 dâ, dort wo. — Cundwîr âmûrs = coin de voire amors, Stempel (= Typus, Ideal) der wahren Minne. — 1857 geben, ergeben, preisgeben. — 1860 zûn stm., Hecke, Zaun. — 1867 cons, Graf, dasselbe was cuns (II, 868). — 1868 dieser Ritter und der Kampf um den Sperber wird in Hartmann’s Erec (V, 464) erwähnt; dorther hat ihn wohl Wolfram. — 1869 sparware stm., Šperber. — 1872 Mahaute, die fran- zösische Form für Mathilde. Gurzgri und Mahaute sind die Altern Schionatulander's; Titurel 41. 42. — 1876—79 auch diese Beziehungen sind aus Hartmann's Erec entnommen. — 1877 Schoydelakurt (vgl. Titurel 41, 4) = joie de la cort, Freude des Hofes. — 1882 jammervolle Sehnsucht nach ihm. — 1884 underschiet, ausführlich erzählte, auseinandersetzte. — 1885 ich bin jetzt noch nicht vernünftig genug, um der Ehre würdig zu sein. —
PARZIVAL'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. 189 178 ein tôt mich lemet an fröuden gar, mines sunes wol gevar, der was geheizen Schentaflurs dâ Cúndwîr âmürs lib und ir lant niht wolde geben. in ir helfe er flôs sîn leben von Clâmidè únd von Kíngrůn. des ist mir türkel als ein zun mîn hérzé von jâmers sniten. nu sît ir alze fruo geriten von mir trôstelôsem man. ôwê daz ich niht sterben kan, sît Liâzé diu schone maget und ouch mîn lant iu niht behaget. mîn ander sun hiez cons Lascoyt. den sluoc mir Idêrs fil Noyt umb' einen sparware. des stên ich fröuden lære. mîn dritter sun hiez Kurzgrî. dém réit Mahaute bî mit ir schonem lîbe : wan sie gap ime ze wibe ir stolzer bruoder Ehkunat. gein Brandigân der houbetstat kom er nâch Schóydelakúrt geriten. dâ wart sîn sterben niht vermiten: dâ sluog in Mâbonagrîn. des vlôs Mahaute ir liehten schîn, und lac min wîp, sîn muoter, tôt : grôz jâmer ir'z nâch ime gebôt.» der gast nam's wirtes jâmer war, wand’ er’z im underschiet sô gar. dô sprach er "hêrre, i'n bin niht wîs; 1860 1865 1870 1875 1880 1855 1885 1853 lemen swv., lähmen: beraubt mich aller Freude. — 1855 Schentaflurs, franz. gente flors, liebliche Blüte. — 1856 dâ, dort wo. — Cundwîr âmûrs = coin de voire amors, Stempel (= Typus, Ideal) der wahren Minne. — 1857 geben, ergeben, preisgeben. — 1860 zûn stm., Hecke, Zaun. — 1867 cons, Graf, dasselbe was cuns (II, 868). — 1868 dieser Ritter und der Kampf um den Sperber wird in Hartmann’s Erec (V, 464) erwähnt; dorther hat ihn wohl Wolfram. — 1869 sparware stm., Šperber. — 1872 Mahaute, die fran- zösische Form für Mathilde. Gurzgri und Mahaute sind die Altern Schionatulander's; Titurel 41. 42. — 1876—79 auch diese Beziehungen sind aus Hartmann's Erec entnommen. — 1877 Schoydelakurt (vgl. Titurel 41, 4) = joie de la cort, Freude des Hofes. — 1882 jammervolle Sehnsucht nach ihm. — 1884 underschiet, ausführlich erzählte, auseinandersetzte. — 1885 ich bin jetzt noch nicht vernünftig genug, um der Ehre würdig zu sein. —
Strana 190
190 DRITTES BUCH. P.'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. bezal ab i'emer rîters prîs, 179 sô daz ich wol mac minne geren, ir sult mich Lîâzen weren, iwerr tóhtér, der schoenen maget. ir habet mir alze vil geklaget: mag ich iu jâmer denne entsagen, des lâze ich iuch sô vil niht tragen.» urloup nam der junge man von dem getriuwen fürsten sân unt z'al der massenîe. des fürsten jâmers drîe was riuwic an daz quater komen: die vierden flust het er genomen. 1890 1895 1886 i'emer = ich iemer, ich je. — 1891 entsagen swv. mit dat. der Person, acc. der Sache, jemand wovon befreien. — 1896 drîe stf., drei Augen im Würfelspiel. — 1897 quater stn., vier Augen im Würfelspiel. — riuwic. mit Trauer.
190 DRITTES BUCH. P.'S JUGEND UND EINTRITT INS LEBEN. bezal ab i'emer rîters prîs, 179 sô daz ich wol mac minne geren, ir sult mich Lîâzen weren, iwerr tóhtér, der schoenen maget. ir habet mir alze vil geklaget: mag ich iu jâmer denne entsagen, des lâze ich iuch sô vil niht tragen.» urloup nam der junge man von dem getriuwen fürsten sân unt z'al der massenîe. des fürsten jâmers drîe was riuwic an daz quater komen: die vierden flust het er genomen. 1890 1895 1886 i'emer = ich iemer, ich je. — 1891 entsagen swv. mit dat. der Person, acc. der Sache, jemand wovon befreien. — 1896 drîe stf., drei Augen im Würfelspiel. — 1897 quater stn., vier Augen im Würfelspiel. — riuwic. mit Trauer.
Strana 191
VIERTES BUCH. PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. Parzival kommt in das Königreich Brobarz nach Pelrapeire, wo die Königin Condwiramurs von dem Könige Clamide von Brandigan, der um ihre Hand wirbt, belagert wird. Parzival wird aufgenommen und, soweit es die Hungersnoth gestattet, bewirthet. Nachts kommt die Königin an sein Bette und erfleht weinend seine Hülfe: sie wolle lieber sterben, als Clamide's Weib werden. Parzival besiegt am Morgen den Seneschall Clamide’s, Kingrun, und sendet ihn an die um seinetwillen geschlagene Cunneware. Die Königin erklärt, keinen andern als Parzival zum Gemahl nehmen zu wollen. Die Belagerten erhalten vom Meere aus Zufuhr. Das Beilager wird vollzogen, doch lässt Parzival bis zur dritten Nacht Cond- wiramurs unberührt. Clamide erfährt, dass Kingrun besiegt und gefangen sei, und versucht die Stadt zu stürmen, aber vergeblich. Da fordert er Parzival zum Zweikampfe, wird ebenfalls besiegt und genöthigt, sich an Artus' Hof zu begeben und Cunnewaren zur Verfügung zu stellen. Bald darauf nimmt Parzival Abschied von Condwiramurs, um sich nach seiner Mutter umzusehen und Abenteuer aufzusuchen. Dannen schiet sus Parzivâl. rîters site und rîters mâl sîn lip mit zühten fuorte, ôwê wan daz in ruorte mánec unsüeziu strenge. im was diu wîte z'enge, und ouch diu breite gar ze smal: elliu grüene in dûhte val, sín rôt harnásch in důhte blanc: sin herze d'ougen des bedwanc. 5 10 4 sein Leben und Wesen wäre vollkommen gewesen : ach, nur daſs ihn berührte. — 5 strenge stf., Herbheit. Das Gefühl sehnsüchtiger Liebe ist gemeint. — 8 grüene stf., grüne Farbe, Grünsein. — 10 bedwingen = be- twingen (III, 1391). Sein Herz war die Ursache, dafs seinen Augen alles verwandelt erschien. —
VIERTES BUCH. PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. Parzival kommt in das Königreich Brobarz nach Pelrapeire, wo die Königin Condwiramurs von dem Könige Clamide von Brandigan, der um ihre Hand wirbt, belagert wird. Parzival wird aufgenommen und, soweit es die Hungersnoth gestattet, bewirthet. Nachts kommt die Königin an sein Bette und erfleht weinend seine Hülfe: sie wolle lieber sterben, als Clamide's Weib werden. Parzival besiegt am Morgen den Seneschall Clamide’s, Kingrun, und sendet ihn an die um seinetwillen geschlagene Cunneware. Die Königin erklärt, keinen andern als Parzival zum Gemahl nehmen zu wollen. Die Belagerten erhalten vom Meere aus Zufuhr. Das Beilager wird vollzogen, doch lässt Parzival bis zur dritten Nacht Cond- wiramurs unberührt. Clamide erfährt, dass Kingrun besiegt und gefangen sei, und versucht die Stadt zu stürmen, aber vergeblich. Da fordert er Parzival zum Zweikampfe, wird ebenfalls besiegt und genöthigt, sich an Artus' Hof zu begeben und Cunnewaren zur Verfügung zu stellen. Bald darauf nimmt Parzival Abschied von Condwiramurs, um sich nach seiner Mutter umzusehen und Abenteuer aufzusuchen. Dannen schiet sus Parzivâl. rîters site und rîters mâl sîn lip mit zühten fuorte, ôwê wan daz in ruorte mánec unsüeziu strenge. im was diu wîte z'enge, und ouch diu breite gar ze smal: elliu grüene in dûhte val, sín rôt harnásch in důhte blanc: sin herze d'ougen des bedwanc. 5 10 4 sein Leben und Wesen wäre vollkommen gewesen : ach, nur daſs ihn berührte. — 5 strenge stf., Herbheit. Das Gefühl sehnsüchtiger Liebe ist gemeint. — 8 grüene stf., grüne Farbe, Grünsein. — 10 bedwingen = be- twingen (III, 1391). Sein Herz war die Ursache, dafs seinen Augen alles verwandelt erschien. —
Strana 192
192 VIERTES BUCH. 180 sît er tumpheit âne wart, done wolde in Gahmuretes art denkens niht erlâzen nâch der schoenen Liâzen. der megede sæelden rîche. diu im geselleclîche sundr mínne bôt êre. swar sîn ors nu kêre, er enmages vor jâmer niht enthaben, ez welle springen oder draben. kriuze unde stûden stric, dar zuo der wagenleisen pic sîne waltstrâzen meit : vil ungevertes er dô reit, dâ wênic wegerîches stuont. tal und bere wârn im unkúnt. genuoge hânt des einen site unde jehent, swer irre rite, daz der den slegel fünde: slegeles urkünde lac dâ âne mâze vil, suln grôze ronen sîn slegels zil. Doch reit er wênec irre, wan die slihte an der virre kom er des tages von Grâhárz in daz künecrich ze Brôbarz durch wildé gebirge hôch. 15 20 25 30 35 13 der sehnsüchtigen Gedanken nicht überheben. — 15 megede dat. sing. von maget, Jungfrau. — 16 gesellecliche adv., zu ihm gesellt, in gesellen— Weise. — 17 sunder, ausgenommen : jede Ehre mit Ausnahme der Minne.— 19 enthaben swv., aufhalten, zurückhalten. — 21 Kreuze standen an den vielbefahrenen Strafen. — stûde swf., Staude; stûden stric, zusammen- geflochtene Stauden, die als Zaun dienten und den Weg einfassten. — 22 wagenleise swf., Wagengleis. — bic, pic stm., Einschnitt : also alles Be- zeichnung vielbesuchter Wege. — 23 blieb seiner Waldstraßse fern. — 25 wegerîch stm., Wegebreite; wo keine Wegebreite wuchs, also auch kein Weg war. — 27 es ist ein allgemeiner Brauch, eine allgemeine Redensart, ein Sprichwort. — 29 slegel stn., Keule, Axt ; wer in der Irre reitet, findet durch Zufall die von einem andern verlorene Axt, die jener lange gesucht hat. — 30 urkünde stn., Zeugniss, Beweis, Probe. — 32 wenn umgefallene Bäume die Axt vorstellen sollen. Nach Simrock heißsen in einigen Gegen- den Deutschlands gefällte Bäume Schlegel : welche Benennung das Wort- spiel erklärt. 33 mit Bezug auf den sprichwörtlichen Ausdruck Z. 28. — 34 wan, sondern. — slihte stf., Geradheit, der gerade Weg. — virre stf., Ferne, Weite : in weiter Entfernung immer geradeaus. — 37 wilde ist unflectierte Form, nicht Plural. —
192 VIERTES BUCH. 180 sît er tumpheit âne wart, done wolde in Gahmuretes art denkens niht erlâzen nâch der schoenen Liâzen. der megede sæelden rîche. diu im geselleclîche sundr mínne bôt êre. swar sîn ors nu kêre, er enmages vor jâmer niht enthaben, ez welle springen oder draben. kriuze unde stûden stric, dar zuo der wagenleisen pic sîne waltstrâzen meit : vil ungevertes er dô reit, dâ wênic wegerîches stuont. tal und bere wârn im unkúnt. genuoge hânt des einen site unde jehent, swer irre rite, daz der den slegel fünde: slegeles urkünde lac dâ âne mâze vil, suln grôze ronen sîn slegels zil. Doch reit er wênec irre, wan die slihte an der virre kom er des tages von Grâhárz in daz künecrich ze Brôbarz durch wildé gebirge hôch. 15 20 25 30 35 13 der sehnsüchtigen Gedanken nicht überheben. — 15 megede dat. sing. von maget, Jungfrau. — 16 gesellecliche adv., zu ihm gesellt, in gesellen— Weise. — 17 sunder, ausgenommen : jede Ehre mit Ausnahme der Minne.— 19 enthaben swv., aufhalten, zurückhalten. — 21 Kreuze standen an den vielbefahrenen Strafen. — stûde swf., Staude; stûden stric, zusammen- geflochtene Stauden, die als Zaun dienten und den Weg einfassten. — 22 wagenleise swf., Wagengleis. — bic, pic stm., Einschnitt : also alles Be- zeichnung vielbesuchter Wege. — 23 blieb seiner Waldstraßse fern. — 25 wegerîch stm., Wegebreite; wo keine Wegebreite wuchs, also auch kein Weg war. — 27 es ist ein allgemeiner Brauch, eine allgemeine Redensart, ein Sprichwort. — 29 slegel stn., Keule, Axt ; wer in der Irre reitet, findet durch Zufall die von einem andern verlorene Axt, die jener lange gesucht hat. — 30 urkünde stn., Zeugniss, Beweis, Probe. — 32 wenn umgefallene Bäume die Axt vorstellen sollen. Nach Simrock heißsen in einigen Gegen- den Deutschlands gefällte Bäume Schlegel : welche Benennung das Wort- spiel erklärt. 33 mit Bezug auf den sprichwörtlichen Ausdruck Z. 28. — 34 wan, sondern. — slihte stf., Geradheit, der gerade Weg. — virre stf., Ferne, Weite : in weiter Entfernung immer geradeaus. — 37 wilde ist unflectierte Form, nicht Plural. —
Strana 193
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 193 der tac gein dem âbent zôch. dô kom er an ein wazzer snel: daz was von sîme duzze hel: ez gâbn die velse ein ander. daz reit er nider: dô vander die stat ze Pelrapeire. der künec Tampenteire het sie g'erbet ûf sin kint, bi der vil liute in kumber sint. daz wazer fuor nâch polze siten. die wol gevidert unt gesniten 181 sint, sô sie armbrustes span mit senewen swanke tribet dan: dar über gienc ein brükken slac, dâ manec hurt ûffe lac: ez flôz aldâ reht' in daz mer. Pelrapeir stuont wol ze wer. seht wie kint ûf schocken varen, die man schockes niht wil sparen, sus fuor diu brücke âne seil: diu'n was vor jugende niht sô geil. 40 45 50 55 Dort anderhalben stuonden mit helmen üf gebunden sehzec rîter oder mêr. die riefen alle «kêrâ kêr»: mit ûf geworfen swerten die kranken strîtes gerten. durch daz s'in dicke sâhen é, sie wânden ez wær' Clâmidê, 60 65 38 näherte sich dem Abend. — 40 hel adj., laut, tönend. — 41 es stürzte von einem Felsen zum andern. — 42 das Wasser entlang abwärts. — 43 Pelrapeire = Bel repaire, schöner Aufenthalt. — 45 erben swv., ver- erben. — 46 bî der, auf kint bezogen, weil es eine Tochter ist. — 47 nach Art von Bolzen, schnell wie Bolzen. — 49 span stm., Spannung. — 50 mit geschnellter Sehne. 51 brükken slac, Schlagbrücke, Zugbrücke. — 52 hurt stf., Flechtwerk von Reisern, welches, auf die Balken gelegt, die Brücke bildete. — 53 geradewegs ins Meer. — 55 schoc stm., Schaukel. — 56 schockes = schockens gen. des Gerundiums, schaukeln. — sparn swv. mit acc. und gen., einen mit etwas verschonen. — 57 sie bewegte sich schaukelnd hin und her, wenn auch nicht wie eine Schaukel an einem Seile. — 58 ihre Jugend machte es nicht, dafs sie so ausgelassen munter war : sie war schon alt. 59 anderhalben, auf der andern Seite der Brücke. — 60 ûf binden, fest- binden (auf das Haupt). — 62 kêr (= kêre) verdoppelt mit angehängtem â nach dem ersten : kehr um. — 63 ûf geworfen, geschwungen. — 64 schwach, weil sie von Hunger Noth gelitten hatten. — 65 durch daz, weil. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 13
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 193 der tac gein dem âbent zôch. dô kom er an ein wazzer snel: daz was von sîme duzze hel: ez gâbn die velse ein ander. daz reit er nider: dô vander die stat ze Pelrapeire. der künec Tampenteire het sie g'erbet ûf sin kint, bi der vil liute in kumber sint. daz wazer fuor nâch polze siten. die wol gevidert unt gesniten 181 sint, sô sie armbrustes span mit senewen swanke tribet dan: dar über gienc ein brükken slac, dâ manec hurt ûffe lac: ez flôz aldâ reht' in daz mer. Pelrapeir stuont wol ze wer. seht wie kint ûf schocken varen, die man schockes niht wil sparen, sus fuor diu brücke âne seil: diu'n was vor jugende niht sô geil. 40 45 50 55 Dort anderhalben stuonden mit helmen üf gebunden sehzec rîter oder mêr. die riefen alle «kêrâ kêr»: mit ûf geworfen swerten die kranken strîtes gerten. durch daz s'in dicke sâhen é, sie wânden ez wær' Clâmidê, 60 65 38 näherte sich dem Abend. — 40 hel adj., laut, tönend. — 41 es stürzte von einem Felsen zum andern. — 42 das Wasser entlang abwärts. — 43 Pelrapeire = Bel repaire, schöner Aufenthalt. — 45 erben swv., ver- erben. — 46 bî der, auf kint bezogen, weil es eine Tochter ist. — 47 nach Art von Bolzen, schnell wie Bolzen. — 49 span stm., Spannung. — 50 mit geschnellter Sehne. 51 brükken slac, Schlagbrücke, Zugbrücke. — 52 hurt stf., Flechtwerk von Reisern, welches, auf die Balken gelegt, die Brücke bildete. — 53 geradewegs ins Meer. — 55 schoc stm., Schaukel. — 56 schockes = schockens gen. des Gerundiums, schaukeln. — sparn swv. mit acc. und gen., einen mit etwas verschonen. — 57 sie bewegte sich schaukelnd hin und her, wenn auch nicht wie eine Schaukel an einem Seile. — 58 ihre Jugend machte es nicht, dafs sie so ausgelassen munter war : sie war schon alt. 59 anderhalben, auf der andern Seite der Brücke. — 60 ûf binden, fest- binden (auf das Haupt). — 62 kêr (= kêre) verdoppelt mit angehängtem â nach dem ersten : kehr um. — 63 ûf geworfen, geschwungen. — 64 schwach, weil sie von Hunger Noth gelitten hatten. — 65 durch daz, weil. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 13
Strana 194
194 VIERTES BUCH. 182 wand' er sô küneclîchen reit gein der brücke ûf dem velde breit. dô sie disen jungen man sus mit schalle riefen an, swie vil er’z ors mit sporen versneit, durch vorhte ez doch die brüken meit. den rehtiu zageheit ie flôch, der 'rbeizte nider unde zôch sîn ors uf der brücken swanc. eins zagen muot wær’ alze kranc, solt’ er gein sölhem strîte varen. dar zuo muost' er ein dinc bewaren : wand' er vorhte des orses val. dô lasch ouch anderhalp der schal: die rîter truogen wider in helme, schilde, ir swerte schîn, und sluzzen zuo ir porten: groezer her sie vorhten. Sus zôch hin über Parzivâl, und kom geriten an ein wal, dâ maneger sînen tôt erkôs, der durch rîters pris den lîp verlôs, vor der pórte gein dem pálás, der hôch und wol gehêret was. einen rinc er an der porte vant: den ruorte er vaste mit der hant. sîns rüefens nam dâ niemen war; wan ein juncfrouwe wol gevar. ùz einem venster sach diu maget den helt halden unverzaget. diu schone zühte rîche 70 75 80 85 90 95 72 das Ross fürchtete sich vor dem Lärm, den die Ritter machten. — 73 Umschreibung für Parzival. — rehtiu, wirkliche. — 75 swanc stm., Schwanken, Schaukeln: auf die schaukelnde Brücke. — 78 aufser den Feinden musste er sich noch vor etwas in Acht nehmen; dafs das Ross nicht strauchelte. — 80 lasch præt. von leschen stv., aufhören (zu tönen). — 82 schîn stm., Glanz ; den Glanz ihrer Schwerter = ihre glänzenden Schwer- ter. — 84 sie fürchteten, Parzival sei nur der Vorläufer eines gröfseren Heeres. 86 wal stn., Wahlstatt, Kampfplatz. — 87 erkôs mit Bezug auf den Ausdruck: Wahlstatt. — 91 ein an der Thür befestigter eiserner Ring, mit dessen unterem, losem Ende man anschlägt, dient noch heute in vielen Gegenden als Thürklopfer. — 92 rüeren swv., in Bewegung setzen. 93 rüefen swv., rufen. —
194 VIERTES BUCH. 182 wand' er sô küneclîchen reit gein der brücke ûf dem velde breit. dô sie disen jungen man sus mit schalle riefen an, swie vil er’z ors mit sporen versneit, durch vorhte ez doch die brüken meit. den rehtiu zageheit ie flôch, der 'rbeizte nider unde zôch sîn ors uf der brücken swanc. eins zagen muot wær’ alze kranc, solt’ er gein sölhem strîte varen. dar zuo muost' er ein dinc bewaren : wand' er vorhte des orses val. dô lasch ouch anderhalp der schal: die rîter truogen wider in helme, schilde, ir swerte schîn, und sluzzen zuo ir porten: groezer her sie vorhten. Sus zôch hin über Parzivâl, und kom geriten an ein wal, dâ maneger sînen tôt erkôs, der durch rîters pris den lîp verlôs, vor der pórte gein dem pálás, der hôch und wol gehêret was. einen rinc er an der porte vant: den ruorte er vaste mit der hant. sîns rüefens nam dâ niemen war; wan ein juncfrouwe wol gevar. ùz einem venster sach diu maget den helt halden unverzaget. diu schone zühte rîche 70 75 80 85 90 95 72 das Ross fürchtete sich vor dem Lärm, den die Ritter machten. — 73 Umschreibung für Parzival. — rehtiu, wirkliche. — 75 swanc stm., Schwanken, Schaukeln: auf die schaukelnde Brücke. — 78 aufser den Feinden musste er sich noch vor etwas in Acht nehmen; dafs das Ross nicht strauchelte. — 80 lasch præt. von leschen stv., aufhören (zu tönen). — 82 schîn stm., Glanz ; den Glanz ihrer Schwerter = ihre glänzenden Schwer- ter. — 84 sie fürchteten, Parzival sei nur der Vorläufer eines gröfseren Heeres. 86 wal stn., Wahlstatt, Kampfplatz. — 87 erkôs mit Bezug auf den Ausdruck: Wahlstatt. — 91 ein an der Thür befestigter eiserner Ring, mit dessen unterem, losem Ende man anschlägt, dient noch heute in vielen Gegenden als Thürklopfer. — 92 rüeren swv., in Bewegung setzen. 93 rüefen swv., rufen. —
Strana 195
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 195 183 sprach «sît ir vîentlîche her komen, hêrre, deist ân' nôt. ân' iuch man uns vil hazzens pôt vome lande und ûf dem mêr, zornec ellenthaftez her.» dô sprach er «frowe, hie habet ein man der iu dienet, obe ich kan. iuwer gruoz sol sîn mîn solt: ich pin iu dienestlîche holt.» dô gienc diu maget mit sinne für die küneginne, und half im daz er kom dar în; daz in sît wande hôhen pîn. sus wart er în verlâzen. ietwederthalp der strâzen stuont von bovel ein grôziu schar. die werlîche kômen dar, slingére und patelierre, der was ein langiu virre, und atgêrschützen harte vil. er kôs ouch an dem selben zil vil küener sarjande, der besten von dem lande, mit langen starken lanzen schärpfen unde ganzen. als ich'z maer' vernomen hân, dâ stuont ouch manec koufman mit hâschen und mit gabilôt, als in ir meisterschaft gebôt. 100 105 110 115 120 125 98 cientliche adj., in feindlicher Absicht, als Feind. — 99 das ist nicht nothig ; wir haben schon Feinde genug. — 101 von der Land- wie von der Wasserseite. — 103 habet intr., hält. — 104 man würde erwarten ob er kan; doch geht der Dichter schon mitten im Satze in die 1. Person über. — 106 dienestlîche adv., wie es dem Dienst, dem Dienenden entspricht. — 110 daz, welcher Umstand, nämlich sein Hereinkommen. — in, denen in der Burg. — wande præet. von wenden stv., abwenden: grofse Noth. — 111 verlâzen stv., lassen; în, hinein. — 112 ietwederthalp adv., auf jeder von beiden Seiten: mit gen. strâzen gen. sing. — 115 slingere stm., Schleu- derer (von slinge, Schlinge). — patelierre stm., altfranz. batailliere, Kämpfer, insbesondere Fufskämpfer. — 116 virre stf., Strecke, Reihe. — 117 atgêr- schütze swm, Schütze, der den atgér, atigér, einen kurzen Wurfspieſs, schleudert. Die Herstellung dieses Wortes aus der verderbten Lesart der Hss. durch Lachmann ist ohne Frage richtig. — 118 kôs, sah. — zil, Zeit- punkt. — 119 sarjant stm., Fulsknecht, franz. serjant. Der Genetiv hängt von vil ab. — 125 hâsche swf., franz. hache, Beil, Axt. — 126 meister- schaft stf., Vorgesetzter, Dienstherrschaft: ihre Herrin. — 13
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 195 183 sprach «sît ir vîentlîche her komen, hêrre, deist ân' nôt. ân' iuch man uns vil hazzens pôt vome lande und ûf dem mêr, zornec ellenthaftez her.» dô sprach er «frowe, hie habet ein man der iu dienet, obe ich kan. iuwer gruoz sol sîn mîn solt: ich pin iu dienestlîche holt.» dô gienc diu maget mit sinne für die küneginne, und half im daz er kom dar în; daz in sît wande hôhen pîn. sus wart er în verlâzen. ietwederthalp der strâzen stuont von bovel ein grôziu schar. die werlîche kômen dar, slingére und patelierre, der was ein langiu virre, und atgêrschützen harte vil. er kôs ouch an dem selben zil vil küener sarjande, der besten von dem lande, mit langen starken lanzen schärpfen unde ganzen. als ich'z maer' vernomen hân, dâ stuont ouch manec koufman mit hâschen und mit gabilôt, als in ir meisterschaft gebôt. 100 105 110 115 120 125 98 cientliche adj., in feindlicher Absicht, als Feind. — 99 das ist nicht nothig ; wir haben schon Feinde genug. — 101 von der Land- wie von der Wasserseite. — 103 habet intr., hält. — 104 man würde erwarten ob er kan; doch geht der Dichter schon mitten im Satze in die 1. Person über. — 106 dienestlîche adv., wie es dem Dienst, dem Dienenden entspricht. — 110 daz, welcher Umstand, nämlich sein Hereinkommen. — in, denen in der Burg. — wande præet. von wenden stv., abwenden: grofse Noth. — 111 verlâzen stv., lassen; în, hinein. — 112 ietwederthalp adv., auf jeder von beiden Seiten: mit gen. strâzen gen. sing. — 115 slingere stm., Schleu- derer (von slinge, Schlinge). — patelierre stm., altfranz. batailliere, Kämpfer, insbesondere Fufskämpfer. — 116 virre stf., Strecke, Reihe. — 117 atgêr- schütze swm, Schütze, der den atgér, atigér, einen kurzen Wurfspieſs, schleudert. Die Herstellung dieses Wortes aus der verderbten Lesart der Hss. durch Lachmann ist ohne Frage richtig. — 118 kôs, sah. — zil, Zeit- punkt. — 119 sarjant stm., Fulsknecht, franz. serjant. Der Genetiv hängt von vil ab. — 125 hâsche swf., franz. hache, Beil, Axt. — 126 meister- schaft stf., Vorgesetzter, Dienstherrschaft: ihre Herrin. — 13
Strana 196
196 VIERTES BUCH. 184 die truogen alle slachen balc. der küneginne marschalc muose in durch sie leiten ûffen hóf mit arbeiten. der was gein wer berâten. türn' obe'n kemenâten, wîchûs, perfrit, ärkêr, der stuont dâ sicherlîchen mêr denn' er dâ vor gesæhe ie. dô kômen allenthalben hie rîter die’n enpfiengen. die riten unde giengen: ouch was diu jæmerlîche schar éllíu nâch aschen var, oder alse valwer leim. mîn hêrre der grâve von Wertheim waer’ ungern’ soldier dâ gewesen: er möhte ir soldes niht genesen. der zadel fuogte in hungers nôt. sine heten kæse, vleisch noch prôt, sie liezen zenstüren sîn, und smalzten ouch deheinen wîn mit ir múnde, sô sie trunken. die wambe in nider sunken : ir hüffe hôch unde mager, gerumphen als ein Ungers zager was in diu hût zuo den riben: der hunger het in'z fleisch vertriben. den muosen sie durch zadel dolen. 130 135 140 145 150 155 127 slach adj., schlaff: vom Hungern. — balc stm., Balg, Haut. — 129 durch die Schar hindurch. — 130 mit arbeiten, mit Mühe. — 131 der, der Hof.- berâten stv., versehen, ausrüsten: zur Vertheidigung. — 132 turn stm., Thurm. — obe'n = obe den, über den. — 133 wichůs stn., Gebäude, das für den Kampf (wîc) befestigt ist: Festungsthurm. — perfrit stm. stn., Be- lagerungsthurm; aus berc-frit. — ärkêr stm., vorspringender Bau, Erker (von arcus). — 140 elliu fem. von al. — nâch aschen, wie Asche; asche swf. — 141 valwer flectierte Form von val, gelb. — leim stm., Lehm. — 142 Wertheim in Unterfranken; es kann Poppo I. und II., Vater und Sohn, gemeint sein. Ein Dienstverhältniss setzt der Ausdruck mîn hêrre (=monsieur; zu III, 827) nicht voraus, wohl aber persönliche Beziehungen. — 144 von ihrem Solde nicht leben. — 145 zadel stm., Mangel. — 147 zen- stüren, in den Zähnen stochern. — 148 smelzen swv., fettig machen; sie konnten es nicht, weil ihr Mund nicht fettig war und sie auch keinen Wein hatten. — 150 wambe stf., Bauch; wamme stand II, 1366: waren ihnen eingesunken. — 151 huf stf., Hüfte (das nhd. Wort vom Plural, wie Fährte). — 152 gerumphen part. von rimphen stv., sich runzeln: zu- — sammengeschrumpft. — zager stm., franz. chagrin, narbiges Leder. 153 zuo den, an die. — ribe stf., Rippe. —
196 VIERTES BUCH. 184 die truogen alle slachen balc. der küneginne marschalc muose in durch sie leiten ûffen hóf mit arbeiten. der was gein wer berâten. türn' obe'n kemenâten, wîchûs, perfrit, ärkêr, der stuont dâ sicherlîchen mêr denn' er dâ vor gesæhe ie. dô kômen allenthalben hie rîter die’n enpfiengen. die riten unde giengen: ouch was diu jæmerlîche schar éllíu nâch aschen var, oder alse valwer leim. mîn hêrre der grâve von Wertheim waer’ ungern’ soldier dâ gewesen: er möhte ir soldes niht genesen. der zadel fuogte in hungers nôt. sine heten kæse, vleisch noch prôt, sie liezen zenstüren sîn, und smalzten ouch deheinen wîn mit ir múnde, sô sie trunken. die wambe in nider sunken : ir hüffe hôch unde mager, gerumphen als ein Ungers zager was in diu hût zuo den riben: der hunger het in'z fleisch vertriben. den muosen sie durch zadel dolen. 130 135 140 145 150 155 127 slach adj., schlaff: vom Hungern. — balc stm., Balg, Haut. — 129 durch die Schar hindurch. — 130 mit arbeiten, mit Mühe. — 131 der, der Hof.- berâten stv., versehen, ausrüsten: zur Vertheidigung. — 132 turn stm., Thurm. — obe'n = obe den, über den. — 133 wichůs stn., Gebäude, das für den Kampf (wîc) befestigt ist: Festungsthurm. — perfrit stm. stn., Be- lagerungsthurm; aus berc-frit. — ärkêr stm., vorspringender Bau, Erker (von arcus). — 140 elliu fem. von al. — nâch aschen, wie Asche; asche swf. — 141 valwer flectierte Form von val, gelb. — leim stm., Lehm. — 142 Wertheim in Unterfranken; es kann Poppo I. und II., Vater und Sohn, gemeint sein. Ein Dienstverhältniss setzt der Ausdruck mîn hêrre (=monsieur; zu III, 827) nicht voraus, wohl aber persönliche Beziehungen. — 144 von ihrem Solde nicht leben. — 145 zadel stm., Mangel. — 147 zen- stüren, in den Zähnen stochern. — 148 smelzen swv., fettig machen; sie konnten es nicht, weil ihr Mund nicht fettig war und sie auch keinen Wein hatten. — 150 wambe stf., Bauch; wamme stand II, 1366: waren ihnen eingesunken. — 151 huf stf., Hüfte (das nhd. Wort vom Plural, wie Fährte). — 152 gerumphen part. von rimphen stv., sich runzeln: zu- — sammengeschrumpft. — zager stm., franz. chagrin, narbiges Leder. 153 zuo den, an die. — ribe stf., Rippe. —
Strana 197
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 197 185 in trouf vil wênic in die kolen. des twanc sie ein werder man, der stolze künec von Brandigân: sie arnden Clâmidês bete. sich vergôz dâ selten mit dem mete der zuber oder diu kanne: ein Trühendingær phanne mit kraphen selten dâ erschrei: in was der selbe dôn enzwei. wolt’ ich nu daz wîzen in, sô het ich harte kranken sin. wan dâ ich dicke bin erbeizet und dâ man mich hêrre heizet, dâ heime in mîn selbes hûs, dâ wirt gefröut vil selten mûs. wan diu müese ir spîse stelen: die dörfte niemen vor mir helen: i'ne vinde ir offenlîche niht. alze dicke daz geschiht mir Wolfram von Eschenbach, daz ich dulte alsolch gemach. 160 165 170 175 Mîner klage ist vil vernomen: nu sol diz mæere wider komen, wie Pelrapeir stuont jâmers vol. dâ gap diu diet von fröuden zol. die helde triuwen rîche lebeten kumberlîche. ir wâriu manheit daz gebôt. nu solde erbarmen iuch ir nôt: ir lîp ist nu benennet phant, 180 185 156 trouf præt. von triefen stv., triefen, tropfen. — 159 arnden præt. von arnen swv., entgelten, Strafe leiden für etwas (mit acc.). — bete, Bewer- bung: um Condwiramurs Hand; vgl. III, 1856. — 160 sich vergiezen, sich verschütten. — selten, niemals : weil kein Meth da war. — mete stm., Meth: ein Mischgetränk mit Honig. — 161 zuber stm., Gefäss mit zwei Trag- henkeln: aus zwiber (bern, tragen). — 162 Trühendingen, wohl Wasser- trüdingen; die Krapfen dort sind noch heute berühmt. — 163 kraphe swm., ein in Fett gebackener Kuchen. — erschrei præt. von erschrîen stv., auf- schreien; hier vom prasselnden Geräusch des schmorenden Gebäcks. — 164 den Ton kannten sie nicht mehr. — 170 da findet eine Maus nichts, woran sie sich freuen könnte. — 172 die Speise brauchte niemand. — 176 gemach, ironisch : daßs ich solche Behaglichkeit, Annehmlichkeit habe. 178 nun soll die Erzählung wieder darauf zurückkommen. — 180 musste die Freude theuer bezahlen; es war wenig Freude dort. — 183 wären sie nicht so tapfer, so hätten sie sich schon ergeben. — 185 ihr Leben ist zum Pfande bestimmt, verpfändet. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 197 185 in trouf vil wênic in die kolen. des twanc sie ein werder man, der stolze künec von Brandigân: sie arnden Clâmidês bete. sich vergôz dâ selten mit dem mete der zuber oder diu kanne: ein Trühendingær phanne mit kraphen selten dâ erschrei: in was der selbe dôn enzwei. wolt’ ich nu daz wîzen in, sô het ich harte kranken sin. wan dâ ich dicke bin erbeizet und dâ man mich hêrre heizet, dâ heime in mîn selbes hûs, dâ wirt gefröut vil selten mûs. wan diu müese ir spîse stelen: die dörfte niemen vor mir helen: i'ne vinde ir offenlîche niht. alze dicke daz geschiht mir Wolfram von Eschenbach, daz ich dulte alsolch gemach. 160 165 170 175 Mîner klage ist vil vernomen: nu sol diz mæere wider komen, wie Pelrapeir stuont jâmers vol. dâ gap diu diet von fröuden zol. die helde triuwen rîche lebeten kumberlîche. ir wâriu manheit daz gebôt. nu solde erbarmen iuch ir nôt: ir lîp ist nu benennet phant, 180 185 156 trouf præt. von triefen stv., triefen, tropfen. — 159 arnden præt. von arnen swv., entgelten, Strafe leiden für etwas (mit acc.). — bete, Bewer- bung: um Condwiramurs Hand; vgl. III, 1856. — 160 sich vergiezen, sich verschütten. — selten, niemals : weil kein Meth da war. — mete stm., Meth: ein Mischgetränk mit Honig. — 161 zuber stm., Gefäss mit zwei Trag- henkeln: aus zwiber (bern, tragen). — 162 Trühendingen, wohl Wasser- trüdingen; die Krapfen dort sind noch heute berühmt. — 163 kraphe swm., ein in Fett gebackener Kuchen. — erschrei præt. von erschrîen stv., auf- schreien; hier vom prasselnden Geräusch des schmorenden Gebäcks. — 164 den Ton kannten sie nicht mehr. — 170 da findet eine Maus nichts, woran sie sich freuen könnte. — 172 die Speise brauchte niemand. — 176 gemach, ironisch : daßs ich solche Behaglichkeit, Annehmlichkeit habe. 178 nun soll die Erzählung wieder darauf zurückkommen. — 180 musste die Freude theuer bezahlen; es war wenig Freude dort. — 183 wären sie nicht so tapfer, so hätten sie sich schon ergeben. — 185 ihr Leben ist zum Pfande bestimmt, verpfändet. —
Strana 198
198 VIERTES BUCH. 186 sine loese drůz diu hohste hant. nu hoert mêr von den armen: die solten iuch erbarmen. si enphiengen schämelîche ir gast ellens rîche. der dûhte s' anders wol sô wert, daz er niht dörfte hân gegert ir herberge als ez in stuont: ir grôziu nôt was im unkúnt. man leit' ein teppech ûfez gras, da vermûret und geleitet was durch den schate ein linde. do entwâpende in’z gesinde. er was in ungelîche var, do er den râm von ime sô gar getwuoc mit einem brunnen: dô het er der sunnen verkrenket nâch ir liehten glast. des dûht' er sie ein werder gast. man bôt im einen mantel sân, gelîch alsô der roc getân, der é des an dem helde lac: des zóbel gap wilden niuwen smac. sie sprâchen «welt ir schouwen die künegîn, unser frouwen?» dô jach der helt stæte daz er daz gerne tæte. sie giengen gein 'em palas, dâ hôch hin ûf gegrêdet was. ein minneclîch antlítzes schin. dar zuo der ougen süeze sîn. 190 195 200 205 210 215 189 schämelîche adv., voll Scham. — 191 anders, im übrigen. — 192 dass er nicht nöthig gehabt hätte zu bitten. — 193 als ez in stuont, in ihrer gegen- wärtigen Lage, unter diesen Umständen. — 196 vermûren swv., mit einer Mauer umschließsen: um sie zu stützen und ihr eine Richtung zu geben. — leiten: nach einer bestimmten Richtung waren die Zweige der Linde gebogen, um dort Schatten zu geben. — 199 in, ihnen : er sah anders aus als sie. — 200 râm; vgl. zu III, 1680. — 204 des, deshalb: wegen seiner glänzenden Erscheinung. — 206 also wohl von Scharlach; vgl. III, 1565. 207 ê des, vorher. — 208 smac stm., Geruch. — 211 state adj., von fester, standhafter Gesinnung. — 214 grêden swv., blofs im Partic. vorkommend, gestuft: zu welchem eine hohe Treppe hinaufführte. — 216 sîn ist mit ougen zu verbinden; süeze stf., Süfsigkeit, was süfs, angenehm, lieblich ist : was seinen Augen süfs war, ein Anblick der dieselben erfreute. schin — und süeze sind Appositionen zu glast. —
198 VIERTES BUCH. 186 sine loese drůz diu hohste hant. nu hoert mêr von den armen: die solten iuch erbarmen. si enphiengen schämelîche ir gast ellens rîche. der dûhte s' anders wol sô wert, daz er niht dörfte hân gegert ir herberge als ez in stuont: ir grôziu nôt was im unkúnt. man leit' ein teppech ûfez gras, da vermûret und geleitet was durch den schate ein linde. do entwâpende in’z gesinde. er was in ungelîche var, do er den râm von ime sô gar getwuoc mit einem brunnen: dô het er der sunnen verkrenket nâch ir liehten glast. des dûht' er sie ein werder gast. man bôt im einen mantel sân, gelîch alsô der roc getân, der é des an dem helde lac: des zóbel gap wilden niuwen smac. sie sprâchen «welt ir schouwen die künegîn, unser frouwen?» dô jach der helt stæte daz er daz gerne tæte. sie giengen gein 'em palas, dâ hôch hin ûf gegrêdet was. ein minneclîch antlítzes schin. dar zuo der ougen süeze sîn. 190 195 200 205 210 215 189 schämelîche adv., voll Scham. — 191 anders, im übrigen. — 192 dass er nicht nöthig gehabt hätte zu bitten. — 193 als ez in stuont, in ihrer gegen- wärtigen Lage, unter diesen Umständen. — 196 vermûren swv., mit einer Mauer umschließsen: um sie zu stützen und ihr eine Richtung zu geben. — leiten: nach einer bestimmten Richtung waren die Zweige der Linde gebogen, um dort Schatten zu geben. — 199 in, ihnen : er sah anders aus als sie. — 200 râm; vgl. zu III, 1680. — 204 des, deshalb: wegen seiner glänzenden Erscheinung. — 206 also wohl von Scharlach; vgl. III, 1565. 207 ê des, vorher. — 208 smac stm., Geruch. — 211 state adj., von fester, standhafter Gesinnung. — 214 grêden swv., blofs im Partic. vorkommend, gestuft: zu welchem eine hohe Treppe hinaufführte. — 216 sîn ist mit ougen zu verbinden; süeze stf., Süfsigkeit, was süfs, angenehm, lieblich ist : was seinen Augen süfs war, ein Anblick der dieselben erfreute. schin — und süeze sind Appositionen zu glast. —
Strana 199
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 199 von der küneginne gienc ein liehter glast, ê s' in enpfienc. 187 Von Katelangen Kýôt unt der werde Manpfilyôt (herzogen beide wâren die), ir bruoder kint sie brâhten hie, des landes küneginne. durch die gotes minne heten se úf gegeben ir swert. dâ giengén die fürsten wert grâ únde wol gevar, mit grôzer zuht sie brâhten dar die frouwen mitten an die stegen. dâ kuste sie den werden degen: die munde wâren bêde rôt. diu künegîn ir hant im bôt : Parzivâln sie fuorte wider aldâ sie sâzen beidiu nider. frouwen unde rîterschaft heten alle swache kraft, die da stúonden unde sâzen: sie heten froude lâzen, daz gesinde unt diu wirtîn. Cóndwîr âmürs ir schîn doch schiet von disen strîten: Jeschůten, Enîten, und Cunnewâren de Lalant: und swâ man lobes die besten vant, dâ man frouwen schone gewuoc, ir glastes schîn vast' under sluoc. und bêder Isálden. 225 230 235 240 220 245 218 sie leuchtete ihm schon von oben entgegen. 219 Katelangen, Catalonien. — 222 sie waren Brüder von Tampenteire ; vgl. Titurel 14. 23. — brâhten hie, brachten hier geführt: dem Gaste ent- gegen. — 225 hatten sie weltlicher Ritterschaft entsagt. — 229 stege swf., Treppe : bis an die Mitte der Treppe gieng sie ihm entgegen. — 233 wider, zurück: in den palas. — 234 beidiu: das Neutr., weil es auf Personen verschiedenen Geschlechts geht; ebenso disiu zwei 253. — 238 vgl. zu I, 588. — 241 schiet, sonderte ab: hob empor über. — disen strîten, folgen- den Wettstreiten: den Wettstreit mit den genannten Frauen. — 244 lobes mit die besten zu verbinden: an Lobe. — 245 schœne stf., Schönheit. — 246 vaste, bedeutend. — under sluoc, schlug nieder, übertraf. — 247 bêder Isalden: nämlich I. von Irland und I. der Weißhändigen. Sie kannte Wolfram aus Eilhart's Tristrant, der auch die Namensform Isalde, nicht Isolt, Isôt wie Gottfried, hat. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 199 von der küneginne gienc ein liehter glast, ê s' in enpfienc. 187 Von Katelangen Kýôt unt der werde Manpfilyôt (herzogen beide wâren die), ir bruoder kint sie brâhten hie, des landes küneginne. durch die gotes minne heten se úf gegeben ir swert. dâ giengén die fürsten wert grâ únde wol gevar, mit grôzer zuht sie brâhten dar die frouwen mitten an die stegen. dâ kuste sie den werden degen: die munde wâren bêde rôt. diu künegîn ir hant im bôt : Parzivâln sie fuorte wider aldâ sie sâzen beidiu nider. frouwen unde rîterschaft heten alle swache kraft, die da stúonden unde sâzen: sie heten froude lâzen, daz gesinde unt diu wirtîn. Cóndwîr âmürs ir schîn doch schiet von disen strîten: Jeschůten, Enîten, und Cunnewâren de Lalant: und swâ man lobes die besten vant, dâ man frouwen schone gewuoc, ir glastes schîn vast' under sluoc. und bêder Isálden. 225 230 235 240 220 245 218 sie leuchtete ihm schon von oben entgegen. 219 Katelangen, Catalonien. — 222 sie waren Brüder von Tampenteire ; vgl. Titurel 14. 23. — brâhten hie, brachten hier geführt: dem Gaste ent- gegen. — 225 hatten sie weltlicher Ritterschaft entsagt. — 229 stege swf., Treppe : bis an die Mitte der Treppe gieng sie ihm entgegen. — 233 wider, zurück: in den palas. — 234 beidiu: das Neutr., weil es auf Personen verschiedenen Geschlechts geht; ebenso disiu zwei 253. — 238 vgl. zu I, 588. — 241 schiet, sonderte ab: hob empor über. — disen strîten, folgen- den Wettstreiten: den Wettstreit mit den genannten Frauen. — 244 lobes mit die besten zu verbinden: an Lobe. — 245 schœne stf., Schönheit. — 246 vaste, bedeutend. — under sluoc, schlug nieder, übertraf. — 247 bêder Isalden: nämlich I. von Irland und I. der Weißhändigen. Sie kannte Wolfram aus Eilhart's Tristrant, der auch die Namensform Isalde, nicht Isolt, Isôt wie Gottfried, hat. —
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200 VIERTES BUCH. 188 jâ muose prises walden Cóndwîr âmürs : diu truoc den rehten bêâ curs; der name ist tiuschen schoner lip. ez wâren wol nütziu wîp, die disiu zwei gebâren, diu da bî ein ander wâren. dô schuof wip unde man niht mêr wan daz sie sâhen an diu zwei bî ein ander. guote friwent dâ vander. der gast gedâhte, ich sage iu wie. « Lîâze ist dort, Liâze ist hie. mir wil got sorge mâzen: nu sihe ich Lîâzen, des werden Gurnemanzes kint.» Lîâzen schone was ein wint gein der megede diu hie saz, an der got wunsches niht vergaz (diu was des landes frouwe), als von dem süezen touwe diu rôse ûz ir bälgelîn blecket niuwen werden schîn, der beidiu wîz ist unde rôt. daz fuogte ir gaste grôze nôt. sin manlîch zuht was im sô ganz, sît in der werde Gurnemanz von sîner túmphéit geschiet unde im vrâgen widerriet, ez enwaere bescheidenlîche, bi der küneginne rîche sâz sîn munt gar âne wort, nâhe aldâ, niht verre dort. maneger kan noch rede sparen, der mêr gein frouwen ist gevaren. 255 260 265 270 275 250 280 251 ist, bedeutet. — tiuschen sw. dat. sing. des Fem, mit ausgelassenem in und zungen: in deutscher Sprache, auf Deutsch. — 255 schaffen stv., thun. — 258 friwent pl. in unflectierter Form. — 260 er findet eine Ahnlichkeit zwischen Liaze und Condwiramurs ; vgl. IV, 315. — 261 mâzen swv., massigen, verringern. — 266 der Gott die höchste Vollkommenheit verliehen. — 268 von, infolge von, erfrischt durch. —269 bälgelîn stn. demin. von balc, die die Knospe umschließende Haut, Hülle. — 270 blecken swv., sichtbar machen, sehen lassen. — 273 war so vollkommen an ihm. — 276 vgl. III, 1663. — 277 es wäre denn, dafs er verständig fragte. — 278 statt: daſs er saſs. — 279 saßs, ohne dafs sein Mund ein Wort von sich gab. — 281 auch heute sieht man manchen, der doch schon oft in Gesellschaft von Frauen war, stumm bei ihnen sitzen.
200 VIERTES BUCH. 188 jâ muose prises walden Cóndwîr âmürs : diu truoc den rehten bêâ curs; der name ist tiuschen schoner lip. ez wâren wol nütziu wîp, die disiu zwei gebâren, diu da bî ein ander wâren. dô schuof wip unde man niht mêr wan daz sie sâhen an diu zwei bî ein ander. guote friwent dâ vander. der gast gedâhte, ich sage iu wie. « Lîâze ist dort, Liâze ist hie. mir wil got sorge mâzen: nu sihe ich Lîâzen, des werden Gurnemanzes kint.» Lîâzen schone was ein wint gein der megede diu hie saz, an der got wunsches niht vergaz (diu was des landes frouwe), als von dem süezen touwe diu rôse ûz ir bälgelîn blecket niuwen werden schîn, der beidiu wîz ist unde rôt. daz fuogte ir gaste grôze nôt. sin manlîch zuht was im sô ganz, sît in der werde Gurnemanz von sîner túmphéit geschiet unde im vrâgen widerriet, ez enwaere bescheidenlîche, bi der küneginne rîche sâz sîn munt gar âne wort, nâhe aldâ, niht verre dort. maneger kan noch rede sparen, der mêr gein frouwen ist gevaren. 255 260 265 270 275 250 280 251 ist, bedeutet. — tiuschen sw. dat. sing. des Fem, mit ausgelassenem in und zungen: in deutscher Sprache, auf Deutsch. — 255 schaffen stv., thun. — 258 friwent pl. in unflectierter Form. — 260 er findet eine Ahnlichkeit zwischen Liaze und Condwiramurs ; vgl. IV, 315. — 261 mâzen swv., massigen, verringern. — 266 der Gott die höchste Vollkommenheit verliehen. — 268 von, infolge von, erfrischt durch. —269 bälgelîn stn. demin. von balc, die die Knospe umschließende Haut, Hülle. — 270 blecken swv., sichtbar machen, sehen lassen. — 273 war so vollkommen an ihm. — 276 vgl. III, 1663. — 277 es wäre denn, dafs er verständig fragte. — 278 statt: daſs er saſs. — 279 saßs, ohne dafs sein Mund ein Wort von sich gab. — 281 auch heute sieht man manchen, der doch schon oft in Gesellschaft von Frauen war, stumm bei ihnen sitzen.
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 201 189 Diu küneginne gedâhte sân «ich wæn’, mich smæhet dirre man durch daz mîn lip vertwâlet ist. nein, er tuot'z durch éinen list: er ist gást, ich pin wirtîn: diu êrste rede wære mîn. dar nâch er güetlich an mich sach, sît uns ze sitzen hie geschach: er hât sich zuht gein mir enbart. min rede ist alze vil gespart: hie 'nsol niht mêr geswigen sîn." z'ir gaste sprach diu künegîn «hêrre, ein wirtin reden muoz. ein kus erwarp mir iweren gruoz, ouch but ir dienest dâ her in: sus sagte ein júncfrouwe mîn. des habent uns geste niht gewenet: des hât mîn herze sich gesenet. hêrre, ich vrâge iuch mære, wanne iuwer reise ware.» “frouwe, ich reit bi disem tage von einem man, den ich in klage liez, mit triuwen âne schranz. der fürste heizet Gurnamanz, von Grâharz ist er genant. dannen réit ich hiut' in ditze lant.» alsus sprach diu werde maget. "het'z anders iemen mir gesaget, der volge wurde im niht verjehen, deiz eines tages ware geschehen: wan swelch mîn bote ie baldest reit, die reise er zwêne tage vermeit. 290 295 300 305 310 285 284 smæhen swv., verachten. — 285 vertwâlen swv., zurückbleiben, von Kräften kommen. — 286 list stm., Absicht: in einer bestimmten Absicht. — 288 ich müsste das Gespräch anfangen. — 289 dar nâch, als wir uns ge- setzt hatten. — 290 geschach, es traf sich so. — 291 enbarn swv., blofs legen, zeigen; sich enbarn mit gen., sich in Bezug auf etwas zeigen, oder: etwas zeigen. Er hat seinen Anstand mir gegenüber bewiesen. — 296 euer freundliches Entgegenkommen. — 297 but 2. pl. præt. = butet. — her în, in die Stadt. — 298 vgl. IV, 95 fg. — 299 wenen swv. mit gen., an etwas ge- wöhnen. — 302 woher ihr wohl gekommen sein möchtet. — 305 schranz stm., Bruch : mit unverbrüchlicher Treue, mit man zu verbinden. — 308 dan- nen, von dort. — 311 dem würde darin nicht beigepflichtet. — 312 eines tages, in einem Tage. — 313 swelch mîn bote, welcher meiner Boten. — ie baldest, auch noch so schnell. — 314 in zwei Tagen machte er diese Reise nicht; wörtlich: unterliefs er in zwei Tagen (zu vollenden). —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 201 189 Diu küneginne gedâhte sân «ich wæn’, mich smæhet dirre man durch daz mîn lip vertwâlet ist. nein, er tuot'z durch éinen list: er ist gást, ich pin wirtîn: diu êrste rede wære mîn. dar nâch er güetlich an mich sach, sît uns ze sitzen hie geschach: er hât sich zuht gein mir enbart. min rede ist alze vil gespart: hie 'nsol niht mêr geswigen sîn." z'ir gaste sprach diu künegîn «hêrre, ein wirtin reden muoz. ein kus erwarp mir iweren gruoz, ouch but ir dienest dâ her in: sus sagte ein júncfrouwe mîn. des habent uns geste niht gewenet: des hât mîn herze sich gesenet. hêrre, ich vrâge iuch mære, wanne iuwer reise ware.» “frouwe, ich reit bi disem tage von einem man, den ich in klage liez, mit triuwen âne schranz. der fürste heizet Gurnamanz, von Grâharz ist er genant. dannen réit ich hiut' in ditze lant.» alsus sprach diu werde maget. "het'z anders iemen mir gesaget, der volge wurde im niht verjehen, deiz eines tages ware geschehen: wan swelch mîn bote ie baldest reit, die reise er zwêne tage vermeit. 290 295 300 305 310 285 284 smæhen swv., verachten. — 285 vertwâlen swv., zurückbleiben, von Kräften kommen. — 286 list stm., Absicht: in einer bestimmten Absicht. — 288 ich müsste das Gespräch anfangen. — 289 dar nâch, als wir uns ge- setzt hatten. — 290 geschach, es traf sich so. — 291 enbarn swv., blofs legen, zeigen; sich enbarn mit gen., sich in Bezug auf etwas zeigen, oder: etwas zeigen. Er hat seinen Anstand mir gegenüber bewiesen. — 296 euer freundliches Entgegenkommen. — 297 but 2. pl. præt. = butet. — her în, in die Stadt. — 298 vgl. IV, 95 fg. — 299 wenen swv. mit gen., an etwas ge- wöhnen. — 302 woher ihr wohl gekommen sein möchtet. — 305 schranz stm., Bruch : mit unverbrüchlicher Treue, mit man zu verbinden. — 308 dan- nen, von dort. — 311 dem würde darin nicht beigepflichtet. — 312 eines tages, in einem Tage. — 313 swelch mîn bote, welcher meiner Boten. — ie baldest, auch noch so schnell. — 314 in zwei Tagen machte er diese Reise nicht; wörtlich: unterliefs er in zwei Tagen (zu vollenden). —
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202 VIERTES BUCH. 315 190 sîn swester was diu muoter mîn, iurs wirtes. sîner tohter schîn sich ouch vor jâmer krenken mac. wir haben manegen sûren tac mit nazzen óugén verklaget, ich und Lîâzé diu maget. sît ir iwerem wirte holt, sô nemt'z hînte als wir'z gedolt hie lange hân, wîp unde man : ein teil ir dienet im dar an. ich wil iu unsern kumber klagen: wir müezen strengen zadel tragen.» 320 325 Dô sprach ir vetere Kýôt « frouwe, ich sende iu zwélf prôt, schultern unde hammen drî: dâ ligent ähte kæse bî, unt zwei búzzél mit wîn. iuch sol ouch der bruoder mîn hînte stiuren: des ist nôt.» dô sprach Mánpfíljôt «frouwe, ich sende iu áls víl.» dô saz diu maget an fröuden zil: ir grôzer danc wart niht vermiten. sie nâmen urloup unde riten dâ bî z'ir weidehûsen. zer wilder albe klûsen die alten sâzen sunder wer: sie heten ouch fride vome her. ir bote wider quam gedrabet: des wart diu kranke diet gelabet. 330 335 340 315 der Name ihrer Mutter ist uns nicht überliefert. — 317 krenken swv.. schwächen, mindern, vernichten. — 319 verklagen swv., mit Klagen hin- bringen. — 322 hînte, dasselbe was hînt (I, 1301), diese Nacht. — 324 ihr erweist ihm damit zugleich eine grofse Gefälligkeit und Artigkeit. 327 vetere swm., Vatersbruder. Crestien 3103 P. uns miens oncles qui est pious: aus dem letzten Worte ist vielleicht der im Original sich nicht fin- dende Name Kyôt zu erklären. — 329 schulter swf., Schulterblatt, nament- lich Schulter vom geräucherten Schwein. — hamme swf., Hinterschenkel, Schinken. — 331 buzzel stn., altfranz. boucel, Tönnchen, Krug. Crestien hat hier auch den Ausdruck boucel (V. 3106). — 333 stiuren swv., ausrüsten, beschenken. — 335 als vil, ebensoviel wie mein Bruder. — 336 in freudiger Weise, fröhlich. — 339 dâ bî, in der Nähe. — weidehûs stn., Jagdhaus. — 340 albe stf., hoher Berg, Alpe; wilder ist starke Form des Adj. — klûs. stf., Engpaßs. — 341 ohne Vertheidigungsmittel; vgl. IV, 225. — 342 sie hatten Sicherheit von seiten des feindlichen Heeres: als Gottesstreiter. —
202 VIERTES BUCH. 315 190 sîn swester was diu muoter mîn, iurs wirtes. sîner tohter schîn sich ouch vor jâmer krenken mac. wir haben manegen sûren tac mit nazzen óugén verklaget, ich und Lîâzé diu maget. sît ir iwerem wirte holt, sô nemt'z hînte als wir'z gedolt hie lange hân, wîp unde man : ein teil ir dienet im dar an. ich wil iu unsern kumber klagen: wir müezen strengen zadel tragen.» 320 325 Dô sprach ir vetere Kýôt « frouwe, ich sende iu zwélf prôt, schultern unde hammen drî: dâ ligent ähte kæse bî, unt zwei búzzél mit wîn. iuch sol ouch der bruoder mîn hînte stiuren: des ist nôt.» dô sprach Mánpfíljôt «frouwe, ich sende iu áls víl.» dô saz diu maget an fröuden zil: ir grôzer danc wart niht vermiten. sie nâmen urloup unde riten dâ bî z'ir weidehûsen. zer wilder albe klûsen die alten sâzen sunder wer: sie heten ouch fride vome her. ir bote wider quam gedrabet: des wart diu kranke diet gelabet. 330 335 340 315 der Name ihrer Mutter ist uns nicht überliefert. — 317 krenken swv.. schwächen, mindern, vernichten. — 319 verklagen swv., mit Klagen hin- bringen. — 322 hînte, dasselbe was hînt (I, 1301), diese Nacht. — 324 ihr erweist ihm damit zugleich eine grofse Gefälligkeit und Artigkeit. 327 vetere swm., Vatersbruder. Crestien 3103 P. uns miens oncles qui est pious: aus dem letzten Worte ist vielleicht der im Original sich nicht fin- dende Name Kyôt zu erklären. — 329 schulter swf., Schulterblatt, nament- lich Schulter vom geräucherten Schwein. — hamme swf., Hinterschenkel, Schinken. — 331 buzzel stn., altfranz. boucel, Tönnchen, Krug. Crestien hat hier auch den Ausdruck boucel (V. 3106). — 333 stiuren swv., ausrüsten, beschenken. — 335 als vil, ebensoviel wie mein Bruder. — 336 in freudiger Weise, fröhlich. — 339 dâ bî, in der Nähe. — weidehûs stn., Jagdhaus. — 340 albe stf., hoher Berg, Alpe; wilder ist starke Form des Adj. — klûs. stf., Engpaßs. — 341 ohne Vertheidigungsmittel; vgl. IV, 225. — 342 sie hatten Sicherheit von seiten des feindlichen Heeres: als Gottesstreiter. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 203 345 191 dô was der búrgare nar gedigen an dise spîse gar: ir was vor hunger maneger tôt ê daz in dar koeme'z brôt. teiln ez hiez diu künegin, dar zuo die kæse, dez vleisch, den wîn, dirre kreftelôsen diet: Parzivâl ir gast daz riet. des bleip in zwein vil kûme ein snite: die teilten s' âne bâgens site. 350 Diu wirtschaft was ouch verzert, dâ mite maneges tôt erwert, den der hunger leben liez. dem gaste man dô betten hiez sanfte, des ich wænen wil. waern die burgær vederspil, sine wæeren überkrüpfet niht; des noch ir tischgerihte giht. sie truogen alle hungers mâl, wan der junge Parzivâl. der nam slâfes urloup. ob sîne kerzen wæeren schoup ? nein, sie wâren bezzer gar. dô gienc der junge wol gevar an ein bette rîche gehêret küneclîche, niht nâch armüete küre : ein teppich was geleit derfüre. er bât die rîter wider gên, diene liez er dâ niht langer stên. kint ime entschuohten, sân er slief: 360 365 370 355 375 345 nar stf., Nahrung, Lebensunterhalt. — 346 gedigen part. von gedîhen stv., beschränkt. — an, bis auf, auf. — 353 snite swf., Stückchen, Schnitte. — 354 ohne dabei des Streitens zu pflegen, friedlich. 355 wirtschaft stf., was zur Bewirthung dient: Schmaus, Mahlzeit. — 356 erwern swv., abwehren, verhindern. — 357 der nicht schon vor Hunger gestorben war; vgl. 347. — 359 das will ich wohl glauben. — 361 über- krüpfen swv., den Kropf überfüllen, überfüttern: technischer Ausdruck bei den Jagdvögeln. Vgl. IV, 662; VI, 59. — 362 tischgerihte stn., Speise auf dem Tisch. — jehen stv., bezeugen. — 364 wan, ausgenommen. — 365 er beurlaubte sich, um zu Bett zu gehen. — 369 an, auf: bestieg ein Bett.— 371 nicht in ärmlicher Weise. — 375 kint, Edelknappen. — entschuohen swv., die Fußs- und Beinbekleidung abziehen. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 203 345 191 dô was der búrgare nar gedigen an dise spîse gar: ir was vor hunger maneger tôt ê daz in dar koeme'z brôt. teiln ez hiez diu künegin, dar zuo die kæse, dez vleisch, den wîn, dirre kreftelôsen diet: Parzivâl ir gast daz riet. des bleip in zwein vil kûme ein snite: die teilten s' âne bâgens site. 350 Diu wirtschaft was ouch verzert, dâ mite maneges tôt erwert, den der hunger leben liez. dem gaste man dô betten hiez sanfte, des ich wænen wil. waern die burgær vederspil, sine wæeren überkrüpfet niht; des noch ir tischgerihte giht. sie truogen alle hungers mâl, wan der junge Parzivâl. der nam slâfes urloup. ob sîne kerzen wæeren schoup ? nein, sie wâren bezzer gar. dô gienc der junge wol gevar an ein bette rîche gehêret küneclîche, niht nâch armüete küre : ein teppich was geleit derfüre. er bât die rîter wider gên, diene liez er dâ niht langer stên. kint ime entschuohten, sân er slief: 360 365 370 355 375 345 nar stf., Nahrung, Lebensunterhalt. — 346 gedigen part. von gedîhen stv., beschränkt. — an, bis auf, auf. — 353 snite swf., Stückchen, Schnitte. — 354 ohne dabei des Streitens zu pflegen, friedlich. 355 wirtschaft stf., was zur Bewirthung dient: Schmaus, Mahlzeit. — 356 erwern swv., abwehren, verhindern. — 357 der nicht schon vor Hunger gestorben war; vgl. 347. — 359 das will ich wohl glauben. — 361 über- krüpfen swv., den Kropf überfüllen, überfüttern: technischer Ausdruck bei den Jagdvögeln. Vgl. IV, 662; VI, 59. — 362 tischgerihte stn., Speise auf dem Tisch. — jehen stv., bezeugen. — 364 wan, ausgenommen. — 365 er beurlaubte sich, um zu Bett zu gehen. — 369 an, auf: bestieg ein Bett.— 371 nicht in ärmlicher Weise. — 375 kint, Edelknappen. — entschuohen swv., die Fußs- und Beinbekleidung abziehen. —
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204 VIERTES BUCH. 192 unz ime der wâre jâmer rief, und liehter ougen herzen regen: die wacten schiere den werden degen. daz kom als ich iu sagen wil. ez prach niht wîplîchiu zil: mit stæte kiusche truoc diu maget, von der ein teil hie wirt gesaget. die twanc úrliuges nôt, und lieber hélfâre tôt ir herze an sölhez krachen, daz ir óugen muosen wachen. dô giene diu küneginne, niht nâch sölher minne diu sölhen namen reizet der megde wîp heizet: sie suochte helfe unt friwendes rât. an ir was werlîchiu wât, ein hémede wîz sîdîn: waz möhte kampflîcher sîn, dan gein dem man sus kómende ein wîp? ouch swanc diu frouwe umbe ir lip von samît einen mantel lanc. sie gienc als sie der kumber dwanc. juncfrouwen, kamerære, swaz der dâ bî ir wære, die lie sie slâfen über al. dô sleich sie lîse ân' allen schal in eine kemenâten. daz schuofen die'z tâ tâten, daz Parzivâl al eine lac. 380 385 390 395 400 405 376 ruofen gewöhnlich mit dat. der Person verbunden. — war, wirklich, echt: woran nichts Falsches, Unechtes ist. — 377 herzen regen, Thränen. — 378 wacten præt. von wecken, mit Rückumlaut. — 379 das verhielt sich folgendermaßen. — 380 es lag darin keine Verletzung, Uberschreitung der Grenze der Weiblichkeit. — 381 mit stœte kiusche = kiusche und state. — 382 ein teil, ein wenig, etwas, im Sinne von: viel. — 383 die und ir herze sind Objecte von twanc : wir würden erwarten der, wie manche Hss. auch lesen. — 386 daſs sie nicht schlafen konnte. — 388 nâch, das Ver- langen bezeichnend. — 389 sölhen namen, solche Dinge. — reizen swv., hervorrufen, wecken. — 390 die aus einer Jungfrau ein Weib machen. — 394 kampflîch adj., zum Kampfe geeignet. — 395 als ein Weib, welches auf diese Weise zu einem Manne kommt. — 398 sie gieng unter dem Zwange des Kummers: sonst hätte sie es nicht gethan. — 402 sleich præt. von slîchen stv., leise gehen. — 404 daz, nämlich was in 405 gesagt ist. — die'z ta tâten, die és zu thun, zu besorgen hatten. —
204 VIERTES BUCH. 192 unz ime der wâre jâmer rief, und liehter ougen herzen regen: die wacten schiere den werden degen. daz kom als ich iu sagen wil. ez prach niht wîplîchiu zil: mit stæte kiusche truoc diu maget, von der ein teil hie wirt gesaget. die twanc úrliuges nôt, und lieber hélfâre tôt ir herze an sölhez krachen, daz ir óugen muosen wachen. dô giene diu küneginne, niht nâch sölher minne diu sölhen namen reizet der megde wîp heizet: sie suochte helfe unt friwendes rât. an ir was werlîchiu wât, ein hémede wîz sîdîn: waz möhte kampflîcher sîn, dan gein dem man sus kómende ein wîp? ouch swanc diu frouwe umbe ir lip von samît einen mantel lanc. sie gienc als sie der kumber dwanc. juncfrouwen, kamerære, swaz der dâ bî ir wære, die lie sie slâfen über al. dô sleich sie lîse ân' allen schal in eine kemenâten. daz schuofen die'z tâ tâten, daz Parzivâl al eine lac. 380 385 390 395 400 405 376 ruofen gewöhnlich mit dat. der Person verbunden. — war, wirklich, echt: woran nichts Falsches, Unechtes ist. — 377 herzen regen, Thränen. — 378 wacten præt. von wecken, mit Rückumlaut. — 379 das verhielt sich folgendermaßen. — 380 es lag darin keine Verletzung, Uberschreitung der Grenze der Weiblichkeit. — 381 mit stœte kiusche = kiusche und state. — 382 ein teil, ein wenig, etwas, im Sinne von: viel. — 383 die und ir herze sind Objecte von twanc : wir würden erwarten der, wie manche Hss. auch lesen. — 386 daſs sie nicht schlafen konnte. — 388 nâch, das Ver- langen bezeichnend. — 389 sölhen namen, solche Dinge. — reizen swv., hervorrufen, wecken. — 390 die aus einer Jungfrau ein Weib machen. — 394 kampflîch adj., zum Kampfe geeignet. — 395 als ein Weib, welches auf diese Weise zu einem Manne kommt. — 398 sie gieng unter dem Zwange des Kummers: sonst hätte sie es nicht gethan. — 402 sleich præt. von slîchen stv., leise gehen. — 404 daz, nämlich was in 405 gesagt ist. — die'z ta tâten, die és zu thun, zu besorgen hatten. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 205 von kerzen lieht sô der tac was vor sîner slâfstat. gein sînem bette gieng ir pfat: 193 ûffen téppech kniete sie für in. sie heten beidiu kranken sin, er und diu küneginne, an bî ligender minne. hie wart alsus geworben: an fröudén verdorben was diu maget : des twanc sie scheme : ob er sie hin an iht neme? leider des enkan er niht. âne kunst ez doch geschiht, mit eime alsô bewanden vride, daz sie diu süenebæren lide niht z'ein ander brâhten. wênc sie des gedâhten. 410 415 420 Der megede jâmer was sô grôz, vil zähere von ir ougen vlôz ûf den jungen Parzivâl. der 'rhôrte ir weinens sölhen schal, daz er sie wachende an gesach. leide und liebe im dran geschach. ûf rihte sich der junge man, zer küneginne sprach er sân «frouwe, bin ich iuwer spot? ir soldet knien alsus für got. geruochet sitzen zuo mir her» (daz was sîn bete und sîn ger): «odr leget iuch hie aldâ ich lac, 425 430 435 410 kranken sin mit an (412) zu verbinden: sie verstanden sich beide wenig auf Minne, die im Beiliegen besteht, auf sinnliche Minne. — 415 des, dazu : dals sie der Minnefreude sich nicht hingab. — 416 hin an, ins Bett hinein ; eigentlich hinauf, weil die Betten hoch waren und man sich eines Sche- mels bediente, um hinaufzusteigen. — 417 davon versteht er nichts. — 418 es geschieht doch (daßs er sie ins Bett nimmt), wiewohl er nichts von Minne versteht. — 419 vride stm., Sicherheit, Zusicherung. — 420 süene- bere adj., Versöhnung stiftend. — lide pl. mit angefügtem e, statt lit. 424 zaher stm., Zähre, Tropfen; zähere gen. von vil abhängig. — 426 erhœren swv., hören. — 427 daf er erwachte und sie ansah. 428 leide und liebe sind Adverbia. — 431 spot stm., Gegenstand des Spottes. — 432 für got, nicht; vor Gott, sondern: vor Gott hin; vgl. kniete sie für in, 409. — 435 oder legt euch hier an meine Stelle. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 205 von kerzen lieht sô der tac was vor sîner slâfstat. gein sînem bette gieng ir pfat: 193 ûffen téppech kniete sie für in. sie heten beidiu kranken sin, er und diu küneginne, an bî ligender minne. hie wart alsus geworben: an fröudén verdorben was diu maget : des twanc sie scheme : ob er sie hin an iht neme? leider des enkan er niht. âne kunst ez doch geschiht, mit eime alsô bewanden vride, daz sie diu süenebæren lide niht z'ein ander brâhten. wênc sie des gedâhten. 410 415 420 Der megede jâmer was sô grôz, vil zähere von ir ougen vlôz ûf den jungen Parzivâl. der 'rhôrte ir weinens sölhen schal, daz er sie wachende an gesach. leide und liebe im dran geschach. ûf rihte sich der junge man, zer küneginne sprach er sân «frouwe, bin ich iuwer spot? ir soldet knien alsus für got. geruochet sitzen zuo mir her» (daz was sîn bete und sîn ger): «odr leget iuch hie aldâ ich lac, 425 430 435 410 kranken sin mit an (412) zu verbinden: sie verstanden sich beide wenig auf Minne, die im Beiliegen besteht, auf sinnliche Minne. — 415 des, dazu : dals sie der Minnefreude sich nicht hingab. — 416 hin an, ins Bett hinein ; eigentlich hinauf, weil die Betten hoch waren und man sich eines Sche- mels bediente, um hinaufzusteigen. — 417 davon versteht er nichts. — 418 es geschieht doch (daßs er sie ins Bett nimmt), wiewohl er nichts von Minne versteht. — 419 vride stm., Sicherheit, Zusicherung. — 420 süene- bere adj., Versöhnung stiftend. — lide pl. mit angefügtem e, statt lit. 424 zaher stm., Zähre, Tropfen; zähere gen. von vil abhängig. — 426 erhœren swv., hören. — 427 daf er erwachte und sie ansah. 428 leide und liebe sind Adverbia. — 431 spot stm., Gegenstand des Spottes. — 432 für got, nicht; vor Gott, sondern: vor Gott hin; vgl. kniete sie für in, 409. — 435 oder legt euch hier an meine Stelle. —
Strana 206
206 VIERTES BUCH. 194 lât mich beliben swâ ich mac.» sie sprach «welt ir iuch êren, sölhe mâze gein mir kêren daz ir mit mir ringet niht, mîn ligen aldâ bî iu geschiht.» des wart ein vride von ime getân: sie smouc sich an daz bette sân. ez wás dennóch sô spate daz niender huon dâ krate. haneboume stuonden blôz: der zadel hüener abe in schôz. diu frouwe jâmers rîche vrâgte in zühteclîche, ob er hoeren wolt’ ir klage. sie sprach «ich fürhte, ob ich'z iu sage, ez wende iu slâf: daz tuot iu wê. mir hât der künec Clâmidê und Kingrůn sîn scheneschant verwüestet pürge unde lant unz an Pelrapeire. min vater Tampenteire liez mich armen weisen in vorhteclîchen vreisen. mâge, fürsten unde man, rîche und arme, undertân was mir grôz ellenthaftez her: die sint erstorben an der wer halbe oder'z mêrre teil. waz möhte ich armiu wesen geil ? nu ist ez mir komen úf daz zil, 440 445 450 455 460 465 436 ich werde schon sehen, wo ich unterkomme: er will das Bett ver- lassen. — 437 sich êren, thun was einem zur Ebre gereicht. — 438 müze stf., Mässigung, anstandsvolle Bescheidenheit. — gein mir kêren, mir gegen- über üben. — 439 ringet, um meine Minne. — 440 so lege ich mich dort zu euch. — 441 vgl. 419. — 442 smouc præt. von smiegen refl., sich schmie- gen, sich ducken. — 443 dennoch, damals noch. — sô spœte, so tief in der Nacht. — 445 haneboum stm., Hahnbalken: der Balken unter dem First des Hauses, auf welchen die Hühner sich gern setzen. — 446 bei der Hungersnoth waren auch keine Hühner da, die hätten krähen können: es soll also nur die Zeit der Nacht bezeichnet werden: vor dem ersten Krähen des Hahnes. — 451 es nehme euch den Schlaf. — 453 Kingrûn: bei Crestien Anguinguerons. — 455 unz an, bis auf. — 457 weise swm., aber auch von Mädchen gesagt, wie wir umgekehrt die Waise brauchen. — 458 vorhteclîch adj., Furcht erregend, furchtbar. — vreise, Gefährdung, Gefahr. — 463 halbe nom. pl., zur Hälfte. — mêrre, neue Steigerung von dem Compar. mêr, größer. — 465 ûf dac zil, dahin, soweit. — mir, mit mir. —
206 VIERTES BUCH. 194 lât mich beliben swâ ich mac.» sie sprach «welt ir iuch êren, sölhe mâze gein mir kêren daz ir mit mir ringet niht, mîn ligen aldâ bî iu geschiht.» des wart ein vride von ime getân: sie smouc sich an daz bette sân. ez wás dennóch sô spate daz niender huon dâ krate. haneboume stuonden blôz: der zadel hüener abe in schôz. diu frouwe jâmers rîche vrâgte in zühteclîche, ob er hoeren wolt’ ir klage. sie sprach «ich fürhte, ob ich'z iu sage, ez wende iu slâf: daz tuot iu wê. mir hât der künec Clâmidê und Kingrůn sîn scheneschant verwüestet pürge unde lant unz an Pelrapeire. min vater Tampenteire liez mich armen weisen in vorhteclîchen vreisen. mâge, fürsten unde man, rîche und arme, undertân was mir grôz ellenthaftez her: die sint erstorben an der wer halbe oder'z mêrre teil. waz möhte ich armiu wesen geil ? nu ist ez mir komen úf daz zil, 440 445 450 455 460 465 436 ich werde schon sehen, wo ich unterkomme: er will das Bett ver- lassen. — 437 sich êren, thun was einem zur Ebre gereicht. — 438 müze stf., Mässigung, anstandsvolle Bescheidenheit. — gein mir kêren, mir gegen- über üben. — 439 ringet, um meine Minne. — 440 so lege ich mich dort zu euch. — 441 vgl. 419. — 442 smouc præt. von smiegen refl., sich schmie- gen, sich ducken. — 443 dennoch, damals noch. — sô spœte, so tief in der Nacht. — 445 haneboum stm., Hahnbalken: der Balken unter dem First des Hauses, auf welchen die Hühner sich gern setzen. — 446 bei der Hungersnoth waren auch keine Hühner da, die hätten krähen können: es soll also nur die Zeit der Nacht bezeichnet werden: vor dem ersten Krähen des Hahnes. — 451 es nehme euch den Schlaf. — 453 Kingrûn: bei Crestien Anguinguerons. — 455 unz an, bis auf. — 457 weise swm., aber auch von Mädchen gesagt, wie wir umgekehrt die Waise brauchen. — 458 vorhteclîch adj., Furcht erregend, furchtbar. — vreise, Gefährdung, Gefahr. — 463 halbe nom. pl., zur Hälfte. — mêrre, neue Steigerung von dem Compar. mêr, größer. — 465 ûf dac zil, dahin, soweit. — mir, mit mir. —
Strana 207
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 207 195 daz ich mich selben toeten wil, ê daz ich mágetuom únde lîp gebe und Clâmidês wîp werde; wan sîn hant mir sluoc Schentaflûrn, des herze truoc manegen rîterlîchen pris. er mannes schone ein blüende rîs, er kunde valscheit mâzen, der bruoder Lîâzen.» 470 Dô Lîâze wart genant, nâch ir vil kumbers was gemant der dienest gebende Parzivâl. sîn hôher muot kom in ein tal: daz riet Lîâzen minne. er sprach zer küneginne «vrouwe, hilft iuch iemens trôst?» «jâ, hêrre, ob ich wurde erlôst von Kingrûne scheneschant. ze rehter tjost hât mir sîn hant gevellet manegen rîter nider. der kumet morgen dâ her wider, und waenet daz ter hêrre sin süle lígen an dem arme mîn. ir sâht wol mînen pálás, der niender sô gehohet was, i'ne viele ê nider in den graben, ê Clâmidê solde haben mit gewalt mînen magetuom. sus wolt’ ich wenden sînen ruom.» dô sprach er «frouwe, ist Kingrûn Franzoys oder Brítün, oder von swelhem lande er vert, 480 485 490 495 475 466 selben acc., genauer wäre selbe. — 470 vgl. III, 1855. — 472 mannes schane mit ris zu verbinden: an Mannesschönheit. 476 nách ir mit kumbers zu verbinden: Sehnsucht nach ihr. — manen, die Erinnerung auffrischen, wecken. — 477 dienest gebende, dienstbereit. — 478 sank nieder. — 479 riet, veranlasste, verursachte. minne, Erinnerung. — 481 iuch acc.; helfen meist mit acc. der Person. — 482 erlosen swv., be- freien. — 486 dâ her wider, wieder hierher. — 487 ter = der, vorzugsweise nach Tenues und Aspiraien für d, aber in der baierischen Mundart auch sonst schr häufig. Clamide ist gemeint. — 490 hœhen swv., erhöhen, hoch bauen: er war nirgends so hoch, dafs ich mich nicht eher in den Graben stürzte : wie hoch er auch ist, ich stürzte mich lieber hinab. — 491 vallen stv., sich stürzen. — 494 ruom stm., Prahlerei: dafs er mit meiner Minne prahlen kann. — 497 vert, herkommt. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 207 195 daz ich mich selben toeten wil, ê daz ich mágetuom únde lîp gebe und Clâmidês wîp werde; wan sîn hant mir sluoc Schentaflûrn, des herze truoc manegen rîterlîchen pris. er mannes schone ein blüende rîs, er kunde valscheit mâzen, der bruoder Lîâzen.» 470 Dô Lîâze wart genant, nâch ir vil kumbers was gemant der dienest gebende Parzivâl. sîn hôher muot kom in ein tal: daz riet Lîâzen minne. er sprach zer küneginne «vrouwe, hilft iuch iemens trôst?» «jâ, hêrre, ob ich wurde erlôst von Kingrûne scheneschant. ze rehter tjost hât mir sîn hant gevellet manegen rîter nider. der kumet morgen dâ her wider, und waenet daz ter hêrre sin süle lígen an dem arme mîn. ir sâht wol mînen pálás, der niender sô gehohet was, i'ne viele ê nider in den graben, ê Clâmidê solde haben mit gewalt mînen magetuom. sus wolt’ ich wenden sînen ruom.» dô sprach er «frouwe, ist Kingrûn Franzoys oder Brítün, oder von swelhem lande er vert, 480 485 490 495 475 466 selben acc., genauer wäre selbe. — 470 vgl. III, 1855. — 472 mannes schane mit ris zu verbinden: an Mannesschönheit. 476 nách ir mit kumbers zu verbinden: Sehnsucht nach ihr. — manen, die Erinnerung auffrischen, wecken. — 477 dienest gebende, dienstbereit. — 478 sank nieder. — 479 riet, veranlasste, verursachte. minne, Erinnerung. — 481 iuch acc.; helfen meist mit acc. der Person. — 482 erlosen swv., be- freien. — 486 dâ her wider, wieder hierher. — 487 ter = der, vorzugsweise nach Tenues und Aspiraien für d, aber in der baierischen Mundart auch sonst schr häufig. Clamide ist gemeint. — 490 hœhen swv., erhöhen, hoch bauen: er war nirgends so hoch, dafs ich mich nicht eher in den Graben stürzte : wie hoch er auch ist, ich stürzte mich lieber hinab. — 491 vallen stv., sich stürzen. — 494 ruom stm., Prahlerei: dafs er mit meiner Minne prahlen kann. — 497 vert, herkommt. —
Strana 208
208 VIERTES BUCH. mit mîner hant ir sît gewert 196 als ez mîn lîp volbringen mac.» diu naht het ende und kom der tac. diu vrouwe stúont ûf únde neic, ir grôzen danc sie niht versweic. dô sleich sie wider lîse. niemán was dâ sô wîse, der wurde ir gênes dâ gewar, wan Parzivâl der lieht gevar. der slief niht langer dô dernâch. der sunnen was gein hohe gâch : ir glesten durch diu wolken dranc. dô hôrt' er maneger glocken klanc: kirchen, münster suocht' diu diet die Clâmidê von fröuden schiet. 500 505 510 197 Uf rihte sich der junge man. der küneginne kappelân sanc gote und sîner frouwen. ir gast sie muose schouwen, unz daz der benediz geschach. nách sînem hárnásch er sprach: dâ wart er wol gewâpent în. er tet ouch rîters ellen schîn mit rehter mánlîcher wer. dô kom Clâmidês her mit maneger bániere. Kíngrůn kom schiere vor den ándéren verre ûf einem ors von Iserterre, als ih'z mæere hân vernomen. dô was och für die porten komen fil li roy Gahmuret: der het der burgaere gebet. diz was sîn êrste swertes strit. 515 520 525 530 499 so gut ich es vermag. — 505 gènes gen. des Gerundiums: der gewahr geworden wäre ihres Gehens. — 508 die Sonne eilte dem Aufgang ent- gegen. 515 sanc sc. die masse. — sîner frouwen, für seine Herrin, seiner Herrin zu Ehren. — 516 sie ist Object. — muose, durfte. — 517 benedi: stm., Segen, lat. benedictio. — 518 sprechen, nâch, etwas verlangen. — 519 dâ mit în zu verbinden: da hinein. — 525 den Andern weit voraus. — 526 Iserterre ist das Reich Clamide's; vgl. IV, 1224. — 530 für den, für dessen Sieg beteten die Bewohner der Stadt. — 531 êrste schw. Form. — swertes strît: denn gegen Ither hatte er mit dem Gabilot, bei Gurnamanz nur mit dem Speer gek ämpft (III, 1172. 1751). —
208 VIERTES BUCH. mit mîner hant ir sît gewert 196 als ez mîn lîp volbringen mac.» diu naht het ende und kom der tac. diu vrouwe stúont ûf únde neic, ir grôzen danc sie niht versweic. dô sleich sie wider lîse. niemán was dâ sô wîse, der wurde ir gênes dâ gewar, wan Parzivâl der lieht gevar. der slief niht langer dô dernâch. der sunnen was gein hohe gâch : ir glesten durch diu wolken dranc. dô hôrt' er maneger glocken klanc: kirchen, münster suocht' diu diet die Clâmidê von fröuden schiet. 500 505 510 197 Uf rihte sich der junge man. der küneginne kappelân sanc gote und sîner frouwen. ir gast sie muose schouwen, unz daz der benediz geschach. nách sînem hárnásch er sprach: dâ wart er wol gewâpent în. er tet ouch rîters ellen schîn mit rehter mánlîcher wer. dô kom Clâmidês her mit maneger bániere. Kíngrůn kom schiere vor den ándéren verre ûf einem ors von Iserterre, als ih'z mæere hân vernomen. dô was och für die porten komen fil li roy Gahmuret: der het der burgaere gebet. diz was sîn êrste swertes strit. 515 520 525 530 499 so gut ich es vermag. — 505 gènes gen. des Gerundiums: der gewahr geworden wäre ihres Gehens. — 508 die Sonne eilte dem Aufgang ent- gegen. 515 sanc sc. die masse. — sîner frouwen, für seine Herrin, seiner Herrin zu Ehren. — 516 sie ist Object. — muose, durfte. — 517 benedi: stm., Segen, lat. benedictio. — 518 sprechen, nâch, etwas verlangen. — 519 dâ mit în zu verbinden: da hinein. — 525 den Andern weit voraus. — 526 Iserterre ist das Reich Clamide's; vgl. IV, 1224. — 530 für den, für dessen Sieg beteten die Bewohner der Stadt. — 531 êrste schw. Form. — swertes strît: denn gegen Ither hatte er mit dem Gabilot, bei Gurnamanz nur mit dem Speer gek ämpft (III, 1172. 1751). —
Strana 209
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 209 er nam den poinder wol sô wît, daz von sîner tjoste hurt bêden orsen wart enkurt. tarmgürtel brâsten umbe daz: ietweder ors ûf hähsen saz. die ê des ûf in sâzen, ir swert sie niht vergâzen: in den schéiden sie die funden. Kingrün truoc wunden durch den arm und in die brust. disiu tjost in lêrte flust an sölhem prîse, des er phlac unz an sîn hôchvartswindes tac. sölch ellen was ûf in gezalt: sehs rîter solt’ er hân gevalt, die gein im koemen ûf ein velt. Parzivâl im brâhte gelt mit sîner ellenthaften hant, daz Kingrün scheneschant wânde vremeder mæere, wie ein pfeteræere mit würfen an in seigte. ander strît in neigte: ein swert im durch den helm erklanc. Parzivâl in nider swanc: er sazte im an die brust ein knie. er bôt daz wart geboten nie 198 decheinem man, sîn sicherheit. ir enwolde niht der mit im streit : 535 540 545 550 555 560 532 poinder, Anlauf. — 534 enkürten swv. (enkurt synkop. aus enkürtet) = entgürten, den Gurt lösen, sprengen: mit dat. wie auch gürten (III, 1360). — 535 tarmgürtel stm., Bauchriemen des Pferdes. — brâsten præt. pl. von bresten, brechen. — umbe daz, deswegen, dadurch. — 536 hähse swf., Kniebug des Hinterbeines: sank in die Knie. — 538 swert gen. statt swerte. — 539 die statt diu (sc. swert). Nachdem die Speere verschleudert waren, griffen sie zu den Schwertern. — 542 beraubte ihn des Ruhmes. — 544 hôchvartswinden subst. Infin., Schwinden des Stolzes; swindes für swin- dens, wie schockes (IV, 56) und oft bei Wolfram ; sîn für sînen mit tac zu verbinden, oder besser sîn hôchvartswinden als éin Begriff, an welchen das genetivische s angefügt wird. — 545 ûf in gezalt, ihm zugezählt: nämlich Kingrunen. — 546 solt’ er, würde. — 548 gelt stm., Bezahlung, Vergeltung. — 551 wânde mit gen., glaubte: die sonderbare Empfindung hatte. — 552 pfeterœre stm., mlat. petraria, Maschine, um Steine zu schleudern. — 553 seigen swv. (zu sîgen), fallen machen, schleudern, schießen. — 554 eine andere Kampfart, keine Wurfmaschine, sondern ein Schwert. — neigen swv., niederwerfen. — 560 von ihr (sie) wollte er nichts (nicht) : er wollte sie nicht für sich, sondern trug ihm auf, sich Gurnamanz als Besiegter zu stellen. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 14
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 209 er nam den poinder wol sô wît, daz von sîner tjoste hurt bêden orsen wart enkurt. tarmgürtel brâsten umbe daz: ietweder ors ûf hähsen saz. die ê des ûf in sâzen, ir swert sie niht vergâzen: in den schéiden sie die funden. Kingrün truoc wunden durch den arm und in die brust. disiu tjost in lêrte flust an sölhem prîse, des er phlac unz an sîn hôchvartswindes tac. sölch ellen was ûf in gezalt: sehs rîter solt’ er hân gevalt, die gein im koemen ûf ein velt. Parzivâl im brâhte gelt mit sîner ellenthaften hant, daz Kingrün scheneschant wânde vremeder mæere, wie ein pfeteræere mit würfen an in seigte. ander strît in neigte: ein swert im durch den helm erklanc. Parzivâl in nider swanc: er sazte im an die brust ein knie. er bôt daz wart geboten nie 198 decheinem man, sîn sicherheit. ir enwolde niht der mit im streit : 535 540 545 550 555 560 532 poinder, Anlauf. — 534 enkürten swv. (enkurt synkop. aus enkürtet) = entgürten, den Gurt lösen, sprengen: mit dat. wie auch gürten (III, 1360). — 535 tarmgürtel stm., Bauchriemen des Pferdes. — brâsten præt. pl. von bresten, brechen. — umbe daz, deswegen, dadurch. — 536 hähse swf., Kniebug des Hinterbeines: sank in die Knie. — 538 swert gen. statt swerte. — 539 die statt diu (sc. swert). Nachdem die Speere verschleudert waren, griffen sie zu den Schwertern. — 542 beraubte ihn des Ruhmes. — 544 hôchvartswinden subst. Infin., Schwinden des Stolzes; swindes für swin- dens, wie schockes (IV, 56) und oft bei Wolfram ; sîn für sînen mit tac zu verbinden, oder besser sîn hôchvartswinden als éin Begriff, an welchen das genetivische s angefügt wird. — 545 ûf in gezalt, ihm zugezählt: nämlich Kingrunen. — 546 solt’ er, würde. — 548 gelt stm., Bezahlung, Vergeltung. — 551 wânde mit gen., glaubte: die sonderbare Empfindung hatte. — 552 pfeterœre stm., mlat. petraria, Maschine, um Steine zu schleudern. — 553 seigen swv. (zu sîgen), fallen machen, schleudern, schießen. — 554 eine andere Kampfart, keine Wurfmaschine, sondern ein Schwert. — neigen swv., niederwerfen. — 560 von ihr (sie) wollte er nichts (nicht) : er wollte sie nicht für sich, sondern trug ihm auf, sich Gurnamanz als Besiegter zu stellen. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 14
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210 VIERTES BUCH. 199 er bat in fîanze bringen Gurnamanze. «nein, hêrre, du maht mir gerner tuon den tôt. ich sluog im sînen sun, Schentaflúr nam ich sîn leben. got hât dir êren vil gegeben: swâ man saget daz von dir diu kraft erzeiget ist an mir, daz tu mich habest betwungen, sô ist dir wol gelungen.» dô sprach der junge Parzivâl «ich wil dir lâzen ander wal. nu síchére der künegîn, der dîn hêrre hôhen pîn hât gefrumt mit zorne.» «sô wurde ich der verlorne. mit swerten war' mîn lip verzert klein' sô daz in sunnen vert; wand’ ich hân herzeleit getân dort inne manegem küenem man.» «sô füer' von disem plâne in'z lant ze Brítâne dîn rîterlîche sicherheit einer maget, diu durch mich leit des sie niht lîden solde, der fuoge erkennen wolde. und sage ir, swaz halt mir geschehe, daz sie mich niemer vrô gesehe, ê daz ich sie gereche aldâ ich schilt durchsteche. sage Artûse únd dem wibe sîn, in beiden, von mir dienest mîn, dar zuo der massenîe gar, und daz ich niemer kume dar, ê daz ich lasters mich entsage, 565 570 575 580 585 590 595 567 daz von dir ist zweimal zu nehmen; einmal zu saget, das andere mal zu erzeiget ist. — 568 diu, solche. Daſs du solche Kraft an mir bewiesen hast. — 570 so hast du guten Erfolg gehabt, kannst du von Glück sagen. — 576 dann würde ich derjenige, der verloren ist, sein Leben ver- liert. — 577 verzern swv., vernichten: würde vernichtet, zerhauen. — 578 in so kleine Stücke wie das was in der Sonne fliegt, wie die Stäub- chen in der Luft. — 581 wenn du das auch nicht willst, so. — 584 maget, Cunneware de Lalant. — 586 wenn jemand sich auf das was schicklich ist versteht. — 590 aldâ, dort wo. — 593 gar, sämmtlich. — 595 entsagen swv. refl. mit gen., sich von etwas losmachen. —
210 VIERTES BUCH. 199 er bat in fîanze bringen Gurnamanze. «nein, hêrre, du maht mir gerner tuon den tôt. ich sluog im sînen sun, Schentaflúr nam ich sîn leben. got hât dir êren vil gegeben: swâ man saget daz von dir diu kraft erzeiget ist an mir, daz tu mich habest betwungen, sô ist dir wol gelungen.» dô sprach der junge Parzivâl «ich wil dir lâzen ander wal. nu síchére der künegîn, der dîn hêrre hôhen pîn hât gefrumt mit zorne.» «sô wurde ich der verlorne. mit swerten war' mîn lip verzert klein' sô daz in sunnen vert; wand’ ich hân herzeleit getân dort inne manegem küenem man.» «sô füer' von disem plâne in'z lant ze Brítâne dîn rîterlîche sicherheit einer maget, diu durch mich leit des sie niht lîden solde, der fuoge erkennen wolde. und sage ir, swaz halt mir geschehe, daz sie mich niemer vrô gesehe, ê daz ich sie gereche aldâ ich schilt durchsteche. sage Artûse únd dem wibe sîn, in beiden, von mir dienest mîn, dar zuo der massenîe gar, und daz ich niemer kume dar, ê daz ich lasters mich entsage, 565 570 575 580 585 590 595 567 daz von dir ist zweimal zu nehmen; einmal zu saget, das andere mal zu erzeiget ist. — 568 diu, solche. Daſs du solche Kraft an mir bewiesen hast. — 570 so hast du guten Erfolg gehabt, kannst du von Glück sagen. — 576 dann würde ich derjenige, der verloren ist, sein Leben ver- liert. — 577 verzern swv., vernichten: würde vernichtet, zerhauen. — 578 in so kleine Stücke wie das was in der Sonne fliegt, wie die Stäub- chen in der Luft. — 581 wenn du das auch nicht willst, so. — 584 maget, Cunneware de Lalant. — 586 wenn jemand sich auf das was schicklich ist versteht. — 590 aldâ, dort wo. — 593 gar, sämmtlich. — 595 entsagen swv. refl. mit gen., sich von etwas losmachen. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 211 daz ich geselleclîchen trage mit ír díu mir lachen bôt. des kom ir lîp in grôze nôt. sag' ir, ich si ir dienestman, dienstlîcher dienste undertân.» der rede ein volge dâ geschach: die helde man sich scheiden sach. 600 200 Hin widere kom gegangen, da sîn órs was gevangen, der búrgare kampfes trôst. sie wurden sît von ime erlôst: zwîvels pflac daz ûzer her, daz Kingrün an sîner wer wás enschúmpfieret. nu wart gecóndwieret Parzivâl zer künegîn. diu tet im umbevâhen schîn, sie dructe in vaste an ir lîp, sie sprach «i’n wirde niemer wip ûf érdé decheines man, wan den ich umbevangen hân.» sie half daz er entwâpent wart: ir dienest was vil ungespart. nâch sîner grôzen árbéit was krankiu wirtschaft bereit. die búrgâre sus gefuoren, daz s'im alle hulde swuoren, und jâhn er müese ir hêrre sîn. dô sprach ouch diu künegîn, er solte sîn ir âmîs, sît daz er sô hôhen prîs bezalt' an Kingrûne. zwêne segele brůne 605 610 615 620 625 596 geselleclîchen adv., gemeinschaftlich. — 597 die mich anlachte. — 600 ihr untergeben in dienstbereiten Diensten. 603 wieder zurück in die Stadt. — 604 wo man sein Ross aufgefangen hatte: dasselbe war gestürzt und in die Stadt gelaufen (536). — 606 der Bürger Trost im Kampfe. — 607 zwîvel stm., Verzagtheit, Muthlosigkeit. — 608 daz, dadurch daßs, weil. — 610 condwieren, leiten, mit dem Nebensinne des festlichen Zuges. — 612 tet umbevâhen schîn soviel als umbevie. — 620 bekam er nur schlechte Bewirthung. — 621 gefuoren, verfuhren. 625 âmîs stm., altfranz. amis, Geliebter, Gemahl. — 627 bezalt', erworben hätte. — 14*)
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 211 daz ich geselleclîchen trage mit ír díu mir lachen bôt. des kom ir lîp in grôze nôt. sag' ir, ich si ir dienestman, dienstlîcher dienste undertân.» der rede ein volge dâ geschach: die helde man sich scheiden sach. 600 200 Hin widere kom gegangen, da sîn órs was gevangen, der búrgare kampfes trôst. sie wurden sît von ime erlôst: zwîvels pflac daz ûzer her, daz Kingrün an sîner wer wás enschúmpfieret. nu wart gecóndwieret Parzivâl zer künegîn. diu tet im umbevâhen schîn, sie dructe in vaste an ir lîp, sie sprach «i’n wirde niemer wip ûf érdé decheines man, wan den ich umbevangen hân.» sie half daz er entwâpent wart: ir dienest was vil ungespart. nâch sîner grôzen árbéit was krankiu wirtschaft bereit. die búrgâre sus gefuoren, daz s'im alle hulde swuoren, und jâhn er müese ir hêrre sîn. dô sprach ouch diu künegîn, er solte sîn ir âmîs, sît daz er sô hôhen prîs bezalt' an Kingrûne. zwêne segele brůne 605 610 615 620 625 596 geselleclîchen adv., gemeinschaftlich. — 597 die mich anlachte. — 600 ihr untergeben in dienstbereiten Diensten. 603 wieder zurück in die Stadt. — 604 wo man sein Ross aufgefangen hatte: dasselbe war gestürzt und in die Stadt gelaufen (536). — 606 der Bürger Trost im Kampfe. — 607 zwîvel stm., Verzagtheit, Muthlosigkeit. — 608 daz, dadurch daßs, weil. — 610 condwieren, leiten, mit dem Nebensinne des festlichen Zuges. — 612 tet umbevâhen schîn soviel als umbevie. — 620 bekam er nur schlechte Bewirthung. — 621 gefuoren, verfuhren. 625 âmîs stm., altfranz. amis, Geliebter, Gemahl. — 627 bezalt', erworben hätte. — 14*)
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212 VIERTES BUCH. die kôs man von der wer hin abe: die sluoc grôz wint vast’ in die habe. die kiele warn geladen sô, des die burgare wurden vrô: sine truogen niht wan spîse. daz fuogte got der wîse. 630 635 201 Hin von den zinnen vielen und gâhten zuo den kielen daz hungerc her durch den roup. sie möhten vliegen sô diu loup, die mageren und die sîhten, von vlêisché die lîhten: in was erschoben niht der bale. der küneginne marschalc tet den schiffen sölhen vride, daz er gebôt bî der wide daz se ir decheiner ruorte. die koufliute er fuorte für sînen hêrren in die stat. Parzivâl in gelten bat ir habe zwispilde. die koufliute des bevilde: sus was vergolten in ir kouf. den burgaern in die kolen trouf. ich war' dâ nu wol sóldier: wan dâ trinket niemen pier, sie hânt wîns und spîse vil. dô warp als ich iu sagen wil Parzivâl der reine. von êrst die spîse kleine teilt' er mit sîn selbes hant. 640 645 650 655 629 wer stf., Brustwehr, Befestigung. — hin abe, sah sie, wenn man hinab- blickte. — 630 grôz unflectiert: ein starker Wind. — slahen stv., trei- ben. — 632 des, dafs darüber; dês (= daz es) zu schreiben ist unnöthige Genauigkeit. 635 Hin, hinweg. — vielen, stürzten sich; vgl. IV, 491. — 637 hungerc aus hungerec, hungrig. — her collect., daher mit pl. des Verbums. — 638 loup stn., Blatt; pl. das Laub. — 639 sîhte adj., eingefallen. — 641 er- schieben stv., vollstopfen und dadurch ausdehnen. — 643 tet — vride, schaffte Schutz. — 644 wide von wit stf., Strick (1, 1043): bei Strafe des Hängens. — 649 habe stf., Habe, Eigenthum. — zwispilde adv., zweifach getheilt, zweifach, doppelt. — 651 kouf stm., Waare. — 652 nun hatten die Bürger zu sieden und zu braten. — 653 vgl. IV, 143. — 654 pier = bier, und so häufig im Anlaut bei Wolfram p statt b; vgl. zu IV, 487. — 658 von êrst, zuerst. — kleine, in kleine Portionen. —
212 VIERTES BUCH. die kôs man von der wer hin abe: die sluoc grôz wint vast’ in die habe. die kiele warn geladen sô, des die burgare wurden vrô: sine truogen niht wan spîse. daz fuogte got der wîse. 630 635 201 Hin von den zinnen vielen und gâhten zuo den kielen daz hungerc her durch den roup. sie möhten vliegen sô diu loup, die mageren und die sîhten, von vlêisché die lîhten: in was erschoben niht der bale. der küneginne marschalc tet den schiffen sölhen vride, daz er gebôt bî der wide daz se ir decheiner ruorte. die koufliute er fuorte für sînen hêrren in die stat. Parzivâl in gelten bat ir habe zwispilde. die koufliute des bevilde: sus was vergolten in ir kouf. den burgaern in die kolen trouf. ich war' dâ nu wol sóldier: wan dâ trinket niemen pier, sie hânt wîns und spîse vil. dô warp als ich iu sagen wil Parzivâl der reine. von êrst die spîse kleine teilt' er mit sîn selbes hant. 640 645 650 655 629 wer stf., Brustwehr, Befestigung. — hin abe, sah sie, wenn man hinab- blickte. — 630 grôz unflectiert: ein starker Wind. — slahen stv., trei- ben. — 632 des, dafs darüber; dês (= daz es) zu schreiben ist unnöthige Genauigkeit. 635 Hin, hinweg. — vielen, stürzten sich; vgl. IV, 491. — 637 hungerc aus hungerec, hungrig. — her collect., daher mit pl. des Verbums. — 638 loup stn., Blatt; pl. das Laub. — 639 sîhte adj., eingefallen. — 641 er- schieben stv., vollstopfen und dadurch ausdehnen. — 643 tet — vride, schaffte Schutz. — 644 wide von wit stf., Strick (1, 1043): bei Strafe des Hängens. — 649 habe stf., Habe, Eigenthum. — zwispilde adv., zweifach getheilt, zweifach, doppelt. — 651 kouf stm., Waare. — 652 nun hatten die Bürger zu sieden und zu braten. — 653 vgl. IV, 143. — 654 pier = bier, und so häufig im Anlaut bei Wolfram p statt b; vgl. zu IV, 487. — 658 von êrst, zuerst. — kleine, in kleine Portionen. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 213 660 er sazt' die werden die’r dâ vant. er wolde niht ir laren magen überkrüpfe lâzen tragen: er gap in rehter mâze teil. sie wurden sînes râtes geil. hin ze naht schuof er in mêre, der unlôse niht ze hêre. Bî ligens wart gevrâget dâ. er unt diu küngîn sprâchen jâ. er lac mit sölhen fuogen, des nu niht wil genuogen mangiu wîp, swer in sô tuot. daz sie durch arbeitlîchen muot ir zuht sus parrierent und sich dergegen zierent! vor gesten sint se an kiuschen siten: ir herzen wille hât versniten swaz mac an den gebarden sîn. ir friwent sie héinlîchen pîn 202 füegent mit ir zarte. des mâze ie sich bewarte, der getriuwe stæte man wol friwendinne schônen kan. er denket, als ez lîhte ist wâr, «ich hân gedienet mîniu jâr nâch lône disem wîbe. diu hât mîme libe erboten trôst: nu lige ich hie. es hete mich genüeget ie, 665 670 675 680 685 160 er wies den Vornehmsten ihre Platze an. — 662 überkrüpfe stf., Uber- futterung; vgl. zu IV, 361. — 665 gegen Abend, zum Abendessen. — schaffen stv., besorgen, zu Theil werden lassen. — 666 unlôs adj., der ohne losheit (II, 1639) ist, nicht arglistig, treugesinnt, wohlmeinend. — niht ze hère, nichts weniger als stolze. 667 man fragte, ob sie Beilager halten wollten. — 670 genuogen mit gen. der Sache, acc. der Person, genug dünken. — 671 swer, wenn jemand, wenn ein Mann. — in, ihnen. — 672 arbeitlîch adj., aufs Quälen bedacht. — 673 parrieren, mit dem Gegentheil (der unzuht) zusammenstellen: ihre Wohlanständigkeit trüben. Vgl. I, 4. — 674 dergegen, dem Geliebten gegenüber. — zieren refl., sich zieren, die Spröde spielen. — 675 in Gegen- wart von Fremden spielen sie die Enthaltsamen. — 676 versnîden, verletzen, zerstören, zu nichte machen. — 677 ihr aufseres Benehmen: straft dieses Lügen. — 679 zart stm., Zärtlichkeit, Liebkosung. — 680 der stets das rechte Maßs beobachtete. — 682 friwendinne stf., Freundin, Geliebte. — 683 lîhte adv., leicht, leichtlich. — 685 nâch lône, um Lohn zu erlangen. 688 genüegen wie genuogen (V, 670), genug dünken. — ie, durchaus. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 213 660 er sazt' die werden die’r dâ vant. er wolde niht ir laren magen überkrüpfe lâzen tragen: er gap in rehter mâze teil. sie wurden sînes râtes geil. hin ze naht schuof er in mêre, der unlôse niht ze hêre. Bî ligens wart gevrâget dâ. er unt diu küngîn sprâchen jâ. er lac mit sölhen fuogen, des nu niht wil genuogen mangiu wîp, swer in sô tuot. daz sie durch arbeitlîchen muot ir zuht sus parrierent und sich dergegen zierent! vor gesten sint se an kiuschen siten: ir herzen wille hât versniten swaz mac an den gebarden sîn. ir friwent sie héinlîchen pîn 202 füegent mit ir zarte. des mâze ie sich bewarte, der getriuwe stæte man wol friwendinne schônen kan. er denket, als ez lîhte ist wâr, «ich hân gedienet mîniu jâr nâch lône disem wîbe. diu hât mîme libe erboten trôst: nu lige ich hie. es hete mich genüeget ie, 665 670 675 680 685 160 er wies den Vornehmsten ihre Platze an. — 662 überkrüpfe stf., Uber- futterung; vgl. zu IV, 361. — 665 gegen Abend, zum Abendessen. — schaffen stv., besorgen, zu Theil werden lassen. — 666 unlôs adj., der ohne losheit (II, 1639) ist, nicht arglistig, treugesinnt, wohlmeinend. — niht ze hère, nichts weniger als stolze. 667 man fragte, ob sie Beilager halten wollten. — 670 genuogen mit gen. der Sache, acc. der Person, genug dünken. — 671 swer, wenn jemand, wenn ein Mann. — in, ihnen. — 672 arbeitlîch adj., aufs Quälen bedacht. — 673 parrieren, mit dem Gegentheil (der unzuht) zusammenstellen: ihre Wohlanständigkeit trüben. Vgl. I, 4. — 674 dergegen, dem Geliebten gegenüber. — zieren refl., sich zieren, die Spröde spielen. — 675 in Gegen- wart von Fremden spielen sie die Enthaltsamen. — 676 versnîden, verletzen, zerstören, zu nichte machen. — 677 ihr aufseres Benehmen: straft dieses Lügen. — 679 zart stm., Zärtlichkeit, Liebkosung. — 680 der stets das rechte Maßs beobachtete. — 682 friwendinne stf., Freundin, Geliebte. — 683 lîhte adv., leicht, leichtlich. — 685 nâch lône, um Lohn zu erlangen. 688 genüegen wie genuogen (V, 670), genug dünken. — ie, durchaus. —
Strana 214
214 VIERTES BUCH. ob ich mit mîner blôzen hant müese rüeren ir gewant. ob ich nu gîtes gerte, untriuwe es für mich werte. solt’ ich sie arbeiten, unser béider laster breiten? vor slâfe süeziu mære sint frouwen site gebære.» sus lac der Wâléise: kránc wás sîn vreise. den man der rôte rîter hiez, die künegîn er maget liez. sie wânde iedoch, sie wær’ sîn wip : durch sînen minneclichen lîp des morgens sie ir houbet bant. dô gap im bürge unde lant disiu magetbæeriu brût: wand’ er was ir herzen trût. 690 695 700 705 Sie wâren mit ein ander sô, daz sie durch liebe wâren vrô, 203 zwên’ tage unt die dritten naht. von ime dicke wart gedâht umbvâhens des sîn muoter riet: Gurnèmanz ime ouch underschiet, man und wîp warn al ein. sie vlâhten arm unde bein. ob ich iu'z sagen müeze, er vant daz nâhe süeze: der alte und der niuwe site 710 715 690 müese, dürfte. — 691 gît stm., Gierigkeit, Habsucht; gîtes adv. gen., in gieriger, habsüchtiger Weise. — 692 wern, leisten: so würde Untreue an meiner Stelle das leisten, vollbringen: so würde ich ungetreu han- deln. — 693 arbeiten swv., plagen, zusetzen. — 694 breiten swv., breit, grofs machen. — 695 mœere stn., Unterhaltung. — 696 gebaere adj.. ge- bührend, angemessen. — 698 Umschreibung seines Muthes : wenig fürch- tete er sich. — 699 vgl. zu I, 381. — 700 er tastete ihre Jungfräulichkeit nicht an. — 703 sie legte das gebende, den Kopfputz der Frauen an : Jung- frauen giengen in der Regel ohne einen solchen, mit bloßem, losem Haar. — 705 magetbœre adj., jungfräulich. — brût stf., nicht nur Braut, auch die verheirathete Frau wird darunter verstanden. 707 sô. dafs er sie unberührt liefs. — 708 in Zuneigung, aber nicht minne. — 711 des Attraction für daz. Vgl. III, 366. — 712 vgl. III, 1707. — 714 vlâhten præt. pl. von vlehten stv., verschlingen. — 715 wenn ich es euch sagen darf. — 716 ihm gefiel diese innige Umschlingung. — 717 der alte Minnebrauch, der sich immer wieder erneut. —
214 VIERTES BUCH. ob ich mit mîner blôzen hant müese rüeren ir gewant. ob ich nu gîtes gerte, untriuwe es für mich werte. solt’ ich sie arbeiten, unser béider laster breiten? vor slâfe süeziu mære sint frouwen site gebære.» sus lac der Wâléise: kránc wás sîn vreise. den man der rôte rîter hiez, die künegîn er maget liez. sie wânde iedoch, sie wær’ sîn wip : durch sînen minneclichen lîp des morgens sie ir houbet bant. dô gap im bürge unde lant disiu magetbæeriu brût: wand’ er was ir herzen trût. 690 695 700 705 Sie wâren mit ein ander sô, daz sie durch liebe wâren vrô, 203 zwên’ tage unt die dritten naht. von ime dicke wart gedâht umbvâhens des sîn muoter riet: Gurnèmanz ime ouch underschiet, man und wîp warn al ein. sie vlâhten arm unde bein. ob ich iu'z sagen müeze, er vant daz nâhe süeze: der alte und der niuwe site 710 715 690 müese, dürfte. — 691 gît stm., Gierigkeit, Habsucht; gîtes adv. gen., in gieriger, habsüchtiger Weise. — 692 wern, leisten: so würde Untreue an meiner Stelle das leisten, vollbringen: so würde ich ungetreu han- deln. — 693 arbeiten swv., plagen, zusetzen. — 694 breiten swv., breit, grofs machen. — 695 mœere stn., Unterhaltung. — 696 gebaere adj.. ge- bührend, angemessen. — 698 Umschreibung seines Muthes : wenig fürch- tete er sich. — 699 vgl. zu I, 381. — 700 er tastete ihre Jungfräulichkeit nicht an. — 703 sie legte das gebende, den Kopfputz der Frauen an : Jung- frauen giengen in der Regel ohne einen solchen, mit bloßem, losem Haar. — 705 magetbœre adj., jungfräulich. — brût stf., nicht nur Braut, auch die verheirathete Frau wird darunter verstanden. 707 sô. dafs er sie unberührt liefs. — 708 in Zuneigung, aber nicht minne. — 711 des Attraction für daz. Vgl. III, 366. — 712 vgl. III, 1707. — 714 vlâhten præt. pl. von vlehten stv., verschlingen. — 715 wenn ich es euch sagen darf. — 716 ihm gefiel diese innige Umschlingung. — 717 der alte Minnebrauch, der sich immer wieder erneut. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 215 204 wonte aldâ in beiden mite. in was wol und niht ze wê. nu hoeret ouch wie Clamidê in krefteclîcher hérvárt mit maeren ungetroestet wart. sus begúnde im ein knappe sagen, des ors zen sîten was durchslagen. «vor Pelrapeire ûf dem plân ist werdiu rîterschaft getân, scharpf genuoc, von rîters hant. betwungen ist der scheneschant, des heres meister Kingrûn vert géin Artüse dem Britün. die soldier ligent noch vor der stat, do er dannen schiet, als er sie bat; ir und iuwer bêdiu her vindet Pelrapeir mit wer, dort inne ist ein rîter wert, der anders niht wan strîtes gert. iwer sóldier jehent besunder, daz von der tavelrunder diu küneginne habe besant Ithêren von Kukůmerlant: des wâpen kom zer tjoste für und wart getragen nâch prises kür." der künec sprach zem knappen sân « Condwir âmůrs wil mich hân, und ich ir lip unt ir lant. Kíngrün mîn scheneschant mir mit wârheit enbôt, sie gæbn die stat durch hungers nôt, unt daz diu küneginne mir büte ir werden minne.» der knappe erwarp dâ niht wan haz. 725 730 735 740 745 720 750 721 krefteclich adj., stark, gewaltig. — hervart stf., Kriegszug. — 722 mit mœren, durch Nachrichten, die er erhielt. — ungetrœstet = für geuntrœestet partic. von untrœesten, des Trostes berauben, entmuthigen. — 724 durch- slagen, von Sporen: der sehr schnell geritten war. — 729 des heres meister, dem die Obhut und Führung des Heeres anvertraut ist. — 732 wie er es ihnen befahl, als er sich hinweg begab. — 737 besunder, jeder einzelne, alle. — 739 besenden swv., beschicken, holen lassen. — 740 weil Parzival dessen Rüstung trug. — 741 für, aus der Stadt heraus. — 742 in ruhm- voller Weise. — 748 geben, aufgeben, übergeben. — 751 er zog sich durch eine schlimme Nachricht die Ungnade des Königs zu. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 215 204 wonte aldâ in beiden mite. in was wol und niht ze wê. nu hoeret ouch wie Clamidê in krefteclîcher hérvárt mit maeren ungetroestet wart. sus begúnde im ein knappe sagen, des ors zen sîten was durchslagen. «vor Pelrapeire ûf dem plân ist werdiu rîterschaft getân, scharpf genuoc, von rîters hant. betwungen ist der scheneschant, des heres meister Kingrûn vert géin Artüse dem Britün. die soldier ligent noch vor der stat, do er dannen schiet, als er sie bat; ir und iuwer bêdiu her vindet Pelrapeir mit wer, dort inne ist ein rîter wert, der anders niht wan strîtes gert. iwer sóldier jehent besunder, daz von der tavelrunder diu küneginne habe besant Ithêren von Kukůmerlant: des wâpen kom zer tjoste für und wart getragen nâch prises kür." der künec sprach zem knappen sân « Condwir âmůrs wil mich hân, und ich ir lip unt ir lant. Kíngrün mîn scheneschant mir mit wârheit enbôt, sie gæbn die stat durch hungers nôt, unt daz diu küneginne mir büte ir werden minne.» der knappe erwarp dâ niht wan haz. 725 730 735 740 745 720 750 721 krefteclich adj., stark, gewaltig. — hervart stf., Kriegszug. — 722 mit mœren, durch Nachrichten, die er erhielt. — ungetrœstet = für geuntrœestet partic. von untrœesten, des Trostes berauben, entmuthigen. — 724 durch- slagen, von Sporen: der sehr schnell geritten war. — 729 des heres meister, dem die Obhut und Führung des Heeres anvertraut ist. — 732 wie er es ihnen befahl, als er sich hinweg begab. — 737 besunder, jeder einzelne, alle. — 739 besenden swv., beschicken, holen lassen. — 740 weil Parzival dessen Rüstung trug. — 741 für, aus der Stadt heraus. — 742 in ruhm- voller Weise. — 748 geben, aufgeben, übergeben. — 751 er zog sich durch eine schlimme Nachricht die Ungnade des Königs zu. —
Strana 216
216 VIERTES BUCH. der künec mit her reit fürbaz. im kom ein rîter widervaren, der ouch daz ors niht kunde sparen: der sagt' diu selben mære. Clâmidê wart swære fröude und rîterlicher sin: ez dûhte in grôz ungewin. 755 205 Des küneges man ein fürste sprach «Kíngrûnen niemen sach strîtèn für unser manheit: niwan für sich einen er dâ streit. nu lât in sîn ze tôde erslagen: sulen durch daz zwei her verzagen, diz, und enez vor der stat?" sînen hêrrn er trûren lâzen bat: « wir sulen'z noch paz versuochen. wellènt sie wer geruochen, wir geben in noch strîtes vil und bringen'z ûz ir fröuden zil. man und mâge sult ir manen, und suocht die stat mit zwein vanen. wir mugen an der lîten wol ze orse zuo z'in riîten: die porten suochen wir ze fuoz. deiswâr wir tuon in schimphes buoz." den rât gap Galogándrés, der hérzóge von Gippones: der brâht' die búrgaére in nôt, er holt’ och an ir letze 'en tôt. als tet der grâve Nârant, ein fürste ûz Ukerlant, 765 770 775 780 760 753 widervaren stv., entgegenfahren. — 754 vgl. 724. — 756 wart sware, ihm entfiel. — 757 rîterlîcher sin, Muth. — 758 ungewin stm., Verlust, Niederlage. 759 ein Fürst, der Lehnsmann des Königs war. — 761 manheit stf., die Gesammtheit der Mannen. — 763 nehmt auch den Fall an, er sei er- schlagen. — 765 vgl. 731. — 767 wir sulen, wir wollen. — 768 geruochen mit gen. (wer), bedacht sein auf. — 770 ez allgemeines Object: aus der Grenze ihrer Freude: wir bringen es dahin dafs ihre Freude ein Ende nimmt. — 772 suochen swv., angreifen. — 773 lîte swf., Bergabhang, Halde. — 774 zuo z'in, auf sie zu, los. — 776 schimph stm., Spiel, namentlich Kampfspiel. — 780 holn swv., erwerben, finden. — 'en = den. — 781 als tet, ebenso that, d. h. fand den Tod. — 782 Ukerlant und Ukerse, IV, 930 : in beiden Namen scheint der erste Theil durch Entstellung aus utre = ultre zu erklären: Ukerlant, Ukersé = oltre lande, oltre mer. —
216 VIERTES BUCH. der künec mit her reit fürbaz. im kom ein rîter widervaren, der ouch daz ors niht kunde sparen: der sagt' diu selben mære. Clâmidê wart swære fröude und rîterlicher sin: ez dûhte in grôz ungewin. 755 205 Des küneges man ein fürste sprach «Kíngrûnen niemen sach strîtèn für unser manheit: niwan für sich einen er dâ streit. nu lât in sîn ze tôde erslagen: sulen durch daz zwei her verzagen, diz, und enez vor der stat?" sînen hêrrn er trûren lâzen bat: « wir sulen'z noch paz versuochen. wellènt sie wer geruochen, wir geben in noch strîtes vil und bringen'z ûz ir fröuden zil. man und mâge sult ir manen, und suocht die stat mit zwein vanen. wir mugen an der lîten wol ze orse zuo z'in riîten: die porten suochen wir ze fuoz. deiswâr wir tuon in schimphes buoz." den rât gap Galogándrés, der hérzóge von Gippones: der brâht' die búrgaére in nôt, er holt’ och an ir letze 'en tôt. als tet der grâve Nârant, ein fürste ûz Ukerlant, 765 770 775 780 760 753 widervaren stv., entgegenfahren. — 754 vgl. 724. — 756 wart sware, ihm entfiel. — 757 rîterlîcher sin, Muth. — 758 ungewin stm., Verlust, Niederlage. 759 ein Fürst, der Lehnsmann des Königs war. — 761 manheit stf., die Gesammtheit der Mannen. — 763 nehmt auch den Fall an, er sei er- schlagen. — 765 vgl. 731. — 767 wir sulen, wir wollen. — 768 geruochen mit gen. (wer), bedacht sein auf. — 770 ez allgemeines Object: aus der Grenze ihrer Freude: wir bringen es dahin dafs ihre Freude ein Ende nimmt. — 772 suochen swv., angreifen. — 773 lîte swf., Bergabhang, Halde. — 774 zuo z'in, auf sie zu, los. — 776 schimph stm., Spiel, namentlich Kampfspiel. — 780 holn swv., erwerben, finden. — 'en = den. — 781 als tet, ebenso that, d. h. fand den Tod. — 782 Ukerlant und Ukerse, IV, 930 : in beiden Namen scheint der erste Theil durch Entstellung aus utre = ultre zu erklären: Ukerlant, Ukersé = oltre lande, oltre mer. —
Strana 217
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 217 206 und manec wert armman, den man tôten truoc her dan. nu hoert ein ander mæere, wie die búrgare ir letze tâten goume. sie nâmen lange boume und stiezen starke stecken drîn (daz gap den súochâren pîn), mit seilen sie die hiengen: die rónen in réderen giengen. daz was geprüevet allez, ê sie suochte sturmes Clâmidê, nâch Kingrûnes schumpfentiur. och kom in heidensch wilde fiur mit der spise in daz lant. daz ûzer antwerc wart verbrant: ir ebenhohe und ir mangen, swaz uf rederen kom gegangen, igele, katzen in den graben, die kunde’z fiwer hin dan wol schaben. 785 790 795 800 Kingrůn schéneschant was komen ze Britâne in daz lant und vant den künec Artûs in Prizljân zem weidehûs: daz was geheizen Karminâl. dô warp er als in Parzivâl gevangenn hete dar gesant. froun Cunnewâren de Lalant brâhte er sîne sicherheit. diu juncfrouwe was gemeit, daz mit triuwen klagete ir nôt 805 810 783 armman stm., Dienstmann. — 784 her dan, hinweg. — 787 goume (stf.) tuon, Acht haben auf etwas (gen.), das Augenmerk richten. — 789 stecke stm., Pfahl. — 790 suochare stm., Angreifer: machte ihnen Noth. — 792 die ronen sind die boume 788. Bewegten sich auf Rädern. — 794 sturmes adv. gen., im Angriff, mit Berennung. — 796 heidensch: gemeint ist das grie- chische Feuer. — wilde adj., wunderbar. — 797 mit den beiden beladenen Schiffen, die V. 628 erwähnt waren. — 798 antwerc stn., Belagerungs- maschine: in collectivem Sinne. — daz ûzer, der Belagerer. — 799 eben- hœhe stf., Belagerungsmaschine von gleicher Höhe mit der Mauer. — mange swf., Wurfmaschine, um Steine zu schleudern. — 801 igel stm., ebenfalls eine Belagerungsmaschine. — katze swf., Mauerbrecher. — 802 hi. dan schaben, wegrasieren, vernichten. 806 zem, in dem. — 808 warp er als, richtete er es aus wie, gemäſs den Bedingungen, unter welchen. — 813 mit triuwen, aufrichtig. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 217 206 und manec wert armman, den man tôten truoc her dan. nu hoert ein ander mæere, wie die búrgare ir letze tâten goume. sie nâmen lange boume und stiezen starke stecken drîn (daz gap den súochâren pîn), mit seilen sie die hiengen: die rónen in réderen giengen. daz was geprüevet allez, ê sie suochte sturmes Clâmidê, nâch Kingrûnes schumpfentiur. och kom in heidensch wilde fiur mit der spise in daz lant. daz ûzer antwerc wart verbrant: ir ebenhohe und ir mangen, swaz uf rederen kom gegangen, igele, katzen in den graben, die kunde’z fiwer hin dan wol schaben. 785 790 795 800 Kingrůn schéneschant was komen ze Britâne in daz lant und vant den künec Artûs in Prizljân zem weidehûs: daz was geheizen Karminâl. dô warp er als in Parzivâl gevangenn hete dar gesant. froun Cunnewâren de Lalant brâhte er sîne sicherheit. diu juncfrouwe was gemeit, daz mit triuwen klagete ir nôt 805 810 783 armman stm., Dienstmann. — 784 her dan, hinweg. — 787 goume (stf.) tuon, Acht haben auf etwas (gen.), das Augenmerk richten. — 789 stecke stm., Pfahl. — 790 suochare stm., Angreifer: machte ihnen Noth. — 792 die ronen sind die boume 788. Bewegten sich auf Rädern. — 794 sturmes adv. gen., im Angriff, mit Berennung. — 796 heidensch: gemeint ist das grie- chische Feuer. — wilde adj., wunderbar. — 797 mit den beiden beladenen Schiffen, die V. 628 erwähnt waren. — 798 antwerc stn., Belagerungs- maschine: in collectivem Sinne. — daz ûzer, der Belagerer. — 799 eben- hœhe stf., Belagerungsmaschine von gleicher Höhe mit der Mauer. — mange swf., Wurfmaschine, um Steine zu schleudern. — 801 igel stm., ebenfalls eine Belagerungsmaschine. — katze swf., Mauerbrecher. — 802 hi. dan schaben, wegrasieren, vernichten. 806 zem, in dem. — 808 warp er als, richtete er es aus wie, gemäſs den Bedingungen, unter welchen. — 813 mit triuwen, aufrichtig. —
Strana 218
218 VIERTES BUCH. 207 den man dâ hiez der rîter rôt. über ál diz mare wart vernomen. dô was ouch für den künec komen der betwungene werde man. im unt der mässenîe sân sagete er waz in was enboten. Keie èrschrac únd begunde roten: dô sprach er «bistu'z Kingrůn? âvoy wie manegen Britün hât énschumpfierét dîn hant, du Clâmidês scheneschant! wirt mir din meister niemer holt, dîns amts du doch geniezen solt: der kezzel ist uns undertân, mir hie unt dir ze Brandigân. hilf mir durch dine werdekeit Cunnewâren hulde umb' krapfen breit." er bôt ir anders wandels niht. die rede lât sîn, hoert waz geschiht dâ wir diz mæere liezen ê. für Pelrapeir kom Clâmidê. dane wart grôz stürmen niht vermiten: die inren mit den ûzern striten. sie heten trôst unde kraft, man vant die helde werhaft: dâ von behabeten sie daz wal. ir landes hêrre Parzivâl streit den sînen verre vor: dâ stuonden offen gar diu tor. mit slegen er die arme erswanc, sîn swert durch herte helme erklanc. 820 825 830 835 840 815 814 der rîter; vgl. zu I, 381. — 820 roten swv., roth werden. — 821 e2 ist für uns überflüssig; im Mhd. wird zwischen das Verb. subst. und den Prädicatbegriff gewöhnlich ez eingeschoben. — 825 dîn meister, der deiner Herr geworden ist: Parzival. — 826 du sollst doch Nutzen von deinem Amte haben. — 827 als Seneschall hatte er auch die Aufsicht über das Küchengesinde. — 829 so wahr du ein werther Mann bist. — 830 hulde ist gen., von hilf abhängig: verhilf mir zu Cunnewarens Huld. — umb' be- zeichnet den Preis, um den er ihre Huld zu erringen hofft. — krapfen breit, grofse Krapfen; durch dies leckere Gebäck (zu IV, 163) hoffte er sich Cunnewaren zu versöhnen: dazu soll ihm Kingrun helfen, der eben- falls in der Küche gut Bescheid weiſs. — 831 wandel, Ersatz, Vergütung: keine andere Genugthuung. — 833 wo wir die Erzählung abbrachen. V. 802. — 835 stürmen swv., Sturm laufen, berennen. — 837 trôst stm. Zuversicht, Muth. — 841 stritt ganz vorn an der Spitze der Seinen. — 842 sie machten durch alle Thore einen Ausfall. — 843 erswingen stv., in die Höhe schwingen. —
218 VIERTES BUCH. 207 den man dâ hiez der rîter rôt. über ál diz mare wart vernomen. dô was ouch für den künec komen der betwungene werde man. im unt der mässenîe sân sagete er waz in was enboten. Keie èrschrac únd begunde roten: dô sprach er «bistu'z Kingrůn? âvoy wie manegen Britün hât énschumpfierét dîn hant, du Clâmidês scheneschant! wirt mir din meister niemer holt, dîns amts du doch geniezen solt: der kezzel ist uns undertân, mir hie unt dir ze Brandigân. hilf mir durch dine werdekeit Cunnewâren hulde umb' krapfen breit." er bôt ir anders wandels niht. die rede lât sîn, hoert waz geschiht dâ wir diz mæere liezen ê. für Pelrapeir kom Clâmidê. dane wart grôz stürmen niht vermiten: die inren mit den ûzern striten. sie heten trôst unde kraft, man vant die helde werhaft: dâ von behabeten sie daz wal. ir landes hêrre Parzivâl streit den sînen verre vor: dâ stuonden offen gar diu tor. mit slegen er die arme erswanc, sîn swert durch herte helme erklanc. 820 825 830 835 840 815 814 der rîter; vgl. zu I, 381. — 820 roten swv., roth werden. — 821 e2 ist für uns überflüssig; im Mhd. wird zwischen das Verb. subst. und den Prädicatbegriff gewöhnlich ez eingeschoben. — 825 dîn meister, der deiner Herr geworden ist: Parzival. — 826 du sollst doch Nutzen von deinem Amte haben. — 827 als Seneschall hatte er auch die Aufsicht über das Küchengesinde. — 829 so wahr du ein werther Mann bist. — 830 hulde ist gen., von hilf abhängig: verhilf mir zu Cunnewarens Huld. — umb' be- zeichnet den Preis, um den er ihre Huld zu erringen hofft. — krapfen breit, grofse Krapfen; durch dies leckere Gebäck (zu IV, 163) hoffte er sich Cunnewaren zu versöhnen: dazu soll ihm Kingrun helfen, der eben- falls in der Küche gut Bescheid weiſs. — 831 wandel, Ersatz, Vergütung: keine andere Genugthuung. — 833 wo wir die Erzählung abbrachen. V. 802. — 835 stürmen swv., Sturm laufen, berennen. — 837 trôst stm. Zuversicht, Muth. — 841 stritt ganz vorn an der Spitze der Seinen. — 842 sie machten durch alle Thore einen Ausfall. — 843 erswingen stv., in die Höhe schwingen. —
Strana 219
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 219 845 208 swaz er dâ rîter nider sluoc, die funden árbéit genuoc: die kunde man sie lêren zer halsperge gêren: die burgær tâten râche schîn, si erstâchen sie zen slitzen în. Parzivâl in werte daz. do si drúmbe erhôrten sînen haz, zwéinzc s'ir lebende geviengen ê sie vome strîte giengen. Parzivâl wart wol gewar daz Clâmidê mit sîner schar rîterschaft zen porten meit, unt daz er anderhalben streit. der junge muotes herte kêrte an'z ungeverte; hin umbe begunder gâhen, des küneges vanen nâhen. seht, dô wart Clâmidês solt alrêrst mit schaden dâ geholt. die burgar strîten kunden, sô daz in gar verswunden die herten schilde von der hant. Parzivâles schilt verswant von slegen und von schüzzen. swie wênec si's genüzzen, die suochær die daz sâhen, des prîss s'im alle jâhen. Galogandres truoc den vanen: der kunde'z hér wól mánen: der lag an's küneges sîten tôt. 850 855 860 865 870 875 847 die sc. arbeit, verstand man sie zu lehren, lernten sie kennen. 848 gêre swm., der keilförmig geschnittene untere Theil eines Kleidungs- stückes, Schoßs : hier hatten die Halsberge Schlitze (850). und durch diese stachen die Bürger die gestürzten Ritter todt. — zer = ze der, in der. — 852 als sie vernahmen, daß er darüber unwillig war. — 853 zweinzc = zweinzec, zwanzig. 857 den Kampf an den Thoren mied. — 858 anderhalben, auf der andern Seite: die von den Thoren am entferntesten war. — 860 schlug unweg- same Pfade ein und umgieng das Heer, sodafs er dem König in den Rücken fiel. — 862 vanen ist sing., der Fahne des Königs: er drang in dessen un- mittelbare Nähe. — 864 die im Dienste und Solde des Königs standen, litten großen Schaden. — 866 verswunden, zerhauen wurden: die Schilde waren von Holz. — 867 von der hant, von der Hand weg, welche den Schild hielt. — 870 wie wenig Nutzen sie auch von seiner Tapferkeit hatten. — 874 der verstand das Heer wohl anzufeuern. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 219 845 208 swaz er dâ rîter nider sluoc, die funden árbéit genuoc: die kunde man sie lêren zer halsperge gêren: die burgær tâten râche schîn, si erstâchen sie zen slitzen în. Parzivâl in werte daz. do si drúmbe erhôrten sînen haz, zwéinzc s'ir lebende geviengen ê sie vome strîte giengen. Parzivâl wart wol gewar daz Clâmidê mit sîner schar rîterschaft zen porten meit, unt daz er anderhalben streit. der junge muotes herte kêrte an'z ungeverte; hin umbe begunder gâhen, des küneges vanen nâhen. seht, dô wart Clâmidês solt alrêrst mit schaden dâ geholt. die burgar strîten kunden, sô daz in gar verswunden die herten schilde von der hant. Parzivâles schilt verswant von slegen und von schüzzen. swie wênec si's genüzzen, die suochær die daz sâhen, des prîss s'im alle jâhen. Galogandres truoc den vanen: der kunde'z hér wól mánen: der lag an's küneges sîten tôt. 850 855 860 865 870 875 847 die sc. arbeit, verstand man sie zu lehren, lernten sie kennen. 848 gêre swm., der keilförmig geschnittene untere Theil eines Kleidungs- stückes, Schoßs : hier hatten die Halsberge Schlitze (850). und durch diese stachen die Bürger die gestürzten Ritter todt. — zer = ze der, in der. — 852 als sie vernahmen, daß er darüber unwillig war. — 853 zweinzc = zweinzec, zwanzig. 857 den Kampf an den Thoren mied. — 858 anderhalben, auf der andern Seite: die von den Thoren am entferntesten war. — 860 schlug unweg- same Pfade ein und umgieng das Heer, sodafs er dem König in den Rücken fiel. — 862 vanen ist sing., der Fahne des Königs: er drang in dessen un- mittelbare Nähe. — 864 die im Dienste und Solde des Königs standen, litten großen Schaden. — 866 verswunden, zerhauen wurden: die Schilde waren von Holz. — 867 von der hant, von der Hand weg, welche den Schild hielt. — 870 wie wenig Nutzen sie auch von seiner Tapferkeit hatten. — 874 der verstand das Heer wohl anzufeuern. —
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220 VIERTES BUCH. Clâmidê kom selbe in nôt: im und den sînen wart dâ wê. den sturm verbôt dô Clâmidè. die burgæer manheite wîs behielten frumen unt den prîs. 880 209 Parzivâl der werde degen hiez der gevangen schône pflegen unz an den dritten morgen. daz ûzer her pflac sorgen. der junge stolze wirt gemeit nam der gevangen sicherheit: er sprach «als ich'z iu enbiute, komt wider, guoten liute." ir harnasch er behalden bat: in’z her sie kêrten für die stat. swie sie wærn von trünken rôt, die ûzeren sprâchen «hungers nôt habt ir gedolt, ir armen." «lât iuch uns niht erbarmen", sprach diu gevangene rîterschaft. «dort inne ist spîse alsölhiu kraft, wolt ir hie ligen noch ein jâr, si behielten iuch mit in für wâr. de künegin hât den schoensten man der schildes ambet ie gewan. er mac wol sin von hôher art : aller rîter êre ist z'im bewart." dô diz erhôrte Clâmidê, alrêrst tet im sîn arbeit wê. boten sander wider in, und enbôt, swer bî der künegin dâ gelegen wæere, 885 890 895 900 905 877 wart wê, sie erlitten grofse Noth. — 878 er befahl den Seinen sich zurückzuziehen. — 879 die sich auf Mannheit verstanden. — 880 frume swm., Nutzen. 882 gevangen = gevangenen, aber meist in synkopierter Form; vgl. 809. — 884 sorgen gen. pl., hatte Sorgen. — 886 sicherheit stf., Zusicherung, dafs sie sich wieder stellen würden: er entliefs sie auf ihr Wort hin. — 889 behalden stv., aufbewahren, aufheben. — 890 ins Heer der Belagerer. — 891 trünken dat. pl. von trunc. — 894 mit uns braucht ihr kein Mitleid zu haben. — 897 wolt = woltet. — 898 sie könnten euch aufser sich selbst noch ein Jahr lang bewirthen. — 902 z’im bewart, bei ihm wohl aufge- hoben. — 904 da erst recht schmerzte ihn die vergebens aufgewendete Mühe. — 905 în, in die Stadt hinein. —
220 VIERTES BUCH. Clâmidê kom selbe in nôt: im und den sînen wart dâ wê. den sturm verbôt dô Clâmidè. die burgæer manheite wîs behielten frumen unt den prîs. 880 209 Parzivâl der werde degen hiez der gevangen schône pflegen unz an den dritten morgen. daz ûzer her pflac sorgen. der junge stolze wirt gemeit nam der gevangen sicherheit: er sprach «als ich'z iu enbiute, komt wider, guoten liute." ir harnasch er behalden bat: in’z her sie kêrten für die stat. swie sie wærn von trünken rôt, die ûzeren sprâchen «hungers nôt habt ir gedolt, ir armen." «lât iuch uns niht erbarmen", sprach diu gevangene rîterschaft. «dort inne ist spîse alsölhiu kraft, wolt ir hie ligen noch ein jâr, si behielten iuch mit in für wâr. de künegin hât den schoensten man der schildes ambet ie gewan. er mac wol sin von hôher art : aller rîter êre ist z'im bewart." dô diz erhôrte Clâmidê, alrêrst tet im sîn arbeit wê. boten sander wider in, und enbôt, swer bî der künegin dâ gelegen wæere, 885 890 895 900 905 877 wart wê, sie erlitten grofse Noth. — 878 er befahl den Seinen sich zurückzuziehen. — 879 die sich auf Mannheit verstanden. — 880 frume swm., Nutzen. 882 gevangen = gevangenen, aber meist in synkopierter Form; vgl. 809. — 884 sorgen gen. pl., hatte Sorgen. — 886 sicherheit stf., Zusicherung, dafs sie sich wieder stellen würden: er entliefs sie auf ihr Wort hin. — 889 behalden stv., aufbewahren, aufheben. — 890 ins Heer der Belagerer. — 891 trünken dat. pl. von trunc. — 894 mit uns braucht ihr kein Mitleid zu haben. — 897 wolt = woltet. — 898 sie könnten euch aufser sich selbst noch ein Jahr lang bewirthen. — 902 z’im bewart, bei ihm wohl aufge- hoben. — 904 da erst recht schmerzte ihn die vergebens aufgewendete Mühe. — 905 în, in die Stadt hinein. —
Strana 221
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 221 «ist er kampfes bære sô daz s'in dâ für hât erkant daz er ir lîp und ir lant mir mit kampfe türre weren, sô si ein fride von bêden heren.» 910 Parzivâl des wart al vrô, daz im diu bótescháft alsô gein sîn éines kampfe was gesaget. dô sprach der junge unverzaget «dâ für si mîn triuwe pfant, des inren hers dechein hant 210 kumet durch mîne nôt ze wer.» zwischem gráben und dem ûzern her wart gestætet dirre vride. dô wâpnden sich die kampfes smide. dô saz der künec von Brandigân ûf ein gewâpent kastelân: daz was geheizen Guverjorz. von sîme neven Grîgorz, dem künec von Ipotente, mit rîcher prisénte was ez komen Clâmidê norden über den Ukersê. ez brâhte der grâve Nârant, und dar zuo tûsent sárjánt mit hárnásche, al sunder schilt. den was ir solt alsus gezilt, volleclîchen zwei jâr, ob d'âventiure sagt al wâr. Grigorz im sande rîter kluoc, fünf hundert: ieslîcher truoc 915 920 925 930 935 908 btere adj. (zu bern), tragend, in sich tragend: zum Zweikampf be- fähigt. — 909 dà für, als einen solchen. — hât erkant, kennen gelernt hat. — 911 mir weren, gegen mich vertheidigen. — 912 bêden heren; vgl. 733. 913 al vrô, durchaus froh, von Herzen froh. — 915 gein, mit Bezug auf. — 917 dafür setze ich mein Versprechen, mein Wort als Bürgschaft. — 919 um mir im Kampfe beizustehen, soll sich niemand bewaffnen. — 920 zwischem = zwischen dem. — 921 staten swv., fest machen. — vride stm., Waffenstillstand. — 922 mit Schmieden werden die Kämpfenden oft verglichen; zu Stricker's Karl 5124. — 926 Grigorz, Gregor, mit franz. nomin. Endung. — 928 prisente stf., Geschenk: was prisent (II, 550). — 929 Clâmidé ist dat. — 931 Narant; vgl. 781. — 934 alsus, in dieser Weise: mit Bezug auf die folgende Zeile. — ziln swv., bestimmen, zumessen. — 936 d' = de, geschwächt aus diu (I, 272). —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 221 «ist er kampfes bære sô daz s'in dâ für hât erkant daz er ir lîp und ir lant mir mit kampfe türre weren, sô si ein fride von bêden heren.» 910 Parzivâl des wart al vrô, daz im diu bótescháft alsô gein sîn éines kampfe was gesaget. dô sprach der junge unverzaget «dâ für si mîn triuwe pfant, des inren hers dechein hant 210 kumet durch mîne nôt ze wer.» zwischem gráben und dem ûzern her wart gestætet dirre vride. dô wâpnden sich die kampfes smide. dô saz der künec von Brandigân ûf ein gewâpent kastelân: daz was geheizen Guverjorz. von sîme neven Grîgorz, dem künec von Ipotente, mit rîcher prisénte was ez komen Clâmidê norden über den Ukersê. ez brâhte der grâve Nârant, und dar zuo tûsent sárjánt mit hárnásche, al sunder schilt. den was ir solt alsus gezilt, volleclîchen zwei jâr, ob d'âventiure sagt al wâr. Grigorz im sande rîter kluoc, fünf hundert: ieslîcher truoc 915 920 925 930 935 908 btere adj. (zu bern), tragend, in sich tragend: zum Zweikampf be- fähigt. — 909 dà für, als einen solchen. — hât erkant, kennen gelernt hat. — 911 mir weren, gegen mich vertheidigen. — 912 bêden heren; vgl. 733. 913 al vrô, durchaus froh, von Herzen froh. — 915 gein, mit Bezug auf. — 917 dafür setze ich mein Versprechen, mein Wort als Bürgschaft. — 919 um mir im Kampfe beizustehen, soll sich niemand bewaffnen. — 920 zwischem = zwischen dem. — 921 staten swv., fest machen. — vride stm., Waffenstillstand. — 922 mit Schmieden werden die Kämpfenden oft verglichen; zu Stricker's Karl 5124. — 926 Grigorz, Gregor, mit franz. nomin. Endung. — 928 prisente stf., Geschenk: was prisent (II, 550). — 929 Clâmidé ist dat. — 931 Narant; vgl. 781. — 934 alsus, in dieser Weise: mit Bezug auf die folgende Zeile. — ziln swv., bestimmen, zumessen. — 936 d' = de, geschwächt aus diu (I, 272). —
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2 222 VIERTES BUCH. helm ûf houbt gebunden; die wol mit strîte kunden. dô hete Clâmidês here ûf dem lande und in dem mere Pelrapeire alsô belegen, die burgar muosen kumbers pflegen. 940 Uz kom geriten Parzivâl an daz urteillîche wal, dâ got erzeigen solde óber im lâzen wolde 211 des künec Tampenteires parn. stólzlîche er kom gevarn, niwan áls dez ors den walap vor der rábbîne gap. daz was gewâpent wol für nôt: von sámîte ein decke rôt lag uf der iserînen. an im sélben liez er schînen rôt schílt, rôt kúrsît. Clâmidê erhuop den strît. kurz ein unbesniten sper brâht’ er durch tjoste vellen her, dâ mite er nam den poinder lanc. Guverjorz mit hurte spranc. wol dâ gétjostieret wart von den zwein jungen âne bart sunder fâlieren. von liuten noch von tieren wart nie gestriten herter kampf. ietweder ors von müede tampf. sus heten sie gevohten, daz diu órs niht mêre enmohten: 950 955 960 965 945 970 940 die sich wohl auf Streit verstanden. — 943 beligen stv., belagernd ein- schließen. 946 urteillîch adj., entscheidend: auf den Kampfplatz, auf welchem die Entscheidung stattfinden sollte. — 949 parn stn. = barn, Kind. — 951 noch nicht im schnellsten Anlauf (rabbîne), sondern im walap, den das Ross anschlug. — 953 für nôt, zum Schutz gegen den Kampf. — 959 kurz ge- hört ebenfalls zu sper und kann durch einen Relativsatz aufgelöst wer- den. — unbesniten, ungeglättet: der Schaft in seiner natürlichen Gestalt, wie er vom Baume kam. — 960 durch tjoste vellen, um im Anrennen den Gegner damit niederzuwerfen. — 961 er nahm einen weiten Anlauf. — 962 mit hurte, losstürmend. — 965 fâlieren swv., vom franz. faillir, ver- fehlen. — 968 tampf præt. von dimpfen, timpfen stv., dampfen, rauchen. - von müede, von der Anstrengung. —
2 222 VIERTES BUCH. helm ûf houbt gebunden; die wol mit strîte kunden. dô hete Clâmidês here ûf dem lande und in dem mere Pelrapeire alsô belegen, die burgar muosen kumbers pflegen. 940 Uz kom geriten Parzivâl an daz urteillîche wal, dâ got erzeigen solde óber im lâzen wolde 211 des künec Tampenteires parn. stólzlîche er kom gevarn, niwan áls dez ors den walap vor der rábbîne gap. daz was gewâpent wol für nôt: von sámîte ein decke rôt lag uf der iserînen. an im sélben liez er schînen rôt schílt, rôt kúrsît. Clâmidê erhuop den strît. kurz ein unbesniten sper brâht’ er durch tjoste vellen her, dâ mite er nam den poinder lanc. Guverjorz mit hurte spranc. wol dâ gétjostieret wart von den zwein jungen âne bart sunder fâlieren. von liuten noch von tieren wart nie gestriten herter kampf. ietweder ors von müede tampf. sus heten sie gevohten, daz diu órs niht mêre enmohten: 950 955 960 965 945 970 940 die sich wohl auf Streit verstanden. — 943 beligen stv., belagernd ein- schließen. 946 urteillîch adj., entscheidend: auf den Kampfplatz, auf welchem die Entscheidung stattfinden sollte. — 949 parn stn. = barn, Kind. — 951 noch nicht im schnellsten Anlauf (rabbîne), sondern im walap, den das Ross anschlug. — 953 für nôt, zum Schutz gegen den Kampf. — 959 kurz ge- hört ebenfalls zu sper und kann durch einen Relativsatz aufgelöst wer- den. — unbesniten, ungeglättet: der Schaft in seiner natürlichen Gestalt, wie er vom Baume kam. — 960 durch tjoste vellen, um im Anrennen den Gegner damit niederzuwerfen. — 961 er nahm einen weiten Anlauf. — 962 mit hurte, losstürmend. — 965 fâlieren swv., vom franz. faillir, ver- fehlen. — 968 tampf præt. von dimpfen, timpfen stv., dampfen, rauchen. - von müede, von der Anstrengung. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 223 212 dô sturzten sie dar under, ensamet, niht besunder. ir ietwedere des geruochte, daz er'z fiwer im helme suochte. sine mohten vîrens niht gepflegen, in was ze werke aldâ gegeben. do zerstúben in die schilde, als der mit schimpfe spilde und vederen würfe in den wint. dennóch was Gahmuretes kint niender müede an keinem lide. dô wânde Clâmidê, der vride waere gebrochen ûz der stat: sînen kampfgenôz er bat daz er sich selben êrte und mangen würfe werte. ez giengen ûf in slege grôz: die warn wol mangen steins genôz. sus antwurt’ im des landes wirt. "ich wæn’ dich mangen wurf verbirt : wan dâ für ist mîn triuwe pfant. hétest et vride von mîner hant, dir enbræeche mangen swenkel brust houbet noch den schenkel.» Clâmidê dranc müede zuo : diu was im dennoch gar ze fruo. sige gewunnen, sige verloren, wart sunder dâ mit strîte erkoren. 975 980 985 990 995 971 dar under, unter den Rittern. — 972 ensamet, zusammen, zu gleicher Zeit, nicht einzeln. — 974 daß er Feuer aus dem Helme herauszulocken suchte: durch seine Schläge. — 975 vîren swv., feiern, müßsig sein. — 976 ze werke geben, zu thun geben. — 977 zerstieben stv.; auseinander stie- ben, in Stücke fliegen. — 978 als der, wie wenn jemand. — mit schimpfe, scherzend, zum Spaſs. — 980 dennoch, noch. — 982 vgl. 921; daß niemand an dem Kampfe sich betheiligen sollte. — 983 ûz der stat, aus der Stadt heraus, von seiten der Stadt. — 984 kampfgenôz stm., Theilhaber am Kampfe, im freundlichen wie im feindlichen Sinne. — 985 sich êrte; zu IV, 437. — 986 denselben Gedanken hatte schon Kingrun beim Kampfe mit Parzival ausgesprochen; vgl. IV, 552. — 988 genôz wesen mit gen., einem Dinge gleich sein. — 991 vgl. 917. — 992 wenn nur meine Hand dir Frie- den gäbe, dich verschonte, vor den Wurfmaschinen in der Stadt brauchst du keine Angst zu haben. — 993 swenkel stm., Vorrichtung zum Schleu- dern: Schwengel. 995 Clâmidé ist dat.; Müdigkeit überwältigte ihn, setzte ihm zu. — 997 sige, sic stm., Sieg ; beider Formen, wie die Reime zeigen, bediente sich der Dichter; jene ist die ältere. Wer den Sieg gewann und verlor, das wurde da vermittelst des Streites im einzelnen genau entschieden. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 223 212 dô sturzten sie dar under, ensamet, niht besunder. ir ietwedere des geruochte, daz er'z fiwer im helme suochte. sine mohten vîrens niht gepflegen, in was ze werke aldâ gegeben. do zerstúben in die schilde, als der mit schimpfe spilde und vederen würfe in den wint. dennóch was Gahmuretes kint niender müede an keinem lide. dô wânde Clâmidê, der vride waere gebrochen ûz der stat: sînen kampfgenôz er bat daz er sich selben êrte und mangen würfe werte. ez giengen ûf in slege grôz: die warn wol mangen steins genôz. sus antwurt’ im des landes wirt. "ich wæn’ dich mangen wurf verbirt : wan dâ für ist mîn triuwe pfant. hétest et vride von mîner hant, dir enbræeche mangen swenkel brust houbet noch den schenkel.» Clâmidê dranc müede zuo : diu was im dennoch gar ze fruo. sige gewunnen, sige verloren, wart sunder dâ mit strîte erkoren. 975 980 985 990 995 971 dar under, unter den Rittern. — 972 ensamet, zusammen, zu gleicher Zeit, nicht einzeln. — 974 daß er Feuer aus dem Helme herauszulocken suchte: durch seine Schläge. — 975 vîren swv., feiern, müßsig sein. — 976 ze werke geben, zu thun geben. — 977 zerstieben stv.; auseinander stie- ben, in Stücke fliegen. — 978 als der, wie wenn jemand. — mit schimpfe, scherzend, zum Spaſs. — 980 dennoch, noch. — 982 vgl. 921; daß niemand an dem Kampfe sich betheiligen sollte. — 983 ûz der stat, aus der Stadt heraus, von seiten der Stadt. — 984 kampfgenôz stm., Theilhaber am Kampfe, im freundlichen wie im feindlichen Sinne. — 985 sich êrte; zu IV, 437. — 986 denselben Gedanken hatte schon Kingrun beim Kampfe mit Parzival ausgesprochen; vgl. IV, 552. — 988 genôz wesen mit gen., einem Dinge gleich sein. — 991 vgl. 917. — 992 wenn nur meine Hand dir Frie- den gäbe, dich verschonte, vor den Wurfmaschinen in der Stadt brauchst du keine Angst zu haben. — 993 swenkel stm., Vorrichtung zum Schleu- dern: Schwengel. 995 Clâmidé ist dat.; Müdigkeit überwältigte ihn, setzte ihm zu. — 997 sige, sic stm., Sieg ; beider Formen, wie die Reime zeigen, bediente sich der Dichter; jene ist die ältere. Wer den Sieg gewann und verlor, das wurde da vermittelst des Streites im einzelnen genau entschieden. —
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224 VIERTES BUCH. doch wart der künec Clâmidê an schumpfentiur beschouwet ê. mit eime niderzucke von Parzivâles drucke bluot wæte ûz ôrn und ûz der nasen: daz machte rôt den grüenen wasen. er enblôzte im'z houbet schier von helme und von herssenier. gein slage saz dér betwungen lîp. der sigehafte sprach «mîn wip 213 mac nu belîben vor dir vrî. nu lérné waz sterben si.» «neinâ, werder degen balt. dîn êre wirt sus drizecvalt vast' an mir rezeiget, sît du mich hâst geneiget. wâ möht’ dir hoher prîs geschehen? Condwir âmůrs mac wol jehen daz ich der únsælíge bin unt dîn gelücke hât gewin. dîn lant ist erloeset. als der sîn schif eroeset (ez wirt vil deste lihter), mîn gewalt ist sîhter; reht manlîchiu wünne ist worden an mir dünne. durch waz soltstu mich sterben? ich muoz doch laster erben úf alle mîne náchkumen. du hâst den prîs unt den frumen. tuostu mir mêr, deist ân' nôt. ich trage den lébendigen tôt, sît ich von ir gescheiden bin, 1005 1010 1015 1020 1025 1000 1030 1001 niderzuc stm., Niederreissen, Zubodenreissen. — 1003 wœte: dem König Clamide. — 1004 wase swm., Rasen. — 1006 herssenier, dasselbe was här- senier (II, 513). — 1007 gein, in Erwartung von: des Schlages gewärtig. — lip, Umschreibung der Person. — 1011 neinâ, abwehrend: nicht doch, nicht so! — 1012 sus, so schon. — 1013 rezeigen swv. = erzeigen, darthun, beweisen. Deine Ehre erweist sich an mir, durch meine Besiegung, dreißsigfach gröfser als bisher. — 1017 unsœlic adj., zum Unglück bestimmt. — 1020 wie wenn jemand. — erœsen swv., ausleeren, das Wasser aus- schöpfen. — 1021 um so viel leichter. — 1025 durch waz, warum, zu welchem Zwecke. — sterben swv., sterben machen, tödten. — 1029 dazu zwingt dich nichts. — 1030 den lebendigen tôt, den Tod im Leben: ich bin todt, wiewohl ich lebe, weil mein Lebensglück zerstört ist. —
224 VIERTES BUCH. doch wart der künec Clâmidê an schumpfentiur beschouwet ê. mit eime niderzucke von Parzivâles drucke bluot wæte ûz ôrn und ûz der nasen: daz machte rôt den grüenen wasen. er enblôzte im'z houbet schier von helme und von herssenier. gein slage saz dér betwungen lîp. der sigehafte sprach «mîn wip 213 mac nu belîben vor dir vrî. nu lérné waz sterben si.» «neinâ, werder degen balt. dîn êre wirt sus drizecvalt vast' an mir rezeiget, sît du mich hâst geneiget. wâ möht’ dir hoher prîs geschehen? Condwir âmůrs mac wol jehen daz ich der únsælíge bin unt dîn gelücke hât gewin. dîn lant ist erloeset. als der sîn schif eroeset (ez wirt vil deste lihter), mîn gewalt ist sîhter; reht manlîchiu wünne ist worden an mir dünne. durch waz soltstu mich sterben? ich muoz doch laster erben úf alle mîne náchkumen. du hâst den prîs unt den frumen. tuostu mir mêr, deist ân' nôt. ich trage den lébendigen tôt, sît ich von ir gescheiden bin, 1005 1010 1015 1020 1025 1000 1030 1001 niderzuc stm., Niederreissen, Zubodenreissen. — 1003 wœte: dem König Clamide. — 1004 wase swm., Rasen. — 1006 herssenier, dasselbe was här- senier (II, 513). — 1007 gein, in Erwartung von: des Schlages gewärtig. — lip, Umschreibung der Person. — 1011 neinâ, abwehrend: nicht doch, nicht so! — 1012 sus, so schon. — 1013 rezeigen swv. = erzeigen, darthun, beweisen. Deine Ehre erweist sich an mir, durch meine Besiegung, dreißsigfach gröfser als bisher. — 1017 unsœlic adj., zum Unglück bestimmt. — 1020 wie wenn jemand. — erœsen swv., ausleeren, das Wasser aus- schöpfen. — 1021 um so viel leichter. — 1025 durch waz, warum, zu welchem Zwecke. — sterben swv., sterben machen, tödten. — 1029 dazu zwingt dich nichts. — 1030 den lebendigen tôt, den Tod im Leben: ich bin todt, wiewohl ich lebe, weil mein Lebensglück zerstört ist. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 2 225 diu mir herze unde sin ie mit ir gewalt beslôz, unt ich des nie gein ir genôz. des muoz ich únsâlic man ir lib ir lant dir ledec lân.» 1035 214 Dô dâhte der den sige hât sân an Gurnemanzes rât, daz ellenthafter manheit erbärme solte sîn bereit. sus volget' er dem râte nâch: hin ze Clâmidê er sprach «i’ne wil dich niht erlâzen, ir vater, Lîazen, dune bringest im dîn sicherheit.» «neinâ, hêrre, dem hân ich herzeleit getân, ich sluog im sînen sun: dune solt alsô mit mir niht tuon. durch Cóndwîr âmürs vaht ouch mit mir Schentaflůrs: ouch wære ich tôt von sîner hant, wan daz mir half mîn scheneschant. in sande in'z lant ze Brôbarz Gurnemanz de Grâharz mit werdeclîcher heres kraft. dâ tâten guote rîterschaft niun hundert rîter die wol striten (gewâpent ors die alle riten) und fünfzehn hundert sarjant (gewâpent ich se in strite vant: den gebrást niht wan der schilte). sîns heres mich bevilte : 1040 1045 1050 1055 1060 1033 besliezen stv., einschließen: in ihrer Gewalt hatte. — 1034 unt ich; vgl. zu III, 700: wobei ich jedoch gar keinen Nutzen ihr gegenüber hatte. — 1036 ledec, zu freier Verfügung. 1037 = der sigehafte, V. 1008. — 1040 erbärme stf., Erbarmen: zur Seite stehen sollte. Vgl. III, 1671. — 1044 Lîâzen ist gen., Apposition zu ir: von ihr, der Liaße. — vater geht wieder wie so oft der Construction voran und wird durch im aufgenommen. — 1047 sun, nämlich Schentaflurs ; vgl. III. 1855 fg. — 1051 wœre, wäre gewesen. — 1052 wenn mir nicht ge- holfen hätte. Kingrun: daher er III, 1852 als durch beide getödtet be- zeichnet ist. Vgl. IV, 566. — 1061 denen es an nichts als an den Schilden fehlte: der Schild ziemte nur dem Ritter, nicht dem Fuſsknecht. Daher auch die 1000 Knechte (IV, 932) als schildlos bezeichnet werden. — 1062 es schien mir zu groſs. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 15
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 2 225 diu mir herze unde sin ie mit ir gewalt beslôz, unt ich des nie gein ir genôz. des muoz ich únsâlic man ir lib ir lant dir ledec lân.» 1035 214 Dô dâhte der den sige hât sân an Gurnemanzes rât, daz ellenthafter manheit erbärme solte sîn bereit. sus volget' er dem râte nâch: hin ze Clâmidê er sprach «i’ne wil dich niht erlâzen, ir vater, Lîazen, dune bringest im dîn sicherheit.» «neinâ, hêrre, dem hân ich herzeleit getân, ich sluog im sînen sun: dune solt alsô mit mir niht tuon. durch Cóndwîr âmürs vaht ouch mit mir Schentaflůrs: ouch wære ich tôt von sîner hant, wan daz mir half mîn scheneschant. in sande in'z lant ze Brôbarz Gurnemanz de Grâharz mit werdeclîcher heres kraft. dâ tâten guote rîterschaft niun hundert rîter die wol striten (gewâpent ors die alle riten) und fünfzehn hundert sarjant (gewâpent ich se in strite vant: den gebrást niht wan der schilte). sîns heres mich bevilte : 1040 1045 1050 1055 1060 1033 besliezen stv., einschließen: in ihrer Gewalt hatte. — 1034 unt ich; vgl. zu III, 700: wobei ich jedoch gar keinen Nutzen ihr gegenüber hatte. — 1036 ledec, zu freier Verfügung. 1037 = der sigehafte, V. 1008. — 1040 erbärme stf., Erbarmen: zur Seite stehen sollte. Vgl. III, 1671. — 1044 Lîâzen ist gen., Apposition zu ir: von ihr, der Liaße. — vater geht wieder wie so oft der Construction voran und wird durch im aufgenommen. — 1047 sun, nämlich Schentaflurs ; vgl. III. 1855 fg. — 1051 wœre, wäre gewesen. — 1052 wenn mir nicht ge- holfen hätte. Kingrun: daher er III, 1852 als durch beide getödtet be- zeichnet ist. Vgl. IV, 566. — 1061 denen es an nichts als an den Schilden fehlte: der Schild ziemte nur dem Ritter, nicht dem Fuſsknecht. Daher auch die 1000 Knechte (IV, 932) als schildlos bezeichnet werden. — 1062 es schien mir zu groſs. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 15
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226 VIERTES BUCH. 215 ir kom och kûme der sâme wider. mêr hélde flôs ich sider. nu darbe ich fröude und êre. wes gerstu von mir mêre?" «ich wil senften dînen vreisen. var gein den Pritâneisen (dâ vert och vor dir Kingrůn) géin Artůse dem Brítün. dem soltu mînen dienest sagen: bit in daz er mir helfe klagen laster daz ich fuorte dan. ein júncfrówe mich lachte an: daz man die durch mich zeblou, sô sêre mich nie dinc gerou. der selben sage, ez sî mir leit, und bring ir dîne sicherheit sô daz du leistes ir gebot: oder nim alhie den tôt.» «sol daz geteilte gelten, sone wil ich’z niht beschelten:» sus sprach der künec von Brandigân: "ich wil die vart von hinnen hân.» mit gelübdé dô dannen schiet den ê sîn hôchvart verriet. Parzivâl der wîgant gienc da er sîn ors al müede vant. sîn fuoz dar nâher nie gegreif, er sprang drûf âne stegreif, daz alumbe begunden zirben sîn verhouwene schildes schirben. 1070 1075 1080 1085 1065 1090 1063 och Gegensatz: doch. — sâme, die Aussaat; der sprichwörtliche Aus- druck ist der schlechten Ernte entnommen, die kaum die Aussaat ein- trägt. — 1064 mehr als diese Mannen von Gurnemanz. — 1069 dâ, auf diesem Wege, nach Bretagne. — 1073 die Schande, die ich von dort mit fortnahm: durch das Folgende erläutert. — 1075 zebliuwen stv., præt. zeblou, zerschlagen, durchprügeln. — 1076 nie dinc, nie etwas. — geriuwen stv., leid thun. — 1079 in dem Sinne, daß du jeden ihrer Befehle befolgen willst. — 1081 daz geteilte sc. spil: einem ein spil teilen, jemand von zwei Dingen die Wahl lassen. geteiltez spil, franz. jeu partie, eine so vorgelegte Wahl, Dilemma. — 1082 beschelten stv., tadeln : so will ich mir's gefallen lassen. — 1085 mit gelübde, d. h. nachdem er seine sicherheit gegeben. — 1086 hôchvart stf., Stolz, Hochmuth. — verriet, verleitete. — 1089 dar nâher, näher hinzu: sein Fuß näherte sich nicht zuerst dem Rosse, indem er in den Steigbügel trat. — 1091 zirben swv., wirbeln, sich im Kreise drehen. — 1092 schirbe swf., Scherbe, Splitter.
226 VIERTES BUCH. 215 ir kom och kûme der sâme wider. mêr hélde flôs ich sider. nu darbe ich fröude und êre. wes gerstu von mir mêre?" «ich wil senften dînen vreisen. var gein den Pritâneisen (dâ vert och vor dir Kingrůn) géin Artůse dem Brítün. dem soltu mînen dienest sagen: bit in daz er mir helfe klagen laster daz ich fuorte dan. ein júncfrówe mich lachte an: daz man die durch mich zeblou, sô sêre mich nie dinc gerou. der selben sage, ez sî mir leit, und bring ir dîne sicherheit sô daz du leistes ir gebot: oder nim alhie den tôt.» «sol daz geteilte gelten, sone wil ich’z niht beschelten:» sus sprach der künec von Brandigân: "ich wil die vart von hinnen hân.» mit gelübdé dô dannen schiet den ê sîn hôchvart verriet. Parzivâl der wîgant gienc da er sîn ors al müede vant. sîn fuoz dar nâher nie gegreif, er sprang drûf âne stegreif, daz alumbe begunden zirben sîn verhouwene schildes schirben. 1070 1075 1080 1085 1065 1090 1063 och Gegensatz: doch. — sâme, die Aussaat; der sprichwörtliche Aus- druck ist der schlechten Ernte entnommen, die kaum die Aussaat ein- trägt. — 1064 mehr als diese Mannen von Gurnemanz. — 1069 dâ, auf diesem Wege, nach Bretagne. — 1073 die Schande, die ich von dort mit fortnahm: durch das Folgende erläutert. — 1075 zebliuwen stv., præt. zeblou, zerschlagen, durchprügeln. — 1076 nie dinc, nie etwas. — geriuwen stv., leid thun. — 1079 in dem Sinne, daß du jeden ihrer Befehle befolgen willst. — 1081 daz geteilte sc. spil: einem ein spil teilen, jemand von zwei Dingen die Wahl lassen. geteiltez spil, franz. jeu partie, eine so vorgelegte Wahl, Dilemma. — 1082 beschelten stv., tadeln : so will ich mir's gefallen lassen. — 1085 mit gelübde, d. h. nachdem er seine sicherheit gegeben. — 1086 hôchvart stf., Stolz, Hochmuth. — verriet, verleitete. — 1089 dar nâher, näher hinzu: sein Fuß näherte sich nicht zuerst dem Rosse, indem er in den Steigbügel trat. — 1091 zirben swv., wirbeln, sich im Kreise drehen. — 1092 schirbe swf., Scherbe, Splitter.
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 227 216 Des wârn die burgære gemeit: daz ûzer her sach herzeleit. prât und lide im tâten wê: man leite den künec Clâmidè dâ sîne helfeer wâren. die tôten mit den bâren frümet' er an ir reste. dô rûmden'z lant die geste. Clâmidê der werde reit gein Löver ûf die erde. ensamet, niht besunder, die von der tavelrunder wârn ze Dîanazdrůn bî Artůse dem Brítůn. ob ich iu niht gelogen hân, von Dîanazdrûn der plân muose zeltstangen wonen mêr dann’ in Spehteshart sî ronen: mit sölher massenîe lac durch hôchkezit den pfingesttac Artüs mit maneger frouwen. ouch mohte man dâ schouwen mange bánier’ unde schilt, den sunderwâpen was gezilt, manegen wol gehêrten rinc. ez diuhten nu vil grôziu dinc: wer möht’ diu reiselachen solhem wibe her gemachen? och wânde dô ein frouwe sân, sie solt' den prîs verloren hân, hete síe dâ níht ir âmîs. 1100 1105 1110 1115 1120 1095 1095 prat = brât, Fleisch (II, 490). — 1096 leite, führte, = leitte. 1098 vermittelst der Tragbahren. — 1099 frümen, dasselbe was frumen, schaffen. — reste stf., Ruhe: hier Bestattung. — 1100 die geste, die Feinde. — 1101 Clâmidé, bei Crestien Clamadex, bedeutet: Rufe�Gott (imperat. Bildung). — 1102 ûf die erde, in das Land. — 1103 besunder, abgesondert; vgl. IV, 972. — 1109 zeltstangen. Stangen, welche das Zelt tragen, dessen Gestell bilden. — wonen mit gen., gewohnt werden. — 1110 Spehteshart, Spessart. — 1111 sölher, so großer. — 1112 hôchkezit stf., Fest: um ein Fest zu feiern. Es ist die Erinnerung an das Maifest, daher Artusfeste immer zu Pfingsten sind. — pfingesttac, Pfingsttag. — 1115 die Fürsten in Artus' Umgebung hatten ihr besonderes Wappen und Banner an ihren Zelten, die Artus' Zelt im Kreise umgaben. — 1116 sunderwâpen stn., besonderes Wappen: jedes Banner hatte sein eigenes Wappen.— 1117 rinc stm., abgegrenzter Raum: die Zelte mit ihrer Umgebung. — 1118 diuhten conj., würde erscheinen nun etwas Außserordentliches 1119 reiselachen stn., Reisegewand. — 1120 für eine solche Schar von Frauen herstellen. — 15*
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 227 216 Des wârn die burgære gemeit: daz ûzer her sach herzeleit. prât und lide im tâten wê: man leite den künec Clâmidè dâ sîne helfeer wâren. die tôten mit den bâren frümet' er an ir reste. dô rûmden'z lant die geste. Clâmidê der werde reit gein Löver ûf die erde. ensamet, niht besunder, die von der tavelrunder wârn ze Dîanazdrůn bî Artůse dem Brítůn. ob ich iu niht gelogen hân, von Dîanazdrûn der plân muose zeltstangen wonen mêr dann’ in Spehteshart sî ronen: mit sölher massenîe lac durch hôchkezit den pfingesttac Artüs mit maneger frouwen. ouch mohte man dâ schouwen mange bánier’ unde schilt, den sunderwâpen was gezilt, manegen wol gehêrten rinc. ez diuhten nu vil grôziu dinc: wer möht’ diu reiselachen solhem wibe her gemachen? och wânde dô ein frouwe sân, sie solt' den prîs verloren hân, hete síe dâ níht ir âmîs. 1100 1105 1110 1115 1120 1095 1095 prat = brât, Fleisch (II, 490). — 1096 leite, führte, = leitte. 1098 vermittelst der Tragbahren. — 1099 frümen, dasselbe was frumen, schaffen. — reste stf., Ruhe: hier Bestattung. — 1100 die geste, die Feinde. — 1101 Clâmidé, bei Crestien Clamadex, bedeutet: Rufe�Gott (imperat. Bildung). — 1102 ûf die erde, in das Land. — 1103 besunder, abgesondert; vgl. IV, 972. — 1109 zeltstangen. Stangen, welche das Zelt tragen, dessen Gestell bilden. — wonen mit gen., gewohnt werden. — 1110 Spehteshart, Spessart. — 1111 sölher, so großer. — 1112 hôchkezit stf., Fest: um ein Fest zu feiern. Es ist die Erinnerung an das Maifest, daher Artusfeste immer zu Pfingsten sind. — pfingesttac, Pfingsttag. — 1115 die Fürsten in Artus' Umgebung hatten ihr besonderes Wappen und Banner an ihren Zelten, die Artus' Zelt im Kreise umgaben. — 1116 sunderwâpen stn., besonderes Wappen: jedes Banner hatte sein eigenes Wappen.— 1117 rinc stm., abgegrenzter Raum: die Zelte mit ihrer Umgebung. — 1118 diuhten conj., würde erscheinen nun etwas Außserordentliches 1119 reiselachen stn., Reisegewand. — 1120 für eine solche Schar von Frauen herstellen. — 15*
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228 VIERTES BUCH. 217 ich entæte’s niht decheinen wîs (ez was dô manec tumber lîp), ich bræhte ungérne nu mîn wîp in alsô grôz gemenge: ich vorhte unkúnt gedrenge. etslîcher hin z'ir spræche, daz in ir minne stæche und im die fröude blande: op sie die nôt erwande, daz diender vor unde nâch. mir wæere ê mit ir dannen gâch. 1125 1130 1135 Ich hân geredet umb' mîn dinc: nu hoert wie Artüses rinc sunder was erkenneclîch. vor ûz mit maneger schoi rîch diu mässenîe vor im az, manc werder man gein valsche laz, und manec juncfrouwe stolz, daz niht wan tjoste was ir bolz: ir friwent sie géin dem vînde schôz: lêrte in strît dâ kumber grôz, sus stuont liht' ir gemüete daz si'z galt mit güete. Clâmidê der jungelinc réit mítten in den rinc. verdecket ors, gewâpent lîp, sah an im Artüses wip, sîn helm sîn schilt verhouwen: daz sâhen gar die frouwen. sus was er ze hove komen. ir hábet ê wol vernomen 1140 1145 1150 1125 es war mancher unerfahrene Mann darunter, der die Welt noch nicht kannte. — 1127 gemenge stn., Volksgemisch, nicht mit Menge zusammen- gehörig. — 1128 vorhte ist conj.: ich würde fürchten; das Gedränge von Leuten, die ich nicht kenne. — 1131 blande præet. (hier conj.) von blenden swv., blind machen, vernichten. — 1132 erwenden swv., rückgängig machen, abwenden. — 1133 vor unde nâch, früher und später: sein Leben lang. — 1134 ich wollte machen mit ihr vorher fortzukommen. 1137 erkenneclîch adj., erkennbar, ausgezeichnet: vor den übrigen ihn im Kreise umgebenden Zelten: vgl. 1115. — 1138 vor ûz, vorn an. — schoie stf., franz. joie, Freude. — 1142 daz, von solcher Beschaffenheit, daß. Wie man zur Kurzweil mit Bolzen schießt, so schoß sie Speere durch die Hand ihres Liebhabers, oder vielmehr ihn wie einen Bolzen. — 1145 so war viel- leicht ihr Sinn so beschaffen, so geartet. — 1148 rinc stm., Kreis: auf Artus Zelt los, das die Mitte bildete. — 1149 verdecken swv., mit einer Decke be- decken; verdecket ors, geharnischtes Ross. — gewâpent unflect. Form. — 1154 é; vgl. 1068 ff. —
228 VIERTES BUCH. 217 ich entæte’s niht decheinen wîs (ez was dô manec tumber lîp), ich bræhte ungérne nu mîn wîp in alsô grôz gemenge: ich vorhte unkúnt gedrenge. etslîcher hin z'ir spræche, daz in ir minne stæche und im die fröude blande: op sie die nôt erwande, daz diender vor unde nâch. mir wæere ê mit ir dannen gâch. 1125 1130 1135 Ich hân geredet umb' mîn dinc: nu hoert wie Artüses rinc sunder was erkenneclîch. vor ûz mit maneger schoi rîch diu mässenîe vor im az, manc werder man gein valsche laz, und manec juncfrouwe stolz, daz niht wan tjoste was ir bolz: ir friwent sie géin dem vînde schôz: lêrte in strît dâ kumber grôz, sus stuont liht' ir gemüete daz si'z galt mit güete. Clâmidê der jungelinc réit mítten in den rinc. verdecket ors, gewâpent lîp, sah an im Artüses wip, sîn helm sîn schilt verhouwen: daz sâhen gar die frouwen. sus was er ze hove komen. ir hábet ê wol vernomen 1140 1145 1150 1125 es war mancher unerfahrene Mann darunter, der die Welt noch nicht kannte. — 1127 gemenge stn., Volksgemisch, nicht mit Menge zusammen- gehörig. — 1128 vorhte ist conj.: ich würde fürchten; das Gedränge von Leuten, die ich nicht kenne. — 1131 blande præet. (hier conj.) von blenden swv., blind machen, vernichten. — 1132 erwenden swv., rückgängig machen, abwenden. — 1133 vor unde nâch, früher und später: sein Leben lang. — 1134 ich wollte machen mit ihr vorher fortzukommen. 1137 erkenneclîch adj., erkennbar, ausgezeichnet: vor den übrigen ihn im Kreise umgebenden Zelten: vgl. 1115. — 1138 vor ûz, vorn an. — schoie stf., franz. joie, Freude. — 1142 daz, von solcher Beschaffenheit, daß. Wie man zur Kurzweil mit Bolzen schießt, so schoß sie Speere durch die Hand ihres Liebhabers, oder vielmehr ihn wie einen Bolzen. — 1145 so war viel- leicht ihr Sinn so beschaffen, so geartet. — 1148 rinc stm., Kreis: auf Artus Zelt los, das die Mitte bildete. — 1149 verdecken swv., mit einer Decke be- decken; verdecket ors, geharnischtes Ross. — gewâpent unflect. Form. — 1154 é; vgl. 1068 ff. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 229 218 daz er des wart betwungen. er 'rbeizte. vil gedrungen wart sîn lîp, ê er sitzen vant froun Cunnewâren de Lalant. dô sprach er «frouwe, sît ir daz, der ich sol dienen âne haz? ein teil mich es twinget nôt. sîn dienst iu enbôt der rîter rôt. der wil vil ganze pflihte hân swaz in ze laster ist getân, ouch bitet er'z Artüse klagen. ich wane ir sît durch in geslagen. frouwe, ich pringe iu sicherheit. sus gebôt der mit mir streit: nu leist’ ich’z gerne, swenne ir welt. mîn lîp gein tôde was verselt.» 1160 1165 1155 1170 Frou Cunnewâre de Lalant greif an die g'îsérten hant, aldâ frou Ginóvêr saz, diu âne den künec mit ir az. Keie ouch vor dem tische stuont, aldâ im wart diz mære kunt. der widersaz im ein teil: des wart frou Cunnewâre geil. dô sprach er «frouwe, dirre man, swaz der hât gein iu getân, des ist er vaste underzogen. doch wæne ich des, er’st uf gelogen. ich tet'z durch hóflîchen site und wolt’ iuch hân gebezzert mite: dar umbe hân ich iweren haz. 1175 1180 1185 1159 seid ihr es, seid ihr diejenige. — 1160 âne haz, in Liebe und Frie- den. — 1161 es, dazu: euch zu dienen. — 1163 pflihte stf., Antheil: er will es ganz auf sein Theil nehmen. — 1165 vgl. 1072. — 1170 verceln swv., überliefern, dahingeben: war dem Tode preisgegeben. 1172 g’îsert = geîsert, mit Eisen gewaffnet, geharnischt: sie führte ihn an der Hand vor die Königin. — 1176 aldâ, bei welcher Gelegenheit, aus welchem Anlafs. — 1177 widersitzen stv. mit dat., sich entsetzen, er- schrecken: der erschrak nicht wenig. — 1179 dirre man, Clamide; nicht auf Keie selbst zu beziehen. — 1180 euch gegenüber. — 1181 underziehen stv. mit acc. und gen., einem etwas auflegen. Deshalb will ich ihn nicht tadeln. — 1182 ûf liegen stv., anlügen. Man hat ihm den Sachverhalt nicht richtig dargestellt. — 1183 hoftîch adj., hofgemas. — 1184 mite adv. = dá mite. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 229 218 daz er des wart betwungen. er 'rbeizte. vil gedrungen wart sîn lîp, ê er sitzen vant froun Cunnewâren de Lalant. dô sprach er «frouwe, sît ir daz, der ich sol dienen âne haz? ein teil mich es twinget nôt. sîn dienst iu enbôt der rîter rôt. der wil vil ganze pflihte hân swaz in ze laster ist getân, ouch bitet er'z Artüse klagen. ich wane ir sît durch in geslagen. frouwe, ich pringe iu sicherheit. sus gebôt der mit mir streit: nu leist’ ich’z gerne, swenne ir welt. mîn lîp gein tôde was verselt.» 1160 1165 1155 1170 Frou Cunnewâre de Lalant greif an die g'îsérten hant, aldâ frou Ginóvêr saz, diu âne den künec mit ir az. Keie ouch vor dem tische stuont, aldâ im wart diz mære kunt. der widersaz im ein teil: des wart frou Cunnewâre geil. dô sprach er «frouwe, dirre man, swaz der hât gein iu getân, des ist er vaste underzogen. doch wæne ich des, er’st uf gelogen. ich tet'z durch hóflîchen site und wolt’ iuch hân gebezzert mite: dar umbe hân ich iweren haz. 1175 1180 1185 1159 seid ihr es, seid ihr diejenige. — 1160 âne haz, in Liebe und Frie- den. — 1161 es, dazu: euch zu dienen. — 1163 pflihte stf., Antheil: er will es ganz auf sein Theil nehmen. — 1165 vgl. 1072. — 1170 verceln swv., überliefern, dahingeben: war dem Tode preisgegeben. 1172 g’îsert = geîsert, mit Eisen gewaffnet, geharnischt: sie führte ihn an der Hand vor die Königin. — 1176 aldâ, bei welcher Gelegenheit, aus welchem Anlafs. — 1177 widersitzen stv. mit dat., sich entsetzen, er- schrecken: der erschrak nicht wenig. — 1179 dirre man, Clamide; nicht auf Keie selbst zu beziehen. — 1180 euch gegenüber. — 1181 underziehen stv. mit acc. und gen., einem etwas auflegen. Deshalb will ich ihn nicht tadeln. — 1182 ûf liegen stv., anlügen. Man hat ihm den Sachverhalt nicht richtig dargestellt. — 1183 hoftîch adj., hofgemas. — 1184 mite adv. = dá mite. —
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230 VIERTES BUCH. 219 iedoch wil ich iu râten daz, heizt entwâpen disen gevangen: in mac hie stêns erlangen." im bat diu juncfrouwe fier ab nemen helm unt'z hérsnier. dô man'z von im stroufte und bant, Clâmidê wart schiere erkant. Kingrůn sach dicke an in kuntlîche blicke. dô wurden an den stunden sîn hende alsô gewunden, daz sie begunden krachen als die dürren spachen. Den tisch stiez von ime zehant Clâmidês scheneschant. sînen hêrren frâgter mæere : den vander fröuden lære. der sprach «ich pin ze schaden erboren. ich hân sô wirdic her verloren, daz muoter nie gebôt ir brust dem der erkande hôher vlust. mich enriuwet niht mîns heres tôt dâ gegen: minne mangels nôt lestet uf mich sölhen last, mir ist fröude gestîn, hôhmuot gast. Condwîr âmůrs frumet mich grâ Pilâtús von Poncîâ, unt der arme Jûdas, der bî eime kusse was 1190 1195 1200 1205 1210 1187 entwapen swv. = entwâpenen, aber immer so verkürzt, entwaffnen, die Waffen und Rüstung ablegen. — 1188 mich erlanget eines d., mir dünkt etwas lang. — 1190 unt z = unt daz. — 1194 kuntlích adj., einem Bekannten zukommend: er sah ihn mit Blicken eines Bekannten an. — 1196 sîn, Kingrun’s. — 1198 spache swm., Holzscheit. 1199 von ime, von sich. Er saſs mit an der Tafel. — 1203 erboren part., geboren. — 1204 wirdic adj., Werth habend, würdig, trefflich. — 1205 muoter nie, nie eine Mutter. — 1206 erkande, kennen lernte. — 1207 doch ist die Trauer über den Verlust meines Heeres nichts gegen das Folgende. — 1209 lesten swv., als Last auflegen, aufladen. — 1210 hôhmuot = hôher muot, gehobene Stimmung, Freudigkeit. — 1212 von Poncîâ: man deutete den Beinamen Pontius des Pilatus im Mittelalter auf seine am Pontus geführten Kriege, deren Ruhm ihm jenen Beinamen verschafft habe. — 1213 der arme Jûdas, stehende Verbindung, wahrscheinlich aus einem sehr alten Liede, welches sich lange erhalten hat: O du armer Judas u. s. w. Hoffmann, Kirchenlied, Nr. 112. —
230 VIERTES BUCH. 219 iedoch wil ich iu râten daz, heizt entwâpen disen gevangen: in mac hie stêns erlangen." im bat diu juncfrouwe fier ab nemen helm unt'z hérsnier. dô man'z von im stroufte und bant, Clâmidê wart schiere erkant. Kingrůn sach dicke an in kuntlîche blicke. dô wurden an den stunden sîn hende alsô gewunden, daz sie begunden krachen als die dürren spachen. Den tisch stiez von ime zehant Clâmidês scheneschant. sînen hêrren frâgter mæere : den vander fröuden lære. der sprach «ich pin ze schaden erboren. ich hân sô wirdic her verloren, daz muoter nie gebôt ir brust dem der erkande hôher vlust. mich enriuwet niht mîns heres tôt dâ gegen: minne mangels nôt lestet uf mich sölhen last, mir ist fröude gestîn, hôhmuot gast. Condwîr âmůrs frumet mich grâ Pilâtús von Poncîâ, unt der arme Jûdas, der bî eime kusse was 1190 1195 1200 1205 1210 1187 entwapen swv. = entwâpenen, aber immer so verkürzt, entwaffnen, die Waffen und Rüstung ablegen. — 1188 mich erlanget eines d., mir dünkt etwas lang. — 1190 unt z = unt daz. — 1194 kuntlích adj., einem Bekannten zukommend: er sah ihn mit Blicken eines Bekannten an. — 1196 sîn, Kingrun’s. — 1198 spache swm., Holzscheit. 1199 von ime, von sich. Er saſs mit an der Tafel. — 1203 erboren part., geboren. — 1204 wirdic adj., Werth habend, würdig, trefflich. — 1205 muoter nie, nie eine Mutter. — 1206 erkande, kennen lernte. — 1207 doch ist die Trauer über den Verlust meines Heeres nichts gegen das Folgende. — 1209 lesten swv., als Last auflegen, aufladen. — 1210 hôhmuot = hôher muot, gehobene Stimmung, Freudigkeit. — 1212 von Poncîâ: man deutete den Beinamen Pontius des Pilatus im Mittelalter auf seine am Pontus geführten Kriege, deren Ruhm ihm jenen Beinamen verschafft habe. — 1213 der arme Jûdas, stehende Verbindung, wahrscheinlich aus einem sehr alten Liede, welches sich lange erhalten hat: O du armer Judas u. s. w. Hoffmann, Kirchenlied, Nr. 112. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 231 1215 220 an der triuwenlôsen vart dâ Jêsús verrâten wart, swie daz ir schepfær ræche, die nôt ich niht verspræche, daz Brôbarzære frouwen lîp mit ir hulden waer' min wîp, sô daz ich se umbevîenge, swie’z mir dar nâch ergienge. ir minne ist leider verre dem künec von Iserterre. min lant unt'z volc ze Brandigân müezen's iemer jâmer hân. mîns veteren sun Mâbonagrîn leit och dâ ze langen pîn. nu bin ich, künec Artûs, her geriten in dîn hûs, betwúngén von rîters hant. du weist wol daz in mîme lant dir manec laster ist getân: des vergiz nú, vil werder man, die wîle ich hie gevangen sî, lâz mich sölhes hazzes vrî. mich sol frou Cunnewâre ouch scheiden von dem vâre, diu mîne sicherheit enpfienc, do ich gevangen für sie gienc.» Artüses vil getriuwer munt verkôs die schulde sâ zestunt. Dô vriesch wîp unde man daz der künec von Brandigân was geriten ûf den rinc. nu dar nâher dringâ drinc! 1220 1225 1230 1235 1240 1245 1215 triuwenlos adj. (triuwen gen. pl.), treulos. — 1217 Pilatus ward nach dem Tode, der Legende zufolge, in die Tiber versenkt, die er als Wellen- geist erregte, daher von dort in die Rhone und in den See am Pilatusberge in der Schweiz. — 1218 versprechen stv., sprechend ablehnen, verreden. — 1219 daz, unter der Bedingung dass. Condwiramurs ist gemeint. — 1220 mit ihrer freien Zustimmung. — 1224 = mir. Iserterre ist das Land, Brandigân die Hauptstadt. Bei Crestien (V. 3191. 3952) heifst er Clamadex des Illes: also wohl Iser aus Isle entstellt. — 1226 müezen's, müssen davon, da- durch. — 1227 vgl. III, 1879. — 1235 die wile, so lange. — 1236 lâz mich vrî, befreie mich, enthebe mich. — sölhes hazzes, des Hasses wegen solcher Dinge. — 1238 var stm., Nachstellung, feindliches Streben, Gefahr. 1240 vor sie trat. 1246 dringâ drinc verdopp. Imperativ durch â verstärkt, dräng dich herzu, vorwärts vorwarts ! Nun drängte sich alles näher heran. —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 231 1215 220 an der triuwenlôsen vart dâ Jêsús verrâten wart, swie daz ir schepfær ræche, die nôt ich niht verspræche, daz Brôbarzære frouwen lîp mit ir hulden waer' min wîp, sô daz ich se umbevîenge, swie’z mir dar nâch ergienge. ir minne ist leider verre dem künec von Iserterre. min lant unt'z volc ze Brandigân müezen's iemer jâmer hân. mîns veteren sun Mâbonagrîn leit och dâ ze langen pîn. nu bin ich, künec Artûs, her geriten in dîn hûs, betwúngén von rîters hant. du weist wol daz in mîme lant dir manec laster ist getân: des vergiz nú, vil werder man, die wîle ich hie gevangen sî, lâz mich sölhes hazzes vrî. mich sol frou Cunnewâre ouch scheiden von dem vâre, diu mîne sicherheit enpfienc, do ich gevangen für sie gienc.» Artüses vil getriuwer munt verkôs die schulde sâ zestunt. Dô vriesch wîp unde man daz der künec von Brandigân was geriten ûf den rinc. nu dar nâher dringâ drinc! 1220 1225 1230 1235 1240 1245 1215 triuwenlos adj. (triuwen gen. pl.), treulos. — 1217 Pilatus ward nach dem Tode, der Legende zufolge, in die Tiber versenkt, die er als Wellen- geist erregte, daher von dort in die Rhone und in den See am Pilatusberge in der Schweiz. — 1218 versprechen stv., sprechend ablehnen, verreden. — 1219 daz, unter der Bedingung dass. Condwiramurs ist gemeint. — 1220 mit ihrer freien Zustimmung. — 1224 = mir. Iserterre ist das Land, Brandigân die Hauptstadt. Bei Crestien (V. 3191. 3952) heifst er Clamadex des Illes: also wohl Iser aus Isle entstellt. — 1226 müezen's, müssen davon, da- durch. — 1227 vgl. III, 1879. — 1235 die wile, so lange. — 1236 lâz mich vrî, befreie mich, enthebe mich. — sölhes hazzes, des Hasses wegen solcher Dinge. — 1238 var stm., Nachstellung, feindliches Streben, Gefahr. 1240 vor sie trat. 1246 dringâ drinc verdopp. Imperativ durch â verstärkt, dräng dich herzu, vorwärts vorwarts ! Nun drängte sich alles näher heran. —
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232 VIERTES BUCH. schiere wart daz mære breit. mit zühten iesch gesellekeit Clâmidé der fröuden âne: «ir sult mich Gâwâne bevelhen, frouwe, bin ih's wert. sô weiz ich wol daz er’s ouch gert. leist er dar an iwer gebot, er êrt iuch unt den rîter rôt.» Artüs bat sîner swester sun gesellekeit dem künege tuon: daz ware iedoch ergangen. dô wart wol enphangen von der werden massenîe der betwungene valsches vrie. ze Clâmidê sprach Kingrůn «ôwê daz ie kein Britún dich betwungen sach ze hûs ! noch rîcher denhe Artüs war’ du helfe und úrbórn, und hetes dîne jugent bevorn. sol Artûs dâ von prîs nu tragen, daz Kai durch zorn hât geslagen ein édele fürstínne, diu mit herzen sinne ir mit lachen hât erwelt der âne liegen ist gezelt mit wârheit für den hohsten pris? die Pritâneise ir lobes rîs w�nent nu hôch gestôzen hân: âne ir arbeit ist'z getân, daz tôt her wider wart gesant der künec von Kukûmerlant, 1250 1255 1260 1265 1270 1275 221 1247 breit adj., verbreitet. — 1248 verlangte einen gesellen, einen ständigen Begleiter und Freund. Vgl. III, 944. — 1249 âne adj., beraubt: der seiner Freuden beraubte. — 1250 er wünscht sich Gawan zum Gesellen. — 1251 bevelhen stv., übergeben. — 1252 sô, andererseits. — 1253 leist = leistet; doch kann es auch Conj. (= leiste) sein. — 1257 das wäre geschehen, auch wenn er nicht von Artus darum gebeten worden wäre. — 1263 dich als Besiegten in seinem Hause sah. — 1265 helfe, an Helfern. — urborn gen. pl. von urbore, urbor (zu II, 1309). — 1266 bevorn adv., voraus: die Form ist mitteldeutsch, die rein oberdeutsche ist bevor. — 1270 mit verständigem Sinne. — 1271 mit lachen, indem sie ihn anlachte. — 1272 der, denjenigen der. — 1273 erklärt wird als der höchste Ruhm, als derjenige, der den höchsten Ruhm besitzt. — 1275 hôch gestôzen, hoch aufgesteckt, auf- gepflanzt. — 1276 ohne daſs sie Mühe davon hatten. — 1277 her wider, wieder hierher. — 1278 Ither ist gemeint; vgl. III, 895. —
232 VIERTES BUCH. schiere wart daz mære breit. mit zühten iesch gesellekeit Clâmidé der fröuden âne: «ir sult mich Gâwâne bevelhen, frouwe, bin ih's wert. sô weiz ich wol daz er’s ouch gert. leist er dar an iwer gebot, er êrt iuch unt den rîter rôt.» Artüs bat sîner swester sun gesellekeit dem künege tuon: daz ware iedoch ergangen. dô wart wol enphangen von der werden massenîe der betwungene valsches vrie. ze Clâmidê sprach Kingrůn «ôwê daz ie kein Britún dich betwungen sach ze hûs ! noch rîcher denhe Artüs war’ du helfe und úrbórn, und hetes dîne jugent bevorn. sol Artûs dâ von prîs nu tragen, daz Kai durch zorn hât geslagen ein édele fürstínne, diu mit herzen sinne ir mit lachen hât erwelt der âne liegen ist gezelt mit wârheit für den hohsten pris? die Pritâneise ir lobes rîs w�nent nu hôch gestôzen hân: âne ir arbeit ist'z getân, daz tôt her wider wart gesant der künec von Kukûmerlant, 1250 1255 1260 1265 1270 1275 221 1247 breit adj., verbreitet. — 1248 verlangte einen gesellen, einen ständigen Begleiter und Freund. Vgl. III, 944. — 1249 âne adj., beraubt: der seiner Freuden beraubte. — 1250 er wünscht sich Gawan zum Gesellen. — 1251 bevelhen stv., übergeben. — 1252 sô, andererseits. — 1253 leist = leistet; doch kann es auch Conj. (= leiste) sein. — 1257 das wäre geschehen, auch wenn er nicht von Artus darum gebeten worden wäre. — 1263 dich als Besiegten in seinem Hause sah. — 1265 helfe, an Helfern. — urborn gen. pl. von urbore, urbor (zu II, 1309). — 1266 bevorn adv., voraus: die Form ist mitteldeutsch, die rein oberdeutsche ist bevor. — 1270 mit verständigem Sinne. — 1271 mit lachen, indem sie ihn anlachte. — 1272 der, denjenigen der. — 1273 erklärt wird als der höchste Ruhm, als derjenige, der den höchsten Ruhm besitzt. — 1275 hôch gestôzen, hoch aufgesteckt, auf- gepflanzt. — 1276 ohne daſs sie Mühe davon hatten. — 1277 her wider, wieder hierher. — 1278 Ither ist gemeint; vgl. III, 895. —
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PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 233 222 unt daz mîn hêrre im siges jach den man gein im in kampfe sach. der selbe hât betwungen mich gar âne hælingen slich. man sach dâ fiwer ûz hélmen wan und swert in henden umbe dræen.» Dô sprâchen s' alle gelîche, beide arme und rîche, daz Keie hete missetân. hie sule wir diz mære lân, und komen 's wider an die vart. daz wüeste lant erbuwen wart, dâ krône truoc Parzivâl: man sach dâ fröude unde schal. sîn sweher Tampenteire liez ime ûf Pelrapeire lieht gesteine und rôtez golt: daz teilt' er sô daz man im holt was durch sîne milte. vil banier, niuwe schilte, des wart sîn lant gezieret, und vil géturnieret von ime und von den sînen. er liez dick' ellen schînen" an der marc sîns landes ort, der junge degen unervorht. sîn tât was gein den gesten geprüevet für die besten. 1285 1290 1295 1300 1280 1305 Nu hoert ouch von der künegin. wie möht’ der iemer baz gesîn ? 223 diu junge süeze werde 9 1279 im, demjenigen: Parzival. Den Sieg zugestand. — 1282 halinc adj., heimlich, heimtückisch. Im offenen, ehrlichen Kampfe. 1288 diese Erzählung von Clamide und Kingrun. — 1289 an die vart, auf den richtigen Weg, auf die Hauptstrafse. — es, damit, mit der Er- zählung. — 1290 erbûwen ursprünglich stv. mit schw. præet., anbauen. — 1293 sweher stm., Schwiegervater: der Vater von Condwiramurs. — 1294 liez ist plusquampf. — 1298 Nominative, die wieder der Construction voraus- gehen, durch des, damit, aufgenommen. — 1302 schînen stv., sichtbar wer- den: er bewies oftmals seinen Muth. — 1303 marc, gewöhnlich marke stf., Grenze: dasselbe drückt nochmals sîns landes ort aus. — 1304 unervorht part., furchtlos. Denselben mitteldeutschen Reim hat Wolfram IV, 83. — 1305 den Feinden gegenüber. — 1306 als die beste (sc. That); besten schw. acc. fem. 1308 wie könnte der wohler zu Muthe sein? —
PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 233 222 unt daz mîn hêrre im siges jach den man gein im in kampfe sach. der selbe hât betwungen mich gar âne hælingen slich. man sach dâ fiwer ûz hélmen wan und swert in henden umbe dræen.» Dô sprâchen s' alle gelîche, beide arme und rîche, daz Keie hete missetân. hie sule wir diz mære lân, und komen 's wider an die vart. daz wüeste lant erbuwen wart, dâ krône truoc Parzivâl: man sach dâ fröude unde schal. sîn sweher Tampenteire liez ime ûf Pelrapeire lieht gesteine und rôtez golt: daz teilt' er sô daz man im holt was durch sîne milte. vil banier, niuwe schilte, des wart sîn lant gezieret, und vil géturnieret von ime und von den sînen. er liez dick' ellen schînen" an der marc sîns landes ort, der junge degen unervorht. sîn tât was gein den gesten geprüevet für die besten. 1285 1290 1295 1300 1280 1305 Nu hoert ouch von der künegin. wie möht’ der iemer baz gesîn ? 223 diu junge süeze werde 9 1279 im, demjenigen: Parzival. Den Sieg zugestand. — 1282 halinc adj., heimlich, heimtückisch. Im offenen, ehrlichen Kampfe. 1288 diese Erzählung von Clamide und Kingrun. — 1289 an die vart, auf den richtigen Weg, auf die Hauptstrafse. — es, damit, mit der Er- zählung. — 1290 erbûwen ursprünglich stv. mit schw. præet., anbauen. — 1293 sweher stm., Schwiegervater: der Vater von Condwiramurs. — 1294 liez ist plusquampf. — 1298 Nominative, die wieder der Construction voraus- gehen, durch des, damit, aufgenommen. — 1302 schînen stv., sichtbar wer- den: er bewies oftmals seinen Muth. — 1303 marc, gewöhnlich marke stf., Grenze: dasselbe drückt nochmals sîns landes ort aus. — 1304 unervorht part., furchtlos. Denselben mitteldeutschen Reim hat Wolfram IV, 83. — 1305 den Feinden gegenüber. — 1306 als die beste (sc. That); besten schw. acc. fem. 1308 wie könnte der wohler zu Muthe sein? —
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234 VIERTES BUCH. PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 1310 het den wúnsch üf der erde. ir minne stuont mit sölher kraft, gar âne wankes anehaft. sie het ir man dâ für erkant, ietweder'z an dem andern vant, er was ir liep, als was sie ime. swenne ich daz mæere an mich nu nime. daz sie sich müezen scheiden. dâ wehset schade in beiden. ouch riuwet mich daz werde wîp. ir liute, ir lant, dar zuo ir lîp. schiet sîn hant von grôzer nôt; dâ gein sie ime ir minne bôt. eins morgens er mit zühten sprach (manc rîtr ez hôrte unde sach) «ob ir gebietet, frouwe, mit urloube ich schouwe wie'z umbe mîne muoter stê. obe der wol ode wê si, daz ist mir hárte unkúnt. dar wil ich z'einer kurzen stunt, und ouch durch âventiure zil. mag ich iu gedienen vil, daz giltet iuwer minne wert.» sus het er urloubs gegert. er was ir liep, so’z mære giht : sine wolde ime versagen niht. von allen sînen mannen schiet er al eine dannen. 1315 1320 1325 1330 1335 1310 das höchste Glück. — 1312 anehaft stm., Anheftung: ohne dafs irgend welche Untreue sich daran heftete. — 1313 dà für, als einen solchen. — 1314 ez, auf die folgende Zeile zu beziehen. — 1315 als, ebenso. — 1316 wenn ich nun die Erzählung aufnehme, weiter berichte. — 1324 in Gegenwart vieler Ritter. — 1325 nicht : wenn ihr befehlt, sondern : wenn ihr mich verabschiedet; gebietet mir ist Formel des Abschieds. — 1326 so sehe ich mit eurer Erlaubniss zu. — 1328 ob es ihr gut oder übel geht. — 1330 auf eine kurze Zeit. — 1332 wenn ich euch durch Thaten, die ich vollbringe, — dienen kann, so vergeltet ihr mir das reichlich durch eure Minne. 1335 so'z = sô daz, wie das. — 1337 von ist mit al eine zu verbinden: von keinem seiner Mannen begleitet.
234 VIERTES BUCH. PARZIVAL UND CONDWIRAMURS. 1310 het den wúnsch üf der erde. ir minne stuont mit sölher kraft, gar âne wankes anehaft. sie het ir man dâ für erkant, ietweder'z an dem andern vant, er was ir liep, als was sie ime. swenne ich daz mæere an mich nu nime. daz sie sich müezen scheiden. dâ wehset schade in beiden. ouch riuwet mich daz werde wîp. ir liute, ir lant, dar zuo ir lîp. schiet sîn hant von grôzer nôt; dâ gein sie ime ir minne bôt. eins morgens er mit zühten sprach (manc rîtr ez hôrte unde sach) «ob ir gebietet, frouwe, mit urloube ich schouwe wie'z umbe mîne muoter stê. obe der wol ode wê si, daz ist mir hárte unkúnt. dar wil ich z'einer kurzen stunt, und ouch durch âventiure zil. mag ich iu gedienen vil, daz giltet iuwer minne wert.» sus het er urloubs gegert. er was ir liep, so’z mære giht : sine wolde ime versagen niht. von allen sînen mannen schiet er al eine dannen. 1315 1320 1325 1330 1335 1310 das höchste Glück. — 1312 anehaft stm., Anheftung: ohne dafs irgend welche Untreue sich daran heftete. — 1313 dà für, als einen solchen. — 1314 ez, auf die folgende Zeile zu beziehen. — 1315 als, ebenso. — 1316 wenn ich nun die Erzählung aufnehme, weiter berichte. — 1324 in Gegenwart vieler Ritter. — 1325 nicht : wenn ihr befehlt, sondern : wenn ihr mich verabschiedet; gebietet mir ist Formel des Abschieds. — 1326 so sehe ich mit eurer Erlaubniss zu. — 1328 ob es ihr gut oder übel geht. — 1330 auf eine kurze Zeit. — 1332 wenn ich euch durch Thaten, die ich vollbringe, — dienen kann, so vergeltet ihr mir das reichlich durch eure Minne. 1335 so'z = sô daz, wie das. — 1337 von ist mit al eine zu verbinden: von keinem seiner Mannen begleitet.
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FUNFTES BUCH. PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. Dem Rosse die Zügel lassend, kommt Parzival Abends an einen See, wo er Fischer um Herberge befragt. Der Vornehmste weist ihn nach einer Burg, wo er ihn selbst bewirthen werde. Auf die Mittheilung, dafs der Fischer ihn gesendet, wird er eingelassen und aufs beste empfangen. Mit einem Mantel der Königin Repanse de Schoie geschmückt, begibt er sich in den Saal, wo der Wirth ihn neben sich am Kamin Platz nehmen heifst. Ein Knappe bringt eine blutige Lanze herein, bei deren Anblick alle jammern. Nun beginnt die Bewirthung. Vierundzwanzig Jungfrauen treten nacheinander ein, jede etwas tragend : Leuchter, eine kostbare Tisch- platte, silberne Messer, zuletzt die Königin Repanse, den Gral tragend, der alles Wünschbare, auch Speise und Trank, in Fülle gibt. Vierhundert Ritter werden hier gespeist. Der Wirth schenkt seinem Gaste ein Schwert. Parzival nimmt es und sieht alles, fragt aber nicht was es bedeute, ein- gedenk der Lehren des alten Gurnemanz. Die Jungfrauen entfernen sich wieder in gleicher Ordnung, die Tafeln werden abgeräumt; beim Öffnen der Thür sieht Parzival in einem Seitenzimmer einen schönen alten Mann ruhen. Von Rittern und Knappen und Jungfrauen bedient, legt sich Par- zival zur Ruhe. Träume künden ihm künftiges Leid. Spät erwacht, sieht er sich vergebens nach Dienern um. Er waffnet sich selbst, findet sein Ross an der Treppe angebunden und sucht nach den Bewohnern; alles ist öde, im Grase Spuren der Weggerittenen zu sehen. Ein Knappe, der die Brücke aufzieht, schilt ihn, dafs er nicht gefragt habe. Weiter reitend hört er eine klagende Frauenstimme und findet Sigune mit der Leiche des Geliebten im Arm. Sie schilt ihn ebenfalls heftig, dass er die Frage unter- lassen; von ihr hört er, dafs er in der Gralsburg Munsalväsche gewesen. Nun trifft er Jeschuten in elendem Aufzuge, die um seinetwillen von ihrem Manne verdächtigt wird ; Parzival besiegt denselben, reitet mit ihm in die Klause Trevrizents, wo er auf dem Heiligthum Jeschutens Unschuld be- schwört, und entsendet ihn an Kunnewaren, welche in Orilus ihren Bruder erkennt. Er und Jeschute werden von Artus, der am Plimizoel lagert, ehrenvoll aufgenommen. 224 Swer ruochet hoeren war nu kumet den âventiur hât ûz gefrumet, der mac grôziu wunder merken al besunder. 1 Wer hören will. — 2 âventiur, Drang nach Abenteuern. — ûz frumen, heraustreiben. —
FUNFTES BUCH. PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. Dem Rosse die Zügel lassend, kommt Parzival Abends an einen See, wo er Fischer um Herberge befragt. Der Vornehmste weist ihn nach einer Burg, wo er ihn selbst bewirthen werde. Auf die Mittheilung, dafs der Fischer ihn gesendet, wird er eingelassen und aufs beste empfangen. Mit einem Mantel der Königin Repanse de Schoie geschmückt, begibt er sich in den Saal, wo der Wirth ihn neben sich am Kamin Platz nehmen heifst. Ein Knappe bringt eine blutige Lanze herein, bei deren Anblick alle jammern. Nun beginnt die Bewirthung. Vierundzwanzig Jungfrauen treten nacheinander ein, jede etwas tragend : Leuchter, eine kostbare Tisch- platte, silberne Messer, zuletzt die Königin Repanse, den Gral tragend, der alles Wünschbare, auch Speise und Trank, in Fülle gibt. Vierhundert Ritter werden hier gespeist. Der Wirth schenkt seinem Gaste ein Schwert. Parzival nimmt es und sieht alles, fragt aber nicht was es bedeute, ein- gedenk der Lehren des alten Gurnemanz. Die Jungfrauen entfernen sich wieder in gleicher Ordnung, die Tafeln werden abgeräumt; beim Öffnen der Thür sieht Parzival in einem Seitenzimmer einen schönen alten Mann ruhen. Von Rittern und Knappen und Jungfrauen bedient, legt sich Par- zival zur Ruhe. Träume künden ihm künftiges Leid. Spät erwacht, sieht er sich vergebens nach Dienern um. Er waffnet sich selbst, findet sein Ross an der Treppe angebunden und sucht nach den Bewohnern; alles ist öde, im Grase Spuren der Weggerittenen zu sehen. Ein Knappe, der die Brücke aufzieht, schilt ihn, dafs er nicht gefragt habe. Weiter reitend hört er eine klagende Frauenstimme und findet Sigune mit der Leiche des Geliebten im Arm. Sie schilt ihn ebenfalls heftig, dass er die Frage unter- lassen; von ihr hört er, dafs er in der Gralsburg Munsalväsche gewesen. Nun trifft er Jeschuten in elendem Aufzuge, die um seinetwillen von ihrem Manne verdächtigt wird ; Parzival besiegt denselben, reitet mit ihm in die Klause Trevrizents, wo er auf dem Heiligthum Jeschutens Unschuld be- schwört, und entsendet ihn an Kunnewaren, welche in Orilus ihren Bruder erkennt. Er und Jeschute werden von Artus, der am Plimizoel lagert, ehrenvoll aufgenommen. 224 Swer ruochet hoeren war nu kumet den âventiur hât ûz gefrumet, der mac grôziu wunder merken al besunder. 1 Wer hören will. — 2 âventiur, Drang nach Abenteuern. — ûz frumen, heraustreiben. —
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236 FUNFTES BUCH. lât rîten Gahmuretes kint. swâ nu getriuwe liute sint, die wünschn im heils : wand' ez muoz sîn daz er nu lîdet hôhen pîn, etswenne ouch fröude und êre. ein dinc in müete sêre, daz er von ir gescheiden was, daz munt von wîbe nie gelas noch sus gesagete mæere, diu schoenr und bezzer ware. gedanke nâch der künegin begunden krenken ime den sin: den müese er gar verloren hân, waer’z niht ein herzehafter man. mit gewalt den zoum daz ros truog über ronen und durchez mos : wandez enwiste niemens hant. uns tuot diu âventiure bekant daz er bî dem tage reit, ein vogel hete's arbeit, solt' er'z allez hân erflogen. mich enhabe diu âventiure betrogen, sîn reise unnâch was sô grôz des tages do er Ithêren schôz, unt sît dô er von Grâharz kom in daz lant ze Brôbarz. 10 15 20 25 5 30 225 Welt ir nu hoern wie’z im gestê ? er kom des âbents an einen sê. dâ heten geankert weideman: den was daz wazzer undertân. dô sie in rîten sâhen, 35 6 getriuwe, wohlmeinende. — 7 wünschen swv. mit dat. und gen., einem etwas wünschen: hier conj. præs. — 8 zu fröude und êre kann auch lîden gesagt werden; vgl. I, 367. — 10 eins bekümmerte ihn. — 11 von ir, daz, von ihr, die so war, daf — 12 lesen bezieht sich auf schriftliche, mœre sagen auf mündliche Berichte. — 13 sus, sonst, anderweitig. — 14 diu, gram- matisch ungenaue Beziehung auf wîp. — 15 sehnsuchtsvolle Gedanken. — 16 minderten ihm den Verstand, raubten ihm einen Theil desselben. — 19 mit gewalt, nicht von ihm gelenkt: er liefs dem Rosse den Willen. — 20 durchez = durch dez, daz. — mos stn., Morast, Sumpf, — 23 an jenem Tage ; eine so grofse Strecke ritt. — 24 hete’s, hätte davon. — 25 erfliegen stv., fliegend erreichen, durchfliegen. — 26 wenn meine Quelle mich nicht betrogen hat. — 27 unnâch adv., kaum. — 29. 30 vgl. IV, 35. 36. 31 gestên stv., sich verhalten: wie es ihm geht. — 33 weideman stm., Jäger, aber ebenso der auf Fische Jagd macht, Fischer; vgl. 43. —
236 FUNFTES BUCH. lât rîten Gahmuretes kint. swâ nu getriuwe liute sint, die wünschn im heils : wand' ez muoz sîn daz er nu lîdet hôhen pîn, etswenne ouch fröude und êre. ein dinc in müete sêre, daz er von ir gescheiden was, daz munt von wîbe nie gelas noch sus gesagete mæere, diu schoenr und bezzer ware. gedanke nâch der künegin begunden krenken ime den sin: den müese er gar verloren hân, waer’z niht ein herzehafter man. mit gewalt den zoum daz ros truog über ronen und durchez mos : wandez enwiste niemens hant. uns tuot diu âventiure bekant daz er bî dem tage reit, ein vogel hete's arbeit, solt' er'z allez hân erflogen. mich enhabe diu âventiure betrogen, sîn reise unnâch was sô grôz des tages do er Ithêren schôz, unt sît dô er von Grâharz kom in daz lant ze Brôbarz. 10 15 20 25 5 30 225 Welt ir nu hoern wie’z im gestê ? er kom des âbents an einen sê. dâ heten geankert weideman: den was daz wazzer undertân. dô sie in rîten sâhen, 35 6 getriuwe, wohlmeinende. — 7 wünschen swv. mit dat. und gen., einem etwas wünschen: hier conj. præs. — 8 zu fröude und êre kann auch lîden gesagt werden; vgl. I, 367. — 10 eins bekümmerte ihn. — 11 von ir, daz, von ihr, die so war, daf — 12 lesen bezieht sich auf schriftliche, mœre sagen auf mündliche Berichte. — 13 sus, sonst, anderweitig. — 14 diu, gram- matisch ungenaue Beziehung auf wîp. — 15 sehnsuchtsvolle Gedanken. — 16 minderten ihm den Verstand, raubten ihm einen Theil desselben. — 19 mit gewalt, nicht von ihm gelenkt: er liefs dem Rosse den Willen. — 20 durchez = durch dez, daz. — mos stn., Morast, Sumpf, — 23 an jenem Tage ; eine so grofse Strecke ritt. — 24 hete’s, hätte davon. — 25 erfliegen stv., fliegend erreichen, durchfliegen. — 26 wenn meine Quelle mich nicht betrogen hat. — 27 unnâch adv., kaum. — 29. 30 vgl. IV, 35. 36. 31 gestên stv., sich verhalten: wie es ihm geht. — 33 weideman stm., Jäger, aber ebenso der auf Fische Jagd macht, Fischer; vgl. 43. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 237 226 sie wârn dem stade sô nâhen daz sie wol hôrten swaz er sprach. einen er im schiffe sach : der het an ime alsolch gewant, obe im dienden elliu lant, daz ez niht bezzer möhte sin. gefurriert sin huot was pfawîn. den selben vischâre begunde er vrâgen mære, daz er im rieté durch got und durch sîner zühte gebot, wa er hérbérge möhte hân. sus antwurte ime der trûric man. er sprach «hêrre, mir'st niht bekant daz weder wazzer oder lant inre drizec mîln erbûwen si. wan ein hûs lît hie bî: mit triuwen ich iu râte dar: war möht ir tâlanc anderswar ? dort an des velses ende dâ kêrt zer zeswen hende. so’r ûf hin komet an den graben, ich wæn’ dâ müezt ir stille haben. bit die brüke iu nider lâzen und offen iu die strâzen.» er tet als im der vischer riet, mit urloube er dannen schiet. er sprach «komt ir rehte dar, ich nim iwer hînt sélbe war : sô danket als man iuwer pflege. hüet iuch: dâ gênt unkúnde wege: 40 45 50 55 60 65 37 daßs seine Stimme, sein Ruf sie wohl erreichen konnte. — 40 ob gehört in den folgenden Satz mit daz. — 42 pfâwîn adj. (zu pfâwe), vom Pfauen: er hatte einen gefütterten mit Pfauenfedern geschmückten Hut. — 44 mit vrâgen ist zunächst wâ (47) zu verbinden, vor daz ist als Zwischenglied zu ergänzen: und ihn zu bitten. — 45 um Gottes willen und um dessen willen, was seine Wohlerzogenheit ihm zur Pflicht machte. — 50 weder — oder, weder — noch. — 51 erbûwen starkes Part. zu erbûwen, bewohnen. — 52 hie bî, hier in der Nähe. — 53 dar, dorthin (euch zu begeben). — 54 war — anderswar ein Pleonasmus, wohin anders, wohin sonst. — 57 ûf hin, oben hin. — so'r = sô ir, sobald ihr. — graben, Burggraben. — 58 stille haben, still halten. — 59 bit synkopiert aus bitet. — 60 offen swv., verkürzt aus offenen, aber mhd. regelmaßig in verkürzter Form: öffnen. — 63 er, der Fischer. Wenn ihr den Weg nicht verfehlt. — 64 war nemen mit gen., für etwas sorgen. — 65 sô, alsdann. — als, je nachdem, dem entsprechend wie. — 66 hüet = hüetet. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 237 226 sie wârn dem stade sô nâhen daz sie wol hôrten swaz er sprach. einen er im schiffe sach : der het an ime alsolch gewant, obe im dienden elliu lant, daz ez niht bezzer möhte sin. gefurriert sin huot was pfawîn. den selben vischâre begunde er vrâgen mære, daz er im rieté durch got und durch sîner zühte gebot, wa er hérbérge möhte hân. sus antwurte ime der trûric man. er sprach «hêrre, mir'st niht bekant daz weder wazzer oder lant inre drizec mîln erbûwen si. wan ein hûs lît hie bî: mit triuwen ich iu râte dar: war möht ir tâlanc anderswar ? dort an des velses ende dâ kêrt zer zeswen hende. so’r ûf hin komet an den graben, ich wæn’ dâ müezt ir stille haben. bit die brüke iu nider lâzen und offen iu die strâzen.» er tet als im der vischer riet, mit urloube er dannen schiet. er sprach «komt ir rehte dar, ich nim iwer hînt sélbe war : sô danket als man iuwer pflege. hüet iuch: dâ gênt unkúnde wege: 40 45 50 55 60 65 37 daßs seine Stimme, sein Ruf sie wohl erreichen konnte. — 40 ob gehört in den folgenden Satz mit daz. — 42 pfâwîn adj. (zu pfâwe), vom Pfauen: er hatte einen gefütterten mit Pfauenfedern geschmückten Hut. — 44 mit vrâgen ist zunächst wâ (47) zu verbinden, vor daz ist als Zwischenglied zu ergänzen: und ihn zu bitten. — 45 um Gottes willen und um dessen willen, was seine Wohlerzogenheit ihm zur Pflicht machte. — 50 weder — oder, weder — noch. — 51 erbûwen starkes Part. zu erbûwen, bewohnen. — 52 hie bî, hier in der Nähe. — 53 dar, dorthin (euch zu begeben). — 54 war — anderswar ein Pleonasmus, wohin anders, wohin sonst. — 57 ûf hin, oben hin. — so'r = sô ir, sobald ihr. — graben, Burggraben. — 58 stille haben, still halten. — 59 bit synkopiert aus bitet. — 60 offen swv., verkürzt aus offenen, aber mhd. regelmaßig in verkürzter Form: öffnen. — 63 er, der Fischer. Wenn ihr den Weg nicht verfehlt. — 64 war nemen mit gen., für etwas sorgen. — 65 sô, alsdann. — als, je nachdem, dem entsprechend wie. — 66 hüet = hüetet. —
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238 FÜNFTES BUCH. ir muget an der liten wól mísserîten, deiswar des ich in doch niht gan.» Parzivâl der huop sich dan, er begúnde wackerlichen draben den rehten pfat unz an den graben. dâ was diu brükke ûf gezogen, diu burc an veste niht betrogen. sie stuont reht’ als sie ware gedræt. ez enflüge od hete der wint gewæet, mit sturme ir niht geschadet was. vil türne, manec pálás dâ stuont mit wunderlîcher wer. op sie suochten elliu her, sine gæben für die selben nôt ze drizec jaren niht ein brôt. 70 75 80 227 Ein knappe des geruochte und vrâgte in waz er suochte od wann’ sîn reise wære. er sprach «der vischære hât mich von ime her gesant. ich hân genigen sîner hant niwan durch der hérbérge wân. er bat die brükken nider lân, und hiez mich zuo z'iu rîten in.» «hêrre, ir sult willekomen sîn. sît es der vischære verjach, man biut iu êre unt gemach durch in der iuch sande wider", 85 90 95 68 misseriten stv., fehlreiten. — 69 des ist vorauszunehmen: was ich wahrlich. — gan præs. zu dem anomal. gunnen, præt. gunde, gönnen. - 71 wackerlîchen adv. (zu wacker von wach), munter. — 74 veste stf., Festig- keit: nicht um Festigkeit betrogen, im Besitze grofter Festigkeit. — 75 drajen swv., drechseln. — 76 es müsste denn etwas hineingeflogen sein oder der Wind es hinweggeweht haben. — 77 mit Berennung konnte man ihr nicht Schaden thun, nicht beikommen, nicht hineinkommen. — 79 wunderlîch adj., wunderbar, staunenswerth. — wer stf., Befestigung. — 81 sie, die Bewohner der Burg. — 82 ze, in. — niht ein brôt, nicht das Geringste: sie machten sich nicht das Geringste daraus, wenn eine Be- lagerung auch dreissig Jahre dauerte. Vgl. XI, 360. 83 des geruochte, war darauf bedacht. — 85 wann’ = wanne, woher (zu III, 1614) : woher er käme. — 87 von ime, von sich. — 88 ich habe mich bei ihm bedankt (zu I, 195). — 89 wân stm., Hoffnung, Erwartung: nur weil ich auf ein Unterkommen hoffte. — 90 er bat, er befahl euch durch mich. — 94 biut = biutet. — 95 durch in, um seinetwillen. — wider, zurück: im Sinne des Fischers, der von der Burg ausgeritten war. —
238 FÜNFTES BUCH. ir muget an der liten wól mísserîten, deiswar des ich in doch niht gan.» Parzivâl der huop sich dan, er begúnde wackerlichen draben den rehten pfat unz an den graben. dâ was diu brükke ûf gezogen, diu burc an veste niht betrogen. sie stuont reht’ als sie ware gedræt. ez enflüge od hete der wint gewæet, mit sturme ir niht geschadet was. vil türne, manec pálás dâ stuont mit wunderlîcher wer. op sie suochten elliu her, sine gæben für die selben nôt ze drizec jaren niht ein brôt. 70 75 80 227 Ein knappe des geruochte und vrâgte in waz er suochte od wann’ sîn reise wære. er sprach «der vischære hât mich von ime her gesant. ich hân genigen sîner hant niwan durch der hérbérge wân. er bat die brükken nider lân, und hiez mich zuo z'iu rîten in.» «hêrre, ir sult willekomen sîn. sît es der vischære verjach, man biut iu êre unt gemach durch in der iuch sande wider", 85 90 95 68 misseriten stv., fehlreiten. — 69 des ist vorauszunehmen: was ich wahrlich. — gan præs. zu dem anomal. gunnen, præt. gunde, gönnen. - 71 wackerlîchen adv. (zu wacker von wach), munter. — 74 veste stf., Festig- keit: nicht um Festigkeit betrogen, im Besitze grofter Festigkeit. — 75 drajen swv., drechseln. — 76 es müsste denn etwas hineingeflogen sein oder der Wind es hinweggeweht haben. — 77 mit Berennung konnte man ihr nicht Schaden thun, nicht beikommen, nicht hineinkommen. — 79 wunderlîch adj., wunderbar, staunenswerth. — wer stf., Befestigung. — 81 sie, die Bewohner der Burg. — 82 ze, in. — niht ein brôt, nicht das Geringste: sie machten sich nicht das Geringste daraus, wenn eine Be- lagerung auch dreissig Jahre dauerte. Vgl. XI, 360. 83 des geruochte, war darauf bedacht. — 85 wann’ = wanne, woher (zu III, 1614) : woher er käme. — 87 von ime, von sich. — 88 ich habe mich bei ihm bedankt (zu I, 195). — 89 wân stm., Hoffnung, Erwartung: nur weil ich auf ein Unterkommen hoffte. — 90 er bat, er befahl euch durch mich. — 94 biut = biutet. — 95 durch in, um seinetwillen. — wider, zurück: im Sinne des Fischers, der von der Burg ausgeritten war. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 239 sprach der knáppe und lie die brükke nider. in die bure der küene reit, ûf einen hóf wît unde breit, durch schimpf er niht zetretet was (dâ stuont al kurz grüene gras: dâ was bûhurdiern vermiten), mit baniern selten überriten, alsô der anger z'Abenberc. selten froelîchiu werc was dâ gefrümt ze langer stunt: in was wol herzen jâmer kunt. wênc er des gein in enkalt. in enpfiengen riter jung unt alt. vil kleiner junchêrrelîn sprungen gein dem zoume sîn: ieslichez fürez ander greif. sie habten sinen stegreif: sus muoser von dem orse stên. in bâten rîter fürbaz gên: die fuorten in an sîn gemach. harte schiere daz geschach, daz er mit zuht entwâpent wart. dô sie den jungen âne bart gesâhen alsus minneclîch, sie jâhn, er ware sæelden rîch. 100 105 110 115 120 228 Ein wazzer iesch der junge man, er twuoc den râm von im sân under'n óugen unt an handen. alte und junge wânden daz von im ander tac erschine. 125 99 schimpſ, hier: ritterliche Spiele, Turniere u. dgl. — zetreten swv., zer- stampfen. — 100 auf einem zu Ritterspielen häufig dienenden Platze könnte kein Gras stehen. — 101 bûhurdieren swv., einen bûhurt reiten, d. h. ein Ritterspiel, wo Schar auf Schar stöfst. — 102 überrîten stv. mit acc., über etwas hinreiten. — 103 Abenberc östlich von Eschenbach : wie das auf dem Anger von Abenberg der Fall ist, auf welchem viel turniert wird. — 104 selten, nie, kein. — 105 sing. des Verb. nach pl. des Subjects. In langer Zeit, seit langer Zeit. — 107 er hatte unter ihrer Traurigkeit nicht zu leiden. — 111 fürez = für dez, für daz: suchte dem an dern zuvor- zukommen. — 113 stén, absteigen. — 114 fürbaz, weiter: vom Hofe in das Haus einzutreten. — 115 gemach, Ruhe, Räumlichkeit wo man ruhen kann, Zimmer. — 117 mit zuht, wie es sich gebührte. — 119 seine liebliche Gestalt erblickten. 122 râm, den Schmuz der Rüstung (zu III, 1680). — 125 ein zweiter Tag leuchtete; vgl. zu III, 1543. — erschine præt. conj. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 239 sprach der knáppe und lie die brükke nider. in die bure der küene reit, ûf einen hóf wît unde breit, durch schimpf er niht zetretet was (dâ stuont al kurz grüene gras: dâ was bûhurdiern vermiten), mit baniern selten überriten, alsô der anger z'Abenberc. selten froelîchiu werc was dâ gefrümt ze langer stunt: in was wol herzen jâmer kunt. wênc er des gein in enkalt. in enpfiengen riter jung unt alt. vil kleiner junchêrrelîn sprungen gein dem zoume sîn: ieslichez fürez ander greif. sie habten sinen stegreif: sus muoser von dem orse stên. in bâten rîter fürbaz gên: die fuorten in an sîn gemach. harte schiere daz geschach, daz er mit zuht entwâpent wart. dô sie den jungen âne bart gesâhen alsus minneclîch, sie jâhn, er ware sæelden rîch. 100 105 110 115 120 228 Ein wazzer iesch der junge man, er twuoc den râm von im sân under'n óugen unt an handen. alte und junge wânden daz von im ander tac erschine. 125 99 schimpſ, hier: ritterliche Spiele, Turniere u. dgl. — zetreten swv., zer- stampfen. — 100 auf einem zu Ritterspielen häufig dienenden Platze könnte kein Gras stehen. — 101 bûhurdieren swv., einen bûhurt reiten, d. h. ein Ritterspiel, wo Schar auf Schar stöfst. — 102 überrîten stv. mit acc., über etwas hinreiten. — 103 Abenberc östlich von Eschenbach : wie das auf dem Anger von Abenberg der Fall ist, auf welchem viel turniert wird. — 104 selten, nie, kein. — 105 sing. des Verb. nach pl. des Subjects. In langer Zeit, seit langer Zeit. — 107 er hatte unter ihrer Traurigkeit nicht zu leiden. — 111 fürez = für dez, für daz: suchte dem an dern zuvor- zukommen. — 113 stén, absteigen. — 114 fürbaz, weiter: vom Hofe in das Haus einzutreten. — 115 gemach, Ruhe, Räumlichkeit wo man ruhen kann, Zimmer. — 117 mit zuht, wie es sich gebührte. — 119 seine liebliche Gestalt erblickten. 122 râm, den Schmuz der Rüstung (zu III, 1680). — 125 ein zweiter Tag leuchtete; vgl. zu III, 1543. — erschine præt. conj. —
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240 FÜNFTES BUCH. sus saz der minneclîche wine. gar vor allem tadel vrî mit pféllé von Arâbî man truog im einen mantel dar: den legt’ an sich der wol gevar; mit ófféner snüere. ez was ime ein lobes gefüere. dô sprach der kamerære kluoc « Repánsé de schoye in truoc, mîn fróuwé de künegîn: ab ir sol er iu glihen sîn: wan iu ist niht kleider noch gesniten. jâ mohte ich si's mit êren biten: wande ir sît ein werder man, ob ich'z geprüevet rehte hân.» «got lône iu, hêrre, daz ir's jeht. ob ir mich ze rehte speht, sô hât mîn lîp gelücke erholt: diu gotes kraft gît sölhen solt." man schancte im unde pflac sîn sô, die trûregen wâren mit im vrô. man bôt im wirde und êre : wan dâ was râtes mêre denne er ze Pelrapeire vant, die dô von kumber schiet sîn hant. Sin harnasch was von ime getragen: das begunder sider klagen, 130 135 140 145 150 229 2 126 wine stm., Geliebter. — 127 gehört zu mantel, 129. — 128 mit, verseben mit, gefertigt aus. — 131 snüere dat. sing. von snuor stf., Schnur. — 132 gefüere stn., Vortheil, Gewinn: es trug ihm Lob ein, indem der Mantel ihn sehr gut kleidete. — 136 ab, weg von, herrührend von. — glihen = gelihen. — 137 man hat für euch noch keine Kleider zugeschnitten: es war Sitte, dafs dem Gaste neue Kleider gegeben wurden. Unter dem Ge- sinde eines grofsen Burgherrn befand sich auch ein schrôtœre, ein Schnei- der. — 138 si's, sie darum. — 142 wenn ihr mich richtig beurtheilt. — 143 erholn swv., erwerben: so bin ich glücklich. — 144 solchen Sold, d. h. das Glück der werdekeit: es ist dann nicht mein Verdienst, sondern Gottes Gabe. — 145 schancte præt. von schenken (zu I, 849). — 146 daſ sie ihn ihre Trauer nicht merken ließen. — 147 wirde stf., Verehrung, würdige Behandlung. — 148 ràt, Vorrath (zu II, 576). — 149 vgl. IV, 145 ff. — 150 die: Pelrapeire ist fem. wie alle Namen von Burgen. Doch kann die auch auf die Bewohner der Burg bezogen werden, was sich wegen kumber empfiehlt. Vgl. zu V, 81. 151 war von ihm fortgetragen, um es aufzuheben, um es zu behalten; vgl. Nibel. 1745, 3 Es war Sitte, dafs der Ankommende seine Waffen ab- legte. —
240 FÜNFTES BUCH. sus saz der minneclîche wine. gar vor allem tadel vrî mit pféllé von Arâbî man truog im einen mantel dar: den legt’ an sich der wol gevar; mit ófféner snüere. ez was ime ein lobes gefüere. dô sprach der kamerære kluoc « Repánsé de schoye in truoc, mîn fróuwé de künegîn: ab ir sol er iu glihen sîn: wan iu ist niht kleider noch gesniten. jâ mohte ich si's mit êren biten: wande ir sît ein werder man, ob ich'z geprüevet rehte hân.» «got lône iu, hêrre, daz ir's jeht. ob ir mich ze rehte speht, sô hât mîn lîp gelücke erholt: diu gotes kraft gît sölhen solt." man schancte im unde pflac sîn sô, die trûregen wâren mit im vrô. man bôt im wirde und êre : wan dâ was râtes mêre denne er ze Pelrapeire vant, die dô von kumber schiet sîn hant. Sin harnasch was von ime getragen: das begunder sider klagen, 130 135 140 145 150 229 2 126 wine stm., Geliebter. — 127 gehört zu mantel, 129. — 128 mit, verseben mit, gefertigt aus. — 131 snüere dat. sing. von snuor stf., Schnur. — 132 gefüere stn., Vortheil, Gewinn: es trug ihm Lob ein, indem der Mantel ihn sehr gut kleidete. — 136 ab, weg von, herrührend von. — glihen = gelihen. — 137 man hat für euch noch keine Kleider zugeschnitten: es war Sitte, dafs dem Gaste neue Kleider gegeben wurden. Unter dem Ge- sinde eines grofsen Burgherrn befand sich auch ein schrôtœre, ein Schnei- der. — 138 si's, sie darum. — 142 wenn ihr mich richtig beurtheilt. — 143 erholn swv., erwerben: so bin ich glücklich. — 144 solchen Sold, d. h. das Glück der werdekeit: es ist dann nicht mein Verdienst, sondern Gottes Gabe. — 145 schancte præt. von schenken (zu I, 849). — 146 daſ sie ihn ihre Trauer nicht merken ließen. — 147 wirde stf., Verehrung, würdige Behandlung. — 148 ràt, Vorrath (zu II, 576). — 149 vgl. IV, 145 ff. — 150 die: Pelrapeire ist fem. wie alle Namen von Burgen. Doch kann die auch auf die Bewohner der Burg bezogen werden, was sich wegen kumber empfiehlt. Vgl. zu V, 81. 151 war von ihm fortgetragen, um es aufzuheben, um es zu behalten; vgl. Nibel. 1745, 3 Es war Sitte, dafs der Ankommende seine Waffen ab- legte. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 241 da er sich schimpfes niht versan. ze hove ein redespæher man bat komen ze vrävelliche den gast ellens rîche zem wirte, als ob im wære zorn. des het er nâch den lip verlorn von dem jungen Parzivâl. do er sin swert wol gemâl niender bî im ligen vant, zer fiuste twanger sus die hant daz dez plúot üzen nagelen schôz und ime den ermel gar begôz. «nein, hêrre», sprach diu rîterschaft, «ez ist ein man der schimpfes kraft hât, swie trûrc wir anders sîn : tuot iuwer zuht gein ime schîn. ir sult’z niht anders hân vernomen. wan daz der víschár si komen. dar gêt: ir sît im werder gast: und schütet ab iu zornes last.» 155 160 165 170 Sie giengen ûf ein palas. hundert krône dâ gehangen was, vil kerzen drûf gestôzen, obe den hûsgenôzen, kleine kerzen umbe an der want. hundert pette er ligen vant 175 153 sich versinnen mit gen., merken: bei einer Gelegenheit, wo er den Scherz nicht merkte. — 154 ze hove ist mit komen zu verbinden; dasselbe bezeichnet zem wirte. — redespœhe adj., redefertig, im Reden gewandt. Gemeint ist der Narr, der an keinem mittelalterlichen Hofe fehlte und daher auch an dem Sitz des idealen Ritterthums nicht wegbleibt. — 155 vrä- velliche adv., keck, frech. — 157 als ob er zornig wäre; mir ist zorn, ich bin zornig. — 162 fiuste dat. sing. von fûst stf., Faust. Er ballte die Hand zur Faust zusammen. — 165 nein, nicht doch: sie suchen ihn zu beruhigen, es sei nicht so gemeint gewesen, wie er es auffasste. — 166 der Gewalt, Fähigkeit hat zu scherzen. — 167 anders, im Ubrigen. — 168 zeigt ihm gegenüber eure Wohlerzogenheit: lasst es ihm hingehen. — 169 vernemen, verstehen, auffassen. — 171 dar, dorthin, zu ihm. — werder gast, ein werther, lieber Gast; die Weglassung des unbestimmten Artikels, den manche Hss. hier einschieben, ist wie die des bestimmten in Wendungen wie saget dienest mîn, mir râten friunde mîn (Nibel. 1085, 1). Vgl. II, 1493. — 172 schüten swv., schütteln: die Abweichungen der Hss. weisen, wie Lachmann vermuthet, auf ladet für schütet hin. 174 krône stf., Kronleuchter. — hâhen stv. anom., hängen, aufhängen. — was sing. nach pl. des Subjects. — 175 drûf gestôzen, darauf gesteckt (zu II, 180). — 176 hûsgenôz stm., Hausgenosse, Hausbewohner. 177 kleine, zierlich. — umbe adv., ringsum. — 178 pette = bette stn., Ruhe- bett. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 16
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 241 da er sich schimpfes niht versan. ze hove ein redespæher man bat komen ze vrävelliche den gast ellens rîche zem wirte, als ob im wære zorn. des het er nâch den lip verlorn von dem jungen Parzivâl. do er sin swert wol gemâl niender bî im ligen vant, zer fiuste twanger sus die hant daz dez plúot üzen nagelen schôz und ime den ermel gar begôz. «nein, hêrre», sprach diu rîterschaft, «ez ist ein man der schimpfes kraft hât, swie trûrc wir anders sîn : tuot iuwer zuht gein ime schîn. ir sult’z niht anders hân vernomen. wan daz der víschár si komen. dar gêt: ir sît im werder gast: und schütet ab iu zornes last.» 155 160 165 170 Sie giengen ûf ein palas. hundert krône dâ gehangen was, vil kerzen drûf gestôzen, obe den hûsgenôzen, kleine kerzen umbe an der want. hundert pette er ligen vant 175 153 sich versinnen mit gen., merken: bei einer Gelegenheit, wo er den Scherz nicht merkte. — 154 ze hove ist mit komen zu verbinden; dasselbe bezeichnet zem wirte. — redespœhe adj., redefertig, im Reden gewandt. Gemeint ist der Narr, der an keinem mittelalterlichen Hofe fehlte und daher auch an dem Sitz des idealen Ritterthums nicht wegbleibt. — 155 vrä- velliche adv., keck, frech. — 157 als ob er zornig wäre; mir ist zorn, ich bin zornig. — 162 fiuste dat. sing. von fûst stf., Faust. Er ballte die Hand zur Faust zusammen. — 165 nein, nicht doch: sie suchen ihn zu beruhigen, es sei nicht so gemeint gewesen, wie er es auffasste. — 166 der Gewalt, Fähigkeit hat zu scherzen. — 167 anders, im Ubrigen. — 168 zeigt ihm gegenüber eure Wohlerzogenheit: lasst es ihm hingehen. — 169 vernemen, verstehen, auffassen. — 171 dar, dorthin, zu ihm. — werder gast, ein werther, lieber Gast; die Weglassung des unbestimmten Artikels, den manche Hss. hier einschieben, ist wie die des bestimmten in Wendungen wie saget dienest mîn, mir râten friunde mîn (Nibel. 1085, 1). Vgl. II, 1493. — 172 schüten swv., schütteln: die Abweichungen der Hss. weisen, wie Lachmann vermuthet, auf ladet für schütet hin. 174 krône stf., Kronleuchter. — hâhen stv. anom., hängen, aufhängen. — was sing. nach pl. des Subjects. — 175 drûf gestôzen, darauf gesteckt (zu II, 180). — 176 hûsgenôz stm., Hausgenosse, Hausbewohner. 177 kleine, zierlich. — umbe adv., ringsum. — 178 pette = bette stn., Ruhe- bett. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 16
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242 FÜNFTES BUCH. 230 (das schuofen die’s dâ pflâgen): hundert kúlter drûffe lâgen. ie vier gesellen sundersiz, da enzwischen was ein underviz: derfür ein teppech sinewel. fil li roy Frimutel mohte wol geleisten daz. eins dinges man dâ niht vergaz: sine hete niht betûret, mit marmel was gemûret drî vierékke fiwerrame: dar ûffe was des fiwers name, holz, hiez lign alôê. sô grôziu fiwer sît noch ê sach niemen hie ze Wildenberc: jenz wâren kostenlichiu werc. Der wirt sich selben setzen bat gein der mitteln fiwerstat úf ein spánbétte. ez was worden wette zwischen ime und der vröude: er lebete niht wan töude. in den pâlas kom gegangen 185 190 195 180 200 179 das hatten diejenigen besorgt denen es oblag. — dà verstärkend zu die. — 180 auf jedem Ruhebette lag eine gepolsterte Decke (zu I, 694). — 181 sundersiz stm., besonderer Sitz: auf jedem der Ruhebetten saßsen vier beisammen. — 182 zwischen den einzelnen Ruhebetten. — underviz stm., Zwischenraum. — 183 derfür, vor jedes Ruhebett (war gelegt).- sinewel adj., rund. — 184 Anfortas ist gemeint. — 185 geleisten swy., beschaffen: er besaſs die Mittel dazu. — 186 eins dinges, etwas: mit Bezug auf das Fol- gende. — 187 betûren swv., zu kostbar dünken, sodal man es nicht er- schwingen kann: daraus unser neuhd. bedauern. — 188 marmel stm., Marmor. — was mit nachfolgendem Pl. des Subjects. — 189 fiwerram stf., Gestell um Feuer darauf zu machen. — 190 name, Substanz: dient mit dem Gen. verbunden häufig nur zur Umschreibung des Dinges, das im Gen. steht. — 191 lign, Holz; alôé, von Aloe. Das Original hat nichts davon, sondern seche busche 4272 ; da nun Wolfram an einer Stelle des Willehalm (69, 12) lign alôê aus Missverständniss des franz. Verbums aloer = adlocare gemacht hat, so ist wohl die ganze Vorstellung eine auf Missverständniss beruhende. — 193 Wildenberc war der Wohnsitz des Dichters, der hier wie anderwärts über seine Armuth scherzt. — 194 kostenlîch adj., kost- bar. — werc stn., Stoff. 195 bat, befahl, dafs man ihn setze. — 196 fiwerstat stf., Feuerstätte, Herd: der Mitte der Feuerstätte gegenüber. — 197 spanbette stn., Bett, welches wie unsere Feldbetten aufgespannt und zusammengelegt werden kann. — 198 wette stf., Aufhebung einer Rechtsverbindlichkeit: zwischen ihm und der Freude war die Verbindung abgebrochen. — 200 töude part. præt. von töuwen, töun (zu II, 542), dahinsterben, statt töunde. —
242 FÜNFTES BUCH. 230 (das schuofen die’s dâ pflâgen): hundert kúlter drûffe lâgen. ie vier gesellen sundersiz, da enzwischen was ein underviz: derfür ein teppech sinewel. fil li roy Frimutel mohte wol geleisten daz. eins dinges man dâ niht vergaz: sine hete niht betûret, mit marmel was gemûret drî vierékke fiwerrame: dar ûffe was des fiwers name, holz, hiez lign alôê. sô grôziu fiwer sît noch ê sach niemen hie ze Wildenberc: jenz wâren kostenlichiu werc. Der wirt sich selben setzen bat gein der mitteln fiwerstat úf ein spánbétte. ez was worden wette zwischen ime und der vröude: er lebete niht wan töude. in den pâlas kom gegangen 185 190 195 180 200 179 das hatten diejenigen besorgt denen es oblag. — dà verstärkend zu die. — 180 auf jedem Ruhebette lag eine gepolsterte Decke (zu I, 694). — 181 sundersiz stm., besonderer Sitz: auf jedem der Ruhebetten saßsen vier beisammen. — 182 zwischen den einzelnen Ruhebetten. — underviz stm., Zwischenraum. — 183 derfür, vor jedes Ruhebett (war gelegt).- sinewel adj., rund. — 184 Anfortas ist gemeint. — 185 geleisten swy., beschaffen: er besaſs die Mittel dazu. — 186 eins dinges, etwas: mit Bezug auf das Fol- gende. — 187 betûren swv., zu kostbar dünken, sodal man es nicht er- schwingen kann: daraus unser neuhd. bedauern. — 188 marmel stm., Marmor. — was mit nachfolgendem Pl. des Subjects. — 189 fiwerram stf., Gestell um Feuer darauf zu machen. — 190 name, Substanz: dient mit dem Gen. verbunden häufig nur zur Umschreibung des Dinges, das im Gen. steht. — 191 lign, Holz; alôé, von Aloe. Das Original hat nichts davon, sondern seche busche 4272 ; da nun Wolfram an einer Stelle des Willehalm (69, 12) lign alôê aus Missverständniss des franz. Verbums aloer = adlocare gemacht hat, so ist wohl die ganze Vorstellung eine auf Missverständniss beruhende. — 193 Wildenberc war der Wohnsitz des Dichters, der hier wie anderwärts über seine Armuth scherzt. — 194 kostenlîch adj., kost- bar. — werc stn., Stoff. 195 bat, befahl, dafs man ihn setze. — 196 fiwerstat stf., Feuerstätte, Herd: der Mitte der Feuerstätte gegenüber. — 197 spanbette stn., Bett, welches wie unsere Feldbetten aufgespannt und zusammengelegt werden kann. — 198 wette stf., Aufhebung einer Rechtsverbindlichkeit: zwischen ihm und der Freude war die Verbindung abgebrochen. — 200 töude part. præt. von töuwen, töun (zu II, 542), dahinsterben, statt töunde. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 243 231 der dâ wart wol enpfangen, Parzivâl der lieht gevar, von ime der in sande dar. er liez in dâ niht langer stên: in bat der wirt nâher gên und sitzen, «zuo mir dâ her an. sazte ich iuch verre dort hin dan, daz wære iu alze gastlîch.» sus sprach der wirt jâmers rîch. der wirt het durch siechheit grôziu fíur und an im warmiu kleit. wît und lanc zobelîn, sus muose ûze und inne sîn der pelliz und der mantel drobe. der swechest balc wær’ wol ze lobe: der was doch swarz unde grâ: des selben was ein hûbe dâ úf sîme houbte zwivált, von zobele den man tiure galt. sinwél arâbsch ein borte oben drûf gehôrte, mitten dran ein knöpfelîn, ein durchliuhtic rúbîn. dâ saz manec riter kluoc, dâ man jâmer für sie truoc. ein knappe spranc zer tür derîn. der truog eine glævîn (der site was ze trûren guot): 205 210 215 220 225 202 der, derjenige der. — 204 von dem Fischer, der ihn dahin geschickt hatte: denn dies ist der Wirth Anfortas. — 207 Ubergang von indirecter in directe Rede (zu I, 278): setzt euch hier neben mich. — 208 hin dan, weg von hier. — 209 gastlîch adj., nach Art eines Fremden: dann behan- delte ich euch zu sehr als Fremden. — 211 siechheit, gewöhnlich mit Unter- drückung des h, siecheit (vgl. rîchheit 294. 411. 570. 795) stf., Krankheit. — 215 pelliz stm., Pelz, altfranz. pelice. — drobe, darüber: über dem Pelz. — 216 swach adj., gering, werthlos. — balc, Balg: die Zobelbälge waren von verschiedenem Werthe, der feinste Zobel derjenige, dessen reines Weifs von dem Schwarz recht abstach. — wœr' ze lobe, wäre zum Lobe geeignet gewesen. — 218 des selben, ebenfalls von Zobel, näher erläutert durch 220. — hûbe swf., Haube, Mütze. — 219 zwivalt, außsen und innen mit Zobel bekleidet; vgl. 214. — 221 die Mütze war oben gerundet und mit einem goldgewirkten Bande besetzt. — 223 in der Mitte der Oberfläche. — 224 durchliuhtic adj., hell leuchtend. — 226 jâmer, hier: der Gegenstand des Jammers, der Jammer erweckt. — 227 derîn geschwächt aus dar în, herein. — 228 glœvîn stf., vom altfranz. glaive, Speer, Lanze: ursprünglich nur das Speereisen (vgl. sper zu I, 1514). — 229 was guot ze, war nützlich — zu, verhalf zu. 16 *
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 243 231 der dâ wart wol enpfangen, Parzivâl der lieht gevar, von ime der in sande dar. er liez in dâ niht langer stên: in bat der wirt nâher gên und sitzen, «zuo mir dâ her an. sazte ich iuch verre dort hin dan, daz wære iu alze gastlîch.» sus sprach der wirt jâmers rîch. der wirt het durch siechheit grôziu fíur und an im warmiu kleit. wît und lanc zobelîn, sus muose ûze und inne sîn der pelliz und der mantel drobe. der swechest balc wær’ wol ze lobe: der was doch swarz unde grâ: des selben was ein hûbe dâ úf sîme houbte zwivált, von zobele den man tiure galt. sinwél arâbsch ein borte oben drûf gehôrte, mitten dran ein knöpfelîn, ein durchliuhtic rúbîn. dâ saz manec riter kluoc, dâ man jâmer für sie truoc. ein knappe spranc zer tür derîn. der truog eine glævîn (der site was ze trûren guot): 205 210 215 220 225 202 der, derjenige der. — 204 von dem Fischer, der ihn dahin geschickt hatte: denn dies ist der Wirth Anfortas. — 207 Ubergang von indirecter in directe Rede (zu I, 278): setzt euch hier neben mich. — 208 hin dan, weg von hier. — 209 gastlîch adj., nach Art eines Fremden: dann behan- delte ich euch zu sehr als Fremden. — 211 siechheit, gewöhnlich mit Unter- drückung des h, siecheit (vgl. rîchheit 294. 411. 570. 795) stf., Krankheit. — 215 pelliz stm., Pelz, altfranz. pelice. — drobe, darüber: über dem Pelz. — 216 swach adj., gering, werthlos. — balc, Balg: die Zobelbälge waren von verschiedenem Werthe, der feinste Zobel derjenige, dessen reines Weifs von dem Schwarz recht abstach. — wœr' ze lobe, wäre zum Lobe geeignet gewesen. — 218 des selben, ebenfalls von Zobel, näher erläutert durch 220. — hûbe swf., Haube, Mütze. — 219 zwivalt, außsen und innen mit Zobel bekleidet; vgl. 214. — 221 die Mütze war oben gerundet und mit einem goldgewirkten Bande besetzt. — 223 in der Mitte der Oberfläche. — 224 durchliuhtic adj., hell leuchtend. — 226 jâmer, hier: der Gegenstand des Jammers, der Jammer erweckt. — 227 derîn geschwächt aus dar în, herein. — 228 glœvîn stf., vom altfranz. glaive, Speer, Lanze: ursprünglich nur das Speereisen (vgl. sper zu I, 1514). — 229 was guot ze, war nützlich — zu, verhalf zu. 16 *
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244 FÜNFTES BUCH. 232 an der snîden huop sich pluot und lief den schaft unz ûf die hant, deiz in dem ermel widerwant. dâ wart geweinet unt geschrît úf dem páláse wît: daz volc von drizec landen möht'z den óugen niht enblanden. er truoc se in sînen henden alumb' zen vier wenden, unz aber wider zuo der tür. der knappe spranc hin ûz derfür. gestillet was des volkes nôt, als in der jâmer ê gebôt, des sie diu glæevîn het ermant, die der knáppe brâhte in sîner hant. Wil iuch nu niht erlangen, sô wirt hie zuo gevangen daz ich iuch bringe an die vart, wie dâ mit zuht gedienet wart. z'ende an dem palas ein stähelîn tür entslozzen was: dâ giengen ûz zwei werdiu kint (nu hoert wie diu geprüevet sint), daz sie wol gæben minnen solt, swer’z dâ mit dienste het erholt. daz wâren juncfrouwen clâr. zwei schapel über blôziu hâr 235 240 245 250 230 255 230 von der Schneide gieng Blut aus: s'en ist goute de sanc, Crestien. — 231 den schaft, den Schaft entlang. — 232 widerwinden stv., umkehren: es floßs bis zum Ellenbogen, dort konnte es wegen der Biegung des Armes nicht weiter. — 233 geschrît part. von schrîen swv., schreien. — 236 en- blanden stv., als Arbeit auferlegen; ez, das Weinen, welches die hier Ver- sammelten verursachten. — 237 se, die Lanze. — 238 zen, an den. — 239 aber wider, wieder zurück. — 240 hin ûz derfür, vor die Thür hin- aus. — 242 als, wie es: auf nôt zu beziehen. — gebôt, geboten hatte. — 243 des, auf jâmer zu beziehen. — ermanen stv., erinnern, die Erinnerung auffrischen. 245 wenn es euch nicht zu lang, langweilig bedünken will. — 246 zuo vâhen absol., anfangen. — 247 an die vart bringen, dahin bringen: daßs ich euch das hinterbringe, berichte. — 250 stähelîn adj. von stahel, stählern. — entslozzen was, wurde aufgeschlossen, öffnete sich. — 251 giengen, kamen. — kint stn., Mädchen, Jungfrau. — 252 prüeven swv., bereiten, schmücken. — 253 daz, in dem Alter daſ; vgl. zu V, 11. Mannbare Jungfrauen. — 254 swer, wenn einer, wenn ein Mann. — 256 schapel stn., altfranz. chapel. Kranz, entweder aus Blumen oder (das künstliche schapel) aus Bändern und Borten. Es ist Kopfschmuck der Jungfrauen, Frauen tragen das — gebende (vgl. zu IV, 703).
244 FÜNFTES BUCH. 232 an der snîden huop sich pluot und lief den schaft unz ûf die hant, deiz in dem ermel widerwant. dâ wart geweinet unt geschrît úf dem páláse wît: daz volc von drizec landen möht'z den óugen niht enblanden. er truoc se in sînen henden alumb' zen vier wenden, unz aber wider zuo der tür. der knappe spranc hin ûz derfür. gestillet was des volkes nôt, als in der jâmer ê gebôt, des sie diu glæevîn het ermant, die der knáppe brâhte in sîner hant. Wil iuch nu niht erlangen, sô wirt hie zuo gevangen daz ich iuch bringe an die vart, wie dâ mit zuht gedienet wart. z'ende an dem palas ein stähelîn tür entslozzen was: dâ giengen ûz zwei werdiu kint (nu hoert wie diu geprüevet sint), daz sie wol gæben minnen solt, swer’z dâ mit dienste het erholt. daz wâren juncfrouwen clâr. zwei schapel über blôziu hâr 235 240 245 250 230 255 230 von der Schneide gieng Blut aus: s'en ist goute de sanc, Crestien. — 231 den schaft, den Schaft entlang. — 232 widerwinden stv., umkehren: es floßs bis zum Ellenbogen, dort konnte es wegen der Biegung des Armes nicht weiter. — 233 geschrît part. von schrîen swv., schreien. — 236 en- blanden stv., als Arbeit auferlegen; ez, das Weinen, welches die hier Ver- sammelten verursachten. — 237 se, die Lanze. — 238 zen, an den. — 239 aber wider, wieder zurück. — 240 hin ûz derfür, vor die Thür hin- aus. — 242 als, wie es: auf nôt zu beziehen. — gebôt, geboten hatte. — 243 des, auf jâmer zu beziehen. — ermanen stv., erinnern, die Erinnerung auffrischen. 245 wenn es euch nicht zu lang, langweilig bedünken will. — 246 zuo vâhen absol., anfangen. — 247 an die vart bringen, dahin bringen: daßs ich euch das hinterbringe, berichte. — 250 stähelîn adj. von stahel, stählern. — entslozzen was, wurde aufgeschlossen, öffnete sich. — 251 giengen, kamen. — kint stn., Mädchen, Jungfrau. — 252 prüeven swv., bereiten, schmücken. — 253 daz, in dem Alter daſ; vgl. zu V, 11. Mannbare Jungfrauen. — 254 swer, wenn einer, wenn ein Mann. — 256 schapel stn., altfranz. chapel. Kranz, entweder aus Blumen oder (das künstliche schapel) aus Bändern und Borten. Es ist Kopfschmuck der Jungfrauen, Frauen tragen das — gebende (vgl. zu IV, 703).
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 245 233 blüemîn was ir gebende. ietwederiu ûfer hende truoc von golde ein kerzestal. ir hâr was reit lanc unde val. sie truogen brinnendígiu lieht. hie sule wir vergezzen niht umbe der júncfrówen gewant, dâ man se kumende inne vant. de grévîn von Tenabroc, brûn scharlachen was ir roc: des selben truoc ouch ir gespil. sie wâren géfischieret vil mit zwein gürteln an der krenke, ob der hüffe ame gelenke. nâch den kom ein herzogîn und ir gespil. zwei stöllelin sie trúogén von helfenbein. ir munt nâch fiwers roete schein. die nigen alle viere: zwúo sázten schiere für den wirt die stollen. dâ wart gedient mit vollen. die stuonden ensamet an eine schar und wâren alle wol gevar. den vieren was gelîch ir wât. seht wâ sich niht versûmet hât ander frouwen vierstunt zwuo. die wâren dâ geschaffet zuo. viere truogen kerzen grôz: 260 265 270 275 280 285 - - — 257 blüemin adj., von Blumen: zu schapel gehörig. — gebende stn. bezeich- net hier im Allgemeinen den Kopfputz. — 258 ûfer = ûf der, wie ûfem = ùf dem. — 259 kerzestal stn., Leuchter (zu I, 1016). — 260 val adj., blond. — 261 brinnendic adj. vom Part. brinnende abgeleitet, brennend; vgl. glüendic (II, 686), lébendic. — 262 sule wir, wollen wir. — niht umbe, nichts in Bezug auf. — 264 dâ mit inne zu verbinden, in welchen. — vinden, wahrnehmen, bemerken, sehen. — 265 grœvîn nom. außer der Con- struction, durch ir (266) in dieselbe aufgenommen. — 267 von demselben Stoffe hatte auch einen Rock an. — gespil swf., Gespielin. — 268 vil ge- hört zu gefischieret. — 269 krenke stf., der Theil des Leibes, der schwä- cher, schmäler ist als der uber und unter ihm: die Taille. — 270 hüffe dat. sing. von huf, Hüfte (IV, 151). — 272 stöllelîn stn. demin. zu stolle, Fuf’gestell, Bein eines Hausgeräthes, altfranz. escace. — 274 nâch, nach Art von, wie. — 277 stolle, vgl. zu 272. — 278 da fehlte nichts an einer vollständigen Bedienung. — 279 die, die vier bis jetzt eingetretenen Frauen. — stân, sich stellen, wie sitzen, sich setzen, ligen, sich legen. — 282 seht wâ, seht wie dort; vgl. zu II, 599. — sich versumen, sich ver- späten. — 283 vierstunt, viermal: also acht; vgl. 296. 303. — 284 schaffen swv., festsetzen, bestellen: das war ihr Amt, ihr Dienst. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 245 233 blüemîn was ir gebende. ietwederiu ûfer hende truoc von golde ein kerzestal. ir hâr was reit lanc unde val. sie truogen brinnendígiu lieht. hie sule wir vergezzen niht umbe der júncfrówen gewant, dâ man se kumende inne vant. de grévîn von Tenabroc, brûn scharlachen was ir roc: des selben truoc ouch ir gespil. sie wâren géfischieret vil mit zwein gürteln an der krenke, ob der hüffe ame gelenke. nâch den kom ein herzogîn und ir gespil. zwei stöllelin sie trúogén von helfenbein. ir munt nâch fiwers roete schein. die nigen alle viere: zwúo sázten schiere für den wirt die stollen. dâ wart gedient mit vollen. die stuonden ensamet an eine schar und wâren alle wol gevar. den vieren was gelîch ir wât. seht wâ sich niht versûmet hât ander frouwen vierstunt zwuo. die wâren dâ geschaffet zuo. viere truogen kerzen grôz: 260 265 270 275 280 285 - - — 257 blüemin adj., von Blumen: zu schapel gehörig. — gebende stn. bezeich- net hier im Allgemeinen den Kopfputz. — 258 ûfer = ûf der, wie ûfem = ùf dem. — 259 kerzestal stn., Leuchter (zu I, 1016). — 260 val adj., blond. — 261 brinnendic adj. vom Part. brinnende abgeleitet, brennend; vgl. glüendic (II, 686), lébendic. — 262 sule wir, wollen wir. — niht umbe, nichts in Bezug auf. — 264 dâ mit inne zu verbinden, in welchen. — vinden, wahrnehmen, bemerken, sehen. — 265 grœvîn nom. außer der Con- struction, durch ir (266) in dieselbe aufgenommen. — 267 von demselben Stoffe hatte auch einen Rock an. — gespil swf., Gespielin. — 268 vil ge- hört zu gefischieret. — 269 krenke stf., der Theil des Leibes, der schwä- cher, schmäler ist als der uber und unter ihm: die Taille. — 270 hüffe dat. sing. von huf, Hüfte (IV, 151). — 272 stöllelîn stn. demin. zu stolle, Fuf’gestell, Bein eines Hausgeräthes, altfranz. escace. — 274 nâch, nach Art von, wie. — 277 stolle, vgl. zu 272. — 278 da fehlte nichts an einer vollständigen Bedienung. — 279 die, die vier bis jetzt eingetretenen Frauen. — stân, sich stellen, wie sitzen, sich setzen, ligen, sich legen. — 282 seht wâ, seht wie dort; vgl. zu II, 599. — sich versumen, sich ver- späten. — 283 vierstunt, viermal: also acht; vgl. 296. 303. — 284 schaffen swv., festsetzen, bestellen: das war ihr Amt, ihr Dienst. —
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246 FÜNFTES BUCH. 234 die andern viere niht verdrôz, sine trüegen einen tiuren stein, dâ tages de sunne lieht durch schein. dâ für was sin name erkant: ez was ein grânât jachant, beide lanc unde breit. durch die lîhte in dünne sneit swer in z'eime tische maz; dâ obe der wirt durch rîchheit az. sie giengen harte rehte für den wirt al ehte, gein nîgen sie ir houbet wegten. vieré die tavelen legten ûf helfenbein wîz als ein snê, stollen die dâ kômen ê. mit zuht sie kunden wider gên, zuo den êrsten vieren stên. an disen aht frouwen was röcke grüener denn' ein gras, von Azagouc sámît, gesniten wol lanc unde wît. dâ mitten sie zesamene twanc gürteln tiur smal unde lanc. dise ahte júncfrouwen kluoc, ieslîchiu obe ir hâre truoc ein kleine blüemîn schápél. 290 295 300 305 310 286 riht verdrôz, sine, dünkte nicht lästig, daſs sie: zu tragen. — 287 tiure adj. (= tiwer I, 274), kostbar. — 289 da für, mit Bezug auf die folgende Zeile: als ein solcher, so. — 290 jachant stm., altfranz. jacente, Hyacinth, ein blauschimmernder Stein : dieser stand in der Mitte zwischen der Farbe des Granats und Hyacinths, ein Hyacinth mit röthlichem Schimmer. — 292 lîhte stf., Leichtigkeit: der Leichtigkeit wegen. — 293 derjenige, wer er auch war, der. — 294 dà obe, über welchem, an welchem. — durch richheit, weil er so reich war, hatte er einen so kostbaren Tisch. — 295 harte rehte, ganz geradewegs, direct. — 296 chte Umlaut von ahte, auch ähte (I, 888), acht. — 297 gein nigen, zum Verneigen. — wegen swv., be- wegen. — 298 tavele swf., Tafel: der tafelförmig (vgl. 293) geschnittene Edelstein. — 299 auf die elfenbeinernen Füfse; vgl. 272. — ein snê, ebenso ein gras 304 u. s. w.; bei Vergleichen wird im Mhd. ein hinzugefügt, weil man nicht mit dem Gegenstande im Allgemeinen, sondern einem bestimmten Stücke vergleicht. — 300 stollen, Apposition zu helfenbein: beides zusam- men = stollen von helfenbein (272. 273). — 301 verstanden sie zurückzutreten: an die Wand. — 302 stén; vgl. zu 279. — 303 sie hatten an. — was sing. bei folgendem Pl. des Subjects: ebenso gleich nachher V. 307. — 305 das Nibelungenlied kennt Seide von Azagouc: aus ihm hat Wolfram den Namen entlehnt, nicht umgekehrt, wie Lachmann (zu den Nibel. S. 60) annahm. — 306 gesniten wol, von schönem Schnitt. — 307 in der Mitte, d. h. in der Taille (zu V, 369) schlossen die Röcke zusammen. — 308 gürtel hier swf.. ahd. curdila, Gürtel. — 309 kluoc, zierlich, schmuck. —
246 FÜNFTES BUCH. 234 die andern viere niht verdrôz, sine trüegen einen tiuren stein, dâ tages de sunne lieht durch schein. dâ für was sin name erkant: ez was ein grânât jachant, beide lanc unde breit. durch die lîhte in dünne sneit swer in z'eime tische maz; dâ obe der wirt durch rîchheit az. sie giengen harte rehte für den wirt al ehte, gein nîgen sie ir houbet wegten. vieré die tavelen legten ûf helfenbein wîz als ein snê, stollen die dâ kômen ê. mit zuht sie kunden wider gên, zuo den êrsten vieren stên. an disen aht frouwen was röcke grüener denn' ein gras, von Azagouc sámît, gesniten wol lanc unde wît. dâ mitten sie zesamene twanc gürteln tiur smal unde lanc. dise ahte júncfrouwen kluoc, ieslîchiu obe ir hâre truoc ein kleine blüemîn schápél. 290 295 300 305 310 286 riht verdrôz, sine, dünkte nicht lästig, daſs sie: zu tragen. — 287 tiure adj. (= tiwer I, 274), kostbar. — 289 da für, mit Bezug auf die folgende Zeile: als ein solcher, so. — 290 jachant stm., altfranz. jacente, Hyacinth, ein blauschimmernder Stein : dieser stand in der Mitte zwischen der Farbe des Granats und Hyacinths, ein Hyacinth mit röthlichem Schimmer. — 292 lîhte stf., Leichtigkeit: der Leichtigkeit wegen. — 293 derjenige, wer er auch war, der. — 294 dà obe, über welchem, an welchem. — durch richheit, weil er so reich war, hatte er einen so kostbaren Tisch. — 295 harte rehte, ganz geradewegs, direct. — 296 chte Umlaut von ahte, auch ähte (I, 888), acht. — 297 gein nigen, zum Verneigen. — wegen swv., be- wegen. — 298 tavele swf., Tafel: der tafelförmig (vgl. 293) geschnittene Edelstein. — 299 auf die elfenbeinernen Füfse; vgl. 272. — ein snê, ebenso ein gras 304 u. s. w.; bei Vergleichen wird im Mhd. ein hinzugefügt, weil man nicht mit dem Gegenstande im Allgemeinen, sondern einem bestimmten Stücke vergleicht. — 300 stollen, Apposition zu helfenbein: beides zusam- men = stollen von helfenbein (272. 273). — 301 verstanden sie zurückzutreten: an die Wand. — 302 stén; vgl. zu 279. — 303 sie hatten an. — was sing. bei folgendem Pl. des Subjects: ebenso gleich nachher V. 307. — 305 das Nibelungenlied kennt Seide von Azagouc: aus ihm hat Wolfram den Namen entlehnt, nicht umgekehrt, wie Lachmann (zu den Nibel. S. 60) annahm. — 306 gesniten wol, von schönem Schnitt. — 307 in der Mitte, d. h. in der Taille (zu V, 369) schlossen die Röcke zusammen. — 308 gürtel hier swf.. ahd. curdila, Gürtel. — 309 kluoc, zierlich, schmuck. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 247 235 der grâve Iwân von Nônel unde Jérnîs von Rîl, jâ was über manege mîl ze dienste ir tohter dar genomen: man sach die zwuo fürstîn komen in harte wünneclîcher wât. zwei mezzer snîdende als ein grât brâhten sie durch wunder ûf zwein twéhelen al besunder. daz was silber herte wîz: dar an lag ein spæher vlîz: im was solch scherpfen niht vermiten, ez hete stahel wol versniten. vor’m silber kômen frouwen wert, der dar ze dienste was gegert: die truogen lieht dem silber bî; vier kint vor missewende vrî. sus giengen si alle sehse zuo: nu hoert waz ieslîchiu tuo. Sie nígen. ir zwúo dô truogen dar úf die tavelen wol gevar daz silber, und leiten'z nider. dô giengen sie mit zühten wider zuo den êrsten zwelven sân. ob i'z geprüevet rehte han, hie sulen ahzéhen frouwen stên. âvoy nu siht man sehse gên in wæte die man tiure galt : daz was halbez plîalt, 315 320 325 330 335 340 312. 313 beide Namen wieder der Construction vorausgehend, und durch ir (315) in dieselbe aufgenommen. — 313 Jernîs von Rîl hat der Dichter aus Hartmann's Erec 2073 entlehnt. — 314 manche Meile weit her. — 318 grât stn., Gräte. — 319 durch wunder, um als Gegenstand der Bewun- derung zu dienen. — 320 twehele swf. (zu twahen), leinenes Tuch zum Abtrocknen der Hände, Handtuch. — al besunder, jedes Messer auf einer Zwehle. — 321 daz, der Stoff, aus dem die Messer bestanden. — herte, ge- härtet. — 322 spœhe adj., kunstreich : sie waren sorgfältig und kunstreich gearbeitet und geschliffen. — 323 im was vermiten, ihm (dem Silber) fehlte nicht; vgl. zu III, 1566. — 324 versnîden stv., entzweischneiden, zerschnei- den. — 326 welche man dorthin zum Dienste befehligt, bestellt hatte. — 327 zur Seite der silbernen Messer. — 329 giengen zuo, traten heran. 335 zwölf; vgl. 251. 271—272. 283. — 336 wenn ich recht gezählt habe. — 337 achtzehn: zu jenen zwölfen noch die sechs zuletzt genannten (329). — 338 gên, kommen. — 340 daz: der Stoff ihrer Kleider; vgl. zu 321. — plîalt. gewöhnlich blîalt stm., altfranz. blialt, bliaut, Stoff von Seide mit Gold durchwirkt. — halbez, zur Hälfte. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 247 235 der grâve Iwân von Nônel unde Jérnîs von Rîl, jâ was über manege mîl ze dienste ir tohter dar genomen: man sach die zwuo fürstîn komen in harte wünneclîcher wât. zwei mezzer snîdende als ein grât brâhten sie durch wunder ûf zwein twéhelen al besunder. daz was silber herte wîz: dar an lag ein spæher vlîz: im was solch scherpfen niht vermiten, ez hete stahel wol versniten. vor’m silber kômen frouwen wert, der dar ze dienste was gegert: die truogen lieht dem silber bî; vier kint vor missewende vrî. sus giengen si alle sehse zuo: nu hoert waz ieslîchiu tuo. Sie nígen. ir zwúo dô truogen dar úf die tavelen wol gevar daz silber, und leiten'z nider. dô giengen sie mit zühten wider zuo den êrsten zwelven sân. ob i'z geprüevet rehte han, hie sulen ahzéhen frouwen stên. âvoy nu siht man sehse gên in wæte die man tiure galt : daz was halbez plîalt, 315 320 325 330 335 340 312. 313 beide Namen wieder der Construction vorausgehend, und durch ir (315) in dieselbe aufgenommen. — 313 Jernîs von Rîl hat der Dichter aus Hartmann's Erec 2073 entlehnt. — 314 manche Meile weit her. — 318 grât stn., Gräte. — 319 durch wunder, um als Gegenstand der Bewun- derung zu dienen. — 320 twehele swf. (zu twahen), leinenes Tuch zum Abtrocknen der Hände, Handtuch. — al besunder, jedes Messer auf einer Zwehle. — 321 daz, der Stoff, aus dem die Messer bestanden. — herte, ge- härtet. — 322 spœhe adj., kunstreich : sie waren sorgfältig und kunstreich gearbeitet und geschliffen. — 323 im was vermiten, ihm (dem Silber) fehlte nicht; vgl. zu III, 1566. — 324 versnîden stv., entzweischneiden, zerschnei- den. — 326 welche man dorthin zum Dienste befehligt, bestellt hatte. — 327 zur Seite der silbernen Messer. — 329 giengen zuo, traten heran. 335 zwölf; vgl. 251. 271—272. 283. — 336 wenn ich recht gezählt habe. — 337 achtzehn: zu jenen zwölfen noch die sechs zuletzt genannten (329). — 338 gên, kommen. — 340 daz: der Stoff ihrer Kleider; vgl. zu 321. — plîalt. gewöhnlich blîalt stm., altfranz. blialt, bliaut, Stoff von Seide mit Gold durchwirkt. — halbez, zur Hälfte. —
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248 FÜNFTES BUCH. 236 daz ander pfell' von Ninnivê. dise unt die êrsten sehse ê trougèn zwelf röcke geteilet, gein tiwerr kost geveilet. nâch den kom diu künegîn. ir antlitze gap den schîn, sie wânden alle ez wolde tagen. man sach die maget an ir tragen pféllél von Arâbî. uf einem grüenen achmardî truoc sie den wunsch von pardis, bêde wurzeln unde rîs. daz was ein dinc, daz hiez der Grâl, erden wunsches überwal. Repanse de schóyé sie hiez, die sich der grâl tragen liez. der grâl was von sölher art: wol muose ir kiusche sîn bewart, diu sîn ze rehte solde pflegen: diu muose valsches sich bewegen. Vóreme grâle kômen lieht: diu wârn von armer koste niht ; sehs glas lanc lûter wol getân, dar inne balsam der wol bran. dô sie kômen von der tür 345 350 355 360 365 341 pfell, verkürzt aus pfelle, auch pfellel (349); vgl. zu 1, 317. Die mei- sten dieser kostbaren Stoffe kamen aus dem Orient. Seide von Ninnive: Nibel. 850, 1. — 342 die sechs unmittelbar Vorhergegangenen; vgl. 329. — 343 geteilet, aus Stoffen von verschiedener Farbe zusammengesetzt. Das war sehr beliebte Mode; vgl. Weinhold, Die deutschen Frauen, S. 439. — 344 veilen swv., käuflich machen, verkaufen: um hohen Preis verkauft oder gekauft. — 346 den, einen solchen. — 347 vgl. III, 1543; V, 125. — 350 achmardî; vgl. I, 412; auf einem grünseidenen Kissen. — 351 den wunsch, den Inbegriff alles Vollkommenen. — pardîs stn., verkürzt aus paradîs, Paradis. — 352 Wurzeln und Zweige, Aste : Grundlage und Spitze, Anfang und Ende, zur Bezeichnung der Ganzheit, Vollkommenheit. — 353 grâl: bei Crestien 1398 un graal entre ses deus mains une damoisele tenoit; altfranz. graals, greals, Schüssel. — 354 überwal stm., wohl cher zu wallen als zu weln gehörig: Uberströmen, Uberfluten: was alle Voll- kommenheit der Erde übertrifft. — 356 von welcher der Gral sich tragen liefs: mhd. ich lasse mich einen, nicht von einem, tragen. — 358 ir, die Keuschheit derjenigen. — bewart, unbefleckt erhalten. — 360 bewegen stv. refl., sich entschlagen: mit gen. 361 Voreme = Vor deme; vgl. 325. — 362 die waren nicht von ärm- lichem Aufwande, kosteten nicht wenig. — 363 lûter, klar durchsichtig. — 364 balsam swm., für balsame, ahd. balsamo, Balsam. — bran præt. von brinnen (zu III, 1576). — 365 sie, die Lichter, d. h. die sie tragenden; vgl. zu V, 81. 150. —
248 FÜNFTES BUCH. 236 daz ander pfell' von Ninnivê. dise unt die êrsten sehse ê trougèn zwelf röcke geteilet, gein tiwerr kost geveilet. nâch den kom diu künegîn. ir antlitze gap den schîn, sie wânden alle ez wolde tagen. man sach die maget an ir tragen pféllél von Arâbî. uf einem grüenen achmardî truoc sie den wunsch von pardis, bêde wurzeln unde rîs. daz was ein dinc, daz hiez der Grâl, erden wunsches überwal. Repanse de schóyé sie hiez, die sich der grâl tragen liez. der grâl was von sölher art: wol muose ir kiusche sîn bewart, diu sîn ze rehte solde pflegen: diu muose valsches sich bewegen. Vóreme grâle kômen lieht: diu wârn von armer koste niht ; sehs glas lanc lûter wol getân, dar inne balsam der wol bran. dô sie kômen von der tür 345 350 355 360 365 341 pfell, verkürzt aus pfelle, auch pfellel (349); vgl. zu 1, 317. Die mei- sten dieser kostbaren Stoffe kamen aus dem Orient. Seide von Ninnive: Nibel. 850, 1. — 342 die sechs unmittelbar Vorhergegangenen; vgl. 329. — 343 geteilet, aus Stoffen von verschiedener Farbe zusammengesetzt. Das war sehr beliebte Mode; vgl. Weinhold, Die deutschen Frauen, S. 439. — 344 veilen swv., käuflich machen, verkaufen: um hohen Preis verkauft oder gekauft. — 346 den, einen solchen. — 347 vgl. III, 1543; V, 125. — 350 achmardî; vgl. I, 412; auf einem grünseidenen Kissen. — 351 den wunsch, den Inbegriff alles Vollkommenen. — pardîs stn., verkürzt aus paradîs, Paradis. — 352 Wurzeln und Zweige, Aste : Grundlage und Spitze, Anfang und Ende, zur Bezeichnung der Ganzheit, Vollkommenheit. — 353 grâl: bei Crestien 1398 un graal entre ses deus mains une damoisele tenoit; altfranz. graals, greals, Schüssel. — 354 überwal stm., wohl cher zu wallen als zu weln gehörig: Uberströmen, Uberfluten: was alle Voll- kommenheit der Erde übertrifft. — 356 von welcher der Gral sich tragen liefs: mhd. ich lasse mich einen, nicht von einem, tragen. — 358 ir, die Keuschheit derjenigen. — bewart, unbefleckt erhalten. — 360 bewegen stv. refl., sich entschlagen: mit gen. 361 Voreme = Vor deme; vgl. 325. — 362 die waren nicht von ärm- lichem Aufwande, kosteten nicht wenig. — 363 lûter, klar durchsichtig. — 364 balsam swm., für balsame, ahd. balsamo, Balsam. — bran præt. von brinnen (zu III, 1576). — 365 sie, die Lichter, d. h. die sie tragenden; vgl. zu V, 81. 150. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 249 237 ze rehter mâze alsus her für, mit zühten neic diu künegîn und al diu juncfröuwelîn die dâ truogen balsemvaz. diu künegin válschéite laz sazte für den wirt den grâl. diz mære giht daz Parzivâl dicke an sie sach unt dâhte, diu den grâl dâ brâhte: er het och ir mantel an. mit zuht die sibene giengen dan zuo den ahzéhen êrsten. dô liezen sie die hêrsten zwischen sich; man sagete mir, zwelve ietwederthalben ir. diu maget mit der krône stuont dâ harte schône. swaz rîter dô gesezzen was über al den pálás, den wâren kamerære mit guldin becken sware ie viern geschaffet einer dar, und éin junchêrre wol gevar der eine wize twehelen truoc. man sach dâ rîcheite gnuoc. der tavelen muosten hundert sîn, die man dâ truoc zer tür derîn. man sazte ieslîche schiere für werder rîter viere: tischláchen var nâch wize wurden drüf geleit mit vlîze. 370 375 380 385 390 395 366 wie es sich gebührte. — 369 bulsemvaz stn., Balsamgefass. — 370 valscheite laz, träge in der Falschheit = obne Falschheit; zu II, 1108. — 373 sie oft- mals anblickte und an sie dachte. — 375 vgl. V, 134. 135. — 376 die sieben: die Königin und die sechs zuletzt gekommenen (338). — 377 vgl. 337. — 378 die hersten schw. acc. sing. des Fem., die Vornehmste: d. h. Repanse de Schoye. — 380 ietwederthalben mit gen., auf jeder von beiden Seiten (vgl. I. 814); ir, von ihr. — 383 rîter gen. pl. von swaz abhängig. — ge- sezzen was, sich sitzend befanden = saßsen. — 384 über: die Ausdehnung im Raum bezeichnend. — 385 den — ie viern, von denen — je vieren, oder: denen — nämlich je vieren. — 386 guldin = guldînen. — 387 geschaffet, zu- gewiesen. — 392 derîn; vgl. V. 227. — 394 werder riter gen. von viere ab- hängig. — für, vor sie hin. — 395 tischlachen stn., Tischlaken, Tischtuch. — var adj.; vgl. I, 12. — wîze stf., Weißse: gefärbt wie die Weisse, von weißser Farbe. — 396 mit Sorgfalt. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 249 237 ze rehter mâze alsus her für, mit zühten neic diu künegîn und al diu juncfröuwelîn die dâ truogen balsemvaz. diu künegin válschéite laz sazte für den wirt den grâl. diz mære giht daz Parzivâl dicke an sie sach unt dâhte, diu den grâl dâ brâhte: er het och ir mantel an. mit zuht die sibene giengen dan zuo den ahzéhen êrsten. dô liezen sie die hêrsten zwischen sich; man sagete mir, zwelve ietwederthalben ir. diu maget mit der krône stuont dâ harte schône. swaz rîter dô gesezzen was über al den pálás, den wâren kamerære mit guldin becken sware ie viern geschaffet einer dar, und éin junchêrre wol gevar der eine wize twehelen truoc. man sach dâ rîcheite gnuoc. der tavelen muosten hundert sîn, die man dâ truoc zer tür derîn. man sazte ieslîche schiere für werder rîter viere: tischláchen var nâch wize wurden drüf geleit mit vlîze. 370 375 380 385 390 395 366 wie es sich gebührte. — 369 bulsemvaz stn., Balsamgefass. — 370 valscheite laz, träge in der Falschheit = obne Falschheit; zu II, 1108. — 373 sie oft- mals anblickte und an sie dachte. — 375 vgl. V, 134. 135. — 376 die sieben: die Königin und die sechs zuletzt gekommenen (338). — 377 vgl. 337. — 378 die hersten schw. acc. sing. des Fem., die Vornehmste: d. h. Repanse de Schoye. — 380 ietwederthalben mit gen., auf jeder von beiden Seiten (vgl. I. 814); ir, von ihr. — 383 rîter gen. pl. von swaz abhängig. — ge- sezzen was, sich sitzend befanden = saßsen. — 384 über: die Ausdehnung im Raum bezeichnend. — 385 den — ie viern, von denen — je vieren, oder: denen — nämlich je vieren. — 386 guldin = guldînen. — 387 geschaffet, zu- gewiesen. — 392 derîn; vgl. V. 227. — 394 werder riter gen. von viere ab- hängig. — für, vor sie hin. — 395 tischlachen stn., Tischlaken, Tischtuch. — var adj.; vgl. I, 12. — wîze stf., Weißse: gefärbt wie die Weisse, von weißser Farbe. — 396 mit Sorgfalt. —
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250 FÜNFTES BUCH. der wirt dô selbe wazzer nam: der was an hôhem muote lam. mit im twuoc sich Parzivâl. ein sîdîn twehel wol gemâl, die bôt eins grâven sun dernâch; dem was ze kniene für sie gâch. swâ dô der tavelen keiniu stuont, dâ tet man vier knappen kunt daz se ir dienes niht vergæezen den die drobe sæezen. zwêne knieten unde sniten: die andern zwêne niht vermiten, sine trüegen trinken und ezzen dar, und nâmen ir mit dienste war. Hoert mêr von rîchheite sagen. vier karrâschen muosen tragen manec tiwer goltvaz ieslîchem rîter der dâ saz. man zôh s' zen vier wenden. vier rîter mit ir henden man s' ûf die tavelen setzen sach. ieslîchem gieng ein schriber nâch. der sich dar zuo árbéite und sie wider uf bereite, 238 sô dâ gedienet ware. nu hoert ein ander mære. 400 405 410 415 420 — — 397 es war allgemeine Sitte im Mittelalter, vor und nach dem Essen sich die Hände zu waschen ; es wurden dazu Handtücher (twehelen 400) herum- gereicht. — 398 lam adj., gelähmt; hier bildlich: sein hohes, freudiges Streben lag danieder. — 400 twehel ist nom., der erst durch die in die Construction aufgenommen wird, eine bei Wolfram unzählige Male vor- kommende syntaktische Freiheit. — 401 dernách, danach, nachdem sie sich gewaschen hatten. — 402 der hatte es eilig, lief es sich angelegen sein, vor sie hinzuknien und ihnen so das Tuch zu reichen. — 403 dô, tempo- ral: in diesem Augenblicke, nun. — keiniu, irgend eine. — 404 je vier Knap- pen hatten eine Tafel zu bedienen. — 405 dienes = dienens: nicht ist diens, wie Hs. D. hat, gen. von dienst, wie das mhd. Wörterbuch annimmt, das beweist der Dat. den: der substant. gebrauchte Infin. behält seine Verbal- rection. — 406 drobe; vgl. V, 294. — 407 sniten, schnitten vor. 412 karrâsche swf., Wagen, ital. carroccio, franz. carrosse. — 415 man zog die Wagen an den vier Wänden entlang. — 417 s', sie, die Gold- gefäfse. — 418 schriber stm., Schreiber; hier Tafelaufseher, der das Ver- zeichniss des Tafelgeschirres führte und nach erfolgtem Gebrauche es wieder in seinen Gewahrsam nahm. — 419 der seine Mühe darauf ver- wendete. — 420 bereiten swv., zählen; uf, auf die Wagen hinauf; bereite ist hier conj. præt., zählen sollte. — 421 wenn die Bedienung beim Essen vorüber war, wenn man die Geschirre nicht mehr brauchte. —
250 FÜNFTES BUCH. der wirt dô selbe wazzer nam: der was an hôhem muote lam. mit im twuoc sich Parzivâl. ein sîdîn twehel wol gemâl, die bôt eins grâven sun dernâch; dem was ze kniene für sie gâch. swâ dô der tavelen keiniu stuont, dâ tet man vier knappen kunt daz se ir dienes niht vergæezen den die drobe sæezen. zwêne knieten unde sniten: die andern zwêne niht vermiten, sine trüegen trinken und ezzen dar, und nâmen ir mit dienste war. Hoert mêr von rîchheite sagen. vier karrâschen muosen tragen manec tiwer goltvaz ieslîchem rîter der dâ saz. man zôh s' zen vier wenden. vier rîter mit ir henden man s' ûf die tavelen setzen sach. ieslîchem gieng ein schriber nâch. der sich dar zuo árbéite und sie wider uf bereite, 238 sô dâ gedienet ware. nu hoert ein ander mære. 400 405 410 415 420 — — 397 es war allgemeine Sitte im Mittelalter, vor und nach dem Essen sich die Hände zu waschen ; es wurden dazu Handtücher (twehelen 400) herum- gereicht. — 398 lam adj., gelähmt; hier bildlich: sein hohes, freudiges Streben lag danieder. — 400 twehel ist nom., der erst durch die in die Construction aufgenommen wird, eine bei Wolfram unzählige Male vor- kommende syntaktische Freiheit. — 401 dernách, danach, nachdem sie sich gewaschen hatten. — 402 der hatte es eilig, lief es sich angelegen sein, vor sie hinzuknien und ihnen so das Tuch zu reichen. — 403 dô, tempo- ral: in diesem Augenblicke, nun. — keiniu, irgend eine. — 404 je vier Knap- pen hatten eine Tafel zu bedienen. — 405 dienes = dienens: nicht ist diens, wie Hs. D. hat, gen. von dienst, wie das mhd. Wörterbuch annimmt, das beweist der Dat. den: der substant. gebrauchte Infin. behält seine Verbal- rection. — 406 drobe; vgl. V, 294. — 407 sniten, schnitten vor. 412 karrâsche swf., Wagen, ital. carroccio, franz. carrosse. — 415 man zog die Wagen an den vier Wänden entlang. — 417 s', sie, die Gold- gefäfse. — 418 schriber stm., Schreiber; hier Tafelaufseher, der das Ver- zeichniss des Tafelgeschirres führte und nach erfolgtem Gebrauche es wieder in seinen Gewahrsam nahm. — 419 der seine Mühe darauf ver- wendete. — 420 bereiten swv., zählen; uf, auf die Wagen hinauf; bereite ist hier conj. præt., zählen sollte. — 421 wenn die Bedienung beim Essen vorüber war, wenn man die Geschirre nicht mehr brauchte. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 251 hundert knappen man gebôt: die nâmen in wize twehelen brôt mit zühten vorme grâle. die giengen al zemâle und teilten für die tavelen sich. man sagete mir, diz sage ouch ich uf iuwer ieslîches eit, daz vorem grâle ware bereit (sol ich des iemen triegen, sô müezt ir mit mir liegen) swâ nâch ener bôt die hant, daz er al bereite vant spîse warm, spîse kalt, spîse niuwe unt dar zuo alt, daz zam unt daz wilde. es'n wurde nie kein bilde, beginnet maneger sprechen. der wil sich übel rechen: wan der grâl was der salden fruht, der werelde süeze ein sölh genuht; er wac vil nâch gelîche als man ságet von himelrîche. In kleiniu góltváz man nam. als feslicher spîse zam; salssen, pfeffer, ágráz. dâ hete der kiusche und der vrâz 425 430 435 440 445 425 vorme grale, vor dem Grale weg: weil der Gral alle gewünschten Speisen sofort gewährte. — 427 teilten, vertheilten. — 429 man würde er- warten : bei meinem Eide; aber der Dichter wälzt die Verantwortung für das unglaublich Scheinende auf seine Leser oder Zuhörer: sie sollen die Wahrheit des Erzählten beschwören, sie werden daher, wenn es falsch ist, Lügner. — 431 des, darin, in Bezug darauf. — triegen stv., betrügen. — 433 ener, dieser und jener: vielleicht ist einer zu lesen. — 434 da: hängt auch noch von sagen (V. 428) ab. — 437 daz zam — daz wilde, zahmes und wildes Fleisch; vgl. zu I, 964. — 438 wurde ist conj., indirecte Rede, von sprechen abhängig. — bilde stn., Bild, Gleichniss; des bilde, dergleichen: dergleichen könnte es gar nicht geben. — 440 der lässt seinen Unmuth in sehr übler Weise aus; denn er trifft einen heiligen Gegenstand. — 441 fruht stf., Gipfel der Vollendung. — 442 süeze ist der Gen. des Sub- stantivs. — genuht stf., Genüge, Fülle. — 443 er wog beinahe ebensoviel, hatte beinahe eben solchen Werth. — 444 wie man es (ihn) dem Himmel- reiche beilegt. 445 nam, that hinein. — 447 salsse swf., altfranz. salse, sausse, ge- salzene Brühe. — agraz stm., prov. agras, altfranz. aigrez, Obstbrühe. — 448 der kiusche, der Enthaltsame, der Massige. — der vrâz stm., der Ge- fräßsige, Vielfrafs. Nachgeahmt von Ulrich von Türheim, Willeh. 252 d daz der kiusche und der fraz heten vil genuoc da beide (Haupt). —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 251 hundert knappen man gebôt: die nâmen in wize twehelen brôt mit zühten vorme grâle. die giengen al zemâle und teilten für die tavelen sich. man sagete mir, diz sage ouch ich uf iuwer ieslîches eit, daz vorem grâle ware bereit (sol ich des iemen triegen, sô müezt ir mit mir liegen) swâ nâch ener bôt die hant, daz er al bereite vant spîse warm, spîse kalt, spîse niuwe unt dar zuo alt, daz zam unt daz wilde. es'n wurde nie kein bilde, beginnet maneger sprechen. der wil sich übel rechen: wan der grâl was der salden fruht, der werelde süeze ein sölh genuht; er wac vil nâch gelîche als man ságet von himelrîche. In kleiniu góltváz man nam. als feslicher spîse zam; salssen, pfeffer, ágráz. dâ hete der kiusche und der vrâz 425 430 435 440 445 425 vorme grale, vor dem Grale weg: weil der Gral alle gewünschten Speisen sofort gewährte. — 427 teilten, vertheilten. — 429 man würde er- warten : bei meinem Eide; aber der Dichter wälzt die Verantwortung für das unglaublich Scheinende auf seine Leser oder Zuhörer: sie sollen die Wahrheit des Erzählten beschwören, sie werden daher, wenn es falsch ist, Lügner. — 431 des, darin, in Bezug darauf. — triegen stv., betrügen. — 433 ener, dieser und jener: vielleicht ist einer zu lesen. — 434 da: hängt auch noch von sagen (V. 428) ab. — 437 daz zam — daz wilde, zahmes und wildes Fleisch; vgl. zu I, 964. — 438 wurde ist conj., indirecte Rede, von sprechen abhängig. — bilde stn., Bild, Gleichniss; des bilde, dergleichen: dergleichen könnte es gar nicht geben. — 440 der lässt seinen Unmuth in sehr übler Weise aus; denn er trifft einen heiligen Gegenstand. — 441 fruht stf., Gipfel der Vollendung. — 442 süeze ist der Gen. des Sub- stantivs. — genuht stf., Genüge, Fülle. — 443 er wog beinahe ebensoviel, hatte beinahe eben solchen Werth. — 444 wie man es (ihn) dem Himmel- reiche beilegt. 445 nam, that hinein. — 447 salsse swf., altfranz. salse, sausse, ge- salzene Brühe. — agraz stm., prov. agras, altfranz. aigrez, Obstbrühe. — 448 der kiusche, der Enthaltsame, der Massige. — der vrâz stm., der Ge- fräßsige, Vielfrafs. Nachgeahmt von Ulrich von Türheim, Willeh. 252 d daz der kiusche und der fraz heten vil genuoc da beide (Haupt). —
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252 FUNFTES BUCH. 239 alle gelîche genuoc. mit grôzer zuht man'z für sie truoc. môraz, wîn, sinópel rôt, swâ nâch den napf ieslîcher bôt, swaz er trinkens kunde nennen, daz mohte er drinne erkennen allez von des grâles kraft. diu wérdé geselleschaft hete wirtschaft vome grâl. wol gemarcte Parzivâl die rîcheit unt daz wunder grôz: durch zuht in vrâgens doch verdrôz. er dâhte «mir riet Gurnamanz mit grôzen triuwen âne schranz, ich solte vil gevrâgen niht. waz op mîn wesen hie geschiht die mâze alse dort pî ime? âne vrâge ich vernime wie’z dirre massenîe stêt." in dem gedanke nâher gêht ein knappe, dér trúog ein swert: des palc was tûsent marke wert, sîn gehilze was ein rübîn, ouch möhte wol diu klinge sîn grôzer wunder urhap. der wirt ez sîme gaste gap. der sprach «hêrre, ich prâht'z in nôt in maneger stat, ê daz mich got ame lîbe hât geletzet. 455 460 465 470 450 475 451 móraz stn., altfranz. mouret (Crestien 4511), Maulbeerwein. — sinopel stm., ein künstlicher mit Sirop gemischter Wein: Crestien hat hier cler sirop. — 454 drinne, in dem Napfe. — erkennen, wahrnehmen, finden. — 457 wirtschaft stf., Bewirthung; alles was zur Bewirthung gehört. — 458 gemarcte rückumlautendes Præt. von gemerken, beobachten, aufmerk- sam betrachten. — 460 er hätte gern gefragt, aber die Wohlerzogenheit und der Gedanke an Gurnemanz’ Lehren hielt ihn zurück. — in vrâgens ver- drôz, er wollte nicht fragen. — 462 derselbe Ausdruck, auf Gurnemanz angewendet, und wohl durch den Namen (den Reim) veranlasst, schon IV, 305. — 463 vgl. III, 1663. — 464 waz op elliptisch: wie (wäre es) wenn = vielleicht daß. — min wesen hie, mein Aufenthalt hier. — 465 die mâze adv. acc., in derselben Weise. Wie dort, werde ich auch hier viel- leicht ohne zu fragen alles erfahren. — 467 massenie, ritterliche Gesell- schaft: wie es mit diesen Leuten steht. — 468 gedanc stm., Gedanken. Denken: während er so dachte. — 470 palc = balc stm., Scheide. — 471 ge- hilze stn. collect. zu helze, Schwertgriff, Heft. — 473 urhap stn., Anfang. Ursache: seine Klinge könnte wohl grofse Wunder verursachen, thun. 475 nôt, Noth des Kampfes. — 477 letzen swv., schädigen, verletzen. —
252 FUNFTES BUCH. 239 alle gelîche genuoc. mit grôzer zuht man'z für sie truoc. môraz, wîn, sinópel rôt, swâ nâch den napf ieslîcher bôt, swaz er trinkens kunde nennen, daz mohte er drinne erkennen allez von des grâles kraft. diu wérdé geselleschaft hete wirtschaft vome grâl. wol gemarcte Parzivâl die rîcheit unt daz wunder grôz: durch zuht in vrâgens doch verdrôz. er dâhte «mir riet Gurnamanz mit grôzen triuwen âne schranz, ich solte vil gevrâgen niht. waz op mîn wesen hie geschiht die mâze alse dort pî ime? âne vrâge ich vernime wie’z dirre massenîe stêt." in dem gedanke nâher gêht ein knappe, dér trúog ein swert: des palc was tûsent marke wert, sîn gehilze was ein rübîn, ouch möhte wol diu klinge sîn grôzer wunder urhap. der wirt ez sîme gaste gap. der sprach «hêrre, ich prâht'z in nôt in maneger stat, ê daz mich got ame lîbe hât geletzet. 455 460 465 470 450 475 451 móraz stn., altfranz. mouret (Crestien 4511), Maulbeerwein. — sinopel stm., ein künstlicher mit Sirop gemischter Wein: Crestien hat hier cler sirop. — 454 drinne, in dem Napfe. — erkennen, wahrnehmen, finden. — 457 wirtschaft stf., Bewirthung; alles was zur Bewirthung gehört. — 458 gemarcte rückumlautendes Præt. von gemerken, beobachten, aufmerk- sam betrachten. — 460 er hätte gern gefragt, aber die Wohlerzogenheit und der Gedanke an Gurnemanz’ Lehren hielt ihn zurück. — in vrâgens ver- drôz, er wollte nicht fragen. — 462 derselbe Ausdruck, auf Gurnemanz angewendet, und wohl durch den Namen (den Reim) veranlasst, schon IV, 305. — 463 vgl. III, 1663. — 464 waz op elliptisch: wie (wäre es) wenn = vielleicht daß. — min wesen hie, mein Aufenthalt hier. — 465 die mâze adv. acc., in derselben Weise. Wie dort, werde ich auch hier viel- leicht ohne zu fragen alles erfahren. — 467 massenie, ritterliche Gesell- schaft: wie es mit diesen Leuten steht. — 468 gedanc stm., Gedanken. Denken: während er so dachte. — 470 palc = balc stm., Scheide. — 471 ge- hilze stn. collect. zu helze, Schwertgriff, Heft. — 473 urhap stn., Anfang. Ursache: seine Klinge könnte wohl grofse Wunder verursachen, thun. 475 nôt, Noth des Kampfes. — 477 letzen swv., schädigen, verletzen. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 253 240 nu sît dermite ergetzet, ob man iuwer hie niht wol enpflege. ir muget'z wol füeren alle wege: swenne ir geprüevet sînen art, ir sit gein strît dermite bewart.» Owê daz er niht vrâgte dô! des pin ich für in noch unvrô. wan do er’z enpfienc in sîne hant, dô was er vrâgens mite ermant. och riuwet mich sîn süezer wirt, den ungenande niht verbirt, des ime von vrâgn nu wæere rât. genuoc man dâ gegeben hât: die's pflâgén, die griffen'z an, sie truogen'z gerüste wider dan. vier karrâschen man dô luot. ieslich frouwe ir dienest tuot, ê die júngsten, nu die êrsten. dô schuofen se aber die hêrsten wider zuo dem grâle. dem wirte und Parzivâle mit zühten neic diu künegîn und al diu juncfröuwelîn. sie brâhten wider în zer tür daz sie mit zuht ê truogen für. Parzivâl in blicte nâch. an eime spanbette er sach in einer kemenâten, 485 490 495 500 480 505 478 nehmt es als Entschädigung, Vergütung für die etwa mangelhafte Verpflegung an. — 480 alle wege adv. acc., überall; auch zeitlich: immer. — 481 geprüevet, erprobt. — 482 so werdet ihr finden, dals ihr. 484 für in, an seiner Stelle, in seinem Interesse. — noch, noch jetzt. — unvrô, traurig : weil er damit den Besitz des Gralkönigthums auf lange Zeit verscherzte. — 486 da war er dadurch daran erinnert, dazu angetrie- ben, daſs er fragen sollte. — mite = dâ mite, dadurch; vgl. IV, 1184. — 487 riuwet, dauert. — 488 ungenande stf., Krankheit, deren Namen man sich auszusprechen scheut, unheilbare Krankheit. Vgl. 830. Der an un- heilbarer Krankheit leidet. — 489 wovon er durch Fragen befreit worden wäre ; rât, Abhülfe, Befreiung. — 490 das Essen ist zu Ende. — 491 die- jenigen, denen es oblag; vgl. V, 179. — 492 gerüste stn., Geräth. — 493 man belud die vier Wagen (412) wieder mit den Gefassen. — 495 die zuletzt ge- kommen waren, kamen zuerst an die Reihe. — 496 schuofen, ordneten bei. — die hêrsten, die Königin; vgl. 378. — 497 daſs sie den Gral trug. — 501 în: wir würden eher hinaus sagen, und statt für «heraus", vielmehr «herein". Das Mhd. nimmt den Ort zum Ausgangspunkte, von dem sie zuerst kamen. — 504 sach, durch die offene Thür, durch welche sie hin- ausgiengen. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 253 240 nu sît dermite ergetzet, ob man iuwer hie niht wol enpflege. ir muget'z wol füeren alle wege: swenne ir geprüevet sînen art, ir sit gein strît dermite bewart.» Owê daz er niht vrâgte dô! des pin ich für in noch unvrô. wan do er’z enpfienc in sîne hant, dô was er vrâgens mite ermant. och riuwet mich sîn süezer wirt, den ungenande niht verbirt, des ime von vrâgn nu wæere rât. genuoc man dâ gegeben hât: die's pflâgén, die griffen'z an, sie truogen'z gerüste wider dan. vier karrâschen man dô luot. ieslich frouwe ir dienest tuot, ê die júngsten, nu die êrsten. dô schuofen se aber die hêrsten wider zuo dem grâle. dem wirte und Parzivâle mit zühten neic diu künegîn und al diu juncfröuwelîn. sie brâhten wider în zer tür daz sie mit zuht ê truogen für. Parzivâl in blicte nâch. an eime spanbette er sach in einer kemenâten, 485 490 495 500 480 505 478 nehmt es als Entschädigung, Vergütung für die etwa mangelhafte Verpflegung an. — 480 alle wege adv. acc., überall; auch zeitlich: immer. — 481 geprüevet, erprobt. — 482 so werdet ihr finden, dals ihr. 484 für in, an seiner Stelle, in seinem Interesse. — noch, noch jetzt. — unvrô, traurig : weil er damit den Besitz des Gralkönigthums auf lange Zeit verscherzte. — 486 da war er dadurch daran erinnert, dazu angetrie- ben, daſs er fragen sollte. — mite = dâ mite, dadurch; vgl. IV, 1184. — 487 riuwet, dauert. — 488 ungenande stf., Krankheit, deren Namen man sich auszusprechen scheut, unheilbare Krankheit. Vgl. 830. Der an un- heilbarer Krankheit leidet. — 489 wovon er durch Fragen befreit worden wäre ; rât, Abhülfe, Befreiung. — 490 das Essen ist zu Ende. — 491 die- jenigen, denen es oblag; vgl. V, 179. — 492 gerüste stn., Geräth. — 493 man belud die vier Wagen (412) wieder mit den Gefassen. — 495 die zuletzt ge- kommen waren, kamen zuerst an die Reihe. — 496 schuofen, ordneten bei. — die hêrsten, die Königin; vgl. 378. — 497 daſs sie den Gral trug. — 501 în: wir würden eher hinaus sagen, und statt für «heraus", vielmehr «herein". Das Mhd. nimmt den Ort zum Ausgangspunkte, von dem sie zuerst kamen. — 504 sach, durch die offene Thür, durch welche sie hin- ausgiengen. —
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254 FÜNFTES BUCH. ê si nâh in zuo getâten, den aller schoensten alten man des er künde ie gewan. ich magez wol spréchen âne guft, er was noch grâwer dan der tuft. 510 Wer der selbe wæere, des freischt her nâch mære. dar zuo der wirt, sîn burc, sin lant, diu werdent iu von mir genant, her nâch sô des wirdet zit, bescheidenlîchen, âne strît unde ân' allez für zogen. ich sage die senewen ane bogen. diu senewe ist ein bîspél. nu dunket iuch der boge snel: doch ist snéller daz diu senewe jaget. ob ich iu rehte hân gesaget, diu senewe glîchet mæren sleht: diu dunkent ouch die liute reht. swer iu ságet von der krümbe, der wil iuch leiten ümbe. swer den bogen gespannen siht, 515 520 525 241 507 der alte Mann ist der Gralkönig Titurel, der Vater Frimutels. — 509 guft stm., Ubertreibung. — 510 tuft stm., Dunst, Nebel. 512 her nâch: erst im 9. Buche gibt der Einsiedel Trevrizent Auskunft über das Gesehene, und der Dichter hat Recht, den Schleier des Ge- heimnissvollen erst dann zu lüften. Kurze Nachricht gibt schon Sigune V, 812 ff. — 515 wirdet die nicht contrahierte Form der 3. præes., spater wirt. — 516 bescheidentîchen adv., klar dargelegt, deutlich. — ane strît, ohne Streit, Verwirrung, Unordnung. — 517 für zogen, hinziehen: ohne alle Umschweife. — 518 dieser Ausdruck wird im Folgenden näher er- läutert. — 519 bîspel stn., Gleichniss, Parabel (zu I, 15). — 520 nu, frei- lich, allerdings. — der boge bezeichnet hier nicht den ganzen Bogen, sondern den gekrümmten Theil des Bogens. — snel, was rasch zum Ziel gelangt, oder womit man rasch zum Ziel gelangt. — 521 daz diu senewe jayet, d. h. der Pfeil. Das Bild ist nicht ganz correct durchgeführt. Die wahre Kraft des Bogens, will Wolfram sagen, liegt in der Sehne, diese treibt den Pfeil so rasch ans Ziel. Zugleich aber werden Bogenkrümmung und Sehne verglichen mit Bezug auf die Linie, die beide beschreiben : die Sehne als gerade Linie ist der kürzere Weg zum Ziele als die krumme des Bogens. — 522 wenn ich mich recht ausgedrückt habe. — 523 maren sleht, Erzählungen, die gerade, ohne Umschweife auf ihr Ziel lossteuern, wie die gerade Linie thut. — 524 solche Erzählungen gefallen auch den Menschen. — 525 krümbe, Krümmung; Umschweife, Abschweifungen. Eine Abschweifung von der geraden Erzählung wäre es, wenn er hier die Geschichte des Grals und der Gralkönige einflechten wollte. — 526 ümbe, ahd. umbi, um : der will euch auf Umwegen, vom rechten Wege ab, füh- ren. — 527 der gespannte Bogen bezeichnet hier nicht den Bogen in dem Zustande, in welchem er sein mußs, um den darauf gelegten Pfeil abzu- drücken (denn dies sagt erst V. 530), sondern die Sehne in nicht schlaffem, vielmehr ausgedehntem Zustande. —
254 FÜNFTES BUCH. ê si nâh in zuo getâten, den aller schoensten alten man des er künde ie gewan. ich magez wol spréchen âne guft, er was noch grâwer dan der tuft. 510 Wer der selbe wæere, des freischt her nâch mære. dar zuo der wirt, sîn burc, sin lant, diu werdent iu von mir genant, her nâch sô des wirdet zit, bescheidenlîchen, âne strît unde ân' allez für zogen. ich sage die senewen ane bogen. diu senewe ist ein bîspél. nu dunket iuch der boge snel: doch ist snéller daz diu senewe jaget. ob ich iu rehte hân gesaget, diu senewe glîchet mæren sleht: diu dunkent ouch die liute reht. swer iu ságet von der krümbe, der wil iuch leiten ümbe. swer den bogen gespannen siht, 515 520 525 241 507 der alte Mann ist der Gralkönig Titurel, der Vater Frimutels. — 509 guft stm., Ubertreibung. — 510 tuft stm., Dunst, Nebel. 512 her nâch: erst im 9. Buche gibt der Einsiedel Trevrizent Auskunft über das Gesehene, und der Dichter hat Recht, den Schleier des Ge- heimnissvollen erst dann zu lüften. Kurze Nachricht gibt schon Sigune V, 812 ff. — 515 wirdet die nicht contrahierte Form der 3. præes., spater wirt. — 516 bescheidentîchen adv., klar dargelegt, deutlich. — ane strît, ohne Streit, Verwirrung, Unordnung. — 517 für zogen, hinziehen: ohne alle Umschweife. — 518 dieser Ausdruck wird im Folgenden näher er- läutert. — 519 bîspel stn., Gleichniss, Parabel (zu I, 15). — 520 nu, frei- lich, allerdings. — der boge bezeichnet hier nicht den ganzen Bogen, sondern den gekrümmten Theil des Bogens. — snel, was rasch zum Ziel gelangt, oder womit man rasch zum Ziel gelangt. — 521 daz diu senewe jayet, d. h. der Pfeil. Das Bild ist nicht ganz correct durchgeführt. Die wahre Kraft des Bogens, will Wolfram sagen, liegt in der Sehne, diese treibt den Pfeil so rasch ans Ziel. Zugleich aber werden Bogenkrümmung und Sehne verglichen mit Bezug auf die Linie, die beide beschreiben : die Sehne als gerade Linie ist der kürzere Weg zum Ziele als die krumme des Bogens. — 522 wenn ich mich recht ausgedrückt habe. — 523 maren sleht, Erzählungen, die gerade, ohne Umschweife auf ihr Ziel lossteuern, wie die gerade Linie thut. — 524 solche Erzählungen gefallen auch den Menschen. — 525 krümbe, Krümmung; Umschweife, Abschweifungen. Eine Abschweifung von der geraden Erzählung wäre es, wenn er hier die Geschichte des Grals und der Gralkönige einflechten wollte. — 526 ümbe, ahd. umbi, um : der will euch auf Umwegen, vom rechten Wege ab, füh- ren. — 527 der gespannte Bogen bezeichnet hier nicht den Bogen in dem Zustande, in welchem er sein mußs, um den darauf gelegten Pfeil abzu- drücken (denn dies sagt erst V. 530), sondern die Sehne in nicht schlaffem, vielmehr ausgedehntem Zustande. —
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PARŽIVAL KOMMT ZUM GRAL. 255 der senewen er der slehte giht, man 'nwelle sie zer biuge erdenen sô sie den schúz múoz ménen. swer aber dem sîn mære schiuzet, des in durch nôt verdriuzet (wan daz hât dâ niender stat, und vil gerûmeclichen pfat, z'eim ôren în, zem andern für), mîn árbéit ich gar verlür, op den mîn mære drunge: ich sagete oder sunge, daz ez noch paz vernæeme ein boc oder ein úlmiger stoc. 530 535 540 242 Ich wil iu doch paz bediuten von disen jâmerbæeren liuten. dar kom geriten Parzivâl, man sach dâ selten fröuden schal, ez wære bûhurt oder tanz: ir klagendiu stæte was sô ganz, sine kêrten sich an schimphen niht. swâ man noch minner volkes siht, den tuot etswenne vröude wol: 545 528 slehte stf., Geradheit : der mußs zugestehen, daß die Sehne eine gerade Linie bildet. — 529 biuge stf., Biegung. — erdenen swv., ausdehnen: es sei denn, dafs man sie zur Biegung ausdehnt (wenn der Pfeil aufgelegt wird), denn dann bildet sie nicht mehr eine gerade Linie, sondern eine Krümmung, oder vielmehr einen Winkel. — 530 wenn sie den Schußs (d. h. den Pfeil) vorwärts treiben soll. — 531 schiuzet sagt der Dichter noch im Bilde von dem Bogen. Der Zwischengedanke ist: durch Um- schweife ermüdet man seine Zuhörer und Leser, und bewirkt, daßs die Erzählung ohne Wirkung an ihnen vorübergeht. Dann aber verliert der Dichter seine Mühe. — dem, einem solchen Hörer, einem Hörer von der Art. — 532 des steht wie häufig für die Conj. daz mit dem Demonstrat. (vgl. zu I, 103; IV, 632): daſ dieselbe (die Erzählung) ihn. — durch nôt, nothgedrungen, naturgemäſs. — 533 bei einem Hörer, der der Erzählung nicht mit Aufmerksamkeit, sondern gelangweilt folgt, hat sie keine blei- bende Stätte. — 534 gerûmeclîch adj., geräumig: bequemen Durchgang, mit Bezug auf die folgende Zeile. — 535 für, hinaus. — 537 den, einen solchen Hörer (vgl. 531). — drunge (von dringen), belästigte. — 538 unter diesen Umständen würde ich mit solchem Erfolge singen oder erzählen. — 539 dals es noch eher verstehen, behalten würde. — 540 ulmic adj., verfault (schweiz. verolmt). 541 doch: wenn ich auch keine Umschweife machen will, so will ich euch ihren traurigen Zustand doch noch genauer schildern. — bediuten swv., berichten, Bescheid geben. — 542 jämerbœre adj., Jammer tragend. 543 dar, dort wohin; ihm correspondiert dâ. — 545 buhûrt stm., altfranz. — bouhourt, behourt, Ritterspiel, wo Scharen aufeinander losrennen. — 546 ihre Beharrlichkeit im Klagen. — 547 schimphen swv., scherzen. — 548 minner compar., geringer an Zahl: hier neutr. mit gen. verbunden. — 549 den auf das collect. volc bezogen. —
PARŽIVAL KOMMT ZUM GRAL. 255 der senewen er der slehte giht, man 'nwelle sie zer biuge erdenen sô sie den schúz múoz ménen. swer aber dem sîn mære schiuzet, des in durch nôt verdriuzet (wan daz hât dâ niender stat, und vil gerûmeclichen pfat, z'eim ôren în, zem andern für), mîn árbéit ich gar verlür, op den mîn mære drunge: ich sagete oder sunge, daz ez noch paz vernæeme ein boc oder ein úlmiger stoc. 530 535 540 242 Ich wil iu doch paz bediuten von disen jâmerbæeren liuten. dar kom geriten Parzivâl, man sach dâ selten fröuden schal, ez wære bûhurt oder tanz: ir klagendiu stæte was sô ganz, sine kêrten sich an schimphen niht. swâ man noch minner volkes siht, den tuot etswenne vröude wol: 545 528 slehte stf., Geradheit : der mußs zugestehen, daß die Sehne eine gerade Linie bildet. — 529 biuge stf., Biegung. — erdenen swv., ausdehnen: es sei denn, dafs man sie zur Biegung ausdehnt (wenn der Pfeil aufgelegt wird), denn dann bildet sie nicht mehr eine gerade Linie, sondern eine Krümmung, oder vielmehr einen Winkel. — 530 wenn sie den Schußs (d. h. den Pfeil) vorwärts treiben soll. — 531 schiuzet sagt der Dichter noch im Bilde von dem Bogen. Der Zwischengedanke ist: durch Um- schweife ermüdet man seine Zuhörer und Leser, und bewirkt, daßs die Erzählung ohne Wirkung an ihnen vorübergeht. Dann aber verliert der Dichter seine Mühe. — dem, einem solchen Hörer, einem Hörer von der Art. — 532 des steht wie häufig für die Conj. daz mit dem Demonstrat. (vgl. zu I, 103; IV, 632): daſ dieselbe (die Erzählung) ihn. — durch nôt, nothgedrungen, naturgemäſs. — 533 bei einem Hörer, der der Erzählung nicht mit Aufmerksamkeit, sondern gelangweilt folgt, hat sie keine blei- bende Stätte. — 534 gerûmeclîch adj., geräumig: bequemen Durchgang, mit Bezug auf die folgende Zeile. — 535 für, hinaus. — 537 den, einen solchen Hörer (vgl. 531). — drunge (von dringen), belästigte. — 538 unter diesen Umständen würde ich mit solchem Erfolge singen oder erzählen. — 539 dals es noch eher verstehen, behalten würde. — 540 ulmic adj., verfault (schweiz. verolmt). 541 doch: wenn ich auch keine Umschweife machen will, so will ich euch ihren traurigen Zustand doch noch genauer schildern. — bediuten swv., berichten, Bescheid geben. — 542 jämerbœre adj., Jammer tragend. 543 dar, dort wohin; ihm correspondiert dâ. — 545 buhûrt stm., altfranz. — bouhourt, behourt, Ritterspiel, wo Scharen aufeinander losrennen. — 546 ihre Beharrlichkeit im Klagen. — 547 schimphen swv., scherzen. — 548 minner compar., geringer an Zahl: hier neutr. mit gen. verbunden. — 549 den auf das collect. volc bezogen. —
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256 FÜNFTES BUCH. dort wârn die winkel alle vol, und ouch ze hove dâ man se sach. der wirt ze sîme gaste sprach «ich wæn’ man iu gebettet hât. sît ir müede, so ist mîn rât daz ir gêt, légt iuch slâfen.» nu solt' ich schrîen wâfen umb' ir scheiden daz sie tuont: ez wirt grôz schade in beiden kunt. vome spanbette trat ufen tepch an eine stat Parzivâl der wol geslaht: der wirt bôt im guote naht. diu rîterschaft dô gár úf spránc ein teil ir ime dar nâher dranc dô fuorten sie den jungen man in eine kemenâten sân. diu was alsô gehêret mit einem bette g'êret, daz mich mîn armuot iemer müet, sît d'erde alsölhe rîchheit blüet. 243 Dem bette ármúot was tiwer. alser glohte in eime fiwer, lac drûffe ein pfellel lieht gemál. die rîter bat dô Parzivâl wider varen an ir gemach. do'r dâ niht mêre bette sach. mit úrloubè sie fuoren dan. 555 560 565 570 550 575 550 hier war eine große Volkemenge vorhanden und doch niemand fröh- lich, während eine kleine Gesellschaft doch manchmal fröhlich ist. — 551 im ganzen Hause und auch hier, wo sie gesellig zusammen waren: im Gesellschaftssaale. — 555 zwischen den beiden Verben ist die Conj. und. welche manche Hss. einfügen, nach Wolfram's Gebrauche weggelassen. — 556 wâfen ellipt. als Hilfs- und Weheruf; eigentlich: zu den Waffen; wehe. — 558 in beiden: Anfortas, indem er durch die unterlassene Frage nicht von seinem Siechthum befreit wird ; Parzival, indem er dadurch das Gralkönigthum auf lange Zeit verscherzt. — 560 an eine stat, an eine Stelle. — 561 wol geslaht, wohl geartet, schön. — 563 gar, sämmtlich. — 564 dar nâher, näher herzu. — dringen stv., sich drängen. — 568 gêret = geêret, geehrt, ausgezeichnet; mit einem bette gehört zu beiden Verben. — 570 blüejen, blühen swv. hier transitiv: erblühen lassen, als Blüte tragen. 571 war Armuth fremd: es war sehr kostbar. — 572 glohen = gelohen swv., flammen, flammend leuchten. — 575 varen, sich zu begeben. — 576 do’r = dô er. — niht mêre, nicht mehr als das éine für ihn bestimmte. — bette ist gen. pl., von mêre abhängig. — 577 indem sie sich von ihm verabschiedeten. —
256 FÜNFTES BUCH. dort wârn die winkel alle vol, und ouch ze hove dâ man se sach. der wirt ze sîme gaste sprach «ich wæn’ man iu gebettet hât. sît ir müede, so ist mîn rât daz ir gêt, légt iuch slâfen.» nu solt' ich schrîen wâfen umb' ir scheiden daz sie tuont: ez wirt grôz schade in beiden kunt. vome spanbette trat ufen tepch an eine stat Parzivâl der wol geslaht: der wirt bôt im guote naht. diu rîterschaft dô gár úf spránc ein teil ir ime dar nâher dranc dô fuorten sie den jungen man in eine kemenâten sân. diu was alsô gehêret mit einem bette g'êret, daz mich mîn armuot iemer müet, sît d'erde alsölhe rîchheit blüet. 243 Dem bette ármúot was tiwer. alser glohte in eime fiwer, lac drûffe ein pfellel lieht gemál. die rîter bat dô Parzivâl wider varen an ir gemach. do'r dâ niht mêre bette sach. mit úrloubè sie fuoren dan. 555 560 565 570 550 575 550 hier war eine große Volkemenge vorhanden und doch niemand fröh- lich, während eine kleine Gesellschaft doch manchmal fröhlich ist. — 551 im ganzen Hause und auch hier, wo sie gesellig zusammen waren: im Gesellschaftssaale. — 555 zwischen den beiden Verben ist die Conj. und. welche manche Hss. einfügen, nach Wolfram's Gebrauche weggelassen. — 556 wâfen ellipt. als Hilfs- und Weheruf; eigentlich: zu den Waffen; wehe. — 558 in beiden: Anfortas, indem er durch die unterlassene Frage nicht von seinem Siechthum befreit wird ; Parzival, indem er dadurch das Gralkönigthum auf lange Zeit verscherzt. — 560 an eine stat, an eine Stelle. — 561 wol geslaht, wohl geartet, schön. — 563 gar, sämmtlich. — 564 dar nâher, näher herzu. — dringen stv., sich drängen. — 568 gêret = geêret, geehrt, ausgezeichnet; mit einem bette gehört zu beiden Verben. — 570 blüejen, blühen swv. hier transitiv: erblühen lassen, als Blüte tragen. 571 war Armuth fremd: es war sehr kostbar. — 572 glohen = gelohen swv., flammen, flammend leuchten. — 575 varen, sich zu begeben. — 576 do’r = dô er. — niht mêre, nicht mehr als das éine für ihn bestimmte. — bette ist gen. pl., von mêre abhängig. — 577 indem sie sich von ihm verabschiedeten. —
Strana 257
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 257 244 hie hebet sich ander dienest an. vil kerzen unt diu varwe sin die gâben ze gegenstrîte schîn: waz möhte liehter sîn der tac? vor sînem bette ein anderz lac, dar ûfe ein kulter, da er dâ saz. junchêrren snel und niht ze laz maneger ime dar nâher spranc: si enschuohten bein, diu wâren blanc. ouch zôch im mêr gewandes abe manec wol geborner knabe. vlæetec wârn diu selben kindelin. dar nâch gienc dô zer tür dar în vier clâre juncfrouwen: die solten dennoch schouwen, wie man des heldes pflage und ober sanfte lage. als mir diu âventiure gewuoc, vor ieslier ein knappe truoc eine kerzen diu wol bran. Parzivâl der snelle man spranc under'z declachen. sie sprâchen «ir sult wachen durch uns noch eine wîle.» ein spil mit der île het er unz an den ort gespilt. daz man gein liehter varwe zilt, 580 585 590 595 600 578 ander: nicht von Rittern, sondern von Knappen und Jungfrauen. — 579 kerzen gen. pl. — 580 gegenstrît stm., Wetteifer; ze gegenstrîte, um die Wette, wetteifernd. — 581 waz, in welcher Hinsicht, wie: sie leuchteten so hell wie der Tag. — 582 vor dem Bette, auf welchem er schlafen sollte, lag auf der Erde ein Ruhebett, also ohne Füsse. — 583 auf welches er sich setzte; dâ dient zur Verstärkung des ersten da. — 584 junchêrren nom., durch maneger noch näher bestimmt. — 586 enschuohen = entschuohen; zu IV, 375. — 587 mêr gewandes, die übrigen Kleidungsstücke: unter dem entschuohen waren die hosen verstanden. — 589 vlatec adj., schön (zu vlât, vgl. den Gegensatz Unflat); III, 751. — 590 gienc mit nachfolgendem Pl. des Subjects. — 592 dennoch, noch. — 595 gewuoc (zu I, 354), berichtete. — 596 ieslier, verkürzt aus ieslîcher: ebenso wunderlier VII, 387 für wunder- lîcher. — 601 durch uns, um unsertwillen. — 602 ein spil: Anspielung auf das Versteckspiel. — mit der île, in eiliger Weise, in aller Eile. — 603 unz an den ort, bis ans Ende: er hatte sich vollständig unter dem Bette ver- steckt. Das Schamgefühl war um so mehr am Platze, als man nicht selten ohne Hemde, ganz nackt zu Bette gieng. Vgl. III, 1511. — 604 daz, dasjenige was. — ziln swv. mit gein, zusammenstellen mit, bezeichnen als: sein weißser Leib ist gemeint, den sie, so schnell er sich auch verbarg, doch noch erblickten. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 17
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 257 244 hie hebet sich ander dienest an. vil kerzen unt diu varwe sin die gâben ze gegenstrîte schîn: waz möhte liehter sîn der tac? vor sînem bette ein anderz lac, dar ûfe ein kulter, da er dâ saz. junchêrren snel und niht ze laz maneger ime dar nâher spranc: si enschuohten bein, diu wâren blanc. ouch zôch im mêr gewandes abe manec wol geborner knabe. vlæetec wârn diu selben kindelin. dar nâch gienc dô zer tür dar în vier clâre juncfrouwen: die solten dennoch schouwen, wie man des heldes pflage und ober sanfte lage. als mir diu âventiure gewuoc, vor ieslier ein knappe truoc eine kerzen diu wol bran. Parzivâl der snelle man spranc under'z declachen. sie sprâchen «ir sult wachen durch uns noch eine wîle.» ein spil mit der île het er unz an den ort gespilt. daz man gein liehter varwe zilt, 580 585 590 595 600 578 ander: nicht von Rittern, sondern von Knappen und Jungfrauen. — 579 kerzen gen. pl. — 580 gegenstrît stm., Wetteifer; ze gegenstrîte, um die Wette, wetteifernd. — 581 waz, in welcher Hinsicht, wie: sie leuchteten so hell wie der Tag. — 582 vor dem Bette, auf welchem er schlafen sollte, lag auf der Erde ein Ruhebett, also ohne Füsse. — 583 auf welches er sich setzte; dâ dient zur Verstärkung des ersten da. — 584 junchêrren nom., durch maneger noch näher bestimmt. — 586 enschuohen = entschuohen; zu IV, 375. — 587 mêr gewandes, die übrigen Kleidungsstücke: unter dem entschuohen waren die hosen verstanden. — 589 vlatec adj., schön (zu vlât, vgl. den Gegensatz Unflat); III, 751. — 590 gienc mit nachfolgendem Pl. des Subjects. — 592 dennoch, noch. — 595 gewuoc (zu I, 354), berichtete. — 596 ieslier, verkürzt aus ieslîcher: ebenso wunderlier VII, 387 für wunder- lîcher. — 601 durch uns, um unsertwillen. — 602 ein spil: Anspielung auf das Versteckspiel. — mit der île, in eiliger Weise, in aller Eile. — 603 unz an den ort, bis ans Ende: er hatte sich vollständig unter dem Bette ver- steckt. Das Schamgefühl war um so mehr am Platze, als man nicht selten ohne Hemde, ganz nackt zu Bette gieng. Vgl. III, 1511. — 604 daz, dasjenige was. — ziln swv. mit gein, zusammenstellen mit, bezeichnen als: sein weißser Leib ist gemeint, den sie, so schnell er sich auch verbarg, doch noch erblickten. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 17
Strana 258
258 FÜNFTES BUCH. daz begunde ir ougen süezen, ê sie enpfiengén sîn grüezen. ouch fuogten in gedanke nôt, daz im sîn munt was sô rôt unt daz vor jugende niemen drane kôs gein einer halben grane. dise vier juncfrouwen kluoc, hoert waz ieslîchiu truoc. môraz, wîn unt lûtertranc truogen drî uf henden blanc: diu fierde juncfrouwe wis truog obez der art von pardîs ûf einer twehelen blanc gevar. diu selbe kniete ouch für in dar. ér bat die sitzen. sie sprach «lât mich bî witzen. sô waert ir dienes ungewert, als mîn hèr für iuch ist gegert.» süezer réde er gein in niht vergaz: der hêrre tranc, ein teil er az. mit úrloubè sie giengen wider: Parzivâl sich leite nider. ouch sazten junchêrrelîn ûfen tepch die kerzen sîn; dô sie in slâfen sâhen si begúnden dannen gâhen. 610 615 620 625 605 630 245 Parzivâl niht eine lac: geselleclîche unz an den tac 605 süczen swv., erquicken, erfreuen. — 606 er begrüßste sie erst, als er schon im Bette lag. — 607 nôt, Herzensnoth: erweckten Sehnsucht nach Liebesgenußs. — 608 daz, dadurch dafs. — 609 vor jugende, weil er noch so jung war. — drane, daran, am Munde. — 610 gein, im Werthe von : soviel als. — grane stf., Barthaar an der Oberlippe. — 611 kluoc, schmuck das Subject wird durch ieslîchiu nochmals aufgenommen; vgl. V, 584. — 613 lûtertranc stm., entsprechend dem franz. claret, ein über Gewürze ab- geklärter Rothwein. — 615 wîs, erfahren: die sich auf den Dienst wohl verstand. — 616 obez stn., Baumfrüchte, Obst: von der Herkunft aus dem Paradiese. — 618 für in dar, da vor ihn hin. — 619 die, diese, die vor ihn hingekniet war. — 620 lasst mich beim Verständniss: lasst mich thun was zu einem verständigen, gebührenden Dienste gehört; vgl. wîs 615. — 621 sô: wenn ich eurer Aufforderung folgte, dann würde euch die Be- dienung nicht gewährt, nicht zu Theil werden. — dienes; vgl. I, 1451; V, 405. — 622 als, in dem Sinne, in der Absicht wie : man mich hierher vor euch befohlen, beordert hat. — 624 ein teil, etwas. — 625 vgl. 577. — 629 so lange er noch wachte, blieben die Pagen mit den Kerzen vor dem Bette stehen. 631 eine, allein. — 632 geselleclîche, zu ihm gesellt. —
258 FÜNFTES BUCH. daz begunde ir ougen süezen, ê sie enpfiengén sîn grüezen. ouch fuogten in gedanke nôt, daz im sîn munt was sô rôt unt daz vor jugende niemen drane kôs gein einer halben grane. dise vier juncfrouwen kluoc, hoert waz ieslîchiu truoc. môraz, wîn unt lûtertranc truogen drî uf henden blanc: diu fierde juncfrouwe wis truog obez der art von pardîs ûf einer twehelen blanc gevar. diu selbe kniete ouch für in dar. ér bat die sitzen. sie sprach «lât mich bî witzen. sô waert ir dienes ungewert, als mîn hèr für iuch ist gegert.» süezer réde er gein in niht vergaz: der hêrre tranc, ein teil er az. mit úrloubè sie giengen wider: Parzivâl sich leite nider. ouch sazten junchêrrelîn ûfen tepch die kerzen sîn; dô sie in slâfen sâhen si begúnden dannen gâhen. 610 615 620 625 605 630 245 Parzivâl niht eine lac: geselleclîche unz an den tac 605 süczen swv., erquicken, erfreuen. — 606 er begrüßste sie erst, als er schon im Bette lag. — 607 nôt, Herzensnoth: erweckten Sehnsucht nach Liebesgenußs. — 608 daz, dadurch dafs. — 609 vor jugende, weil er noch so jung war. — drane, daran, am Munde. — 610 gein, im Werthe von : soviel als. — grane stf., Barthaar an der Oberlippe. — 611 kluoc, schmuck das Subject wird durch ieslîchiu nochmals aufgenommen; vgl. V, 584. — 613 lûtertranc stm., entsprechend dem franz. claret, ein über Gewürze ab- geklärter Rothwein. — 615 wîs, erfahren: die sich auf den Dienst wohl verstand. — 616 obez stn., Baumfrüchte, Obst: von der Herkunft aus dem Paradiese. — 618 für in dar, da vor ihn hin. — 619 die, diese, die vor ihn hingekniet war. — 620 lasst mich beim Verständniss: lasst mich thun was zu einem verständigen, gebührenden Dienste gehört; vgl. wîs 615. — 621 sô: wenn ich eurer Aufforderung folgte, dann würde euch die Be- dienung nicht gewährt, nicht zu Theil werden. — dienes; vgl. I, 1451; V, 405. — 622 als, in dem Sinne, in der Absicht wie : man mich hierher vor euch befohlen, beordert hat. — 624 ein teil, etwas. — 625 vgl. 577. — 629 so lange er noch wachte, blieben die Pagen mit den Kerzen vor dem Bette stehen. 631 eine, allein. — 632 geselleclîche, zu ihm gesellt. —
Strana 259
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 259 was bî im strengiu arbeit. ir boten künftigiu leit sanden ime in slâfe dar, sô daz der junge wol gevar sîner múoter troum gar widerwac, des sie nâch Gahmurete pflac. sus wart gesteppet im sîn troum, mit swertslegen umb' den soum, dervor mit maneger tjoste rîch. von rabbîne hurteclîch er leit in slâfe etslîche nôt. möhter drîzecstunt sîn tôt, daz heter wachende ê gedolt: sus teilte im ungemach den solt. von disen strengen sachen muos' er durch nôt erwachen. im switzten âdern unde bein. der tag ouch durch diu venster schein. dô sprach er «wê wâ sint diu kint, daz sie hie vor mir niht sint?" wer sol mir bieten mîn gewant?» sus warte ir der wîgant, unz er anderwerbe entslief. niemán dâ redete noch enrief: sie wâren gar verborgen. umb' den mitten morgen do erwachet' aber der junge man: ûf rihte sich der küene sân. 635 640 645 650 655 660 633 strengiu, starke, groſe. — arbeit, Mühsal. — 634 ein hochpoetisches Bild. — 636 der junge wol gevar, der schöne Jüngling. — 637 den Traum seiner Mutter vollstandig aufwog: dafs sein Traum dem seiner Mutter an angstvollen Gesichten gleichkam. — 638 nâch, in der Sehnsucht nach. — pflac: den sie hatte. Vgl. II, 1349 ff. — 639 sus auf das Folgende zu be- ziehen. — steppen swv., durchnähen: der Dichter vergleicht die Traum- bilder mit einem sich entrollenden Teppich. — 640 soum stm., genähter Rand eines Gewandes: Schwertschläge oder geschwungene Schwerter bil- deten die arabeskenartige Einfassung des Bildes. — 641 dervor, vor dem Rande, d. h. das Innere des Teppichs, die Mitte. — 643 etslîche, manche, mit leichter Ironie für : viele. — 644 möhter, könnte er. — drîzecstunt, dreissig Mal. — 645 é, lieber, leichter: als diese Noth im Traume. — 646 ungemach, Unruhe, Leid: bedachte ihn reichlich. — 647 strenge, hier im Sinne von: unfreundlich. — 649 bein, Knochen. — 650 ouch, auch bereits. — 651 diu kint, die Knappen, die ihn entkleidet hatten; vgl. 584. 589. — 654 warte (= wartete) mit gen., harrte auf sie. — 655 anderwerbe (werbe stf., Wen- dung, Drehung, Mal), zum zweiten Male. Auf werbe weisen die Ab- weichungen der Hss., die wende, weide, stunt haben. — 658 etwa mitten am Morgen. — 659 aber, wiederum. 17
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 259 was bî im strengiu arbeit. ir boten künftigiu leit sanden ime in slâfe dar, sô daz der junge wol gevar sîner múoter troum gar widerwac, des sie nâch Gahmurete pflac. sus wart gesteppet im sîn troum, mit swertslegen umb' den soum, dervor mit maneger tjoste rîch. von rabbîne hurteclîch er leit in slâfe etslîche nôt. möhter drîzecstunt sîn tôt, daz heter wachende ê gedolt: sus teilte im ungemach den solt. von disen strengen sachen muos' er durch nôt erwachen. im switzten âdern unde bein. der tag ouch durch diu venster schein. dô sprach er «wê wâ sint diu kint, daz sie hie vor mir niht sint?" wer sol mir bieten mîn gewant?» sus warte ir der wîgant, unz er anderwerbe entslief. niemán dâ redete noch enrief: sie wâren gar verborgen. umb' den mitten morgen do erwachet' aber der junge man: ûf rihte sich der küene sân. 635 640 645 650 655 660 633 strengiu, starke, groſe. — arbeit, Mühsal. — 634 ein hochpoetisches Bild. — 636 der junge wol gevar, der schöne Jüngling. — 637 den Traum seiner Mutter vollstandig aufwog: dafs sein Traum dem seiner Mutter an angstvollen Gesichten gleichkam. — 638 nâch, in der Sehnsucht nach. — pflac: den sie hatte. Vgl. II, 1349 ff. — 639 sus auf das Folgende zu be- ziehen. — steppen swv., durchnähen: der Dichter vergleicht die Traum- bilder mit einem sich entrollenden Teppich. — 640 soum stm., genähter Rand eines Gewandes: Schwertschläge oder geschwungene Schwerter bil- deten die arabeskenartige Einfassung des Bildes. — 641 dervor, vor dem Rande, d. h. das Innere des Teppichs, die Mitte. — 643 etslîche, manche, mit leichter Ironie für : viele. — 644 möhter, könnte er. — drîzecstunt, dreissig Mal. — 645 é, lieber, leichter: als diese Noth im Traume. — 646 ungemach, Unruhe, Leid: bedachte ihn reichlich. — 647 strenge, hier im Sinne von: unfreundlich. — 649 bein, Knochen. — 650 ouch, auch bereits. — 651 diu kint, die Knappen, die ihn entkleidet hatten; vgl. 584. 589. — 654 warte (= wartete) mit gen., harrte auf sie. — 655 anderwerbe (werbe stf., Wen- dung, Drehung, Mal), zum zweiten Male. Auf werbe weisen die Ab- weichungen der Hss., die wende, weide, stunt haben. — 658 etwa mitten am Morgen. — 659 aber, wiederum. 17
Strana 260
260 FÜNFTES BUCH. Ufem teppech sach der degen wert ligen sîn harnasch und zwei swert: daz eine der wirt im geben hiez, daz ander was von Kahaviez. dô sprách ér z'im selben sân «ouwê durch waz ist diz getân ? deiswar ich sol mich wâpen drîn. ich leit in slâfe alsölhen pîn, daz mir wachende arbeit noch hiute wætlich ist bereit. hât dirre wirt urliuges nôt, sô leiste ich gerne sîn gebot und ir gebot mit triuwen, diu disen mantel niuwen mir lêch durch ir güete. wan stüende ir gemüete daz sie dienest wolde nemen! des kunde mich durch sie gezemen, und doch niht durch ir minne : wan mîn wîp de küneginne ist an ir lîbe alse clâr, oder fürbaz, daz ist wâr." er tet als er tuon sol: von fuoze ûf wâpent’ er sich wol durch strîtes ántwúrte, zwei swert er umbe gurte. 665 670 675 680 246 685 663 vgl. V, 474: er hatte es ihm selbst gegeben, aber befohlen, dals man es bringe; vgl. 469. — 664 das zweite hatte er Ither von Kahaviez abgenommen; vgl. III, 892. 1248. — 665 z'im selben, zu sich selbst. — 666 durch waz, in welcher Absicht. — diz: daßs meine Waffen hier liegen. — 667 ich sol, ich werde, ich will. — drîn, dahinein: sie anziehen. — 669 wachende ist nicht mit arbeit zu verbinden, sondern gehört zum ganzen Satze: im Wachen. — 670 wœtlich adv., leichtlich, wahrscheinlich, ver- muthlich. — ist bereit, bevorsteht. — 671 urliuges nôt. Noth durch Krieg. — 672 so folge ich gerne seiner Aufforderung, an dem Kriege theilzunehmen, ihm beizustehen. — 673 ir gebot, der Aufforderung derjenigen: Repanse de Schoye ist gemeint. Vgl. 134. 375. — 674 niuwen das Adj. nachgesetzt in flectierter Form. — 675 lêch præt. von lîhen stv., leihen. — 676 wan, o daſ doch. — stüende, (so) beschaffen wäre, gesonnen ware. — 677 dals sie mich zu ihrem Diener (im Sinne des Minnedienstes) nehmen wollte. — 678 das könnte mir gefallen um ihrer Persönlichkeit willen; aber nicht um ihre Minne zu erringen und zu geniessen, was sonst das Ziel des Minne- dienstes war. Mit dieser sittlich reinen Auffassung der Ehe erhebt sich Wolfram über seine Zeitgenossen und die in seiner Zeit herrschenden Grundsätze. — 680 Condwiramurs. — 681 alse, ebenso. — 682 fürbaz, noch mehr: noch schöner. — 683 wie es unter diesen Umständen das Richtige war; vgl. au mius que il puet Crestien 4543. — 685 antwurte stn., Ant- wort: um jedem Angriff begegnen zu können. — 686 vgl. 662. —
260 FÜNFTES BUCH. Ufem teppech sach der degen wert ligen sîn harnasch und zwei swert: daz eine der wirt im geben hiez, daz ander was von Kahaviez. dô sprách ér z'im selben sân «ouwê durch waz ist diz getân ? deiswar ich sol mich wâpen drîn. ich leit in slâfe alsölhen pîn, daz mir wachende arbeit noch hiute wætlich ist bereit. hât dirre wirt urliuges nôt, sô leiste ich gerne sîn gebot und ir gebot mit triuwen, diu disen mantel niuwen mir lêch durch ir güete. wan stüende ir gemüete daz sie dienest wolde nemen! des kunde mich durch sie gezemen, und doch niht durch ir minne : wan mîn wîp de küneginne ist an ir lîbe alse clâr, oder fürbaz, daz ist wâr." er tet als er tuon sol: von fuoze ûf wâpent’ er sich wol durch strîtes ántwúrte, zwei swert er umbe gurte. 665 670 675 680 246 685 663 vgl. V, 474: er hatte es ihm selbst gegeben, aber befohlen, dals man es bringe; vgl. 469. — 664 das zweite hatte er Ither von Kahaviez abgenommen; vgl. III, 892. 1248. — 665 z'im selben, zu sich selbst. — 666 durch waz, in welcher Absicht. — diz: daßs meine Waffen hier liegen. — 667 ich sol, ich werde, ich will. — drîn, dahinein: sie anziehen. — 669 wachende ist nicht mit arbeit zu verbinden, sondern gehört zum ganzen Satze: im Wachen. — 670 wœtlich adv., leichtlich, wahrscheinlich, ver- muthlich. — ist bereit, bevorsteht. — 671 urliuges nôt. Noth durch Krieg. — 672 so folge ich gerne seiner Aufforderung, an dem Kriege theilzunehmen, ihm beizustehen. — 673 ir gebot, der Aufforderung derjenigen: Repanse de Schoye ist gemeint. Vgl. 134. 375. — 674 niuwen das Adj. nachgesetzt in flectierter Form. — 675 lêch præt. von lîhen stv., leihen. — 676 wan, o daſ doch. — stüende, (so) beschaffen wäre, gesonnen ware. — 677 dals sie mich zu ihrem Diener (im Sinne des Minnedienstes) nehmen wollte. — 678 das könnte mir gefallen um ihrer Persönlichkeit willen; aber nicht um ihre Minne zu erringen und zu geniessen, was sonst das Ziel des Minne- dienstes war. Mit dieser sittlich reinen Auffassung der Ehe erhebt sich Wolfram über seine Zeitgenossen und die in seiner Zeit herrschenden Grundsätze. — 680 Condwiramurs. — 681 alse, ebenso. — 682 fürbaz, noch mehr: noch schöner. — 683 wie es unter diesen Umständen das Richtige war; vgl. au mius que il puet Crestien 4543. — 685 antwurte stn., Ant- wort: um jedem Angriff begegnen zu können. — 686 vgl. 662. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 261 zer tür ûz gienc der werde degen: dâ was sîn ors an die stegen geheftet, schilt unde sper lent' derbî: daz was sîn ger. 690 É Parzivâl der wîgant sich des orses underwant, manegez er der gademe erlief, sô daz er nâch den liuten rief. niemán er hôrte noch ensach: ungefüege leit im dran geschach. daz hete im zorn gereizet. er lief da er was erbeizet des âbents, dô er komen was. dâ was erde unde gras mit tretenne gerüeret unt'z tou gar zerfüeret. al schrînde lief der junge man wider ze sîme orse sân. mit pâgénden worten saz er drûf. die porten vander wît offen stên, derdurch ûz grôze slâ gên: niht langer er dô habete, vast’ ûf die brükke er drabete. ein verborgen knappe'z seil zôch, daz der slagebrüken teil het’z ors vil nâch gevellet nider. Parzivâl der sach sich wider: 695 700 705 710 247 688 stege: die Treppe, welche von der Hausthür ins Freie führte; vgl. IV, 229. — 690 lenen swv., intrans., lehnen. Das entsprach seinem Wunsche. 692 sich underwant, sich bemächtigte: ehe er es bestieg. — 693 kehrte er nochmals in das Schlofs zurück und durchlief die Gemächer. — gadem stn., Gemach. — erloufen stv., durchlaufen. — 694 sô, in der Weise: er rief im Hindurchlaufen. — 696 ungefüege unflect. adj., großes. — dran, darin, dadurch. — 697 reizen, reizen (aber mhd. mit weichem z = ſs). — 698 dâ, dorthin wo. — 701 tretenne flect. Infinitiv: durch Tritte. — ge- rüeret, berührt. — 702 die Thautropfen hafteten nicht mehr an den Grä- sern, sondern waren zerstört und zersprengt. — 703 al schrînde, fort- während schreiend. — 705 pâgen = bâgen (II, 657; III, 1035), schelten. — 706 porten ist sing. in schwacher Form. — 708 derdurch ûz, durch sie hin- durch nach außsen. — grôze, zahlreiche: von vielen Pferden. — 709 habete, hielt sich auf. — 710 vaste, tüchtig. — draben swv., traben. — 711 knappe’z = knappe dez, daz. — 712 zôch, zog in die Höhe, sodaſs die Brücke, die niedergelassen war, emporschnellte. — slagebrüke swf., niederschlagende Zugbrücke. — teil, das Ende, welches emporfuhr, als das Ross noch nicht vollständig hinüber war. — 713 vil näch, beinahe. — 714 wider, rück- wärts, um. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 261 zer tür ûz gienc der werde degen: dâ was sîn ors an die stegen geheftet, schilt unde sper lent' derbî: daz was sîn ger. 690 É Parzivâl der wîgant sich des orses underwant, manegez er der gademe erlief, sô daz er nâch den liuten rief. niemán er hôrte noch ensach: ungefüege leit im dran geschach. daz hete im zorn gereizet. er lief da er was erbeizet des âbents, dô er komen was. dâ was erde unde gras mit tretenne gerüeret unt'z tou gar zerfüeret. al schrînde lief der junge man wider ze sîme orse sân. mit pâgénden worten saz er drûf. die porten vander wît offen stên, derdurch ûz grôze slâ gên: niht langer er dô habete, vast’ ûf die brükke er drabete. ein verborgen knappe'z seil zôch, daz der slagebrüken teil het’z ors vil nâch gevellet nider. Parzivâl der sach sich wider: 695 700 705 710 247 688 stege: die Treppe, welche von der Hausthür ins Freie führte; vgl. IV, 229. — 690 lenen swv., intrans., lehnen. Das entsprach seinem Wunsche. 692 sich underwant, sich bemächtigte: ehe er es bestieg. — 693 kehrte er nochmals in das Schlofs zurück und durchlief die Gemächer. — gadem stn., Gemach. — erloufen stv., durchlaufen. — 694 sô, in der Weise: er rief im Hindurchlaufen. — 696 ungefüege unflect. adj., großes. — dran, darin, dadurch. — 697 reizen, reizen (aber mhd. mit weichem z = ſs). — 698 dâ, dorthin wo. — 701 tretenne flect. Infinitiv: durch Tritte. — ge- rüeret, berührt. — 702 die Thautropfen hafteten nicht mehr an den Grä- sern, sondern waren zerstört und zersprengt. — 703 al schrînde, fort- während schreiend. — 705 pâgen = bâgen (II, 657; III, 1035), schelten. — 706 porten ist sing. in schwacher Form. — 708 derdurch ûz, durch sie hin- durch nach außsen. — grôze, zahlreiche: von vielen Pferden. — 709 habete, hielt sich auf. — 710 vaste, tüchtig. — draben swv., traben. — 711 knappe’z = knappe dez, daz. — 712 zôch, zog in die Höhe, sodaſs die Brücke, die niedergelassen war, emporschnellte. — slagebrüke swf., niederschlagende Zugbrücke. — teil, das Ende, welches emporfuhr, als das Ross noch nicht vollständig hinüber war. — 713 vil näch, beinahe. — 714 wider, rück- wärts, um. —
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262 FÜNFTES BUCH. dô wolt’ er hân gevrâget baz. «ir sult varen der sunnen haz», sprach der knappe: «ir sît ein gans. möht ir gerüeret hân den flans, und het den wirt gevrâget! vil prîss iuch hât betrâget.» 715 720 Nâch den mæeren schrei der gast: gegenrede im gar gebrast. swie vil er nâch geriefe, reht' alser gênde sliefe warp der knáppe und sluoc die porten zuo. dô was sîn scheiden dan ze fruo an der flustbaren zît dem der nu zins von fröuden gît: diu ist an ime verborgen. umbe den wurf der sorgen wart getóppelt, do er den grâl vant, mit sînen ougen, âne hant und âne würfels ecke. ob in nu kumber wecke, des was er dâ vor niht gewenet: er’n hete sich niht vil gesenet. 725 730 735 248 715 er hätte sich gern näher nach dem Sachverhalt erkundigt, weil er nun merkte, daſ doch jemand in der Burg sei. — 716 der sunnen haz, Gegen- stand des Hasses der Sonne, von der Sonne gehasst: ihr seid nicht werth, dafs die Sonne euch bescheint. Eine Verwünschungsformel; vgl. Mythol. 17 und Bech zu Erec V. 93. — 717 gans im Mhd. auch als Schelte für Män- ner gebraucht. — 718 hättet ihr doch können. — flans stm., Mund, Maul ; vgl. zu II, 1632. — 719 het = hetet, wie möht = möhtet. — 720 mich betrâget mit gen., mich verdrieft etwas, ich habe keine Lust dazu : euch gelüstete nicht nach hohem Ruhme, den ihr durch Fragen erworben hättet. 721 Nâch den mœeren, nach der Erklärung, um Erklärung. — 722 gegen- rede stf., Antwort ist gen. von gebrast abhängig. — 723 nâch, hinter dem Knappen her. — 724 gênde, im Gehen. — 725 warp, handelte, that. — 726 sîn scheiden dan, sein Scheiden von dort. — 727 flustbure adj. = ver- lustbaere, Verlust oder Schaden bringend, enthaltend : in dem Zeitpunkte, der ihm großsen Verlust an Freude und Glück brachte, denn mit diesem Augenblicke beginnt eine schwere Zeit für Parzival. — 728 ihm der nun- mehr Zins von seiner Freude zahlt, sie hingeben mußs, dem sie sehr ge- mindert wird. — 729 diu bezieht sich auf den Pl. fröuden: allgemein zu verstehen: alle Freude. — verbergen stv., aufheben, in Sicherheit bringen : er kann sie nicht sehen und finden. — 731 toppeln swv., franz. dobler, doubler (einen Pasch werfen), würfeln. Sein Besuch beim Gral war ein Glückswurf, dessen Ergebniss Glück, aber auch Sorge sein konnte. — 732 ougen, wortspielend: die Augen der Würfel und seine Augen, mit denen er die Geheimnisse erblickte und die ihm, wenn der Anblick ihn zur Frage veranlafte, hohes Glück erworben hätten. — 733 ohne dafs eine Hand den Würfel warf. — 734 wecken, aufwecken, aufstören; aus seiner Ruhe und seinem friedlichen Dasein. — 736 niht vil, noch gar nicht. Vgl. III, 70. —
262 FÜNFTES BUCH. dô wolt’ er hân gevrâget baz. «ir sult varen der sunnen haz», sprach der knappe: «ir sît ein gans. möht ir gerüeret hân den flans, und het den wirt gevrâget! vil prîss iuch hât betrâget.» 715 720 Nâch den mæeren schrei der gast: gegenrede im gar gebrast. swie vil er nâch geriefe, reht' alser gênde sliefe warp der knáppe und sluoc die porten zuo. dô was sîn scheiden dan ze fruo an der flustbaren zît dem der nu zins von fröuden gît: diu ist an ime verborgen. umbe den wurf der sorgen wart getóppelt, do er den grâl vant, mit sînen ougen, âne hant und âne würfels ecke. ob in nu kumber wecke, des was er dâ vor niht gewenet: er’n hete sich niht vil gesenet. 725 730 735 248 715 er hätte sich gern näher nach dem Sachverhalt erkundigt, weil er nun merkte, daſ doch jemand in der Burg sei. — 716 der sunnen haz, Gegen- stand des Hasses der Sonne, von der Sonne gehasst: ihr seid nicht werth, dafs die Sonne euch bescheint. Eine Verwünschungsformel; vgl. Mythol. 17 und Bech zu Erec V. 93. — 717 gans im Mhd. auch als Schelte für Män- ner gebraucht. — 718 hättet ihr doch können. — flans stm., Mund, Maul ; vgl. zu II, 1632. — 719 het = hetet, wie möht = möhtet. — 720 mich betrâget mit gen., mich verdrieft etwas, ich habe keine Lust dazu : euch gelüstete nicht nach hohem Ruhme, den ihr durch Fragen erworben hättet. 721 Nâch den mœeren, nach der Erklärung, um Erklärung. — 722 gegen- rede stf., Antwort ist gen. von gebrast abhängig. — 723 nâch, hinter dem Knappen her. — 724 gênde, im Gehen. — 725 warp, handelte, that. — 726 sîn scheiden dan, sein Scheiden von dort. — 727 flustbure adj. = ver- lustbaere, Verlust oder Schaden bringend, enthaltend : in dem Zeitpunkte, der ihm großsen Verlust an Freude und Glück brachte, denn mit diesem Augenblicke beginnt eine schwere Zeit für Parzival. — 728 ihm der nun- mehr Zins von seiner Freude zahlt, sie hingeben mußs, dem sie sehr ge- mindert wird. — 729 diu bezieht sich auf den Pl. fröuden: allgemein zu verstehen: alle Freude. — verbergen stv., aufheben, in Sicherheit bringen : er kann sie nicht sehen und finden. — 731 toppeln swv., franz. dobler, doubler (einen Pasch werfen), würfeln. Sein Besuch beim Gral war ein Glückswurf, dessen Ergebniss Glück, aber auch Sorge sein konnte. — 732 ougen, wortspielend: die Augen der Würfel und seine Augen, mit denen er die Geheimnisse erblickte und die ihm, wenn der Anblick ihn zur Frage veranlafte, hohes Glück erworben hätten. — 733 ohne dafs eine Hand den Würfel warf. — 734 wecken, aufwecken, aufstören; aus seiner Ruhe und seinem friedlichen Dasein. — 736 niht vil, noch gar nicht. Vgl. III, 70. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 263 249 Parzivâl der huop sich nâch vast' ûf die slâ die'r dâ sach. er dâht' «die for mir rîten, ich wæen’ die hiute strîten manlîch umb' mîns wirtes dinc. ruochten si's, sô wæere ir rinc mit mir niht verkrenket. alda wurde niht gewenket, ich hulfe in an der selben nôt, daz ich gediendé mîn brôt und ouch diz wünneclîche swert, daz mir gap ir hêrre wert. ungedienet ich daz trage. sie wænent lîhte, ich sî ein zage." Der valscheite widersaz kêrt' úf der huofslege kraz. sin scheiden dan daz riuwet mich. alrêrst nu âventiurt ez sich. do begúnde krenken sich ir spor: sich schieden die dâ riten vor. ir slâ wart smal, diu ê was breit : er verlôs se gar: daz was im leit. mæerè vriesch dô der junge man, dâ von er herzenôt gewan. do erhôrte der degen ellens rîch einer frouwen stimme jæmerlîch. ez was dennóch von touwe naz. 740 745 750 755 760 737 machte sich auf hinter den Spuren der Reiter her. — 739. 740 rîten und strîten sind Conjunctive, jener weil er die Reiter nicht kennt, dieser von wan’ abhängig. — 741 für die Sache meines Wirthes. — 742 wenn sie wollten, wenn es ihnen recht wäre: nämlich dafs ich mich ihnen an- schlösse. — rinc, Kreis, Gesellschaft. — 743 verkrenken swv., herabsetzen, beschimpfen : ich würde ihnen keine Schande machen. — 744 alda, dabei : wenn ich dabei wäre. — wenken, wanken, ablassen, unterlassen. — 745 ich hulſe, daſ ich ihnen hülfe. — 746 gedienen swv., verdienen. — mîn brôt, den Unterhalt, den mir ihr Herr für meine Dienste gewähren würde. — 750 sie mogen vielleicht glauben, ich sei ein Feigling, weil sie mich nicht aufgefordert haben, theilzunehmen. 751 Umschreibung für Parzival; vgl. III, 1177. — 752 kêrt’, wandte sich. — kraz stm., das Einkratzen, der Eindruck; vgl. huovekraz Wille- halm 314, 10: folgte der Spur der Hufschläge. — 753 scheiden dan; vgl. 726. — 754 âventiuren swv., zur âventiure machen; refl. — werden: jetzt erst beginnen wunderbare Ereignisse. — 755 krenken refl., schwach wer- den. — spor stn., Spur, Fährte: das nhd. Fem. erklärt sich aus dem Pl. (vgl. Fährte). — 756 die vor ihm da geritten waren, hatten sich hier ge- trennt, und so wurden die Spuren schwächer als vorher. — 759 da ver- nahm Kunde, Dinge. — 760 dâ von, wodurch, auf mare bezüglich. — 763 es war noch früh am Tage. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 263 249 Parzivâl der huop sich nâch vast' ûf die slâ die'r dâ sach. er dâht' «die for mir rîten, ich wæen’ die hiute strîten manlîch umb' mîns wirtes dinc. ruochten si's, sô wæere ir rinc mit mir niht verkrenket. alda wurde niht gewenket, ich hulfe in an der selben nôt, daz ich gediendé mîn brôt und ouch diz wünneclîche swert, daz mir gap ir hêrre wert. ungedienet ich daz trage. sie wænent lîhte, ich sî ein zage." Der valscheite widersaz kêrt' úf der huofslege kraz. sin scheiden dan daz riuwet mich. alrêrst nu âventiurt ez sich. do begúnde krenken sich ir spor: sich schieden die dâ riten vor. ir slâ wart smal, diu ê was breit : er verlôs se gar: daz was im leit. mæerè vriesch dô der junge man, dâ von er herzenôt gewan. do erhôrte der degen ellens rîch einer frouwen stimme jæmerlîch. ez was dennóch von touwe naz. 740 745 750 755 760 737 machte sich auf hinter den Spuren der Reiter her. — 739. 740 rîten und strîten sind Conjunctive, jener weil er die Reiter nicht kennt, dieser von wan’ abhängig. — 741 für die Sache meines Wirthes. — 742 wenn sie wollten, wenn es ihnen recht wäre: nämlich dafs ich mich ihnen an- schlösse. — rinc, Kreis, Gesellschaft. — 743 verkrenken swv., herabsetzen, beschimpfen : ich würde ihnen keine Schande machen. — 744 alda, dabei : wenn ich dabei wäre. — wenken, wanken, ablassen, unterlassen. — 745 ich hulſe, daſ ich ihnen hülfe. — 746 gedienen swv., verdienen. — mîn brôt, den Unterhalt, den mir ihr Herr für meine Dienste gewähren würde. — 750 sie mogen vielleicht glauben, ich sei ein Feigling, weil sie mich nicht aufgefordert haben, theilzunehmen. 751 Umschreibung für Parzival; vgl. III, 1177. — 752 kêrt’, wandte sich. — kraz stm., das Einkratzen, der Eindruck; vgl. huovekraz Wille- halm 314, 10: folgte der Spur der Hufschläge. — 753 scheiden dan; vgl. 726. — 754 âventiuren swv., zur âventiure machen; refl. — werden: jetzt erst beginnen wunderbare Ereignisse. — 755 krenken refl., schwach wer- den. — spor stn., Spur, Fährte: das nhd. Fem. erklärt sich aus dem Pl. (vgl. Fährte). — 756 die vor ihm da geritten waren, hatten sich hier ge- trennt, und so wurden die Spuren schwächer als vorher. — 759 da ver- nahm Kunde, Dinge. — 760 dâ von, wodurch, auf mare bezüglich. — 763 es war noch früh am Tage. —
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264 FÜNFTES BUCH. vor ime ûf einer linden saz ein maget, der fuogte ir triuwe nôt. ein gebalsemt rîter tôt lent’ ir zwischen’n armen. swen’z niht wolte erbarmen, der sie sô sitzen sæehe, untriuwen ich im jæhe. sîn ors dô gein ir wande der wênic sie bekande: sie was doch sîner muomen kint. al irdisch triuwe was ein wint, wan die man an ir libe sach. Parzivâl sie gruozte und sprach «frouwe, mir ist vil léit iwer sénelîchiu arebeit. bedurft ir mînes dienes iht, in iwerem dienste man mich siht.» 765 770 775 780 250 Sie dancte im ûz jâmers siten und vrâgte in wanne er koeme geriten. [sie sprach] «ez ist widerzæme daz iemen an sich næeme sîn reise in dise waste. únkúndem gaste mac hie wol grôzer schade geschehen. ich hân'z gehôrt und gesehen daz hie vil liute ir lîp verluren, 785 764 ûf: auffallend ist, dafs Sigune auf der Linde sitzt; das franz. Original hat sous un kaisne, unter einer Eiche; aber die Wiener Hs. des Parzival stellt auch im Bilde Sigunen auf der Linde sitzend dar. — 767 zwischen’n = zwischen den. — 770 dem würde ich Untreue zuschreiben, den würde ich untreu (= nicht wohlmeinend) nennen. — untriuwe stf., Mangel an Wohl- wollen, hier gen. pl. — 771 gein ir, auf sie zu. — 772 Parzival, der. — wênic = durchaus nicht. Er erkannte sie nicht wieder, wiewohl er sie schon einmal gesehen (III, 667 ff.), und sie ihn ebenso wenig. — 773 vgl. III, 738. — 774 ein wint, wan die, ein nichts (zu II, 239), ausgenommen die, im Vergleich zu derjenigen, die. — 775 an ir lîbe, an ihr. — 778 sene- lîch adj., voll Seelenschmerz. — arebeit = arbeit stf., Mühsal, Kummer. — 779 meines Dienens = meines Dienstes. — iht, irgendwie. — 780 siht, im Sinne des Futurums: so soll man mich sehen. 781 aus jammervoller Art, aus ihrem Jammer heraus. — 782 wanne = wannen, von wannen (III, 1614). — 783 die eine Rede einleitenden Worte «er, sie sprach" setzen die Hss. häufig erst hinzu, wo der Dichter die Rede ohne Andeutung beginnen lässt. — widerzœme adj., widerstrebend, unwahrscheinlich; ist zu streichen und widerzœme als Verbum zu nehmen (Lachmann) ist weniger gut; denn sie sagt nicht: es wäre unwahrschein- lich, sondern es ist. — 784 an sich nœme, unternehmen sollte. — 786 un- kunt in activem Sinne : der sich nicht «auskennt», wie man in Süddeutsch- land sagt. —
264 FÜNFTES BUCH. vor ime ûf einer linden saz ein maget, der fuogte ir triuwe nôt. ein gebalsemt rîter tôt lent’ ir zwischen’n armen. swen’z niht wolte erbarmen, der sie sô sitzen sæehe, untriuwen ich im jæhe. sîn ors dô gein ir wande der wênic sie bekande: sie was doch sîner muomen kint. al irdisch triuwe was ein wint, wan die man an ir libe sach. Parzivâl sie gruozte und sprach «frouwe, mir ist vil léit iwer sénelîchiu arebeit. bedurft ir mînes dienes iht, in iwerem dienste man mich siht.» 765 770 775 780 250 Sie dancte im ûz jâmers siten und vrâgte in wanne er koeme geriten. [sie sprach] «ez ist widerzæme daz iemen an sich næeme sîn reise in dise waste. únkúndem gaste mac hie wol grôzer schade geschehen. ich hân'z gehôrt und gesehen daz hie vil liute ir lîp verluren, 785 764 ûf: auffallend ist, dafs Sigune auf der Linde sitzt; das franz. Original hat sous un kaisne, unter einer Eiche; aber die Wiener Hs. des Parzival stellt auch im Bilde Sigunen auf der Linde sitzend dar. — 767 zwischen’n = zwischen den. — 770 dem würde ich Untreue zuschreiben, den würde ich untreu (= nicht wohlmeinend) nennen. — untriuwe stf., Mangel an Wohl- wollen, hier gen. pl. — 771 gein ir, auf sie zu. — 772 Parzival, der. — wênic = durchaus nicht. Er erkannte sie nicht wieder, wiewohl er sie schon einmal gesehen (III, 667 ff.), und sie ihn ebenso wenig. — 773 vgl. III, 738. — 774 ein wint, wan die, ein nichts (zu II, 239), ausgenommen die, im Vergleich zu derjenigen, die. — 775 an ir lîbe, an ihr. — 778 sene- lîch adj., voll Seelenschmerz. — arebeit = arbeit stf., Mühsal, Kummer. — 779 meines Dienens = meines Dienstes. — iht, irgendwie. — 780 siht, im Sinne des Futurums: so soll man mich sehen. 781 aus jammervoller Art, aus ihrem Jammer heraus. — 782 wanne = wannen, von wannen (III, 1614). — 783 die eine Rede einleitenden Worte «er, sie sprach" setzen die Hss. häufig erst hinzu, wo der Dichter die Rede ohne Andeutung beginnen lässt. — widerzœme adj., widerstrebend, unwahrscheinlich; ist zu streichen und widerzœme als Verbum zu nehmen (Lachmann) ist weniger gut; denn sie sagt nicht: es wäre unwahrschein- lich, sondern es ist. — 784 an sich nœme, unternehmen sollte. — 786 un- kunt in activem Sinne : der sich nicht «auskennt», wie man in Süddeutsch- land sagt. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 265 790 251 die werlîchen tôt erkuren. kêrt hinnen, ob ir welt genesen. sagt ê, wâ sît ir hînt gewesen?» «dar ist ein mîle oder mêr, daz ich gesach nie burc sô hêr mit aller slahte richheit. in kurzer wîle ich dannen reit.» sie sprach «swer iu getrûwet iht, den sult ir gerne triegen niht. ir traget doch einen gastes schilt. iuch möht’ des waldes hân bevilt, von erbüwem lande her geriten. inre drîzec mîln wart nie versniten ze keinem bûwe holz noch stein, wan éin bure diu stêt al ein: diu ist erden wunsches rîche. swer die suochet flîzeclîche, leider der envint ir niht. vil liute man’z doch werben siht. ez muoz unwizzendé geschehen, swer iemer sol die burc gesehen. wæn’, hêrre, diu’st iu niht bekant. Munsalvæesche ist sie genant. der bürge wirtes royâm, Terre dé Salvæsche ist sîn nam. ez brâht' der alte Tyturel 795 800 805 810 815 790 werlîchen tôt, wehrhaften Tod ; erkurn præt. pl. von erkiesen, finden: die den Tod mit den Waffen in der Hand, in der Vertheidigung fanden. Die Gralritter vertheidigen den die Gralsburg dicht einschließenden Wald ; vgl. IX, 316. — 792 ê, vorher: ehe ihr weiter reitet. — hînt, die vergangene Nacht. — 793 dar, dorthin: zu meiner Nachtherberge; damit ist daz zu verbinden: die von solcher Beschaffenheit war, daß; vgl. V, 11. — 796 in kurzer wîle, in kurzer Frist, vor kurzem. — 797 getrüwen swv., trauen, Glauben schenken; iht, irgendwie. — 798 gerne, absichtlich. Sie hält seine Erzählung für eine Lüge. — 799 man sieht es eurem Schilde doch an, daſs ihr hier ein Fremder seid: er trägt nicht das Wappen der Ritter von Munsalvæsche. — 800 es möchte euch des Waldes zu viel geworden sein, bis ihr eine Herberge gefunden hättet. — 801 erbůwem = erbûwenem (V, 51). — geriten, seit ihr geritten seid. — 803 bûwe dat. von bû stm., Bau, Ge- bäude. — 804 nur éine Burg. — 805 die ist reich an allem höchsten Erden- glück. — 807 envint synkopiert aus envindet. — ir gen. von niht abhängig: sie nicht. — 808 ez werben, es betreiben, darnach streben. — 809 un- wizzende, ohne daß man darum weißs, wie es eben Parzival geschah. Gegen- satz ftizeclîche, absichtlich (806). — 810 iemer, jemals. — 811 wœen', mit aus- gelassenem ich, ich glaube ; seltener an der Spitze des Satzes als nach dem ersten Worte desselben. — 812 Munsalvœsche = altfranz. mont salvage, wilder Berg. — 813 royâm stn., altfranz. roialme, roiame, Königreich, Reich: nomin. aufer Construction, durch sîn aufgenommen. Das Reich des Burgherrn. — 814 Salvœsche wie in Munsalvœsche von salvage, mlat. sylvaticus. — 815 brin- gen, überliefern, vererben; ez, das Reich. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 265 790 251 die werlîchen tôt erkuren. kêrt hinnen, ob ir welt genesen. sagt ê, wâ sît ir hînt gewesen?» «dar ist ein mîle oder mêr, daz ich gesach nie burc sô hêr mit aller slahte richheit. in kurzer wîle ich dannen reit.» sie sprach «swer iu getrûwet iht, den sult ir gerne triegen niht. ir traget doch einen gastes schilt. iuch möht’ des waldes hân bevilt, von erbüwem lande her geriten. inre drîzec mîln wart nie versniten ze keinem bûwe holz noch stein, wan éin bure diu stêt al ein: diu ist erden wunsches rîche. swer die suochet flîzeclîche, leider der envint ir niht. vil liute man’z doch werben siht. ez muoz unwizzendé geschehen, swer iemer sol die burc gesehen. wæn’, hêrre, diu’st iu niht bekant. Munsalvæesche ist sie genant. der bürge wirtes royâm, Terre dé Salvæsche ist sîn nam. ez brâht' der alte Tyturel 795 800 805 810 815 790 werlîchen tôt, wehrhaften Tod ; erkurn præt. pl. von erkiesen, finden: die den Tod mit den Waffen in der Hand, in der Vertheidigung fanden. Die Gralritter vertheidigen den die Gralsburg dicht einschließenden Wald ; vgl. IX, 316. — 792 ê, vorher: ehe ihr weiter reitet. — hînt, die vergangene Nacht. — 793 dar, dorthin: zu meiner Nachtherberge; damit ist daz zu verbinden: die von solcher Beschaffenheit war, daß; vgl. V, 11. — 796 in kurzer wîle, in kurzer Frist, vor kurzem. — 797 getrüwen swv., trauen, Glauben schenken; iht, irgendwie. — 798 gerne, absichtlich. Sie hält seine Erzählung für eine Lüge. — 799 man sieht es eurem Schilde doch an, daſs ihr hier ein Fremder seid: er trägt nicht das Wappen der Ritter von Munsalvæsche. — 800 es möchte euch des Waldes zu viel geworden sein, bis ihr eine Herberge gefunden hättet. — 801 erbůwem = erbûwenem (V, 51). — geriten, seit ihr geritten seid. — 803 bûwe dat. von bû stm., Bau, Ge- bäude. — 804 nur éine Burg. — 805 die ist reich an allem höchsten Erden- glück. — 807 envint synkopiert aus envindet. — ir gen. von niht abhängig: sie nicht. — 808 ez werben, es betreiben, darnach streben. — 809 un- wizzende, ohne daß man darum weißs, wie es eben Parzival geschah. Gegen- satz ftizeclîche, absichtlich (806). — 810 iemer, jemals. — 811 wœen', mit aus- gelassenem ich, ich glaube ; seltener an der Spitze des Satzes als nach dem ersten Worte desselben. — 812 Munsalvœsche = altfranz. mont salvage, wilder Berg. — 813 royâm stn., altfranz. roialme, roiame, Königreich, Reich: nomin. aufer Construction, durch sîn aufgenommen. Das Reich des Burgherrn. — 814 Salvœsche wie in Munsalvœsche von salvage, mlat. sylvaticus. — 815 brin- gen, überliefern, vererben; ez, das Reich. —
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266 FÜNFTES BUCH. an sînen sun. rois Frimutel, sus hiez der werde wîgant: manegen prîs erwarp sîn hant. der lac von einer tjoste tôt, als ime diu minne dar gebôt. der selbe liez fier werdiu kint. bî rîcheit driu in jâmer sint: der vierdé hât ármúot, durch got für sünde er daz tuot. der selbe heizet Trevrizent. Anfortas sîn bruoder lent: der mac gerîten noch gegên noch geligen noch gestên. der ist uf Munsalvasche wirt: ungenande in niht verbirt." [si sprach] «herre, wært ir komen dar zuo der jæemerlîchen schar, sô wær’ dem wirte worden rât vil kumbers den er lange hât.» der Wâleis zuo der megde sprach «groezlich wunder ich dâ sach, unt manege frouwen wol getân." bi der stímme erkande sie den man. Dô sprach sie «du bist Parzivâl. nu sage et, sahe du den grâl 252 unt den wirt fröuden lære? lâ hoeren liebiu mæere. ob wendec ist sîn freise, wol dich der salden reise! 820 825 830 835 840 820 als ime dar, wie ihm dazu, zu welcher ihm. — gebieten mit dat. und der Richtung wohin, jemand gebieten, sich wohin zu begeben, jemand wo- hin laden, fordern. — 821 liez, lief zurück, hinterliefs. — 822 bei, trotz ihrem Reichthum. — driu neutr. von drî, drei. Die drei sind Anfortas. Herzeloide (Parzival's Mutter) und Repanse de Schoye; die dritte Tochter Schoisiane, Sigunens Mutter, war schon bei Lebzeiten Frimutel's ge- storben. Von Herzeloidens Tode weißs also Sigune noch nichts. — 824 für, zur Buße für. — daz, dafs er freiwillig auf alle Erdengüter verzichtet hat. — 826 lent, er stützt sich, weil er weder reiten noch gehen, liegen noch stehen kann. Er ist durch die Weichen verwundet (IX, 1392). — 827 mac, vermag. — 830 ungenande: so ist nach V, 488 mit Lachmann für das überlieferte ungenâde zu lesen. — 831 si sprach; vgl. zu V, 783. — 833 so wäre er befreit worden. — 835 megde dat. sing. von maget, Jungfrau: ver- kürzt aus megede. — 836 grœzlîch adj., groſs. — 838 bî, an. 840 sœhe 2. præet. von sehen. — 843 wendec adj., rückgängig gemacht. — freise, das Furchtbare, was auf ihm lastet : wenn es (durch deine Frage) ein Ende genommen hat. — 844 wol mit acc. der Person, gen. der Sache : Heil dir wegen der glückbringenden Reise. —
266 FÜNFTES BUCH. an sînen sun. rois Frimutel, sus hiez der werde wîgant: manegen prîs erwarp sîn hant. der lac von einer tjoste tôt, als ime diu minne dar gebôt. der selbe liez fier werdiu kint. bî rîcheit driu in jâmer sint: der vierdé hât ármúot, durch got für sünde er daz tuot. der selbe heizet Trevrizent. Anfortas sîn bruoder lent: der mac gerîten noch gegên noch geligen noch gestên. der ist uf Munsalvasche wirt: ungenande in niht verbirt." [si sprach] «herre, wært ir komen dar zuo der jæemerlîchen schar, sô wær’ dem wirte worden rât vil kumbers den er lange hât.» der Wâleis zuo der megde sprach «groezlich wunder ich dâ sach, unt manege frouwen wol getân." bi der stímme erkande sie den man. Dô sprach sie «du bist Parzivâl. nu sage et, sahe du den grâl 252 unt den wirt fröuden lære? lâ hoeren liebiu mæere. ob wendec ist sîn freise, wol dich der salden reise! 820 825 830 835 840 820 als ime dar, wie ihm dazu, zu welcher ihm. — gebieten mit dat. und der Richtung wohin, jemand gebieten, sich wohin zu begeben, jemand wo- hin laden, fordern. — 821 liez, lief zurück, hinterliefs. — 822 bei, trotz ihrem Reichthum. — driu neutr. von drî, drei. Die drei sind Anfortas. Herzeloide (Parzival's Mutter) und Repanse de Schoye; die dritte Tochter Schoisiane, Sigunens Mutter, war schon bei Lebzeiten Frimutel's ge- storben. Von Herzeloidens Tode weißs also Sigune noch nichts. — 824 für, zur Buße für. — daz, dafs er freiwillig auf alle Erdengüter verzichtet hat. — 826 lent, er stützt sich, weil er weder reiten noch gehen, liegen noch stehen kann. Er ist durch die Weichen verwundet (IX, 1392). — 827 mac, vermag. — 830 ungenande: so ist nach V, 488 mit Lachmann für das überlieferte ungenâde zu lesen. — 831 si sprach; vgl. zu V, 783. — 833 so wäre er befreit worden. — 835 megde dat. sing. von maget, Jungfrau: ver- kürzt aus megede. — 836 grœzlîch adj., groſs. — 838 bî, an. 840 sœhe 2. præet. von sehen. — 843 wendec adj., rückgängig gemacht. — freise, das Furchtbare, was auf ihm lastet : wenn es (durch deine Frage) ein Ende genommen hat. — 844 wol mit acc. der Person, gen. der Sache : Heil dir wegen der glückbringenden Reise. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 267 845 wan swaz die lüfte hânt beslagen, dar obe muostu hohe tragen: dir dienet zam unde wilt, ze rîcheit ist dir wunsch gezilt." Parzivâl der wîgant sprach «wâ von habet ir mich erkant?» sie sprach «dâ bin ich'z diu maget diu dir è kumber hât geklaget, und diu dir sagete dînen namen. dune darft dich niht der sippe schamen, daz dîn muoter ist mîn muome. wîplîcher kiusche ein bluome ist sie, geliutert âne tou. got lôn' dir daz dich dô sô rou min friwent, der mir zer tjost lac tôt. ich hân'n alhie. nu prüeve nôt die mír got hât an ime gegeben, daz er niht langer solde leben. er pflac manlîcher güete. sîn sterben mich dô müete: och hân ich sît von tage ze tage fürbáz erkennet niuwe klage." «ôwê war kom dîn rôter munt ? bistu'z Sigûne, diu mir kunt tet wer ich was, ân’ allen vâr? din reideloht lanc prûnez hâr, 253 des ist dîn houbet blôz getân. zem fôrést in Prizljân sah ich dich dô vil minneclîch, 850 855 860 865 870 — 845 beslahen stv., umfangen, umschließsen: was auf Erden athmet. — 846 dar obe, über das. — hœhe tragen, emporragen. — 847 zam unde wilt, Umschreibung für alle Geschöpfe. — 848 das Höchste in Bezug auf Macht und Reichthum ist dir beschieden. — 850 wâ von, wodurch, woran. — 851 dâ, erläuternd am Beginn einer Antwort (zu I, 1471). — ez für uns pleonastisch. — 852. 853 vgl. III, 710. 732. — 854 sippe stf., Verwandt- schaft. — 855 vgl. III, 738. — 856 bluome, Ideal; vgl. zu I, 1162. — 857 liutern swv., läutern, reinigen : auch wenn sie nicht wie die Blumen vom Thau gereinigt wird. — 858 dô, damals; vgl. III, 693. — rou præt. von riuwen, dauern. — 859 friwent, Geliebter. — zer tjost, im ritterlichen Zweikampfe. — 860 hân'n = hân in. Nun erwäge das Leid. — 862 daz, da- durch dafs. — 863 er pflac, er besaßs. — güete, nicht nur Güte, auch Treff- lichkeit, Tapferkeit; vgl. guot zu I, 1369. — 865 von tage ze tage ist mit fürbaz zu verbinden: täglich mehr. — 866 erkennet, kennen gelernt. — 869 an’ allen vâr, ohne alle Falschheit, aufrichtig, wahrhaft. — 870 die Adjectiva sind mit Ausnahme des dritten unflectiert. Das Subject hâr stimmt wieder nicht in die Construction und ist durch des in dieselbe aufgenommen. — 871 blôz tuon, entblößsen, berauben. — 872 zem, im. — in; vgl. zu III, 35. — 873 dô, damals. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 267 845 wan swaz die lüfte hânt beslagen, dar obe muostu hohe tragen: dir dienet zam unde wilt, ze rîcheit ist dir wunsch gezilt." Parzivâl der wîgant sprach «wâ von habet ir mich erkant?» sie sprach «dâ bin ich'z diu maget diu dir è kumber hât geklaget, und diu dir sagete dînen namen. dune darft dich niht der sippe schamen, daz dîn muoter ist mîn muome. wîplîcher kiusche ein bluome ist sie, geliutert âne tou. got lôn' dir daz dich dô sô rou min friwent, der mir zer tjost lac tôt. ich hân'n alhie. nu prüeve nôt die mír got hât an ime gegeben, daz er niht langer solde leben. er pflac manlîcher güete. sîn sterben mich dô müete: och hân ich sît von tage ze tage fürbáz erkennet niuwe klage." «ôwê war kom dîn rôter munt ? bistu'z Sigûne, diu mir kunt tet wer ich was, ân’ allen vâr? din reideloht lanc prûnez hâr, 253 des ist dîn houbet blôz getân. zem fôrést in Prizljân sah ich dich dô vil minneclîch, 850 855 860 865 870 — 845 beslahen stv., umfangen, umschließsen: was auf Erden athmet. — 846 dar obe, über das. — hœhe tragen, emporragen. — 847 zam unde wilt, Umschreibung für alle Geschöpfe. — 848 das Höchste in Bezug auf Macht und Reichthum ist dir beschieden. — 850 wâ von, wodurch, woran. — 851 dâ, erläuternd am Beginn einer Antwort (zu I, 1471). — ez für uns pleonastisch. — 852. 853 vgl. III, 710. 732. — 854 sippe stf., Verwandt- schaft. — 855 vgl. III, 738. — 856 bluome, Ideal; vgl. zu I, 1162. — 857 liutern swv., läutern, reinigen : auch wenn sie nicht wie die Blumen vom Thau gereinigt wird. — 858 dô, damals; vgl. III, 693. — rou præt. von riuwen, dauern. — 859 friwent, Geliebter. — zer tjost, im ritterlichen Zweikampfe. — 860 hân'n = hân in. Nun erwäge das Leid. — 862 daz, da- durch dafs. — 863 er pflac, er besaßs. — güete, nicht nur Güte, auch Treff- lichkeit, Tapferkeit; vgl. guot zu I, 1369. — 865 von tage ze tage ist mit fürbaz zu verbinden: täglich mehr. — 866 erkennet, kennen gelernt. — 869 an’ allen vâr, ohne alle Falschheit, aufrichtig, wahrhaft. — 870 die Adjectiva sind mit Ausnahme des dritten unflectiert. Das Subject hâr stimmt wieder nicht in die Construction und ist durch des in dieselbe aufgenommen. — 871 blôz tuon, entblößsen, berauben. — 872 zem, im. — in; vgl. zu III, 35. — 873 dô, damals. —
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268 FÜNFTES BUCH. swie du wærest jâmers rîch. du hâst verlorn varwe und kraft. dîner herten geselleschaft verdrüzze mich, solt' ich die haben: wir suln disen tôten man begraben." 875 Dô natzten d'ougen ir die wât. ouch was froun Lûneten rât niender dâ bî ir gewesen. diu riet ir frouwen «lat genesen disen man, dér den iweren sluoc: er mag ergetzen iuch genuoc.» Sigûne gerte ergetzens niht, als wip die man bî wanke siht, manege, der ich wil gedagen. hoert mêr Sigûnen triuwe sagen. diu sprach «sol mich iht gevröwen, daz tuot ein dinc, ob in sin töwen lât dén vil trürigen man. schied' du helfliche dan, so ist dîn lip wol prîses wert. du füerst och umbe dich sîn swert: bekennestu des swertes segen, du maht ân’ angest strîtes pflegen. sîn ecke ligent im rehte von edelem geslehte worht’ ez Trebuchetes hant. 885 890 895 880 874 swie, wiewohl, obgleich. — 876 herte adj., hart, schmerzlich. — geselle- schaft : daßs der todte Mann dein geselle ist. — 878 wir suln, wir wollen. 879 natzte rückumlaut. Præter. von netzen. — d'ougen = diu ougen, zu- nächst ist diu in di, de geschwächt; vgl. I, 272. 359. — 880 Lûnete, aus Hartmann's Iwein bekannt, Dienerin Laudinens, der sie rieth, Iwein, der ihren Gatten im Kampfe getödtet, leben zu lassen und ihn später selbst zu heirathen. Mit ganz anderer Treue hielt Sigune an dem todten Ge- liebten fest. — 883 disen man, d. h. Iwein. — 884 ergetzen, entschädigen. — genuoc, reichlich. — 886 wie Weiber thun, die (die regelmäßig, nicht diu; vgl. zu V, 14) man in Wankelmuth, wankelmüthig sieht. — 888 triuwe ist acc.: von Sigunens Treue erzählen. triuwe bezieht sich hier nicht auf die Treue gegen den Todten, sondern ihr Wohlwollen, Wohlmeinenheit, welche sie eigenes Leid verschmerzen lässt, wenn einem andern theuern Wesen Freude widerfährt. — 889 gevröwen swv., erfreuen. — 890 das kann nur durch éins geschehen. — töwen, hinsterben. — 891 lât, verlässt: von ihm weicht. Der traurige Mann ist Anfortas. — 892 schied' 2. præt. = schiede. — helflîche, so daſs du ihm geholfen hast: durch deine Frage. — 895 segen: die wunderbare Kraft, die in dem Schwerte liegt. — 897 ecke stf., Schneide: sind von der rechten Beschaffenheit. — 898 gehört zu Tre- buchetes: dieser war aus edelm Geschlecht. — 899 bei Crestien Trebucet, un fevre ki ensi a non 4853. — worhte, fertigte. —
268 FÜNFTES BUCH. swie du wærest jâmers rîch. du hâst verlorn varwe und kraft. dîner herten geselleschaft verdrüzze mich, solt' ich die haben: wir suln disen tôten man begraben." 875 Dô natzten d'ougen ir die wât. ouch was froun Lûneten rât niender dâ bî ir gewesen. diu riet ir frouwen «lat genesen disen man, dér den iweren sluoc: er mag ergetzen iuch genuoc.» Sigûne gerte ergetzens niht, als wip die man bî wanke siht, manege, der ich wil gedagen. hoert mêr Sigûnen triuwe sagen. diu sprach «sol mich iht gevröwen, daz tuot ein dinc, ob in sin töwen lât dén vil trürigen man. schied' du helfliche dan, so ist dîn lip wol prîses wert. du füerst och umbe dich sîn swert: bekennestu des swertes segen, du maht ân’ angest strîtes pflegen. sîn ecke ligent im rehte von edelem geslehte worht’ ez Trebuchetes hant. 885 890 895 880 874 swie, wiewohl, obgleich. — 876 herte adj., hart, schmerzlich. — geselle- schaft : daßs der todte Mann dein geselle ist. — 878 wir suln, wir wollen. 879 natzte rückumlaut. Præter. von netzen. — d'ougen = diu ougen, zu- nächst ist diu in di, de geschwächt; vgl. I, 272. 359. — 880 Lûnete, aus Hartmann's Iwein bekannt, Dienerin Laudinens, der sie rieth, Iwein, der ihren Gatten im Kampfe getödtet, leben zu lassen und ihn später selbst zu heirathen. Mit ganz anderer Treue hielt Sigune an dem todten Ge- liebten fest. — 883 disen man, d. h. Iwein. — 884 ergetzen, entschädigen. — genuoc, reichlich. — 886 wie Weiber thun, die (die regelmäßig, nicht diu; vgl. zu V, 14) man in Wankelmuth, wankelmüthig sieht. — 888 triuwe ist acc.: von Sigunens Treue erzählen. triuwe bezieht sich hier nicht auf die Treue gegen den Todten, sondern ihr Wohlwollen, Wohlmeinenheit, welche sie eigenes Leid verschmerzen lässt, wenn einem andern theuern Wesen Freude widerfährt. — 889 gevröwen swv., erfreuen. — 890 das kann nur durch éins geschehen. — töwen, hinsterben. — 891 lât, verlässt: von ihm weicht. Der traurige Mann ist Anfortas. — 892 schied' 2. præt. = schiede. — helflîche, so daſs du ihm geholfen hast: durch deine Frage. — 895 segen: die wunderbare Kraft, die in dem Schwerte liegt. — 897 ecke stf., Schneide: sind von der rechten Beschaffenheit. — 898 gehört zu Tre- buchetes: dieser war aus edelm Geschlecht. — 899 bei Crestien Trebucet, un fevre ki ensi a non 4853. — worhte, fertigte. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 269 900 ein brunne stêt pî Karnant, dar nâch der künec heizet Lac. daz swert gestêt ganz éinen slac, am andern ez zevellet gar: wilt du'z dan wider bringen dar, ez wirt ganz vón des wazers trân. du muost des úrspringes hân, underm vélse, ê in beschine der tac. der selbe brunne heizet Lac. sint diu stücke niht verrêrt, der se reht' z'ein ander kêrt, sô se der brunne machet naz, gánz únde sterker baz wirt im valz und ecke sîn und vliesent niht diu mâl ir schîn. daz swert bedarf wol segenes wort: ich fürht’ diu habestu lâzen dort hât s' aber dîn munt gelernet, sô wehset unde kernet iemer salden kraft bî dir: lieber neve, geloube mir, sô muoz gar dienen dîner hant swaz dîn lip dâ wunders vant : ouch mahtu tragen schône iemer sæelden krône hôhe obe den werden: den wunsch ûf der erden hâstu volleclîche: 905 910 915 920 925 254 900 brunne: bei Crestien 4849 lac, woraus Wolfram die Beziehung auf König Lac, Erec's Vater, und daher auch den Namen Karnant geschöpft hat. — 902 gestên stv., ausharren, Stand halten. — 903 zevallen stv., zer- fallen, zerbrechen. — 904 dar, zu dem Brunnen. — 906 ursprinc stm., eigentlich das Herausspringende, Quell: du musst (Wasser) von dem Quelle haben. — 907 du musst da schöpfen, wo er unter dem Felsen her- vorquillt. Wasser, vor Sonnenaufgang geschöpft, hat, nach einem auch heute noch weitverbreiteten Glauben, besondere Kraft. — 908 vgl. zu 900. — 909 verrêren swv., verstreuen: wenn keins verloren ist. — 910 wenn jemand sie wieder recht zusammenfügt, wie sie zusammen passen. — 911 sô, sobald. — 912 Nachsatz. — baz zur Verstärkung des Comparativs: noch. — 913 valz stm., die rinnenartige Vertiefung in den Flächen des Schwertes. — 914 mâl stn., Verzierung: dieselben waren meist in Gold eingelegt. — 915 man braucht zu dem Act auch einen Schwertsegen. — 916 ich fürchte, du hast die Worte des Schwertsegens nicht mitgenommen. — 918 kernen swv., kern, Frucht hervorbringen. — 921 sô, in diesem Falle. — 922 alles was du Wunderbares dort gesehen hast: du wirst König des Grals. — 925 erhaben über alle, die Ansehen und Würde haben. 927 volleclîche adv., vollständig. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 269 900 ein brunne stêt pî Karnant, dar nâch der künec heizet Lac. daz swert gestêt ganz éinen slac, am andern ez zevellet gar: wilt du'z dan wider bringen dar, ez wirt ganz vón des wazers trân. du muost des úrspringes hân, underm vélse, ê in beschine der tac. der selbe brunne heizet Lac. sint diu stücke niht verrêrt, der se reht' z'ein ander kêrt, sô se der brunne machet naz, gánz únde sterker baz wirt im valz und ecke sîn und vliesent niht diu mâl ir schîn. daz swert bedarf wol segenes wort: ich fürht’ diu habestu lâzen dort hât s' aber dîn munt gelernet, sô wehset unde kernet iemer salden kraft bî dir: lieber neve, geloube mir, sô muoz gar dienen dîner hant swaz dîn lip dâ wunders vant : ouch mahtu tragen schône iemer sæelden krône hôhe obe den werden: den wunsch ûf der erden hâstu volleclîche: 905 910 915 920 925 254 900 brunne: bei Crestien 4849 lac, woraus Wolfram die Beziehung auf König Lac, Erec's Vater, und daher auch den Namen Karnant geschöpft hat. — 902 gestên stv., ausharren, Stand halten. — 903 zevallen stv., zer- fallen, zerbrechen. — 904 dar, zu dem Brunnen. — 906 ursprinc stm., eigentlich das Herausspringende, Quell: du musst (Wasser) von dem Quelle haben. — 907 du musst da schöpfen, wo er unter dem Felsen her- vorquillt. Wasser, vor Sonnenaufgang geschöpft, hat, nach einem auch heute noch weitverbreiteten Glauben, besondere Kraft. — 908 vgl. zu 900. — 909 verrêren swv., verstreuen: wenn keins verloren ist. — 910 wenn jemand sie wieder recht zusammenfügt, wie sie zusammen passen. — 911 sô, sobald. — 912 Nachsatz. — baz zur Verstärkung des Comparativs: noch. — 913 valz stm., die rinnenartige Vertiefung in den Flächen des Schwertes. — 914 mâl stn., Verzierung: dieselben waren meist in Gold eingelegt. — 915 man braucht zu dem Act auch einen Schwertsegen. — 916 ich fürchte, du hast die Worte des Schwertsegens nicht mitgenommen. — 918 kernen swv., kern, Frucht hervorbringen. — 921 sô, in diesem Falle. — 922 alles was du Wunderbares dort gesehen hast: du wirst König des Grals. — 925 erhaben über alle, die Ansehen und Würde haben. 927 volleclîche adv., vollständig. —
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270 FÜNFTES BUCH. niemen ist sô rîche, der gein dir koste mege hân, hâstu vrâge ir reht getân." 930 Er sprach «i'n hân gevrâget niht.» «ouwê daz iuch mîn ouge siht", sprach diu jâmerbæriu maget, « sît ir vrâgens sît verzaget! ir sâhet doch sölch wunder grôz (daz iuch vrâgens dô verdrôz!) aldâ ir wart dem grâle bî; manege frouwen valsches vrî, die werden Garschiloyen und Repanse de schoyen, und snîdende silbr und bluotec sper. ôwê waz wolt ir zuo mir her ? g'unêrter lip, verfluochet man ! ir truogt den eiterwolves zan, da diu gâlle in der triuwe an iu bekleip sô niuwe. iuch solt’ iur wirt erbarmet hân, an dem got wunder hât getân, und het gevrâget sîner nôt. ir lebet, und sît an sælden tôt.» dô sprach er «liebiu niftel mîn, tuo bezzeren willen gein mir schîn. 935 940 945 950 255 929 gein dir, dir gegenüber, im Vergleich mit dir. — koste, Mittel zum Aufwande, Reichthum. — 930 der Schlußs der Rede läuft etwas anders aus als man nach der Anknüpfung an die Segensworte erwarten sollte. Aus diesem Grunde fasst Simrock die Segensworte (V. 915) nicht als einen wirklichen Segensspruch, wie der Dichter des jüngern Titurel thut, sondern bezieht sie auf die segenbringende Frage. Allein bis zum Schlußs der Rede lebt Sigune noch des Glaubens, er habe die Frage gethan. 934 da ihr nicht den Muth hattet zu fragen. — 936 wie ist es mög- lich, daf ihr da nicht fragen konntet. — 939 werden schw. Form des Adj. fem. — Garschiloye war früher nicht genannt : sie ist vermuthlich die Jungfrau, welche mit der Gräfin von Tenabroc kam (V, 251), oder die Herzogin, die jenen beiden folgte; vgl. 271. Mit der Bezeichnung von Gruonlant kommt sie XVI, 584 vor. — 941 die beiden silbernen Messer; vgl. 318. — bluotec sper; vgl. 228. — 942 wolt = woltet: was wolltet ihr damit dafs ihr zu mir herkamt, in welcher Absicht kamt ihr ? — 944 eiter- wolf stm., Giftwolf: gewöhnlich ist der sprichwörtliche Ausdruck nur den wolves zan mit tragen oder enblecken (sehen lassen), als Zeichen falscher, treuloser Gesinnung. Vgl. Zeitschrift für deutsches Alter- thum 12, 224. — 945 dâ, bei dem Anlaß wo. — galle swf., bildlich: Falschheit. — 946 bekleip, Wurzel schlug (zu I, 763). — niuwe, frisch: nicht verdorrte, sondern üppig gedieh. — 949 het = hetet, ihr solltet haben. — 952 zeige dich freundlicher, wohlwollender gegen mich ge- sinnt. —
270 FÜNFTES BUCH. niemen ist sô rîche, der gein dir koste mege hân, hâstu vrâge ir reht getân." 930 Er sprach «i'n hân gevrâget niht.» «ouwê daz iuch mîn ouge siht", sprach diu jâmerbæriu maget, « sît ir vrâgens sît verzaget! ir sâhet doch sölch wunder grôz (daz iuch vrâgens dô verdrôz!) aldâ ir wart dem grâle bî; manege frouwen valsches vrî, die werden Garschiloyen und Repanse de schoyen, und snîdende silbr und bluotec sper. ôwê waz wolt ir zuo mir her ? g'unêrter lip, verfluochet man ! ir truogt den eiterwolves zan, da diu gâlle in der triuwe an iu bekleip sô niuwe. iuch solt’ iur wirt erbarmet hân, an dem got wunder hât getân, und het gevrâget sîner nôt. ir lebet, und sît an sælden tôt.» dô sprach er «liebiu niftel mîn, tuo bezzeren willen gein mir schîn. 935 940 945 950 255 929 gein dir, dir gegenüber, im Vergleich mit dir. — koste, Mittel zum Aufwande, Reichthum. — 930 der Schlußs der Rede läuft etwas anders aus als man nach der Anknüpfung an die Segensworte erwarten sollte. Aus diesem Grunde fasst Simrock die Segensworte (V. 915) nicht als einen wirklichen Segensspruch, wie der Dichter des jüngern Titurel thut, sondern bezieht sie auf die segenbringende Frage. Allein bis zum Schlußs der Rede lebt Sigune noch des Glaubens, er habe die Frage gethan. 934 da ihr nicht den Muth hattet zu fragen. — 936 wie ist es mög- lich, daf ihr da nicht fragen konntet. — 939 werden schw. Form des Adj. fem. — Garschiloye war früher nicht genannt : sie ist vermuthlich die Jungfrau, welche mit der Gräfin von Tenabroc kam (V, 251), oder die Herzogin, die jenen beiden folgte; vgl. 271. Mit der Bezeichnung von Gruonlant kommt sie XVI, 584 vor. — 941 die beiden silbernen Messer; vgl. 318. — bluotec sper; vgl. 228. — 942 wolt = woltet: was wolltet ihr damit dafs ihr zu mir herkamt, in welcher Absicht kamt ihr ? — 944 eiter- wolf stm., Giftwolf: gewöhnlich ist der sprichwörtliche Ausdruck nur den wolves zan mit tragen oder enblecken (sehen lassen), als Zeichen falscher, treuloser Gesinnung. Vgl. Zeitschrift für deutsches Alter- thum 12, 224. — 945 dâ, bei dem Anlaß wo. — galle swf., bildlich: Falschheit. — 946 bekleip, Wurzel schlug (zu I, 763). — niuwe, frisch: nicht verdorrte, sondern üppig gedieh. — 949 het = hetet, ihr solltet haben. — 952 zeige dich freundlicher, wohlwollender gegen mich ge- sinnt. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 271 256 ich wandel, hân ich iht getân." «ir sult wandels sîn erlân", sprach diu máget. «mir'st wól bekant, ze Munsalvæsche an iu verswant êre und rîterlîcher prîs. ir'n vindet nu decheinen wis decheine gegenrede an mir.» Parzivâl sus schiet von ir. Daz er vrâgens was sô laz, do'r bi dem trûregen wirte saz, daz rou dô groezlîche den helt ellens rîche. durch klage und durch den tac sô heiz begunde netzen in der sweiz. durch den luft von im er bant den helm und fuorte in in der hant. er enstricte die fintâlen sîn: durch îsers râm was lieht sîn schîn. er kom ûf eine niuwe slâ; wand' ez gienc vor ime aldâ ein ors, daz was wol beslagen, und ein parfuoz pfäret, daz muose tragen eine frouwen, die er sach. nâch der ze rîten ime geschach. ir pfärt gein kumber was verselt: man het im wol durch hût gezelt elliu sîniu rippe gar. als ein harm ez was gevar. 955 960 965 970 975 980 — 953 wandeln swv., Ersatz leisten, büßsen. — iht, etwas Unrechtes. 954 jetzt brauche ich eure Buße nicht mehr: es ist zu spät. — 958 decheinen wîs adv. acc., in keiner Weise. — 959 ich werde auf alles, was ihr etwa noch sprecht, gar nicht mehr antworten. 963 grœezlîche adv., gewaltig, sehr. — 965 infolge der innern Auf- regung und weil der Tag so heifs war. — 967 um Luft zu schöpfen. — von im er bant, nahm er ab, indem er die Helmbänder löste. — 969 en- stricken = entstricken, aufknüpfen (I, 1294). — 970 îsers râm; vgl. zu III, 1680. — 971 auf eine frische Spur, indem die vor ihm Reitenden gar nicht fern waren. — 972 wand’, erklärend: nämlich. — 974 parfuoz = barfuoz adj., barfuß, mit baren (= blofsen) Füßen. — pfäret, die altere Form für pfärt, pfert: Pferd, welches nicht zum Streite dient; letzteres ist das ors. Die beiden Reitenden sind Orilus und Jeschute. — 975 die Frau er- blickte er zuerst, weil der Ritter voranritt; vgl. 1101. — 976 es traf sich, daßs er hinter ihr ritt. — 977 war dem Kummer preisgegeben; vgl. zu IV, 1170. — 979 rippe stn., die Rippe: das Femininum erklärt sich aus dem Plural; vgl. zu V, 755. — 980 harm stm., Hermelin, eine Wieselart von weißser Farbe. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 271 256 ich wandel, hân ich iht getân." «ir sult wandels sîn erlân", sprach diu máget. «mir'st wól bekant, ze Munsalvæsche an iu verswant êre und rîterlîcher prîs. ir'n vindet nu decheinen wis decheine gegenrede an mir.» Parzivâl sus schiet von ir. Daz er vrâgens was sô laz, do'r bi dem trûregen wirte saz, daz rou dô groezlîche den helt ellens rîche. durch klage und durch den tac sô heiz begunde netzen in der sweiz. durch den luft von im er bant den helm und fuorte in in der hant. er enstricte die fintâlen sîn: durch îsers râm was lieht sîn schîn. er kom ûf eine niuwe slâ; wand' ez gienc vor ime aldâ ein ors, daz was wol beslagen, und ein parfuoz pfäret, daz muose tragen eine frouwen, die er sach. nâch der ze rîten ime geschach. ir pfärt gein kumber was verselt: man het im wol durch hût gezelt elliu sîniu rippe gar. als ein harm ez was gevar. 955 960 965 970 975 980 — 953 wandeln swv., Ersatz leisten, büßsen. — iht, etwas Unrechtes. 954 jetzt brauche ich eure Buße nicht mehr: es ist zu spät. — 958 decheinen wîs adv. acc., in keiner Weise. — 959 ich werde auf alles, was ihr etwa noch sprecht, gar nicht mehr antworten. 963 grœezlîche adv., gewaltig, sehr. — 965 infolge der innern Auf- regung und weil der Tag so heifs war. — 967 um Luft zu schöpfen. — von im er bant, nahm er ab, indem er die Helmbänder löste. — 969 en- stricken = entstricken, aufknüpfen (I, 1294). — 970 îsers râm; vgl. zu III, 1680. — 971 auf eine frische Spur, indem die vor ihm Reitenden gar nicht fern waren. — 972 wand’, erklärend: nämlich. — 974 parfuoz = barfuoz adj., barfuß, mit baren (= blofsen) Füßen. — pfäret, die altere Form für pfärt, pfert: Pferd, welches nicht zum Streite dient; letzteres ist das ors. Die beiden Reitenden sind Orilus und Jeschute. — 975 die Frau er- blickte er zuerst, weil der Ritter voranritt; vgl. 1101. — 976 es traf sich, daßs er hinter ihr ritt. — 977 war dem Kummer preisgegeben; vgl. zu IV, 1170. — 979 rippe stn., die Rippe: das Femininum erklärt sich aus dem Plural; vgl. zu V, 755. — 980 harm stm., Hermelin, eine Wieselart von weißser Farbe. —
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272 FÜNFTES BUCH. ein bästin halfter lac dar ane. unz ûf den huof swanc im diu mane: sîn ougen tief, die gruoben wit. ouch was der frouwen runzît vertwâlet und vertrecket, durch hunger dicke erwecket. ez was dürr’ als ein zunder. sîn gên daz was ein wunder: wand’ ez reit ein frouwe wert, diu selten kúnrierte pfert. 985 990 Dâ lac ûf ein gereite, smal ân' alle breite, geschelle und bogen verrêret, grôz zadel dran gemêret. der frouwen trûrec, niht ze geil, ir surzengel was ein seil: dem was sie doch ze wol geborn. ouch héten die éste und etslîch dorn ir hemede zerfüeret: swa'z mit zérren was gerüeret, dâ saher vil der stricke; dar unde liehte blicke, ir hût noch wizer denne ein swane. sine fuorte niht wan knoden ane : swâ die wârn des velles dach, 995 1000 257 1005 981 bästîn; vgl. III, 627. — 982 swingen, fliegen, herabfallen. — mane stf., Mähne. — 983 gruoben, Augenhöhlen. — 984 runzit stn., altfranz. roncin, kleines Pferd, mhd. in verächtlichem Sinne: Klepper, Mähre. — 985 ver- twâlet; vgl. IV, 285. — vertrecken swv., wie das einfache trecken (I, 540) ein mitteld. Wort: verziehen, verzerren. — 986 der Hunger hatte es oft- mals nicht ruhig schlafen lassen. — 987 ein; vgl. zu V, 299. — 988 daf es überhaupt gieng, war unter diesen Umständen zu verwundern; dazu kam noch, daß es von einer Frau gelenkt wurde. — 990 kunrieren (vgl. III, 1539), besorgen: die nie mit Pferden zu thun gehabt hatte. 991 Dâ ûf, auf dem Pferde. — 992 àn’ alle breite zur Verstärkung von smal hinzugefügt. — 993 geschelle stn., Schellen am Reitzeug; vgl. VI, 476. — bogen, Sattelbogen (nom. pl.). — verrêret: er hatte den Sattel zerschla- gen; vgl. III, 633. — 994 es fehlten viele Stücke daran. -- 995 der frouwen ist dat. — niht ze geil, nichts weniger als froh, zur Verstärkung von trůrec; vgl. 992. — 996 surzengel, altfranz. surcengle, Obergurt; vgl. VI, 476. — 997 dem, für einen Strick in dieser Verwendung. — 998 etslîch, mancher = viele. — 1000 zerren stv., zerreißsen: durch Zerreißsen. Wohin die Risse gekommen waren. — 1001 stric stm., Schnur, Strick: das Hemde bestand beinahe nur noch aus einzelnen Streifen. — 1002 darunter leuchtete es hell. — 1003 swane swm., Schwan. — 1004 knode swm., Knoten; vgl. à neus et à grosses coutures de liu en liu ert atachie 4898: das Hemde war zusammengeknüpft und mit groben Nähten genäht. Die groben Nähte sind wohl die stricke bei Wolfram. — 1005 wo diese die Haut bedeckt hatten, war sie weiſs. —
272 FÜNFTES BUCH. ein bästin halfter lac dar ane. unz ûf den huof swanc im diu mane: sîn ougen tief, die gruoben wit. ouch was der frouwen runzît vertwâlet und vertrecket, durch hunger dicke erwecket. ez was dürr’ als ein zunder. sîn gên daz was ein wunder: wand’ ez reit ein frouwe wert, diu selten kúnrierte pfert. 985 990 Dâ lac ûf ein gereite, smal ân' alle breite, geschelle und bogen verrêret, grôz zadel dran gemêret. der frouwen trûrec, niht ze geil, ir surzengel was ein seil: dem was sie doch ze wol geborn. ouch héten die éste und etslîch dorn ir hemede zerfüeret: swa'z mit zérren was gerüeret, dâ saher vil der stricke; dar unde liehte blicke, ir hût noch wizer denne ein swane. sine fuorte niht wan knoden ane : swâ die wârn des velles dach, 995 1000 257 1005 981 bästîn; vgl. III, 627. — 982 swingen, fliegen, herabfallen. — mane stf., Mähne. — 983 gruoben, Augenhöhlen. — 984 runzit stn., altfranz. roncin, kleines Pferd, mhd. in verächtlichem Sinne: Klepper, Mähre. — 985 ver- twâlet; vgl. IV, 285. — vertrecken swv., wie das einfache trecken (I, 540) ein mitteld. Wort: verziehen, verzerren. — 986 der Hunger hatte es oft- mals nicht ruhig schlafen lassen. — 987 ein; vgl. zu V, 299. — 988 daf es überhaupt gieng, war unter diesen Umständen zu verwundern; dazu kam noch, daß es von einer Frau gelenkt wurde. — 990 kunrieren (vgl. III, 1539), besorgen: die nie mit Pferden zu thun gehabt hatte. 991 Dâ ûf, auf dem Pferde. — 992 àn’ alle breite zur Verstärkung von smal hinzugefügt. — 993 geschelle stn., Schellen am Reitzeug; vgl. VI, 476. — bogen, Sattelbogen (nom. pl.). — verrêret: er hatte den Sattel zerschla- gen; vgl. III, 633. — 994 es fehlten viele Stücke daran. -- 995 der frouwen ist dat. — niht ze geil, nichts weniger als froh, zur Verstärkung von trůrec; vgl. 992. — 996 surzengel, altfranz. surcengle, Obergurt; vgl. VI, 476. — 997 dem, für einen Strick in dieser Verwendung. — 998 etslîch, mancher = viele. — 1000 zerren stv., zerreißsen: durch Zerreißsen. Wohin die Risse gekommen waren. — 1001 stric stm., Schnur, Strick: das Hemde bestand beinahe nur noch aus einzelnen Streifen. — 1002 darunter leuchtete es hell. — 1003 swane swm., Schwan. — 1004 knode swm., Knoten; vgl. à neus et à grosses coutures de liu en liu ert atachie 4898: das Hemde war zusammengeknüpft und mit groben Nähten genäht. Die groben Nähte sind wohl die stricke bei Wolfram. — 1005 wo diese die Haut bedeckt hatten, war sie weiſs. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 273 in blanker varwe er daz sach: daz ander leit von sunnen nôt. swie’z ie kom, ir munt was rôt: der muose alsölhe varwe tragen, man hete fiwer wol drûz geslagen. swâ man se wolte an rîten, daz was zer blôzen sîten. nante s' iemen vílân, der het ir unreht getân; wan sie hete wênc an ir. durch iuwer zuht geloubet mir. sie truoc ungedienten haz: wiplîcher güet' sie nie vergaz. ich sagete iu vil armuot: war zuo? diz ist áls gúot. doch næeme ich sölhen blôzen lîp für etslîch wol gekleidet wîp. 1010 1015 1020 Dô Parzivâl gruoz gein ir sprach, an in si erkenneclîchen sach. er was der schoenste übr elliu lant; dâ von s' in schiere het erkant. sie sprach «ich hân iuch ê gesehen. dâ von ist leide mir geschehen: doch müeze in fröude unt êre got iemer geben mêre denn' ir umb' mich gedienet hât. des ist nu érmér mîn wât denn' ir sie jungest sâhet. 1025 1030 258 1008 wiewohl sie solche Entbehrungen gelitten hatte : er weißs die Röthe ihres Mundes nicht zu erklären. — 1009 muose : es war nun einmal so. — 1011 wenn man sie irgendwo feindlich angreifen wollte. — 1012 so geschah es auf der bloßsen Seite, weil sie überall entblößt war: zugleich wort- spielend, die bloßse Seite einer belagerten Feste ist die wehrlose, von Wehr entblösste. — 1013 vilân, bäuerisch, roh: wortspielend mit vil an, viel an sich habend. — 1016 durch, beschwörend: so wahr ihr, meine Leser oder Hörer, wohlerzogene Leute seid. — 1019 sagete ist conj.: ich könnte noch viel von Armuth erzählen. — 1020 das ist ebenso gut es zu unterlassen. — 1021 doch das will ich noch sagen : ein so entblöfstes Weib wie Jeschute war, zöge ich manchem wohlgekleideten vor. 1023 sie grüßend anredete, sich grüßsend zu ihr wandte. — 1024 er- kenneclîchen adv., erkennend: sie sah ihn an und erkannte ihn. — 1026 dâ von, infolge seiner Schönheit, die einen tiefen Eindruck schon bei der ersten Begegnung auf sie gemacht hatte; vgl. III, 523—524. — 1028 leide adv.: infolge davon habe ich viel Leid erdulden müssen. — 1029 doch, trotzdem. — müeze, wünschend: möge. — 1031 dienen swv., verdienen, mit umbe. — 1032 des, infolge dessen, dafs ich euch sah. — 1033 jungest adv., zuletzt: bei unserer letzten Begegnung. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 18
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 273 in blanker varwe er daz sach: daz ander leit von sunnen nôt. swie’z ie kom, ir munt was rôt: der muose alsölhe varwe tragen, man hete fiwer wol drûz geslagen. swâ man se wolte an rîten, daz was zer blôzen sîten. nante s' iemen vílân, der het ir unreht getân; wan sie hete wênc an ir. durch iuwer zuht geloubet mir. sie truoc ungedienten haz: wiplîcher güet' sie nie vergaz. ich sagete iu vil armuot: war zuo? diz ist áls gúot. doch næeme ich sölhen blôzen lîp für etslîch wol gekleidet wîp. 1010 1015 1020 Dô Parzivâl gruoz gein ir sprach, an in si erkenneclîchen sach. er was der schoenste übr elliu lant; dâ von s' in schiere het erkant. sie sprach «ich hân iuch ê gesehen. dâ von ist leide mir geschehen: doch müeze in fröude unt êre got iemer geben mêre denn' ir umb' mich gedienet hât. des ist nu érmér mîn wât denn' ir sie jungest sâhet. 1025 1030 258 1008 wiewohl sie solche Entbehrungen gelitten hatte : er weißs die Röthe ihres Mundes nicht zu erklären. — 1009 muose : es war nun einmal so. — 1011 wenn man sie irgendwo feindlich angreifen wollte. — 1012 so geschah es auf der bloßsen Seite, weil sie überall entblößt war: zugleich wort- spielend, die bloßse Seite einer belagerten Feste ist die wehrlose, von Wehr entblösste. — 1013 vilân, bäuerisch, roh: wortspielend mit vil an, viel an sich habend. — 1016 durch, beschwörend: so wahr ihr, meine Leser oder Hörer, wohlerzogene Leute seid. — 1019 sagete ist conj.: ich könnte noch viel von Armuth erzählen. — 1020 das ist ebenso gut es zu unterlassen. — 1021 doch das will ich noch sagen : ein so entblöfstes Weib wie Jeschute war, zöge ich manchem wohlgekleideten vor. 1023 sie grüßend anredete, sich grüßsend zu ihr wandte. — 1024 er- kenneclîchen adv., erkennend: sie sah ihn an und erkannte ihn. — 1026 dâ von, infolge seiner Schönheit, die einen tiefen Eindruck schon bei der ersten Begegnung auf sie gemacht hatte; vgl. III, 523—524. — 1028 leide adv.: infolge davon habe ich viel Leid erdulden müssen. — 1029 doch, trotzdem. — müeze, wünschend: möge. — 1031 dienen swv., verdienen, mit umbe. — 1032 des, infolge dessen, dafs ich euch sah. — 1033 jungest adv., zuletzt: bei unserer letzten Begegnung. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 18
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274 FUNFTES BUCH. wart ir niht genâhet mír án der selben zît, sô hete ich êre âne strît.» dô sprach er «frouwe, merket baz, gein wem ir kêret iuwern haz. jane wart von mîme libe iu noch deheinem wibe laster nie gemêret (sô hete ich mich g'unêret) sît ich den schilt von êrst gewan und rîters fuore mich versan. mir’st ander iuwer kumber leit.» al wéindé diu frouwe reit, daz sie begôz ir brüstelin. als sie gedræt solden sîn, diu stuonden blanc hôch sinewel : jane wart nie dræhsel sô snel, der sie gedræet hete baz. swie minneclich diu frouwe saz, 259 sie muose in doch erbarmen. mit henden und mit armen begunde sie sich decken vor Parzivâl dem recken. 1040 1045 1050 1035 1055 Dô sprach er «frouwe, nemet durch got ûf rehten dienest sunder spot an iuwern lîp mîn kursît.» «hêrre, wær' daz âne strit daz al mîn fröude læge dran, so getörste ich’z doch niht grifen an. welt ir uns toetens machen vrî, 1060 1035 an der selben zît, damals. — 1036 âne strît, die mir niemand streitig machen würde. — 1037 merket baz, überlegt besser. Er erkennt sie noch nicht: ein Zeichen, mit wie blindem Blicke er sie bei dem Zusammen- treffen im Zelte betrachtet, und dafs seine Seele bei dem Kusse gar nicht betheiligt war. — 1038 ihr irrt euch in der Person, der ihr zürnt. — 1039 mîme lîbe = mir. — 1042 sô, wenn das der Fall wäre, so. — 1043 seit ich Ritter wurde: in der That fällt jenes Ereigniss auch vor sein Ritter- werden. — 1044 und zum Bewusstsein ritterlichen Lebens und Handelns gelangte. — 1045 ander: im Ubrigen. Nur dürft ihr mich nicht als Ur heber desselben betrachten. — 1048 als, als ob. — 1050 drœhsel stm. Drechsler. 1057 durch got, um Gotteswillen. — 1058 ûf bezeichnet den Zweck zum Zwecke von, als. — rehten, aufrichtig gemeinten: verstärkt durch den Gegensatz sunder spot; vgl. V, 992. 995. — 1060 wäre das unbestritten zweifellos, ganz sicher. — 1601 daran (an dem kursît) hienge. — 1063 wen! ihr nicht wollt, dafs wir beide getöd tet werden. —
274 FUNFTES BUCH. wart ir niht genâhet mír án der selben zît, sô hete ich êre âne strît.» dô sprach er «frouwe, merket baz, gein wem ir kêret iuwern haz. jane wart von mîme libe iu noch deheinem wibe laster nie gemêret (sô hete ich mich g'unêret) sît ich den schilt von êrst gewan und rîters fuore mich versan. mir’st ander iuwer kumber leit.» al wéindé diu frouwe reit, daz sie begôz ir brüstelin. als sie gedræt solden sîn, diu stuonden blanc hôch sinewel : jane wart nie dræhsel sô snel, der sie gedræet hete baz. swie minneclich diu frouwe saz, 259 sie muose in doch erbarmen. mit henden und mit armen begunde sie sich decken vor Parzivâl dem recken. 1040 1045 1050 1035 1055 Dô sprach er «frouwe, nemet durch got ûf rehten dienest sunder spot an iuwern lîp mîn kursît.» «hêrre, wær' daz âne strit daz al mîn fröude læge dran, so getörste ich’z doch niht grifen an. welt ir uns toetens machen vrî, 1060 1035 an der selben zît, damals. — 1036 âne strît, die mir niemand streitig machen würde. — 1037 merket baz, überlegt besser. Er erkennt sie noch nicht: ein Zeichen, mit wie blindem Blicke er sie bei dem Zusammen- treffen im Zelte betrachtet, und dafs seine Seele bei dem Kusse gar nicht betheiligt war. — 1038 ihr irrt euch in der Person, der ihr zürnt. — 1039 mîme lîbe = mir. — 1042 sô, wenn das der Fall wäre, so. — 1043 seit ich Ritter wurde: in der That fällt jenes Ereigniss auch vor sein Ritter- werden. — 1044 und zum Bewusstsein ritterlichen Lebens und Handelns gelangte. — 1045 ander: im Ubrigen. Nur dürft ihr mich nicht als Ur heber desselben betrachten. — 1048 als, als ob. — 1050 drœhsel stm. Drechsler. 1057 durch got, um Gotteswillen. — 1058 ûf bezeichnet den Zweck zum Zwecke von, als. — rehten, aufrichtig gemeinten: verstärkt durch den Gegensatz sunder spot; vgl. V, 992. 995. — 1060 wäre das unbestritten zweifellos, ganz sicher. — 1601 daran (an dem kursît) hienge. — 1063 wen! ihr nicht wollt, dafs wir beide getöd tet werden. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 275 260 sô ritet daz i'u verre si. doch klagete ich wênec mînen tôt, wan daz ich fürhte ir komt's in nôt.» «frouwe, wér næm' úns 'ez leben? daz hât uns gotes kraft gegeben: obe des gerte ein ganzez her, man sæhe mich für uns ze wer.» sie sprach «es gert ein werder degen: der hât sich strîtes sô bewegen, iwer séhse koemn's in arbeit. mir’st iuwer rîten bî mir leit. ich was etswénné sin wîp: nune möhte mîn vertwâlet lip des heldes dierne niht gesîn: sus tuot er gein mir zürnen schîn.» dô sprach er zuo der frouwen sân “wer ist hie mit iwerem man? wan flühe ich nu durch iuwern rât, daz diuhte iuch lîhte ein missetât. swenne ich fliehen lerne, sô stirbe ich áls gérne.» dô sprach diu blôze herzogîn « er hât hie niemen denne mîn. der trôst ist kranc gein strîtes sige.» niht wan knoden und der rige was an der frouwen hemede ganz. 1070 1075 1080 1085 1065 1064 so reitet so weit weg, daſs ich euch fern sei. — i’u = ich iu. — 1065 er soll nicht denken, dafs sie aus Furcht für ihr eigenes Leben so spreche. — 1066 wan das, außser daſs, wenn nicht. — komt's, kommt dadurch. — 1067 ez = des, daz. — 1069 des: uns das Leben zu nehmen. — 1070 ze wer, in der Vertheidigung, oder zur Vertheidigung bereit. — 1072 der ist so zum Streit entschlossen, streitgerüstet, streitlustig. — 1073 vgl. 1066. — 1074 bî mir, an meiner Seite. — 1075 etswenne, früher einmal. — 1076 nun in meinem verkümmerten Zustande würde ich kaum dazu geeignet sein. — 1077 dierne swf., Dienerin, Magd. — 1078 in seinem Zorne hält er mich selbst zur Magd für zu schlecht. — 1080 Parzival muſ annehmen, daſ der Ritter noch von andern begleitet ist ; denn vor einem einzelnen Ritter sich zu fürchten, kommt ihm ganz undenkbar vor. — 1081 denn wenn ich auf eure Aussage hin, daß er so streitlustig ist, fliehen wollte, wenn nicht andere bei ihm sind, würdet ihr selbst mich für einen Feigling halten. — 1082 lihte, wahrscheinlich. — missetât, übeles Thun: nicht wacker gehan- delt. — 1083 er will unter keinen Umständen fliehen, auch wenn der Ritter Begleitung hat. — 1084 als, ebenso: als daß ich fliehe. — 1086 denne, als, wie nach einem Compar., als wenn stünde niemen mêre, niemand weiter. — min gen. von niemen abhängig: nhd. mich. — 1087 sein Allein- sein ist ein schwacher Trost für euch, daf ihr im Streite mit ihm zum Siege gelangen werdet. — 1088 rige swm., der gesäumte Rand ; vgl. neus et coutures. Crestien 4898 und zu V, 1004. — 18 *
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 275 260 sô ritet daz i'u verre si. doch klagete ich wênec mînen tôt, wan daz ich fürhte ir komt's in nôt.» «frouwe, wér næm' úns 'ez leben? daz hât uns gotes kraft gegeben: obe des gerte ein ganzez her, man sæhe mich für uns ze wer.» sie sprach «es gert ein werder degen: der hât sich strîtes sô bewegen, iwer séhse koemn's in arbeit. mir’st iuwer rîten bî mir leit. ich was etswénné sin wîp: nune möhte mîn vertwâlet lip des heldes dierne niht gesîn: sus tuot er gein mir zürnen schîn.» dô sprach er zuo der frouwen sân “wer ist hie mit iwerem man? wan flühe ich nu durch iuwern rât, daz diuhte iuch lîhte ein missetât. swenne ich fliehen lerne, sô stirbe ich áls gérne.» dô sprach diu blôze herzogîn « er hât hie niemen denne mîn. der trôst ist kranc gein strîtes sige.» niht wan knoden und der rige was an der frouwen hemede ganz. 1070 1075 1080 1085 1065 1064 so reitet so weit weg, daſs ich euch fern sei. — i’u = ich iu. — 1065 er soll nicht denken, dafs sie aus Furcht für ihr eigenes Leben so spreche. — 1066 wan das, außser daſs, wenn nicht. — komt's, kommt dadurch. — 1067 ez = des, daz. — 1069 des: uns das Leben zu nehmen. — 1070 ze wer, in der Vertheidigung, oder zur Vertheidigung bereit. — 1072 der ist so zum Streit entschlossen, streitgerüstet, streitlustig. — 1073 vgl. 1066. — 1074 bî mir, an meiner Seite. — 1075 etswenne, früher einmal. — 1076 nun in meinem verkümmerten Zustande würde ich kaum dazu geeignet sein. — 1077 dierne swf., Dienerin, Magd. — 1078 in seinem Zorne hält er mich selbst zur Magd für zu schlecht. — 1080 Parzival muſ annehmen, daſ der Ritter noch von andern begleitet ist ; denn vor einem einzelnen Ritter sich zu fürchten, kommt ihm ganz undenkbar vor. — 1081 denn wenn ich auf eure Aussage hin, daß er so streitlustig ist, fliehen wollte, wenn nicht andere bei ihm sind, würdet ihr selbst mich für einen Feigling halten. — 1082 lihte, wahrscheinlich. — missetât, übeles Thun: nicht wacker gehan- delt. — 1083 er will unter keinen Umständen fliehen, auch wenn der Ritter Begleitung hat. — 1084 als, ebenso: als daß ich fliehe. — 1086 denne, als, wie nach einem Compar., als wenn stünde niemen mêre, niemand weiter. — min gen. von niemen abhängig: nhd. mich. — 1087 sein Allein- sein ist ein schwacher Trost für euch, daf ihr im Streite mit ihm zum Siege gelangen werdet. — 1088 rige swm., der gesäumte Rand ; vgl. neus et coutures. Crestien 4898 und zu V, 1004. — 18 *
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276 FÜNFTES BUCH. 1090 wiplîcher kiusche lobes kranz truoc síe mit ármüete: sie pflac der wâren güete sô daz der valsch an ir verswant. die fintâln er für sich pant, gein strîte er wolde füeren den helm er mit den snüeren ebene ze sehenne ructe. innen des daz ors sich pucte, gein dem pfarde ez schrîen niht vermeit. der vor Parzivâl dâ reit und vor der blôzen frouwen, der erhôrt’z und wolde schouwen wer bî sîme wibe rite. daz ors warf er mit zornes site vaste úz dem stîge. gein striteclîchem wige hielt der herzoge Orilus gereit z'einer tjoste alsus, mit rehter manlîcher ger, von Kahaviez mit eime sper: daz was gevärwét genuoc, reht' als er sîniu wâpen truoc. 261 sînen hélm worhte Trebuchet. sîn schilt was ze Dôlet in Kailetes lande geworht dem wîgande: rant und buckel heten kraft. 1095 1100 1105 1110 1115 1090 kranz, der Inbegriff des Schönsten und Besten (vgl. III, 189 und bluome I, 1162) : lobes kranz, das höchste Lob : an weiblicher Keuschheit. — 1091 mit armüete, bei, trotz ihrer Armuth. — 1093 sodaß gar keine Falschheit an ihr war. — 1094 er hatte sie aufgeknüpft; vgl. 969. — für sich, vor sein Gesicht. — 1096 den helm gehört als Object zu den beiden Verben, zwischen denen es mitten inne steht: Construction &тò xOtVOб. — snüeren, die Heim- bänder sind gemeint; vgl. 967. — 1097 ructe, rückte zurecht; ebene ze sehenne, dal er geradesitzend anzusehen war. — 1098 innen des, indess, während. — daz ors, Parzival's Ross. — pucte = bucte, bückte. — 1099 pfärt, Jeschutens Pferd: vermuthlich eine Stute. — 1100 der, der Ritter: Orilus: Relativ. — 1104 warf, wendete: indem er umwendete, musste natürlich das Ross seitwärts von dem nicht breiten Wege treten. — mit zornes site. mit zorniger Weise, zornig. — 1106 gein, gegenüber, in Erwartung. — 1108 alsus, in dieser Stellung. — 1110 von Kahaviez hängt von sper ab. — 1111 genuoc, sehr. — 1112 mit derselben Farbe wie seine Rüstung; vgl. III, 883 ff. — 1113 Trebuchet spielt in der französischen Sage dieselbe Rolle wie in der deutschen Wielant, dem genauer dem Namen nach das franz. Galland entspricht. Der Name Trebuchet gehört zu trebuchier, straucheln, und kann der Hinkende bedeuten, wie Wieland und Hephästos hinken. Vgl. V, 899. — 1117 rant stm., Rand des Schildes: der Schildrand war von Metall, der Schild selbst von Holz. —
276 FÜNFTES BUCH. 1090 wiplîcher kiusche lobes kranz truoc síe mit ármüete: sie pflac der wâren güete sô daz der valsch an ir verswant. die fintâln er für sich pant, gein strîte er wolde füeren den helm er mit den snüeren ebene ze sehenne ructe. innen des daz ors sich pucte, gein dem pfarde ez schrîen niht vermeit. der vor Parzivâl dâ reit und vor der blôzen frouwen, der erhôrt’z und wolde schouwen wer bî sîme wibe rite. daz ors warf er mit zornes site vaste úz dem stîge. gein striteclîchem wige hielt der herzoge Orilus gereit z'einer tjoste alsus, mit rehter manlîcher ger, von Kahaviez mit eime sper: daz was gevärwét genuoc, reht' als er sîniu wâpen truoc. 261 sînen hélm worhte Trebuchet. sîn schilt was ze Dôlet in Kailetes lande geworht dem wîgande: rant und buckel heten kraft. 1095 1100 1105 1110 1115 1090 kranz, der Inbegriff des Schönsten und Besten (vgl. III, 189 und bluome I, 1162) : lobes kranz, das höchste Lob : an weiblicher Keuschheit. — 1091 mit armüete, bei, trotz ihrer Armuth. — 1093 sodaß gar keine Falschheit an ihr war. — 1094 er hatte sie aufgeknüpft; vgl. 969. — für sich, vor sein Gesicht. — 1096 den helm gehört als Object zu den beiden Verben, zwischen denen es mitten inne steht: Construction &тò xOtVOб. — snüeren, die Heim- bänder sind gemeint; vgl. 967. — 1097 ructe, rückte zurecht; ebene ze sehenne, dal er geradesitzend anzusehen war. — 1098 innen des, indess, während. — daz ors, Parzival's Ross. — pucte = bucte, bückte. — 1099 pfärt, Jeschutens Pferd: vermuthlich eine Stute. — 1100 der, der Ritter: Orilus: Relativ. — 1104 warf, wendete: indem er umwendete, musste natürlich das Ross seitwärts von dem nicht breiten Wege treten. — mit zornes site. mit zorniger Weise, zornig. — 1106 gein, gegenüber, in Erwartung. — 1108 alsus, in dieser Stellung. — 1110 von Kahaviez hängt von sper ab. — 1111 genuoc, sehr. — 1112 mit derselben Farbe wie seine Rüstung; vgl. III, 883 ff. — 1113 Trebuchet spielt in der französischen Sage dieselbe Rolle wie in der deutschen Wielant, dem genauer dem Namen nach das franz. Galland entspricht. Der Name Trebuchet gehört zu trebuchier, straucheln, und kann der Hinkende bedeuten, wie Wieland und Hephästos hinken. Vgl. V, 899. — 1117 rant stm., Rand des Schildes: der Schildrand war von Metall, der Schild selbst von Holz. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 277 262 z'Alexandrie in heidenschaft was geworht ein pfellel guot, des der fürste hôch gemuot truoc kursit und wâpenroc. sîn decke was ze Tenabroc geworht ûz ringen herte: sîn stolzheit in lêrte, der iserînen decke dach was ein pfellel, des man jach daz der tiwer wære. rîch unt doch niht swære sîne hósen, halsperc, hersenier: und in îserîniu schillier was gewâpent dirre küene man, geworht ze Bêalzenan in der hóubetstat z'Anschouwe. disiu blôziu frouwe fuorte im ungelîchiu kleit, diu dâ sô trûric nâh im reit: dane hete si's niht bezzer state. ze Sessûn was geslagen sîn plate; sîn ors von Brumbâne de Salvâsche ah muntâne: mit einer tjost rois Lähelîn bejagete'z dâ, der bruoder sîn. Parzivâl was ouch bereit: sin ors mit wáláp er reit gein Orilus dé Lalander. 1120 1125 1130 1135 1140 1145 1120 des, aus welchem. — hôch gemuot, hôchgemuot adj., hochsinnig, von hohem Streben. — 1122 decke: die Decke des Rosses, die eigentliche Schutzwehr desselben, daher von Metall, aus ringen, wie der Panzer. — 1124 stolzheit stf., Stattlichkeit, stattliches Wesen. — 1125. 1126 ist dem Sinne nach von lêrte abhängig: lêrte, veranlasste. Uber die eiserne Decke war eine andere von kostbarem Stoffe gelegt. — 1126 dem man einräumte, von dem man sagte. — 1128 gerade die Leichtigkeit der Metallarbeit war ein Vorzug und ein Zeichen ihrer Feinheit. — 1129 hosen sind hier die Eisenhosen, ein Theil der Rüstung. — hersenier, vgl. IV, 1606. — 1130 îserîn adj. (zu îser I, 213), eisern. — schillier stn., dasselbe was schinnelier; zu III, 1189. — 1132 Béalzenan, zusammengesetzt aus Béalz = beals, bels, und enan, prov. enan-s, Vorsprung: also « Schöne Anhöhe". — 1135 im mit un- gelîchiu zu verbinden: die den Seinigen ungleich waren. — 1137 dâ er- klärend: nämlich, freilich, oder: unter diesen Umständen. — state stf., Gelegenheit: sie hatte nicht bessere Mittel. — 1138 Sessûn, Soissons. — plate swf., Plattenpanzer, eine Metallplatte über den halsberc. — 1140 aus Salvasche am Berge. — ah, franz. à, lat. ad. 1144 mit walap, im Galop; vgl. I, 1103. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 277 262 z'Alexandrie in heidenschaft was geworht ein pfellel guot, des der fürste hôch gemuot truoc kursit und wâpenroc. sîn decke was ze Tenabroc geworht ûz ringen herte: sîn stolzheit in lêrte, der iserînen decke dach was ein pfellel, des man jach daz der tiwer wære. rîch unt doch niht swære sîne hósen, halsperc, hersenier: und in îserîniu schillier was gewâpent dirre küene man, geworht ze Bêalzenan in der hóubetstat z'Anschouwe. disiu blôziu frouwe fuorte im ungelîchiu kleit, diu dâ sô trûric nâh im reit: dane hete si's niht bezzer state. ze Sessûn was geslagen sîn plate; sîn ors von Brumbâne de Salvâsche ah muntâne: mit einer tjost rois Lähelîn bejagete'z dâ, der bruoder sîn. Parzivâl was ouch bereit: sin ors mit wáláp er reit gein Orilus dé Lalander. 1120 1125 1130 1135 1140 1145 1120 des, aus welchem. — hôch gemuot, hôchgemuot adj., hochsinnig, von hohem Streben. — 1122 decke: die Decke des Rosses, die eigentliche Schutzwehr desselben, daher von Metall, aus ringen, wie der Panzer. — 1124 stolzheit stf., Stattlichkeit, stattliches Wesen. — 1125. 1126 ist dem Sinne nach von lêrte abhängig: lêrte, veranlasste. Uber die eiserne Decke war eine andere von kostbarem Stoffe gelegt. — 1126 dem man einräumte, von dem man sagte. — 1128 gerade die Leichtigkeit der Metallarbeit war ein Vorzug und ein Zeichen ihrer Feinheit. — 1129 hosen sind hier die Eisenhosen, ein Theil der Rüstung. — hersenier, vgl. IV, 1606. — 1130 îserîn adj. (zu îser I, 213), eisern. — schillier stn., dasselbe was schinnelier; zu III, 1189. — 1132 Béalzenan, zusammengesetzt aus Béalz = beals, bels, und enan, prov. enan-s, Vorsprung: also « Schöne Anhöhe". — 1135 im mit un- gelîchiu zu verbinden: die den Seinigen ungleich waren. — 1137 dâ er- klärend: nämlich, freilich, oder: unter diesen Umständen. — state stf., Gelegenheit: sie hatte nicht bessere Mittel. — 1138 Sessûn, Soissons. — plate swf., Plattenpanzer, eine Metallplatte über den halsberc. — 1140 aus Salvasche am Berge. — ah, franz. à, lat. ad. 1144 mit walap, im Galop; vgl. I, 1103. —
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278 FÜNFTES BUCH. ûf des schilde vander einen tráchen als er lebete. ein ander trache strebete ûf sîme helm gebunden; an den selben stunden manc guldîn trache kleine (mit manegem edelen steine muosen die gehêret sîn: ir ougen wâren rubîn) úf der décke und ame kursît. dâ wart genomen der poynder wit von den zwein helden unverzaget. newederhalp wart widersaget: sie wârn doch ledec ir triuwe. trunzûne starc al niuwe von in wâten gein den lüften. ich wolde mich des güften, het ich ein sölhe tjost gesehen als mir diz mære hât verjehen. dâ wart von râbbîne geriten, ein sölch tjoste niht vermiten, froun Jeschûten muot verjach, schoner tjost sie nie gesach. diu hielt dâ, want ir hende. sie frouden ellende gunde enwederem helde schaden. 1150 1155 1160 1165 1170 1146 vander: bei Anlehnung des Pronomens und Verschmelzung mit dem Verbum zu éinem Worte kommt das ursprüngliche, im Auslaute (vant) verhärtete d wieder zum Vorschein; vander, sah er. — 1147 trache sw, Drache. — als er lebete, stehende Bezeichnung, um die Vollendung eines Kunstwerks zu bezeichnen. — 1148 streben swv., sich aufrichten. — 1149 auf seinem Helm befestigt. — 1150 zu derselben Zeit = zugleich, ebenso. — 1153 muosen: er hatte es so gewollt, bestellt. — 1155 der Wappenrock und die Rossdecke (covertiure) trugen regelmässig denselben Schmuck. — 1156 sie nahmen einen weiten Anlauf. — 1158 newederhalp, auf keiner von beiden Seiten. — widersagen swv., Frieden und Freund- schaft aufkündigen, Krieg ankündigen; mit dat. verbunden, der hier in newederhalp liegt : keinem von dem andern. — 1159 das war bei ihnen nicht nothig: sie standen vorher in keiner Beziehung zueinander. — doch, so schon. — ledec, losgesprochen. — triuwe stf., Versprechen gegenseiti- ger Hülfe, wie es ein Waffengenosse dem andern leistet. — 1162 güƒten swv. refl., sich rühmen, froh sein. — 1165 von rabbîne, aus, in Carrière; vgl. I, 1103. — 1167 verjach hängt von vermiten ab: daß Frau Jeschute in ihrem Herzen gestand. Vgl. zu 1125. Ebenso hängt wieder gesach von verjach ab. — 1169 die Weglassung der Conjunction und, die mehrere Hss. hier einfügen zwischen zwei Verben, ist bei Wolfram nicht ganz selten. — 1170 ellende adj., aus anderm Lande (el, vgl. alius), fremd, ver- bannt: mit gen. beraubt. — 1171 gunde præt. von gunnen, præs. gan (zu V, 69), gönnen. —
278 FÜNFTES BUCH. ûf des schilde vander einen tráchen als er lebete. ein ander trache strebete ûf sîme helm gebunden; an den selben stunden manc guldîn trache kleine (mit manegem edelen steine muosen die gehêret sîn: ir ougen wâren rubîn) úf der décke und ame kursît. dâ wart genomen der poynder wit von den zwein helden unverzaget. newederhalp wart widersaget: sie wârn doch ledec ir triuwe. trunzûne starc al niuwe von in wâten gein den lüften. ich wolde mich des güften, het ich ein sölhe tjost gesehen als mir diz mære hât verjehen. dâ wart von râbbîne geriten, ein sölch tjoste niht vermiten, froun Jeschûten muot verjach, schoner tjost sie nie gesach. diu hielt dâ, want ir hende. sie frouden ellende gunde enwederem helde schaden. 1150 1155 1160 1165 1170 1146 vander: bei Anlehnung des Pronomens und Verschmelzung mit dem Verbum zu éinem Worte kommt das ursprüngliche, im Auslaute (vant) verhärtete d wieder zum Vorschein; vander, sah er. — 1147 trache sw, Drache. — als er lebete, stehende Bezeichnung, um die Vollendung eines Kunstwerks zu bezeichnen. — 1148 streben swv., sich aufrichten. — 1149 auf seinem Helm befestigt. — 1150 zu derselben Zeit = zugleich, ebenso. — 1153 muosen: er hatte es so gewollt, bestellt. — 1155 der Wappenrock und die Rossdecke (covertiure) trugen regelmässig denselben Schmuck. — 1156 sie nahmen einen weiten Anlauf. — 1158 newederhalp, auf keiner von beiden Seiten. — widersagen swv., Frieden und Freund- schaft aufkündigen, Krieg ankündigen; mit dat. verbunden, der hier in newederhalp liegt : keinem von dem andern. — 1159 das war bei ihnen nicht nothig: sie standen vorher in keiner Beziehung zueinander. — doch, so schon. — ledec, losgesprochen. — triuwe stf., Versprechen gegenseiti- ger Hülfe, wie es ein Waffengenosse dem andern leistet. — 1162 güƒten swv. refl., sich rühmen, froh sein. — 1165 von rabbîne, aus, in Carrière; vgl. I, 1103. — 1167 verjach hängt von vermiten ab: daß Frau Jeschute in ihrem Herzen gestand. Vgl. zu 1125. Ebenso hängt wieder gesach von verjach ab. — 1169 die Weglassung der Conjunction und, die mehrere Hss. hier einfügen zwischen zwei Verben, ist bei Wolfram nicht ganz selten. — 1170 ellende adj., aus anderm Lande (el, vgl. alius), fremd, ver- bannt: mit gen. beraubt. — 1171 gunde præt. von gunnen, præs. gan (zu V, 69), gönnen. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 279 diu ors in sweize muosen baden. priss sie bêde gerten. die blicke von den swerten, und fiwer daz von helmen spranc, und manec ellenthafter swanc, die begunden verre glesten. wan dâ wâren strîts die besten mit hurte an ein ander kumen, ez gè ze schaden oder ze frumen den küenen helden mæren. swie willec d'ors in wæeren, dâ sie bêde ûf sâzen, der sporen sie niht vergâzen, noch ir swerte lieht gemâl. prîs gedient hie Parzivâl, daz er sich alsus weren kan wol hundert trachn und eines man. ein trache wart versêret, sin' wúndén gemêret, der ûf Orilus hélme lac. sô durchliuhtec daz der tac volleclîche durch in schein, wart drabe geslagen manc edel stein. daz ergienc z'órse und niht ze fuoz. froun Jeschûten wart der gruoz mit swertes schimphe aldâ bejaget, mit heldes handen unverzaget. mit hurt sie dick' z'ein ander flugen, 1175 1180 1185 1190 1195 263 1173 prîss gen. = prîses, nach Ruhm. — 1174 die Schwerter blitzten, indem sie geschwungen wurden. — 1176 swanc stm., Streich; ellenthafter, kräfti- ger. — 1177 verre adv., weithin. — 1178 strîts mit die besten zu verbinden: die trefflichsten Streiter. — 1180 ez gé, es möge ergehen, ausschlagen. — 1182 wiewohl die Rosse aus eigenem Antriebe schon darauf losstürmten, so trieben sie sie doch noch mit den Sporen an. — 1184 spore, gewöhnlich spor swm., Sporn. — 1185 lieht gemâl bezieht sich auf die mâl der Schwerter; vgl. zu V, 914. — 1186 gedienen, swv., verdienen, erwerben. — 1188 trachn und man sind Genetive: sich wern eines d., sich gegen etwas vertheidigen. Es sind natürlich die Drachen auf Orilus Rüstung gemeint, die im Anschlußs an den Ausdruck als er lebete (1147) wie lebendig behan- delt werden, daher der Drache auf dem Helme auch verwundet wird. — man unflect. gen. sing. — 1192. 1193 zu stein gehörig: manch edeler Stein, der so durchsichtig war. — durchliuhtec adj., durchscheinend, durch- sichtig. — 1194 drabe, von dem Drachen ab: die Steine werden wie Glie- der betrachtet, ihr Abhauen ist die Verwundung des Drachen. — 1196 Je- schûten ist dat. — der gruoz, das freundliche Entgegenkommen von seiten ihres Mannes, seine Huld; vgl. 1223. — 1197 swertes schimph, Kurzweil, Spiel mit dem Schwerte. — 1199 in wiederholtem Anprall flogen sie auf- einander los. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 279 diu ors in sweize muosen baden. priss sie bêde gerten. die blicke von den swerten, und fiwer daz von helmen spranc, und manec ellenthafter swanc, die begunden verre glesten. wan dâ wâren strîts die besten mit hurte an ein ander kumen, ez gè ze schaden oder ze frumen den küenen helden mæren. swie willec d'ors in wæeren, dâ sie bêde ûf sâzen, der sporen sie niht vergâzen, noch ir swerte lieht gemâl. prîs gedient hie Parzivâl, daz er sich alsus weren kan wol hundert trachn und eines man. ein trache wart versêret, sin' wúndén gemêret, der ûf Orilus hélme lac. sô durchliuhtec daz der tac volleclîche durch in schein, wart drabe geslagen manc edel stein. daz ergienc z'órse und niht ze fuoz. froun Jeschûten wart der gruoz mit swertes schimphe aldâ bejaget, mit heldes handen unverzaget. mit hurt sie dick' z'ein ander flugen, 1175 1180 1185 1190 1195 263 1173 prîss gen. = prîses, nach Ruhm. — 1174 die Schwerter blitzten, indem sie geschwungen wurden. — 1176 swanc stm., Streich; ellenthafter, kräfti- ger. — 1177 verre adv., weithin. — 1178 strîts mit die besten zu verbinden: die trefflichsten Streiter. — 1180 ez gé, es möge ergehen, ausschlagen. — 1182 wiewohl die Rosse aus eigenem Antriebe schon darauf losstürmten, so trieben sie sie doch noch mit den Sporen an. — 1184 spore, gewöhnlich spor swm., Sporn. — 1185 lieht gemâl bezieht sich auf die mâl der Schwerter; vgl. zu V, 914. — 1186 gedienen, swv., verdienen, erwerben. — 1188 trachn und man sind Genetive: sich wern eines d., sich gegen etwas vertheidigen. Es sind natürlich die Drachen auf Orilus Rüstung gemeint, die im Anschlußs an den Ausdruck als er lebete (1147) wie lebendig behan- delt werden, daher der Drache auf dem Helme auch verwundet wird. — man unflect. gen. sing. — 1192. 1193 zu stein gehörig: manch edeler Stein, der so durchsichtig war. — durchliuhtec adj., durchscheinend, durch- sichtig. — 1194 drabe, von dem Drachen ab: die Steine werden wie Glie- der betrachtet, ihr Abhauen ist die Verwundung des Drachen. — 1196 Je- schûten ist dat. — der gruoz, das freundliche Entgegenkommen von seiten ihres Mannes, seine Huld; vgl. 1223. — 1197 swertes schimph, Kurzweil, Spiel mit dem Schwerte. — 1199 in wiederholtem Anprall flogen sie auf- einander los. —
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280 FÜNFTES BUCH. 1200 264 daz die ringe von den knien zestuben, swie sie wæren îserîn. ruocht ir’s, sie tâten strites schîn. Ich wil iu sagen des einen zorn: daz sîn wip wol geborn dâ vor was genôtzóget; er was iedoch ir rehter voget, sô daz sie schermes wart’ an in. er wânde, ir wiplicher sin waer’ gein im verkêret, unt daz sie g'unêret hete ir kiusche und ir pris mit einem andern âmîs: des lasters nam er pflihte. och ergienc sîn gerihte über sie, daz groezer nôt wip nie gedolte âne tôt, unde ân' alle ir schulde. er möht’ ir sîne hulde versagen, swenn’ er wolde: niemán daz wenden solde, ob man des wibes hât gewalt. Parzivâl der degen balt Oriluses hulde gerte froun Jeschûten mit dem swerte. des hôrt' ich ie güetlîche biten: 1205 1210 1215 1220 1225 1200 ringe, Panzerringe. — von den knien, weil die Kniee im nahen An- einanderprallen sich scheuerten. — zestuben præet. pl. von zestieben stv., zerstieben, auseinanderfliegen. — 1202 wenn ihr mögt, wenn ihr auch der Ansicht seid. — schîn ist hier nicht das Adj. (vgl. I, 184), sondern Subst., Sichtbarkeit: mit gen. strîtes: sie ließsen Streit sehen, sichtbar werden. 1203 zorn, Gegenstand, Grund des Zornes. — 1205 dâ vor, früher: in dem Zelte. — nôtzogen swv. mit acc., jemand Gewalt anthun (unser: noth- züchtigen). — 1206 iedoch, ja doch. — voget stm., mlat. vocatus (= advoca- tus) , Schirmherr : auch Vormund ; das Weib stand unter Vormundschaft ihres Mannes. — 1207 scherm stm., Schutz. — warten an—, schauen auf —, mit gen., wegen etwas: sie Schutz von ihm erwarten durfte. — 1209 gein im, ihm gegenüber. — verkêren swv., vom Rechten abbringen. — 1211 ir prîs, ihre Ehre. — 1213 pflihte; vgl. IV, 1163: er betrachtete die Schande als eine ihm selbst angethane. — 1214 vgl. III, 591 ff. — 1216 âne tôt, außer dem Tode: den Tod ausgenommen. — 1217 unde, und zwar. — 1218 möht’, hätte können. — 1220 daran würde oder dürfte ihn niemand hindern. — 1221 vgl. zu V, 1206. Diese Strafe aber war zu strenge. — 1224 Jeschûten ist dat.; vgl. 1196: für Jeschuten. — 1225 des, darum: um Huld. — güetlîche adv., in freundlicher Weise; das pflegt doch sonst freundlich zu geschehen, nicht wie hier mit dem Schwerte. —
280 FÜNFTES BUCH. 1200 264 daz die ringe von den knien zestuben, swie sie wæren îserîn. ruocht ir’s, sie tâten strites schîn. Ich wil iu sagen des einen zorn: daz sîn wip wol geborn dâ vor was genôtzóget; er was iedoch ir rehter voget, sô daz sie schermes wart’ an in. er wânde, ir wiplicher sin waer’ gein im verkêret, unt daz sie g'unêret hete ir kiusche und ir pris mit einem andern âmîs: des lasters nam er pflihte. och ergienc sîn gerihte über sie, daz groezer nôt wip nie gedolte âne tôt, unde ân' alle ir schulde. er möht’ ir sîne hulde versagen, swenn’ er wolde: niemán daz wenden solde, ob man des wibes hât gewalt. Parzivâl der degen balt Oriluses hulde gerte froun Jeschûten mit dem swerte. des hôrt' ich ie güetlîche biten: 1205 1210 1215 1220 1225 1200 ringe, Panzerringe. — von den knien, weil die Kniee im nahen An- einanderprallen sich scheuerten. — zestuben præet. pl. von zestieben stv., zerstieben, auseinanderfliegen. — 1202 wenn ihr mögt, wenn ihr auch der Ansicht seid. — schîn ist hier nicht das Adj. (vgl. I, 184), sondern Subst., Sichtbarkeit: mit gen. strîtes: sie ließsen Streit sehen, sichtbar werden. 1203 zorn, Gegenstand, Grund des Zornes. — 1205 dâ vor, früher: in dem Zelte. — nôtzogen swv. mit acc., jemand Gewalt anthun (unser: noth- züchtigen). — 1206 iedoch, ja doch. — voget stm., mlat. vocatus (= advoca- tus) , Schirmherr : auch Vormund ; das Weib stand unter Vormundschaft ihres Mannes. — 1207 scherm stm., Schutz. — warten an—, schauen auf —, mit gen., wegen etwas: sie Schutz von ihm erwarten durfte. — 1209 gein im, ihm gegenüber. — verkêren swv., vom Rechten abbringen. — 1211 ir prîs, ihre Ehre. — 1213 pflihte; vgl. IV, 1163: er betrachtete die Schande als eine ihm selbst angethane. — 1214 vgl. III, 591 ff. — 1216 âne tôt, außer dem Tode: den Tod ausgenommen. — 1217 unde, und zwar. — 1218 möht’, hätte können. — 1220 daran würde oder dürfte ihn niemand hindern. — 1221 vgl. zu V, 1206. Diese Strafe aber war zu strenge. — 1224 Jeschûten ist dat.; vgl. 1196: für Jeschuten. — 1225 des, darum: um Huld. — güetlîche adv., in freundlicher Weise; das pflegt doch sonst freundlich zu geschehen, nicht wie hier mit dem Schwerte. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 281 265 ez kom dâ gar von smeiches siten. mich dunkt sie haben bêde reht. der beidiu krump unde sleht geschuof, künner scheiden, sô wender daz an beiden, deiz âne sterben dâ ergê. sie tuont doch sus ein ander wê. Da ergienc diu scharpfe herte. iewederre vaste werte sînen prîs vor dem ander. duc Orilus de Lalander streit nâch sîm gelêrten site. ich wæne ie man sô vil gestrite. er hete kunst unde kraft: des wart er dicke sigehaft an maneger stat, swie’z dâ ergienc. durch den trôst zuo z'im er vienc den jungen starken Parzivâl. der begréif ouch in dô sunder twâl unt zucte in ûz dem satele sîn: als eine garbe häberîn vaste er’n under de arme swanc: mit ime er von dem orse spranc, und dructe in über einen ronen. dâ muose schumpfentiure wonen 1230 1235 1240 1245 1250 1226 dort war es weit entfernt. — smeichen swv. Schmeicheln; smeiches gen. des Gerund. = smeichens (vgl. I, 1451): von der Art wie man einem schmeichelt. — 1227 haben ist conj. — 1228 Umschreibung für Gott. — krump unde sleht, Unrecht und Recht. — 1229 künne conj., falls er ver- steht. — scheiden stv., schlichten. — 1230 so verhindere er das an beiden; nach nhd. Weise würden wir hierauf erwarten: dafs einer sterbe; mhd. dafs keiner sterbe; vgl. lat. impedio ne, quin. — 1231 deiz, daßs es; ez, der Kampf. — 1232 sus, so schon: auch wenn keiner stirbt. 1233 herte stf., harter, ernstlicher Kampf; der bestimmte Artikel ist nhd. schwer wiederzugeben; er bezeichnet hier : «ein solcher "; ein solcher Kampf, der scharf war. — 1234 iewederre aus iewederere, mit einem an die mascul. Endung er angehängten e, wie in dirre aus disere. — 1235 dem ander = dem andern. — 1237 nach seiner kunstmäfsigen Art: er hatte das Fechten kunstmässig gelernt. — 1238 ie = nie, dals nie: nach Ausdrücken des Meinens wird in dem Satze mit daßs die Negation häufig ausgelassen. — 1241 wie es auch in diesem Falle gehen mochte : wenn es auch hier nicht der Fall war. — 1242 wegen dieser Zuversicht: weil er sich auf seine Kraft und Fechtkunst verließs. — zuo z'im vienc, fasste an sich, um den Leib: während er noch auf dem Pferde safs. — 1246 häberin adj., von Haber: wie eine Habergarbe. — 1247 vaste, kräftig. — er'n = er in. — 1250 wonen swv. mit gen., gewohnt werden: sich vertraut machen mit Niederlage, Besiegung. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 281 265 ez kom dâ gar von smeiches siten. mich dunkt sie haben bêde reht. der beidiu krump unde sleht geschuof, künner scheiden, sô wender daz an beiden, deiz âne sterben dâ ergê. sie tuont doch sus ein ander wê. Da ergienc diu scharpfe herte. iewederre vaste werte sînen prîs vor dem ander. duc Orilus de Lalander streit nâch sîm gelêrten site. ich wæne ie man sô vil gestrite. er hete kunst unde kraft: des wart er dicke sigehaft an maneger stat, swie’z dâ ergienc. durch den trôst zuo z'im er vienc den jungen starken Parzivâl. der begréif ouch in dô sunder twâl unt zucte in ûz dem satele sîn: als eine garbe häberîn vaste er’n under de arme swanc: mit ime er von dem orse spranc, und dructe in über einen ronen. dâ muose schumpfentiure wonen 1230 1235 1240 1245 1250 1226 dort war es weit entfernt. — smeichen swv. Schmeicheln; smeiches gen. des Gerund. = smeichens (vgl. I, 1451): von der Art wie man einem schmeichelt. — 1227 haben ist conj. — 1228 Umschreibung für Gott. — krump unde sleht, Unrecht und Recht. — 1229 künne conj., falls er ver- steht. — scheiden stv., schlichten. — 1230 so verhindere er das an beiden; nach nhd. Weise würden wir hierauf erwarten: dafs einer sterbe; mhd. dafs keiner sterbe; vgl. lat. impedio ne, quin. — 1231 deiz, daßs es; ez, der Kampf. — 1232 sus, so schon: auch wenn keiner stirbt. 1233 herte stf., harter, ernstlicher Kampf; der bestimmte Artikel ist nhd. schwer wiederzugeben; er bezeichnet hier : «ein solcher "; ein solcher Kampf, der scharf war. — 1234 iewederre aus iewederere, mit einem an die mascul. Endung er angehängten e, wie in dirre aus disere. — 1235 dem ander = dem andern. — 1237 nach seiner kunstmäfsigen Art: er hatte das Fechten kunstmässig gelernt. — 1238 ie = nie, dals nie: nach Ausdrücken des Meinens wird in dem Satze mit daßs die Negation häufig ausgelassen. — 1241 wie es auch in diesem Falle gehen mochte : wenn es auch hier nicht der Fall war. — 1242 wegen dieser Zuversicht: weil er sich auf seine Kraft und Fechtkunst verließs. — zuo z'im vienc, fasste an sich, um den Leib: während er noch auf dem Pferde safs. — 1246 häberin adj., von Haber: wie eine Habergarbe. — 1247 vaste, kräftig. — er'n = er in. — 1250 wonen swv. mit gen., gewohnt werden: sich vertraut machen mit Niederlage, Besiegung. —
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282 FÜNFTES BUCH. der sölher nôt niht was gewenet. «du garnest daz sich hât versenet disiu frówe von dîme zorne. nu bistu der verlorne, dune lâzest sie dîn hulde hân.» «daz enwirt sô gâhes niht getân", sprach der herzoge Orilus: «ichn pin noch niht bedwungen sus. » 1255 266 Parzivâl der werde degen druct' in an sich, daz bluotes regen spranc durch die barbiere. dâ wart der fürste schiere bedwungen swes man an in warp. er tet als der ungerne starp. er sprach ze Parzivâle sân « ôwê küene starker man, wa gediente ich ie dise nôt daz ich vor dir sol ligen tôt?" «jâ lâze ich dich vil gerne leben", sprach Parzivâl, «ob tu wilt geben dirre frowen din hulde.» «ich entuon's niht: ir schulde ist gein mir ze groezlîch. sie was werdekeite rîch : die hât sie gar verkrenket und mich in nôt gesenket. ich leiste anders swes du gerst, op du mich des lebenes werst. daz hete ich étswénn’ von gote : nu ist dîn hant des worden bote 1265 1270 1275 1260 1280 1251 der, derjenige, welcher: Orilus. — 1252 garnen aus gearnen swv., ernten, den Lohn, die Bezahlung ernten: mit acc., der hier durch den Satz mit daz vertreten ist: dafür daß. — versenen swv. refl., sich ab- härmen. — 1253 von, infolge von. — 1255 wenn du ihr nicht deine Huld wiedergibst, so musst du sterben. — 1256 só gähes, so schnell. — 1258 sux, in dem Grade. 1261 barbiere, in verkürzter Form barbier (III, 1173). — 1263 swes, Attraction für des swar: gezwungen zu dem was. — werben ein d. an einen, etwas bei einem betreiben, von ihm wollen: was man von ihm ver- langte. — 1264 als der, wie derjenige welcher, wie einer der noch gerne leben wollte. — 1266 das erste der beiden Adj. unflectiert; vgl. V, 870. — 1267 wa, wo, womit. — 1272 es niht, nichts davon = es durchaus nicht. — 1277 anders, im Ubrigen. — 1278 wenn du mir das Leben gewährst, schenkst. — 1279 daz, das Leben. — etswenn’, dereinst. — 1280 bote swm., der eine Nachricht überbringt: wie man aus dem Munde des Boten die Nachricht empfängt, so empfängt Orilus aus Parzival's Hand sein Leben aufs neue. —
282 FÜNFTES BUCH. der sölher nôt niht was gewenet. «du garnest daz sich hât versenet disiu frówe von dîme zorne. nu bistu der verlorne, dune lâzest sie dîn hulde hân.» «daz enwirt sô gâhes niht getân", sprach der herzoge Orilus: «ichn pin noch niht bedwungen sus. » 1255 266 Parzivâl der werde degen druct' in an sich, daz bluotes regen spranc durch die barbiere. dâ wart der fürste schiere bedwungen swes man an in warp. er tet als der ungerne starp. er sprach ze Parzivâle sân « ôwê küene starker man, wa gediente ich ie dise nôt daz ich vor dir sol ligen tôt?" «jâ lâze ich dich vil gerne leben", sprach Parzivâl, «ob tu wilt geben dirre frowen din hulde.» «ich entuon's niht: ir schulde ist gein mir ze groezlîch. sie was werdekeite rîch : die hât sie gar verkrenket und mich in nôt gesenket. ich leiste anders swes du gerst, op du mich des lebenes werst. daz hete ich étswénn’ von gote : nu ist dîn hant des worden bote 1265 1270 1275 1260 1280 1251 der, derjenige, welcher: Orilus. — 1252 garnen aus gearnen swv., ernten, den Lohn, die Bezahlung ernten: mit acc., der hier durch den Satz mit daz vertreten ist: dafür daß. — versenen swv. refl., sich ab- härmen. — 1253 von, infolge von. — 1255 wenn du ihr nicht deine Huld wiedergibst, so musst du sterben. — 1256 só gähes, so schnell. — 1258 sux, in dem Grade. 1261 barbiere, in verkürzter Form barbier (III, 1173). — 1263 swes, Attraction für des swar: gezwungen zu dem was. — werben ein d. an einen, etwas bei einem betreiben, von ihm wollen: was man von ihm ver- langte. — 1264 als der, wie derjenige welcher, wie einer der noch gerne leben wollte. — 1266 das erste der beiden Adj. unflectiert; vgl. V, 870. — 1267 wa, wo, womit. — 1272 es niht, nichts davon = es durchaus nicht. — 1277 anders, im Ubrigen. — 1278 wenn du mir das Leben gewährst, schenkst. — 1279 daz, das Leben. — etswenn’, dereinst. — 1280 bote swm., der eine Nachricht überbringt: wie man aus dem Munde des Boten die Nachricht empfängt, so empfängt Orilus aus Parzival's Hand sein Leben aufs neue. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 283 daz ich's dánke dime prîse.» sus sprach der fürste wîse. «min leben koufe ich schône. in zwein landen krône treit gewaldeclche mîn bruoder, der ist rîche: der nim dir swederz du wellest, daz du mich tôt niht vellest. ich pin im liep, er loeset mich als ich gedinge wider dich. dar zuo nim ich mîn herzentuom von dir. dîn prîslîcher ruom 267 hât werdekeit an mir bezalt. nu erlâz mich, küener degen balt, suonè gein disem wibe, unt gebiut mîme libe anders swaz dîn êre sin. gein der g'unêrten herzogîn mag ich suone gepflegen niht, swaz halt anders mir geschiht.» 1285 1290 1295 1300 Parzivâl der hôh gemuot sprach «liute, lant, noch varende guot, der dechéinez mac gehelfen dir, dune tuost des sicherheit gein mir, daz du gein Britâne varst, unt die réisé niht langer sparst, 1305 — — 1281 ich’s danke, ich dafür danke, ich es verdanke. — dime prîse, deiner preiswerthen That: dem Umstande, dafs du gesiegt hast. — 1283 koufen swv., erkaufen. — schône adv., zu einem stattlichen Preise. — 1284 die zwei Länder sind Waleis und Norgals; vgl. III, 363. — 1285 gewaldeclîche adv., gewaltig, mächtig herrschend. — 1286 sein Bruder ist Lähelin; vgl. III, 360. — 1287 der, von denen. — sweder, welcher von beiden (aus sô weder). — wellest ist conj. — 1288 daz, vorausgesetzt dal: wenn nur. — vellest, hinstreckst. — 1289 lœsen swv., auslösen. — 1290 gedingen swv., einen Vertrag machen, unterhandeln; als, wie, je nachdem. Er wird auf alle Bedingungen meiner Loskaufung eingehen. — wider dich, mit dir. — 1291 nim, nehme als Lehen aus deiner Hand. — 1292 prîslîch adj., preis- würdig. — 1293 hat bei mir, im Kampfe mit mir, Ansehen errungen. — 1294 nun aber, nachdem ich dir solche Anerbietungen gemacht. — 1296 mîme libe = mir. — 1297 anders, nicht : anderes, sondern : im Ubrigen, sonst. Was dir zur Ehre gereicht. — 1298 gein, gegenüber, mit. — 1299 mag, vermag. — suone gepflegen, mich auf Versöhnung einlassen. 1301 der hôh gemuot, in unflectierter Form nach dem bestimmten Artikel erscheint das nachgesetzte Adjectiv bei Wolfram oft : nicht ist e abgeworfen, denn auch Acc. und Gen. kommen so vor. — 1302 varende guot, bewegliche Habe, im Gegensatz zum Grundbesitz (lant). — 1304 wenn du nicht in Bezug darauf mir das Versprechen gibst, mir das nicht ver- sprichst. — 1306 sparn swv., versparen, aufschieben. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 283 daz ich's dánke dime prîse.» sus sprach der fürste wîse. «min leben koufe ich schône. in zwein landen krône treit gewaldeclche mîn bruoder, der ist rîche: der nim dir swederz du wellest, daz du mich tôt niht vellest. ich pin im liep, er loeset mich als ich gedinge wider dich. dar zuo nim ich mîn herzentuom von dir. dîn prîslîcher ruom 267 hât werdekeit an mir bezalt. nu erlâz mich, küener degen balt, suonè gein disem wibe, unt gebiut mîme libe anders swaz dîn êre sin. gein der g'unêrten herzogîn mag ich suone gepflegen niht, swaz halt anders mir geschiht.» 1285 1290 1295 1300 Parzivâl der hôh gemuot sprach «liute, lant, noch varende guot, der dechéinez mac gehelfen dir, dune tuost des sicherheit gein mir, daz du gein Britâne varst, unt die réisé niht langer sparst, 1305 — — 1281 ich’s danke, ich dafür danke, ich es verdanke. — dime prîse, deiner preiswerthen That: dem Umstande, dafs du gesiegt hast. — 1283 koufen swv., erkaufen. — schône adv., zu einem stattlichen Preise. — 1284 die zwei Länder sind Waleis und Norgals; vgl. III, 363. — 1285 gewaldeclîche adv., gewaltig, mächtig herrschend. — 1286 sein Bruder ist Lähelin; vgl. III, 360. — 1287 der, von denen. — sweder, welcher von beiden (aus sô weder). — wellest ist conj. — 1288 daz, vorausgesetzt dal: wenn nur. — vellest, hinstreckst. — 1289 lœsen swv., auslösen. — 1290 gedingen swv., einen Vertrag machen, unterhandeln; als, wie, je nachdem. Er wird auf alle Bedingungen meiner Loskaufung eingehen. — wider dich, mit dir. — 1291 nim, nehme als Lehen aus deiner Hand. — 1292 prîslîch adj., preis- würdig. — 1293 hat bei mir, im Kampfe mit mir, Ansehen errungen. — 1294 nun aber, nachdem ich dir solche Anerbietungen gemacht. — 1296 mîme libe = mir. — 1297 anders, nicht : anderes, sondern : im Ubrigen, sonst. Was dir zur Ehre gereicht. — 1298 gein, gegenüber, mit. — 1299 mag, vermag. — suone gepflegen, mich auf Versöhnung einlassen. 1301 der hôh gemuot, in unflectierter Form nach dem bestimmten Artikel erscheint das nachgesetzte Adjectiv bei Wolfram oft : nicht ist e abgeworfen, denn auch Acc. und Gen. kommen so vor. — 1302 varende guot, bewegliche Habe, im Gegensatz zum Grundbesitz (lant). — 1304 wenn du nicht in Bezug darauf mir das Versprechen gibst, mir das nicht ver- sprichst. — 1306 sparn swv., versparen, aufschieben. —
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284 FÜNFTES BUCH. z'einer maget, die blou durch mich ein man, gein dem ist mîn gerich âne ir bete niht verkoren. du solt der megede wol geboren sichern und mîn dienest sagen: óde wirt tu alhie erslagen. sage Artûse und dem wibe sin, in beiden, von mir dienest mîn, daz sie mîn dienst sus letzen, die maget ir slége ergetzen. dar zuo wil ich schouwen in dinen hulden dise frouwen mit suone âne vâre: ode du muost ein bâre tôt hinnen riten, wiltu mich's widerstriten. 268 merc diu wórt, unt wis der werke ein wer des gib mir sicherheit alher.» dô sprach der herzoge Orilus zem künege Parzivâl alsus: «mac niemen dâ für niht gegeben, sô leist’ ich’z : wande ich wil noch leben.» durch die vorhte von ir man frou Jeschût' diu wol getân strît scheidens gar verzagete: 1310 1315 1320 1325 1330 1307 die Jungfrau ist Cunneware de Lalant; vgl. III, 1057. — blou præt. von bliuwen stv., bläuen, schlagen. — durch mich: weil sie über mich lachte. — 1309 ohne ihre Bitte, wenn sie nicht Fürbitte für ihn einlegt. — verkiesen stv., aufgeben : ich werde nicht ablassen, mich an ihm zu rächen, ihn dafür zu strafen. — 1310 megede dat. sing. von maget. — 1311 sichern, vgl. I, 1142. — mîn dienest, meine Dienstbereitwilligkeit, meine Empfeh- — 1312 wirt imper., durch das Pron. tu (= du) verstärkt: oder lung. empfange hier den Tod. — 1314 dienest mîn mit Weglassung des Artikels den. — 1315 sus, auf diese Weise: durch die folgende Zeile näher be- — letzen swv. mit acc., Freundlichkeit wofür erweisen, etwas ver- stimmt. gelten, belohnen (vgl. letze, Trinkgeld beim Abschied). — 1316 dadurch dafs sie entschädigen. — 1319 âne vare, ohne Hinterlist: mit aufrichtig gemeinter Versöhnung. — 1320 ein bâre, acc. von rîten abhängig: auf einer Bahre als Todter von hier reiten (getragen werden). — 1322 widerstrîten, einen eines d., einem etwas verweigern. — 1323 ein wer, ein Gewährer, ein Vollstrecker (zu I, 1108); der werke, der Thaten, des Thuns, das ich von dir verlange. — 1327 mac, kann. — dâ für, zur Abwehr dagegen: können alle Anerbietungen nichts helfen gegen deine Forderung, wenn alles nichts hilft. — 1329 von, von Seiten: die Furcht, die ihr Mann ihr einflösste. Nibel. 2376, 3 jâ tet ir diu sorge von Hildebrande wê. Sie fürchtete den Streit zu scheiden, weil Orilus hätte denken können, sie thue es aus Liebe zu dem vermeintlichen Liebhaber. — 1330 diu wol getân, vgl. zu V, 1301. — 1331 hatte nicht den Muth, die Streitenden zu trennen. — scheidens gen. des Gerund., aber mit Beibehaltung der Verbalrection; vgl. zu V, 405.
284 FÜNFTES BUCH. z'einer maget, die blou durch mich ein man, gein dem ist mîn gerich âne ir bete niht verkoren. du solt der megede wol geboren sichern und mîn dienest sagen: óde wirt tu alhie erslagen. sage Artûse und dem wibe sin, in beiden, von mir dienest mîn, daz sie mîn dienst sus letzen, die maget ir slége ergetzen. dar zuo wil ich schouwen in dinen hulden dise frouwen mit suone âne vâre: ode du muost ein bâre tôt hinnen riten, wiltu mich's widerstriten. 268 merc diu wórt, unt wis der werke ein wer des gib mir sicherheit alher.» dô sprach der herzoge Orilus zem künege Parzivâl alsus: «mac niemen dâ für niht gegeben, sô leist’ ich’z : wande ich wil noch leben.» durch die vorhte von ir man frou Jeschût' diu wol getân strît scheidens gar verzagete: 1310 1315 1320 1325 1330 1307 die Jungfrau ist Cunneware de Lalant; vgl. III, 1057. — blou præt. von bliuwen stv., bläuen, schlagen. — durch mich: weil sie über mich lachte. — 1309 ohne ihre Bitte, wenn sie nicht Fürbitte für ihn einlegt. — verkiesen stv., aufgeben : ich werde nicht ablassen, mich an ihm zu rächen, ihn dafür zu strafen. — 1310 megede dat. sing. von maget. — 1311 sichern, vgl. I, 1142. — mîn dienest, meine Dienstbereitwilligkeit, meine Empfeh- — 1312 wirt imper., durch das Pron. tu (= du) verstärkt: oder lung. empfange hier den Tod. — 1314 dienest mîn mit Weglassung des Artikels den. — 1315 sus, auf diese Weise: durch die folgende Zeile näher be- — letzen swv. mit acc., Freundlichkeit wofür erweisen, etwas ver- stimmt. gelten, belohnen (vgl. letze, Trinkgeld beim Abschied). — 1316 dadurch dafs sie entschädigen. — 1319 âne vare, ohne Hinterlist: mit aufrichtig gemeinter Versöhnung. — 1320 ein bâre, acc. von rîten abhängig: auf einer Bahre als Todter von hier reiten (getragen werden). — 1322 widerstrîten, einen eines d., einem etwas verweigern. — 1323 ein wer, ein Gewährer, ein Vollstrecker (zu I, 1108); der werke, der Thaten, des Thuns, das ich von dir verlange. — 1327 mac, kann. — dâ für, zur Abwehr dagegen: können alle Anerbietungen nichts helfen gegen deine Forderung, wenn alles nichts hilft. — 1329 von, von Seiten: die Furcht, die ihr Mann ihr einflösste. Nibel. 2376, 3 jâ tet ir diu sorge von Hildebrande wê. Sie fürchtete den Streit zu scheiden, weil Orilus hätte denken können, sie thue es aus Liebe zu dem vermeintlichen Liebhaber. — 1330 diu wol getân, vgl. zu V, 1301. — 1331 hatte nicht den Muth, die Streitenden zu trennen. — scheidens gen. des Gerund., aber mit Beibehaltung der Verbalrection; vgl. zu V, 405.
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 285 ir vîndes nôt sie klagete. Parzivâl in úf verliez do'r froun Jeschûten suone gehiez. der betwungene fürste sprach «frówe, sît diz durch iuch geschach, in strît diu schumpfentiure mîn, wol her, ir sult geküsset sîn. ich hân vil prîss durch iuch verloren: waz denne? ez ist doch verkoren." diu frouwe mit ir blôzem vel was zem sprunge harte snel von dem pfärde ûf den wasen. swie dez pluot von der nasen den munt im hete gemachet rôt, sie kuste in dô er kus gebôt. 1335 1340 1345 269 Dô wart niht langer dô gebiten, sie bêde und ouch diu frouwe riten für ein klôsen in eins velses want. eine kefsen Parzivâl dâ vant: ein gemâlet sper derbî dâ lent. der éinsídel hiez Trévrizent. Parzivâl dô mit triuwen fuor : er nam daz heiltuom, drûf er swuor. sus stabete er selbe sînen eit. er sprach «hân ich werdekeit: ich habe se oder enhabe ir niht, swer mich pîme schilde siht, 1350 1355 1332 ihr Feind ist Orilus. — 1333 ûf verlâzen stv., sich aufrichten lassen. — 1334 gehiez plusquamperf. — 1336 diz, durch die folgende Zeile näher erläutert. — 1338 wol her, wohlan so kommt her. — 1340 waz denne, was hilft es? was liegt daran? — 1343 ist mit sprunge zu verbinden. — 1344 das aus der Nase strömende Blut; vgl. 1260. — 1346 da er sie aufforderte, ihn zu küssen, oder ihr anbot. 1347 gebiten part. von bîten stv., warten (I, 651). — 1349 klôse swf., mlat. clausa, Klause: die in einen Felsen hineingebaut war. — 1350 kefse swf., lat. capsa, Reliquienbehälter. — 1351 gemâlet, bemalt, gefärbt; vgl. II, 674. — lent entweder verkürzt für lente, oder erzählendes Präsens. — 1352 einsidel stm., Einsiedler. — Trevrizent, der Bruder des Anfortas, der das ritterliche Leben aufgegeben und Einsiedler geworden; vgl. V, 825. — 1353 verfuhr aufrichtig, ohne Falschheit, der Wahrheit gemäss. — 1354 heil- tuom stn., die Reliquien. — 1355 staben, vgl. zu III, 1073. — 1356 falls ich Würdigkeit, Ehre hatte : zu diesem Vordersatze fehlt der Nachsatz, also ein Anakoluth. Alle Ritterehre, die ich habe, will ich verlieren, wenn diese Frau Unrecht gethan hat. — 1357 ob ich sie habe oder nicht habe : das erprobt man im Kampfe. Der Kampf bewährt den werthen Ritter. Bescheiden will er sich selbst nicht direct die werdekeit beilegen. 1358 beim Schilde, d. h. in ritterlicher Tracht und Thätigkeit. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 285 ir vîndes nôt sie klagete. Parzivâl in úf verliez do'r froun Jeschûten suone gehiez. der betwungene fürste sprach «frówe, sît diz durch iuch geschach, in strît diu schumpfentiure mîn, wol her, ir sult geküsset sîn. ich hân vil prîss durch iuch verloren: waz denne? ez ist doch verkoren." diu frouwe mit ir blôzem vel was zem sprunge harte snel von dem pfärde ûf den wasen. swie dez pluot von der nasen den munt im hete gemachet rôt, sie kuste in dô er kus gebôt. 1335 1340 1345 269 Dô wart niht langer dô gebiten, sie bêde und ouch diu frouwe riten für ein klôsen in eins velses want. eine kefsen Parzivâl dâ vant: ein gemâlet sper derbî dâ lent. der éinsídel hiez Trévrizent. Parzivâl dô mit triuwen fuor : er nam daz heiltuom, drûf er swuor. sus stabete er selbe sînen eit. er sprach «hân ich werdekeit: ich habe se oder enhabe ir niht, swer mich pîme schilde siht, 1350 1355 1332 ihr Feind ist Orilus. — 1333 ûf verlâzen stv., sich aufrichten lassen. — 1334 gehiez plusquamperf. — 1336 diz, durch die folgende Zeile näher erläutert. — 1338 wol her, wohlan so kommt her. — 1340 waz denne, was hilft es? was liegt daran? — 1343 ist mit sprunge zu verbinden. — 1344 das aus der Nase strömende Blut; vgl. 1260. — 1346 da er sie aufforderte, ihn zu küssen, oder ihr anbot. 1347 gebiten part. von bîten stv., warten (I, 651). — 1349 klôse swf., mlat. clausa, Klause: die in einen Felsen hineingebaut war. — 1350 kefse swf., lat. capsa, Reliquienbehälter. — 1351 gemâlet, bemalt, gefärbt; vgl. II, 674. — lent entweder verkürzt für lente, oder erzählendes Präsens. — 1352 einsidel stm., Einsiedler. — Trevrizent, der Bruder des Anfortas, der das ritterliche Leben aufgegeben und Einsiedler geworden; vgl. V, 825. — 1353 verfuhr aufrichtig, ohne Falschheit, der Wahrheit gemäss. — 1354 heil- tuom stn., die Reliquien. — 1355 staben, vgl. zu III, 1073. — 1356 falls ich Würdigkeit, Ehre hatte : zu diesem Vordersatze fehlt der Nachsatz, also ein Anakoluth. Alle Ritterehre, die ich habe, will ich verlieren, wenn diese Frau Unrecht gethan hat. — 1357 ob ich sie habe oder nicht habe : das erprobt man im Kampfe. Der Kampf bewährt den werthen Ritter. Bescheiden will er sich selbst nicht direct die werdekeit beilegen. 1358 beim Schilde, d. h. in ritterlicher Tracht und Thätigkeit. —
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286 FÜNFTES BUCH. der prüevet mich gein rîterschaft. des namen ordenlîchiu kraft, als uns des schildes ambet saget, hât dicke hôhen pris bejaget: ez ist ouch noch ein hôher name. mîn lîp gein wereltlîcher schame iemer si gewenket und al mîn prîs verkrenket. dirre wórte si mit werken pfant mîn glücke vor der hohsten hant: ich hân’z dâ für, die treit got. nu müeze ich flüsteclîchen spot ze bêden lîben iemer hân von sîner kraft, ob missetân disiu frouwe habe, dô diz geschach daz ich ir fürspan von ir brach. och fuorte ich mêr goldes dan. ich was ein tôre und niht ein man, gewahsen niht pî witzen. vil weinens, dâ bî switzen mit jâmer dolte vil ir lip. s'ist benámen ein unschúldic wîp. dâne scheide ich ûz niht mêre: des si pfant mîn sæelde und êre. 270 ruocht ir's, sie sol unschúldec sîn. sêt, gebet ir wider ir vingerlîn. 1365 1370 1375 1380 1360 1359 der beurtheilt mich in Bezug auf ritterliches Thun, nach diesem Thun. — 1360 des namen, des Begriffs, nämlich rîterschaft. Die dem Stande entsprechende Bedeutung des Begriffes Ritterschaft oder Ritter. — 1361 schildes ambet, Ritterthum. — 1362 dicke, schon oft, in vergangener Zeit. — 1363 ouch noch, auch jetzt noch. — 1364 min lip, ich. — wereltlich, weltlich. — schame stf., Schande: Schande auf der Welt. — 1365 sî, ich will sein; gewenket, gewendet, hingeneigt: ich will der Schande verfallen sein. — 1367 mit werken, in der That, in Wirklichkeit: für die Wahrheit meiner Worte setze ich mein irdisches und ewiges Glück zum Pfande ein. — 1368 vor den Augen Gottes, vor Gottes Angesicht. — hœhste hant als Umschreibung mehrfach bei Wolfram ; Parzival VI, 1088; IX, 988. Willeh. 150, 14. — 1369 ich halte es für, ich glaube. — 1370 nu, nun also, wohlan so; müeze ich, möge ich. — ftüsteclich adj., mit Verlust verbunden. — 1371 ze bêden liben, in beiden Leben, im irdischen und jenseitigen. — 1372 von, durch. — 1374 ihr die Spange abbrach; vgl. III, 464. — 1375 aufser der Spange nahm er noch einen Ring mit sich; vgl. III, 442. — 1377 nicht bei Besinnung, bei Verstande aufgewachsen. — 1378 switzen, vgl. III, 484. — 1379 mit soviel als und. — 1381 ûz scheiden, aussondern, ausnehmen; dâ mit Bezug auf die folgende Zeile. Mein Glück und meine Ehre ohne jegliche Ausnahme setze ich zu Pfande für ihre Un- schuld. — 1383 ruocht ir's; vgl. V, 1202. — 1384 sêt pl. von sé interj., da nehmt hin. —
286 FÜNFTES BUCH. der prüevet mich gein rîterschaft. des namen ordenlîchiu kraft, als uns des schildes ambet saget, hât dicke hôhen pris bejaget: ez ist ouch noch ein hôher name. mîn lîp gein wereltlîcher schame iemer si gewenket und al mîn prîs verkrenket. dirre wórte si mit werken pfant mîn glücke vor der hohsten hant: ich hân’z dâ für, die treit got. nu müeze ich flüsteclîchen spot ze bêden lîben iemer hân von sîner kraft, ob missetân disiu frouwe habe, dô diz geschach daz ich ir fürspan von ir brach. och fuorte ich mêr goldes dan. ich was ein tôre und niht ein man, gewahsen niht pî witzen. vil weinens, dâ bî switzen mit jâmer dolte vil ir lip. s'ist benámen ein unschúldic wîp. dâne scheide ich ûz niht mêre: des si pfant mîn sæelde und êre. 270 ruocht ir's, sie sol unschúldec sîn. sêt, gebet ir wider ir vingerlîn. 1365 1370 1375 1380 1360 1359 der beurtheilt mich in Bezug auf ritterliches Thun, nach diesem Thun. — 1360 des namen, des Begriffs, nämlich rîterschaft. Die dem Stande entsprechende Bedeutung des Begriffes Ritterschaft oder Ritter. — 1361 schildes ambet, Ritterthum. — 1362 dicke, schon oft, in vergangener Zeit. — 1363 ouch noch, auch jetzt noch. — 1364 min lip, ich. — wereltlich, weltlich. — schame stf., Schande: Schande auf der Welt. — 1365 sî, ich will sein; gewenket, gewendet, hingeneigt: ich will der Schande verfallen sein. — 1367 mit werken, in der That, in Wirklichkeit: für die Wahrheit meiner Worte setze ich mein irdisches und ewiges Glück zum Pfande ein. — 1368 vor den Augen Gottes, vor Gottes Angesicht. — hœhste hant als Umschreibung mehrfach bei Wolfram ; Parzival VI, 1088; IX, 988. Willeh. 150, 14. — 1369 ich halte es für, ich glaube. — 1370 nu, nun also, wohlan so; müeze ich, möge ich. — ftüsteclich adj., mit Verlust verbunden. — 1371 ze bêden liben, in beiden Leben, im irdischen und jenseitigen. — 1372 von, durch. — 1374 ihr die Spange abbrach; vgl. III, 464. — 1375 aufser der Spange nahm er noch einen Ring mit sich; vgl. III, 442. — 1377 nicht bei Besinnung, bei Verstande aufgewachsen. — 1378 switzen, vgl. III, 484. — 1379 mit soviel als und. — 1381 ûz scheiden, aussondern, ausnehmen; dâ mit Bezug auf die folgende Zeile. Mein Glück und meine Ehre ohne jegliche Ausnahme setze ich zu Pfande für ihre Un- schuld. — 1383 ruocht ir's; vgl. V, 1202. — 1384 sêt pl. von sé interj., da nehmt hin. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 287 ir fürspan wart sô vertân daz es mîn tôrheit danc sol hân.» 1385 Die gâbe enpfienc der degen guot. dô streich er von dem munde'z pluot und kuste sînes herzen trût. ouch wart verdact ir blôziu hût. Orilus der fürste erkant stiez dez vingerl wider an ir hant, und gap ir an sîn kursît: die was von rîchem pfelle, wît, mit heldes hant zerhouwen. ich hân doch selten frouwen wâpènroc an gesehen tragen, die wære in strîte alsus zerslagen: von ir krî wart ouch nie túrnéi gesamliert noch sper enzwei gestochen, swâ daz solde sîn. der guote knappe und Lämbekin die tjost zesamene trüegen baz. sus wart diu frouwe trûrens laz. Dô sprach der fürste Orilus aber ze Parzivâle alsus: «helt, dîn unbetwungen eit 1390 1395 1400 1405 1385 die Spange hatte er dem Fischer für die Nachtherberge gegeben ; vgl. III, 807. — vertuon, weggeben. — 1386 das verdanke ich meiner Thorheit: er hatte in seiner Einfalt keine Vorstellung von dem Werthe. 1388 streich præt. von strîchen stv., streichen. — munde'z = munde daz; vgl. V, 711. — 1389 trůt stn., Geliebte. — 1390 verdact partic. mit Rück- umlaut von verdecken swv., bedecken: mit Kleidern. — 1391 erkant, be- kannt, beruhmt. — 1392 stiez, steckte. — 1393 gap an, gab zum Anziehen, legte an. — 1394 die = der (zu III, 72); kursît hier also als Mascul. ge- braucht. — 1396 selten, niemals. — 1397 an mit tragen zu verbinden: an sich tragen. — 1398 die wiederum = der, auf wâpenroc bezüglich. — 1399 kri verkürzt aus krie stf., Schlachtruf, Feldgeschrei. — 1400 sam- lieren swv., franz. sembler, rassembler, mit Anlehnung an das deutsche samenen, zusammenbringen. Wenn sie auch einen zerhauenen Waffenrock trug, an einem Turnier hatte sie doch nie Theil genommen : Wolfram’s scherzende Manier. — 1402 von einem Zweikampfe Lämbekîns, des Her- zogs von Brabant, mit Kaylet war I, 455 erzählt: aber unter dem guten Knappen kann Kaylet nicht verstanden sein. Wolfram hat ihn einem uns unbekannten Gedichte entlehnt, worin dieser Kampf erzählt war. Simrock versteht unter dem guten Knappen Iwanet; danach wäre nicht ein Zweikampf zwischen diesem und Lämbekin gemeint, sondern jeder be- sonders kämpfend gedacht. — 1403 würden besser zusammen tjostieren als Jeschute könnte. — 1404 las, nicht vórhanden: also frei von ihrem Trauern. 1407 unbetwungen eit, der Eid, den du, ohne gezwungen zu sein, frei- willig geleistet hast. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 287 ir fürspan wart sô vertân daz es mîn tôrheit danc sol hân.» 1385 Die gâbe enpfienc der degen guot. dô streich er von dem munde'z pluot und kuste sînes herzen trût. ouch wart verdact ir blôziu hût. Orilus der fürste erkant stiez dez vingerl wider an ir hant, und gap ir an sîn kursît: die was von rîchem pfelle, wît, mit heldes hant zerhouwen. ich hân doch selten frouwen wâpènroc an gesehen tragen, die wære in strîte alsus zerslagen: von ir krî wart ouch nie túrnéi gesamliert noch sper enzwei gestochen, swâ daz solde sîn. der guote knappe und Lämbekin die tjost zesamene trüegen baz. sus wart diu frouwe trûrens laz. Dô sprach der fürste Orilus aber ze Parzivâle alsus: «helt, dîn unbetwungen eit 1390 1395 1400 1405 1385 die Spange hatte er dem Fischer für die Nachtherberge gegeben ; vgl. III, 807. — vertuon, weggeben. — 1386 das verdanke ich meiner Thorheit: er hatte in seiner Einfalt keine Vorstellung von dem Werthe. 1388 streich præt. von strîchen stv., streichen. — munde'z = munde daz; vgl. V, 711. — 1389 trůt stn., Geliebte. — 1390 verdact partic. mit Rück- umlaut von verdecken swv., bedecken: mit Kleidern. — 1391 erkant, be- kannt, beruhmt. — 1392 stiez, steckte. — 1393 gap an, gab zum Anziehen, legte an. — 1394 die = der (zu III, 72); kursît hier also als Mascul. ge- braucht. — 1396 selten, niemals. — 1397 an mit tragen zu verbinden: an sich tragen. — 1398 die wiederum = der, auf wâpenroc bezüglich. — 1399 kri verkürzt aus krie stf., Schlachtruf, Feldgeschrei. — 1400 sam- lieren swv., franz. sembler, rassembler, mit Anlehnung an das deutsche samenen, zusammenbringen. Wenn sie auch einen zerhauenen Waffenrock trug, an einem Turnier hatte sie doch nie Theil genommen : Wolfram’s scherzende Manier. — 1402 von einem Zweikampfe Lämbekîns, des Her- zogs von Brabant, mit Kaylet war I, 455 erzählt: aber unter dem guten Knappen kann Kaylet nicht verstanden sein. Wolfram hat ihn einem uns unbekannten Gedichte entlehnt, worin dieser Kampf erzählt war. Simrock versteht unter dem guten Knappen Iwanet; danach wäre nicht ein Zweikampf zwischen diesem und Lämbekin gemeint, sondern jeder be- sonders kämpfend gedacht. — 1403 würden besser zusammen tjostieren als Jeschute könnte. — 1404 las, nicht vórhanden: also frei von ihrem Trauern. 1407 unbetwungen eit, der Eid, den du, ohne gezwungen zu sein, frei- willig geleistet hast. —
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288 FÜNFTES BUCH. 271 git mir grôz liep und krankez leit. ich hân schumpfentiure gedolt, diu mir fröude hât erholt. jâ mac mit êren nu mîn lîp ergetzen ditze werde wip, daz ich se hulde mîn verstiez. dô ich die süezen eine liez, waz mohte sie, swaz ir geschach ? dô se aber von dîner schoene sprach, ich wând’ dâ wære ein friuntschaft bi. nu lôn’ dir got, s'ist valsches vri. ich hân unfúoge an ir getân. für'z fôrést in Prizljân reit ich dô in juven poys.» Parzivâl dez sper von Troys nam und fuorte ez mit im dan. des vergáz der wilde Taurîân, Tôdines bruoder, dâ. nu sprechet wie oder wâ die helde 's nahtes megen sin. helm und ir schilde heten pin: die sah man gar verhouwen. Parzivâl zer frouwen nam urloup unt z'ir âmîs. dô ladete in der fürste wîs mit ime an sîne fiwerstat: daz half in niht, swie vil er’s pat. 1410 1415 1420 1425 1430 1408 krankez leit dient nur zur Verstärkung des Gegensatzes grôz liep (vgl. V, 992) : schwaches Leid = gar kein Leid (wie wênic und ähnl. = nichts). — 1411 mit êren wie nhd., d. h. ohne dafs meine Ehre darunter leidet. — 1413 daz, dafür dafs. — hulde ist gen., aus meiner Huld: sie meiner Huld beraubte. — 1414 süezen acc. sing. des Fem. in schwacher Form. — eine, allein. — 1415 waz mohte sie, was konnte sie dafür: vollständig mit des, das hier in swaz liegt. — 1417 friuntschaft stf., Liebesverhältniss, Lieb- schaft. — 1418 Gott lohne dir, weil du ihre Unschuld dargethan hast. — 1419 unfuoge stf., Unziemlichkeit, Unrecht. — 1420 Prizljân, sonst Brizljân; vgl. zu III, 392. — 1421 reit, war ich geritten. — in juven poys, in junges Holz = en jovene bois. Der Ausdruck kommt noch VI, 206 vor. Hier hat Crestien (Germania 3, 98) oen en bois ales estoie oder (Potv. 5019) voirs est k' ales el bois estoie: aus jener Lesart, wenn der von Wolfram benutzte Text nicht etwa en ioene bois las, kann juven boys entstanden sein. — 1422 Troys, Troies. — 1425 Dôdines kannte Wolfram aus Hartmann's Erec und Iwein; Bezug darauf nimmt IX, 830. — 1427 's nahtes = des nahtes. — megen conj. statt der gewöhnlichen Form mügen, deren sich aber Wolfram nicht bedient zu haben scheint; jene ist die ursprüngliche Form. — 1428 das Possess. muss auch zu dem ersten Substantivum ergänzt werden. Hatten Noth gelitten. — 1430 zer, bei der: verabschiedete sich von ihr. — 1432 an seinen Herd, in sein Zelt. — 1434 er’s, er darum. —
288 FÜNFTES BUCH. 271 git mir grôz liep und krankez leit. ich hân schumpfentiure gedolt, diu mir fröude hât erholt. jâ mac mit êren nu mîn lîp ergetzen ditze werde wip, daz ich se hulde mîn verstiez. dô ich die süezen eine liez, waz mohte sie, swaz ir geschach ? dô se aber von dîner schoene sprach, ich wând’ dâ wære ein friuntschaft bi. nu lôn’ dir got, s'ist valsches vri. ich hân unfúoge an ir getân. für'z fôrést in Prizljân reit ich dô in juven poys.» Parzivâl dez sper von Troys nam und fuorte ez mit im dan. des vergáz der wilde Taurîân, Tôdines bruoder, dâ. nu sprechet wie oder wâ die helde 's nahtes megen sin. helm und ir schilde heten pin: die sah man gar verhouwen. Parzivâl zer frouwen nam urloup unt z'ir âmîs. dô ladete in der fürste wîs mit ime an sîne fiwerstat: daz half in niht, swie vil er’s pat. 1410 1415 1420 1425 1430 1408 krankez leit dient nur zur Verstärkung des Gegensatzes grôz liep (vgl. V, 992) : schwaches Leid = gar kein Leid (wie wênic und ähnl. = nichts). — 1411 mit êren wie nhd., d. h. ohne dafs meine Ehre darunter leidet. — 1413 daz, dafür dafs. — hulde ist gen., aus meiner Huld: sie meiner Huld beraubte. — 1414 süezen acc. sing. des Fem. in schwacher Form. — eine, allein. — 1415 waz mohte sie, was konnte sie dafür: vollständig mit des, das hier in swaz liegt. — 1417 friuntschaft stf., Liebesverhältniss, Lieb- schaft. — 1418 Gott lohne dir, weil du ihre Unschuld dargethan hast. — 1419 unfuoge stf., Unziemlichkeit, Unrecht. — 1420 Prizljân, sonst Brizljân; vgl. zu III, 392. — 1421 reit, war ich geritten. — in juven poys, in junges Holz = en jovene bois. Der Ausdruck kommt noch VI, 206 vor. Hier hat Crestien (Germania 3, 98) oen en bois ales estoie oder (Potv. 5019) voirs est k' ales el bois estoie: aus jener Lesart, wenn der von Wolfram benutzte Text nicht etwa en ioene bois las, kann juven boys entstanden sein. — 1422 Troys, Troies. — 1425 Dôdines kannte Wolfram aus Hartmann's Erec und Iwein; Bezug darauf nimmt IX, 830. — 1427 's nahtes = des nahtes. — megen conj. statt der gewöhnlichen Form mügen, deren sich aber Wolfram nicht bedient zu haben scheint; jene ist die ursprüngliche Form. — 1428 das Possess. muss auch zu dem ersten Substantivum ergänzt werden. Hatten Noth gelitten. — 1430 zer, bei der: verabschiedete sich von ihr. — 1432 an seinen Herd, in sein Zelt. — 1434 er’s, er darum. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 289 aldâ schiedèn die helde sich. diu âventiur wert mæere mich, dô Orilus der fürste erkant kom dâ er sîn poulûn vant und sîner mässenie ein teil, daz volc was al geliche geil daz súoné was worden schîn gein der saldeberenden herzogin. 1435 1440 272 Daz wart niht langer dô gespart, Orilus entwâpent wart, bluot und râm von ime er twuoc. er nam die herzoginne kluoc und fuorte se an die suonstat und hiez bereiten in zwei bat. dô lac frou Jeschůte al weinde bi ir trûte, vor liebe, unt doch vor leide niht, als guotem wibe noch geschiht. ouch ist genuogen liuten kunt, weindiu oug' hânt süezen munt. dâ von ich mêr noch sprechen wil. grôz liebe ist fröude und jâmers zil. swer von der liebe ir mære treit ûf den seigære, ob er'z iemer wolde wegen, ez enkan niht anderr schanze pflegen. da ergienc ein suone, dés wæn’ ich. dô fuorn sie sunder baden sich. 1445 1450 1455 1460 1436 meine Quelle gewährt, gibt mir Bericht, berichtet mir. — 1440 al ge- lîche, sämmtlich. — 1441 was worden schîn, zu Tage gekommen war, statt- gefunden hatte. — 1442 sœldeberende, glückbringend, vom Glück begleitet, gottgesegnet. 1443 Daz mit Hindeutung auf die folgende Zeile. — 1445 von ime, von sich. — 1447 suonstat stf., Versöhnungsstätte: das Bett ist gemeint. Nach- her badeten sie. — 1148 in, ihnen, für sie. — 1451 vor liebe und vor leide mit al weinde zu verbinden: sie weinte vor Freude. — 1452 als, wie es. — 1453 auch wissen viele Menschen, auch ist es eine bekannte Thatsache. — 1454 oug' für ouge, starke Form des Plurals. Die Thränen eines Weibes machen ihren Mund, ihren Kuſs um so süßser. Vgl. Germania XVIII, 113. — 1456 liebe. Zuneigung. Eine herzliche Neigung führt zu Freude und zu Jammer, Kummer. — 1457 ir mœre, ihre Geschichten, Sache: was aus Zu- neigung entsteht. — 1458 seigare stm. (zu sîgen stv., fallen sinken), Waage.— 1460 anderr gen. = anderre. — schanze, Wechselfall (zu I, 43): zwischen diesen Gegensätzen wechselt die Liebe. — 1461 das will ich wohl glauben. — 1462 sunder, gesondert: das gemeinsame Baden von Menschen verschie- denen Geschlechts war übrigens im Mittelalter sehr gewöhnlich. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 19
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 289 aldâ schiedèn die helde sich. diu âventiur wert mæere mich, dô Orilus der fürste erkant kom dâ er sîn poulûn vant und sîner mässenie ein teil, daz volc was al geliche geil daz súoné was worden schîn gein der saldeberenden herzogin. 1435 1440 272 Daz wart niht langer dô gespart, Orilus entwâpent wart, bluot und râm von ime er twuoc. er nam die herzoginne kluoc und fuorte se an die suonstat und hiez bereiten in zwei bat. dô lac frou Jeschůte al weinde bi ir trûte, vor liebe, unt doch vor leide niht, als guotem wibe noch geschiht. ouch ist genuogen liuten kunt, weindiu oug' hânt süezen munt. dâ von ich mêr noch sprechen wil. grôz liebe ist fröude und jâmers zil. swer von der liebe ir mære treit ûf den seigære, ob er'z iemer wolde wegen, ez enkan niht anderr schanze pflegen. da ergienc ein suone, dés wæn’ ich. dô fuorn sie sunder baden sich. 1445 1450 1455 1460 1436 meine Quelle gewährt, gibt mir Bericht, berichtet mir. — 1440 al ge- lîche, sämmtlich. — 1441 was worden schîn, zu Tage gekommen war, statt- gefunden hatte. — 1442 sœldeberende, glückbringend, vom Glück begleitet, gottgesegnet. 1443 Daz mit Hindeutung auf die folgende Zeile. — 1445 von ime, von sich. — 1447 suonstat stf., Versöhnungsstätte: das Bett ist gemeint. Nach- her badeten sie. — 1148 in, ihnen, für sie. — 1451 vor liebe und vor leide mit al weinde zu verbinden: sie weinte vor Freude. — 1452 als, wie es. — 1453 auch wissen viele Menschen, auch ist es eine bekannte Thatsache. — 1454 oug' für ouge, starke Form des Plurals. Die Thränen eines Weibes machen ihren Mund, ihren Kuſs um so süßser. Vgl. Germania XVIII, 113. — 1456 liebe. Zuneigung. Eine herzliche Neigung führt zu Freude und zu Jammer, Kummer. — 1457 ir mœre, ihre Geschichten, Sache: was aus Zu- neigung entsteht. — 1458 seigare stm. (zu sîgen stv., fallen sinken), Waage.— 1460 anderr gen. = anderre. — schanze, Wechselfall (zu I, 43): zwischen diesen Gegensätzen wechselt die Liebe. — 1461 das will ich wohl glauben. — 1462 sunder, gesondert: das gemeinsame Baden von Menschen verschie- denen Geschlechts war übrigens im Mittelalter sehr gewöhnlich. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 19
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290 FÜNFTES BUCH. 273 zwelf clâre juncfrouwen man mohte bi ir schouwen: die pflâgen ir, sît sie gewan zorn âne ir schult von liebem man. sie hete ie 's nahtes deckekleit, swie blôz sie bime tage reit. die batten dô mit fröuden sie. ruochet ir nu horen wie Orilus des innen wart, âvèntiur von Artüses vart? Sus begúnde im ein rîter sagen. «ich sach ûf einen plân geslagen tûsent poulûn oder mêr. Artûs der rîche künec hêr, der Britânoyse hêrre, lît uns hie niht verre mit wünneclîcher frouwen schar. ungevértes ist ein mile dar. da ist ouch von rîtern grôzlîch schal. bî dem Plimizœel ze tal ligent s' an ietwederem stade.» dô gâhet' ûzéme bade der herzoge Orilus. Jeschûte und er gewurben sus. diu senfte süeze wol getân gieng ouch ûz ir bade sân an sîn bétte: dâ wart trûrens rât. ir lide gedienden bezzer wât dan sie dâ vor truoc lange. 1470 1475 1480 1485 1465 1490 1465 die warteten ihr auf, besorgten sie. — 1467 deckekleit stn., Kleid zum Zudecken, Decke; vgl. declachen I, 1310. — 1469 batten = badeten. — 1470 wollt ihr nun hören. — 1471 des, die folgende Zeile andeutend. — innen wart, erfuhr. — 1472 âventiur, Bericht, Kunde: erfuhr, wohin Artus gezogen war. Artus war ausgezogen, um den rothen Ritter, d. h. Parzival, zu suchen. Die Erzählung greift hier etwas voraus, indem Artus’ Auszug erst am Anfang des folgenden Buches berichtet wird; daher legt hier der Dichter es einem Ritter in den Mund und erzählt nicht selbst. 1474 geslagen, aufgeschlagen. — 1478 hie niht verre, nicht weit von hier. — 1479 wünneclîcher ist mit schar, nicht mit frouwen zu verbinden. — 1480 man hat eine Meile durch unwegsame Gegenden bis dahin wo er liegt zu reiten. — 1481 grôzlîch unflect. Form des Adj. — 1482 Plimizœl, Name eines Flusses. — ze tal, abwärts. — 1484 ûzeme = ûz deme, aus dem. — 1486 gewurben præt. von werben, verfahren, handeln. — 1489 da wurde ihr Befreiung von ihrem Trauern; vgl. V, 1404. — 1491 als sie vorher lange Zeit hindurch getragen hatte. —
290 FÜNFTES BUCH. 273 zwelf clâre juncfrouwen man mohte bi ir schouwen: die pflâgen ir, sît sie gewan zorn âne ir schult von liebem man. sie hete ie 's nahtes deckekleit, swie blôz sie bime tage reit. die batten dô mit fröuden sie. ruochet ir nu horen wie Orilus des innen wart, âvèntiur von Artüses vart? Sus begúnde im ein rîter sagen. «ich sach ûf einen plân geslagen tûsent poulûn oder mêr. Artûs der rîche künec hêr, der Britânoyse hêrre, lît uns hie niht verre mit wünneclîcher frouwen schar. ungevértes ist ein mile dar. da ist ouch von rîtern grôzlîch schal. bî dem Plimizœel ze tal ligent s' an ietwederem stade.» dô gâhet' ûzéme bade der herzoge Orilus. Jeschûte und er gewurben sus. diu senfte süeze wol getân gieng ouch ûz ir bade sân an sîn bétte: dâ wart trûrens rât. ir lide gedienden bezzer wât dan sie dâ vor truoc lange. 1470 1475 1480 1485 1465 1490 1465 die warteten ihr auf, besorgten sie. — 1467 deckekleit stn., Kleid zum Zudecken, Decke; vgl. declachen I, 1310. — 1469 batten = badeten. — 1470 wollt ihr nun hören. — 1471 des, die folgende Zeile andeutend. — innen wart, erfuhr. — 1472 âventiur, Bericht, Kunde: erfuhr, wohin Artus gezogen war. Artus war ausgezogen, um den rothen Ritter, d. h. Parzival, zu suchen. Die Erzählung greift hier etwas voraus, indem Artus’ Auszug erst am Anfang des folgenden Buches berichtet wird; daher legt hier der Dichter es einem Ritter in den Mund und erzählt nicht selbst. 1474 geslagen, aufgeschlagen. — 1478 hie niht verre, nicht weit von hier. — 1479 wünneclîcher ist mit schar, nicht mit frouwen zu verbinden. — 1480 man hat eine Meile durch unwegsame Gegenden bis dahin wo er liegt zu reiten. — 1481 grôzlîch unflect. Form des Adj. — 1482 Plimizœl, Name eines Flusses. — ze tal, abwärts. — 1484 ûzeme = ûz deme, aus dem. — 1486 gewurben præt. von werben, verfahren, handeln. — 1489 da wurde ihr Befreiung von ihrem Trauern; vgl. V, 1404. — 1491 als sie vorher lange Zeit hindurch getragen hatte. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 291 mit nâhem umbevange behielt ir minne fröuden pris, der fürstin und des fürsten wis. juncfrouwen kleitn ir frouwen sân: sîn harnasch truoc man dar dem man. Jeschûten wât man muose loben. vógele gevángen uf dem kloben sie mit fröuden âzen, dâ se an ir bette sâzen. frou Jeschûte etslîchen kus enpfienc: den gap ir Orilus. 1495 1500 Dô zôch mán der frouwen wert starc wol gênde ein schoene pfert, gesatelt unt gezoumet wol. man huop sie drûf, diu rîten sol dannen mit ir küenem man. sîn ors wart gewâpent sân, reht' als er'z gein strîte reit. sîn swert, dâ mite er 's tages streit, man vorn an den satel hienc. von fuoze ûf gewâpent gienc Orilus zem orse sîn: er spranc drûf vor der herzogîn. Jeschûte und er fuorn dan zehant. sîn mässenîe géin Lalánt bat er alle kêren. wan èin rîter solt’ in lêren gein Artûse rîten: 1505 1510 1515 274 1492 umbevanc stm., Umarmung: in inniger Umarmung. — 1493 behauptete ihre Minne den Preis der Freude, half der Freude siegen über die Trauer; ir auf beide zu beziehen und durch die nächste Zeile erläutert. — 1495 ir frouwen, ihre Herrin. — 1496 dar, herzu, herbei. — 1498 klobe swm. (zu klieben, spalten), gespaltenes Holz zum Vogelfangen. — 1500 bette, Ruhe- bett : wie sie dort auf ihrem Bette saßen. — 1501 etslîchen kus, gar manchen Kuſs, viele Küsse. 1503 zôch, führte herbei. — 1504 wol gênde, sanft gehend, wie es einem Frauenpferde ziemte. — 1505 zoumen swv., zäumen. — 1506 die im Begriff ist zu reiten, die reiten will. — 1509 reht’ als, gerade so wie. — gein strîte, dem Kampfe entgegen, zum Kampfe. — 1510 des tages, an diesem Tage; streit, gestritten hatte. — 1514 vor, in Gegenwart von. — 1516 Lalánt: diese Betonung wird bei dem Worte oft verlangt, ebenso Karnánt und ähnliche. Die Abweichungen der Hss. bezwecken nur die überladenen Verse, die aber mit Wolfram's Kürzungen sich vertragen, zu glätten; eine so starke Anderung, wie Lachmann annimmt, der das Reimwort von 1516 gegen alle Hss. wählt, ist durch nichts berechtigt. — 1518 nur éin Ritter — sollte ihm den Weg zu Artus zeigen: der oben V. 1473 erwähnte. 19 *
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 291 mit nâhem umbevange behielt ir minne fröuden pris, der fürstin und des fürsten wis. juncfrouwen kleitn ir frouwen sân: sîn harnasch truoc man dar dem man. Jeschûten wât man muose loben. vógele gevángen uf dem kloben sie mit fröuden âzen, dâ se an ir bette sâzen. frou Jeschûte etslîchen kus enpfienc: den gap ir Orilus. 1495 1500 Dô zôch mán der frouwen wert starc wol gênde ein schoene pfert, gesatelt unt gezoumet wol. man huop sie drûf, diu rîten sol dannen mit ir küenem man. sîn ors wart gewâpent sân, reht' als er'z gein strîte reit. sîn swert, dâ mite er 's tages streit, man vorn an den satel hienc. von fuoze ûf gewâpent gienc Orilus zem orse sîn: er spranc drûf vor der herzogîn. Jeschûte und er fuorn dan zehant. sîn mässenîe géin Lalánt bat er alle kêren. wan èin rîter solt’ in lêren gein Artûse rîten: 1505 1510 1515 274 1492 umbevanc stm., Umarmung: in inniger Umarmung. — 1493 behauptete ihre Minne den Preis der Freude, half der Freude siegen über die Trauer; ir auf beide zu beziehen und durch die nächste Zeile erläutert. — 1495 ir frouwen, ihre Herrin. — 1496 dar, herzu, herbei. — 1498 klobe swm. (zu klieben, spalten), gespaltenes Holz zum Vogelfangen. — 1500 bette, Ruhe- bett : wie sie dort auf ihrem Bette saßen. — 1501 etslîchen kus, gar manchen Kuſs, viele Küsse. 1503 zôch, führte herbei. — 1504 wol gênde, sanft gehend, wie es einem Frauenpferde ziemte. — 1505 zoumen swv., zäumen. — 1506 die im Begriff ist zu reiten, die reiten will. — 1509 reht’ als, gerade so wie. — gein strîte, dem Kampfe entgegen, zum Kampfe. — 1510 des tages, an diesem Tage; streit, gestritten hatte. — 1514 vor, in Gegenwart von. — 1516 Lalánt: diese Betonung wird bei dem Worte oft verlangt, ebenso Karnánt und ähnliche. Die Abweichungen der Hss. bezwecken nur die überladenen Verse, die aber mit Wolfram's Kürzungen sich vertragen, zu glätten; eine so starke Anderung, wie Lachmann annimmt, der das Reimwort von 1516 gegen alle Hss. wählt, ist durch nichts berechtigt. — 1518 nur éin Ritter — sollte ihm den Weg zu Artus zeigen: der oben V. 1473 erwähnte. 19 *
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292 FÜNFTES BUCH. 275 er bat daz volc des bîten. sie kômen Artûs sô nâhen, daz sie sîniu poulûn sâhen vil nâch ein mîle dez wazzer nider. der fürste sant' den rîter wider, der in gewîset hete dar: frou Jeschût' diu wol gevar was sîn gesinde, unt niemen mêr. der únlôse Artûs niht ze hêr was gegângen, dô er's âbents gaz, ûf einen plân. umb' in dâ saz diu werde massenîe. Orilús der valsches vrîe kom an den selben rinc geriten. sîn helm sîn schilt was sô versniten daz niemen dran kôs keiniu mâl: die slege frumte Parzivâl. 1525 1530 1535 1520 Vom orse stuont der küene man: frou Jeschûte enpfiengez sân. vil júnchêrrn dar nâher spranc: umb' in und sie was grôz gedranc. sie jâhn «wir sulen der orse pflegen.» Orilus der werde degen leit' schildes schirben ûfez gras. nâch ir, durch die er komen was, begunde er vrâgen al zehant. froun Cunnewâren de Lalánt zeigte man im, wâ diu saz. ir site man gein prîse maz. 1540 1545 1520 des, auf diesen Ritter. — 1523 vil nach gehört zu ein mîle, beinahe eine Meile das Wasser abwärts. — 1524 wider, zurück: zu dem übrigen Gesinde (1516. 1520). — 1527 gesinde, Gefolge, Dienerschaft: bestand nur aus Jeschuten. — 1528 genau derselbe Ausdruck, ebenfalls durch den Bei- satz niht ze hêr hervorgehoben, war von Parzival IV, 666 gebraucht. — 1529 gaz præt. von gezzen, gegessen hatte. — 1533 rinc, Kreis. — 1535 die Verzierungen auf Helm und Schild waren ganz unkenntlich geworden: doch bezieht sich mâl wohl vorzugsweise auf den Helm. — 1536 frumte, plusquampf. 1538 Jeschute nahm sein Pferd am Zaume: sie vertrat die Stelle eines Knappen; vgl. 1527. — 1539 vil ist Subject, junchêrrn ist Gen., daher Sing. des Verbums. — 1541 wir sulen, wir wollen; oder auch: es ist unsers Amtes. Sie finden es unschicklich, daf eine Frau das Pferd hält. — 1543 legte seinen zerhauenen Schild auf das Gras ; die andern Waffen aber behielt er, wiewohl es nicht üblich war, dafs man gewaffnet vor die Frauen trat. — 1544 durch die, um derentwillen. — 1548 ihr Benehmen erklärte man für preiswürdig; vgl. III, 869. —
292 FÜNFTES BUCH. 275 er bat daz volc des bîten. sie kômen Artûs sô nâhen, daz sie sîniu poulûn sâhen vil nâch ein mîle dez wazzer nider. der fürste sant' den rîter wider, der in gewîset hete dar: frou Jeschût' diu wol gevar was sîn gesinde, unt niemen mêr. der únlôse Artûs niht ze hêr was gegângen, dô er's âbents gaz, ûf einen plân. umb' in dâ saz diu werde massenîe. Orilús der valsches vrîe kom an den selben rinc geriten. sîn helm sîn schilt was sô versniten daz niemen dran kôs keiniu mâl: die slege frumte Parzivâl. 1525 1530 1535 1520 Vom orse stuont der küene man: frou Jeschûte enpfiengez sân. vil júnchêrrn dar nâher spranc: umb' in und sie was grôz gedranc. sie jâhn «wir sulen der orse pflegen.» Orilus der werde degen leit' schildes schirben ûfez gras. nâch ir, durch die er komen was, begunde er vrâgen al zehant. froun Cunnewâren de Lalánt zeigte man im, wâ diu saz. ir site man gein prîse maz. 1540 1545 1520 des, auf diesen Ritter. — 1523 vil nach gehört zu ein mîle, beinahe eine Meile das Wasser abwärts. — 1524 wider, zurück: zu dem übrigen Gesinde (1516. 1520). — 1527 gesinde, Gefolge, Dienerschaft: bestand nur aus Jeschuten. — 1528 genau derselbe Ausdruck, ebenfalls durch den Bei- satz niht ze hêr hervorgehoben, war von Parzival IV, 666 gebraucht. — 1529 gaz præt. von gezzen, gegessen hatte. — 1533 rinc, Kreis. — 1535 die Verzierungen auf Helm und Schild waren ganz unkenntlich geworden: doch bezieht sich mâl wohl vorzugsweise auf den Helm. — 1536 frumte, plusquampf. 1538 Jeschute nahm sein Pferd am Zaume: sie vertrat die Stelle eines Knappen; vgl. 1527. — 1539 vil ist Subject, junchêrrn ist Gen., daher Sing. des Verbums. — 1541 wir sulen, wir wollen; oder auch: es ist unsers Amtes. Sie finden es unschicklich, daf eine Frau das Pferd hält. — 1543 legte seinen zerhauenen Schild auf das Gras ; die andern Waffen aber behielt er, wiewohl es nicht üblich war, dafs man gewaffnet vor die Frauen trat. — 1544 durch die, um derentwillen. — 1548 ihr Benehmen erklärte man für preiswürdig; vgl. III, 869. —
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PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 293 gewâpent er sô nâhe gienc. künec únt diu künegîn in enpfienc: er dancte in, bôt fianze sân sîner swester wol getân. bî den tráchen úfem kursît erkant’ s' in wol, wan éin strît : sie sprach «du bist der bruoder mîn, Orilus od Lähelîn. ich nim iwer dewéders sicherheit. ir wârt mir bêde ie bereit ze dienste als ich iuch gebat: mir wære ûf den triuwen mat, solt’ ich gein iu kriegen und mîn sélber zuht betriegen.» 1550 1555 1560 276 Der fürste kniete vor der maget. er sprach « du hâst al wâr gesaget: ich pin'z din bruoder Orilus. der rôte rîter twanc mich sus daz ich dir sicherheit muoz geben: dâ mit erkoufte ich dô mîn leben. die enphâch: sô wirt hie gar getân als ich gein ime gelobet hân.» do enpfienc sie triuwe in wize hant von ime der truoc den sérpánt, unt liez in ledec. dô daz geschach, dô stuont er ûf unde sprach 1565 1570 1549 so náhe gienc, trat ganz nahe heran. — 1550 wie sonst das Pron. possess. von dem zweiten der durch und verbundenen Substant. zu dem ersten bezogen werden mußs, so hier der Artikel. Vgl. Germania XIV, 429; zu Hartmann's Gregor 1330. — 1552 daßs Cunneware seine Schwester war, haben wir schon III, 1096 erfahren. — 1553 bí, an. — 1554 wan elliptisch: wäre nicht gewesen. — strît, Zweifel: ausgenommen daf sie in éinem Punkte zweifelhaft war, welcher von ihren beiden Brüdern es sei. — 1555 von keinem von euch beiden nehme ich das Unterthänigkeitsgelübde an. — 1559 als, sobald, wann. — 1560 ûf, in Beziehung auf: meine Treue, die ich euch schuldig bin, wäre verloren, vernichtet. — 1560 mat, vgl. II, 1690. — 1561 kriegen swv., sich feindselig zeigen. — 1562 ich würde falsch handeln an der guten Erziehung, die ich genossen habe. 1565 éz, für uns wiederum pleonastisch. — 1566 sus, den folgenden Satz andeutend: zwang mich zu dieser Lage. — 1569 enphâch imp. von enphâhen, empfangen. — sô, dann: wenn du das thust, dann erfülle ich mein Gelübde vollständig. — 1571 triuwe stf., Versprechen, Gelübde: hier das Versprechen der Unterthänigkeit. — 1572 serpant stm., franz. serpent, serpant, Schlange, Drache : Umschreibung für Orilus wegen seines Wappen- thieres. — 1573 sie sprach ihn los: bis zu dem Augenblicke war er ihr Gefangener, über den sie nach Belieben schalten konnte. — geschach, ge- — schehen war.
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 293 gewâpent er sô nâhe gienc. künec únt diu künegîn in enpfienc: er dancte in, bôt fianze sân sîner swester wol getân. bî den tráchen úfem kursît erkant’ s' in wol, wan éin strît : sie sprach «du bist der bruoder mîn, Orilus od Lähelîn. ich nim iwer dewéders sicherheit. ir wârt mir bêde ie bereit ze dienste als ich iuch gebat: mir wære ûf den triuwen mat, solt’ ich gein iu kriegen und mîn sélber zuht betriegen.» 1550 1555 1560 276 Der fürste kniete vor der maget. er sprach « du hâst al wâr gesaget: ich pin'z din bruoder Orilus. der rôte rîter twanc mich sus daz ich dir sicherheit muoz geben: dâ mit erkoufte ich dô mîn leben. die enphâch: sô wirt hie gar getân als ich gein ime gelobet hân.» do enpfienc sie triuwe in wize hant von ime der truoc den sérpánt, unt liez in ledec. dô daz geschach, dô stuont er ûf unde sprach 1565 1570 1549 so náhe gienc, trat ganz nahe heran. — 1550 wie sonst das Pron. possess. von dem zweiten der durch und verbundenen Substant. zu dem ersten bezogen werden mußs, so hier der Artikel. Vgl. Germania XIV, 429; zu Hartmann's Gregor 1330. — 1552 daßs Cunneware seine Schwester war, haben wir schon III, 1096 erfahren. — 1553 bí, an. — 1554 wan elliptisch: wäre nicht gewesen. — strît, Zweifel: ausgenommen daf sie in éinem Punkte zweifelhaft war, welcher von ihren beiden Brüdern es sei. — 1555 von keinem von euch beiden nehme ich das Unterthänigkeitsgelübde an. — 1559 als, sobald, wann. — 1560 ûf, in Beziehung auf: meine Treue, die ich euch schuldig bin, wäre verloren, vernichtet. — 1560 mat, vgl. II, 1690. — 1561 kriegen swv., sich feindselig zeigen. — 1562 ich würde falsch handeln an der guten Erziehung, die ich genossen habe. 1565 éz, für uns wiederum pleonastisch. — 1566 sus, den folgenden Satz andeutend: zwang mich zu dieser Lage. — 1569 enphâch imp. von enphâhen, empfangen. — sô, dann: wenn du das thust, dann erfülle ich mein Gelübde vollständig. — 1571 triuwe stf., Versprechen, Gelübde: hier das Versprechen der Unterthänigkeit. — 1572 serpant stm., franz. serpent, serpant, Schlange, Drache : Umschreibung für Orilus wegen seines Wappen- thieres. — 1573 sie sprach ihn los: bis zu dem Augenblicke war er ihr Gefangener, über den sie nach Belieben schalten konnte. — geschach, ge- — schehen war.
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294 FÜNFTES BUCH. «ich sol und muoz durch triuwe klagen. ouwê wer hât dich geslagen? dîn’ slege tuont mir niemer wol: wirt's zît daz ich die rechen sol, ich ginre den, swer’z ruochet sehen, daz mir grôz leit ist dran geschehen. ouch hilft mir’z klagen der küenste man den muoter ie zer werlt gewan: der nennet sich der rîter rôt. hêr künec, frou künegîn, er enbôt iu beiden samet dienest sîn, dar zuo benamen der swester mîn. er bitet sîn dienst iuch letzen, dise maget ir slege ergetzen. och hete ich's dô genozzen gein dem hélde unverdrozzen, wesser wie sie mich bestêt und mir ir leit ze herzen gêt.» 1580 1585 1590 1575 277 Keie erwarp dô niuwen haz von rîtern und frouwen, swer dâ saz ame stade bi dem Plimizoel. Gâwân und Jofreit fiz Idoel, unt des nôt ir habet gehoeret ê, der gevángene künec Clâmidè, und anders manec werder man (ir namen ich wol genennen kan, wan daz ih'z niht wil lengen), 1595 1600 1575 durch triuwe, weil ich es gut mit dir meine. — 1576 daß sie geschla- gen worden, hatte Parzival ihm gesagt (V, 1307), aber nicht den Namen, den er selbst nicht wusste. — 1578 wenn der rechte Moment dazu da ist. — 1579 ginren = geinren swv., inne bringen, merken lassen. Wenn jemand es mit ansehen will. — 1581 auch beklagt es zugleich mit mir: Parzival ist gemeint. — 1583 der rîter nom. (manche Hss. setzen den Acc.); vgl. — 1585 samet adv., zusammen. — dienest sîn, vgl. V, 1314. — I, 381. 1587. 1588 wörtliche Bestellung der Botschaft; V, 1315. 1316. Darin steht Wolfram dem episch einfachen Stile näher als die andern höfischen Dich- ter. — 1589 auch würde ich damals (im Kampfe mit ihm) Nutzen davon gehabt haben, es würde mir zu Gute gekommen sein. — 1590 unverdrozzen unermüdet. — 1591 wesser, hätte er gewusst. — bestên stv. mit acc., an- gehören, angehen : in wie naher Beziehung zu mir sie steht. 1593 der Unwille der Ritter und Frauen über Keie's Benehmen er- neuerte sich. — 1596 Jofreit fîz Idœl ist wahrscheinlich aus Gifles li fiuz Do (Crestien 6099 P.) entstanden. — 1597 auf Clamide zu beziehen. Von seiner Besiegung durch Parzival und seiner Reise an Artus' Hof hatte das vierte Buch berichtet. — 1601 wan daz — niht, nur dafs — nicht. — lengen swv., in die Länge ziehen; ez, allgemeines Object: die Sache, die Er- zählung. —
294 FÜNFTES BUCH. «ich sol und muoz durch triuwe klagen. ouwê wer hât dich geslagen? dîn’ slege tuont mir niemer wol: wirt's zît daz ich die rechen sol, ich ginre den, swer’z ruochet sehen, daz mir grôz leit ist dran geschehen. ouch hilft mir’z klagen der küenste man den muoter ie zer werlt gewan: der nennet sich der rîter rôt. hêr künec, frou künegîn, er enbôt iu beiden samet dienest sîn, dar zuo benamen der swester mîn. er bitet sîn dienst iuch letzen, dise maget ir slege ergetzen. och hete ich's dô genozzen gein dem hélde unverdrozzen, wesser wie sie mich bestêt und mir ir leit ze herzen gêt.» 1580 1585 1590 1575 277 Keie erwarp dô niuwen haz von rîtern und frouwen, swer dâ saz ame stade bi dem Plimizoel. Gâwân und Jofreit fiz Idoel, unt des nôt ir habet gehoeret ê, der gevángene künec Clâmidè, und anders manec werder man (ir namen ich wol genennen kan, wan daz ih'z niht wil lengen), 1595 1600 1575 durch triuwe, weil ich es gut mit dir meine. — 1576 daß sie geschla- gen worden, hatte Parzival ihm gesagt (V, 1307), aber nicht den Namen, den er selbst nicht wusste. — 1578 wenn der rechte Moment dazu da ist. — 1579 ginren = geinren swv., inne bringen, merken lassen. Wenn jemand es mit ansehen will. — 1581 auch beklagt es zugleich mit mir: Parzival ist gemeint. — 1583 der rîter nom. (manche Hss. setzen den Acc.); vgl. — 1585 samet adv., zusammen. — dienest sîn, vgl. V, 1314. — I, 381. 1587. 1588 wörtliche Bestellung der Botschaft; V, 1315. 1316. Darin steht Wolfram dem episch einfachen Stile näher als die andern höfischen Dich- ter. — 1589 auch würde ich damals (im Kampfe mit ihm) Nutzen davon gehabt haben, es würde mir zu Gute gekommen sein. — 1590 unverdrozzen unermüdet. — 1591 wesser, hätte er gewusst. — bestên stv. mit acc., an- gehören, angehen : in wie naher Beziehung zu mir sie steht. 1593 der Unwille der Ritter und Frauen über Keie's Benehmen er- neuerte sich. — 1596 Jofreit fîz Idœl ist wahrscheinlich aus Gifles li fiuz Do (Crestien 6099 P.) entstanden. — 1597 auf Clamide zu beziehen. Von seiner Besiegung durch Parzival und seiner Reise an Artus' Hof hatte das vierte Buch berichtet. — 1601 wan daz — niht, nur dafs — nicht. — lengen swv., in die Länge ziehen; ez, allgemeines Object: die Sache, die Er- zählung. —
Strana 295
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 295 278 die begúnden sich dô mengen. ir dienst mit zühten wart gedolt. frou Jeschûte wart geholt ûf ir pfärde, aldâ sie saz. der künec Artûs niht vergaz, und ouch diu künegîn sin wip, si enpfiengén Jeschûten lip. von frouwen dâ manc kus geschach. Artůs ze Jeschúten sprach «iwern váter, den künec von Karnant, Lacken, hân ich des erkant, daz ich iuwern kumber klagte sît man mir’n zem êrsten sagte. ouch sît ir selb' sô wol getân, es solt’ iuch friwent erlâzen hân. wand’ iuwer minneclicher blic behielt den prîs ze Kanadic: durch iuwer schone mære bleib iu der sparware, iuwer hant er dannen reit. swie mir von Oriluse leit geschæhe, i'n gunde iu trûrens niht, noch engetuon swa'z geschiht. mir'st liep daz ir die hulde hât, unt daz ir frouwenliche wât traget nâch iuwer grôzen nôt.» [si sprach] «hêrre, daz vergelt' iu got: dar an ir hohet iuwern pris. » Jeschûten unt ir âmîs 1605 1610 1615 1620 1625 1630 1602 mengen swv., einmischen: sie drängten sich heran. — 1603 wart ge- dolt, ließ man sich gefallen. — 1604 Jeschute war inzwischen auf dem Pferde sitzen geblieben und hielt Orilus' Pferd am Zügel; vgl. 1538. — 1608 si enpfiengen ist conj., abhängig von niht vergaz: sie unterließen, ver- gaßen nicht zu empfangen; genauer wäre sine enpfiengen, daf sie nicht empfangen hätten. — 1611 König Lac ist der Vater Erec's und Jeschutens; vgl. III, 542. — 1612 des erkant, in solcher Weise, als einen solchen ken- nen gelernt; vgl. VI, 173; VII, 813. — 1613 ich schätze euern Vater so, daß mir auch euer Kummer, schon weil ihr seine Tochter seid, leid war. — 1614 zem êrsten, zuerst: vom ersten Augenblicke an, wo ich davon er- fuhr. — 1616 es, dessen, solches Kummers. — friwent, euer Geliebter. — 1617 euer lieblicher Glanz = Schönheit. — 1618 auf dies Abenteuer war schon III, 577 angespielt. — 1619 mare ist adj., herrlich, gefeiert. — 1621 iuwer hant ist acc., auf eurer Hand; vgl. V, 1321. — 1623 geschœhe, geschehen ist: der Conj. nach swie. — gunde, möchte gönnen. — 1624 enge- tuon vertritt das vorhergehende Verbum = engan, noch werde ich es gön- nen. — 1626 frouwenlich adj., einer Frau von edler Abkunft geziemend. — 1628 si sprach, vgl. zu V, 783. — 1629 dar an, dadurch. —
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 295 278 die begúnden sich dô mengen. ir dienst mit zühten wart gedolt. frou Jeschûte wart geholt ûf ir pfärde, aldâ sie saz. der künec Artûs niht vergaz, und ouch diu künegîn sin wip, si enpfiengén Jeschûten lip. von frouwen dâ manc kus geschach. Artůs ze Jeschúten sprach «iwern váter, den künec von Karnant, Lacken, hân ich des erkant, daz ich iuwern kumber klagte sît man mir’n zem êrsten sagte. ouch sît ir selb' sô wol getân, es solt’ iuch friwent erlâzen hân. wand’ iuwer minneclicher blic behielt den prîs ze Kanadic: durch iuwer schone mære bleib iu der sparware, iuwer hant er dannen reit. swie mir von Oriluse leit geschæhe, i'n gunde iu trûrens niht, noch engetuon swa'z geschiht. mir'st liep daz ir die hulde hât, unt daz ir frouwenliche wât traget nâch iuwer grôzen nôt.» [si sprach] «hêrre, daz vergelt' iu got: dar an ir hohet iuwern pris. » Jeschûten unt ir âmîs 1605 1610 1615 1620 1625 1630 1602 mengen swv., einmischen: sie drängten sich heran. — 1603 wart ge- dolt, ließ man sich gefallen. — 1604 Jeschute war inzwischen auf dem Pferde sitzen geblieben und hielt Orilus' Pferd am Zügel; vgl. 1538. — 1608 si enpfiengen ist conj., abhängig von niht vergaz: sie unterließen, ver- gaßen nicht zu empfangen; genauer wäre sine enpfiengen, daf sie nicht empfangen hätten. — 1611 König Lac ist der Vater Erec's und Jeschutens; vgl. III, 542. — 1612 des erkant, in solcher Weise, als einen solchen ken- nen gelernt; vgl. VI, 173; VII, 813. — 1613 ich schätze euern Vater so, daß mir auch euer Kummer, schon weil ihr seine Tochter seid, leid war. — 1614 zem êrsten, zuerst: vom ersten Augenblicke an, wo ich davon er- fuhr. — 1616 es, dessen, solches Kummers. — friwent, euer Geliebter. — 1617 euer lieblicher Glanz = Schönheit. — 1618 auf dies Abenteuer war schon III, 577 angespielt. — 1619 mare ist adj., herrlich, gefeiert. — 1621 iuwer hant ist acc., auf eurer Hand; vgl. V, 1321. — 1623 geschœhe, geschehen ist: der Conj. nach swie. — gunde, möchte gönnen. — 1624 enge- tuon vertritt das vorhergehende Verbum = engan, noch werde ich es gön- nen. — 1626 frouwenlich adj., einer Frau von edler Abkunft geziemend. — 1628 si sprach, vgl. zu V, 783. — 1629 dar an, dadurch. —
Strana 296
296 FüNFTES BUCH. 279 frou Cunnewâre de Lalánt dannen fúorté zehant. einhalp ane’s küneges rinc über eins prunnen úrsprínc stuont ir poulûn ûf dem plân, als obene ein trache in sinen klân het's ganzen apfels halben teil. den trachen zugen fier wintseil, reht' alser lébendéc dâ flüge unt'z poulûn gein den lüften züge. dâ bi erkandez Orilus: wan sîniu wâpen wâren sus. er wart entwâpent drunde. sin süeziu swester kunde im bieten êre unt gemach. über ál diu mässenîe sprach, des rôten rîters ellen næem' den prîs z'eime gesellen. Des jâhen se âne runen. Kei bat Kingrûnen Orilus dienn an sîner stat. er kundez wol, den er's dâ bat: wander hetes vil getân vor Clâmidê ze Brandigân. Kei durch daz sîn dienest liez: unsalde in’s fürsten swester hiez ze sêre âlûnn mit eime stabe: durch zuht entweich er dienes abe. ouch was diu schulde niht verkoren 1635 1640 1645 1650 1655 1633 einhalp adv., auf der einen Seite. — ane’s = ane des. — 1634 ursprinc stm., Hervorsprieſsen, -sprudeln: auf der Stelle, wo ein Quell hervor- sprudelte. — 1636 als, gebildet wie, anzusehen wie wenn. Auf der Spitze des Zeltes war ein halber Apfel, den ein Drache, das Wappen der Familie. in den Klauen hielt. — 1638 wintseil stn., Seil, womit das Zelt befestigt wird; bei dem ersten Theile ist nicht an wint, sondern an winden zu den- ken. — 1639 vgl. zu V, 1147. — 1641 da bi, daran: an dem Drachen. — 1644 kunde, verstand sich darauf. — 1646 über al, sämmtlich. — 1648 sei mit dem Ruhme eng verbunden, wie ein geselle mit dem andern. 1649 ane rûnen, nicht heimlich, sondern ganz laut und öffentlich. — 1650 Kingrûnen, weil auch dieser Seneschall war, bei Clamide. Nach dem Vorgegangenen scheute er sich hier den ihm zukommenden Dienst zu thun ; vgl. 1658. — 1651 an sîner stat, anstatt seiner. — 1655 durch daz, aus fol- gendem Grunde. — 1656 unsœlde stf., Unheil: sein Unstern. — 1657 âlûnn = âlûnen, vgl. II. 490. — 1658 entweich præt. von entwîchen stv., entweichen, sich entziehen, hier noch mit abe: aus Anstand, Wohlerzogenheit entzog er sich in diesem Falle dem Dienste. —
296 FüNFTES BUCH. 279 frou Cunnewâre de Lalánt dannen fúorté zehant. einhalp ane’s küneges rinc über eins prunnen úrsprínc stuont ir poulûn ûf dem plân, als obene ein trache in sinen klân het's ganzen apfels halben teil. den trachen zugen fier wintseil, reht' alser lébendéc dâ flüge unt'z poulûn gein den lüften züge. dâ bi erkandez Orilus: wan sîniu wâpen wâren sus. er wart entwâpent drunde. sin süeziu swester kunde im bieten êre unt gemach. über ál diu mässenîe sprach, des rôten rîters ellen næem' den prîs z'eime gesellen. Des jâhen se âne runen. Kei bat Kingrûnen Orilus dienn an sîner stat. er kundez wol, den er's dâ bat: wander hetes vil getân vor Clâmidê ze Brandigân. Kei durch daz sîn dienest liez: unsalde in’s fürsten swester hiez ze sêre âlûnn mit eime stabe: durch zuht entweich er dienes abe. ouch was diu schulde niht verkoren 1635 1640 1645 1650 1655 1633 einhalp adv., auf der einen Seite. — ane’s = ane des. — 1634 ursprinc stm., Hervorsprieſsen, -sprudeln: auf der Stelle, wo ein Quell hervor- sprudelte. — 1636 als, gebildet wie, anzusehen wie wenn. Auf der Spitze des Zeltes war ein halber Apfel, den ein Drache, das Wappen der Familie. in den Klauen hielt. — 1638 wintseil stn., Seil, womit das Zelt befestigt wird; bei dem ersten Theile ist nicht an wint, sondern an winden zu den- ken. — 1639 vgl. zu V, 1147. — 1641 da bi, daran: an dem Drachen. — 1644 kunde, verstand sich darauf. — 1646 über al, sämmtlich. — 1648 sei mit dem Ruhme eng verbunden, wie ein geselle mit dem andern. 1649 ane rûnen, nicht heimlich, sondern ganz laut und öffentlich. — 1650 Kingrûnen, weil auch dieser Seneschall war, bei Clamide. Nach dem Vorgegangenen scheute er sich hier den ihm zukommenden Dienst zu thun ; vgl. 1658. — 1651 an sîner stat, anstatt seiner. — 1655 durch daz, aus fol- gendem Grunde. — 1656 unsœlde stf., Unheil: sein Unstern. — 1657 âlûnn = âlûnen, vgl. II. 490. — 1658 entweich præt. von entwîchen stv., entweichen, sich entziehen, hier noch mit abe: aus Anstand, Wohlerzogenheit entzog er sich in diesem Falle dem Dienste. —
Strana 297
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 297 1660 von der megede wol geboren. doch schuof er spîse dar genuoc: Kingrûn'z für Orilusen truoc. Cunnewâr’ diu lobes wise sneit ir bruoder sîne spîse mit ir blanken linden hant. frou Jeschůte von Karnânt mit wîplîchen zühten az. Artûs der künec niht vergaz, er'n kome dâ diu zwei sâzen unde friwentlichen âzen. dô sprach er «gezt ir übele hie, ez enwart iedoch mîn wille nie. ir’n gesâzt nie über wirtes brôt, der'z iu mit bezzerem willen bôt sô gar ân' wankes vâre. mîn frou Cunnewâre, ir sult iurs bruoder hie wol pflegen. guote náht geb' iu der gotes segen.» Artüs fuor slâfen dô. Orilúse wart gebettet sô daz sin frou Jeschûte pflac geselleclîch unz an den tac. 1665 1670 1675 1680 1661 schuof, besorgte. — dar, dahin: in das Zelt. — genuoc, reichlich. — 1664 bruoder ist dat. — 1668 vergaf nicht zu kommen. — 1669 diu zwei, Orilus und Jeschute : das Neutr. steht, weil es sich auf Personen verschie- denen Geschlechts bezieht; vgl. IV, 253. — 1670 friwentlîchen adv., in Liebe. — 1671 wenn ihr schlecht bewirthet werdet. — 1673 brôt ist acc.: ihr setztet euch nie an eines Wirthes Tisch. — 1675 so gänzlich ohne un- treuen Hintergedanken, in so lauterm Wohlwollen. — 1676 min frou = franz. madame, ehrende Anrede an Frauen höherer Stände, verheirathete und unverheirathete, wie mîn hêr von Männern.
PARZIVAL KOMMT ZUM GRAL. 297 1660 von der megede wol geboren. doch schuof er spîse dar genuoc: Kingrûn'z für Orilusen truoc. Cunnewâr’ diu lobes wise sneit ir bruoder sîne spîse mit ir blanken linden hant. frou Jeschůte von Karnânt mit wîplîchen zühten az. Artûs der künec niht vergaz, er'n kome dâ diu zwei sâzen unde friwentlichen âzen. dô sprach er «gezt ir übele hie, ez enwart iedoch mîn wille nie. ir’n gesâzt nie über wirtes brôt, der'z iu mit bezzerem willen bôt sô gar ân' wankes vâre. mîn frou Cunnewâre, ir sult iurs bruoder hie wol pflegen. guote náht geb' iu der gotes segen.» Artüs fuor slâfen dô. Orilúse wart gebettet sô daz sin frou Jeschûte pflac geselleclîch unz an den tac. 1665 1670 1675 1680 1661 schuof, besorgte. — dar, dahin: in das Zelt. — genuoc, reichlich. — 1664 bruoder ist dat. — 1668 vergaf nicht zu kommen. — 1669 diu zwei, Orilus und Jeschute : das Neutr. steht, weil es sich auf Personen verschie- denen Geschlechts bezieht; vgl. IV, 253. — 1670 friwentlîchen adv., in Liebe. — 1671 wenn ihr schlecht bewirthet werdet. — 1673 brôt ist acc.: ihr setztet euch nie an eines Wirthes Tisch. — 1675 so gänzlich ohne un- treuen Hintergedanken, in so lauterm Wohlwollen. — 1676 min frou = franz. madame, ehrende Anrede an Frauen höherer Stände, verheirathete und unverheirathete, wie mîn hêr von Männern.
Strana 298
SECHSTES BUCH. PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. Artus war von Karidœel aufgebrochen, um den rothen Ritter zu suchen und ihn in die Tafelrunde aufzunehmen. Munsalvæsche nahe vermuthend, lässt er seine Ritter geloben, ohne seine Erlaubniss nicht zu streiten. Parzival kommt in die Nähe seines Lagers, als gerade Schnee gefallen. Artus' Falkner haben einen Falken verloren, der eine Gans verwundet, dafs ihr Blut auf den Schnee träuft. Der Anblick der drei Blutstropfen und des Schnees mahnt Parzival an Condwiramurs und er versinkt in Sinnen. So sieht ihn ein Knappe, der es im Lager meldet. Segramors erbittet sich Erlaubniss, mit dem Ritter tjostieren zu dürfen, wird aber von dem noch immer in Sinnen verlorenen Parzival abge- worfen. Nicht besser geht es Keie, der einen Arm und ein Bein einbüsst. Nun begibt sich ohne Waffen Gawan hinaus; er erkennt, daßs Parzival's Zustand die Minne verursacht, bedeckt den Schnee und das Blut mit einem Tuche, sodaſs Parzival zum Bewusstsein kommt und nun erfährt, was er unbewusst gethan, auch daßs Cunnewarens Schmach durch Keiens Ver- wundung gerächt ist. Er begibt sich mit Gawan zu Artus, der ihn in die Tafelrunde aufnimmt : ein rundes Tuch vertritt die Stelle der in Nantes zurückgelassenen Rundtafel. Mitten in der Freude erscheint, vom Grale kommend, Cundrie la Sorziere, verflucht Parzival (dessen Abkunft hier zuerst bekannt wird), weil er die Frage nicht gethan habe, erklärt die Tafelrunde durch seine Genossenschaft für entehrt und reitet fort, nach- dem sie vorher noch zur Befreiung der vier auf Schastelmarveile gefangenen Königinnen aufgefordert. Gleich darauf erscheint Kingrimursel und for- dert Gawan, als Mörder seines Herrn Kingrisin, zum Zweikampf nach vierzig Tagen auf Schanpfanzun, vor den König Vergulaht von Ascalun. Clamide erbittet Parzival's Fürsprache bei Cunneware und wird mit ihr verlobt. Durch die heidnische Königin Ekuba erfährt Parzival von seinem Bruder Feirefiz. Er scheidet aus der Tafelrunde, deren er sich unwürdig dünkt, und zieht an Gott verzweifelnd von dannen, den Gral zu suchen. Gawan rüstet sich ebenfalls zur Fahrt nach Schanpfanzun. Ekuba fährt heim, Artus noch Caridœel, Orilus und Jeschute gehen mit nach Brandi- gan, um Clamide's Hochzeit beizuwohnen. 280 Welt ir nu hoern wie Artůs von Karidoel úz sîme hůs und ouch von sîme lande schiet, als im diu massenîe riet? 2 Karidœl, Stadt in Bretagne, der gewöhnliche Sitz Artus'. Crestien hat hier Carlion (V. 5381), sonst lautet der Name meist Cariduel, Carduel. —
SECHSTES BUCH. PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. Artus war von Karidœel aufgebrochen, um den rothen Ritter zu suchen und ihn in die Tafelrunde aufzunehmen. Munsalvæsche nahe vermuthend, lässt er seine Ritter geloben, ohne seine Erlaubniss nicht zu streiten. Parzival kommt in die Nähe seines Lagers, als gerade Schnee gefallen. Artus' Falkner haben einen Falken verloren, der eine Gans verwundet, dafs ihr Blut auf den Schnee träuft. Der Anblick der drei Blutstropfen und des Schnees mahnt Parzival an Condwiramurs und er versinkt in Sinnen. So sieht ihn ein Knappe, der es im Lager meldet. Segramors erbittet sich Erlaubniss, mit dem Ritter tjostieren zu dürfen, wird aber von dem noch immer in Sinnen verlorenen Parzival abge- worfen. Nicht besser geht es Keie, der einen Arm und ein Bein einbüsst. Nun begibt sich ohne Waffen Gawan hinaus; er erkennt, daßs Parzival's Zustand die Minne verursacht, bedeckt den Schnee und das Blut mit einem Tuche, sodaſs Parzival zum Bewusstsein kommt und nun erfährt, was er unbewusst gethan, auch daßs Cunnewarens Schmach durch Keiens Ver- wundung gerächt ist. Er begibt sich mit Gawan zu Artus, der ihn in die Tafelrunde aufnimmt : ein rundes Tuch vertritt die Stelle der in Nantes zurückgelassenen Rundtafel. Mitten in der Freude erscheint, vom Grale kommend, Cundrie la Sorziere, verflucht Parzival (dessen Abkunft hier zuerst bekannt wird), weil er die Frage nicht gethan habe, erklärt die Tafelrunde durch seine Genossenschaft für entehrt und reitet fort, nach- dem sie vorher noch zur Befreiung der vier auf Schastelmarveile gefangenen Königinnen aufgefordert. Gleich darauf erscheint Kingrimursel und for- dert Gawan, als Mörder seines Herrn Kingrisin, zum Zweikampf nach vierzig Tagen auf Schanpfanzun, vor den König Vergulaht von Ascalun. Clamide erbittet Parzival's Fürsprache bei Cunneware und wird mit ihr verlobt. Durch die heidnische Königin Ekuba erfährt Parzival von seinem Bruder Feirefiz. Er scheidet aus der Tafelrunde, deren er sich unwürdig dünkt, und zieht an Gott verzweifelnd von dannen, den Gral zu suchen. Gawan rüstet sich ebenfalls zur Fahrt nach Schanpfanzun. Ekuba fährt heim, Artus noch Caridœel, Orilus und Jeschute gehen mit nach Brandi- gan, um Clamide's Hochzeit beizuwohnen. 280 Welt ir nu hoern wie Artůs von Karidoel úz sîme hůs und ouch von sîme lande schiet, als im diu massenîe riet? 2 Karidœl, Stadt in Bretagne, der gewöhnliche Sitz Artus'. Crestien hat hier Carlion (V. 5381), sonst lautet der Name meist Cariduel, Carduel. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 299 281 sus reit er mit den werden sîns lands und anderr erden, diz mære giht, den ahten tac sô dáz er súochénnes pflac den der sich der rîter rôt nande und ime solh êre bôt daz er in schiet von kumber grôz, do er den künec Ithèren schôz und Clâmidên und Kingrûn ouch sande gein den Britûn in sînen hof besunder. über die tafelrunder wolt’ er in durch gesellekeit laden. durch daz er nâch im reit, alsô bescheidenliche: beide arme und rîche, die schildes ambet ane want, lobten Artüses hant, swâ sie sæhen rîterschaft, daz sie durch ir gelübede kraft decheine tjost entæten, ez enwære op sie in bæten daz er se lieze strîten. er jach «wir müezen rîten in manec lant, daz rîters tât uns wol ze gegenstrîte hât: ûf gerihtiu sper wir müezen sehen. welt ir dan für ein ander schehen, als vreche rüden, den meisters hant abe stróufét ir bant, 10 15 20 25 30 5 5 mit den ausgezeichnetsten Rittern. — 8 pflegte des Suchens, das Suchen betrieb; aber das substant. suochen behält seine Verbalrection; vgl. zu V, 405. — 11 ihn von grofsem Kummer befreite. — 14 gein, nach — hin, zu. — Britůn dat. pl. = Britûnen. — 15 besunder, jeden einzeln. — 16 über: in dem Sinne wie die Præp. V, 1673 gebraucht war: wollte ihn einladen, sich an die Tafelrunde zu setzen. — 17 um ihr geselle zu werden, an ihr Theil zu nehmen. — 18 durch daz, deswegen. — 19 bescheidenlîche adv. zu beschei- den im Sinne von festsetzen; mit solcher Festsetzung, Bestimmung; mit Beziehung auf das Folgende. — 21 ane winden stv., angehören: die Ritter waren. — 22 lobten, gelobten; hant ist dat. — 23 wo sich Gelegenheit zum Kampfe böte. — 24 gelübede stf., das Gelübde: durch den Einflußs, die Ge- walt, kraft ihres Gelübdes. — 26 es wäre denn. — in, Artus. — 30 wohl hat um uns im Streite Stand zu halten. — 31 müezen, die Möglichkeit haben, mögen: sehen wir möglichenfalls. — 32 für ein ander, der eine vor den andern. — schehen swv., hinfahren; vgl. II, 311. — 33 rüde swm., großer Hund, hauptsächlich zum Hetzen. — meister stm., Aufseher, Lenker. — 34 stroufen, streifen. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 299 281 sus reit er mit den werden sîns lands und anderr erden, diz mære giht, den ahten tac sô dáz er súochénnes pflac den der sich der rîter rôt nande und ime solh êre bôt daz er in schiet von kumber grôz, do er den künec Ithèren schôz und Clâmidên und Kingrûn ouch sande gein den Britûn in sînen hof besunder. über die tafelrunder wolt’ er in durch gesellekeit laden. durch daz er nâch im reit, alsô bescheidenliche: beide arme und rîche, die schildes ambet ane want, lobten Artüses hant, swâ sie sæhen rîterschaft, daz sie durch ir gelübede kraft decheine tjost entæten, ez enwære op sie in bæten daz er se lieze strîten. er jach «wir müezen rîten in manec lant, daz rîters tât uns wol ze gegenstrîte hât: ûf gerihtiu sper wir müezen sehen. welt ir dan für ein ander schehen, als vreche rüden, den meisters hant abe stróufét ir bant, 10 15 20 25 30 5 5 mit den ausgezeichnetsten Rittern. — 8 pflegte des Suchens, das Suchen betrieb; aber das substant. suochen behält seine Verbalrection; vgl. zu V, 405. — 11 ihn von grofsem Kummer befreite. — 14 gein, nach — hin, zu. — Britůn dat. pl. = Britûnen. — 15 besunder, jeden einzeln. — 16 über: in dem Sinne wie die Præp. V, 1673 gebraucht war: wollte ihn einladen, sich an die Tafelrunde zu setzen. — 17 um ihr geselle zu werden, an ihr Theil zu nehmen. — 18 durch daz, deswegen. — 19 bescheidenlîche adv. zu beschei- den im Sinne von festsetzen; mit solcher Festsetzung, Bestimmung; mit Beziehung auf das Folgende. — 21 ane winden stv., angehören: die Ritter waren. — 22 lobten, gelobten; hant ist dat. — 23 wo sich Gelegenheit zum Kampfe böte. — 24 gelübede stf., das Gelübde: durch den Einflußs, die Ge- walt, kraft ihres Gelübdes. — 26 es wäre denn. — in, Artus. — 30 wohl hat um uns im Streite Stand zu halten. — 31 müezen, die Möglichkeit haben, mögen: sehen wir möglichenfalls. — 32 für ein ander, der eine vor den andern. — schehen swv., hinfahren; vgl. II, 311. — 33 rüde swm., großer Hund, hauptsächlich zum Hetzen. — meister stm., Aufseher, Lenker. — 34 stroufen, streifen. —
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300 SECHSTES BUCH. dar zuo hân ich niht willen: ich sol den schal gestillen. ich hilf’ iu swa's niht rât mac sin : des wartet an daz ellen mîn.» 35 Dise gelübede habet ir wol vernomen. welt ir nu hoeren war si komen Parzivâl der Wâleis? von snêwe was ein niuwe leis des nahtes vaste ûf in gesnît. ez enwás iedoch niht snêwes zît, ist ez als ich'z vernomen hân. Artüs der meienbæere man, swaz man ie von dem gesprach, z'einen pfinxten daz geschach, odr in des meien bluomenzît. waz man im süezes luftes git! diz maere ist hie vast' undersniten, ez párriert sich mit snêwes siten. sine valkenær von Karidoel riten's âbénts zem Plimizoel durch peizen, dâ sie schaden kuren. ir besten valken sie verluren: der gâhte von in balde und stuont die naht ze walde. von überkrüphe daz geschach daz ime was von dem luoder gâch. 45 50 55 40 60 35 das mag ich nicht. — 36 gestillen swv., still machen ; ich sol, ich werde, will. — 37 wenn es nicht anders sein kann, es nicht umgangen werden kann, werde ich euch schon beispringen. — 38 in Beziehung darauf rech- net auf meinen Muth, meine Entschlossenheit. 42 snêwe dat. sing. von sné stm., Schnee. — niuwe, frische: es hatte frisch geschneit. — 45 wenn die Erzählungen Wahres berichten : es bezieht sich dies nicht auf die Aussage seiner Quelle, sondern darauf, dafs in allen Artusromanen die Handlung fast immer um die Pfingstzeit sich zuträgt oder wenigstens beginnt. — 46 meienbœre adj., maibar, mailich, dem Mai entsprechend: weil er immer in Verbindung mit dem Mai erscheint. Der Nom. steht außer der Construction und wird durch dem aufgenommen.— 48 pfinxten dat. pl., Pfingsten: immer an einem Pfingstfeste. — 49 meie swm., Mai; die schwache Form ist nhd. nur poetisch. — 50 im, Artus : wie viel liebliche Luft gibt man ihm : in den Dichtungen lässt man ihn nichts als süßle Mailuft athmen. — 51 undersnîden stv., Gewand aus verschiedenen Stoffen zusammensetzen : diese ewige Mainatur ist in dieser Erzählung ein- mal unterbrochen, mit winterlicher Natur vermischt. — 52 er verbindet sich (I, 4) mit der Natur des Schnees. — 53 valkenar stm., Falkner. — 54 riten, waren geritten. — 55 peizen = beizen swv., beizen, Vögel mit Falken jagen. — kuren præet. pl. von kiesen stv., gewahr werden. — 57 balde, eilig. — 58 blieb im Walde. — 59 überkrüphe, vgl. zu IV, 662. — 60 luoder stn., Lockspeise: daſs er von der Lockspeise forteilte. —
300 SECHSTES BUCH. dar zuo hân ich niht willen: ich sol den schal gestillen. ich hilf’ iu swa's niht rât mac sin : des wartet an daz ellen mîn.» 35 Dise gelübede habet ir wol vernomen. welt ir nu hoeren war si komen Parzivâl der Wâleis? von snêwe was ein niuwe leis des nahtes vaste ûf in gesnît. ez enwás iedoch niht snêwes zît, ist ez als ich'z vernomen hân. Artüs der meienbæere man, swaz man ie von dem gesprach, z'einen pfinxten daz geschach, odr in des meien bluomenzît. waz man im süezes luftes git! diz maere ist hie vast' undersniten, ez párriert sich mit snêwes siten. sine valkenær von Karidoel riten's âbénts zem Plimizoel durch peizen, dâ sie schaden kuren. ir besten valken sie verluren: der gâhte von in balde und stuont die naht ze walde. von überkrüphe daz geschach daz ime was von dem luoder gâch. 45 50 55 40 60 35 das mag ich nicht. — 36 gestillen swv., still machen ; ich sol, ich werde, will. — 37 wenn es nicht anders sein kann, es nicht umgangen werden kann, werde ich euch schon beispringen. — 38 in Beziehung darauf rech- net auf meinen Muth, meine Entschlossenheit. 42 snêwe dat. sing. von sné stm., Schnee. — niuwe, frische: es hatte frisch geschneit. — 45 wenn die Erzählungen Wahres berichten : es bezieht sich dies nicht auf die Aussage seiner Quelle, sondern darauf, dafs in allen Artusromanen die Handlung fast immer um die Pfingstzeit sich zuträgt oder wenigstens beginnt. — 46 meienbœre adj., maibar, mailich, dem Mai entsprechend: weil er immer in Verbindung mit dem Mai erscheint. Der Nom. steht außer der Construction und wird durch dem aufgenommen.— 48 pfinxten dat. pl., Pfingsten: immer an einem Pfingstfeste. — 49 meie swm., Mai; die schwache Form ist nhd. nur poetisch. — 50 im, Artus : wie viel liebliche Luft gibt man ihm : in den Dichtungen lässt man ihn nichts als süßle Mailuft athmen. — 51 undersnîden stv., Gewand aus verschiedenen Stoffen zusammensetzen : diese ewige Mainatur ist in dieser Erzählung ein- mal unterbrochen, mit winterlicher Natur vermischt. — 52 er verbindet sich (I, 4) mit der Natur des Schnees. — 53 valkenar stm., Falkner. — 54 riten, waren geritten. — 55 peizen = beizen swv., beizen, Vögel mit Falken jagen. — kuren præet. pl. von kiesen stv., gewahr werden. — 57 balde, eilig. — 58 blieb im Walde. — 59 überkrüphe, vgl. zu IV, 662. — 60 luoder stn., Lockspeise: daſs er von der Lockspeise forteilte. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 301 282 die naht bî Parzivâle er stuont, da in bêden was der walt unkúnt und dâ se bêde sêre vrôs. dô Parzivâl den tac erkôs, im was versnît sîns pfades pane : vil ungevertes reit er dane über rónen und über manegen stein. der tac ie lanc hôher schein. ouch begúnde liuhten sich der walt, wan daz ein rone was gevalt ûf einem plân, zuo dem er sleich: Artûs valke al mite streich; da wol tûsent gense lâgen. dâ wart ein michel gâgen. mit hurte vlouger under sie, der valke, und sluog ir eine hie, daz s' im harte kûme enbrast undr dés gevallen ronen ast. an ir hôhem fluge wart ir wê. ûz ir wunden ûfen snê vieln drî bluotes zähere rôt, die Parzivâle fuogten nôt. von sînen triuwen daz geschach. do er die bluotes zähere sach ûf dem snê (der was al wiz), dô dâhte er «wer hât sînen vlîz gewant an dise varwe clâr? Cundwir âmůrs, sich mac für wâr disiu várwe dir gelîchen. mich wil got salden rîchen, 65 70 75 80 85 90 62 dâ, dort wo. — 63 vrôs præet. von vriesen stv., frieren. — 65 pane stf., Bahn = bane. — 66 dane, von dannen, fort. — 68 ie lanc hôher, je länger es währte, um so höher; lanc für langer, wie auch Hss. haben. — 69 liuhten stv., licht machen; refl. licht werden, sich lichten. — 70 nur ein gefällter Baumstamm lag da. — gevalt part. mit Rückumlaut von vellen. — 71 slîchen, ungewöhnlich wie hier von langsamem Reiten. — 72 Artûs für Artûses. — al, beständig. — 74 gâgen swv.; gâ schreien, gackern. — 75 mit hurte, losstofsend. — vloug præt. von vliegen. — 76 ir eine, ihrer eine, eine von ihnen. — 77 enbresten (aus entbresten), stv., sich losbrechen, entkommen. — 78 gevallen — gevallenen. — 79 ihr hoher Flug litt: sie konnte nicht mehr hoch fliegen, nur flattern. — 80 ûfen = ûf den. — 81 zähere pl. von zaher stm., Tropfen. — 83 das kam von seiner treuen Anhänglichkeit an die ent- fernte Gattin : nämlich dafs der Anblick ihn in Noth und Sehnsucht brachte. — 84. 85 auch das ist ein alter Märchenzug, der oft wieder- kehrt, daſs rothes Blut auf weissem Schnee an ein geliebtes Wesen er- innert oder den Wunsch erweckt, es zu besitzen. — 89 gelîchen swv. refl., sich vergleichen, gleichen. — 90 rîchen swv., reichmachen: sœlden gen. pl., an Glück. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 301 282 die naht bî Parzivâle er stuont, da in bêden was der walt unkúnt und dâ se bêde sêre vrôs. dô Parzivâl den tac erkôs, im was versnît sîns pfades pane : vil ungevertes reit er dane über rónen und über manegen stein. der tac ie lanc hôher schein. ouch begúnde liuhten sich der walt, wan daz ein rone was gevalt ûf einem plân, zuo dem er sleich: Artûs valke al mite streich; da wol tûsent gense lâgen. dâ wart ein michel gâgen. mit hurte vlouger under sie, der valke, und sluog ir eine hie, daz s' im harte kûme enbrast undr dés gevallen ronen ast. an ir hôhem fluge wart ir wê. ûz ir wunden ûfen snê vieln drî bluotes zähere rôt, die Parzivâle fuogten nôt. von sînen triuwen daz geschach. do er die bluotes zähere sach ûf dem snê (der was al wiz), dô dâhte er «wer hât sînen vlîz gewant an dise varwe clâr? Cundwir âmůrs, sich mac für wâr disiu várwe dir gelîchen. mich wil got salden rîchen, 65 70 75 80 85 90 62 dâ, dort wo. — 63 vrôs præet. von vriesen stv., frieren. — 65 pane stf., Bahn = bane. — 66 dane, von dannen, fort. — 68 ie lanc hôher, je länger es währte, um so höher; lanc für langer, wie auch Hss. haben. — 69 liuhten stv., licht machen; refl. licht werden, sich lichten. — 70 nur ein gefällter Baumstamm lag da. — gevalt part. mit Rückumlaut von vellen. — 71 slîchen, ungewöhnlich wie hier von langsamem Reiten. — 72 Artûs für Artûses. — al, beständig. — 74 gâgen swv.; gâ schreien, gackern. — 75 mit hurte, losstofsend. — vloug præt. von vliegen. — 76 ir eine, ihrer eine, eine von ihnen. — 77 enbresten (aus entbresten), stv., sich losbrechen, entkommen. — 78 gevallen — gevallenen. — 79 ihr hoher Flug litt: sie konnte nicht mehr hoch fliegen, nur flattern. — 80 ûfen = ûf den. — 81 zähere pl. von zaher stm., Tropfen. — 83 das kam von seiner treuen Anhänglichkeit an die ent- fernte Gattin : nämlich dafs der Anblick ihn in Noth und Sehnsucht brachte. — 84. 85 auch das ist ein alter Märchenzug, der oft wieder- kehrt, daſs rothes Blut auf weissem Schnee an ein geliebtes Wesen er- innert oder den Wunsch erweckt, es zu besitzen. — 89 gelîchen swv. refl., sich vergleichen, gleichen. — 90 rîchen swv., reichmachen: sœlden gen. pl., an Glück. —
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302 SECHSTES BUCH. 283 sît ich dir hie gelîchez vant. gêret si diu gotes hant und al diu crêatiure sîn. Condwîr âmurs, hie lît dîn schîn. sît der snê dem bluote wize bôt und ez den snê sus machet rôt, Cúndwîr âmürs, dem glîchet sich dîn bêâ curs: des enbistu niht erlâzen. » des heldes ougen mâzen, als ez dort was ergangen, zwên’ zaher an ir wangen, den dritten an ir kinne. er pflac der wâren minne gein ir gar âne wenken. sus begúnde er sich verdenken, unz daz er unversunnen hielt: diu starke minne sîn dâ wielt. sölhe nôt fuogt’ ime sîn wîp. dirre várwe truoc gelîchen lip von Pelrapeir' diu künegin: diu zucte im wizzenlîchen sin. Sus hielt er als er sliefe. wer dâ zuo z'im liefe? Cunnewâren gárzûn was gesant: der solde gegen Lalant. der sach an den stunden 95 100 105 110 115 91 da ich etwas dir Gleiches hier fand : besser wäre hie dir, aber dann käme hie in die Senkung. — 92 Gott als Künstler (vgl. III, 219): er ist es auch, der in V. 86. 87 gemeint ist. — 94 dîn schîn, dein Abbild. — 95 da der Schnee dem Blute seine Weißse gegenüberstellte und das Blut wiederum den Schnee so roth macht. — 98 curs stm., altfranz. cors, normann, curs, Leib; béâ = beax, schön (vgl. II, 525; III, 722). — 99 dessen bist du nicht überhoben: dagegen kannst du nichts einwenden, das mußs wahr sein. — 100 mezzen stv., vergleichen: sonst mit gegen verbunden (III, 1699), hier mit an: verglichen zwei von den drei Tropfen mit ihren Wangen, den dritten mit ihrem Kinne. — 101 wie es sich dort zugetragen hatte, wie die drei Tropfen dort beieinander standen und ein Dreieck bildeten, welches der Gestalt von Wangen und Kinn entsprach. — 106 verdenken refl., sich in Gedanken verlieren. — 108 wielt præt. von walten, starkes redupl. Verb., beherrschen: mit Gen. — 109 vgl. 82. — 110 dirre varwe, dieser Farbe, d. h. dieser Mischung und Verbindung von Roth und Weiſs. — 112 zucte, raubte. — wizzenlích adj., bewusst. 114 eine der bei Wolfram beliebten, die Erzählung lebendig unter- brechenden Fragen. Vgl. zu I, 671. — 115 gárzûn wird wie andere roma- nische Worte, die den Ton auf der letzten Silbe haben, im Mhd. auf der vorletzten betont; am Schlußs des Verses mit zwei Hebungen; vgl. 140. — 116 solde, sollte sich begeben. — 117 an den stunden, zu der Zeit = da. —
302 SECHSTES BUCH. 283 sît ich dir hie gelîchez vant. gêret si diu gotes hant und al diu crêatiure sîn. Condwîr âmurs, hie lît dîn schîn. sît der snê dem bluote wize bôt und ez den snê sus machet rôt, Cúndwîr âmürs, dem glîchet sich dîn bêâ curs: des enbistu niht erlâzen. » des heldes ougen mâzen, als ez dort was ergangen, zwên’ zaher an ir wangen, den dritten an ir kinne. er pflac der wâren minne gein ir gar âne wenken. sus begúnde er sich verdenken, unz daz er unversunnen hielt: diu starke minne sîn dâ wielt. sölhe nôt fuogt’ ime sîn wîp. dirre várwe truoc gelîchen lip von Pelrapeir' diu künegin: diu zucte im wizzenlîchen sin. Sus hielt er als er sliefe. wer dâ zuo z'im liefe? Cunnewâren gárzûn was gesant: der solde gegen Lalant. der sach an den stunden 95 100 105 110 115 91 da ich etwas dir Gleiches hier fand : besser wäre hie dir, aber dann käme hie in die Senkung. — 92 Gott als Künstler (vgl. III, 219): er ist es auch, der in V. 86. 87 gemeint ist. — 94 dîn schîn, dein Abbild. — 95 da der Schnee dem Blute seine Weißse gegenüberstellte und das Blut wiederum den Schnee so roth macht. — 98 curs stm., altfranz. cors, normann, curs, Leib; béâ = beax, schön (vgl. II, 525; III, 722). — 99 dessen bist du nicht überhoben: dagegen kannst du nichts einwenden, das mußs wahr sein. — 100 mezzen stv., vergleichen: sonst mit gegen verbunden (III, 1699), hier mit an: verglichen zwei von den drei Tropfen mit ihren Wangen, den dritten mit ihrem Kinne. — 101 wie es sich dort zugetragen hatte, wie die drei Tropfen dort beieinander standen und ein Dreieck bildeten, welches der Gestalt von Wangen und Kinn entsprach. — 106 verdenken refl., sich in Gedanken verlieren. — 108 wielt præt. von walten, starkes redupl. Verb., beherrschen: mit Gen. — 109 vgl. 82. — 110 dirre varwe, dieser Farbe, d. h. dieser Mischung und Verbindung von Roth und Weiſs. — 112 zucte, raubte. — wizzenlích adj., bewusst. 114 eine der bei Wolfram beliebten, die Erzählung lebendig unter- brechenden Fragen. Vgl. zu I, 671. — 115 gárzûn wird wie andere roma- nische Worte, die den Ton auf der letzten Silbe haben, im Mhd. auf der vorletzten betont; am Schlußs des Verses mit zwei Hebungen; vgl. 140. — 116 solde, sollte sich begeben. — 117 an den stunden, zu der Zeit = da. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 303 einen hélm mit maneger wunden, und ein schilt gar verhouwen. in dienste des knappen frouwen 284 dâ hielt gézimiert ein degen, als er tjostierens wolde pflegen gevart, mit ûf gerihtem sper. der garzûn huop sich wider her. het in der knappe erkant enzît, er wær' von ime vil unbeschrît, deiz sîner frouwen rîter wære. als gein einem éhtâre schupfter'z volc hin ůz an in: er wolt im werben ungewin. sîn' kurtôsîe er dran verlôs. lât sin : sin frouwe was och lôs. sölch was des knappen krie. «fiâ fîâ fie, fi ír vertânen! zelent sie Gâwânen und ander dise rîterschaft gein werdeclîcher prîses kraft, und Artüs den Britûn?» alsus rief der garzůn. «tavelrunder ist geschant: iu ist dúrch die snüere alhie gerant.» 120 125 130 135 140 120 mit hielt zu verbinden : im Dienste der Gebieterin des Knappen. — 122 als von gevart abhängig: als ob. — 123 gevart (I1, 674) partic. von verwen, mit Rückumlaut, gefärbt, beschaffen, aussehend. — 124 wandte sich nach ihm um. — 125 enzît, bei Zeiten. — 126 von ime, in Bezug auf ihn. — unbeschrît, nicht beschrieen, nicht angeschrieen. — 127 ist an erkant anzuknüpfen. — 128 ahtœre stm. (zu œhten), Verfolger, der Andere verfolgt: oder der ver- folgt wird, in der Acht ist. In letzterm Sinne nehmen es Simrock und San- Marte, in ersterm (Straßenräuber) das mhd. Wörterbuch. — 129 schupfte præt. von schüpfen (vgl. unser: einen schuppen = stofsen, nd.), stofsen, antreiben. — 130 werben, erwerben, verschaffen. — 131 kur- tôsîe, vgl. curtôsîe III, 857. Er benahm sich hier wie ein unhöfischer, nicht wohlerzogener Mensch. — 132 lasst's ihm hingehen, lasst es auf sich beruhen. — lôs : wenn das Adj. hier in dem Sinne wie I, 368 zu nehmen, dann wäre damit ein harter Tadel gegen Cunneware ausgesprochen, den sie nicht verdiente. lôs ist hier wohl in dem Sinne von schalkhaft zu nehmen : sie hatte es auch hinter den Ohren. — 134 fîâ fîe, gewöhnlicher fiâ ƒi (II, 639), pfui doch, pfui. — 135 vertân partic. von vertuon, ver- dammt, verflucht; altfranz. forfait. — 136 sie, man. — 137 ander steht in Verbindung mit einem Pron. vor einem Subst., mhd. dem Pron. voran; ebenso ander manec, manch anderer. — 138 vergleicht man sie mit werthem Ruhme, rechnet man sie für ruhmwürdig? Wenn das der Fall, dann ist ihr Ruhm jetzt geschändet. — 141 geschant part. mit Rückumlaut von schenden swv., schänden, entehren. — 142 es ist jemand in euer Revier eingebrochen; snüere sind die Zeltseile (vgl. II, 81).
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 303 einen hélm mit maneger wunden, und ein schilt gar verhouwen. in dienste des knappen frouwen 284 dâ hielt gézimiert ein degen, als er tjostierens wolde pflegen gevart, mit ûf gerihtem sper. der garzûn huop sich wider her. het in der knappe erkant enzît, er wær' von ime vil unbeschrît, deiz sîner frouwen rîter wære. als gein einem éhtâre schupfter'z volc hin ůz an in: er wolt im werben ungewin. sîn' kurtôsîe er dran verlôs. lât sin : sin frouwe was och lôs. sölch was des knappen krie. «fiâ fîâ fie, fi ír vertânen! zelent sie Gâwânen und ander dise rîterschaft gein werdeclîcher prîses kraft, und Artüs den Britûn?» alsus rief der garzůn. «tavelrunder ist geschant: iu ist dúrch die snüere alhie gerant.» 120 125 130 135 140 120 mit hielt zu verbinden : im Dienste der Gebieterin des Knappen. — 122 als von gevart abhängig: als ob. — 123 gevart (I1, 674) partic. von verwen, mit Rückumlaut, gefärbt, beschaffen, aussehend. — 124 wandte sich nach ihm um. — 125 enzît, bei Zeiten. — 126 von ime, in Bezug auf ihn. — unbeschrît, nicht beschrieen, nicht angeschrieen. — 127 ist an erkant anzuknüpfen. — 128 ahtœre stm. (zu œhten), Verfolger, der Andere verfolgt: oder der ver- folgt wird, in der Acht ist. In letzterm Sinne nehmen es Simrock und San- Marte, in ersterm (Straßenräuber) das mhd. Wörterbuch. — 129 schupfte præt. von schüpfen (vgl. unser: einen schuppen = stofsen, nd.), stofsen, antreiben. — 130 werben, erwerben, verschaffen. — 131 kur- tôsîe, vgl. curtôsîe III, 857. Er benahm sich hier wie ein unhöfischer, nicht wohlerzogener Mensch. — 132 lasst's ihm hingehen, lasst es auf sich beruhen. — lôs : wenn das Adj. hier in dem Sinne wie I, 368 zu nehmen, dann wäre damit ein harter Tadel gegen Cunneware ausgesprochen, den sie nicht verdiente. lôs ist hier wohl in dem Sinne von schalkhaft zu nehmen : sie hatte es auch hinter den Ohren. — 134 fîâ fîe, gewöhnlicher fiâ ƒi (II, 639), pfui doch, pfui. — 135 vertân partic. von vertuon, ver- dammt, verflucht; altfranz. forfait. — 136 sie, man. — 137 ander steht in Verbindung mit einem Pron. vor einem Subst., mhd. dem Pron. voran; ebenso ander manec, manch anderer. — 138 vergleicht man sie mit werthem Ruhme, rechnet man sie für ruhmwürdig? Wenn das der Fall, dann ist ihr Ruhm jetzt geschändet. — 141 geschant part. mit Rückumlaut von schenden swv., schänden, entehren. — 142 es ist jemand in euer Revier eingebrochen; snüere sind die Zeltseile (vgl. II, 81).
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304 SECHSTES BUCH. 285 Dâ wart von rîtern groezlich schal: si begúnden vrâgen über al, ob riterschaft dâ wære getân. dô vrieschen sie daz einec man dâ hielt z'einer tjost bereit. genuogen was gelübede leit, die Artûs von in enphienc. sô balde, daz er niht engienc, beide lief unde spranc Segramórs, der ie nâch strîte ranc. swa der véhten wânde vinden, dâ muose man in binden, oder er wolt' dermite sîn. niender ist sô breit der Rin, saher strîtn am andern stade, dâ wurde wênec nâch dem bade getast, ez waer’ warm oder kalt: er viel' sus dran, der degen balt. snellîche kom der jungeline ze hove an Artûses rinc. der werde künec vaste slief. Segramórs im durch die snüere lief. zer poulûns tür dranger în. ein declachen zobelîn zuct' er ab in diu lâgen und süezes slâfes pflâgen, sô daz sie muosen wachen und sinr unfuoge lachen. 145 150 155 160 165 170 145 ob da ein ritterlicher Kampf stattgefunden hätte. — 146 daſs ein einzelner Mann (I, 715). — 148 gelübede mit Weglassung des Artikels oder Possessivpron.: viele reute das Artus gegebene Versprechen, dafs sie nur mit seiner Erlaubniss eine Tjost thun dürften; vgl. VI, 20—27. — 150 só balde, so schnell: daſi es kein Gehen zu nennen war. — 151 lief sowohl als sprang. — 152 Segramors, bei Crestien Saigremors (V. 5598), mit dem Beisatz qui par son desroi estoit Derreés apelés, der wegen seiner Wildheit der Wilde, Ungestüme genannt wurde: was Wolfram in den folgenden Versen frei benutzt hat. — 153 vehten subst. infin., Gelegenheit zum Fech- ten, Kampf. — 155 sonst wollte er dabei sein. — 157 stat stm., Gestade. Ufer. — 159 getast part. von tasten swv., tasten, verkürzt aus getastet: da würde wenig nach dem Wasser, in welches er sich stürzen sollte, pro- bierend getastet worden sein. — ez weer’, ob es wäre, es möchte sein. — 160 viel’ conj., er würde sich stürzen; dran, da hinein. — sus, wo wie er war, ohne weitere Umstände. — 161 der jungelinc, Segramors. — 162 an Artus’ Zelt. — 164 durch die snüere lief, was in der folgenden Zelle noch- mals anders ausgedrückt wird: drang ins Zelt hinein. Vgl. VI, 142. — 167 ab in, von ihnen, von denen. — diu neutr.: Artus und Ginover sind gemeint; daher das Neutr. (vgl. IV, 253; V, 1669). — 169 wachen, wach werden, erwachen. — 170 über sein unpassendes Benehmen. —
304 SECHSTES BUCH. 285 Dâ wart von rîtern groezlich schal: si begúnden vrâgen über al, ob riterschaft dâ wære getân. dô vrieschen sie daz einec man dâ hielt z'einer tjost bereit. genuogen was gelübede leit, die Artûs von in enphienc. sô balde, daz er niht engienc, beide lief unde spranc Segramórs, der ie nâch strîte ranc. swa der véhten wânde vinden, dâ muose man in binden, oder er wolt' dermite sîn. niender ist sô breit der Rin, saher strîtn am andern stade, dâ wurde wênec nâch dem bade getast, ez waer’ warm oder kalt: er viel' sus dran, der degen balt. snellîche kom der jungeline ze hove an Artûses rinc. der werde künec vaste slief. Segramórs im durch die snüere lief. zer poulûns tür dranger în. ein declachen zobelîn zuct' er ab in diu lâgen und süezes slâfes pflâgen, sô daz sie muosen wachen und sinr unfuoge lachen. 145 150 155 160 165 170 145 ob da ein ritterlicher Kampf stattgefunden hätte. — 146 daſs ein einzelner Mann (I, 715). — 148 gelübede mit Weglassung des Artikels oder Possessivpron.: viele reute das Artus gegebene Versprechen, dafs sie nur mit seiner Erlaubniss eine Tjost thun dürften; vgl. VI, 20—27. — 150 só balde, so schnell: daſi es kein Gehen zu nennen war. — 151 lief sowohl als sprang. — 152 Segramors, bei Crestien Saigremors (V. 5598), mit dem Beisatz qui par son desroi estoit Derreés apelés, der wegen seiner Wildheit der Wilde, Ungestüme genannt wurde: was Wolfram in den folgenden Versen frei benutzt hat. — 153 vehten subst. infin., Gelegenheit zum Fech- ten, Kampf. — 155 sonst wollte er dabei sein. — 157 stat stm., Gestade. Ufer. — 159 getast part. von tasten swv., tasten, verkürzt aus getastet: da würde wenig nach dem Wasser, in welches er sich stürzen sollte, pro- bierend getastet worden sein. — ez weer’, ob es wäre, es möchte sein. — 160 viel’ conj., er würde sich stürzen; dran, da hinein. — sus, wo wie er war, ohne weitere Umstände. — 161 der jungelinc, Segramors. — 162 an Artus’ Zelt. — 164 durch die snüere lief, was in der folgenden Zelle noch- mals anders ausgedrückt wird: drang ins Zelt hinein. Vgl. VI, 142. — 167 ab in, von ihnen, von denen. — diu neutr.: Artus und Ginover sind gemeint; daher das Neutr. (vgl. IV, 253; V, 1669). — 169 wachen, wach werden, erwachen. — 170 über sein unpassendes Benehmen. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 305 dô sprach er zuo der nifteln sîn «Gynóvêr, frouwe künegin, unser sippe ist des bekant, man weiz wol über manec lant daz ich genâden warte an dich. nu hilf mir, frouwe, unde sprich gein Artûse dînem man, daz ich von ime müeze hân (ein âventiure ist hie bî) daz ich zer tjost der êrste si.» 175 180 Artüs ze Segramorse sprach «din sicherheit mir des verjach. du soltst nâh mînem willen varen unt dîn únbescheidenheit bewaren. wirt hie ein tjost von dir getân. dar nâch wil manec ander man daz ich in lâze rîten und ouch nâch prise striten: dâ mite krenket sich mîn wer. wir nâhen Anfortases her, daz von Munsalvæsche vert unt’z fôrést mit strîte wert : sit wir niht wizzen wâ diu stêt, » z' arbéite ez uns lihte ergêt. Gynovêr bat Artûsen sô, des Segramors wart al vrô. 185 190 195 286 172 Gynovér wird je nach Bedürfniss des Verses auf der drittletzten und vorletzten Silbe betont. — 173 ist als eine solche (eigentlich in der Be- ziehung) bekannt; vgl. zu V, 1612. — 174 über manec lant, in manchem Lande; vgl. zu I, 273. — 175 genâden gen. pl.: warten eines d. an einen, etwas von jemand erwarten, auf etwas bei jemand rechnen. — 176 sprich, lege Fürsprache ein; gein, gegenüber, bei. — 178 müeze hân daz, möge haben (die Erlaubniss) daßs. — 179 hie bî, hier in der Nähe. 182 dein Gelübde hat mir das zugestanden, du hast mir versprochen. — 183 du soltst, du würdest. — varen, verfahren, handeln. — 184 unbe- scheidenheit stf., Unverständigkeit. — bewaren swv. mit acc., sich vor etwas hüten, etwas unterlassen, vermeiden. — 189 dadurch wird meine Verthei- digung, die Zahl meiner Vertheidiger gemindert. — 191 vert, auszieht, ausgeht. — 192 vgl. zu V, 790. — 193 diu auf Munsalvasche zu beziehen: die Burg. Er kennt die Lage der verborgenen und schwer zugänglichen Gralsburg nicht ; daher es sein kann, dafs sie jeden Augenblick in deren Nähe sind und von den Gralsrittern angegriffen werden können. — 194 so schlägt es uns leicht zu Noth aus, können wir leicht in Noth kommen, wenn ich meine Ritter auf Abenteuer sich zerstreuen lasse. — 195 sô, so inständig, so lange. — 196 des, daſs dadurch; dês mit Lachmann zu schreiben ist unnöthige Genauigkeit; vgl. I, 103 und öfter. Nicht über das Bitten ward er froh, sondern infolge desselben, indem er seinen Wunsch durchsetzte. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 20
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 305 dô sprach er zuo der nifteln sîn «Gynóvêr, frouwe künegin, unser sippe ist des bekant, man weiz wol über manec lant daz ich genâden warte an dich. nu hilf mir, frouwe, unde sprich gein Artûse dînem man, daz ich von ime müeze hân (ein âventiure ist hie bî) daz ich zer tjost der êrste si.» 175 180 Artüs ze Segramorse sprach «din sicherheit mir des verjach. du soltst nâh mînem willen varen unt dîn únbescheidenheit bewaren. wirt hie ein tjost von dir getân. dar nâch wil manec ander man daz ich in lâze rîten und ouch nâch prise striten: dâ mite krenket sich mîn wer. wir nâhen Anfortases her, daz von Munsalvæsche vert unt’z fôrést mit strîte wert : sit wir niht wizzen wâ diu stêt, » z' arbéite ez uns lihte ergêt. Gynovêr bat Artûsen sô, des Segramors wart al vrô. 185 190 195 286 172 Gynovér wird je nach Bedürfniss des Verses auf der drittletzten und vorletzten Silbe betont. — 173 ist als eine solche (eigentlich in der Be- ziehung) bekannt; vgl. zu V, 1612. — 174 über manec lant, in manchem Lande; vgl. zu I, 273. — 175 genâden gen. pl.: warten eines d. an einen, etwas von jemand erwarten, auf etwas bei jemand rechnen. — 176 sprich, lege Fürsprache ein; gein, gegenüber, bei. — 178 müeze hân daz, möge haben (die Erlaubniss) daßs. — 179 hie bî, hier in der Nähe. 182 dein Gelübde hat mir das zugestanden, du hast mir versprochen. — 183 du soltst, du würdest. — varen, verfahren, handeln. — 184 unbe- scheidenheit stf., Unverständigkeit. — bewaren swv. mit acc., sich vor etwas hüten, etwas unterlassen, vermeiden. — 189 dadurch wird meine Verthei- digung, die Zahl meiner Vertheidiger gemindert. — 191 vert, auszieht, ausgeht. — 192 vgl. zu V, 790. — 193 diu auf Munsalvasche zu beziehen: die Burg. Er kennt die Lage der verborgenen und schwer zugänglichen Gralsburg nicht ; daher es sein kann, dafs sie jeden Augenblick in deren Nähe sind und von den Gralsrittern angegriffen werden können. — 194 so schlägt es uns leicht zu Noth aus, können wir leicht in Noth kommen, wenn ich meine Ritter auf Abenteuer sich zerstreuen lasse. — 195 sô, so inständig, so lange. — 196 des, daſs dadurch; dês mit Lachmann zu schreiben ist unnöthige Genauigkeit; vgl. I, 103 und öfter. Nicht über das Bitten ward er froh, sondern infolge desselben, indem er seinen Wunsch durchsetzte. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 20
Strana 306
306 SECHSTES BUCH. 287 dô s' ime die âventiure erwarp. wan daz er niht vor liebe starp, dez ander was dâ gar geschehen. ungerne het er dô vergehen sîns kumenden prîses pflihte iemán an der geschihte. der junge stolze âne bart, sin ors und er gewâpent wart. ûz fuor Segramors roys, kalopierende ulter juven poys: sin ors übr hôhe stûden spranc. manc guldîn schelle dran erklanc, uf der decke und an dem man. man möht’ in wol geworfen hân zem fásân in'z dórnách. swem sîn ze suochen ware gâch, der fünde in bî den schellen: die kunden lûte hellen. sus fuor der unbescheiden helt zuo dem der minne was verselt. weder er'n sluoc dô noch enstach, ê er wídersagen hin z'íme sprach. 200 205 210 215 197 als sie ihm die Erlaubniss, die aventiure (V. 179) zu bestehen. er- worben hatte. — 198 blofs dafs er nicht vor Freude starb, ist mit dre ander zu verbinden: er ward so unbändig froh, dafs wenig fehlte, er wäre vor Freude gestorben: jede andere übermäßsige Aufserung von Freude bis auf das Sterben vor Freude zeigte sich bei ihm. — 200 vergehen seltene Form für verjehen, einräumen, abtreten. — ungerne, in stärkerm Sinne als ungern ; wie wênic mit leichter Ironie im Sinne von gar nicht, so un- gerne = schlechterdings nicht, um keinen Preis. — 201 pftihte, Antheil. — 202 geschiht stf., Gelegenheit: in diesem Falle. — 206 ulter præp., altfranz. oltre, normann. ultre, über. — juven poys, vgl. zu V, 1421. An dieser Stelle bietet das Original keinen Anhaltspunkt für den französischen Ausdruck, der im folgenden Verse deutsch umschrieben wird. — 207 hôhe stûden bezeichnet das Unterholz vor dem Walde (vgl. V, 1420): das Lager des Königs ist unmittelbar vor dem Walde (vgl. VI, 69). — 209 an dem Reitzeuge wie an der Rüstung waren Schellen; vgl. I, 1161. — 210 man hätte ihn wohl werfen können. — 211 zem fasàn, sammt dem Fasan, wie einen Fasan. — dornach stn., Dorngebüsch: Collectivum von dorn, mit der Bildungssilbe ach, ahd. ahî, die dem lat. etum entspricht. Dem Falken werden Schellen an die Füfse gebunden, damit man ihn wieder auffinden kann. — 212 sîn ist nicht mit suochen, sondern mit gâch zu verbinden wenn jemand es eilig hätte mit ihm, nach ihm (ihn) zu suchen. — 213 bl. an. durch. — 214 hellen stv., ertönen, hallen. — 215 unbescheiden adj. unverständig, unklug, unüberlegt. — 216 der der Minne preisgegeben war, in ihrer Macht stand. — 217 er'n = er en, nicht er in. — 218 ê er. bevor er, bis er. — widersagen subst. inf., Aufkündigung des Friedens Kriegserklärung. Diese Erklärung enthalten die Verse 232—242. —
306 SECHSTES BUCH. 287 dô s' ime die âventiure erwarp. wan daz er niht vor liebe starp, dez ander was dâ gar geschehen. ungerne het er dô vergehen sîns kumenden prîses pflihte iemán an der geschihte. der junge stolze âne bart, sin ors und er gewâpent wart. ûz fuor Segramors roys, kalopierende ulter juven poys: sin ors übr hôhe stûden spranc. manc guldîn schelle dran erklanc, uf der decke und an dem man. man möht’ in wol geworfen hân zem fásân in'z dórnách. swem sîn ze suochen ware gâch, der fünde in bî den schellen: die kunden lûte hellen. sus fuor der unbescheiden helt zuo dem der minne was verselt. weder er'n sluoc dô noch enstach, ê er wídersagen hin z'íme sprach. 200 205 210 215 197 als sie ihm die Erlaubniss, die aventiure (V. 179) zu bestehen. er- worben hatte. — 198 blofs dafs er nicht vor Freude starb, ist mit dre ander zu verbinden: er ward so unbändig froh, dafs wenig fehlte, er wäre vor Freude gestorben: jede andere übermäßsige Aufserung von Freude bis auf das Sterben vor Freude zeigte sich bei ihm. — 200 vergehen seltene Form für verjehen, einräumen, abtreten. — ungerne, in stärkerm Sinne als ungern ; wie wênic mit leichter Ironie im Sinne von gar nicht, so un- gerne = schlechterdings nicht, um keinen Preis. — 201 pftihte, Antheil. — 202 geschiht stf., Gelegenheit: in diesem Falle. — 206 ulter præp., altfranz. oltre, normann. ultre, über. — juven poys, vgl. zu V, 1421. An dieser Stelle bietet das Original keinen Anhaltspunkt für den französischen Ausdruck, der im folgenden Verse deutsch umschrieben wird. — 207 hôhe stûden bezeichnet das Unterholz vor dem Walde (vgl. V, 1420): das Lager des Königs ist unmittelbar vor dem Walde (vgl. VI, 69). — 209 an dem Reitzeuge wie an der Rüstung waren Schellen; vgl. I, 1161. — 210 man hätte ihn wohl werfen können. — 211 zem fasàn, sammt dem Fasan, wie einen Fasan. — dornach stn., Dorngebüsch: Collectivum von dorn, mit der Bildungssilbe ach, ahd. ahî, die dem lat. etum entspricht. Dem Falken werden Schellen an die Füfse gebunden, damit man ihn wieder auffinden kann. — 212 sîn ist nicht mit suochen, sondern mit gâch zu verbinden wenn jemand es eilig hätte mit ihm, nach ihm (ihn) zu suchen. — 213 bl. an. durch. — 214 hellen stv., ertönen, hallen. — 215 unbescheiden adj. unverständig, unklug, unüberlegt. — 216 der der Minne preisgegeben war, in ihrer Macht stand. — 217 er'n = er en, nicht er in. — 218 ê er. bevor er, bis er. — widersagen subst. inf., Aufkündigung des Friedens Kriegserklärung. Diese Erklärung enthalten die Verse 232—242. —
Strana 307
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 307 unversúnnen hielt dâ Parzivâl. daz fuogten ime diu bluotes mâl und ouch diu strenge minne, diu mir dícke nimet sinne unt mir daz herze unsanfte reget. ach nôt ein wîp an mich leget: wil sie mich alsus twingen und selten helfe bringen, ich sol si's underziehen und von ir trôste vliehen. nu hoeret ouch von jenen beiden, umbe ir komen und umbe ir scheiden. 220 225 2 230 288 Segramors sprach alsô. «ir gebâret, hêrre, als ir sît vrô daz hie ein künec mit volke liget. swie unhôhe iuch daz wiget, ir müezt im drumbe wandel geben, odr ich verlíusé mîn leben. ir sît uf strît ze nâhe geriten. doch wil ich iuch durch zuht biten, ergebet iuch in mîne gewalt ; odr ir sît schier' von mir bezalt, daz iuwer vallen rüert den snê. sô tæt ir'z baz mit êren ê.» Parzivâl durch drô niht sprach: 235 240 220 die drei Blutstropfen. — 221 strenge, starke. — 223 regen swv., be- ruhren, anrühren. — 224 auf eine geliebte Frau spielt der Dichter mehr- fach an : ihr zu Liebe und auf ihren Wunsch dichtete er sein Werk; vgl- VI. 1738 und die Schlußsworte des Werkes. Sie ist aber eine andere als die, auf deren Tadel der Schlufs des 2. Buches sich bezieht. — 225 twin- gen stv., in Noth bringen. — 226 selten, niemals. — 227 underziehen stv., einen eines d., jemand etwas beimessen : dann werde ich ihr die Schuld beimessen, wird die Schuld daran sein, wenn ich mich von ihr trenne. — 228 trôst, Hoffnung, Vertrauen auf Hilfe: will dem Vertrauen, der Hoff- nung, daßs sie mir helfen wird, entsagen, will mich von ihr trennen. — 230 wie sie zusammenkamen und sich trennten: Anfang und Ende ihrer Begegnung. 234 unhôhe adv., nicht hoch; mich wiget unhôhe (vgl. ringe), ich schlage etwas nicht hoch im Werthe an : wie wenig ihr euch auch daraus macht, daſs hier ein König mit seinem Volke lagert, dem ihr ohne Er- laubniss ins Revier gekommen seid (vgl. V1, 142). — 237 ûf strît, auf Streit, um zu streiten: in streitbarer Absicht. — 238 aus Anstand. — 239 gewalt hier als Fem., was nicht oberdeutsch, sondern mitteldeutsch ist: eine der vielen thüringischen Spuren. — 240 bezalt, belohnt: ihr be- kommt bald euern Lohn. — 241 iuwer vallen, ihr im Fallen. — 242 wenn das geschieht, dann wär' es besser gewesen, ihr hättet vorher mit Ehren meiner Aufforderung entsprochen. — 243 drô stf., Drohung: trotz der — Drohung. 20*
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 307 unversúnnen hielt dâ Parzivâl. daz fuogten ime diu bluotes mâl und ouch diu strenge minne, diu mir dícke nimet sinne unt mir daz herze unsanfte reget. ach nôt ein wîp an mich leget: wil sie mich alsus twingen und selten helfe bringen, ich sol si's underziehen und von ir trôste vliehen. nu hoeret ouch von jenen beiden, umbe ir komen und umbe ir scheiden. 220 225 2 230 288 Segramors sprach alsô. «ir gebâret, hêrre, als ir sît vrô daz hie ein künec mit volke liget. swie unhôhe iuch daz wiget, ir müezt im drumbe wandel geben, odr ich verlíusé mîn leben. ir sît uf strît ze nâhe geriten. doch wil ich iuch durch zuht biten, ergebet iuch in mîne gewalt ; odr ir sît schier' von mir bezalt, daz iuwer vallen rüert den snê. sô tæt ir'z baz mit êren ê.» Parzivâl durch drô niht sprach: 235 240 220 die drei Blutstropfen. — 221 strenge, starke. — 223 regen swv., be- ruhren, anrühren. — 224 auf eine geliebte Frau spielt der Dichter mehr- fach an : ihr zu Liebe und auf ihren Wunsch dichtete er sein Werk; vgl- VI. 1738 und die Schlußsworte des Werkes. Sie ist aber eine andere als die, auf deren Tadel der Schlufs des 2. Buches sich bezieht. — 225 twin- gen stv., in Noth bringen. — 226 selten, niemals. — 227 underziehen stv., einen eines d., jemand etwas beimessen : dann werde ich ihr die Schuld beimessen, wird die Schuld daran sein, wenn ich mich von ihr trenne. — 228 trôst, Hoffnung, Vertrauen auf Hilfe: will dem Vertrauen, der Hoff- nung, daßs sie mir helfen wird, entsagen, will mich von ihr trennen. — 230 wie sie zusammenkamen und sich trennten: Anfang und Ende ihrer Begegnung. 234 unhôhe adv., nicht hoch; mich wiget unhôhe (vgl. ringe), ich schlage etwas nicht hoch im Werthe an : wie wenig ihr euch auch daraus macht, daſs hier ein König mit seinem Volke lagert, dem ihr ohne Er- laubniss ins Revier gekommen seid (vgl. V1, 142). — 237 ûf strît, auf Streit, um zu streiten: in streitbarer Absicht. — 238 aus Anstand. — 239 gewalt hier als Fem., was nicht oberdeutsch, sondern mitteldeutsch ist: eine der vielen thüringischen Spuren. — 240 bezalt, belohnt: ihr be- kommt bald euern Lohn. — 241 iuwer vallen, ihr im Fallen. — 242 wenn das geschieht, dann wär' es besser gewesen, ihr hättet vorher mit Ehren meiner Aufforderung entsprochen. — 243 drô stf., Drohung: trotz der — Drohung. 20*
Strana 308
308 SECHSTES BUCH. frou Minne im anders kumbers jach. durch tjoste bringen warf sîn ors von ime der küene Segramors. umbe wánde ouch sich'ez kastelân, dâ Parzivâl der wol getân unversunnen ûffe saz, sô daz er'z bluot übermaz, sîn séhen wart drábe gekêret: des wart sîn prîs gemêret. do er der zaher niht mêr sach. frou Witze im aber sinnes jach. hie kom Segramors roys. Parzivâl daz sper von Troys, daz veste unt daz zæhe, von värwén daz wæhe, als er'z vor der klûsen vant, daz begúnde er senken mit der hant. ein tjost enpfienger durch den schilt: sîn tjost hin wider wart gezilt, daz Segramors der werde degen satel rûmens muose pflegen, und daz dez sper doch ganz bestuont. dâ von im wart gevelle kunt. Parzivâl reit âne vrâgen dâ die bluotes zäher lâgen. do er die mit den ougen vant, frou Minne stricte in an ir bant. 250 255 260 265 245 270 244 gewährte, bereitete ihm andern Kummer. — 245 von durch hängt der Inf. bringen, von diesem der Acc. tjoste ab: um das Anrennen zu voll- bringen; das Object des Inf. steht häufiger nach als vor dem Inf.; vgl. Albrecht von Halberstadt, S. 454. Vgl. Parzival IX, 71. — 246 er schwenkte das Ross von ihm weg: kehrte um, um den Anlauf zu nehmen. — 247 sichez = sich dez, daz. — 248 der wol getân; vgl. zu V, 1301. 250 übermezzen stv. mit acc., über etwas hinwegsehen. — 251 drabe, davon ab. — 252 dadurch erlangte er neuen Ruhm, indem er Segramors nieder- stach. — 254 frou Witze personificiert: so können im Mhd. alle Eigen- schaften zu Personen gemacht werden. Frau Besinnung gab ihm den Verstand wieder, er kam wieder zu Sinnen. — 256 den Speer, welchen er aus der Klause mitgenommen; = V, 1422. — 257 z�he adj., nicht leicht brechend, elastisch. — 258 das durch Färben schöne. — 259 klûse swf, Klause: V, 1349 stand die Form klôse. — 261 Segramors' Speer drang in Parzival's Schild ein. — 264 satel ist Acc. von dem subst. gebrauchten Gen. des Inf. rûmens abhängig; vgl. zu V, 405. — 265 bestân stv., bleiben. — 266 im, Segramors. — 267 ohne sich weiter um den Gefallenen zu be- kümmern, nach seinem Namen zu forschen. — 268 dâ, dorthin wo. - 270 da gerieth er wieder in die Macht der Minne: die Gedanken an die ferne geliebte Frau bemächtigten sich seiner wieder. —
308 SECHSTES BUCH. frou Minne im anders kumbers jach. durch tjoste bringen warf sîn ors von ime der küene Segramors. umbe wánde ouch sich'ez kastelân, dâ Parzivâl der wol getân unversunnen ûffe saz, sô daz er'z bluot übermaz, sîn séhen wart drábe gekêret: des wart sîn prîs gemêret. do er der zaher niht mêr sach. frou Witze im aber sinnes jach. hie kom Segramors roys. Parzivâl daz sper von Troys, daz veste unt daz zæhe, von värwén daz wæhe, als er'z vor der klûsen vant, daz begúnde er senken mit der hant. ein tjost enpfienger durch den schilt: sîn tjost hin wider wart gezilt, daz Segramors der werde degen satel rûmens muose pflegen, und daz dez sper doch ganz bestuont. dâ von im wart gevelle kunt. Parzivâl reit âne vrâgen dâ die bluotes zäher lâgen. do er die mit den ougen vant, frou Minne stricte in an ir bant. 250 255 260 265 245 270 244 gewährte, bereitete ihm andern Kummer. — 245 von durch hängt der Inf. bringen, von diesem der Acc. tjoste ab: um das Anrennen zu voll- bringen; das Object des Inf. steht häufiger nach als vor dem Inf.; vgl. Albrecht von Halberstadt, S. 454. Vgl. Parzival IX, 71. — 246 er schwenkte das Ross von ihm weg: kehrte um, um den Anlauf zu nehmen. — 247 sichez = sich dez, daz. — 248 der wol getân; vgl. zu V, 1301. 250 übermezzen stv. mit acc., über etwas hinwegsehen. — 251 drabe, davon ab. — 252 dadurch erlangte er neuen Ruhm, indem er Segramors nieder- stach. — 254 frou Witze personificiert: so können im Mhd. alle Eigen- schaften zu Personen gemacht werden. Frau Besinnung gab ihm den Verstand wieder, er kam wieder zu Sinnen. — 256 den Speer, welchen er aus der Klause mitgenommen; = V, 1422. — 257 z�he adj., nicht leicht brechend, elastisch. — 258 das durch Färben schöne. — 259 klûse swf, Klause: V, 1349 stand die Form klôse. — 261 Segramors' Speer drang in Parzival's Schild ein. — 264 satel ist Acc. von dem subst. gebrauchten Gen. des Inf. rûmens abhängig; vgl. zu V, 405. — 265 bestân stv., bleiben. — 266 im, Segramors. — 267 ohne sich weiter um den Gefallenen zu be- kümmern, nach seinem Namen zu forschen. — 268 dâ, dorthin wo. - 270 da gerieth er wieder in die Macht der Minne: die Gedanken an die ferne geliebte Frau bemächtigten sich seiner wieder. —
Strana 309
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 309 289 wéder er'n sprách dô sus noch sô wan ér schiet von den witzen dô. Segramors kastelân huop sih gein sînem barne sân. er muose ûf durch ruowen stên, ober iender wolde gên. sich legent genuoc durch ruowen nider: daz habet ir dicke freischet sider. waz ruowe kôs er in dem snê? mir tæte ein ligen drinne wê. der schadehafte erwarb ie spot, saelden pflihtær dem half got. daz her lac wol sô nâhen daz si Párziválen sâhen haben als im was geschehen. der minne er muose ir siges jehen, diu Salmônen ouch betwanc. dâ nâch was dô niht ze lanc, ê Segramors dort zuo z'in gienc. swer in hazte od wol enpfienc, den was er al gelîche holt : sus teilter bâgens grôzen solt. er sprach «ir habet des freischet vil , riterschaft ist topelspil, unt daz ein man von tjoste viel. 275 280 285 290 9 295 272 won, sondern: er verlor seine Besinnung. 273 Segramors = Segramorses, wie Artůs = Artûses VI, 72 und öfter. 274 barn stm., Krippe; vgl. III, 1494. — 275 um zu ruhen. — 276 iender, irgendwie, überhaupt. — gén, zur Ruhe gehen: dann musste er erst auf- stehen, wiewohl er hier scheinbar schon Ruhe hatte, indem er lag. Das veranlasst den humoristischen Spott der folgenden Zeilen. — 277 genuoc = genuoge, viele : in der Regel legt man sich nieder, wenn man ruhen will. — 278 freischet : in der Weglassung der Præpos. ge beim Particip. sieht man deutlich die Zusammensetzung ver-eischen. — sider, seitdem, später : weil dies Ereigniss ja schon lange her ist. — 279 ruowe ist gen. von waz ab- hangig : was für Ruhe? — 281 schadehaft adj., Schaden habend; vgl. wer den Schaden hat, braucht nicht für Spott zu sorgen. — 282 pflihtar stm., der Gemeinschaft mit, Antheil an etwas hat. Wer Glück hat, von dem sagt man immer: dem half Gott. — 285 haben, halten (intrans.): wie es ilim ergangen war, wie es mit ihm stand. — 287 Salmôn, Salomo, dem weisesten Manne raubte Minne den Sinn, wie hier Parzivaln die Besin- nung. Vgl. Heinrich von Veldecke (MFr. 66, 16) Diu minne betwanc (MFr. twanc e) Sâlomône. — 288 dauerte es nicht lange. — 289 ê, bevor, bis. — 292 er vertheilte reichlich den Sold des Scheltens, er gab jedem seinen Antheil davon. — 293 ihr habt viel davon vernommen, das oftmals sagen hören. — 294 topelspil stn., Würfelspiel; vgl. Winsbeke 20, 9 guot ritter- schaft ist toppelspil: diu sœlde muo: des degenes pflegen. Ein Sprichwort: der Ausfall des Kampfes ist Glückssache. Vgl. II, 1703. — 295 daz hängt von freischet ab. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 309 289 wéder er'n sprách dô sus noch sô wan ér schiet von den witzen dô. Segramors kastelân huop sih gein sînem barne sân. er muose ûf durch ruowen stên, ober iender wolde gên. sich legent genuoc durch ruowen nider: daz habet ir dicke freischet sider. waz ruowe kôs er in dem snê? mir tæte ein ligen drinne wê. der schadehafte erwarb ie spot, saelden pflihtær dem half got. daz her lac wol sô nâhen daz si Párziválen sâhen haben als im was geschehen. der minne er muose ir siges jehen, diu Salmônen ouch betwanc. dâ nâch was dô niht ze lanc, ê Segramors dort zuo z'in gienc. swer in hazte od wol enpfienc, den was er al gelîche holt : sus teilter bâgens grôzen solt. er sprach «ir habet des freischet vil , riterschaft ist topelspil, unt daz ein man von tjoste viel. 275 280 285 290 9 295 272 won, sondern: er verlor seine Besinnung. 273 Segramors = Segramorses, wie Artůs = Artûses VI, 72 und öfter. 274 barn stm., Krippe; vgl. III, 1494. — 275 um zu ruhen. — 276 iender, irgendwie, überhaupt. — gén, zur Ruhe gehen: dann musste er erst auf- stehen, wiewohl er hier scheinbar schon Ruhe hatte, indem er lag. Das veranlasst den humoristischen Spott der folgenden Zeilen. — 277 genuoc = genuoge, viele : in der Regel legt man sich nieder, wenn man ruhen will. — 278 freischet : in der Weglassung der Præpos. ge beim Particip. sieht man deutlich die Zusammensetzung ver-eischen. — sider, seitdem, später : weil dies Ereigniss ja schon lange her ist. — 279 ruowe ist gen. von waz ab- hangig : was für Ruhe? — 281 schadehaft adj., Schaden habend; vgl. wer den Schaden hat, braucht nicht für Spott zu sorgen. — 282 pflihtar stm., der Gemeinschaft mit, Antheil an etwas hat. Wer Glück hat, von dem sagt man immer: dem half Gott. — 285 haben, halten (intrans.): wie es ilim ergangen war, wie es mit ihm stand. — 287 Salmôn, Salomo, dem weisesten Manne raubte Minne den Sinn, wie hier Parzivaln die Besin- nung. Vgl. Heinrich von Veldecke (MFr. 66, 16) Diu minne betwanc (MFr. twanc e) Sâlomône. — 288 dauerte es nicht lange. — 289 ê, bevor, bis. — 292 er vertheilte reichlich den Sold des Scheltens, er gab jedem seinen Antheil davon. — 293 ihr habt viel davon vernommen, das oftmals sagen hören. — 294 topelspil stn., Würfelspiel; vgl. Winsbeke 20, 9 guot ritter- schaft ist toppelspil: diu sœlde muo: des degenes pflegen. Ein Sprichwort: der Ausfall des Kampfes ist Glückssache. Vgl. II, 1703. — 295 daz hängt von freischet ab. —
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310 SECHSTES BUCH. ez sinket halt ein meres kiel. lât mich niemer niht gestrîten, daz er mîn getorste biten, ob er bekande mînen schilt. des hât mich gar an ime bevilt, 290 der noch dort ûze tjoste gert. sîn lip ist och wol prîses wert.» 300 Kéyé der küene man brâht'z mære für den künec sân, Segràmors ware gestochen abe. unt dort ûze hielt’ ein strenger knabe, der gerte tjoste reht' als ê. [er sprach] « hêrre, mir tuot iemer wê, sol er's genozzen scheiden hin. obe ich in sô wirdec pin, lât mich versuochen wes er ger. sît er mit ûf gerihtem sper dort habt vor iwerem wibe. niemer ich belibe in iwerem dienéste mêre: tavelrunder hât unêre, ob man'z im niht bezîte wert. ûf unsern pris sîn ellen zert. nu gebet mir strîtes urloup. wæer’ wir alle blint od toup, ir solt’z im weren: des waere zît. » Artûs erloubte Keien strît. gewâpent wart der scheneschalt. dô wolder swéndén den walt 305 310 315 320 296 halt, halt auch, ja auch. — kiel stm., gröfseres Schiff. — 297 gestriten stv., im Streite behaupten, behaupten : ich will nicht behaupten. — 298 ge- torste und bekande sind conj.: gewagt, erkannt hätte. — 300 des mit Bezug auf V. 298. — 302 er ist ein tüchtiger Ritter. 304 brâht'z mœere, brachte die Kunde. — 306 knabe, junger Mann. — 308 er sprach, vgl. zu V, 783. — 309 genozzen in activem Sinne: soll er von hier fortgehen, ohne es entgolten zu haben, ohne bestraft zu wer- den. — 310 wirdec adj., Werth habend: wenn ich euch dazu würdig er- scheine. — 313 vor, vor ihren Augen: denn man konnte vom Lager aus ihn sehen (VI, 283) : es war aber unpassend, sich den Frauen so zu zei- gen; vgl. zu V, 1543. — 317 ez: so gewaffnet sich dem Hoflager zu nahen. — bezîte adv. (aus bizîte geschwächt), bei Zeiten. — 318 sein Muth lebt auf Kosten unsers Ruhmes. — 319 strîtes urloup, Erlaubniss zum Streit. 320 woer’ für wœere, und dies für wœeren bei nachfolgendem Pron. wir. — wir alle, alle eure Ritter. — 321 solt = soltet: dann müsste Artus selbst seine Ehre vertheidigen. — 323 scheneschalt stm., Seneschall, die weniger entstellte Form; vgl. III, 1067. — 324 swenden den walt, viele Speere ver- brauchen; vgl. waltswende I, 1703. —
310 SECHSTES BUCH. ez sinket halt ein meres kiel. lât mich niemer niht gestrîten, daz er mîn getorste biten, ob er bekande mînen schilt. des hât mich gar an ime bevilt, 290 der noch dort ûze tjoste gert. sîn lip ist och wol prîses wert.» 300 Kéyé der küene man brâht'z mære für den künec sân, Segràmors ware gestochen abe. unt dort ûze hielt’ ein strenger knabe, der gerte tjoste reht' als ê. [er sprach] « hêrre, mir tuot iemer wê, sol er's genozzen scheiden hin. obe ich in sô wirdec pin, lât mich versuochen wes er ger. sît er mit ûf gerihtem sper dort habt vor iwerem wibe. niemer ich belibe in iwerem dienéste mêre: tavelrunder hât unêre, ob man'z im niht bezîte wert. ûf unsern pris sîn ellen zert. nu gebet mir strîtes urloup. wæer’ wir alle blint od toup, ir solt’z im weren: des waere zît. » Artûs erloubte Keien strît. gewâpent wart der scheneschalt. dô wolder swéndén den walt 305 310 315 320 296 halt, halt auch, ja auch. — kiel stm., gröfseres Schiff. — 297 gestriten stv., im Streite behaupten, behaupten : ich will nicht behaupten. — 298 ge- torste und bekande sind conj.: gewagt, erkannt hätte. — 300 des mit Bezug auf V. 298. — 302 er ist ein tüchtiger Ritter. 304 brâht'z mœere, brachte die Kunde. — 306 knabe, junger Mann. — 308 er sprach, vgl. zu V, 783. — 309 genozzen in activem Sinne: soll er von hier fortgehen, ohne es entgolten zu haben, ohne bestraft zu wer- den. — 310 wirdec adj., Werth habend: wenn ich euch dazu würdig er- scheine. — 313 vor, vor ihren Augen: denn man konnte vom Lager aus ihn sehen (VI, 283) : es war aber unpassend, sich den Frauen so zu zei- gen; vgl. zu V, 1543. — 317 ez: so gewaffnet sich dem Hoflager zu nahen. — bezîte adv. (aus bizîte geschwächt), bei Zeiten. — 318 sein Muth lebt auf Kosten unsers Ruhmes. — 319 strîtes urloup, Erlaubniss zum Streit. 320 woer’ für wœere, und dies für wœeren bei nachfolgendem Pron. wir. — wir alle, alle eure Ritter. — 321 solt = soltet: dann müsste Artus selbst seine Ehre vertheidigen. — 323 scheneschalt stm., Seneschall, die weniger entstellte Form; vgl. III, 1067. — 324 swenden den walt, viele Speere ver- brauchen; vgl. waltswende I, 1703. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 311 mit tjoste ûf disen kumenden gast. der truoc der minne grôzen last: daz fuogte im snê unde bluot. êst sünde, swer im mêr nu tuot. ouch hât's diu Minne kranken pris: diu stiez ûf in ir krefte rîs. 325 330 2) 291 Vrou Mínné, wie tuot ir sô, daz ir den trûrgen machet vrô mit kurze werender fröude? ir tuot in schiere töude. wie stêt in daz, frou Minne. daz ir manlîche sinne und herzehaften hôhen muot alsus enschumpfieren tuot? daz smæhe unt daz werde, und swaz ûf der erde gein iu decheines strîtes pfliget. dem habet ir schiere an gesiget. wir müezen iuch pi kreften lân mit rehter wârheit sunder wân. frou Minne, ir habet ein êre, und wênc decheine mêre. frou Liebe iu git geselleschaft: andrs war’ vil dürkel iuwer kraft. frou Minne, ir pfleget untriuwen mit alten siten niuwen: ir zucket manegem wibe ir pris, 335 340 345 350 328 est = e: ist. — mêr, noch weiteres: da er schon an der Last der Minne genug zu tragen hat. — 329 hât's, hat davon. — kranken pris, geringen (= gar keinen) Ruhm. — 330 rîs stn., Zweig als Stab, als Scepter: das Scepter ihrer Macht hat sie auf ihn aufgepflanzt als Siegerin. 332 wie kommt's daſs die Freude, die ihr gebt, so kurz dauert? — 333 kurze adv. zu werender, kurze Zeit hindurch. — 334 tuot, macht. — töude, zu V, 200. — 337 hôhen muot, freudiges Streben. — 338 enschum- pfieren tuot, nicht wie unser thun (engl. do) zur Umschreibung des Ver- bums, sondern: bewirkt dafs er solche Niederlage erleidet; der Infin. in passivischem Sinne. — 339 das Verachtete und das Werthgehaltene. — 343 wir mussen euch eure Kraft lassen, können sie euch nicht absprechen. — 344 wenn wir die Wahrheit aufrichtig bekennen wollen. — sunder wan, ohne falsche Vorspiegelung. — 345 éin Ding, éin Umstand macht euch geehrt. — 346 abgesehen von diesem sähe es mit eurer Ehre schlecht aus. — wênc, durchaus nicht. — 347 Liebe personificiert, Freude, Anmuth, Liebreiz: dies ist das wahre Geheimniss der Macht der Minne. Mit dieser geistigen Auffassung der Minne steht Wolfram nicht allein. — 348 andrs, sonst. — dürkel adj., durchlöchert. — 349 untriuwen gen. pl.: der Plural sehr gewöhnlich. — 350 vgl. IV. 717. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 311 mit tjoste ûf disen kumenden gast. der truoc der minne grôzen last: daz fuogte im snê unde bluot. êst sünde, swer im mêr nu tuot. ouch hât's diu Minne kranken pris: diu stiez ûf in ir krefte rîs. 325 330 2) 291 Vrou Mínné, wie tuot ir sô, daz ir den trûrgen machet vrô mit kurze werender fröude? ir tuot in schiere töude. wie stêt in daz, frou Minne. daz ir manlîche sinne und herzehaften hôhen muot alsus enschumpfieren tuot? daz smæhe unt daz werde, und swaz ûf der erde gein iu decheines strîtes pfliget. dem habet ir schiere an gesiget. wir müezen iuch pi kreften lân mit rehter wârheit sunder wân. frou Minne, ir habet ein êre, und wênc decheine mêre. frou Liebe iu git geselleschaft: andrs war’ vil dürkel iuwer kraft. frou Minne, ir pfleget untriuwen mit alten siten niuwen: ir zucket manegem wibe ir pris, 335 340 345 350 328 est = e: ist. — mêr, noch weiteres: da er schon an der Last der Minne genug zu tragen hat. — 329 hât's, hat davon. — kranken pris, geringen (= gar keinen) Ruhm. — 330 rîs stn., Zweig als Stab, als Scepter: das Scepter ihrer Macht hat sie auf ihn aufgepflanzt als Siegerin. 332 wie kommt's daſs die Freude, die ihr gebt, so kurz dauert? — 333 kurze adv. zu werender, kurze Zeit hindurch. — 334 tuot, macht. — töude, zu V, 200. — 337 hôhen muot, freudiges Streben. — 338 enschum- pfieren tuot, nicht wie unser thun (engl. do) zur Umschreibung des Ver- bums, sondern: bewirkt dafs er solche Niederlage erleidet; der Infin. in passivischem Sinne. — 339 das Verachtete und das Werthgehaltene. — 343 wir mussen euch eure Kraft lassen, können sie euch nicht absprechen. — 344 wenn wir die Wahrheit aufrichtig bekennen wollen. — sunder wan, ohne falsche Vorspiegelung. — 345 éin Ding, éin Umstand macht euch geehrt. — 346 abgesehen von diesem sähe es mit eurer Ehre schlecht aus. — wênc, durchaus nicht. — 347 Liebe personificiert, Freude, Anmuth, Liebreiz: dies ist das wahre Geheimniss der Macht der Minne. Mit dieser geistigen Auffassung der Minne steht Wolfram nicht allein. — 348 andrs, sonst. — dürkel adj., durchlöchert. — 349 untriuwen gen. pl.: der Plural sehr gewöhnlich. — 350 vgl. IV. 717. —
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312 SECHSTES BUCH. 292 unt rât in sippiu âmîs, und dáz manc hêrre an sînem man von iuwerr kraft hât missetân, unt der friunt an sîme gesellen (iuwer site kan sich hellen), unt der mán an sîme hêrren. frou Minne, iu solte werren daz ir den lip der gir verwenet, dar umbe sich diu sêle senet. frou Minne, sit ir habet gewalt, daz ir die jugent sus machet alt, dar man doch zelt vil kurziu jâr, iur werc sint hâlscharlîcher vâr. 355 360 365 Disiu réde enzaeme keinem man. wan der nie trôst von in gewan. het ir mir geholfen baz, mîn lop waer' gein iu niht sô laz. ir habt mir mangel vor gezilt und mînr óugen ecke alsô verspilt daz ich iu niht getrûwen mac. mîn nôt iuch ie vil ringe wac. doch sît ir mir ze wol geborn, daz gein iu mîn kranker zorn iemer solde bringen wort. iwer drúc hât sô strengen ort, ir ladet ûf herze swaeren soum. 370 375 — 352 rât = râtet. — âmis als neutr. (zu III, 516) : rathet ihnen zu verwandten Liebhabern, unter blutsverwandten Männern sich Liebhaber zu suchen. Minne bewirkt auch Blutschande. — 353 das hängt von râten ab: 1hr veranlasst durch euern Rath, dafs der Herr das Weib seines Lehnsmannes verführt. — 354 von, durch. — 356 hellen swv. refl., sich laut machen : eure Art und Weise versteht sich bemerklich zu machen. — 358 werren mit dat., hinderlich sein, leid sein. — 359 verwenen swv., in übler Weise (ver-) au etwas gewöhnen. — 360 weswegen die Seele sich härmt, worunter die Seele leidet. — 362 mit Bezug auf V. 333. 334. — 363 dar auf jugent zu be- ziehen: der man beimisst. — 364 hâlscharlîch adj., von hâlschar, eigentlich Schar im Hinterhalte: hinterlistig, heimtückisch. — vâr ist gen. 366 wan der, außser demjenigen der. — 367 het = hetet. Er klagt wie- der über die unerhörte Minne; vgl. zu VI, 224. — 368 so würde ich euch mehr loben können. — 369 mangel stm., Entbehren: das Resultat meines Strebens war Entbehren. — 370 ougen doppelsinnig: zugleich die Augen des Würfels sind gemeint, dem Würfelspiel das Bild entlehnt. Vgl. V. 732. Die Liebe vergleicht er einem Würfelspiel, in welchem er verloren. verspielt hat. — 372 ihr machtet euch niemals etwas aus meiner Noth. — 373 ihr steht mir zu hoch. — 374 daz, als daſs. — 375 iemer, je, über- haupt. — wort bringen, Anklage erheben. — 376 euer Druck hat so 3 — scharfe Spitze, schneidet tief ein. 377 soum stm., Last (griech. sagma). —
312 SECHSTES BUCH. 292 unt rât in sippiu âmîs, und dáz manc hêrre an sînem man von iuwerr kraft hât missetân, unt der friunt an sîme gesellen (iuwer site kan sich hellen), unt der mán an sîme hêrren. frou Minne, iu solte werren daz ir den lip der gir verwenet, dar umbe sich diu sêle senet. frou Minne, sit ir habet gewalt, daz ir die jugent sus machet alt, dar man doch zelt vil kurziu jâr, iur werc sint hâlscharlîcher vâr. 355 360 365 Disiu réde enzaeme keinem man. wan der nie trôst von in gewan. het ir mir geholfen baz, mîn lop waer' gein iu niht sô laz. ir habt mir mangel vor gezilt und mînr óugen ecke alsô verspilt daz ich iu niht getrûwen mac. mîn nôt iuch ie vil ringe wac. doch sît ir mir ze wol geborn, daz gein iu mîn kranker zorn iemer solde bringen wort. iwer drúc hât sô strengen ort, ir ladet ûf herze swaeren soum. 370 375 — 352 rât = râtet. — âmis als neutr. (zu III, 516) : rathet ihnen zu verwandten Liebhabern, unter blutsverwandten Männern sich Liebhaber zu suchen. Minne bewirkt auch Blutschande. — 353 das hängt von râten ab: 1hr veranlasst durch euern Rath, dafs der Herr das Weib seines Lehnsmannes verführt. — 354 von, durch. — 356 hellen swv. refl., sich laut machen : eure Art und Weise versteht sich bemerklich zu machen. — 358 werren mit dat., hinderlich sein, leid sein. — 359 verwenen swv., in übler Weise (ver-) au etwas gewöhnen. — 360 weswegen die Seele sich härmt, worunter die Seele leidet. — 362 mit Bezug auf V. 333. 334. — 363 dar auf jugent zu be- ziehen: der man beimisst. — 364 hâlscharlîch adj., von hâlschar, eigentlich Schar im Hinterhalte: hinterlistig, heimtückisch. — vâr ist gen. 366 wan der, außser demjenigen der. — 367 het = hetet. Er klagt wie- der über die unerhörte Minne; vgl. zu VI, 224. — 368 so würde ich euch mehr loben können. — 369 mangel stm., Entbehren: das Resultat meines Strebens war Entbehren. — 370 ougen doppelsinnig: zugleich die Augen des Würfels sind gemeint, dem Würfelspiel das Bild entlehnt. Vgl. V. 732. Die Liebe vergleicht er einem Würfelspiel, in welchem er verloren. verspielt hat. — 372 ihr machtet euch niemals etwas aus meiner Noth. — 373 ihr steht mir zu hoch. — 374 daz, als daſs. — 375 iemer, je, über- haupt. — wort bringen, Anklage erheben. — 376 euer Druck hat so 3 — scharfe Spitze, schneidet tief ein. 377 soum stm., Last (griech. sagma). —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 313 293 hêr Héinrîch von Véldeke sînen boum mit kunst gein iwerem arde maz : het er uns dô bescheiden baz wie man iuch süle behalten ! er hât her dan gespalten wie man iuch sol erwerben. von tumpheit muoz verderben maneges tôren hôher funt. waz oder wirt mir daz noch kunt, daz wîze ich iu, frou Minne. ir sît slôz óbe dem sinne. ezen hilfet gein iu schilt noch swert, snell' ors, hôch purc mit türnen wert : ir sit gewaldec obe der were. bêde ûf erde unt in dem mere waz entrinnet iuwerm kriege, ez flieze oder fliege? frou Minne, ir tâtet ouch gewalt, dô Parzivâl der degen balt durch iuch von sînen witzen schiet, als ime sîn triuwe dô geriet. daz werde süeze clâre wîp sand’ iuch ze boten an sînen lip, diu künegin von Pelrapeire. Kardeiz fiz Tampenteire, ir bruoder, nâmt ir och sîn leben. sol man iu sölhe zinse geben, wol mich daz ich von iu niht hân, 380 385 390 395 400 405 378 sinen boum, den Baum seiner Poesie. — 379 mezzen gein, zusammen- stellen mit: er hat in kunstvoller Weise in seinem grofsen Gedichte (der Eneide) cure Art und Weise behandelt. Dies bezieht sich auf das be- ruhmte Gesprach zwischen Lavine und ihrer Mutter (Eneide 260, 6—266, 18 Ettm.), in welchem diese der Tochter über das Wesen der Minne Auf- klarung ertheilt. — 382 er hat davon losgelöst nur die eine Seite : nur das hat er gelehrt. — 384 durch Unerfahrenheit. — 385 mancher Thor, dem das Liebesglück wohl will, verscherzt es, weil er die Minne nicht zu be- wahren weiſs. — 386 waz oder (vgl. waz obe V, 464), wie oder träte der Fall ein. Oder sollte ich wirklich das noch kennen lernen. — 388 slôz, vgl. zu I, 65. Ihr umschliefst, umfasst alle Klugheit. — 390 snell = snelle, geschwächt aus snelliu. — hôch unflect. Form des Adj. — 391 ihr besiegt jede Brustwehr einer Burg, nichts widersteht euch. — 393 inwerm kriege, dem Kampfe mit euch, in welchem ihr siegt. — 395 ihr handelt auch ge- waltthätig. — 400 sandte euch als Boten an ihn. — 401 d. h. Condwira- murs. — 402 Kardeiz, der Bruder von Condwiramurs, wird nur noch Titurel 28, 1 erwähnt : nach ihm nannte Parzival seinen einen Sohn. Wie er starb, darüber erfahren wir nichts. — 404 wenn ihr von dem Glücke, womit ihr den Menschen belehnt, solchen Zins fordert, d. h. sein Leben dafür, so bin ich ſroh, daſs ich kein Lehen von euch habe. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 313 293 hêr Héinrîch von Véldeke sînen boum mit kunst gein iwerem arde maz : het er uns dô bescheiden baz wie man iuch süle behalten ! er hât her dan gespalten wie man iuch sol erwerben. von tumpheit muoz verderben maneges tôren hôher funt. waz oder wirt mir daz noch kunt, daz wîze ich iu, frou Minne. ir sît slôz óbe dem sinne. ezen hilfet gein iu schilt noch swert, snell' ors, hôch purc mit türnen wert : ir sit gewaldec obe der were. bêde ûf erde unt in dem mere waz entrinnet iuwerm kriege, ez flieze oder fliege? frou Minne, ir tâtet ouch gewalt, dô Parzivâl der degen balt durch iuch von sînen witzen schiet, als ime sîn triuwe dô geriet. daz werde süeze clâre wîp sand’ iuch ze boten an sînen lip, diu künegin von Pelrapeire. Kardeiz fiz Tampenteire, ir bruoder, nâmt ir och sîn leben. sol man iu sölhe zinse geben, wol mich daz ich von iu niht hân, 380 385 390 395 400 405 378 sinen boum, den Baum seiner Poesie. — 379 mezzen gein, zusammen- stellen mit: er hat in kunstvoller Weise in seinem grofsen Gedichte (der Eneide) cure Art und Weise behandelt. Dies bezieht sich auf das be- ruhmte Gesprach zwischen Lavine und ihrer Mutter (Eneide 260, 6—266, 18 Ettm.), in welchem diese der Tochter über das Wesen der Minne Auf- klarung ertheilt. — 382 er hat davon losgelöst nur die eine Seite : nur das hat er gelehrt. — 384 durch Unerfahrenheit. — 385 mancher Thor, dem das Liebesglück wohl will, verscherzt es, weil er die Minne nicht zu be- wahren weiſs. — 386 waz oder (vgl. waz obe V, 464), wie oder träte der Fall ein. Oder sollte ich wirklich das noch kennen lernen. — 388 slôz, vgl. zu I, 65. Ihr umschliefst, umfasst alle Klugheit. — 390 snell = snelle, geschwächt aus snelliu. — hôch unflect. Form des Adj. — 391 ihr besiegt jede Brustwehr einer Burg, nichts widersteht euch. — 393 inwerm kriege, dem Kampfe mit euch, in welchem ihr siegt. — 395 ihr handelt auch ge- waltthätig. — 400 sandte euch als Boten an ihn. — 401 d. h. Condwira- murs. — 402 Kardeiz, der Bruder von Condwiramurs, wird nur noch Titurel 28, 1 erwähnt : nach ihm nannte Parzival seinen einen Sohn. Wie er starb, darüber erfahren wir nichts. — 404 wenn ihr von dem Glücke, womit ihr den Menschen belehnt, solchen Zins fordert, d. h. sein Leben dafür, so bin ich ſroh, daſs ich kein Lehen von euch habe. —
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314 SECHSTES BUCH. ir’n wolt mir bezzer senfte lân. ich hân gerédet unser áller wort : nu hort ouch wie’z ergienge dort. 294 Kéié der ellens rîche kom gewâpent rîterlîche ûz, alser strîtes gerte: och wæne in strîtes werte des künec Gahmuretes kint. swâ dwingénde frouwen sint, die sulen im heiles wünschen nu: wande in brâhte ein wîp dar zuo daz minne witze von im spielt. Keie sîner tjost enthielt, unz er zem Wâleise sprach «hêrre, sît iu sus geschach, daz ir den künec gelastert hât. welt ir mir volgen, so ist mîn rât unt dunkt mich iuwer bestez heil, nemt iuch sélben an ein brackenseil unt lât iuch für in ziehen. iren meget mir niht enpfliehen, ich bringe iuch doch betwungen dar: sô nimet man iwer unsánfte war.» den Wâleis twanc der minnen kraft swîgens. Keie sînen schaft uf zôch und frumt’ im einen swanc an'z houbet, daz der helm erklanc. 415 420 425 430 410 406 wolt conj. imperf., für woltet: es sei denn daf ihr wolltet. — senfte stf., Annehmlichkeit: dafs ihr mir ein behaglicheres Dasein vergönnen wolltet. — 407 ich habe für uns alle gesprochen. 411 als, als ob: wie einer der. — 412 wœne, glaube ich, in die Con- struction eingeschoben, ohne Einflußs auf dieselbe (vgl. zu V, 811). — in strîtes werte, gewährte ihm seinen Wunsch nach Streit. — 414 dwingende, die das Herz eines Mannes bezwingen, in ihrer Gewalt haben. — 417 spielt præt. von spalten, starkes redupl. Verb., spalten (vgl. 382): daſs die Minne seine Besinnung von ihm absonderte, ihn derselben beraubte. — 418 ent- halten stv. mit dat. und ausgelassenem Objecte, anhalten, zurückhalten: der Ausdruck ist hergenommen vom Pferde, dem man den Zaum zurück- hält. — 419 auch er widersagt ihm, ehe er losrennt (vgl. VI, 218). Er tjostierte nicht eher, als bis er gesprochen. — 420 da euch das passiert ist. — 421 lastern swv., schänden, beschimpfen. — 424 gebt euch freiwillig in seine Gewalt: das ist zu euerm Besten, sonst geschieht es mit Gewalt. — 426 enpftiehen aus entvliehen; vgl. empfehlen, empfangen. — 428 dann, in letzterm Falle, wird man euch nicht so glimpflich behandeln als wenn ihr mir freiwillig folgt. — 430 swîgens, zum Schweigen. — 431 ůf zôch, zog zurück: er rannte ihn also nicht tjostierend an, sondern schlug ihn mit dem Schafte; vgl. III, 1168. — frumte, that, gab. —
314 SECHSTES BUCH. ir’n wolt mir bezzer senfte lân. ich hân gerédet unser áller wort : nu hort ouch wie’z ergienge dort. 294 Kéié der ellens rîche kom gewâpent rîterlîche ûz, alser strîtes gerte: och wæne in strîtes werte des künec Gahmuretes kint. swâ dwingénde frouwen sint, die sulen im heiles wünschen nu: wande in brâhte ein wîp dar zuo daz minne witze von im spielt. Keie sîner tjost enthielt, unz er zem Wâleise sprach «hêrre, sît iu sus geschach, daz ir den künec gelastert hât. welt ir mir volgen, so ist mîn rât unt dunkt mich iuwer bestez heil, nemt iuch sélben an ein brackenseil unt lât iuch für in ziehen. iren meget mir niht enpfliehen, ich bringe iuch doch betwungen dar: sô nimet man iwer unsánfte war.» den Wâleis twanc der minnen kraft swîgens. Keie sînen schaft uf zôch und frumt’ im einen swanc an'z houbet, daz der helm erklanc. 415 420 425 430 410 406 wolt conj. imperf., für woltet: es sei denn daf ihr wolltet. — senfte stf., Annehmlichkeit: dafs ihr mir ein behaglicheres Dasein vergönnen wolltet. — 407 ich habe für uns alle gesprochen. 411 als, als ob: wie einer der. — 412 wœne, glaube ich, in die Con- struction eingeschoben, ohne Einflußs auf dieselbe (vgl. zu V, 811). — in strîtes werte, gewährte ihm seinen Wunsch nach Streit. — 414 dwingende, die das Herz eines Mannes bezwingen, in ihrer Gewalt haben. — 417 spielt præt. von spalten, starkes redupl. Verb., spalten (vgl. 382): daſs die Minne seine Besinnung von ihm absonderte, ihn derselben beraubte. — 418 ent- halten stv. mit dat. und ausgelassenem Objecte, anhalten, zurückhalten: der Ausdruck ist hergenommen vom Pferde, dem man den Zaum zurück- hält. — 419 auch er widersagt ihm, ehe er losrennt (vgl. VI, 218). Er tjostierte nicht eher, als bis er gesprochen. — 420 da euch das passiert ist. — 421 lastern swv., schänden, beschimpfen. — 424 gebt euch freiwillig in seine Gewalt: das ist zu euerm Besten, sonst geschieht es mit Gewalt. — 426 enpftiehen aus entvliehen; vgl. empfehlen, empfangen. — 428 dann, in letzterm Falle, wird man euch nicht so glimpflich behandeln als wenn ihr mir freiwillig folgt. — 430 swîgens, zum Schweigen. — 431 ůf zôch, zog zurück: er rannte ihn also nicht tjostierend an, sondern schlug ihn mit dem Schafte; vgl. III, 1168. — frumte, that, gab. —
Strana 315
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 315 dô sprach er «du muost wachen. âne lînlachen wirt dir dîn slâfen hie benant; ez zilt al anders hie mîn hant: ûf den snê du wirst geleit. der den sác vón der müle treit, wolt’ man in sô bliuwen, in möhte lazheit riuwen.» frou Minne, híe séht ir zuo ich wæen' man'z iu ze laster tuo wan ein gebûr spræeche sân, mîme hêrrn si diz getân. er klagete ouch, möhter sprechen. frou Minne, lât sich rechen den werden Wâleise: wan lieze in iuwer vreise unt iuwer strenge unsüezer last, ich waen’ sich werte dirre gast. 435 440 445 450 295 Keie hurte vaste an in unt drang im'z ors alumbe hin, unz daz der Wâleis übersach sin sücze súrez ungemach, sîns wîbés gelichen schîn, von Pelrapeire der künegin: 455 434 lînlachen stn., leinenes Tuch, Betttuch. Wenn du hier schlafen willst, so wird man dich ohne Betttuch niederlegen, nicht auf ein Laken, son- dern in den Schnee. — 435 benant, bestimmt, beschieden (zu I, 714). — 436 al anders, ganz anders: als auf ein Betttuch, nämlich auf den Schnee. — 438 Umschreibung für den Esel. — 439 wenn man den Esel so schlagen würde, wie ich dich. — 440 lazheit stf., Trägheit: so könnte ihm seine Trägheit leid werden. Selbst ein so träges Thier wie der Esel wird durch Schläge aus seinem Stumpfsinn herausgerissen. — 441 seht ir ist Imper. mit hinzugefügtem Pron.: hier passt auf. — 442 man beschimpft euch in diesen Schlägen. — 443 wan, nur. — gebûr stm., Bauer: nur jemand, der keine feinere Bildung besitzt und die Dinge eben nur ganz äußserlich er- fasst. — 444 mîme hêrrn, d. h. Parzival, der des mœeres hêrre ist (VII, 7): meinem Helden. — 445 er (Parzival) würde auch darüber klagen, wenn die Minne ihm nicht auch die Sprache benommen hätte. — 447 Wâleise acc. für Wâleisen. — 448 lieze, ließse los. — vreise stf., Drangsal. — 449 strenge kann Subst. (iuwer = iuwerr), aber auch Adj. sein: das erste der beiden Adj. unflectiert; vgl. zu V, 870. — last stm., die Last. — 450 gast, weil er hier fremd ist. 452 alumbe hin, ganz herum weg. — 453 übersehen stv., über etwas hinwegsehen; vgl. übermaz VI, 250. — 454 süeze súrez, vgl. zu V. 449. Das Leid, welches ihm zugleich süfs und herb war: das bittersüßse Liebes- leid, für den Gegenstand der dasselbe verursacht, die Blutstropfen. — 455 das ähnliche Abbild seines Weibes; vgl. VI, 110. — 456 der künegîn — von Pelrapeire, Apposition zu sîns wîbes.
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 315 dô sprach er «du muost wachen. âne lînlachen wirt dir dîn slâfen hie benant; ez zilt al anders hie mîn hant: ûf den snê du wirst geleit. der den sác vón der müle treit, wolt’ man in sô bliuwen, in möhte lazheit riuwen.» frou Minne, híe séht ir zuo ich wæen' man'z iu ze laster tuo wan ein gebûr spræeche sân, mîme hêrrn si diz getân. er klagete ouch, möhter sprechen. frou Minne, lât sich rechen den werden Wâleise: wan lieze in iuwer vreise unt iuwer strenge unsüezer last, ich waen’ sich werte dirre gast. 435 440 445 450 295 Keie hurte vaste an in unt drang im'z ors alumbe hin, unz daz der Wâleis übersach sin sücze súrez ungemach, sîns wîbés gelichen schîn, von Pelrapeire der künegin: 455 434 lînlachen stn., leinenes Tuch, Betttuch. Wenn du hier schlafen willst, so wird man dich ohne Betttuch niederlegen, nicht auf ein Laken, son- dern in den Schnee. — 435 benant, bestimmt, beschieden (zu I, 714). — 436 al anders, ganz anders: als auf ein Betttuch, nämlich auf den Schnee. — 438 Umschreibung für den Esel. — 439 wenn man den Esel so schlagen würde, wie ich dich. — 440 lazheit stf., Trägheit: so könnte ihm seine Trägheit leid werden. Selbst ein so träges Thier wie der Esel wird durch Schläge aus seinem Stumpfsinn herausgerissen. — 441 seht ir ist Imper. mit hinzugefügtem Pron.: hier passt auf. — 442 man beschimpft euch in diesen Schlägen. — 443 wan, nur. — gebûr stm., Bauer: nur jemand, der keine feinere Bildung besitzt und die Dinge eben nur ganz äußserlich er- fasst. — 444 mîme hêrrn, d. h. Parzival, der des mœeres hêrre ist (VII, 7): meinem Helden. — 445 er (Parzival) würde auch darüber klagen, wenn die Minne ihm nicht auch die Sprache benommen hätte. — 447 Wâleise acc. für Wâleisen. — 448 lieze, ließse los. — vreise stf., Drangsal. — 449 strenge kann Subst. (iuwer = iuwerr), aber auch Adj. sein: das erste der beiden Adj. unflectiert; vgl. zu V, 870. — last stm., die Last. — 450 gast, weil er hier fremd ist. 452 alumbe hin, ganz herum weg. — 453 übersehen stv., über etwas hinwegsehen; vgl. übermaz VI, 250. — 454 süeze súrez, vgl. zu V. 449. Das Leid, welches ihm zugleich süfs und herb war: das bittersüßse Liebes- leid, für den Gegenstand der dasselbe verursacht, die Blutstropfen. — 455 das ähnliche Abbild seines Weibes; vgl. VI, 110. — 456 der künegîn — von Pelrapeire, Apposition zu sîns wîbes.
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316 SECHSTES BUCH. ich meine den geparrierten snê. dô kom áber frou Witze als ê, diu im den sin her wider gap. Keie 'ez órs liez ín den wáláp: der kom durch tjostieren her. von rabîn sancten sie diu sper. Keie sine tjoste brâhte, als im der ougen mez gedâhte, durch's Wâleis schilt ein venster wit. im wart vergolden dirre strît. Keie Artûs scheneschalt ze gegentjoste wart gevalt überin rónen dâ diu gans entran, sô daz dez ors unt der man liten beidiu samet nôt: der man wart wunt, dez ors lac tôt. zwischen sátelbogen und eime stein Keyn zesewer arm und'z winster bein zebrach von disem gevelle: surzéngel, satel, geschelle von dirre hurte gar zebrast. sus galt zwei bliuwén der gast: daz eine leit ein maget durch in, mit dem ándern muoste er selbe sin. 460 465 470 475 480 296 Parzivâl der valscheitswant, sin triuwe in lêrte daz er vant snêwec bluotes zäher drî, die in vor witzen machten vri. 457 den aus verschiedenen Farben gemischten Schnee.— 458 vgl. VI, 254. — 460 lez = dez, daz. — liez, liefs los. — 462 von rabin, im Carrière an- sprengend. — 463 brahte hat zwei Objecte, zwischen denen es steht: sîne tjoste, führte, lenkte seinen Stofs; brâhte ein venster wît, verursachte, machte eine weite Öffnung. — 464 mes stn., Mass : wie das Maſs seiner Augen es sich ausgedacht hatte; wie er gezielt hatte. — 465 durch’s = durch des. — Wâleis = Wâleises; zu VI. 72. 273. — 468 gegentjost stf., Gegen- stoſs: im Gegenstofs. — 469 vgl. VI, 78. — 473 zwischem = zwischen dem. Er fiel also auf der rechten Seite des Pferdes herunter: den Arm brach er beim Fallen auf den Stein, das linke Bein am Sattelbogen. — 474 Keyn gen. für Keyen. — und's, und das; vgl. VI, 741. — 478 gellen stv., ver- gelten. — bliuwen subst. inf., hier im Plural: ein zweifaches Schlagen. — 479 ein maget, Cunneware. — durch in, um seinetwillen. — 480 das andere haftete an ihm, traf ihn : die Schläge, die er eben (V. 431) von Keye erhalten. 481 valscheitswant stm., der die Falschheit verschwinden macht, an dem keine Falschheit ist. Der Nom. steht aufser der Construction und wird durch sin aufgenommen. — 482 vant, aufsuchte (wie franz. trouver). — 483 snêwec adj., schneeig, im Schnec befindlich. — 484 die ihn der Besin- nung beraubten. —
316 SECHSTES BUCH. ich meine den geparrierten snê. dô kom áber frou Witze als ê, diu im den sin her wider gap. Keie 'ez órs liez ín den wáláp: der kom durch tjostieren her. von rabîn sancten sie diu sper. Keie sine tjoste brâhte, als im der ougen mez gedâhte, durch's Wâleis schilt ein venster wit. im wart vergolden dirre strît. Keie Artûs scheneschalt ze gegentjoste wart gevalt überin rónen dâ diu gans entran, sô daz dez ors unt der man liten beidiu samet nôt: der man wart wunt, dez ors lac tôt. zwischen sátelbogen und eime stein Keyn zesewer arm und'z winster bein zebrach von disem gevelle: surzéngel, satel, geschelle von dirre hurte gar zebrast. sus galt zwei bliuwén der gast: daz eine leit ein maget durch in, mit dem ándern muoste er selbe sin. 460 465 470 475 480 296 Parzivâl der valscheitswant, sin triuwe in lêrte daz er vant snêwec bluotes zäher drî, die in vor witzen machten vri. 457 den aus verschiedenen Farben gemischten Schnee.— 458 vgl. VI, 254. — 460 lez = dez, daz. — liez, liefs los. — 462 von rabin, im Carrière an- sprengend. — 463 brahte hat zwei Objecte, zwischen denen es steht: sîne tjoste, führte, lenkte seinen Stofs; brâhte ein venster wît, verursachte, machte eine weite Öffnung. — 464 mes stn., Mass : wie das Maſs seiner Augen es sich ausgedacht hatte; wie er gezielt hatte. — 465 durch’s = durch des. — Wâleis = Wâleises; zu VI. 72. 273. — 468 gegentjost stf., Gegen- stoſs: im Gegenstofs. — 469 vgl. VI, 78. — 473 zwischem = zwischen dem. Er fiel also auf der rechten Seite des Pferdes herunter: den Arm brach er beim Fallen auf den Stein, das linke Bein am Sattelbogen. — 474 Keyn gen. für Keyen. — und's, und das; vgl. VI, 741. — 478 gellen stv., ver- gelten. — bliuwen subst. inf., hier im Plural: ein zweifaches Schlagen. — 479 ein maget, Cunneware. — durch in, um seinetwillen. — 480 das andere haftete an ihm, traf ihn : die Schläge, die er eben (V. 431) von Keye erhalten. 481 valscheitswant stm., der die Falschheit verschwinden macht, an dem keine Falschheit ist. Der Nom. steht aufser der Construction und wird durch sin aufgenommen. — 482 vant, aufsuchte (wie franz. trouver). — 483 snêwec adj., schneeig, im Schnec befindlich. — 484 die ihn der Besin- nung beraubten. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 317 485 sîne gedanke umben grâl unt der künegîn glîchiu mâl. ietwederz was ein strengiu nôt: an ime wac für der minnen lôt. truren unde minne brichet zahe sinne. sol diz âventiure sîn?" sie möhten bêde heizen pîn. küene liute solten Keien nôt klagen: sîn manheit ime gebôt genendeclîche an manegen strit. man saget in manegen landen wit. daz Keie, Artůs scheneschalt. mit siten wære ein ribbalt. des sagent in mîniu mæere blôz: er was der werdekeit genôz. swie kleine ich des die volge hân. getriuwe und ellenthaft ein man was Keie: dés giht mîn munt. ich tuon och mêre von im kunt. Artûses hof was ein zil, dar kom vremeder liute vil, die werden unt die smæhen. mit sítén die wæhen, swelher partieres pflac, der selbe Keien ringe wac: 297 an swem diu kurtôsîe unt diu wérde cumpânîe 490 495 500 505 510 2 485 umben gral, wegen des Grals. — 486 und diese Zeichen, die der Königin ähnlich sahen. — 488 für wegen, überwiegen. — lôt stn., Gewicht. — 489 trûren bezieht sich auf die Gedanken wegen des Grals (V. 485). — 490 zœhe, auch noch so geschmeidige, elastische. — 491 âventiure stf., Glück. — 492 möhten, könnten mit größserm Rechte. — 493 nôt acc. von klagen, beklagen, abhängig. — 494 ime gebôt an, veranlasste ihn, trieb ihn an zu. — 495 genendeclîche adv., muthig, kühn. — 498 mit siten, in Bezug auf sein Benehmen. — ribbalt stm., altfranz. ribalt, ribaut, Landstreicher, Bube. — 499 sagen blôz, einen eines d., einen von etwas freisprechen. — 501 wie wenig Beistimmung ich darin auch finde. Die gewöhnliche Auf- fassung Keie’s war allerdings eine sehr ungünstige und stellte ihn als hämischen, prahlerischen Gesellen dar; vgl. Sachse, Uber den Ritter Kei (Berlin 1860) und Mushacke, Keii der kâtspreche (Rostock 1872). — 502 ge- triuwe und ellenthaft unflect. wie snêwec VI, 483 u. s. w. — 507 smœhen, verächtlichen, nichtswürdigen. — 508 wœhe adj., zierlich : hier aber in einem tadelnden Sinne, im Gegensatz von sleht, gerade, einfach, also: gewandt, schlau. Bemerkenswerth ist die Verlängerung der vorletzten Silbe in siten. — 509 swelher, jeder der. — partieren aus parâtieren, betrügen, täuschen davon partieres = partierens (vgl. I, 1451). — 510 den schätzte Keie nicht hoch. — 512 und wer ein würdiger Genosse, geselle, war. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 317 485 sîne gedanke umben grâl unt der künegîn glîchiu mâl. ietwederz was ein strengiu nôt: an ime wac für der minnen lôt. truren unde minne brichet zahe sinne. sol diz âventiure sîn?" sie möhten bêde heizen pîn. küene liute solten Keien nôt klagen: sîn manheit ime gebôt genendeclîche an manegen strit. man saget in manegen landen wit. daz Keie, Artůs scheneschalt. mit siten wære ein ribbalt. des sagent in mîniu mæere blôz: er was der werdekeit genôz. swie kleine ich des die volge hân. getriuwe und ellenthaft ein man was Keie: dés giht mîn munt. ich tuon och mêre von im kunt. Artûses hof was ein zil, dar kom vremeder liute vil, die werden unt die smæhen. mit sítén die wæhen, swelher partieres pflac, der selbe Keien ringe wac: 297 an swem diu kurtôsîe unt diu wérde cumpânîe 490 495 500 505 510 2 485 umben gral, wegen des Grals. — 486 und diese Zeichen, die der Königin ähnlich sahen. — 488 für wegen, überwiegen. — lôt stn., Gewicht. — 489 trûren bezieht sich auf die Gedanken wegen des Grals (V. 485). — 490 zœhe, auch noch so geschmeidige, elastische. — 491 âventiure stf., Glück. — 492 möhten, könnten mit größserm Rechte. — 493 nôt acc. von klagen, beklagen, abhängig. — 494 ime gebôt an, veranlasste ihn, trieb ihn an zu. — 495 genendeclîche adv., muthig, kühn. — 498 mit siten, in Bezug auf sein Benehmen. — ribbalt stm., altfranz. ribalt, ribaut, Landstreicher, Bube. — 499 sagen blôz, einen eines d., einen von etwas freisprechen. — 501 wie wenig Beistimmung ich darin auch finde. Die gewöhnliche Auf- fassung Keie’s war allerdings eine sehr ungünstige und stellte ihn als hämischen, prahlerischen Gesellen dar; vgl. Sachse, Uber den Ritter Kei (Berlin 1860) und Mushacke, Keii der kâtspreche (Rostock 1872). — 502 ge- triuwe und ellenthaft unflect. wie snêwec VI, 483 u. s. w. — 507 smœhen, verächtlichen, nichtswürdigen. — 508 wœhe adj., zierlich : hier aber in einem tadelnden Sinne, im Gegensatz von sleht, gerade, einfach, also: gewandt, schlau. Bemerkenswerth ist die Verlängerung der vorletzten Silbe in siten. — 509 swelher, jeder der. — partieren aus parâtieren, betrügen, täuschen davon partieres = partierens (vgl. I, 1451). — 510 den schätzte Keie nicht hoch. — 512 und wer ein würdiger Genosse, geselle, war. —
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318 SECHSTES BUCH. lac, den kunder êren, sîn dienest gein im kêren. ich gihe von ime der mære, er was ein mêrkâre. er tet vil rûhes willen schîn ze schérmé dem hêrren sîn: partierre und valsche diet, von den werden er die schiet: er was ir fuore ein strenger hagel. noch scherpfer dan der pîn ir zagel. seht, die verkêrten Keien pris. der wás manlîcher triuwen wîs vil hazzes er von in gewan. von Düringen fürste Herman, etslîch dîn ingesinde ich maz, daz ûzgesinde hieze baz. dir waere och eines Keien nôt sît wâriu milte dir gebôt sô manecvalten anehanc, etswâ smâlîch gedranc unt etswâ werdez dringen. des muoz hêr Walther singen «guoten tac, boes' unde guot.» swâ man solhen sanc nu tuot, des sint die valschen gêret. Kei hetes in niht gelêret, 515 520 525 530 535 — 516 merkœre stm., Aufmerker, Prüfer: 515 ich sage das von ihm aus. der auf alles achtet, namentlich auf alles Ungehörige : hier in gutem Sinne, den das Wort meist nicht hat. — 517 schîn ist hier subst., vgl. zu V, 1202. — 518 um seinen Herrn Artus und dessen Hof vor unsauberm Volke zu schirmen. — 519 partierre aus partierare stm., Betrüger. — 521 fuore gen. von hagel abhängig: er fuhr vernichtend über ihr Benehmen her. Vgl zu I, 49. — 522 pîn gen. von pîe, bîe swf., Biene: für bien. — 523 die, die Falschen und Betrüger. — verkéren swv., verdrehen. — 524 verstand sich auf manneswürdige, treue, aufrichtige Gesinnung. — 526 Landgraf Her- mann von Thüringen: der freigebige Beförderer der Poesie, an dessen Hofe Wolfram und Walther lebten. — 527 ich maz, ich betrachtete prüfend. — 528 ûzgesinde stn., ein von Wolfram gebildetes Wort : ingesinde, gewisser- massen: was ins Gefolge hineingehört, ûzgesinde, was nicht hineingehört, daraus auszusondern ist. — 531 anehanc stm., Anhang. — etswâ — etswâ, an manchen Stellen — an andern, hier — da. — 532 smœhlîch adj., schlecht, verächtlich: sm. gedranc, das Andrängen der smœhen (507), der Verächt- lichen. — 533 werdez dringen, das Zudrängen der werden (V. 507). — 534 Walther, von der Vogelweide; die folgende Zeile ist vielleicht einem uns verlorenen Liede Walther's entlehnt. — 536 wo man so singen kann oder mußs. — 537 des, dadurch: so ist das ein Zeichen, dafs man den Falschen da zu viel Ehre erweist. — 538 wenn Keie am thüringischen Hofe gewesen wäre, hätte Walther keinen Anlaſs gehabt so zu singen. —
318 SECHSTES BUCH. lac, den kunder êren, sîn dienest gein im kêren. ich gihe von ime der mære, er was ein mêrkâre. er tet vil rûhes willen schîn ze schérmé dem hêrren sîn: partierre und valsche diet, von den werden er die schiet: er was ir fuore ein strenger hagel. noch scherpfer dan der pîn ir zagel. seht, die verkêrten Keien pris. der wás manlîcher triuwen wîs vil hazzes er von in gewan. von Düringen fürste Herman, etslîch dîn ingesinde ich maz, daz ûzgesinde hieze baz. dir waere och eines Keien nôt sît wâriu milte dir gebôt sô manecvalten anehanc, etswâ smâlîch gedranc unt etswâ werdez dringen. des muoz hêr Walther singen «guoten tac, boes' unde guot.» swâ man solhen sanc nu tuot, des sint die valschen gêret. Kei hetes in niht gelêret, 515 520 525 530 535 — 516 merkœre stm., Aufmerker, Prüfer: 515 ich sage das von ihm aus. der auf alles achtet, namentlich auf alles Ungehörige : hier in gutem Sinne, den das Wort meist nicht hat. — 517 schîn ist hier subst., vgl. zu V, 1202. — 518 um seinen Herrn Artus und dessen Hof vor unsauberm Volke zu schirmen. — 519 partierre aus partierare stm., Betrüger. — 521 fuore gen. von hagel abhängig: er fuhr vernichtend über ihr Benehmen her. Vgl zu I, 49. — 522 pîn gen. von pîe, bîe swf., Biene: für bien. — 523 die, die Falschen und Betrüger. — verkéren swv., verdrehen. — 524 verstand sich auf manneswürdige, treue, aufrichtige Gesinnung. — 526 Landgraf Her- mann von Thüringen: der freigebige Beförderer der Poesie, an dessen Hofe Wolfram und Walther lebten. — 527 ich maz, ich betrachtete prüfend. — 528 ûzgesinde stn., ein von Wolfram gebildetes Wort : ingesinde, gewisser- massen: was ins Gefolge hineingehört, ûzgesinde, was nicht hineingehört, daraus auszusondern ist. — 531 anehanc stm., Anhang. — etswâ — etswâ, an manchen Stellen — an andern, hier — da. — 532 smœhlîch adj., schlecht, verächtlich: sm. gedranc, das Andrängen der smœhen (507), der Verächt- lichen. — 533 werdez dringen, das Zudrängen der werden (V. 507). — 534 Walther, von der Vogelweide; die folgende Zeile ist vielleicht einem uns verlorenen Liede Walther's entlehnt. — 536 wo man so singen kann oder mußs. — 537 des, dadurch: so ist das ein Zeichen, dafs man den Falschen da zu viel Ehre erweist. — 538 wenn Keie am thüringischen Hofe gewesen wäre, hätte Walther keinen Anlaſs gehabt so zu singen. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 319 noch hêr Héinrich von Rîspách. hoert wunders mêr, waz dort geschach úf dem Plimizoeles plân. Keie wart geholt sân, in Artûs poulûn getragen. sîn' friunt begunden in dâ klagen, vil frouwen unde manec man. dô kom ouch mîn hêr Gâwân über in, dâ Keie lac. er sprach «ouwê unsælic tac, daz disiu tjost ie wart getân, dâ von ich friunt verloren hân.» er klagete in senlîche. Keie der zornes rîche sprach «hêrre, erbarmet iuch mîn lip ? sus solten klagen altiu wîp. ir sît mîns hêrren swester sun : möht' ich iu dienest nu getuon, als iuwer wille gerte do mich gót der lide werte! sone hât mîn hant daz niht vermiten, sine habe vil durch iuch gestriten: ich tæte ouch noch, unt solt’ ez sîn. nune klaget nimêr, lât mir den pîn. iwer éhéim, der künec hêr, gwinnet niemer sölhen Keien mêr. ir sît mir râch’ ze wol geboren : het ab ir ein vinger dort verloren, dâ wâgte ich gegen mîn houbet. seht obe ir mir'z geloubet. 545 550 555 560 565 540 298 539 Heinrich von Rîspach, eine Persönlichkeit aus der heimatlichen Gegend des Dichters, der durch seine Sittenstrenge sich ausgezeichnet haben muſs. Reisbach liegt in Niederbaiern, im Landgericht Landau, nicht weit von der Vils, auf der rechten Seite derselben. — 547 über in: weil Keie am Boden lag; vgl. Nibel. 2066, 1. — 548 er, Gawan. — 551 senlîche adv., harmvoll, trauernd. — 553 thue ich euch leid? — 554 dann beweist das dadurch dafs ihr mich rächt, aber nicht durch solche weibische Klagen. — 555 Artus' Schwester war Sangive, die Gemahlin König Lot’s und Mutter Gawan’s. — 557 wie ihr es wünschtet, als ich noch gesunde Glieder hatte. — 559 in dem vorhergedachten Falle, als ich gesund war. — 561 unt am Anfang eines conditionellen Satzes in fragender Form. — 562 nimer = niht mêr. — lât mir den pîn, lasst mich meine Noth allein tragen ; euer Klagen hilft doch nichts. — 564 einen solchen Seneschall wie ich, Keie, es war. — 565 rach' = ràche gen., zur Rache: mich zu rächen seid ihr zu vornehm. — 567 dâ mit gegen zu verbinden: gegenüber diesem Falle, wenn dieser Fall cinträte. — 568 geloubet ist conj.; glauben wollt. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 319 noch hêr Héinrich von Rîspách. hoert wunders mêr, waz dort geschach úf dem Plimizoeles plân. Keie wart geholt sân, in Artûs poulûn getragen. sîn' friunt begunden in dâ klagen, vil frouwen unde manec man. dô kom ouch mîn hêr Gâwân über in, dâ Keie lac. er sprach «ouwê unsælic tac, daz disiu tjost ie wart getân, dâ von ich friunt verloren hân.» er klagete in senlîche. Keie der zornes rîche sprach «hêrre, erbarmet iuch mîn lip ? sus solten klagen altiu wîp. ir sît mîns hêrren swester sun : möht' ich iu dienest nu getuon, als iuwer wille gerte do mich gót der lide werte! sone hât mîn hant daz niht vermiten, sine habe vil durch iuch gestriten: ich tæte ouch noch, unt solt’ ez sîn. nune klaget nimêr, lât mir den pîn. iwer éhéim, der künec hêr, gwinnet niemer sölhen Keien mêr. ir sît mir râch’ ze wol geboren : het ab ir ein vinger dort verloren, dâ wâgte ich gegen mîn houbet. seht obe ir mir'z geloubet. 545 550 555 560 565 540 298 539 Heinrich von Rîspach, eine Persönlichkeit aus der heimatlichen Gegend des Dichters, der durch seine Sittenstrenge sich ausgezeichnet haben muſs. Reisbach liegt in Niederbaiern, im Landgericht Landau, nicht weit von der Vils, auf der rechten Seite derselben. — 547 über in: weil Keie am Boden lag; vgl. Nibel. 2066, 1. — 548 er, Gawan. — 551 senlîche adv., harmvoll, trauernd. — 553 thue ich euch leid? — 554 dann beweist das dadurch dafs ihr mich rächt, aber nicht durch solche weibische Klagen. — 555 Artus' Schwester war Sangive, die Gemahlin König Lot’s und Mutter Gawan’s. — 557 wie ihr es wünschtet, als ich noch gesunde Glieder hatte. — 559 in dem vorhergedachten Falle, als ich gesund war. — 561 unt am Anfang eines conditionellen Satzes in fragender Form. — 562 nimer = niht mêr. — lât mir den pîn, lasst mich meine Noth allein tragen ; euer Klagen hilft doch nichts. — 564 einen solchen Seneschall wie ich, Keie, es war. — 565 rach' = ràche gen., zur Rache: mich zu rächen seid ihr zu vornehm. — 567 dâ mit gegen zu verbinden: gegenüber diesem Falle, wenn dieser Fall cinträte. — 568 geloubet ist conj.; glauben wollt. —
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320 SECHSTES BUCH. 299 kêrt iuch niht an mîn hetzen. er kan unsánfte letzen, der noch dort ûze unflühtec habet : wéder er'n schüftet noch endrabet. och enist hie niender frouwen hâr weder sô mürwe noch sô clâr. ez enwæere doch ein veste bant ze wern strîtes iuwer hant. swelch man tuot solhe diemuot schîn. der êret och die muoter sin: váterhalp sólt' er ellen hân. kêrt muoterhalp, hêr Gâwân : sô wert ir swertes blicke bleich und manlîcher herte weich.» sus was der wol gelobete man gerant zer blôzen sîten an mit rede: ern kunde ir gelten niht, als wol gezogenem man geschiht, dem schame versliuzet sînen munt, daz dem verschamten ist unkunt. 575 580 585 570 Gâwan ze Keien sprach « swâ man sluog oder stach, swaz des gein mir ist geschehen. swer mîne varwe wolde spehen. diu wæne ich ie rebliche von slage oder von stiche. 590 569 achtet nicht darauf, dass ich euch durch solche Reden zum Kampfe antreiben will. — 570 da die ganze Rede ironisch ist, so ist auch letzen in diesem Sinne zu nehmen; also nicht: verletzen, sondern: vergelten, Freund- lichkeit erweisen (vgl. zu V, 1315). — 572 verstärkende Bezeichnung des unveränderten Stillhaltens in V. 571. — 574 mürwe adj., dünn, zart (unser: mürbe). — clar, fein, durchsichtig. — 576 wern strites, vom Streite abzu- halten. Ein dünnes Frauenhaar als Fessel würde genügen, um euch in diesem Falle vom Streite abzuhalten. — 577 wenn ein Mann solche Demuth, Nachgiebigkeit zeigt, sich so wenig streitsüchtig zeigt, der erweist dadurch seiner Mutter Ehre, erweist sich dadurch als der echte Sohn seiner Mutter. — 579 vaterhalp, von seiten des Vaters. — 580 muoterhalp, nach der Seite der Mutter. — 581 wert = werdet. — bleich, blass. — 582 und in Bezug anf mannhafte Ausdauer weich, nachgiebig, schwach. — 583 Gawan ist ge- meint. — 584 auf einer Seite, in einer Weise angegriffen, wo er sich nicht vertheidigen konnte, weil in diesem Tone zu erwidern gegen die höfische Zucht gewesen wäre, deren Vertreter ja gerade Gawan ist. — 585 ir von niht abhängig: sie nicht erwidern. 591 soviel davon, nämlich von Schlagen und Stechen. — 592 swer, wenn jemand: in dieser Situation. — 593 beginnt der Nachsatz, der wieder nicht grammatisch genau an den Vordersatz sich anschliefst; ie steht für nie. — meine Farbe, glaube ich, ist niemals in solchem Falle erblichen. reblichen = erblichen stv., erbleichen. —
320 SECHSTES BUCH. 299 kêrt iuch niht an mîn hetzen. er kan unsánfte letzen, der noch dort ûze unflühtec habet : wéder er'n schüftet noch endrabet. och enist hie niender frouwen hâr weder sô mürwe noch sô clâr. ez enwæere doch ein veste bant ze wern strîtes iuwer hant. swelch man tuot solhe diemuot schîn. der êret och die muoter sin: váterhalp sólt' er ellen hân. kêrt muoterhalp, hêr Gâwân : sô wert ir swertes blicke bleich und manlîcher herte weich.» sus was der wol gelobete man gerant zer blôzen sîten an mit rede: ern kunde ir gelten niht, als wol gezogenem man geschiht, dem schame versliuzet sînen munt, daz dem verschamten ist unkunt. 575 580 585 570 Gâwan ze Keien sprach « swâ man sluog oder stach, swaz des gein mir ist geschehen. swer mîne varwe wolde spehen. diu wæne ich ie rebliche von slage oder von stiche. 590 569 achtet nicht darauf, dass ich euch durch solche Reden zum Kampfe antreiben will. — 570 da die ganze Rede ironisch ist, so ist auch letzen in diesem Sinne zu nehmen; also nicht: verletzen, sondern: vergelten, Freund- lichkeit erweisen (vgl. zu V, 1315). — 572 verstärkende Bezeichnung des unveränderten Stillhaltens in V. 571. — 574 mürwe adj., dünn, zart (unser: mürbe). — clar, fein, durchsichtig. — 576 wern strites, vom Streite abzu- halten. Ein dünnes Frauenhaar als Fessel würde genügen, um euch in diesem Falle vom Streite abzuhalten. — 577 wenn ein Mann solche Demuth, Nachgiebigkeit zeigt, sich so wenig streitsüchtig zeigt, der erweist dadurch seiner Mutter Ehre, erweist sich dadurch als der echte Sohn seiner Mutter. — 579 vaterhalp, von seiten des Vaters. — 580 muoterhalp, nach der Seite der Mutter. — 581 wert = werdet. — bleich, blass. — 582 und in Bezug anf mannhafte Ausdauer weich, nachgiebig, schwach. — 583 Gawan ist ge- meint. — 584 auf einer Seite, in einer Weise angegriffen, wo er sich nicht vertheidigen konnte, weil in diesem Tone zu erwidern gegen die höfische Zucht gewesen wäre, deren Vertreter ja gerade Gawan ist. — 585 ir von niht abhängig: sie nicht erwidern. 591 soviel davon, nämlich von Schlagen und Stechen. — 592 swer, wenn jemand: in dieser Situation. — 593 beginnt der Nachsatz, der wieder nicht grammatisch genau an den Vordersatz sich anschliefst; ie steht für nie. — meine Farbe, glaube ich, ist niemals in solchem Falle erblichen. reblichen = erblichen stv., erbleichen. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 321 595 300 du zürnest mit mir âne nôt: ich pin der dir ie dienest pôt.» územ póulûn gienc hêr Gâwân. sîn ors hiez er bringen sân: sunder swert und âne sporen saz drûf der degen wol geboren. er kêrte ûz dá er den Wâleis vant, des witze was der minnen pfant. er truoc dri tjoste durch den schilt, mit heldes handen dar gezilt: ouch hete in Orilus versniten. sus kom Gâwân zuo z'im geriten, sunder kalopieren unt âne punieren : er wolde güetliche ersehen, von wem der strît dâ wære geschehen. dô sprach er grüezenlîche dar ze Parzivâl, die’s kleine war nam. daz muose et alsô sîn: dâ tet frou Minne ir ellen schîn an dem den Herzeloyde bar. ungezaltiu sippe in gar schiet vón den witzen sîn, und ûf geérbéter pîn von vater und von muoter art. der Wâleis wênec innen wart, waz mîns hêrn Gâwânes munt mit worten ime dâ tæte kunt. 600 605 610 615 620 595 ane nôt, ohne Grund. — 596 ich bin derjenige, der dir immer zu Dienst- leistungen erbötig war. — 599 ohne Schwert, weil er nicht mit dem frem- den Ritter zu streiten beabsichtigte; vgl. 609. Ohne Sporen, weil er das Pferd nicht in schnellern Schritt zu bringen beabsichtigte; vgl. 607. — 602 dessen Besinnung der Minne verpfändet war, von der Minne geraubt war. — 603 sein Schild war dreimal von Speerstichen durchbohrt. — 604 gezilt gehört zu tjoste. — 605 außer Orilus (vgl. V, 1143 ff.) hatten Segramors und Keie mit ihm tjostiert. — in, den Schild Parzival's. — 609 güetlîche, in gütlicher, friedlicher Weise. — ersehen stv., ansehen, be- trachten. — 611 grüezenlîche adv., in grüßsender Weise. — dar, dorthin, ge- wendet. — 612 die’s = der es (zu III, 72). — kleine ist adj. zu war, nicht adv.: der geringe Aufmerksamkeit darauf richtete, wenig darauf achtete. — 613 et, nun einmal. — 615 bar præt. von bern stv., gebären. — 616 die nächste Verwandtschaft von väterlicher und mütterlicher Seite, in welcher durchweg die Minne geherrscht hatte, die auch auf ihn hier ihre Macht übte. Vater und Mutter werden nicht zur sippe gezählt. — 618 ûf erben, vererben, anerben; erben ûf einen, auf einen vererben. — pîn: die Minne- noth ist gemeint. — 620 wênec, nicht im geringsten. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 21
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 321 595 300 du zürnest mit mir âne nôt: ich pin der dir ie dienest pôt.» územ póulûn gienc hêr Gâwân. sîn ors hiez er bringen sân: sunder swert und âne sporen saz drûf der degen wol geboren. er kêrte ûz dá er den Wâleis vant, des witze was der minnen pfant. er truoc dri tjoste durch den schilt, mit heldes handen dar gezilt: ouch hete in Orilus versniten. sus kom Gâwân zuo z'im geriten, sunder kalopieren unt âne punieren : er wolde güetliche ersehen, von wem der strît dâ wære geschehen. dô sprach er grüezenlîche dar ze Parzivâl, die’s kleine war nam. daz muose et alsô sîn: dâ tet frou Minne ir ellen schîn an dem den Herzeloyde bar. ungezaltiu sippe in gar schiet vón den witzen sîn, und ûf geérbéter pîn von vater und von muoter art. der Wâleis wênec innen wart, waz mîns hêrn Gâwânes munt mit worten ime dâ tæte kunt. 600 605 610 615 620 595 ane nôt, ohne Grund. — 596 ich bin derjenige, der dir immer zu Dienst- leistungen erbötig war. — 599 ohne Schwert, weil er nicht mit dem frem- den Ritter zu streiten beabsichtigte; vgl. 609. Ohne Sporen, weil er das Pferd nicht in schnellern Schritt zu bringen beabsichtigte; vgl. 607. — 602 dessen Besinnung der Minne verpfändet war, von der Minne geraubt war. — 603 sein Schild war dreimal von Speerstichen durchbohrt. — 604 gezilt gehört zu tjoste. — 605 außer Orilus (vgl. V, 1143 ff.) hatten Segramors und Keie mit ihm tjostiert. — in, den Schild Parzival's. — 609 güetlîche, in gütlicher, friedlicher Weise. — ersehen stv., ansehen, be- trachten. — 611 grüezenlîche adv., in grüßsender Weise. — dar, dorthin, ge- wendet. — 612 die’s = der es (zu III, 72). — kleine ist adj. zu war, nicht adv.: der geringe Aufmerksamkeit darauf richtete, wenig darauf achtete. — 613 et, nun einmal. — 615 bar præt. von bern stv., gebären. — 616 die nächste Verwandtschaft von väterlicher und mütterlicher Seite, in welcher durchweg die Minne geherrscht hatte, die auch auf ihn hier ihre Macht übte. Vater und Mutter werden nicht zur sippe gezählt. — 618 ûf erben, vererben, anerben; erben ûf einen, auf einen vererben. — pîn: die Minne- noth ist gemeint. — 620 wênec, nicht im geringsten. WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 21
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322 SECHSTES BUCH. 301 Dô sprach des künec Lôtes sun “hêrre, ir welt gewalt nu tuon, sît ir mir grüezen widersaget. i'ne bin doch niht sô gar verzaget, i'ne bring'z an ander vrâge. ir habet man und mâge unt den künec selbe entèret, unser laster hie gemêret. des erwirbe ich iu die hulde, daz der künec lât die schulde, welt ir nâch mîme râte leben, geselleschaft mir für in geben." des künec Gahmuretes kint, dröwen und vlêhn was ime ein wint. der tavelrunder hoester pris, Gâwân, was solher noete al wis : er het se unsanfte erkant, do er mit dem mezzer durh die hant stach : des twang in minnen kraft unt wert wiplich geselleschaft. in schiet von tôde ein künegîn, dô der küene Lähelîn mit einer tjoste rîche in twanc sô volleclîche. diu senfte süeze wol gevar ze pfande sazte ir houbet dar, 625 630 635 640 645 624 ihr wollt gewaltthätig handeln : ihr zeigt trotzigen gewaltthätigen Sinn. Vgl. VI, 395. — 625 da ihr auf meinen Grußs nicht antwortet. — 627 wenn ihr nicht auf gütliche Weise eingehen wollt, so werdet ihr mich zu anderer Behandlung der Sache nöthigen. i'ne bring’z, daßs ich es nicht bringen sollte. — 628 man und mâge dient hier nur zur Bezeichnung der gesammten Ritterschaft am Hofe. — 631 des, dafür, in Bezug darauf. — 632 lât 3. præes. von lâzen, lân, hingehen lassen. — 634 für in, vor den König hin: wenn ihr in geselliger Weise, in Frieden und Freundlichkeit mich vor ihn begleiten wollt. — 635 kint ist nicht dat., sondern nom., der wie so oft bei Wolfram der Construction voraussteht, ohne in dieselbe zu gehören: durch ime aufgenommen. — 636 dröwen, drohen. — ein wint, gleichgiltig. — 637 hœster superl. für hœhster. — prîs, Zierde. — 638 ver- stand sich sehr wohl auf solche Minnenoth. — 639—650 Beziehungen auf Abentener Gawan's, die sich aus den uns erhaltenen deutschen und den bisher veröffentlichten französischen Artusgedichten nicht erklaren. Da sie Wolfram wahrscheinlich einem deutschen Gedichte entnommen, so ist die Existenz eines größern Gawangedichtes in Deutschland unzweifel- haft. Bruchstücke eines wie es scheint umfangreichen Gedichtes, in welchem Gawan und Segremors Haupthelden sind, stehen Altd. Blätter 2, 152, Zeitschrift f. d. Alterth. 11, 490, Pfeiffer's Germania 5, 461. Es weist auf Mitteldeutschland und die Zeit um 1200, konnte also Wolfram schon bekannt sein. — 642 und die innige Verbindung mit einem werthen Weibe. —
322 SECHSTES BUCH. 301 Dô sprach des künec Lôtes sun “hêrre, ir welt gewalt nu tuon, sît ir mir grüezen widersaget. i'ne bin doch niht sô gar verzaget, i'ne bring'z an ander vrâge. ir habet man und mâge unt den künec selbe entèret, unser laster hie gemêret. des erwirbe ich iu die hulde, daz der künec lât die schulde, welt ir nâch mîme râte leben, geselleschaft mir für in geben." des künec Gahmuretes kint, dröwen und vlêhn was ime ein wint. der tavelrunder hoester pris, Gâwân, was solher noete al wis : er het se unsanfte erkant, do er mit dem mezzer durh die hant stach : des twang in minnen kraft unt wert wiplich geselleschaft. in schiet von tôde ein künegîn, dô der küene Lähelîn mit einer tjoste rîche in twanc sô volleclîche. diu senfte süeze wol gevar ze pfande sazte ir houbet dar, 625 630 635 640 645 624 ihr wollt gewaltthätig handeln : ihr zeigt trotzigen gewaltthätigen Sinn. Vgl. VI, 395. — 625 da ihr auf meinen Grußs nicht antwortet. — 627 wenn ihr nicht auf gütliche Weise eingehen wollt, so werdet ihr mich zu anderer Behandlung der Sache nöthigen. i'ne bring’z, daßs ich es nicht bringen sollte. — 628 man und mâge dient hier nur zur Bezeichnung der gesammten Ritterschaft am Hofe. — 631 des, dafür, in Bezug darauf. — 632 lât 3. præes. von lâzen, lân, hingehen lassen. — 634 für in, vor den König hin: wenn ihr in geselliger Weise, in Frieden und Freundlichkeit mich vor ihn begleiten wollt. — 635 kint ist nicht dat., sondern nom., der wie so oft bei Wolfram der Construction voraussteht, ohne in dieselbe zu gehören: durch ime aufgenommen. — 636 dröwen, drohen. — ein wint, gleichgiltig. — 637 hœster superl. für hœhster. — prîs, Zierde. — 638 ver- stand sich sehr wohl auf solche Minnenoth. — 639—650 Beziehungen auf Abentener Gawan's, die sich aus den uns erhaltenen deutschen und den bisher veröffentlichten französischen Artusgedichten nicht erklaren. Da sie Wolfram wahrscheinlich einem deutschen Gedichte entnommen, so ist die Existenz eines größern Gawangedichtes in Deutschland unzweifel- haft. Bruchstücke eines wie es scheint umfangreichen Gedichtes, in welchem Gawan und Segremors Haupthelden sind, stehen Altd. Blätter 2, 152, Zeitschrift f. d. Alterth. 11, 490, Pfeiffer's Germania 5, 461. Es weist auf Mitteldeutschland und die Zeit um 1200, konnte also Wolfram schon bekannt sein. — 642 und die innige Verbindung mit einem werthen Weibe. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 323 302 roin Ingûse de Bahtarliez: alsus diu getriuwe hiez. dô dâhte mîn hêr Gâwân « waz op diu minne disen man twinget als sie mich dô twanc, und sîn getriulîch gedanc der minne muoz ir siges jehen?" er marcte des Wâleises sehen, war stüenden im diu ougen sîn. ein failen tuoches von Sûrîn, gefurriert mit gelwem zindâl, die swanger über diu bluotes mâl. Do diu fáile wart der zaher dach, sô daz ir Parzivâl niht sach, im gap her wider witze sîn von Pelrapeir' diu künegin: diu behielt iedoch sîn herze dort. nu ruochet hoeren sîniu wort. er sprach «ouwê frouwe und wîp, wer hât benomen mir dînen lîp ? erwarp mit riterschaft mîn hant dîn werde minn’, krôn’ unde ein lant? bin ich'z der dich von Clâmidê lôste ? ich vant ach und ouwê, und siufzec manec herze frebel in dîner helfe. ougen nebel hât dich bî liehter sunnen hie mir benomen, ja'n weiz ich wie.» 655 660 665 670 650 675 649 roin, altfranz. roïne, reine, Königin. — 652 wie wäre es, wenn. — 654 sein aus Treue hervorgehendes Denken. — 656 marcte, rückuml. præt. von merken, Acht geben, beobachten. — 657 worauf seine Augen gerichtet waren. — 658 faile swf., altfranz. veile, voile, Schleier. — Surîn mit tuoches zu verbinden: Syrien ist gemeint, franz. Surie; die Endung verhält sich wie in Arabîe, Arâbîn, Ormanîe, Ormanîn. — 659 gel adj., flectiert gelwer, gelb. — zindâl stm., altfranz. cendal, eine Art Taffet. 661 die Tropfen bedeckte. — 663 witze sîn, seine Besinnung: die Weg- lassung des Artikels ist am häufigsten bei nachfolgendem Gen. des Pron. person. — 668 wohin bist du entschwunden. — 669 das plötzliche Ver- schwinden derjenigen, die er noch eben leibhaft vor sich zu sehen glaubte, läft ihm seine ganze Verbindung mit ihr als Traum erscheinen. — 672 vant: nicht daß er selbst Ach und Weh gefunden hätte, sondern: ich nahm wahr Ach und Weh, welches mancher durch die Hilfe, die ich dir brachte, erlitt. — 673 siufzec adj., voll Seufzen. — frebel adj. für mhd. frevel, md. Form, die auch Willeh. 253, 29 im Reime vorkommt : muthig, kühn. — 674 in dîner helfe, indem ich dir beistand. Ein Nebel vor meinen Augen. — 21*
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 323 302 roin Ingûse de Bahtarliez: alsus diu getriuwe hiez. dô dâhte mîn hêr Gâwân « waz op diu minne disen man twinget als sie mich dô twanc, und sîn getriulîch gedanc der minne muoz ir siges jehen?" er marcte des Wâleises sehen, war stüenden im diu ougen sîn. ein failen tuoches von Sûrîn, gefurriert mit gelwem zindâl, die swanger über diu bluotes mâl. Do diu fáile wart der zaher dach, sô daz ir Parzivâl niht sach, im gap her wider witze sîn von Pelrapeir' diu künegin: diu behielt iedoch sîn herze dort. nu ruochet hoeren sîniu wort. er sprach «ouwê frouwe und wîp, wer hât benomen mir dînen lîp ? erwarp mit riterschaft mîn hant dîn werde minn’, krôn’ unde ein lant? bin ich'z der dich von Clâmidê lôste ? ich vant ach und ouwê, und siufzec manec herze frebel in dîner helfe. ougen nebel hât dich bî liehter sunnen hie mir benomen, ja'n weiz ich wie.» 655 660 665 670 650 675 649 roin, altfranz. roïne, reine, Königin. — 652 wie wäre es, wenn. — 654 sein aus Treue hervorgehendes Denken. — 656 marcte, rückuml. præt. von merken, Acht geben, beobachten. — 657 worauf seine Augen gerichtet waren. — 658 faile swf., altfranz. veile, voile, Schleier. — Surîn mit tuoches zu verbinden: Syrien ist gemeint, franz. Surie; die Endung verhält sich wie in Arabîe, Arâbîn, Ormanîe, Ormanîn. — 659 gel adj., flectiert gelwer, gelb. — zindâl stm., altfranz. cendal, eine Art Taffet. 661 die Tropfen bedeckte. — 663 witze sîn, seine Besinnung: die Weg- lassung des Artikels ist am häufigsten bei nachfolgendem Gen. des Pron. person. — 668 wohin bist du entschwunden. — 669 das plötzliche Ver- schwinden derjenigen, die er noch eben leibhaft vor sich zu sehen glaubte, läft ihm seine ganze Verbindung mit ihr als Traum erscheinen. — 672 vant: nicht daß er selbst Ach und Weh gefunden hätte, sondern: ich nahm wahr Ach und Weh, welches mancher durch die Hilfe, die ich dir brachte, erlitt. — 673 siufzec adj., voll Seufzen. — frebel adj. für mhd. frevel, md. Form, die auch Willeh. 253, 29 im Reime vorkommt : muthig, kühn. — 674 in dîner helfe, indem ich dir beistand. Ein Nebel vor meinen Augen. — 21*
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324 SECHSTES BUCH. 303 er sprach «ouwê war kom mîn sper, daz ich mit mir brâhte her?" dô sprach mîn hêr Gâwân «hêrre, ez ist mit tjost vertân." «gein wem ?» sprach der degen wert «ir’n habt hie schilt noch dez swert : waz möhte ich prîss an iu bejagen?" doch muoz ich iuwer spotten tragen: ir biet mir'z lihte ernâch paz. etswenne ich ouch vor tjost gesaz. vindich niemer an iu strît, doch sint diu lant wol sô wît, ich mac dâ prîs und arbeit holen, beidiu froude und angest dolen." Mîn hêr Gâwân dô sprach «swaz hie mit rede gein iu geschach, diu ist lûter unde minneclîch, unde niht mit trüebe rîch. ich ger als ich’z gedienen wil. hie lît ein künec und rîter vil und manec frouwe wol gevar: geselleschaft gib' ich iu dar, lât ir mich mit iu rîten. da bewar ich iuch vor strîten." «iwer gnâde, hêrre : ir sprechet wol, daz ich vil gerne dienen sol. sît ir cúmpânîe bietet mir, nu wer ist iuwer hêrre od ir?" 680 685 690 695 700 682 ihr könnt doch unmöglich derjenige sein, mit dem ich tjostiert habe, ihr seid ja ungewaffnet. Daher muß er es für Spott halten, da er ja von den andern Tjosten kein Bewusstsein hat. — 683 prîss gen., abhängig von waz: welchen, was für Ruhm. — 685 später behandelt ihr mich vielleicht besser : wenn ihr erkannt habt, dafs ich mich auf Streit verstehe. — er- nách = hernâch. — 686 ich bin in mancher Tjost schon Sieger gewesen, habe manche bestanden, ohne aus dem Sattel zu fallen. — 687 wenn ich auch an euch keinen Gegner finde, mit dem ich kämpfen könnte. 692 swaz mit rede soviel als swaz rede (gen.), daher im Nachsatze diu auf rede bezüglich. — 693 lûter, ohne Falsch. — minneclîch, liebreich, in freundlicher Absicht. — 694 trüebe stf., Trübheit: Gegensatz von lûter, also Falschheit, unlautere Gesinnung. — 698 zu denen begleite ich euch hin; vgl. 634. — 701 iwer gnâde, wie altfranz. vostre merci, euer Dank = ich danke euch. — 702 daz auf ir sprechet wol bezüglich: eure freundlichen Worte will ich gern durch Dienst vergelten. — 704 nun so sagt, wer. Er wünscht zu wissen, wer sich ihm zum gesellen anbietet und zu wem er ihn begleiten will. —
324 SECHSTES BUCH. 303 er sprach «ouwê war kom mîn sper, daz ich mit mir brâhte her?" dô sprach mîn hêr Gâwân «hêrre, ez ist mit tjost vertân." «gein wem ?» sprach der degen wert «ir’n habt hie schilt noch dez swert : waz möhte ich prîss an iu bejagen?" doch muoz ich iuwer spotten tragen: ir biet mir'z lihte ernâch paz. etswenne ich ouch vor tjost gesaz. vindich niemer an iu strît, doch sint diu lant wol sô wît, ich mac dâ prîs und arbeit holen, beidiu froude und angest dolen." Mîn hêr Gâwân dô sprach «swaz hie mit rede gein iu geschach, diu ist lûter unde minneclîch, unde niht mit trüebe rîch. ich ger als ich’z gedienen wil. hie lît ein künec und rîter vil und manec frouwe wol gevar: geselleschaft gib' ich iu dar, lât ir mich mit iu rîten. da bewar ich iuch vor strîten." «iwer gnâde, hêrre : ir sprechet wol, daz ich vil gerne dienen sol. sît ir cúmpânîe bietet mir, nu wer ist iuwer hêrre od ir?" 680 685 690 695 700 682 ihr könnt doch unmöglich derjenige sein, mit dem ich tjostiert habe, ihr seid ja ungewaffnet. Daher muß er es für Spott halten, da er ja von den andern Tjosten kein Bewusstsein hat. — 683 prîss gen., abhängig von waz: welchen, was für Ruhm. — 685 später behandelt ihr mich vielleicht besser : wenn ihr erkannt habt, dafs ich mich auf Streit verstehe. — er- nách = hernâch. — 686 ich bin in mancher Tjost schon Sieger gewesen, habe manche bestanden, ohne aus dem Sattel zu fallen. — 687 wenn ich auch an euch keinen Gegner finde, mit dem ich kämpfen könnte. 692 swaz mit rede soviel als swaz rede (gen.), daher im Nachsatze diu auf rede bezüglich. — 693 lûter, ohne Falsch. — minneclîch, liebreich, in freundlicher Absicht. — 694 trüebe stf., Trübheit: Gegensatz von lûter, also Falschheit, unlautere Gesinnung. — 698 zu denen begleite ich euch hin; vgl. 634. — 701 iwer gnâde, wie altfranz. vostre merci, euer Dank = ich danke euch. — 702 daz auf ir sprechet wol bezüglich: eure freundlichen Worte will ich gern durch Dienst vergelten. — 704 nun so sagt, wer. Er wünscht zu wissen, wer sich ihm zum gesellen anbietet und zu wem er ihn begleiten will. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 325 705 «ich heize hêrre einen man von dem ich manec urbor hân. ein teil ich der benenne hie. er was gein mir des willen ie daz er mir'z rîterlîche bôt. sîne swester het der künec Lôt, diu mich zer werlde brâhte. swes got an mir gedâhte, daz biutet dienest sîner hant. der künec Artûs ist er genant. mîn name ist ouch vil unverholen, an allen steten unverstolen: liutè die mich erkennent, Gâwân mich die nennent. iu dient mîn lîp und der name, welt ir’z kêren mir von schame.» 710 715 720 Dô sprach er «bistu'z Gâwân? wie kranken prîs ich des hân, op du mir’z wol erbiutes hie! ich hôrte von dir sprechen ie, du erbütes ez allen liuten wol. dîn dienst ich doch enpfâhen sol niuwan uf dienéstes gelt. nu sage mir, wes sint diu gezelt, der dort manegéz ist ûf geslagen? lît Artûs dâ, sô muoz ich klagen daz ich'n niht mac mit êren mîn gesehen, noch die künegîn. 725 730 304 705 ich nenne Herrn, meinen Herrn; hêrre ist nom.; vgl. zu I, 381. 706 urbor ist hier nicht im eigentlichen Sinne: Ertrag, Zins (zu II, 1309) gebraucht, sondern: von dem mir manches Gute kommt. — 707 der auf urbor zu beziehen. — benennen swv., nennen. — 708 er war immer gegen mich so gesinnt. — 709 daßs er mir ritterliche Behandlung erwies. — 710 vgl. zu VI, 555. — 712 woran Gott bei mir dachte, d. h. alles was Gott mir verliehen, womit er mich bedacht hat. — 713 das ist seinem Dienste gewidmet. — 715 unverholen, unverborgen. — 716 unverstolen, nicht ver- heimlicht. — 719 name ist wieder nicht viel mehr als die Umschreibung der Person. — 720 wenn ihr mich nicht in Beschämung bringt. Dies würde der Fall sein, wenn Parzival Gawan’s freundlicher Aufforderung, ihn an den Hof zu begleiten, nicht Folge leistete. 721 ’t ist für uns wieder pleonastisch. — 722 wie wenig kann ich mich dessen rühmen. Ich habe es nicht verdient. — 723 wenn du mir hier solche Freundlichkeit erweisest. — 726 doch: wiewohl ich es nicht ver- dient habe. — 727 nur im Hinblick auf Vergeltung des Dienstes. — 728 wes sint, wem gehören. — 731 ich'n = ich in. — mit êren min, vgl. zu 663. Die andere Textklasse schiebt den Artikel ein: sodaf meine Ehre unversehrt dabei bliebe. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 325 705 «ich heize hêrre einen man von dem ich manec urbor hân. ein teil ich der benenne hie. er was gein mir des willen ie daz er mir'z rîterlîche bôt. sîne swester het der künec Lôt, diu mich zer werlde brâhte. swes got an mir gedâhte, daz biutet dienest sîner hant. der künec Artûs ist er genant. mîn name ist ouch vil unverholen, an allen steten unverstolen: liutè die mich erkennent, Gâwân mich die nennent. iu dient mîn lîp und der name, welt ir’z kêren mir von schame.» 710 715 720 Dô sprach er «bistu'z Gâwân? wie kranken prîs ich des hân, op du mir’z wol erbiutes hie! ich hôrte von dir sprechen ie, du erbütes ez allen liuten wol. dîn dienst ich doch enpfâhen sol niuwan uf dienéstes gelt. nu sage mir, wes sint diu gezelt, der dort manegéz ist ûf geslagen? lît Artûs dâ, sô muoz ich klagen daz ich'n niht mac mit êren mîn gesehen, noch die künegîn. 725 730 304 705 ich nenne Herrn, meinen Herrn; hêrre ist nom.; vgl. zu I, 381. 706 urbor ist hier nicht im eigentlichen Sinne: Ertrag, Zins (zu II, 1309) gebraucht, sondern: von dem mir manches Gute kommt. — 707 der auf urbor zu beziehen. — benennen swv., nennen. — 708 er war immer gegen mich so gesinnt. — 709 daßs er mir ritterliche Behandlung erwies. — 710 vgl. zu VI, 555. — 712 woran Gott bei mir dachte, d. h. alles was Gott mir verliehen, womit er mich bedacht hat. — 713 das ist seinem Dienste gewidmet. — 715 unverholen, unverborgen. — 716 unverstolen, nicht ver- heimlicht. — 719 name ist wieder nicht viel mehr als die Umschreibung der Person. — 720 wenn ihr mich nicht in Beschämung bringt. Dies würde der Fall sein, wenn Parzival Gawan’s freundlicher Aufforderung, ihn an den Hof zu begleiten, nicht Folge leistete. 721 ’t ist für uns wieder pleonastisch. — 722 wie wenig kann ich mich dessen rühmen. Ich habe es nicht verdient. — 723 wenn du mir hier solche Freundlichkeit erweisest. — 726 doch: wiewohl ich es nicht ver- dient habe. — 727 nur im Hinblick auf Vergeltung des Dienstes. — 728 wes sint, wem gehören. — 731 ich'n = ich in. — mit êren min, vgl. zu 663. Die andere Textklasse schiebt den Artikel ein: sodaf meine Ehre unversehrt dabei bliebe. —
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326 SECHSTES BUCH. 305 ich sol rèchen ê ein bliuwen, dâ von ich sît mit riuwen fuor, von solhen sachen: ein werdiu maget lachen mir bôt ; die blou der scheneschalt durch mich, daz von ir reis der walt.» «unsanfte ist daz gerochen", sprach Gâwân: «im'st zebrochen der zesewe arm unt'z winster bein. rît her, schouw’ órs und ouch den stein. hie ligent ouch trúnzûne ûf dem snê dîns spers, nâch dem du vrâgtest ê.» dô Parzivâl die wârheit sach, dô vrâgter fürbaz unde sprach «diz lâze ich an dich, Gâwân, op daz si der selbe man der mir hât laster vor gezilt: sô rît' ich mit dir swar du wilt." «i'ne wil gein dir niht liegens pflegen", sprach Gâwân. «hie’st von tjost gelegen Segramors ein strîtes helt, des tât gein prise ie was erwelt. du tæt'z ê Keie wart gevalt: an in bêden hâstu prîs bezalt.» Sie riten mit ein ander dan, der Wâléis unt Gâwân. vil volkes z'orse unt ze fuoz dort inne bôt in werden gruoz, Gâwâne und dem riter rôt, 740 745 750 755 735 760 733 ê, vorher: ehe ich vor ihnen mit Ehren erscheinen kann. — 734 in- folge deren ich seitdem traurig lebte. — 735 von solhen sachen ist mit bliuwen zu verbinden: das aus folgendem Grunde geschah. — 736 lachte mich an. — 738 reis præt. von rîsen, fallen: eine Hyperbel, die dem Thatbestande nicht genau entspricht. Daßs der Wald (d. h. die Zweige) von ihr niederfielen, könnte nur vom Schlagen mit der Ruthe gesagt wer- den ; Keie aber hatte Cunnewaren mit einem Stabe geschlagen (vgl. III, 1074). — 742 der Artikel muß auch zu ors bezogen werden. Das Ross war todt geblieben; vgl. 472. — 747 lâzen ein d. an einen, etwas einem zur Entschei- dung anheimstellen. — 749 vor ziln, einem ein d., jemand etwas als Ziel vorstecken, bestimmen: der mich in Schande gebracht hat. — 750 sô: wenn das der Fall, wenn er es ist, so. — 752 hie’st = hie ist. — gelegen. zu Boden geworfen worden. — 754 gein prîse, in Bezug auf Ruhm: immer auserwählt, ausgezeichnet war. — 755 du thatest es: daſs er zu Boden geworfen ward. 760 werden gruoz, achtungsvollen Grußs. —
326 SECHSTES BUCH. 305 ich sol rèchen ê ein bliuwen, dâ von ich sît mit riuwen fuor, von solhen sachen: ein werdiu maget lachen mir bôt ; die blou der scheneschalt durch mich, daz von ir reis der walt.» «unsanfte ist daz gerochen", sprach Gâwân: «im'st zebrochen der zesewe arm unt'z winster bein. rît her, schouw’ órs und ouch den stein. hie ligent ouch trúnzûne ûf dem snê dîns spers, nâch dem du vrâgtest ê.» dô Parzivâl die wârheit sach, dô vrâgter fürbaz unde sprach «diz lâze ich an dich, Gâwân, op daz si der selbe man der mir hât laster vor gezilt: sô rît' ich mit dir swar du wilt." «i'ne wil gein dir niht liegens pflegen", sprach Gâwân. «hie’st von tjost gelegen Segramors ein strîtes helt, des tât gein prise ie was erwelt. du tæt'z ê Keie wart gevalt: an in bêden hâstu prîs bezalt.» Sie riten mit ein ander dan, der Wâléis unt Gâwân. vil volkes z'orse unt ze fuoz dort inne bôt in werden gruoz, Gâwâne und dem riter rôt, 740 745 750 755 735 760 733 ê, vorher: ehe ich vor ihnen mit Ehren erscheinen kann. — 734 in- folge deren ich seitdem traurig lebte. — 735 von solhen sachen ist mit bliuwen zu verbinden: das aus folgendem Grunde geschah. — 736 lachte mich an. — 738 reis præt. von rîsen, fallen: eine Hyperbel, die dem Thatbestande nicht genau entspricht. Daßs der Wald (d. h. die Zweige) von ihr niederfielen, könnte nur vom Schlagen mit der Ruthe gesagt wer- den ; Keie aber hatte Cunnewaren mit einem Stabe geschlagen (vgl. III, 1074). — 742 der Artikel muß auch zu ors bezogen werden. Das Ross war todt geblieben; vgl. 472. — 747 lâzen ein d. an einen, etwas einem zur Entschei- dung anheimstellen. — 749 vor ziln, einem ein d., jemand etwas als Ziel vorstecken, bestimmen: der mich in Schande gebracht hat. — 750 sô: wenn das der Fall, wenn er es ist, so. — 752 hie’st = hie ist. — gelegen. zu Boden geworfen worden. — 754 gein prîse, in Bezug auf Ruhm: immer auserwählt, ausgezeichnet war. — 755 du thatest es: daſs er zu Boden geworfen ward. 760 werden gruoz, achtungsvollen Grußs. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 327 wand' in ir zuht daz gebôt. Gâwân kêrt' dá er sin poulûn vant. froun Cunnewâren de Lalant snüere unz an die sîne gienc: diu wart vrô, mit fröude enpfienc diu maget ir riter, der sie rach daz ir von Keien ê geschach. sie nam ir bruoder an die hant, unt froun Jeschûten von Karnánt: sus sach sie komen Parzivâl. der was gevar durch îsers mâl als touwege rôsen dar gevlogen. im was sîn harnasch abe gezogen. er spranc ûf, dó er die frouwen sach : nu hort wie Cunnewâre sprach. 765 770 775 306 «Gote alrêst, dar nâch mir, west willekomen, sît daz ir belibet bî manlîchen siten. ich hete lachen gar vermiten, unz iuch mîn herze erkande, dô mich an fröuden pfande Keie, der mich dô sô sluoc. daz habet gerochen ir genuoc. ich kuste iuch, wære ich kusses wert. «des hete ich hiute sân gegert", sprach Parzivâl, «getorste ich sô: wand’ ich pin iwers enpfâhens vrô.» sie kuste in unde saztin nider. 780 785 762 ir bezieht sich auf vil volkes : ihre Wohlerzogenheit gebot ihnen das. — 763 kert’ dâ, wandte sich dorthin wo. — 765 snüere, die Zeltseile, ist Sub- ject: davon der Gen. froun Cunnewâren abhängig; das Verbum steht, wie nicht selten bei Wolfram, im Sing. Ihre Zelte stießen aneinander. — 767 rach hat ein doppeltes Object, sie und daz: der sie rächte, nämlich das rächte, was ihr geschah. — 769 sie sucht Parzival in Gawan’s Zelt (763) auf. — ir bruoder, Orilus. — 771 Parzivâl ist Subject. — 772 durch die Spuren, welche die Rüstung zurückgelassen hatte, leuchtete seine Schön- heit hindurch. — 773 wie thauige Rosen, die dahin geflogen wären. 777 fg. Umschreibung der Grußsformel Gote willekomen unde mir; vgl. Grimm's Mythologie, S. 14. — 778 da ich mich in eurer Mannheit nicht getäuscht habe, ihr dieselbe so glänzend bewährt habt. — 780 hete, hatte. — 781 bis ich euch sah, dô, in derselsen Stunde, als. — 782 pfande, rück- umlaut. præt. von pfenden swv., berauben. — 784 genuoc, reichlich. — 787 getorste ich sô, wenn ich derartiges wagen dürfte : getorste ist conj. für getörste. — 789 sie veranlasste ihn sich wieder zu setzen: er war bei ihrem — Eintritt ins Zelt aufgesprungen (V. 775).
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 327 wand' in ir zuht daz gebôt. Gâwân kêrt' dá er sin poulûn vant. froun Cunnewâren de Lalant snüere unz an die sîne gienc: diu wart vrô, mit fröude enpfienc diu maget ir riter, der sie rach daz ir von Keien ê geschach. sie nam ir bruoder an die hant, unt froun Jeschûten von Karnánt: sus sach sie komen Parzivâl. der was gevar durch îsers mâl als touwege rôsen dar gevlogen. im was sîn harnasch abe gezogen. er spranc ûf, dó er die frouwen sach : nu hort wie Cunnewâre sprach. 765 770 775 306 «Gote alrêst, dar nâch mir, west willekomen, sît daz ir belibet bî manlîchen siten. ich hete lachen gar vermiten, unz iuch mîn herze erkande, dô mich an fröuden pfande Keie, der mich dô sô sluoc. daz habet gerochen ir genuoc. ich kuste iuch, wære ich kusses wert. «des hete ich hiute sân gegert", sprach Parzivâl, «getorste ich sô: wand’ ich pin iwers enpfâhens vrô.» sie kuste in unde saztin nider. 780 785 762 ir bezieht sich auf vil volkes : ihre Wohlerzogenheit gebot ihnen das. — 763 kert’ dâ, wandte sich dorthin wo. — 765 snüere, die Zeltseile, ist Sub- ject: davon der Gen. froun Cunnewâren abhängig; das Verbum steht, wie nicht selten bei Wolfram, im Sing. Ihre Zelte stießen aneinander. — 767 rach hat ein doppeltes Object, sie und daz: der sie rächte, nämlich das rächte, was ihr geschah. — 769 sie sucht Parzival in Gawan’s Zelt (763) auf. — ir bruoder, Orilus. — 771 Parzivâl ist Subject. — 772 durch die Spuren, welche die Rüstung zurückgelassen hatte, leuchtete seine Schön- heit hindurch. — 773 wie thauige Rosen, die dahin geflogen wären. 777 fg. Umschreibung der Grußsformel Gote willekomen unde mir; vgl. Grimm's Mythologie, S. 14. — 778 da ich mich in eurer Mannheit nicht getäuscht habe, ihr dieselbe so glänzend bewährt habt. — 780 hete, hatte. — 781 bis ich euch sah, dô, in derselsen Stunde, als. — 782 pfande, rück- umlaut. præt. von pfenden swv., berauben. — 784 genuoc, reichlich. — 787 getorste ich sô, wenn ich derartiges wagen dürfte : getorste ist conj. für getörste. — 789 sie veranlasste ihn sich wieder zu setzen: er war bei ihrem — Eintritt ins Zelt aufgesprungen (V. 775).
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328 SECHSTES BUCH. 307 ein júncfrówen sie sande wider und hiez ir bringen rîchiu kleit. diu wârn gesniten al gereit úz pféllé von Ninnivê: sie solde der künec Clâmidê, ir gevangen, hân getragen. diu maget sie brâhte und begunde klagen, der mantel wære âne snuor. Cunnewâre sus gefuor, von blanker sîte ein snüerelîn sie zucte und zôh im'z dar în. mit urloube er sich dô twuoc, den râm von ime: der junge truoc bi rôtem munde liehtez vel. gekleidet wart der degen snel: dô was er fier unde clâr. swer in sach, der jach für wâr, er waere geblüemt für alle man. diz lop sîn varwe muose hân. Parzivâl stuont wol sîn wât. einen grüenen smárât spien s'im für sîn houbetloch. Cunnewâre gap im mêr dennóch, einen tiweren gürtel fier. mit edelen steinen manec tier muost' ûzen ûf dem porten sîn: diu rinke was ein rubîn. 795 800 805 810 790 815 790 wider, zurück in ihr Zelt, aus welchem sie eben, wir müssen uns den- ken auch in Begleitung von Jungfrauen, die ihr zur Bedienung beigegeben waren, gekommen war. — 791 hiz ir bringen, liefs sich bringen. — kleit, für Parzival. — 792 gereit, fertig; vgl. zu V, 137. Sie waren fertig, da sie für Clamide bestimmt gewesen waren. Warum dieser sie nicht trug, gibt der Dichter nicht an: es kommt ihm hier darauf an zu erklären, warum die Kleider schon fertig waren, und nicht erst zugeschnitten zu werden brauchten. — 795 ir gevangen: er hatte sich, von Parzival besiegt, Cunne- waren als Gefangener stellen müssen; vgl. IV, 1159. — 798 sus gefuor, verfuhr so, machte es so. — 799 sie zog aus ihrem eigenen Kleide eine Schnur heraus: die Kleider waren an der Seite zugeschnürt. — 800 sie reihte ihm die Schnur an den Mantel: diese diente dazu, den Mantel am Halse zusammenzuziehen. — 801 mit ihrer Erlaubniss wusch er sich. — twuoc hat zwei Objecte, wie oben rach (vgl. 767), sich und den râm. — 804 snel gehört zu degen. — 807 blüemen swv., eigentlich mit Blumen schmücken; dann: schmücken. — für, den Vorzug bezeichnend: mehr als, vor. — 811 spien præt. von spannen, befestigen (zu III, 1237). — houbetloch stn., das Loch am Gewande, durch welches man den Kopf steckt, wie bei unsern Hemden und Kitteln. Der Smaragd diente als schließsende Spange. — 812 mêr dennoch, noch mehr. — 814 manches Thier, das aus Edelsteinen zusammengesetzt war; vgl. V, 1152. — 815 der Gürtel bestand aus einem borten, einem golddurchwirkten Bande. — 816 rinke, Spange, Schnalle: womit der Gürtel geschlossen wird. —
328 SECHSTES BUCH. 307 ein júncfrówen sie sande wider und hiez ir bringen rîchiu kleit. diu wârn gesniten al gereit úz pféllé von Ninnivê: sie solde der künec Clâmidê, ir gevangen, hân getragen. diu maget sie brâhte und begunde klagen, der mantel wære âne snuor. Cunnewâre sus gefuor, von blanker sîte ein snüerelîn sie zucte und zôh im'z dar în. mit urloube er sich dô twuoc, den râm von ime: der junge truoc bi rôtem munde liehtez vel. gekleidet wart der degen snel: dô was er fier unde clâr. swer in sach, der jach für wâr, er waere geblüemt für alle man. diz lop sîn varwe muose hân. Parzivâl stuont wol sîn wât. einen grüenen smárât spien s'im für sîn houbetloch. Cunnewâre gap im mêr dennóch, einen tiweren gürtel fier. mit edelen steinen manec tier muost' ûzen ûf dem porten sîn: diu rinke was ein rubîn. 795 800 805 810 790 815 790 wider, zurück in ihr Zelt, aus welchem sie eben, wir müssen uns den- ken auch in Begleitung von Jungfrauen, die ihr zur Bedienung beigegeben waren, gekommen war. — 791 hiz ir bringen, liefs sich bringen. — kleit, für Parzival. — 792 gereit, fertig; vgl. zu V, 137. Sie waren fertig, da sie für Clamide bestimmt gewesen waren. Warum dieser sie nicht trug, gibt der Dichter nicht an: es kommt ihm hier darauf an zu erklären, warum die Kleider schon fertig waren, und nicht erst zugeschnitten zu werden brauchten. — 795 ir gevangen: er hatte sich, von Parzival besiegt, Cunne- waren als Gefangener stellen müssen; vgl. IV, 1159. — 798 sus gefuor, verfuhr so, machte es so. — 799 sie zog aus ihrem eigenen Kleide eine Schnur heraus: die Kleider waren an der Seite zugeschnürt. — 800 sie reihte ihm die Schnur an den Mantel: diese diente dazu, den Mantel am Halse zusammenzuziehen. — 801 mit ihrer Erlaubniss wusch er sich. — twuoc hat zwei Objecte, wie oben rach (vgl. 767), sich und den râm. — 804 snel gehört zu degen. — 807 blüemen swv., eigentlich mit Blumen schmücken; dann: schmücken. — für, den Vorzug bezeichnend: mehr als, vor. — 811 spien præt. von spannen, befestigen (zu III, 1237). — houbetloch stn., das Loch am Gewande, durch welches man den Kopf steckt, wie bei unsern Hemden und Kitteln. Der Smaragd diente als schließsende Spange. — 812 mêr dennoch, noch mehr. — 814 manches Thier, das aus Edelsteinen zusammengesetzt war; vgl. V, 1152. — 815 der Gürtel bestand aus einem borten, einem golddurchwirkten Bande. — 816 rinke, Spange, Schnalle: womit der Gürtel geschlossen wird. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 329 wie was der junge âne bart geschicket, do er gegürtet wart? diz maere giht, wol genuoc. daz volc im holdez herze truoc: swer in sach, man oder wip, die heten wert sînen lîp. 820 Der künec messe hete gehôrt: man sach Artüsen komen dort mit der tavelrunder diet, der nehéiner valscheit nie geriet. die heten alle ê vernomen, der rôte rîter ware komen in Gâwânes poulûn. dar kom Artüs der Britůn. der zerblûwen Anthanór spranc dem künege allez vor, unz er den Wâleis ersach. den vrâgte er «sit ir'z der mich rach, und Cunnewâren de Lalant? vil prises giht man iwerre hant. Keie hât verpfendet: sin dröwen ist nu gelendet. ich fürhte wênec sînen swanc: der zesewe arm ist ime ze kranc." 825 830 835 840 308 Dô truoc der junge Parzivâl âne flügel engels mâl sus geblüet ûf der erden. Artûs mit den werden enpfieng in minneclîche. 845 818 geschicket, gestaltet. — 819 wol genuoc, mehr ausdrückend als die Worte besagen : ganz vortrefflich. — 822 die hielten ihn werth. 826 der neheiner, nicht genaue grammatische Beziehung auf diet, wor- unter die Ritter der Tafelrunde verstanden sind: von denen keiner. — 827 ê, schon vorher. — 830 dar, in Gawan’s Zelt. — 831 zerblûwen, part. von zerbliuwen stv., zerschlagen. — Anthanor, der das Gelübde des Schwei- gens gethan bis Cunneware lachen würde, und der deshalb ebenfalls von Keie geschlagen worden war (vgl. III, 1099 ff.). — 832 allez adv. acc., be- ständig. — vor, voraus. — 837 verpfenden swv., zu Pfande setzen: als Object ist zu ergänzen sînen prîs: er hat ihn verloren. — 838 lenden (zu I. 1228), ans Ziel bringen, beenden. Aus seinen Drohungen wird man sich künftig nichts machen. — 839 sînen swanc, seine Streiche. 842 engels mâl, Zeichen, die Erscheinung eines Engels; âne flügel, aus- genommen dafs er keine Flügel wie ein Engel hatte. — 843 sus, im Ubrigen. geblüet, erblüht, blühend. — 844 mit seinen werthen Begleitern. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 329 wie was der junge âne bart geschicket, do er gegürtet wart? diz maere giht, wol genuoc. daz volc im holdez herze truoc: swer in sach, man oder wip, die heten wert sînen lîp. 820 Der künec messe hete gehôrt: man sach Artüsen komen dort mit der tavelrunder diet, der nehéiner valscheit nie geriet. die heten alle ê vernomen, der rôte rîter ware komen in Gâwânes poulûn. dar kom Artüs der Britůn. der zerblûwen Anthanór spranc dem künege allez vor, unz er den Wâleis ersach. den vrâgte er «sit ir'z der mich rach, und Cunnewâren de Lalant? vil prises giht man iwerre hant. Keie hât verpfendet: sin dröwen ist nu gelendet. ich fürhte wênec sînen swanc: der zesewe arm ist ime ze kranc." 825 830 835 840 308 Dô truoc der junge Parzivâl âne flügel engels mâl sus geblüet ûf der erden. Artûs mit den werden enpfieng in minneclîche. 845 818 geschicket, gestaltet. — 819 wol genuoc, mehr ausdrückend als die Worte besagen : ganz vortrefflich. — 822 die hielten ihn werth. 826 der neheiner, nicht genaue grammatische Beziehung auf diet, wor- unter die Ritter der Tafelrunde verstanden sind: von denen keiner. — 827 ê, schon vorher. — 830 dar, in Gawan’s Zelt. — 831 zerblûwen, part. von zerbliuwen stv., zerschlagen. — Anthanor, der das Gelübde des Schwei- gens gethan bis Cunneware lachen würde, und der deshalb ebenfalls von Keie geschlagen worden war (vgl. III, 1099 ff.). — 832 allez adv. acc., be- ständig. — vor, voraus. — 837 verpfenden swv., zu Pfande setzen: als Object ist zu ergänzen sînen prîs: er hat ihn verloren. — 838 lenden (zu I. 1228), ans Ziel bringen, beenden. Aus seinen Drohungen wird man sich künftig nichts machen. — 839 sînen swanc, seine Streiche. 842 engels mâl, Zeichen, die Erscheinung eines Engels; âne flügel, aus- genommen dafs er keine Flügel wie ein Engel hatte. — 843 sus, im Ubrigen. geblüet, erblüht, blühend. — 844 mit seinen werthen Begleitern. —
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330 SECHSTES BUCH. guots willen wâren rîche alle die'n gesâhen dâ. ir herzen volge sprâchen jâ, gein sîme lobe sprach niemen nein: sô rehte minneclîch er schein. Artûs sprach z'ime sân «ir habet mir lieb und leit getân: doch habet ir mir der êre brâht unt gesendet mêre denne ich ir ie von manne enpfienc. da engein mîn dienst noch kleine gienc, het ir priss nimêr getân, wan daz diu herzogin sol hân, frou Jeschût', die hulde. ouch wære iu Keien schulde gewandelt ungerochen, het ich iuch ê gesprochen. » Artûs sagete im wes er bat, war umbe er an die selben stat und ouch mêr landes was geriten. si begúnden in dô alle biten daz er gelobete sunder den von der tavelrunder sîn rîterlîch gesellekeit. im was ir bete niht ze leit : ouch moht er’s sîn von schulden vrô. Parzivâl sie werte dô. 850 855 860 865 870 309 846 sehr wohlwollend gegen ihn gesinnt waren. — 848 volge ist dat.; einem ja sprechen, etwas bejahen: ihre Herzen bejahten die Beistimmung zu seinem Lobe; durch den Gegensatz der folgenden Zeile wird ihr neidloses Rühmen seiner Verdienste noch mehr hervorgehoben. — 849 gein, gegen- über, in Bezug auf. — 852 lieb, Liebes, Erfreuendes: hauptsächlich durch sein Erscheinen am Hofe und die wiederholten Grüßse, die er ihm ge- sendet. — leit, durch den Tod Ither's und die Verwundung Keie's. — 854 gesendet, durch die Gefangenen, die er an Artus’ Hof sendete: Kingrun, Clamide, Orilus. — 856 da engein mit Beziehung auf das Folgende: dem gegenüber, in Vergleich mit dem was ihr thatet, war meine bisherige Dienstleistung sehr unbedeutend, wenn ihr auch nur das eine gethan hättet. — 857 nimêr, nicht mehr (VI, 562): der Gen. prîss hängt von dem in nimér liegenden niht ab. — 858 als daſ ihr Jeschuten mit ihrem Ge- mahl versöhnt habt. — 861 gebüßst, vergütet worden, ohne daſs ihr euch im Kampf an ihm hättet zu rächen brauchen. — 863 worum er ihn bat, was er von ihm wünschte. — 864 an eben die Stätte, wo er jetzt lagerte. — 865 und auch noch weiter durchs Land. — 867 sunder ist mit den zu verbinden: allen den Rittern der Tafelrunde. — 869 dafs er nach Ritter- weise ihr geselle sein wollte. — 870 niht ze leit, sehr willkommen, sehr lieb. — 871 er’s, er dessen, er darüber. — 872 gewährte ihnen ihre Bitte.
330 SECHSTES BUCH. guots willen wâren rîche alle die'n gesâhen dâ. ir herzen volge sprâchen jâ, gein sîme lobe sprach niemen nein: sô rehte minneclîch er schein. Artûs sprach z'ime sân «ir habet mir lieb und leit getân: doch habet ir mir der êre brâht unt gesendet mêre denne ich ir ie von manne enpfienc. da engein mîn dienst noch kleine gienc, het ir priss nimêr getân, wan daz diu herzogin sol hân, frou Jeschût', die hulde. ouch wære iu Keien schulde gewandelt ungerochen, het ich iuch ê gesprochen. » Artûs sagete im wes er bat, war umbe er an die selben stat und ouch mêr landes was geriten. si begúnden in dô alle biten daz er gelobete sunder den von der tavelrunder sîn rîterlîch gesellekeit. im was ir bete niht ze leit : ouch moht er’s sîn von schulden vrô. Parzivâl sie werte dô. 850 855 860 865 870 309 846 sehr wohlwollend gegen ihn gesinnt waren. — 848 volge ist dat.; einem ja sprechen, etwas bejahen: ihre Herzen bejahten die Beistimmung zu seinem Lobe; durch den Gegensatz der folgenden Zeile wird ihr neidloses Rühmen seiner Verdienste noch mehr hervorgehoben. — 849 gein, gegen- über, in Bezug auf. — 852 lieb, Liebes, Erfreuendes: hauptsächlich durch sein Erscheinen am Hofe und die wiederholten Grüßse, die er ihm ge- sendet. — leit, durch den Tod Ither's und die Verwundung Keie's. — 854 gesendet, durch die Gefangenen, die er an Artus’ Hof sendete: Kingrun, Clamide, Orilus. — 856 da engein mit Beziehung auf das Folgende: dem gegenüber, in Vergleich mit dem was ihr thatet, war meine bisherige Dienstleistung sehr unbedeutend, wenn ihr auch nur das eine gethan hättet. — 857 nimêr, nicht mehr (VI, 562): der Gen. prîss hängt von dem in nimér liegenden niht ab. — 858 als daſ ihr Jeschuten mit ihrem Ge- mahl versöhnt habt. — 861 gebüßst, vergütet worden, ohne daſs ihr euch im Kampf an ihm hättet zu rächen brauchen. — 863 worum er ihn bat, was er von ihm wünschte. — 864 an eben die Stätte, wo er jetzt lagerte. — 865 und auch noch weiter durchs Land. — 867 sunder ist mit den zu verbinden: allen den Rittern der Tafelrunde. — 869 dafs er nach Ritter- weise ihr geselle sein wollte. — 870 niht ze leit, sehr willkommen, sehr lieb. — 871 er’s, er dessen, er darüber. — 872 gewährte ihnen ihre Bitte.
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PARZIVAL AN ARTUS HOFE. 331 Nu râtet, hœeret unde jeht, ob tavelrunder mege ir reht des tages behalden; wande ir pflac Artûs, bî dem èin site lac: nehein rîter vor im az des tages swenn’ Aventiure vergaz daz sie sînen hof vermeit. im ist âventiure nu bereit: daz lop muoz tavelrunder hân. swie sie wæer’ ze Nantes lân, man sprach ir reht ûf bluomen velt: dane irte stûde noch gezelt. der künec Artûs daz gebôt z'êrén dem rîter rôt: sus nam sîn werdekeit dâ lôn. ein pféllé von Acratôn, ûz heidenschefte verre hrâht, wart z'eime zil aldâ gedâht, niht breit, sinewel gesniten, al nâch tavelrunder siten; wand’ in ir zuht des verjach: nâch gegenstuol dâ niemen sprach, diu gesítze wârn al glîche hêr. der künec Artûs gebôt in mêr daz man wérde rîtr und werde frouwen an dem ringe müese schouwen. die man dâ gein prîse maz, magt wîb und man ze hove dô az. 875 880 885 890 895 900 873 râtet, gebt euren Rath, sprecht eure Meinung aus. — 874 ob die Tafelrunde ihren Satzungen an diesem Tage treu bleibt. — 875 es war Brauch des König Artus, nicht eher sich zu Tische zu setzen, als bis an demselben Tage ein Abenteuer sich zugetragen. — 877 vor im, in seiner Gegenwart, an seinem Tische. — 878 Aventiure ist hier persönlich aufgefasst : die St.-Galler Handschrift schreibt das Wort auch mit grofsem Anfangs- buchstaben. — 880 heute hat’s nicht an Abenteuern gefehlt. — 882 die eigentliche Tafelrunde, d. h. die runde Tafel, war in Nantes gelassen worden, wo Artus’ Hof war. — 883 man verlegte ihre Rechtsansprüche und Bestimmungen hierher. — 884 es war auf dem Felde reichlich Platz, um sie zu errichten. — 890 z'eime zil, zu einer Bestimmung, nämlich als Tafelrunde zu dienen. — gedâht, ausgedacht, erwählt. — 893 ihre Wohl- erzogenheit hatte ihnen diese Bestimmung eingegeben, nämlich eine runde Tafel zu machen, an der es kein Oben und Unten gibt. — 894 gegenstuol stm., der Stuhl dem Wirth gegenüber, der als besonderer Ehrenplatz galt. — sprechen, nâch, etwas beanspruchen. — 895 gesitze stn., Sitz. — hêr, vornehm: es gab keinen Rangunterschied. — 896 mêr, ferner. — 897 auch die Frauen sollten an der Tafelrunde Theil nehmen. — 899 die bezieht sich auf magt, wîb und man : die man als preiswürdig betrachtete.
PARZIVAL AN ARTUS HOFE. 331 Nu râtet, hœeret unde jeht, ob tavelrunder mege ir reht des tages behalden; wande ir pflac Artûs, bî dem èin site lac: nehein rîter vor im az des tages swenn’ Aventiure vergaz daz sie sînen hof vermeit. im ist âventiure nu bereit: daz lop muoz tavelrunder hân. swie sie wæer’ ze Nantes lân, man sprach ir reht ûf bluomen velt: dane irte stûde noch gezelt. der künec Artûs daz gebôt z'êrén dem rîter rôt: sus nam sîn werdekeit dâ lôn. ein pféllé von Acratôn, ûz heidenschefte verre hrâht, wart z'eime zil aldâ gedâht, niht breit, sinewel gesniten, al nâch tavelrunder siten; wand’ in ir zuht des verjach: nâch gegenstuol dâ niemen sprach, diu gesítze wârn al glîche hêr. der künec Artûs gebôt in mêr daz man wérde rîtr und werde frouwen an dem ringe müese schouwen. die man dâ gein prîse maz, magt wîb und man ze hove dô az. 875 880 885 890 895 900 873 râtet, gebt euren Rath, sprecht eure Meinung aus. — 874 ob die Tafelrunde ihren Satzungen an diesem Tage treu bleibt. — 875 es war Brauch des König Artus, nicht eher sich zu Tische zu setzen, als bis an demselben Tage ein Abenteuer sich zugetragen. — 877 vor im, in seiner Gegenwart, an seinem Tische. — 878 Aventiure ist hier persönlich aufgefasst : die St.-Galler Handschrift schreibt das Wort auch mit grofsem Anfangs- buchstaben. — 880 heute hat’s nicht an Abenteuern gefehlt. — 882 die eigentliche Tafelrunde, d. h. die runde Tafel, war in Nantes gelassen worden, wo Artus’ Hof war. — 883 man verlegte ihre Rechtsansprüche und Bestimmungen hierher. — 884 es war auf dem Felde reichlich Platz, um sie zu errichten. — 890 z'eime zil, zu einer Bestimmung, nämlich als Tafelrunde zu dienen. — gedâht, ausgedacht, erwählt. — 893 ihre Wohl- erzogenheit hatte ihnen diese Bestimmung eingegeben, nämlich eine runde Tafel zu machen, an der es kein Oben und Unten gibt. — 894 gegenstuol stm., der Stuhl dem Wirth gegenüber, der als besonderer Ehrenplatz galt. — sprechen, nâch, etwas beanspruchen. — 895 gesitze stn., Sitz. — hêr, vornehm: es gab keinen Rangunterschied. — 896 mêr, ferner. — 897 auch die Frauen sollten an der Tafelrunde Theil nehmen. — 899 die bezieht sich auf magt, wîb und man : die man als preiswürdig betrachtete.
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332 SECHSTES BUCH. Dô kom frou Gynóvêr dar mit maneger frouwen lieht gevar: mit ir manc edele fürstîn: die truogen minneclichen schîn. ouch was der rinc genomen sô wit daz âne gedrenge und âne strît manc frouwe bî ir âmîs saz. Artûs der valsches laz brâht’ den Wâleis an der hant. frou Cunnewâre de Lalánt gieng im anderthalben bî: diu was dô trûrens worden vri. Artus an den Wâleis sach : nu sult ir hoeren wie er sprach. "ich wil iweren clâren lîp lân küssén mîn altez wîp. des endorft ir doch hie niemen biten, sît ir von Pelrapeire geriten: wan da ist des kusses hôhstez zil. eins dinges ich iuch biten wil : kom ich iemêr in iuwer hûs, gelt disen kus», sprach Artôs. «ich tuon swes ir mich bitet, dâ", sprach der Wâleis, «und ouch anderswâ." ein lützel gegen im dô gienc diu künegîn in mit kusse enpfienc. «nu verkiuse ich hie mit triuwen", sprach sie, «daz ir mit riuwen mich liezt: die het ir mir gegeben, do ir'm künege Ithêr nâmt sin leben." 905 910 915 920 925 310 930 311 Von der suone wurden naz der künegîn ougen umbe daz, 905 rinc, Kreis: die Ausdehnung der Tafelrunde. — 908 laz unflect. Form; vgl. zu V, 1301. — 911 im, Parzival; im bi, neben ihm. — andert- halben, auf der andern Seite. — 915 ich will euch schönen Mann. — 916 altez ist scherzend zu verstehen, und stimmt vollkommen zu dem scherzenden Tone der ganzen Rede. — 917 endorft = endorftet : ihr hättet es zwar nicht nöthig, hier jemand um einen Kuss zu bitten, denn ihr habt das schönste Weib, das man küssen kann, zu Hause. — 921 iemêr, je in Zukunft. — 922 gelt = geltet: lasst mich dann euer Weib auch küssen. — 923 dâ, in meinem Hause. — 925 gegen im, auf ihn zu. — 926 diu künegîn, gemeinsames Subject zweier Sätze. — 927 nun verzeihe ich euch hier auf- richtig. — 928 daſs ihr mich in Trauer zurückliefst; vgl. III, 1317. 931 Sie musste, wenn sie Parzival auch Ither's Tod verzieh, doch in Erinnerung an denselben weinen. —
332 SECHSTES BUCH. Dô kom frou Gynóvêr dar mit maneger frouwen lieht gevar: mit ir manc edele fürstîn: die truogen minneclichen schîn. ouch was der rinc genomen sô wit daz âne gedrenge und âne strît manc frouwe bî ir âmîs saz. Artûs der valsches laz brâht’ den Wâleis an der hant. frou Cunnewâre de Lalánt gieng im anderthalben bî: diu was dô trûrens worden vri. Artus an den Wâleis sach : nu sult ir hoeren wie er sprach. "ich wil iweren clâren lîp lân küssén mîn altez wîp. des endorft ir doch hie niemen biten, sît ir von Pelrapeire geriten: wan da ist des kusses hôhstez zil. eins dinges ich iuch biten wil : kom ich iemêr in iuwer hûs, gelt disen kus», sprach Artôs. «ich tuon swes ir mich bitet, dâ", sprach der Wâleis, «und ouch anderswâ." ein lützel gegen im dô gienc diu künegîn in mit kusse enpfienc. «nu verkiuse ich hie mit triuwen", sprach sie, «daz ir mit riuwen mich liezt: die het ir mir gegeben, do ir'm künege Ithêr nâmt sin leben." 905 910 915 920 925 310 930 311 Von der suone wurden naz der künegîn ougen umbe daz, 905 rinc, Kreis: die Ausdehnung der Tafelrunde. — 908 laz unflect. Form; vgl. zu V, 1301. — 911 im, Parzival; im bi, neben ihm. — andert- halben, auf der andern Seite. — 915 ich will euch schönen Mann. — 916 altez ist scherzend zu verstehen, und stimmt vollkommen zu dem scherzenden Tone der ganzen Rede. — 917 endorft = endorftet : ihr hättet es zwar nicht nöthig, hier jemand um einen Kuss zu bitten, denn ihr habt das schönste Weib, das man küssen kann, zu Hause. — 921 iemêr, je in Zukunft. — 922 gelt = geltet: lasst mich dann euer Weib auch küssen. — 923 dâ, in meinem Hause. — 925 gegen im, auf ihn zu. — 926 diu künegîn, gemeinsames Subject zweier Sätze. — 927 nun verzeihe ich euch hier auf- richtig. — 928 daſs ihr mich in Trauer zurückliefst; vgl. III, 1317. 931 Sie musste, wenn sie Parzival auch Ither's Tod verzieh, doch in Erinnerung an denselben weinen. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 333 wand’ Ithêrs tôt tet wiben wê. man sazte den künec Clâmidê an'z uover zuo dem Plimizoel: bi dem saz Jofreit fiz Idoel. zwischen Clâmidê und Gâwân der Wâleis sitzen muose hân. als mir diu âventiure maz, an disem ringe niemen saz, der muoter brust ie gesouc, des werdekeit sô lützel trouc. wan kraft mit jugende wol gevar der Wâleis mit im brâhte dar. swer in ze rehte wolde spehen, sô hât sich manec frouwe ersehen in trüeberm glase dan wér' sîn munt. ich tuon iu von sîm' velle kunt an dem kinne und an den wangen: sîn varwe z'einer zangen wæer’ guot: sie möhte stæte haben, diu den zwîvel wol hin dan kan schaben. ich meine wîp die wenkent und ir friwentschaft überdenkent. sîn glast was wibes stæte ein bant : ir zwivel gar gein ime verswant. ir sehen in mit triuwe enpfienc : durch d'ougen in ir herze er gienc. 935 940 945 950 955 Man und wîp im waren holt. sus het er werdekeit gedolt, 960 933 vgl. III, 1178. — 935 uover stn., Ufer: am Ufer des Plimizoel hatte sich ja Artus gelagert. — 938 sitzen, seinen Sitz. — 939 maz, bestimmte: nach der Angabe meiner Quelle. — 940 keiner, der je Mutterbrust gesogen, dessen Werth so ohne Makel war wie der Parzival's. — 945 wenn jemand, wenn man ihn recht betrachten wollte. — 946 als Zwischenglied ist zu er- gänzen: so müsste man sagen, gestehen, daf manche Frau. — sich ersehen, sich spiegeln; vgl. II, 366. — 947 glas, Spiegel. — wœere, war: in ver- glichenen Sätzen steht mhd. sehr gewöhnlich der Conj. — 950 würde sich zu einer Zange wohl eignen : weil seine Schönheit alle Augen an ihn fest- gebannt hielt. — 951 sie könnte Beständigkeit haben, beständig fest- halten. — 952 zwîvel, Wankelmuth: die jeden Wankelmuth wohl fern zu halten versteht. Die folgenden Zeilen erläutern das näher: er denkt an veränderliche Weiber, die ihre Neigung oft wechseln. Seine Schönheit würde sie dauernd an ihn fesseln, ihnen jeden Wankelmuth unmöglich machen. — 954 friwentschaft (vgl. V, 1417), Liebschaft, Liebe. — über- denken, nicht daran denken, vergessen. — 955 der Glanz seiner Schönheit war eine Fessel, die die Treue des Weibes festhielt. — 957 sie sahen ihn beständig an. 960 gedolt, sich gefallen lassen, an sich erfahren. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 333 wand’ Ithêrs tôt tet wiben wê. man sazte den künec Clâmidê an'z uover zuo dem Plimizoel: bi dem saz Jofreit fiz Idoel. zwischen Clâmidê und Gâwân der Wâleis sitzen muose hân. als mir diu âventiure maz, an disem ringe niemen saz, der muoter brust ie gesouc, des werdekeit sô lützel trouc. wan kraft mit jugende wol gevar der Wâleis mit im brâhte dar. swer in ze rehte wolde spehen, sô hât sich manec frouwe ersehen in trüeberm glase dan wér' sîn munt. ich tuon iu von sîm' velle kunt an dem kinne und an den wangen: sîn varwe z'einer zangen wæer’ guot: sie möhte stæte haben, diu den zwîvel wol hin dan kan schaben. ich meine wîp die wenkent und ir friwentschaft überdenkent. sîn glast was wibes stæte ein bant : ir zwivel gar gein ime verswant. ir sehen in mit triuwe enpfienc : durch d'ougen in ir herze er gienc. 935 940 945 950 955 Man und wîp im waren holt. sus het er werdekeit gedolt, 960 933 vgl. III, 1178. — 935 uover stn., Ufer: am Ufer des Plimizoel hatte sich ja Artus gelagert. — 938 sitzen, seinen Sitz. — 939 maz, bestimmte: nach der Angabe meiner Quelle. — 940 keiner, der je Mutterbrust gesogen, dessen Werth so ohne Makel war wie der Parzival's. — 945 wenn jemand, wenn man ihn recht betrachten wollte. — 946 als Zwischenglied ist zu er- gänzen: so müsste man sagen, gestehen, daf manche Frau. — sich ersehen, sich spiegeln; vgl. II, 366. — 947 glas, Spiegel. — wœere, war: in ver- glichenen Sätzen steht mhd. sehr gewöhnlich der Conj. — 950 würde sich zu einer Zange wohl eignen : weil seine Schönheit alle Augen an ihn fest- gebannt hielt. — 951 sie könnte Beständigkeit haben, beständig fest- halten. — 952 zwîvel, Wankelmuth: die jeden Wankelmuth wohl fern zu halten versteht. Die folgenden Zeilen erläutern das näher: er denkt an veränderliche Weiber, die ihre Neigung oft wechseln. Seine Schönheit würde sie dauernd an ihn fesseln, ihnen jeden Wankelmuth unmöglich machen. — 954 friwentschaft (vgl. V, 1417), Liebschaft, Liebe. — über- denken, nicht daran denken, vergessen. — 955 der Glanz seiner Schönheit war eine Fessel, die die Treue des Weibes festhielt. — 957 sie sahen ihn beständig an. 960 gedolt, sich gefallen lassen, an sich erfahren. —
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334 SECHSTES BUCH. 312 unz úf daz siufzebære zil. hie kom von der ich sprechen wil, ein magt gein triuwen wol gelobet, wan daz ir zuht was vertobet. ir mæere tet vil liuten leit. nu hoert wie diu juncfrouwe reit. ein mûl hôh als ein kastelân, val, und dennoch sus getân, nasesnitec unt verbrant, als úngerschiu marh erkant. ir zoum und ir gereite was gewórht mit arbeite, tiwer unde rîche. ir mûl gienc volleclîche. sie was niht frouwenlîch gevar. wê waz solt' ir komen dar?" sie kom iedoch: daz muose et sîn. Artûses her sie brâhte pîn. der megede ir kunst des verjach, alle sprâche sie wol sprach, latîn, heidensch, franzoys. sie was der witze curtoys, dialétike unt jêometrî: ir waren ouch die liste bî von astronomie. sie híez Cúndrîe, surziere was ir zuoname, in dem munde niht diu lame; wand' er geredet' ir genuoc. vil hôher froud' sie nider sluoc. 965 970 975 980 985 990 961 siufzebœre adj., Seufzer bringend. — 962 diejenige, von der ich nun erzählen will: dieselbe Umschreibung III, 504. — 963 die in Bezug auf ihre Treue mit Recht gerühmt war. — 964 vertoben swv., von Sinnen kommen: ihr sonst anständiges Benehmen war von Sinnen gekommen, in- dem sie zum Zorne und zu Schimpfwörtern sich hinreißen ließs. — 965 ihre Nachricht, das was sie berichtete. — 968 dennoch, noch dazu. — sus getân, folgendermaßsen beschaffen. — 969 nasesnitec adj., mit geschlitzter Nase. — verbrant, vielleicht: mit einem Brandmal versehen. — 970 marh stn., Ross, besonders Streitross ; doch scheint es hier in tadelndem Sinne, wie unser Mähre, gebraucht. — 972 mit arbeite, mit Mühe, d. h. kunstreich. — 974 in vollständiger Ausrüstung. — 975 nicht einer Frau von gutem Stande gleich aussehend. — 976 was suchte sie hier ? — 979 kunst, Kenntnisse, Gelehr- samkeit. — des verjach, räumte das ein, setzte sie in Besitz dessen. — 981 franzoys, französisch. — 982 in Bezug auf das Wissen war sie höfisch gebildet: in Bezug auf die gleich nachher genannten Wissenschaften. — 984 sie verstand auch die Kunst der Astronomie. — 987 surziere, franz. sorciere (mlat. sortiaria), Zauberin: benannt vom Wahrsagen durch Losen. — 988 sie war nicht lahm im Munde, an der Zunge nicht gelähmt.
334 SECHSTES BUCH. 312 unz úf daz siufzebære zil. hie kom von der ich sprechen wil, ein magt gein triuwen wol gelobet, wan daz ir zuht was vertobet. ir mæere tet vil liuten leit. nu hoert wie diu juncfrouwe reit. ein mûl hôh als ein kastelân, val, und dennoch sus getân, nasesnitec unt verbrant, als úngerschiu marh erkant. ir zoum und ir gereite was gewórht mit arbeite, tiwer unde rîche. ir mûl gienc volleclîche. sie was niht frouwenlîch gevar. wê waz solt' ir komen dar?" sie kom iedoch: daz muose et sîn. Artûses her sie brâhte pîn. der megede ir kunst des verjach, alle sprâche sie wol sprach, latîn, heidensch, franzoys. sie was der witze curtoys, dialétike unt jêometrî: ir waren ouch die liste bî von astronomie. sie híez Cúndrîe, surziere was ir zuoname, in dem munde niht diu lame; wand' er geredet' ir genuoc. vil hôher froud' sie nider sluoc. 965 970 975 980 985 990 961 siufzebœre adj., Seufzer bringend. — 962 diejenige, von der ich nun erzählen will: dieselbe Umschreibung III, 504. — 963 die in Bezug auf ihre Treue mit Recht gerühmt war. — 964 vertoben swv., von Sinnen kommen: ihr sonst anständiges Benehmen war von Sinnen gekommen, in- dem sie zum Zorne und zu Schimpfwörtern sich hinreißen ließs. — 965 ihre Nachricht, das was sie berichtete. — 968 dennoch, noch dazu. — sus getân, folgendermaßsen beschaffen. — 969 nasesnitec adj., mit geschlitzter Nase. — verbrant, vielleicht: mit einem Brandmal versehen. — 970 marh stn., Ross, besonders Streitross ; doch scheint es hier in tadelndem Sinne, wie unser Mähre, gebraucht. — 972 mit arbeite, mit Mühe, d. h. kunstreich. — 974 in vollständiger Ausrüstung. — 975 nicht einer Frau von gutem Stande gleich aussehend. — 976 was suchte sie hier ? — 979 kunst, Kenntnisse, Gelehr- samkeit. — des verjach, räumte das ein, setzte sie in Besitz dessen. — 981 franzoys, französisch. — 982 in Bezug auf das Wissen war sie höfisch gebildet: in Bezug auf die gleich nachher genannten Wissenschaften. — 984 sie verstand auch die Kunst der Astronomie. — 987 surziere, franz. sorciere (mlat. sortiaria), Zauberin: benannt vom Wahrsagen durch Losen. — 988 sie war nicht lahm im Munde, an der Zunge nicht gelähmt.
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 335 Diu maget witze rîche was gevár den ungelîche die man dâ heizet bêâ schent. ein brûtláchén von Gent, noch plâwer denne ein lâsûr, het an geleit der fröuden schûr: daz was ein kappe wol gesniten al nâch der Franzoyser siten: drunde an ir lîb was pfelle guot. von Lúndérs ein pfæewin huot, gefurriert mit einem plîalt (der huot was niwe, diu snuor niht alt), der hieng ir an dem rücke. ir mære was ein brücke : über fröude ez jâmer truoc. sie zucte in schimpfes dâ genuoc. über den huot ein zopf ir swanc unz ûf den mûl: der was sô lanc, swarz, hérte und niht ze clâr, linde áls eins swînes rückehâr. sie was genaset als ein hunt: zwên' ebers zene ir für den munt giengen wol spannen lanc. ietweder wintprâ sich dranc mit zöpfen für die hârsnuor. min zuht durch wârheit missefuor, 995 1000 1005 1010 313 1015 992 sah denen ungleich, unähnlich aus. — 993 schent, franz. gent, Volk, Leute : die man schöne Leute nennt. — 994 brûtlachen stn., wörtlich Braut- laken: ein Stoff, vermuthlich danach benannt, dafs Bräute ihn oft trugen. — 995 plawer compar. von plâ, blâ, blau. — lâsûr stn., Lasur, lapis lazuli. — 996 sie, die eine Vernichtung der Freude war; vgl. zu I, 1653. — 997 kappe swf., Mantel, der das Haupt mit bedeckt. Solche wurden namentlich auf Reisen, beim Reiten, getragen. — 999 unter dem Mantel hatte sie ein Ge- wand von gutem Pfellel. — 1000 Lunders, London, vom franz. Londres. Ein Gürtel von Lunders wird erwähnt Willeh. 154, 26. — pfœwîn, von Pfauenfedern, dasselbe was pfâwîn (V, 42). — 1003 sie hatte den Hut nicht auf, sondern auf dem Rücken hängend, weil sie den Mantel über den Kopf gezogen hatte. — 1004 die Botschaft die sie brachte. — 1005 sie brachte Jammer über Freude damit, über die Freude, welche soeben hier am Hofe geherrscht hatte. — 1006 sie raubte ihnen viele Kurzweil, viel Vergnügen. — 1009 niht ze clâr, nichts weniger als von glänzender Schön- heit. — 1010 linde, weich: natürlich ironisch. — 1011 genaset partic., mit einer Nase versehen : sie hatte eine Nase wie ein Hund. — 1012 reichten ihr über den Mund hinaus. — 1013 spanne, die Breite der ausgespannten Hand. — 1014 wintprâ stf., Windbraue, Wimper, Augenbraue. — 1015 mit zöpfen, in Zöpfen: die Brauen waren so dick, daf) sie wie Zöpfe aus- sahen. — hârsnuor stf., Schnur, die das Haar über der Stirne zusammen- hält. — 1016 missevarn stv., sich vergehen : um der Wahrheit willen, die ich nicht verschweigen durfte, habe ich die Grenzen des Wohlanständigen überschritten. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 335 Diu maget witze rîche was gevár den ungelîche die man dâ heizet bêâ schent. ein brûtláchén von Gent, noch plâwer denne ein lâsûr, het an geleit der fröuden schûr: daz was ein kappe wol gesniten al nâch der Franzoyser siten: drunde an ir lîb was pfelle guot. von Lúndérs ein pfæewin huot, gefurriert mit einem plîalt (der huot was niwe, diu snuor niht alt), der hieng ir an dem rücke. ir mære was ein brücke : über fröude ez jâmer truoc. sie zucte in schimpfes dâ genuoc. über den huot ein zopf ir swanc unz ûf den mûl: der was sô lanc, swarz, hérte und niht ze clâr, linde áls eins swînes rückehâr. sie was genaset als ein hunt: zwên' ebers zene ir für den munt giengen wol spannen lanc. ietweder wintprâ sich dranc mit zöpfen für die hârsnuor. min zuht durch wârheit missefuor, 995 1000 1005 1010 313 1015 992 sah denen ungleich, unähnlich aus. — 993 schent, franz. gent, Volk, Leute : die man schöne Leute nennt. — 994 brûtlachen stn., wörtlich Braut- laken: ein Stoff, vermuthlich danach benannt, dafs Bräute ihn oft trugen. — 995 plawer compar. von plâ, blâ, blau. — lâsûr stn., Lasur, lapis lazuli. — 996 sie, die eine Vernichtung der Freude war; vgl. zu I, 1653. — 997 kappe swf., Mantel, der das Haupt mit bedeckt. Solche wurden namentlich auf Reisen, beim Reiten, getragen. — 999 unter dem Mantel hatte sie ein Ge- wand von gutem Pfellel. — 1000 Lunders, London, vom franz. Londres. Ein Gürtel von Lunders wird erwähnt Willeh. 154, 26. — pfœwîn, von Pfauenfedern, dasselbe was pfâwîn (V, 42). — 1003 sie hatte den Hut nicht auf, sondern auf dem Rücken hängend, weil sie den Mantel über den Kopf gezogen hatte. — 1004 die Botschaft die sie brachte. — 1005 sie brachte Jammer über Freude damit, über die Freude, welche soeben hier am Hofe geherrscht hatte. — 1006 sie raubte ihnen viele Kurzweil, viel Vergnügen. — 1009 niht ze clâr, nichts weniger als von glänzender Schön- heit. — 1010 linde, weich: natürlich ironisch. — 1011 genaset partic., mit einer Nase versehen : sie hatte eine Nase wie ein Hund. — 1012 reichten ihr über den Mund hinaus. — 1013 spanne, die Breite der ausgespannten Hand. — 1014 wintprâ stf., Windbraue, Wimper, Augenbraue. — 1015 mit zöpfen, in Zöpfen: die Brauen waren so dick, daf) sie wie Zöpfe aus- sahen. — hârsnuor stf., Schnur, die das Haar über der Stirne zusammen- hält. — 1016 missevarn stv., sich vergehen : um der Wahrheit willen, die ich nicht verschweigen durfte, habe ich die Grenzen des Wohlanständigen überschritten. —
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336 SECHSTES BUCH. daz ich sus muoz von frouwen sagen: kein andriu darf ez von mir klagen. Cundrî truoc ôren als ein ber: niht nâch friwendes minne ger, 314 rûch was ir antlitze erkant. ein geisel fuorte se in der hant: dem wârn die swenkel sîdîn unt der stil ein rubbîn. gevar als eines affen hût truoc hende díz gâbe trût. die nagele wâren niht ze lieht; wand’ mir diu âventiure giht, sie stüenden als eins lewen clân. nâch ir minn’ was selten tjost getân. sus kom geriten in den rinc trûrens urhap, fröuden twinc. sie kêrte aldâ si'n wirt vant. frou Cunnewâre de Lalant áz mit Artůse: de künegin von Janfûse mit froun Ginovêren az. Artûs der künec schône saz. Cundrî hielt für den Britonoys. sie sprach hin z'im en franzoys: ob ih'z iu tiuschen sagen sol, mir tuont ir mære niht ze wol. «fil li roy Utpandragûn, dich selben und manegen Britün hât dîn gewerp alhie geschant. 1020 1025 1030 1035 1040 1045 1018 eine andere Frau, die nicht so hässlich ist, braucht darüber meiner- seits nicht zu klagen. 1020 nicht wie es dem zärtlichen Verlangen eines Liebhabers ent- spricht. — 1021 erkant, erkennbar, anzusehen. — 1022 geisel stm., Peitsche: das Masc. ist hier ganz vereinzelt. — 1023 swenkel stm., was sich schwingt, Troddel. — 1025 gevar ist mit hende zu verbinden. — 1026 gœbe adj., was man sich gern geben lässt, angenehm : natürlich ironisch gemeint; ebenso ironisch ist trût (zu V, 1389) angewendet. — 1027 niht ze lieht, nichts weniger als hell, blank : es war das Schwarze an ihnen nicht entfernt, was zu thun zur höfischen Sitte gehörte. — 1030 um ihre Minne zu erringen. — 1032 Umschreibung für Cundrie; vgl. 996. — twinc stm., was zwingt, be- drängt: diejenige, die die Freude in Bedrängniss brachte. — 1033 si'n =xi den. — 1035 sie war bei Tische seine Nachbarin, sein tischgeselle. — 1036 diese Königin wird noch VI, 1431. 1441 erwähnt; sie war Heidin ; ihr eigentlicher Name Ekubâ kommt VI, 1681 und im 13. und 15. Buche vor. — 1039 hielt, nahm die Richtung. — 1041 tiuschen, auf deutsch; vgl. zu IV, 251. — 1045 gewerp stm., Thun: indem du Parzival unter die Tafel- runde aufgenommen hast. —
336 SECHSTES BUCH. daz ich sus muoz von frouwen sagen: kein andriu darf ez von mir klagen. Cundrî truoc ôren als ein ber: niht nâch friwendes minne ger, 314 rûch was ir antlitze erkant. ein geisel fuorte se in der hant: dem wârn die swenkel sîdîn unt der stil ein rubbîn. gevar als eines affen hût truoc hende díz gâbe trût. die nagele wâren niht ze lieht; wand’ mir diu âventiure giht, sie stüenden als eins lewen clân. nâch ir minn’ was selten tjost getân. sus kom geriten in den rinc trûrens urhap, fröuden twinc. sie kêrte aldâ si'n wirt vant. frou Cunnewâre de Lalant áz mit Artůse: de künegin von Janfûse mit froun Ginovêren az. Artûs der künec schône saz. Cundrî hielt für den Britonoys. sie sprach hin z'im en franzoys: ob ih'z iu tiuschen sagen sol, mir tuont ir mære niht ze wol. «fil li roy Utpandragûn, dich selben und manegen Britün hât dîn gewerp alhie geschant. 1020 1025 1030 1035 1040 1045 1018 eine andere Frau, die nicht so hässlich ist, braucht darüber meiner- seits nicht zu klagen. 1020 nicht wie es dem zärtlichen Verlangen eines Liebhabers ent- spricht. — 1021 erkant, erkennbar, anzusehen. — 1022 geisel stm., Peitsche: das Masc. ist hier ganz vereinzelt. — 1023 swenkel stm., was sich schwingt, Troddel. — 1025 gevar ist mit hende zu verbinden. — 1026 gœbe adj., was man sich gern geben lässt, angenehm : natürlich ironisch gemeint; ebenso ironisch ist trût (zu V, 1389) angewendet. — 1027 niht ze lieht, nichts weniger als hell, blank : es war das Schwarze an ihnen nicht entfernt, was zu thun zur höfischen Sitte gehörte. — 1030 um ihre Minne zu erringen. — 1032 Umschreibung für Cundrie; vgl. 996. — twinc stm., was zwingt, be- drängt: diejenige, die die Freude in Bedrängniss brachte. — 1033 si'n =xi den. — 1035 sie war bei Tische seine Nachbarin, sein tischgeselle. — 1036 diese Königin wird noch VI, 1431. 1441 erwähnt; sie war Heidin ; ihr eigentlicher Name Ekubâ kommt VI, 1681 und im 13. und 15. Buche vor. — 1039 hielt, nahm die Richtung. — 1041 tiuschen, auf deutsch; vgl. zu IV, 251. — 1045 gewerp stm., Thun: indem du Parzival unter die Tafel- runde aufgenommen hast. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 337 315 die besten über elliu lant sæezen hie mit werdekeit, wan daz ein galle ir prîs versneit. tavelrúnder ist entnihtet: der valsch hât drane gepflihtet. künc Artûs, du stüend' ze lobe hôhe dînen gnôzen obe: dîn stîgender prîs nu sinket, dîn snelliu wirde hinket, dîn hôhez lop sih neiget, dîn pris hât valsch erzeiget. tavelrunder prîses kraft hât erlémet ein geselleschaft die drüber gap hêr Parzivâl, der ouch dort treit diu rîters mâl. ir nennet in der rîter rôt, nâch dem der lac vor Nantes tôt: unglîch ir zweier leben was; wan munt von rîter nie gelas, der pflaeg' sô ganzer werdekeit.» vome künege sie für 'n Wâleis reit: sie sprach «ir tuot mir site buoz, daz ich versage mînen gruoz Artûse unt der messnîe sîn. g'unêrt sî iuwer liehter schîn und iuwer manlîchen lide. hete ich suone oder vride, diu waern iu beidiu tiure. 1050 1055 1060 1065 1070 1046 die über alle Länder verbreitet sind. — 1047 würden hier sitzen; wan daz, außser daß, wenn nicht. — 1048 galle, verderbliche, bittere Beimischung ; vgl. V, 945. — 1050 pftihten swv., sich betheiligen. — 1051 stüend = stüende 2. præt. standest. — ze lobe, in Bezug auf Lob, auf Ruhm. — 1052 obe adv. mit stüende zu verbinden: du übertrafst. — 1054 dein Ansehen, das rasch vorwarts kam, ist nun gelähmt. — 1056 erzeigen swv., zeigen: hat sich als nicht durch und durch lauter erwiesen, hat einen Makel. — 1057 prîses kraft, den reichen Ruhm. — 1059 drüber auf tavelrunder be- züglich: eine Genossenschaft, welche an ihr Herr Parzival leistete, der Umstand dafs Parzival ihr Theilnehmer geworden ist. drüber steht, weil man über dem Tische sitzt; vgl. V, 1673. — 1060 der dort sitzt wie ein Ritter aussehend, der äußerlich die Zeichen eines Ritters trägt. — 1062 nach Ither von Gaheviez. — 1065 der so vollkommene Würde besaf wie Ither. — 1067 ihr benehmt mir mein sonst übliches Betragen; site ist gen. pl. — 1068 daſ ich nicht freundlich begrüßse, wie es die Sitte verlangte. — 1072 wenn ich über Versöhnung und Frieden zu gebieten hätte, euch wollte ich alle beide versagen. — 1073 tiure adj., theuer; nicht vorhan- den: die sollten für euch nicht existieren. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 22
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 337 315 die besten über elliu lant sæezen hie mit werdekeit, wan daz ein galle ir prîs versneit. tavelrúnder ist entnihtet: der valsch hât drane gepflihtet. künc Artûs, du stüend' ze lobe hôhe dînen gnôzen obe: dîn stîgender prîs nu sinket, dîn snelliu wirde hinket, dîn hôhez lop sih neiget, dîn pris hât valsch erzeiget. tavelrunder prîses kraft hât erlémet ein geselleschaft die drüber gap hêr Parzivâl, der ouch dort treit diu rîters mâl. ir nennet in der rîter rôt, nâch dem der lac vor Nantes tôt: unglîch ir zweier leben was; wan munt von rîter nie gelas, der pflaeg' sô ganzer werdekeit.» vome künege sie für 'n Wâleis reit: sie sprach «ir tuot mir site buoz, daz ich versage mînen gruoz Artûse unt der messnîe sîn. g'unêrt sî iuwer liehter schîn und iuwer manlîchen lide. hete ich suone oder vride, diu waern iu beidiu tiure. 1050 1055 1060 1065 1070 1046 die über alle Länder verbreitet sind. — 1047 würden hier sitzen; wan daz, außser daß, wenn nicht. — 1048 galle, verderbliche, bittere Beimischung ; vgl. V, 945. — 1050 pftihten swv., sich betheiligen. — 1051 stüend = stüende 2. præt. standest. — ze lobe, in Bezug auf Lob, auf Ruhm. — 1052 obe adv. mit stüende zu verbinden: du übertrafst. — 1054 dein Ansehen, das rasch vorwarts kam, ist nun gelähmt. — 1056 erzeigen swv., zeigen: hat sich als nicht durch und durch lauter erwiesen, hat einen Makel. — 1057 prîses kraft, den reichen Ruhm. — 1059 drüber auf tavelrunder be- züglich: eine Genossenschaft, welche an ihr Herr Parzival leistete, der Umstand dafs Parzival ihr Theilnehmer geworden ist. drüber steht, weil man über dem Tische sitzt; vgl. V, 1673. — 1060 der dort sitzt wie ein Ritter aussehend, der äußerlich die Zeichen eines Ritters trägt. — 1062 nach Ither von Gaheviez. — 1065 der so vollkommene Würde besaf wie Ither. — 1067 ihr benehmt mir mein sonst übliches Betragen; site ist gen. pl. — 1068 daſ ich nicht freundlich begrüßse, wie es die Sitte verlangte. — 1072 wenn ich über Versöhnung und Frieden zu gebieten hätte, euch wollte ich alle beide versagen. — 1073 tiure adj., theuer; nicht vorhan- den: die sollten für euch nicht existieren. — WOLFRAM VON ESCHENBACH. I. 2. Aufl. 22
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338 SECHSTES BUCH. 316 ich dunke iuch ungehiure, und bin gehiurer doch dann’ ir. her Parzivâl, wan saget ir mir unt beschéidet mich éiner mære, dô der trûrege vischære saz âne fröude und âne trôst, war umb’ iren niht siufzens hât erlôst. Er truog iu für den jâmers last. ir vil ungetriuwer gast! sîn nôt iuch solte erbarmet hân. daz iu der munt noch werde wan, ich mein' der zungen drinne, als iu'z hérze ist rehter sinne! gein der helle ir sît benant ze himele vor der hôhsten hant: als sît ir ûf der erden, versinnent sich die werden. ir heiles pan, ir sælden fluoch, des ganzen prîses reht unrúoch! ir sît manlîcher êren schiech, und an der werdekeit sô siech, kein arzet mag iuch des erneren. ich wil üf iwerem houbte sweren, git mir iemen des den eit, daz groezer valsch nie wart bereit neheinem alsô schonem man. ir vederangl, ir nâtern zan! 1080 1085 1090 1095 1075 1100 1074 ungehiure adj., unlieblich, schrecklich; das Gegentheil gehiure, lieb- lich , angenehm. — 1076 warum sagt ihr mir nicht; so sagt mir doch. — 1077 einer mœre, über éin Ding. — 1078 vischœre, Anfortas. 1081 er führte euern Augen vor. — 1082 ungetriuwe adj., treulos, ohne Wohlwollen. — 1084 wan adj., mangelnd, leer; mit gen., der zungen. 1086 ist sc. wan, wie euer Herz rechten Verstandes bar ist. — 1087 zur Hölle seid ihr bestimmt. — 1088 ze himele, im Himmel, im Rathe des Himmels. Vor Gottes Angesicht; vgl. zu V, 1368. — 1089 als, ebenso; sit ir, seid ihr bestimmt (zur Hölle). — 1090 versinnen refl., bei Verstande sein : wenn diejenigen, die Werth haben, die Männer von Ehre und An- sehen, es recht beurtheilen. — 1091 pan, ban stm., Bann. — 1092 unruoch stm., Vernachlässigung: ihr seid einer, der vollendeten, höchsten Ruhm zu erwerben versäumt hat, der keinen Sinn dafür hat. — 1093 schiech adj.. scheu , verzagt; manlîcher êren , in Bezug auf Mannesehre. — 1094 euer An- sehen, eure Ehre krankt so. — 1096 auf etwas schwören, indem man bein Schwur die Hand darauf legt: bei. — 1097 wenn mir jemand den Eid dieses Inhalts vorsprechen will (vgl. zu III, 1073). — 1098 wart bereit, zur Verfügung stand. — 1100 vederangel stm., Angel zum Fischfang. In der Angel liegt der Begriff des Täuschenden, der Fisch wird durch den Köder gelockt und betrogen; daher hier bildlich zur Umschreibung der Falschheit. —
338 SECHSTES BUCH. 316 ich dunke iuch ungehiure, und bin gehiurer doch dann’ ir. her Parzivâl, wan saget ir mir unt beschéidet mich éiner mære, dô der trûrege vischære saz âne fröude und âne trôst, war umb’ iren niht siufzens hât erlôst. Er truog iu für den jâmers last. ir vil ungetriuwer gast! sîn nôt iuch solte erbarmet hân. daz iu der munt noch werde wan, ich mein' der zungen drinne, als iu'z hérze ist rehter sinne! gein der helle ir sît benant ze himele vor der hôhsten hant: als sît ir ûf der erden, versinnent sich die werden. ir heiles pan, ir sælden fluoch, des ganzen prîses reht unrúoch! ir sît manlîcher êren schiech, und an der werdekeit sô siech, kein arzet mag iuch des erneren. ich wil üf iwerem houbte sweren, git mir iemen des den eit, daz groezer valsch nie wart bereit neheinem alsô schonem man. ir vederangl, ir nâtern zan! 1080 1085 1090 1095 1075 1100 1074 ungehiure adj., unlieblich, schrecklich; das Gegentheil gehiure, lieb- lich , angenehm. — 1076 warum sagt ihr mir nicht; so sagt mir doch. — 1077 einer mœre, über éin Ding. — 1078 vischœre, Anfortas. 1081 er führte euern Augen vor. — 1082 ungetriuwe adj., treulos, ohne Wohlwollen. — 1084 wan adj., mangelnd, leer; mit gen., der zungen. 1086 ist sc. wan, wie euer Herz rechten Verstandes bar ist. — 1087 zur Hölle seid ihr bestimmt. — 1088 ze himele, im Himmel, im Rathe des Himmels. Vor Gottes Angesicht; vgl. zu V, 1368. — 1089 als, ebenso; sit ir, seid ihr bestimmt (zur Hölle). — 1090 versinnen refl., bei Verstande sein : wenn diejenigen, die Werth haben, die Männer von Ehre und An- sehen, es recht beurtheilen. — 1091 pan, ban stm., Bann. — 1092 unruoch stm., Vernachlässigung: ihr seid einer, der vollendeten, höchsten Ruhm zu erwerben versäumt hat, der keinen Sinn dafür hat. — 1093 schiech adj.. scheu , verzagt; manlîcher êren , in Bezug auf Mannesehre. — 1094 euer An- sehen, eure Ehre krankt so. — 1096 auf etwas schwören, indem man bein Schwur die Hand darauf legt: bei. — 1097 wenn mir jemand den Eid dieses Inhalts vorsprechen will (vgl. zu III, 1073). — 1098 wart bereit, zur Verfügung stand. — 1100 vederangel stm., Angel zum Fischfang. In der Angel liegt der Begriff des Täuschenden, der Fisch wird durch den Köder gelockt und betrogen; daher hier bildlich zur Umschreibung der Falschheit. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 339 317 iu gab iedoch der wirt ein swert, des iuwer wirde wart nie wert: da erwarp iu swîgen sünden zil. ir sît der hellehirten spil. g'unêrter lîp, hêr Parzivâl! ir sâht och für iuch tragen den grâl, und snîdent silbr und bluotic sper. ir fröuden letze, ir trûrens wer! waer’ ze Múnsalvæsche iu vrâgen mite, in heidenschaft ze Tabronite diu stat hât erden wunsches solt : hie hete iu vrâgen mêr erholt. enes landes künegîn Feirefiz Anschevîn mit herter rîterschefte erwarp, an dem diu manheit niht verdarp, die iuwer bêder vater truoc. iwer bruoder wunders pfliget genuoc: ja ist beidiu swarz unde blanc der künegîn sun von Zazamanc. nu denke ich ave an Gahmureten, des herze ie valsches was erjeten. von Anschouwe iuwer vater hiez, der iu ander erbe liez denn' als ir habet geworben. an prîse ir sît verdorben. het iuwer muotr ie missetân, 1105 1110 1115 1120 1125 1101 iedoch, doch: begründend. — 1102 des bezieht sich nicht auf swert, sondern auf die ganze vorhergehende Zeile: dessen, dafs er es euch gab. — 1103 sünden zil, die gröfste Sünde: durch euer Schweigen verfielt ihr in die gröfste Sünde. — 1104 hellehirte stm., Höllenhirt, Teufel. — 1106 für iuch, vor euch hin. — 1107 snîdent silbr, die beiden silbernen Messer; vgl. V, 318. — 1108 vgl. VI, 996. 1032. 1189. — letze stf., Hinderung, Beraubung. — 1109 war' im Sinne des Plusquamperf.: wäre Fragen bei euch gewesen, hättet ihr gefragt. Das Folgende ist wieder eine der freien Constructionen bei Wolfram ; der Sinn ist: wenn ihr gefragt hättet, so würdet ihr noch höhere Macht und Reichthum erlangt haben als die Stadt Tabronit be- sitzt, welche alles Wünschenswerthe und Denkbare einschliefst. — 1110 zu construieren: diu stat ze Tabronite in heidenschaft. — 1111 gewährt jeden Erdenwunsch. — 1112 hie, hier in Munsalvæsche. — 1113 Secundille ist der Name dieser Königin. — 1115 in hartem ritterlichem Streite. — 1118 wunders pfliget, hat Auferordentliches an sich: wegen seiner ge- mischten Farbe. — 1120 Belacanens und Gahmuret’s Sohn. — 1122 erjeten stv., ausjäten, von Unkraut reinigen: das Unkraut ist die Falschheit. - 1124 der andere Eigenschaften auf euch vererbte als solche, wie ihr sie bei euerm Handeln bewiesen habt: das habt ihr nicht von ihm geerbt. — 1127 wenn eure Mutter jemals einen Fehltritt begangen hätte, ihre Ehe gebrochen hätte. — 22
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 339 317 iu gab iedoch der wirt ein swert, des iuwer wirde wart nie wert: da erwarp iu swîgen sünden zil. ir sît der hellehirten spil. g'unêrter lîp, hêr Parzivâl! ir sâht och für iuch tragen den grâl, und snîdent silbr und bluotic sper. ir fröuden letze, ir trûrens wer! waer’ ze Múnsalvæsche iu vrâgen mite, in heidenschaft ze Tabronite diu stat hât erden wunsches solt : hie hete iu vrâgen mêr erholt. enes landes künegîn Feirefiz Anschevîn mit herter rîterschefte erwarp, an dem diu manheit niht verdarp, die iuwer bêder vater truoc. iwer bruoder wunders pfliget genuoc: ja ist beidiu swarz unde blanc der künegîn sun von Zazamanc. nu denke ich ave an Gahmureten, des herze ie valsches was erjeten. von Anschouwe iuwer vater hiez, der iu ander erbe liez denn' als ir habet geworben. an prîse ir sît verdorben. het iuwer muotr ie missetân, 1105 1110 1115 1120 1125 1101 iedoch, doch: begründend. — 1102 des bezieht sich nicht auf swert, sondern auf die ganze vorhergehende Zeile: dessen, dafs er es euch gab. — 1103 sünden zil, die gröfste Sünde: durch euer Schweigen verfielt ihr in die gröfste Sünde. — 1104 hellehirte stm., Höllenhirt, Teufel. — 1106 für iuch, vor euch hin. — 1107 snîdent silbr, die beiden silbernen Messer; vgl. V, 318. — 1108 vgl. VI, 996. 1032. 1189. — letze stf., Hinderung, Beraubung. — 1109 war' im Sinne des Plusquamperf.: wäre Fragen bei euch gewesen, hättet ihr gefragt. Das Folgende ist wieder eine der freien Constructionen bei Wolfram ; der Sinn ist: wenn ihr gefragt hättet, so würdet ihr noch höhere Macht und Reichthum erlangt haben als die Stadt Tabronit be- sitzt, welche alles Wünschenswerthe und Denkbare einschliefst. — 1110 zu construieren: diu stat ze Tabronite in heidenschaft. — 1111 gewährt jeden Erdenwunsch. — 1112 hie, hier in Munsalvæsche. — 1113 Secundille ist der Name dieser Königin. — 1115 in hartem ritterlichem Streite. — 1118 wunders pfliget, hat Auferordentliches an sich: wegen seiner ge- mischten Farbe. — 1120 Belacanens und Gahmuret’s Sohn. — 1122 erjeten stv., ausjäten, von Unkraut reinigen: das Unkraut ist die Falschheit. - 1124 der andere Eigenschaften auf euch vererbte als solche, wie ihr sie bei euerm Handeln bewiesen habt: das habt ihr nicht von ihm geerbt. — 1127 wenn eure Mutter jemals einen Fehltritt begangen hätte, ihre Ehe gebrochen hätte. — 22
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340 SECHSTES BUCH. 318 sô solt' ich'z dâ für gerne hân, ir möht sîn sun niht gesîn. nein, sie lêrte ir triuwe pîn : geloubet von ir guoter mære, unt daz iuwer vater wære mánlîcher triuwe wîse und wîtvéngec hôher prise. er kunde wol mit schalle. grôz herze und kleine galle, dar obe was sîn brust ein dach. er was riuse und vengec vach : sîn manlîchez ellen kund' dèn prîs wol gestellen. nu ist iuwer prîs ze valsche komen. ouwê daz ie wart vernomen von mir, daz Herzeloyden barn an prîse hât sus missevarn !» 1130 1135 1140 Cundrî was selbe sorgens pfant. al weinde sie die hende want, daz manec zaher den andern sluoc: grôz jâmer se ûz ir ougen truoc. die maget lêrte ir triuwe wol klagen ir herzen riuwe. wider für den wirt sie kêrte, ir mæer' sie dâ gemêrte. sie sprach «ist hie kein rîter wert, 1145 1150 1128 so könnte ich leicht zu dem Glauben kommen. — 1129 ihr könntet nicht sein Sohn sein, sondern von einem andern Manne, mit dem eure Mutter die Ehe gebrochen. — 1130 sie weist diesen Verdacht entschieden zurück: ihre Treue und treue Liebe brachte sie ja in Noth und Qual. — 1133 sich auf Mannestreue verstand. — 1134 wîtvengec adj., weit fangend. weit umfassend; mit dem Gen. verbunden. — 1135 er verstand sich wohl auf. — schal stm., Jubel, fröhliches Treiben. — 1136 herze und galle sind Nomin., die aufserhalb der Construction stehen und durch dar obe auf- genommen werden. — kleine im Sinne von: nicht vorhanden; ein großes Herz ohne Falschheit bedeckte seine Brust. — 1138 riuse swf., Reuse. — vengec adj. (vgl. 1134), fangend. — vach stn., Wasserschwelle, eine Vor- richtung für den Fischfang und zum Aufstauen des Wassers. — 1140 ge- stellen swv., festhalten, fangen: da das Bild jedoch dem Fischfange ent- lehnt ist, so ist wahrscheinlich die gewöhnliche Construction von stellen im Sinne von auflauern, nachstellen, vorzuziehen und dem prîs zu schrei- ben (vgl. Germania 7, 295). 1145 sie war selbst ein Raub der Sorge, in der Gewalt der Sorge. — 1147 dafs eine Thräne dicht auf die andere folgte. — 1148 aus ihren Augen sprach tiefer Jammer. — 1149 nicht aus bösem Willen gieng ihre Klage über Parzival hervor, sondern gerade weil sie es mit den Ihren so gut meinte. — 1152 sie berichtete noch weiteres, noch anderes. —
340 SECHSTES BUCH. 318 sô solt' ich'z dâ für gerne hân, ir möht sîn sun niht gesîn. nein, sie lêrte ir triuwe pîn : geloubet von ir guoter mære, unt daz iuwer vater wære mánlîcher triuwe wîse und wîtvéngec hôher prise. er kunde wol mit schalle. grôz herze und kleine galle, dar obe was sîn brust ein dach. er was riuse und vengec vach : sîn manlîchez ellen kund' dèn prîs wol gestellen. nu ist iuwer prîs ze valsche komen. ouwê daz ie wart vernomen von mir, daz Herzeloyden barn an prîse hât sus missevarn !» 1130 1135 1140 Cundrî was selbe sorgens pfant. al weinde sie die hende want, daz manec zaher den andern sluoc: grôz jâmer se ûz ir ougen truoc. die maget lêrte ir triuwe wol klagen ir herzen riuwe. wider für den wirt sie kêrte, ir mæer' sie dâ gemêrte. sie sprach «ist hie kein rîter wert, 1145 1150 1128 so könnte ich leicht zu dem Glauben kommen. — 1129 ihr könntet nicht sein Sohn sein, sondern von einem andern Manne, mit dem eure Mutter die Ehe gebrochen. — 1130 sie weist diesen Verdacht entschieden zurück: ihre Treue und treue Liebe brachte sie ja in Noth und Qual. — 1133 sich auf Mannestreue verstand. — 1134 wîtvengec adj., weit fangend. weit umfassend; mit dem Gen. verbunden. — 1135 er verstand sich wohl auf. — schal stm., Jubel, fröhliches Treiben. — 1136 herze und galle sind Nomin., die aufserhalb der Construction stehen und durch dar obe auf- genommen werden. — kleine im Sinne von: nicht vorhanden; ein großes Herz ohne Falschheit bedeckte seine Brust. — 1138 riuse swf., Reuse. — vengec adj. (vgl. 1134), fangend. — vach stn., Wasserschwelle, eine Vor- richtung für den Fischfang und zum Aufstauen des Wassers. — 1140 ge- stellen swv., festhalten, fangen: da das Bild jedoch dem Fischfange ent- lehnt ist, so ist wahrscheinlich die gewöhnliche Construction von stellen im Sinne von auflauern, nachstellen, vorzuziehen und dem prîs zu schrei- ben (vgl. Germania 7, 295). 1145 sie war selbst ein Raub der Sorge, in der Gewalt der Sorge. — 1147 dafs eine Thräne dicht auf die andere folgte. — 1148 aus ihren Augen sprach tiefer Jammer. — 1149 nicht aus bösem Willen gieng ihre Klage über Parzival hervor, sondern gerade weil sie es mit den Ihren so gut meinte. — 1152 sie berichtete noch weiteres, noch anderes. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 341 319 des ellen prîses hât gegert, unt dar zuo hôher minne? ich weiz vier küneginne, unt vier hundert juncfrouwen, die man gerne möhte schouwen. ze Schahtel marveil die sint: al âventiure ist ein wint, wan die man dâ bezalen mac, hôher minne wert bejac. ál hab' ích der reise pîn, ich wil doch hînte drûffe sîn.» diu maget trûrec, niht gemeit, ân' urloup vonme ringe reit. al weinde sie dick’ wider sach: nu hoert wie sie ze jungest sprach. «ay Munsalvæsche, jâmers zil! wê daz dich niemen troesten wil!» Cundrîe la surziere, diu unsüeze und doch diu fiere, den Wâleis sie beswæret hât. waz half in küenes herzen rât unt wâriu zuht bî manheit? und dennoch mêr im was bereit schame ob allen sînen siten. den rehten valsch het er vermiten: wande scham gît prîs ze lône und ist doch der sêle krône. scham ist ob síten ein güebet uop. 1160 1165 1170 1175 1155 1180 1156 die Namen derselben werden VI, 1639—42 genannt; Crestien hat hier nur eine Jungfrau und 500 Ritter mit ihren Geliebten. — 1158 die man mit gutem Grunde betrachten könnte, die des Ansehens werth sind. — 1159 schahtel, altfranz. chastel, neufranz. château, Schlofs. — marveil für marveile, altfranz. marveille, gewöhnlich merveille, Wunder: Schlofs der Wunder. Crestien hat einen etwas abweichenden Namen : Castel Orgueillos, V. 6067. — 1161 wan die, aufser der, im Vergleich mit der, die. — bezalen, erwerben. — 1162 bejac stm., Erwerb, Gewinnung. — 1163 al, obgleich (zu II, 918): wenn es auch eine sehr anstrengende Reise ist, so will ich doch bis heute Nacht dort sein. — 1166 ohne sich zu verabschieden: so thut der Traurige und Zornige (II, 1185). — 1167 weinend blickte sie oft- mals rückwärts. — 1172 unsücze adj., unlieblich. — 1173 beswaren swv., beschweren, betrüben. — 1174 rât, Ausrüstung: daf er ein kühnes Herz besaß. — 1175 bî, neben, soviel als: und. — 1176 und dennoch mêr, und außerdem noch, außser diesen Eigenschaften. — 1177 ob, das Ubertreffen ausdrückend: die alle seine andern Tugenden, Charakterzüge übertraf. — 1178 von rechter Falschheit, Falschheit, die tief im Herzen sitzt, war er frei. — 1179 wande, denn, knüpft sich nicht an 1178, sondern an 1177 an: begründend, weswegen Schamhaftigkeit so hoch steht. — 1180 doch, er- klärend: ja doch. — 1181 güebet = geüebet. — uop stm., Gebrauch, Ubung. Wo Scham geübt wird, das ist eine Ubung, die alle andere Sitte, Tugend, übertrifft. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 341 319 des ellen prîses hât gegert, unt dar zuo hôher minne? ich weiz vier küneginne, unt vier hundert juncfrouwen, die man gerne möhte schouwen. ze Schahtel marveil die sint: al âventiure ist ein wint, wan die man dâ bezalen mac, hôher minne wert bejac. ál hab' ích der reise pîn, ich wil doch hînte drûffe sîn.» diu maget trûrec, niht gemeit, ân' urloup vonme ringe reit. al weinde sie dick’ wider sach: nu hoert wie sie ze jungest sprach. «ay Munsalvæsche, jâmers zil! wê daz dich niemen troesten wil!» Cundrîe la surziere, diu unsüeze und doch diu fiere, den Wâleis sie beswæret hât. waz half in küenes herzen rât unt wâriu zuht bî manheit? und dennoch mêr im was bereit schame ob allen sînen siten. den rehten valsch het er vermiten: wande scham gît prîs ze lône und ist doch der sêle krône. scham ist ob síten ein güebet uop. 1160 1165 1170 1175 1155 1180 1156 die Namen derselben werden VI, 1639—42 genannt; Crestien hat hier nur eine Jungfrau und 500 Ritter mit ihren Geliebten. — 1158 die man mit gutem Grunde betrachten könnte, die des Ansehens werth sind. — 1159 schahtel, altfranz. chastel, neufranz. château, Schlofs. — marveil für marveile, altfranz. marveille, gewöhnlich merveille, Wunder: Schlofs der Wunder. Crestien hat einen etwas abweichenden Namen : Castel Orgueillos, V. 6067. — 1161 wan die, aufser der, im Vergleich mit der, die. — bezalen, erwerben. — 1162 bejac stm., Erwerb, Gewinnung. — 1163 al, obgleich (zu II, 918): wenn es auch eine sehr anstrengende Reise ist, so will ich doch bis heute Nacht dort sein. — 1166 ohne sich zu verabschieden: so thut der Traurige und Zornige (II, 1185). — 1167 weinend blickte sie oft- mals rückwärts. — 1172 unsücze adj., unlieblich. — 1173 beswaren swv., beschweren, betrüben. — 1174 rât, Ausrüstung: daf er ein kühnes Herz besaß. — 1175 bî, neben, soviel als: und. — 1176 und dennoch mêr, und außerdem noch, außser diesen Eigenschaften. — 1177 ob, das Ubertreffen ausdrückend: die alle seine andern Tugenden, Charakterzüge übertraf. — 1178 von rechter Falschheit, Falschheit, die tief im Herzen sitzt, war er frei. — 1179 wande, denn, knüpft sich nicht an 1178, sondern an 1177 an: begründend, weswegen Schamhaftigkeit so hoch steht. — 1180 doch, er- klärend: ja doch. — 1181 güebet = geüebet. — uop stm., Gebrauch, Ubung. Wo Scham geübt wird, das ist eine Ubung, die alle andere Sitte, Tugend, übertrifft. —
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342 SECHSTES BUCH. 320 Cunnewâr’ daz êrste weinen huop, daz Parzivâl den degen balt Cundrî surziere sus beschalt. ein alsô wunderlîch geschaf. herzen jâmer ougen saf gap maneger werden frouwen, di man wéinde muose schouwen. Cundrîe was ir trûrens wer. diu reit enwec: nu reit dort her ein riter, der truoc hôhen muot. al sîn harnasch was sô guot von den fúozen unz an's houptes dach, daz man's für grôze koste jach. sîn zimierd' was rîche, gewâpent rîterliche was dez órs únd sîn selbes lip. nu vander magt man unde wip trûrec ame ringe hie: dâ reit er zuo, nu horet wie. sîn muot stuont hôch, doch jâmers vol. die bêde schanze ich nennen sol. hôchvart riet sîn manheit, jâmer lêrte in herzen leit. er reit ûzen zuome ringe. óp man ín dâ iht dringe? vil knappen spranc dar nâher sân. do enpfiengen sie den werden man. sîn schilt und er wârn unbekant. den hélm ér niht von im bant: der vröuden éllénde 1185 1190 1195 1200 1205 1210 — 1182 heben stv., anfangen; hier transitiv. — 1185 geschaf stf., Geschöpf. 1186 saf stm., Saft; ougen saf, Thränen: verursachten mancher werthen Frau Jammer des Herzens, Herzeleid. 1189 war diejenige, die ihnen Trauer gewährt, verursacht hatte. — 1190 nun kam dort herangeritten. — 1191 der hatte stolzen hochstreben- den Sinn. — 1193 fuozen, gewöhnlich füezen; fuozen wie handen sind Reste der ursprünglichen u-Declination beider Wörter (goth. fôtus, handus). — houptes dach, Kopfbedeckung. — 1194 dal man es für sehr kostbar er- klärte. — 1198 magt man wîp sind Sing. in collectivem Sinne. — 1200 dâ mit zuo zu verbinden: auf den Kreis zu ritt er. — 1202 schanze, Gegen- sätze; vgl. I, 43. — 1203 zum Stolz veranlasste ihn seine Mannheit. — 1205 er ritt aussen an den Kreis heran, nicht in denselben hinein. — 1210 wäre er wie sonst als Gast gekommen, so würde er den Helm abge- nommen, und namentlich das Schwert abgelegt haben. — 1211 der der Freude, dem die Freude fremd war. —
342 SECHSTES BUCH. 320 Cunnewâr’ daz êrste weinen huop, daz Parzivâl den degen balt Cundrî surziere sus beschalt. ein alsô wunderlîch geschaf. herzen jâmer ougen saf gap maneger werden frouwen, di man wéinde muose schouwen. Cundrîe was ir trûrens wer. diu reit enwec: nu reit dort her ein riter, der truoc hôhen muot. al sîn harnasch was sô guot von den fúozen unz an's houptes dach, daz man's für grôze koste jach. sîn zimierd' was rîche, gewâpent rîterliche was dez órs únd sîn selbes lip. nu vander magt man unde wip trûrec ame ringe hie: dâ reit er zuo, nu horet wie. sîn muot stuont hôch, doch jâmers vol. die bêde schanze ich nennen sol. hôchvart riet sîn manheit, jâmer lêrte in herzen leit. er reit ûzen zuome ringe. óp man ín dâ iht dringe? vil knappen spranc dar nâher sân. do enpfiengen sie den werden man. sîn schilt und er wârn unbekant. den hélm ér niht von im bant: der vröuden éllénde 1185 1190 1195 1200 1205 1210 — 1182 heben stv., anfangen; hier transitiv. — 1185 geschaf stf., Geschöpf. 1186 saf stm., Saft; ougen saf, Thränen: verursachten mancher werthen Frau Jammer des Herzens, Herzeleid. 1189 war diejenige, die ihnen Trauer gewährt, verursacht hatte. — 1190 nun kam dort herangeritten. — 1191 der hatte stolzen hochstreben- den Sinn. — 1193 fuozen, gewöhnlich füezen; fuozen wie handen sind Reste der ursprünglichen u-Declination beider Wörter (goth. fôtus, handus). — houptes dach, Kopfbedeckung. — 1194 dal man es für sehr kostbar er- klärte. — 1198 magt man wîp sind Sing. in collectivem Sinne. — 1200 dâ mit zuo zu verbinden: auf den Kreis zu ritt er. — 1202 schanze, Gegen- sätze; vgl. I, 43. — 1203 zum Stolz veranlasste ihn seine Mannheit. — 1205 er ritt aussen an den Kreis heran, nicht in denselben hinein. — 1210 wäre er wie sonst als Gast gekommen, so würde er den Helm abge- nommen, und namentlich das Schwert abgelegt haben. — 1211 der der Freude, dem die Freude fremd war. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 343 321 truoc 'z swert in sîner hende, bedecket mit der scheiden. dô vrâgter nâh in beiden, “ wa ist Artüs unt Gâwân?" junchêrren zeigten im die sân. Sus gienger durch den rinc wit. tiwer was sin kursît, mit liehtem pfelle wol gevar. für den wirt des ringes schar stuont er unde sprach alsus. «got halt’ den künec Artûs, dar zuo frouwen unde man. swaz ich der hie gesehen hân, den biut' ich dienstlichen gruoz. wan einem tuot mîn dienest buoz, dem wirt mîn dienest niemer schin. ich wil bi sîme hazze sîn: swaz hazzes er geleisten mac, min haz im biutet hazzes slac. ich sol doch nennen wer der si. ach ich arman und ouwî, daz er mîn herze ie sus versneit! mîn jâmer ist von ime breit. daz ist hie hêr Gâwân, der dicke pris hât getân und hôhe werdekeit bezalt. unpris sin hete aldâ gewalt, do in sîn gir dar zuo vertruoc, ime grúoze er mînen hêrren sluoc. ein kus, den Jûdas teilte, 1215 1220 1225 1230 1235 1240 1213 in der Scheide, nicht mit gezogenem Schwerte. 1219 mit bezeichnet nicht: versehen mit, sondern: bestehend aus. — 1220 schar ist gen., abhängig von wirt, und von schar wiederum des rin- ges ; er stellte sich , trat vor den Wirth, den Herrn der im Kreise sitzenden Schar. — 1222 halte, erhalte, behüte. — 1225 dienstlîchen, dienstwilligen. — 1226 buoz, Befreiung : nur einer bleibt von meinem Dienste befreit, dem will ich nicht damit beschwerlich fallen (ironisch). — 1228 ich will seinen Haßs bei mir haben, von ihm gehasst werden. — 1230 slac, was sonst wider- slac, Gegenschlag, Vergeltung: ich erwidere seinen Haß mit gleichem Hasse. — 1232 arman = armman: ich armer Mann. — 1234 breit, groß : ich habe großen Jammer durch ihn. — 1238 unprîs stm., Schande: beherrschte ihn an jener Stelle , in jenem Augenblicke. — 1239 vertragen stv., verleiten: statt des davon abhängigen indirecten Satzes mit daz steht in der folgen- den Zeile ein directer. — 1240 im freundlichen, friedlichen Begegnen. — sluoc, erschlug. — 1241 teilte, austheilte, gab: Christo. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 343 321 truoc 'z swert in sîner hende, bedecket mit der scheiden. dô vrâgter nâh in beiden, “ wa ist Artüs unt Gâwân?" junchêrren zeigten im die sân. Sus gienger durch den rinc wit. tiwer was sin kursît, mit liehtem pfelle wol gevar. für den wirt des ringes schar stuont er unde sprach alsus. «got halt’ den künec Artûs, dar zuo frouwen unde man. swaz ich der hie gesehen hân, den biut' ich dienstlichen gruoz. wan einem tuot mîn dienest buoz, dem wirt mîn dienest niemer schin. ich wil bi sîme hazze sîn: swaz hazzes er geleisten mac, min haz im biutet hazzes slac. ich sol doch nennen wer der si. ach ich arman und ouwî, daz er mîn herze ie sus versneit! mîn jâmer ist von ime breit. daz ist hie hêr Gâwân, der dicke pris hât getân und hôhe werdekeit bezalt. unpris sin hete aldâ gewalt, do in sîn gir dar zuo vertruoc, ime grúoze er mînen hêrren sluoc. ein kus, den Jûdas teilte, 1215 1220 1225 1230 1235 1240 1213 in der Scheide, nicht mit gezogenem Schwerte. 1219 mit bezeichnet nicht: versehen mit, sondern: bestehend aus. — 1220 schar ist gen., abhängig von wirt, und von schar wiederum des rin- ges ; er stellte sich , trat vor den Wirth, den Herrn der im Kreise sitzenden Schar. — 1222 halte, erhalte, behüte. — 1225 dienstlîchen, dienstwilligen. — 1226 buoz, Befreiung : nur einer bleibt von meinem Dienste befreit, dem will ich nicht damit beschwerlich fallen (ironisch). — 1228 ich will seinen Haßs bei mir haben, von ihm gehasst werden. — 1230 slac, was sonst wider- slac, Gegenschlag, Vergeltung: ich erwidere seinen Haß mit gleichem Hasse. — 1232 arman = armman: ich armer Mann. — 1234 breit, groß : ich habe großen Jammer durch ihn. — 1238 unprîs stm., Schande: beherrschte ihn an jener Stelle , in jenem Augenblicke. — 1239 vertragen stv., verleiten: statt des davon abhängigen indirecten Satzes mit daz steht in der folgen- den Zeile ein directer. — 1240 im freundlichen, friedlichen Begegnen. — sluoc, erschlug. — 1241 teilte, austheilte, gab: Christo. —
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344 SECHSTES BUCH. 2. 322 im solhen willen veilte. ez tuot manc tûsent herzen wê, daz strenge mortlîche rê, daz an mîm' hêrren ist getân. lougent des hêr Gâwân, des antwurte uf kampfes slac von hiute übr'n vierzegisten tac, vor'm künege von Ascalûn in der hóubetstat ze Schanpfanzůn. ich lade in kampflîche dar gein mir ze komenne kampfes var. kan sîn lîp des niht verzagen, er'n well’ dâ schildes ambet tragen, sô man ih'n dennoch mêre bî des helmes êre unt durch rîter ordenlichez leben: dem sint zwuo rîche urbór gegeben, rehtiu schame und werdiu triuwe gebent pris alt und niuwe. hêr Gâwân sol sich niht verschemen, ob er geselleschaft wil nemen obe der tavelrunder, diu dort stêt besunder. der reht wæere gebrochen sân, sæez' drobe ein triuwelôser man. i'ne bin hèr niht durch schelten komen: 1245 1250 1255 1260 1265 1242 veilen swv., käuflich hingeben; dann überhaupt geben. Gab ihm solche Gesinnung ein: das Beispiel von Judas' Verrätherkusse. — 1243 es betrübt viele tausend Herzen. — 1244 strenge, herbe. — mortlîch adj., durch Mord, mörderisch. — 1246 lougen (für lougenen) swv. mit gen., läugnen. — 1247 des antwurte, zu ergänzen er: in auffordernden Sätzen fehlt das Pro- nomen nicht selten : so antworte er darauf, verantworte sich deswegen. — ûf, wie wir sagen : sich schlagen auf eine Waffe. — 1248 am vierzigsten Tage von heute an gerechnet. — 1249 Ascalûn, Ascalon; König von Asca- lon ist Vergulaht , der als König von Ascalon, aber ohne Namensnennung, schon II, 257 erwähnt war. Im Original Escavalon, Cavalon (V. 6169. 6694). — 1250 Schanpfanzûn: der erste Theil des Namens ist ohne Zweifel franz. champ. — 1251 kampfliche adv., wie es beim Zweikampf üblich ist. — 1252 kampfes var, nach Kampf aussehend, kampfbereit. — 1253 wenn er an sich schon den Muth besitzt, dort seinen ritterlichen Stand zu be- weisen, zu behaupten. des niht verzagen, er'n welle, nicht daran verzagen zu wollen. — 1257 rîter gen. pl.: rîter ordenlîchez leben, ein Leben, wie es dem Ritterorden, dem Ritterstande geziemt. — 1258 zwei reiche Güter, Besitzthümer. — 1260 alt und niuwe, wie in alter Zeit, so noch heutzu- tage. Sie sind die alten Grundfesten ritterlichen Ruhmes. — 1261 ver- schemen swv. refl., sich der Scham entschlagen. — 1263 ob, über, an (vgl. zu VI, 1059); ebenso drobe 1266. — 1264 besunder, abgesondert, einzeln. — 1265 der reht, deren Satzungen: weil sie nur makellose Ritter duldete. — 1267 um zu schelten. —
344 SECHSTES BUCH. 2. 322 im solhen willen veilte. ez tuot manc tûsent herzen wê, daz strenge mortlîche rê, daz an mîm' hêrren ist getân. lougent des hêr Gâwân, des antwurte uf kampfes slac von hiute übr'n vierzegisten tac, vor'm künege von Ascalûn in der hóubetstat ze Schanpfanzůn. ich lade in kampflîche dar gein mir ze komenne kampfes var. kan sîn lîp des niht verzagen, er'n well’ dâ schildes ambet tragen, sô man ih'n dennoch mêre bî des helmes êre unt durch rîter ordenlichez leben: dem sint zwuo rîche urbór gegeben, rehtiu schame und werdiu triuwe gebent pris alt und niuwe. hêr Gâwân sol sich niht verschemen, ob er geselleschaft wil nemen obe der tavelrunder, diu dort stêt besunder. der reht wæere gebrochen sân, sæez' drobe ein triuwelôser man. i'ne bin hèr niht durch schelten komen: 1245 1250 1255 1260 1265 1242 veilen swv., käuflich hingeben; dann überhaupt geben. Gab ihm solche Gesinnung ein: das Beispiel von Judas' Verrätherkusse. — 1243 es betrübt viele tausend Herzen. — 1244 strenge, herbe. — mortlîch adj., durch Mord, mörderisch. — 1246 lougen (für lougenen) swv. mit gen., läugnen. — 1247 des antwurte, zu ergänzen er: in auffordernden Sätzen fehlt das Pro- nomen nicht selten : so antworte er darauf, verantworte sich deswegen. — ûf, wie wir sagen : sich schlagen auf eine Waffe. — 1248 am vierzigsten Tage von heute an gerechnet. — 1249 Ascalûn, Ascalon; König von Asca- lon ist Vergulaht , der als König von Ascalon, aber ohne Namensnennung, schon II, 257 erwähnt war. Im Original Escavalon, Cavalon (V. 6169. 6694). — 1250 Schanpfanzûn: der erste Theil des Namens ist ohne Zweifel franz. champ. — 1251 kampfliche adv., wie es beim Zweikampf üblich ist. — 1252 kampfes var, nach Kampf aussehend, kampfbereit. — 1253 wenn er an sich schon den Muth besitzt, dort seinen ritterlichen Stand zu be- weisen, zu behaupten. des niht verzagen, er'n welle, nicht daran verzagen zu wollen. — 1257 rîter gen. pl.: rîter ordenlîchez leben, ein Leben, wie es dem Ritterorden, dem Ritterstande geziemt. — 1258 zwei reiche Güter, Besitzthümer. — 1260 alt und niuwe, wie in alter Zeit, so noch heutzu- tage. Sie sind die alten Grundfesten ritterlichen Ruhmes. — 1261 ver- schemen swv. refl., sich der Scham entschlagen. — 1263 ob, über, an (vgl. zu VI, 1059); ebenso drobe 1266. — 1264 besunder, abgesondert, einzeln. — 1265 der reht, deren Satzungen: weil sie nur makellose Ritter duldete. — 1267 um zu schelten. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 345 geloubet, sît ir’z habt vernomen, ich vorder kampf für schelten, der niht wan tôt sol gelten, oder leben mit êren, swen’z wil diu sælde lêren." 1270 Der künec swîgte und was unvrô, doch antwurte er der rede alsô. «hêrre, er ist mîner swester sun: waer’ Gâwân tôt, ich wolde tuon den kampf, ê sîn gebeine lage triuwelôs unreine. wil glücke, iu sol Gâwânes hant mit kampfe tuon daz wol bekant, daz sin lip mit triuwen vert und sich’s valsches hât erwert. habe iu anders iemen leit getân, sô machet niht sô breit sin laster âne schulde: wan erwirbt er iuwer hulde sô daz sîn lîp unschuldec ist, ir habet in dirre kurzen vrist von ime gesaget daz iweren prîs krenket, sint diu liute wîs.» 1275 1280 1285 1290 Bêâcurs der stolze man, 323 des bruoder was hêr Gâwân: 1269 für, an Stelle von. — 1270 bei dem es sich um nichts Geringeres han- delt als den Tod. — 1272 wen immer von den Kämpfern das Glück leben lehrt, zum Leben führt. 1273 swigte præt. des seltenen swch. Verb. swîgen. — 1274 der rede ist gen.: auf die Rede des Ritters. — 1276 wenn er in dem Kampfe fiele und mithin seine befleckte Ehre nicht reinigen könnte, so würde ich für ihn den Kampf aufnehmen, und nicht dulden, daß der Vorwurf der Treu- losigkeit auf ihm haftete. — 1279 jedoch wenn das Glück es will, ihm bei- steht. — 1280 tuon bekant, beweisen. — 1281 daf er treu, an der Treue festhaltend, handelt. — 1282 erwern swv. refl. mit gen., sich eines Dinges erwehren, es fern von sich halten. — 1283 habe conj., falls euch hat. — 1284 so verkündet nicht so laut und öffentlich. — 1285 sîn, Gawan’s. — 1286 denn wenn er euch wieder mit sich versöhnt. — 1287 sô daz, in der Weise , dadurch daßs : er seine Unschuld durch Kampf darthut. — 1288 so könnt ihr den Schaden, den ihr euch selbst zufügt, nicht wieder gut machen ; ihr habt in diesen wenigen Augenblicken. — 1289 daz, derartiges, was. — 1290 in den Augen der Menschen herabsetzt, wenn sie verständig sind. — diu (neutr.) liute, gewöhnlich die liute, aber diu ist richtig, weil liut stn. ist; das angehängte e ist wie in lide pl. von lit. 1291 Bêâcurs, wegen seiner Schönheit so benannt (= schöner Leib), war in dieser Hinsicht schon I, 1165 erwähnt und neben Parzival gestellt: bei Crestien (V. 6146) heifst Gawan’s Bruder Agrevain. Der Nomin, wird durch des in die Construction aufgenommen. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 345 geloubet, sît ir’z habt vernomen, ich vorder kampf für schelten, der niht wan tôt sol gelten, oder leben mit êren, swen’z wil diu sælde lêren." 1270 Der künec swîgte und was unvrô, doch antwurte er der rede alsô. «hêrre, er ist mîner swester sun: waer’ Gâwân tôt, ich wolde tuon den kampf, ê sîn gebeine lage triuwelôs unreine. wil glücke, iu sol Gâwânes hant mit kampfe tuon daz wol bekant, daz sin lip mit triuwen vert und sich’s valsches hât erwert. habe iu anders iemen leit getân, sô machet niht sô breit sin laster âne schulde: wan erwirbt er iuwer hulde sô daz sîn lîp unschuldec ist, ir habet in dirre kurzen vrist von ime gesaget daz iweren prîs krenket, sint diu liute wîs.» 1275 1280 1285 1290 Bêâcurs der stolze man, 323 des bruoder was hêr Gâwân: 1269 für, an Stelle von. — 1270 bei dem es sich um nichts Geringeres han- delt als den Tod. — 1272 wen immer von den Kämpfern das Glück leben lehrt, zum Leben führt. 1273 swigte præt. des seltenen swch. Verb. swîgen. — 1274 der rede ist gen.: auf die Rede des Ritters. — 1276 wenn er in dem Kampfe fiele und mithin seine befleckte Ehre nicht reinigen könnte, so würde ich für ihn den Kampf aufnehmen, und nicht dulden, daß der Vorwurf der Treu- losigkeit auf ihm haftete. — 1279 jedoch wenn das Glück es will, ihm bei- steht. — 1280 tuon bekant, beweisen. — 1281 daf er treu, an der Treue festhaltend, handelt. — 1282 erwern swv. refl. mit gen., sich eines Dinges erwehren, es fern von sich halten. — 1283 habe conj., falls euch hat. — 1284 so verkündet nicht so laut und öffentlich. — 1285 sîn, Gawan’s. — 1286 denn wenn er euch wieder mit sich versöhnt. — 1287 sô daz, in der Weise , dadurch daßs : er seine Unschuld durch Kampf darthut. — 1288 so könnt ihr den Schaden, den ihr euch selbst zufügt, nicht wieder gut machen ; ihr habt in diesen wenigen Augenblicken. — 1289 daz, derartiges, was. — 1290 in den Augen der Menschen herabsetzt, wenn sie verständig sind. — diu (neutr.) liute, gewöhnlich die liute, aber diu ist richtig, weil liut stn. ist; das angehängte e ist wie in lide pl. von lit. 1291 Bêâcurs, wegen seiner Schönheit so benannt (= schöner Leib), war in dieser Hinsicht schon I, 1165 erwähnt und neben Parzival gestellt: bei Crestien (V. 6146) heifst Gawan’s Bruder Agrevain. Der Nomin, wird durch des in die Construction aufgenommen. —
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346 SECHSTES BUCH. der spranc ûf, sprach zehant «hêrre, ich sol dâ wesen pfant, swar Gâwâne ist der kampf geleget. sîn velschen mich unsanfte reget: welt ir’s niht erlâzen in, habt iuch an mich : sin pfant ich pin, ich sol für in ze kampfe stên. ez mac mit rede niht ergên daz hôher pris geneiget sî, der Gâwâne ist ledeclîche bi.» er kêrte aldâ sîn bruoder saz, fuozvallens er dâ niht vergaz. den bat er sus, nu horet wie. «gedenke, bruoder, daz du ie mir hülfe grôzer werdekeit. lâ mich für dîn arbeit ein kampflîchez gîsel wesen. ob ich in kampfe sol genesen, des hâstu iemer êre.» er bat in fürbaz mêre durch bruoderlichen rîters pris. Gâwân sprach «ich pin sô wîs daz ich dich, bruoder, niht gewer dîner bruoderlîchen ger. i’ne weiz war umbe ich strîten sol, och entúot mir strîten niht sô wol: ungerne wolt’ ich dir versagen, wan daz ich müese'z laster tragen.» 1295 1300 1305 1310 1315 1320 1294 ich will ihn vertreten. — 1295 legen swv., festsetzen, bestimmen. 1296 velschen, für falsch erklären : daß man ihn der Falschheit, der Treu- losigkeit beschuldigt, hat mich schmerzlich bewegt, mich tief verletzt. — 1300 mit rede, mit Worten; nicht Worte können das ausmachen, sondern Kampf. — 1301 daſ man hohen Ruhm herabzieht. — 1302 ledeclîche adv., frei, unbestritten. — 1307 hülfe 2. pers. præet., halfst, verhalfst, mit gen., zu. — 1308 zum Ersatz für deine Mühe, die du mit mir gehabt hast. — 1309 gîsel stn., eigentlich Kriegsgefangener; dann der sich als Unterpfand in Gefangenschaft begibt, Bürge. — 1312 fürbaz mêre, noch weiter, ferner. — 1313 durch, als Motiv der Bitte: um — willen, bei. Bei dem Ritter- ruhme, der auch ihm, dem Bruder, zukomme. — 1314 ich beurtheile die Verhältnisse so richtig. — 1317 ich kenne den Grund der Herausforderung nicht ; an sich also liegt für mich nichts vor, was mich persönlich auf dem Kampfe beharren liefe. — 1318 auch finde ich kein solches Gefallen am Streite, dafs ich aus diesem Grunde schon die Forderung annähme; mithin würde ich gern deine Bitte erfüllen, wenn nicht dann die Schande auf mir sitzen bliebe.
346 SECHSTES BUCH. der spranc ûf, sprach zehant «hêrre, ich sol dâ wesen pfant, swar Gâwâne ist der kampf geleget. sîn velschen mich unsanfte reget: welt ir’s niht erlâzen in, habt iuch an mich : sin pfant ich pin, ich sol für in ze kampfe stên. ez mac mit rede niht ergên daz hôher pris geneiget sî, der Gâwâne ist ledeclîche bi.» er kêrte aldâ sîn bruoder saz, fuozvallens er dâ niht vergaz. den bat er sus, nu horet wie. «gedenke, bruoder, daz du ie mir hülfe grôzer werdekeit. lâ mich für dîn arbeit ein kampflîchez gîsel wesen. ob ich in kampfe sol genesen, des hâstu iemer êre.» er bat in fürbaz mêre durch bruoderlichen rîters pris. Gâwân sprach «ich pin sô wîs daz ich dich, bruoder, niht gewer dîner bruoderlîchen ger. i’ne weiz war umbe ich strîten sol, och entúot mir strîten niht sô wol: ungerne wolt’ ich dir versagen, wan daz ich müese'z laster tragen.» 1295 1300 1305 1310 1315 1320 1294 ich will ihn vertreten. — 1295 legen swv., festsetzen, bestimmen. 1296 velschen, für falsch erklären : daß man ihn der Falschheit, der Treu- losigkeit beschuldigt, hat mich schmerzlich bewegt, mich tief verletzt. — 1300 mit rede, mit Worten; nicht Worte können das ausmachen, sondern Kampf. — 1301 daſ man hohen Ruhm herabzieht. — 1302 ledeclîche adv., frei, unbestritten. — 1307 hülfe 2. pers. præet., halfst, verhalfst, mit gen., zu. — 1308 zum Ersatz für deine Mühe, die du mit mir gehabt hast. — 1309 gîsel stn., eigentlich Kriegsgefangener; dann der sich als Unterpfand in Gefangenschaft begibt, Bürge. — 1312 fürbaz mêre, noch weiter, ferner. — 1313 durch, als Motiv der Bitte: um — willen, bei. Bei dem Ritter- ruhme, der auch ihm, dem Bruder, zukomme. — 1314 ich beurtheile die Verhältnisse so richtig. — 1317 ich kenne den Grund der Herausforderung nicht ; an sich also liegt für mich nichts vor, was mich persönlich auf dem Kampfe beharren liefe. — 1318 auch finde ich kein solches Gefallen am Streite, dafs ich aus diesem Grunde schon die Forderung annähme; mithin würde ich gern deine Bitte erfüllen, wenn nicht dann die Schande auf mir sitzen bliebe.
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 347 Bêâcurs al vaste bat. der gast stuont an sîner stat: er sprach : «mir biutet kampf ein man, des ich neheine künde hân: i’ne hân och niht ze sprechen dar. stárc, küene, wol gevar, getriuwe unde rîche, hât er diu volleclîche, er mac porgen deste baz: i’ne trage gein im decheinen haz. er was mîn hêrre und mîn mâc, durch den ich hebe disen bâc. unser väter gebruoder hiezen, die nihts ein ander liezen. nehein man gekroenet wart nie, ich'n het im vollen art mit kampfe rede ze bieten, mich râche gein im nieten. ich pin ein fürste ûz Ascalûn, der lántgrâve von Schanpfanzun, unt heize Kingrimursel. ist hêr Gâwân lobes snel, der mac sich anders niht entsagen, er’n müeze kampf dâ gein mir tragen, ouch gib'ich im vride übr al daz lant, niuwan von mîn eines hant : mit triuwén ich vride geheize ûzerhalp des kampfes kreize. 1325 1330 1335 1340 1345 324 1321 al vaste, sehr dringend. — 1322 der Gast, der fremde Ritter, rührte sich nicht vom Fleck. — 1324 den ich gar nicht kenne. — 1325 dar, mit Beziehung auf ihn, zu ihm. — 1326. 1327 alle Adjectiva in unflect. Form, als abstracte Begriffe aufgefasst, die entsprechenden Substantiva ver- tretend, durch diu (neutr. pl.) aufgenommen: hat er diese Eigenschaften in vollem Maſse. — 1329 borgen, porgen swv., Bürge sein; vgl. 1309. — 1331 nicht persönliche Verletztheit veranlasst mich zu der Herausforderung, sondern die Pflicht, für einen Verwandten Rache zu nehmen. — 1334 nihts gen., in keiner Beziehung: einander im Stiche liefsen , die sich immer treu beistanden. — 1335 jedes gekrönte Haupt. — 1336 art stm., Herkunft: ich bin ihm durch Herkunft vollständig ebenbürtig. — 1337 rede stf., Verant- wortung, Rechenschaft. — 1338 und Rache an ihm zu uben, zu nehmen (I, 981). — 1341 Kingrimursel: bei Crestien heißt er Guigambresil (V. 6127). — 1342 lobes snel, eifrig auf Ruhm bedacht. — 1343 entsagen stv. refl., sich vertheidigen, seine. Unschuld beweisen ; in gleicher Bedeutung wird ent- reden gebraucht. — 1344 er’n müeze, ohne dafs er muß, als dafs er mußs. — 1345 im ganzen Lande soll niemand ihm etwas anthun. — 1346 niuwan seltenere Nebenform von niwan, aufser (II, 511. 701). — 1347 mit triuwen, ehrlich. — 1348 ûzerhalp, auſserhalb: mit dat. verbunden (kreize). —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 347 Bêâcurs al vaste bat. der gast stuont an sîner stat: er sprach : «mir biutet kampf ein man, des ich neheine künde hân: i’ne hân och niht ze sprechen dar. stárc, küene, wol gevar, getriuwe unde rîche, hât er diu volleclîche, er mac porgen deste baz: i’ne trage gein im decheinen haz. er was mîn hêrre und mîn mâc, durch den ich hebe disen bâc. unser väter gebruoder hiezen, die nihts ein ander liezen. nehein man gekroenet wart nie, ich'n het im vollen art mit kampfe rede ze bieten, mich râche gein im nieten. ich pin ein fürste ûz Ascalûn, der lántgrâve von Schanpfanzun, unt heize Kingrimursel. ist hêr Gâwân lobes snel, der mac sich anders niht entsagen, er’n müeze kampf dâ gein mir tragen, ouch gib'ich im vride übr al daz lant, niuwan von mîn eines hant : mit triuwén ich vride geheize ûzerhalp des kampfes kreize. 1325 1330 1335 1340 1345 324 1321 al vaste, sehr dringend. — 1322 der Gast, der fremde Ritter, rührte sich nicht vom Fleck. — 1324 den ich gar nicht kenne. — 1325 dar, mit Beziehung auf ihn, zu ihm. — 1326. 1327 alle Adjectiva in unflect. Form, als abstracte Begriffe aufgefasst, die entsprechenden Substantiva ver- tretend, durch diu (neutr. pl.) aufgenommen: hat er diese Eigenschaften in vollem Maſse. — 1329 borgen, porgen swv., Bürge sein; vgl. 1309. — 1331 nicht persönliche Verletztheit veranlasst mich zu der Herausforderung, sondern die Pflicht, für einen Verwandten Rache zu nehmen. — 1334 nihts gen., in keiner Beziehung: einander im Stiche liefsen , die sich immer treu beistanden. — 1335 jedes gekrönte Haupt. — 1336 art stm., Herkunft: ich bin ihm durch Herkunft vollständig ebenbürtig. — 1337 rede stf., Verant- wortung, Rechenschaft. — 1338 und Rache an ihm zu uben, zu nehmen (I, 981). — 1341 Kingrimursel: bei Crestien heißt er Guigambresil (V. 6127). — 1342 lobes snel, eifrig auf Ruhm bedacht. — 1343 entsagen stv. refl., sich vertheidigen, seine. Unschuld beweisen ; in gleicher Bedeutung wird ent- reden gebraucht. — 1344 er’n müeze, ohne dafs er muß, als dafs er mußs. — 1345 im ganzen Lande soll niemand ihm etwas anthun. — 1346 niuwan seltenere Nebenform von niwan, aufser (II, 511. 701). — 1347 mit triuwen, ehrlich. — 1348 ûzerhalp, auſserhalb: mit dat. verbunden (kreize). —
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348 SECHSTES BUCH. got hüete al der ich lâze hie; wan eins, er weiz wol selbe wie.» 1350 Sus schiet der wol gelobte man von dem Plimizoeles plân. dô Kingrimursel wart genant, ohteiz dô wart er schiere erkant. werden virrigen prîs hete an ime der fürste wîs: sie jâhen daz hêr Gâwân des kampfes sorge müese hân gein sîner wâren manheit, des fürsten der dâ von in reit. och wante manegen trûrens nôt, daz man im dâ niht êren bôt. dar wâren solhiu mære komen als ir wol ê habet vernomen, die lîhte erwanden einen gast daz wirtes gruozes ime gebrast. von Cundrïen man och innen wart Parzivâles namen und sîner art, daz in gebar ein künegîn, unt wie die erwarp der Anschevin. maneger sprach «vil wol ich’z weiz, daz er sie vor Kanvoleiz gediende hurteclîche mit manegem poynder rîche, und daz sîn ellen unverzaget erwarp die sældebaren maget. 1355 1360 1365 1370 325 1375 1350 mit Ausnahme des einen (Gawan). — wie, auf welche Weise, aus welchem Grunde. 1354 ohteiz interject., noch VI, 1525, ist das franz. ostez, burgund. osteiz imper. pl. von oster, eigentlich: hinweg, weg mit, pfui. Vgl. meine altfranz. Rom. und Pastour. II, 57, 81 ostes cel vilain, ostes. Das h für altfranz. s verhält sich wie in schahtel, foreht, forehtier u. a. Wörtern. Mhd. bedeutet es: hei! — 1358 wegen des Zweikampfes. — 1359 gein, gegen- über, in Anbetracht. — sîner, auf Kingrimursel zu beziehen, durch die folgende Zeile näher erläutert. — 1361 wante, verhinderte. Die Trauer und Bestürzung, in welche alle gerathen waren. — 1362 êren gen. pl., von niht abhängig. — 1365 die geschwächt aus diu, auf mœre zu beziehen. — er- wanden rückumlaut. præt. von erwenden swv., verhindern (vgl. 1361): die ihn leicht darum brachten. — 1366 genauer wäre: daß ihm der Grußs zu Theil wurde; das Mhd. drückt es negativ aus, weil der ganze Satz nega- tiven Sinn hat. — 1367 durch Cundrie erfuhr man auch. — 1370 der An- schevîn ist Gahmuret, Parzival's Vater. — 1372 das Turnier vor Kanvoleiz war im 2. Buche erzählt. — 1373 hurteclîche adv., im Losrennen. 1376 sœldebare adj., vom Glück begleitet, glückbringend. —
348 SECHSTES BUCH. got hüete al der ich lâze hie; wan eins, er weiz wol selbe wie.» 1350 Sus schiet der wol gelobte man von dem Plimizoeles plân. dô Kingrimursel wart genant, ohteiz dô wart er schiere erkant. werden virrigen prîs hete an ime der fürste wîs: sie jâhen daz hêr Gâwân des kampfes sorge müese hân gein sîner wâren manheit, des fürsten der dâ von in reit. och wante manegen trûrens nôt, daz man im dâ niht êren bôt. dar wâren solhiu mære komen als ir wol ê habet vernomen, die lîhte erwanden einen gast daz wirtes gruozes ime gebrast. von Cundrïen man och innen wart Parzivâles namen und sîner art, daz in gebar ein künegîn, unt wie die erwarp der Anschevin. maneger sprach «vil wol ich’z weiz, daz er sie vor Kanvoleiz gediende hurteclîche mit manegem poynder rîche, und daz sîn ellen unverzaget erwarp die sældebaren maget. 1355 1360 1365 1370 325 1375 1350 mit Ausnahme des einen (Gawan). — wie, auf welche Weise, aus welchem Grunde. 1354 ohteiz interject., noch VI, 1525, ist das franz. ostez, burgund. osteiz imper. pl. von oster, eigentlich: hinweg, weg mit, pfui. Vgl. meine altfranz. Rom. und Pastour. II, 57, 81 ostes cel vilain, ostes. Das h für altfranz. s verhält sich wie in schahtel, foreht, forehtier u. a. Wörtern. Mhd. bedeutet es: hei! — 1358 wegen des Zweikampfes. — 1359 gein, gegen- über, in Anbetracht. — sîner, auf Kingrimursel zu beziehen, durch die folgende Zeile näher erläutert. — 1361 wante, verhinderte. Die Trauer und Bestürzung, in welche alle gerathen waren. — 1362 êren gen. pl., von niht abhängig. — 1365 die geschwächt aus diu, auf mœre zu beziehen. — er- wanden rückumlaut. præt. von erwenden swv., verhindern (vgl. 1361): die ihn leicht darum brachten. — 1366 genauer wäre: daß ihm der Grußs zu Theil wurde; das Mhd. drückt es negativ aus, weil der ganze Satz nega- tiven Sinn hat. — 1367 durch Cundrie erfuhr man auch. — 1370 der An- schevîn ist Gahmuret, Parzival's Vater. — 1372 das Turnier vor Kanvoleiz war im 2. Buche erzählt. — 1373 hurteclîche adv., im Losrennen. 1376 sœldebare adj., vom Glück begleitet, glückbringend. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 349 Amphlîse diu gehêrte ouch Gahmureten lêrte, dâ von der helt wart kurtoys. nu sol ein ieslich Britonoys 326 sich vröwen daz uns der helt ist komen, dâ pris mit wârheit ist vernomen an ime und ouch an Gahmurete. reht werdekeit was sîn gewete.» 1380 1385 Artûss her was an dem tage komen fröude unde klage: ein solch géparriertez leben was den helden dâ gegeben. sie stuonden ûf über al: dâ was trûren âne zal. ouch giengén die werden sân da der Wâléis und Gâwân bî ein ander stuonden: sie trôsten se als sie kunden. Clâmidên den wol geboren dûhte, er hete mêr verloren dan iemen der dâ möhte sîn, unt daz ze scharpf wæer' sîn pin. er sprach ze Parzivâle «wart ir pî dem grâle, sô muoz ich sprechen âne spot, in heidenschaft Tribalibot, dar zuo'z gebirge in Kaukasas, swaz munt von rîcheit ie gelas, und des grâles werdekeit, dine vergülten niht mîn herzeleit 1390 1395 1400 1405 1377 Amphlîse, die Königin von Frankreich, Gahmuret’s erste Geliebte ; vgl. II, 1083 ff. — 1382 dâ und an ime, eine Mischung zweier Constructionen (aтò zotvoů) : an welchem (= dâ), wie man vernommen hat, wahrer Ruhm ist ; wahrer Ruhm ist an ihm und seinem Vater. — 1384 gewete swm., eigentlich der Zusammengejochte; Genosse. 1385 her ist dat.: Artus' Heere, Rittern, war genaht. — 1387 gepar- riertez, gemischt aus Freude und Klage. — 1389 sie hatten noch an der Tafelrunde gesessen. — 1394 so gut sie es verstanden. — 1395 den wol ge- boren, nicht als synkopierte, sondern als unflectierte Form zu betrachten ; vgl. zu V, 1301. — 1396 er klagt daſ Parzival ihn bei Condwiramurs ver- drängt hat und beansprucht daher das Recht auf seine Unterstützung bei der Werbung um Cunneware. — 1400 wenn ihr im Besitze der Schätze des Grals wäret. — 1402 das Land Tribalibot im Heidenlande mit seinen Reichthümern: Tribalibot ist der Name für Indien. — 1406 die könnten mich nicht für das Herzeleid entschädigen. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 349 Amphlîse diu gehêrte ouch Gahmureten lêrte, dâ von der helt wart kurtoys. nu sol ein ieslich Britonoys 326 sich vröwen daz uns der helt ist komen, dâ pris mit wârheit ist vernomen an ime und ouch an Gahmurete. reht werdekeit was sîn gewete.» 1380 1385 Artûss her was an dem tage komen fröude unde klage: ein solch géparriertez leben was den helden dâ gegeben. sie stuonden ûf über al: dâ was trûren âne zal. ouch giengén die werden sân da der Wâléis und Gâwân bî ein ander stuonden: sie trôsten se als sie kunden. Clâmidên den wol geboren dûhte, er hete mêr verloren dan iemen der dâ möhte sîn, unt daz ze scharpf wæer' sîn pin. er sprach ze Parzivâle «wart ir pî dem grâle, sô muoz ich sprechen âne spot, in heidenschaft Tribalibot, dar zuo'z gebirge in Kaukasas, swaz munt von rîcheit ie gelas, und des grâles werdekeit, dine vergülten niht mîn herzeleit 1390 1395 1400 1405 1377 Amphlîse, die Königin von Frankreich, Gahmuret’s erste Geliebte ; vgl. II, 1083 ff. — 1382 dâ und an ime, eine Mischung zweier Constructionen (aтò zotvoů) : an welchem (= dâ), wie man vernommen hat, wahrer Ruhm ist ; wahrer Ruhm ist an ihm und seinem Vater. — 1384 gewete swm., eigentlich der Zusammengejochte; Genosse. 1385 her ist dat.: Artus' Heere, Rittern, war genaht. — 1387 gepar- riertez, gemischt aus Freude und Klage. — 1389 sie hatten noch an der Tafelrunde gesessen. — 1394 so gut sie es verstanden. — 1395 den wol ge- boren, nicht als synkopierte, sondern als unflectierte Form zu betrachten ; vgl. zu V, 1301. — 1396 er klagt daſ Parzival ihn bei Condwiramurs ver- drängt hat und beansprucht daher das Recht auf seine Unterstützung bei der Werbung um Cunneware. — 1400 wenn ihr im Besitze der Schätze des Grals wäret. — 1402 das Land Tribalibot im Heidenlande mit seinen Reichthümern: Tribalibot ist der Name für Indien. — 1406 die könnten mich nicht für das Herzeleid entschädigen. —
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350 SECHSTES BUCH. 327 daz ich vor Pelrapeir gewan. ach ich arm unsæelic man! mich schiet von fröuden iuwer hant. hie ist vrou Cúnnewâre de Lalant: och wil diu edele fürstîn sô verre z'iwerm gebote sin daz ir diu niemen dienen lât, swie vil sie dienestgeltes hât. sie möhte iedoch erlangen daz ich pin ir gevangen alsus lange hie gewesen. ob ich an vröuden sol genesen, sô helft mir daz sie êre sich sô daz ir minne ergetze mich ein teil des ich von iu verlôs, dâ mich der fröuden zil verkôs. ich hetez behalten wol, wan ir: nu helfet dirre megede mir.» 1410 1415 1420 1425 «Daz tuon ich», sprach der Wâleis, «ist si béte volge kurteis. ich ergétze iuch gern’: wan si ist doch mîn, durch die ir welt pî sorgen sîn. ich mein' diu treit den bêâ curs, Cóndwîren âmürs.» von Janfûse de heidenîn, Artûs unt daz wip sîn, und Cunnewâre de Lalant, und frou Jeschûte von Karnant, die giengen dâ durch troesten zuo. 1430 1435 1412 só verre, in dém Grade. — z'iwerm gebote sin, euerm Befehle unter- geben sein. — 1413 dafs sie niemand gestattet, ihr seinen Dienst zu wid- men. — 1414 dienestgelt stm., Vergeltung für Dienste: wiewohl sie reich- lich die Macht hat, Dienste zu vergelten. — 1418 wenn meine Freude wieder zum Leben erwachen oder am Leben bleiben soll. — 1419 dafs sie etwas thue, was ihr selbst zur Ehre gereicht. — 1421 des abhängig von ergetze, durch Attraction für des daz: mich entschädige für das was ich durch euch verlor, für Condwiramurs' Liebe. — 1422 dâ, dort wo. — ver- kiesen stv. mit acc., nicht beachtend an etwas vorübergehen. — 1423 ich hätte es wohl behauptet, erreicht, wenn ihr nicht gewesen waret. wan ir, vgl. V, 1554. — 1424 helft mir zu dieser Jungfrau, sie zu erwerben. 1426 wenn sie höfisch in der Beistimmung zur Bitte ist, wenn sie in höfischer Weise der Bitte beipflichtet, sie gewährt. — 1427 denn diejenige ist doch mein eigen. — 1428 wellen, behaupten : um derentwillen ihr Sorge zu haben behauptet, d. h. Condwiramurs. Die folgenden Zeilen sind hinzu- gefügt, damit man nicht glaube, es beziehe sich auf Cunneware. — 1435 um ihm Trost zu geben, um ihn in seiner Betrübniss wieder aufzurichten.—
350 SECHSTES BUCH. 327 daz ich vor Pelrapeir gewan. ach ich arm unsæelic man! mich schiet von fröuden iuwer hant. hie ist vrou Cúnnewâre de Lalant: och wil diu edele fürstîn sô verre z'iwerm gebote sin daz ir diu niemen dienen lât, swie vil sie dienestgeltes hât. sie möhte iedoch erlangen daz ich pin ir gevangen alsus lange hie gewesen. ob ich an vröuden sol genesen, sô helft mir daz sie êre sich sô daz ir minne ergetze mich ein teil des ich von iu verlôs, dâ mich der fröuden zil verkôs. ich hetez behalten wol, wan ir: nu helfet dirre megede mir.» 1410 1415 1420 1425 «Daz tuon ich», sprach der Wâleis, «ist si béte volge kurteis. ich ergétze iuch gern’: wan si ist doch mîn, durch die ir welt pî sorgen sîn. ich mein' diu treit den bêâ curs, Cóndwîren âmürs.» von Janfûse de heidenîn, Artûs unt daz wip sîn, und Cunnewâre de Lalant, und frou Jeschûte von Karnant, die giengen dâ durch troesten zuo. 1430 1435 1412 só verre, in dém Grade. — z'iwerm gebote sin, euerm Befehle unter- geben sein. — 1413 dafs sie niemand gestattet, ihr seinen Dienst zu wid- men. — 1414 dienestgelt stm., Vergeltung für Dienste: wiewohl sie reich- lich die Macht hat, Dienste zu vergelten. — 1418 wenn meine Freude wieder zum Leben erwachen oder am Leben bleiben soll. — 1419 dafs sie etwas thue, was ihr selbst zur Ehre gereicht. — 1421 des abhängig von ergetze, durch Attraction für des daz: mich entschädige für das was ich durch euch verlor, für Condwiramurs' Liebe. — 1422 dâ, dort wo. — ver- kiesen stv. mit acc., nicht beachtend an etwas vorübergehen. — 1423 ich hätte es wohl behauptet, erreicht, wenn ihr nicht gewesen waret. wan ir, vgl. V, 1554. — 1424 helft mir zu dieser Jungfrau, sie zu erwerben. 1426 wenn sie höfisch in der Beistimmung zur Bitte ist, wenn sie in höfischer Weise der Bitte beipflichtet, sie gewährt. — 1427 denn diejenige ist doch mein eigen. — 1428 wellen, behaupten : um derentwillen ihr Sorge zu haben behauptet, d. h. Condwiramurs. Die folgenden Zeilen sind hinzu- gefügt, damit man nicht glaube, es beziehe sich auf Cunneware. — 1435 um ihm Trost zu geben, um ihn in seiner Betrübniss wieder aufzurichten.—
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 351 328 waz welt ir daz man mêr nu tuo?" Cunnewârn sie gâben Clâmidê: wan dem was nâch ir minne wê. sînen lip gap er’r ze lône, unde ir houbet eine krône, da'z diu von Janfüse sach. diu heidenin zem Wâleis sprach «Cundrîe nante uns einen man, des ich iu wol ze bruoder gan. des kraft ist wit unde breit. zweier krône rîcheit stêt vorhteclîche in sîner pflege úf dem wázzer und der erden wege. Azagouc und Zazamanc, diu lant sint kreftec, niender kranc. sîme richtúome gelîchet niht ân' den bâruc, swâ man's giht, und âne Tribalibot. man bett in an als einen got. sîn vel hât vil spæhen glast: er ist aller mannes varwe ein gast, wiz unde swarz erkant. ich fuor dâ her durch ein sîn lant. er wolde gerne erwendet hân min vart die ich her hân getân: daz warber, dône mohter. siner múoter muomen tohter bin ich: er ist ein künec hêr. ich sage iu wúndéres mêr. nie man gesaz von sîner tjost, 1440 1445 1450 1455 1460 1465 1439 er r= er ir. — 1441 in Gegenwart der Heidin von Janfuse. — 1443 einen. man, nämlich Feirefiz, den Cundrie V. 1114 genannt hatte. — 1445 kraft, Macht. — 1446 króne gen. pl. für krônen. — 1447 vorhteclîche adv., auf Furcht erregende Weise : die Kronen stehen hier für die Königreiche, die ihm in Furcht unterthan sind. — pflege stf., Gewalt. — 1448 er gebietet gewaltig zu Wasser und zu Lande. — 1450 niender kranc, nichts weniger als schwach : dient zur Verstärkung des positiven kreftic. — 1452 man’s: es, d. h. rîchtuomes, wo immer man auch von Reichthum spricht. — 1454 bett = betet. — 1455 spœhe adj., schön. — 1456 er ist ein Fremdling aller Farbe, wie sie Menschen haben : er sieht nicht aus an Farbe wie ein anderer Mensch. — 1457 erkant, aussehend. — 1458 durch eines seiner Länder. — 1461 das betrieb er, da vermochte er es aber nicht durchzusetzen. — 1464 ich berichtete euch noch mehr Wunderbares; von im, das nach dem Zusammenhange von selbst zu ergänzen ist, setzen die beiden Texte an verschiedenen Stellen hinzu, um die Form wunderes zu vermeiden. — 1465 niemals blieb ein Mann im Sattel sitzen infolge seiner Tjost. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 351 328 waz welt ir daz man mêr nu tuo?" Cunnewârn sie gâben Clâmidê: wan dem was nâch ir minne wê. sînen lip gap er’r ze lône, unde ir houbet eine krône, da'z diu von Janfüse sach. diu heidenin zem Wâleis sprach «Cundrîe nante uns einen man, des ich iu wol ze bruoder gan. des kraft ist wit unde breit. zweier krône rîcheit stêt vorhteclîche in sîner pflege úf dem wázzer und der erden wege. Azagouc und Zazamanc, diu lant sint kreftec, niender kranc. sîme richtúome gelîchet niht ân' den bâruc, swâ man's giht, und âne Tribalibot. man bett in an als einen got. sîn vel hât vil spæhen glast: er ist aller mannes varwe ein gast, wiz unde swarz erkant. ich fuor dâ her durch ein sîn lant. er wolde gerne erwendet hân min vart die ich her hân getân: daz warber, dône mohter. siner múoter muomen tohter bin ich: er ist ein künec hêr. ich sage iu wúndéres mêr. nie man gesaz von sîner tjost, 1440 1445 1450 1455 1460 1465 1439 er r= er ir. — 1441 in Gegenwart der Heidin von Janfuse. — 1443 einen. man, nämlich Feirefiz, den Cundrie V. 1114 genannt hatte. — 1445 kraft, Macht. — 1446 króne gen. pl. für krônen. — 1447 vorhteclîche adv., auf Furcht erregende Weise : die Kronen stehen hier für die Königreiche, die ihm in Furcht unterthan sind. — pflege stf., Gewalt. — 1448 er gebietet gewaltig zu Wasser und zu Lande. — 1450 niender kranc, nichts weniger als schwach : dient zur Verstärkung des positiven kreftic. — 1452 man’s: es, d. h. rîchtuomes, wo immer man auch von Reichthum spricht. — 1454 bett = betet. — 1455 spœhe adj., schön. — 1456 er ist ein Fremdling aller Farbe, wie sie Menschen haben : er sieht nicht aus an Farbe wie ein anderer Mensch. — 1457 erkant, aussehend. — 1458 durch eines seiner Länder. — 1461 das betrieb er, da vermochte er es aber nicht durchzusetzen. — 1464 ich berichtete euch noch mehr Wunderbares; von im, das nach dem Zusammenhange von selbst zu ergänzen ist, setzen die beiden Texte an verschiedenen Stellen hinzu, um die Form wunderes zu vermeiden. — 1465 niemals blieb ein Mann im Sattel sitzen infolge seiner Tjost. —
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352 SECHSTES BUCH. sîn pris hât vil hôhe kost, sô milter lîp gesouc nie brust, sîn site ist válschéite flust, Feirefîz Anschevîn, des tât durch wip kan lîden pîn. 1470 Swie fremede’z mir hie wære. ich kom ouch her durch mære unt z'erkénnen âventiure. nu lît diu hoehste stiure an iu, des al getouftiu diet mit prîse sich von laster schiet, sol guot gebærde iuch helfen iht, unt daz man iu mit wârheit giht liehter várwe und manlîcher site. kraft mit jugende vert dâ mite.» diu rîche wîse heidenin hete an künste den gewin daz sie wol redete fránzéis. dô antwurt’ ir der Wâleis : solch was sîn rede wider sie. « got lône iu, frouwe, daz ir hie mir gebet sô güetlîchen trôst. i'ne bin doch trûrens niht erlôst, und wil iuch des bescheiden. i'ne mages sô niht geleiden als ez mir leide kündet, daz sich nu manger sündet an mir, der niht weiz miner klage, 1475 1480 1485 1490 329 1466 hât hôhe kost, steht hoch im Preise, hat hohen Werth. — 1467 ein so freigebiger Mann. Vgl. VI, 941. — 1468 an seinem Charakter und Be- nehmen ist Falschheit verloren, ist keine Falschheit. — 1470 der in seinem Thun um der Frauen willen Noth zu leiden versteht. 1471 Wenn mir hier auch alles fremd war. — 1472 ouch, ein leichter Gegensatz: doch. — durch mœre, um Neues zu erfahren. — 1474 nu, be- gründend: nun — doch. — stiure, Gabe: die höchsten Gaben sind euch zu Theil geworden. — 1475 durch den alle getauften Völker, indem sie ihn rühmten, Schande von sich fern gehalten haben. — 1477 helfen, verhelfen : Ruhm und Lob zu gewinnen. — 1478 und der Umstand das. — 1480 mit jugende = und jugent. — vert dâ mite, begleitet die schon genannten Vor- züge. — 1482 gewin, Erwerb: hatte sich solche Kenntnisse erworben. — 1483 franzeis, französisch; neben franzois (VI, 981) : dieses die gewöhn- liche französische, jenes die normännische Form. — 1487 güetlîchen, freund- lichen. — 1489 und will euch das auseinandersetzen. — 1490 geleiden swv.. beklagen: ich vermag meinem Leide keinen solchen Ausdruck zu geben. — 1491 leide stf., Leid, Betrübniss. — kündet, kund thut; verursacht. — — 1492 sich sünden swv., sich versündigen.
352 SECHSTES BUCH. sîn pris hât vil hôhe kost, sô milter lîp gesouc nie brust, sîn site ist válschéite flust, Feirefîz Anschevîn, des tât durch wip kan lîden pîn. 1470 Swie fremede’z mir hie wære. ich kom ouch her durch mære unt z'erkénnen âventiure. nu lît diu hoehste stiure an iu, des al getouftiu diet mit prîse sich von laster schiet, sol guot gebærde iuch helfen iht, unt daz man iu mit wârheit giht liehter várwe und manlîcher site. kraft mit jugende vert dâ mite.» diu rîche wîse heidenin hete an künste den gewin daz sie wol redete fránzéis. dô antwurt’ ir der Wâleis : solch was sîn rede wider sie. « got lône iu, frouwe, daz ir hie mir gebet sô güetlîchen trôst. i'ne bin doch trûrens niht erlôst, und wil iuch des bescheiden. i'ne mages sô niht geleiden als ez mir leide kündet, daz sich nu manger sündet an mir, der niht weiz miner klage, 1475 1480 1485 1490 329 1466 hât hôhe kost, steht hoch im Preise, hat hohen Werth. — 1467 ein so freigebiger Mann. Vgl. VI, 941. — 1468 an seinem Charakter und Be- nehmen ist Falschheit verloren, ist keine Falschheit. — 1470 der in seinem Thun um der Frauen willen Noth zu leiden versteht. 1471 Wenn mir hier auch alles fremd war. — 1472 ouch, ein leichter Gegensatz: doch. — durch mœre, um Neues zu erfahren. — 1474 nu, be- gründend: nun — doch. — stiure, Gabe: die höchsten Gaben sind euch zu Theil geworden. — 1475 durch den alle getauften Völker, indem sie ihn rühmten, Schande von sich fern gehalten haben. — 1477 helfen, verhelfen : Ruhm und Lob zu gewinnen. — 1478 und der Umstand das. — 1480 mit jugende = und jugent. — vert dâ mite, begleitet die schon genannten Vor- züge. — 1482 gewin, Erwerb: hatte sich solche Kenntnisse erworben. — 1483 franzeis, französisch; neben franzois (VI, 981) : dieses die gewöhn- liche französische, jenes die normännische Form. — 1487 güetlîchen, freund- lichen. — 1489 und will euch das auseinandersetzen. — 1490 geleiden swv.. beklagen: ich vermag meinem Leide keinen solchen Ausdruck zu geben. — 1491 leide stf., Leid, Betrübniss. — kündet, kund thut; verursacht. — — 1492 sich sünden swv., sich versündigen.
Strana 353
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 353 330 und ich dâ bî sin spotten trage. i'ne wil deheiner froude jehen, i'ne müeze alrêrst den grâl gesehen, diu wile si kurz oder lanc. mich jaget des endes mîn gedanc: dâ von gescheide ich niemer mînes lebenes iemer. sol ich durch mîner zuht gebot hoeren nu der werelde spot, so'n mac sîn râten niht sin ganz: mir riet der werde Gurnamanz, daz ich vrävellîche vrâge mite und iemer gein unfúoge strite. vil werder rîter sihe ich hie : durch iuwer zuht nu râtt mir wie deich iuwern hulden næhe mich. ez ist ein strenge schärpf gerich gein mir mit worten hie getân: swes hulde ich drumbe vloren hân, daz wil ich wênic wizen ime. swenne ich her nâch prîs genime, sô habet mich aber denne dernâch. mir ist ze scheiden von iu gâch. ir gâbt mir alle geselleschaft, die wîle ich stuont in prises kraft: der sit nu lédec, unz ich bezal dâ von mîn grüeniu fröude ist val. mîn sol grôz jâmer alsô pflegen, 1500 1505 1510 1515 1495 1520 1494 dâ bî, trotzdem: und der mich trotzdem verspottet. — 1495 ich will nichts von Freude wissen. — 1496 i’ne müeze alrêrst, wenn ich nicht erst darf. — 1498 des endes, in der Richtung. — min gedanc, mein Denken und Sehnen. — 1500 mînes lebenes iemer, in der ganzen Zeit meines Lebens. — 1501 weil meine Wohlerzogenheit es mir gebot, nämlich: nicht zu viel zu fragen. — 1503 sîn auf den in der folgenden Zeile genannten Gurna- manz zu beziehen. — niht ganz, haud integer: nicht frei von Tadel und Makel. — 1505 vrävellîch adj., frech, unbescheiden. Vgl. III, 1663. — mite conj. præt. von mîden, meiden. — 1508 wie ist mit daz (in deich = daz ich) zu verbinden (vgl. III, 312): wie ich es anfange, daſs. — 1509 ich eure Huld wieder gewinne. — 1510 schärpf adj., scharf; aus schärpfe (II, 945) verkürzt. — 1513 ich will ihm keinen Vorwurf daraus machen. — 1514 genime 1. præes. von genemen, verstärktes nemen, erlangen. — 1515 haben swv., halten, behandeln. — dernâch, dem entsprechend. — 1517 ihr nahmt mich alle in eure Gemeinschaft, in euern Kreis auf. — 1519 ich spreche euch von der freundschaftlichen Verbindung mit mir frei. — 1520 dâ von, dasjenige wodurch, d. h. durch dessen Entbehren. Der Gral ist gemeint. 1521 großser Jammer soll mich so in seiner Gewalt haben. — — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 23
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 353 330 und ich dâ bî sin spotten trage. i'ne wil deheiner froude jehen, i'ne müeze alrêrst den grâl gesehen, diu wile si kurz oder lanc. mich jaget des endes mîn gedanc: dâ von gescheide ich niemer mînes lebenes iemer. sol ich durch mîner zuht gebot hoeren nu der werelde spot, so'n mac sîn râten niht sin ganz: mir riet der werde Gurnamanz, daz ich vrävellîche vrâge mite und iemer gein unfúoge strite. vil werder rîter sihe ich hie : durch iuwer zuht nu râtt mir wie deich iuwern hulden næhe mich. ez ist ein strenge schärpf gerich gein mir mit worten hie getân: swes hulde ich drumbe vloren hân, daz wil ich wênic wizen ime. swenne ich her nâch prîs genime, sô habet mich aber denne dernâch. mir ist ze scheiden von iu gâch. ir gâbt mir alle geselleschaft, die wîle ich stuont in prises kraft: der sit nu lédec, unz ich bezal dâ von mîn grüeniu fröude ist val. mîn sol grôz jâmer alsô pflegen, 1500 1505 1510 1515 1495 1520 1494 dâ bî, trotzdem: und der mich trotzdem verspottet. — 1495 ich will nichts von Freude wissen. — 1496 i’ne müeze alrêrst, wenn ich nicht erst darf. — 1498 des endes, in der Richtung. — min gedanc, mein Denken und Sehnen. — 1500 mînes lebenes iemer, in der ganzen Zeit meines Lebens. — 1501 weil meine Wohlerzogenheit es mir gebot, nämlich: nicht zu viel zu fragen. — 1503 sîn auf den in der folgenden Zeile genannten Gurna- manz zu beziehen. — niht ganz, haud integer: nicht frei von Tadel und Makel. — 1505 vrävellîch adj., frech, unbescheiden. Vgl. III, 1663. — mite conj. præt. von mîden, meiden. — 1508 wie ist mit daz (in deich = daz ich) zu verbinden (vgl. III, 312): wie ich es anfange, daſs. — 1509 ich eure Huld wieder gewinne. — 1510 schärpf adj., scharf; aus schärpfe (II, 945) verkürzt. — 1513 ich will ihm keinen Vorwurf daraus machen. — 1514 genime 1. præes. von genemen, verstärktes nemen, erlangen. — 1515 haben swv., halten, behandeln. — dernâch, dem entsprechend. — 1517 ihr nahmt mich alle in eure Gemeinschaft, in euern Kreis auf. — 1519 ich spreche euch von der freundschaftlichen Verbindung mit mir frei. — 1520 dâ von, dasjenige wodurch, d. h. durch dessen Entbehren. Der Gral ist gemeint. 1521 großser Jammer soll mich so in seiner Gewalt haben. — — WOLFRAM VON ESCHENBACH. 1. 2. Aufl. 23
Strana 354
354 SECHSTES BUCH. daz herze gebe den ougen regen, sît ich uf Munsalvæsche liez, daz mich von wâren frouden stiez, ohteiz wie manege clâre maget! swaz iemen wunders hât gesaget, dennoch pfliget es mêr der grâl. der wirt hât siufzebæren twâl. ay helfelôser Anfortas, waz half dich daz ich pî dir was?" 1525 1530 Sine megen niht langer hie gestên: ez muoz nu an ein scheiden gên. dô sprach der Wâleise z'Artûs dem Britâneise unt zen rîtern und zen frouwen, er wolde ir urloup schouwen unt mit ir huldén vernemen. des'n moht' et niemen dâ gezemen: daz er sô trûrec von in reit, ich wæn’, daz was in allen leit. Artûs lobete im an die hant, koem' imer in sölhe nôt sîn lant als ez von Clâmidê gewan, des lasters wolder pflihte hân : im wæere ouch leit daz Lähelîn im næm' zwuo rîche krône sîn. vil dienes im dâ maneger bôt: den helt treip von in trûrens nôt. frou Cunnewâr' diu clâre maget nam den helt unverzaget 1535 1540 1545 331 1550 1522 daz ist nicht Conj., sondern Artikel: nach alsô steht wie so oft ein directer statt eines abhängigen Satzes. Vgl. VI, 1186. — 1523 sît, da. — 1524 daz, was; auf die ganze vorhergehende Zeile zu beziehen: dies Ver- lassen beraubte mich meiner Freude. — 1527 dennoch mit mêr zu verbin- den: noch mehr. — es, dessen: noch mehr Wunder schlieft der Gral ein. — 1528 twâl stm., und so ist auch I, 426 und bei Wolfram durchgängig das Wort gebraucht, und nicht nöthig eine Verkürzung aus twâle an den Stellen anzunehmen, wo das Geschlecht unentschieden bleibt: Hinziehen, Hinschleppen seines armseligen Daseins. — 1529 ay interject., ach. 1536 ir urloup, die Erlaubniss gehen zu dürfen, die sie ihm geben sollten. — schouwen und vernemen, sehen und hören; wie sie ihm die Er- laubniss gäben. — 1537 mit ir hulden, mit ihrer Genehmigung. — 1538 ge- zemen, gefallen. — 1541 an die hant, mit Handschlag. — 1544 an der Schande, Schmach wolle er Antheil nehmen : er wolle es als eine ihm selbst angethane Schande betrachten und zur Befreiung beitragen. — 1546 vgl. III, 360. — 1547 viele zeigten sich ihm dienstwillig, versicherten ihn ihrer Ergebenheit. —
354 SECHSTES BUCH. daz herze gebe den ougen regen, sît ich uf Munsalvæsche liez, daz mich von wâren frouden stiez, ohteiz wie manege clâre maget! swaz iemen wunders hât gesaget, dennoch pfliget es mêr der grâl. der wirt hât siufzebæren twâl. ay helfelôser Anfortas, waz half dich daz ich pî dir was?" 1525 1530 Sine megen niht langer hie gestên: ez muoz nu an ein scheiden gên. dô sprach der Wâleise z'Artûs dem Britâneise unt zen rîtern und zen frouwen, er wolde ir urloup schouwen unt mit ir huldén vernemen. des'n moht' et niemen dâ gezemen: daz er sô trûrec von in reit, ich wæn’, daz was in allen leit. Artûs lobete im an die hant, koem' imer in sölhe nôt sîn lant als ez von Clâmidê gewan, des lasters wolder pflihte hân : im wæere ouch leit daz Lähelîn im næm' zwuo rîche krône sîn. vil dienes im dâ maneger bôt: den helt treip von in trûrens nôt. frou Cunnewâr' diu clâre maget nam den helt unverzaget 1535 1540 1545 331 1550 1522 daz ist nicht Conj., sondern Artikel: nach alsô steht wie so oft ein directer statt eines abhängigen Satzes. Vgl. VI, 1186. — 1523 sît, da. — 1524 daz, was; auf die ganze vorhergehende Zeile zu beziehen: dies Ver- lassen beraubte mich meiner Freude. — 1527 dennoch mit mêr zu verbin- den: noch mehr. — es, dessen: noch mehr Wunder schlieft der Gral ein. — 1528 twâl stm., und so ist auch I, 426 und bei Wolfram durchgängig das Wort gebraucht, und nicht nöthig eine Verkürzung aus twâle an den Stellen anzunehmen, wo das Geschlecht unentschieden bleibt: Hinziehen, Hinschleppen seines armseligen Daseins. — 1529 ay interject., ach. 1536 ir urloup, die Erlaubniss gehen zu dürfen, die sie ihm geben sollten. — schouwen und vernemen, sehen und hören; wie sie ihm die Er- laubniss gäben. — 1537 mit ir hulden, mit ihrer Genehmigung. — 1538 ge- zemen, gefallen. — 1541 an die hant, mit Handschlag. — 1544 an der Schande, Schmach wolle er Antheil nehmen : er wolle es als eine ihm selbst angethane Schande betrachten und zur Befreiung beitragen. — 1546 vgl. III, 360. — 1547 viele zeigten sich ihm dienstwillig, versicherten ihn ihrer Ergebenheit. —
Strana 355
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 355 mit ir hant unt fuorte in dan. dô kuste in min hêr Gâwân: dô sprach der manlîche ze dem hélde ellens rîche «ích weiz wól, daz dîn vart gein strîtes reise ist ungespart. dâ gebe dir got gelücke zuo, und helfe och mir daz ich getuo dir noch den dienst als ich kan geren. des müeze mich sîn kraft geweren.» 1555 1560 332 Der Wâleis sprach "wê waz ist got? waer' der gewaldec, sölhen spot het er uns pêden niht gegeben, kunde got mit kreften leben. ich was im dienes undertân, sît ich genâden mich versan. nu wilich im dienest widersagen: hât er haz, den wil ich tragen. friwent, an dîns kampfes zît dâ neme ein wip für dich den strît (diu müeze ziehen dîne hant), an der du kiusche hâst bekant unt wiplîche güete: ir minn' dich dâ behüete. i’ne weiz wenn’ ich dich mêr gesehe : mîn wünschen sus an dir geschehe.» ir scheiden gap in trûren ze strengen nâchgebûren. 1565 1570 1575 1556 strîtes reise, Kriegszug : in Beziehung auf Streitzüge nicht verschont bleiben wird. Ich weiß, dafs du auf deiner Fahrt reichlich zu streiten haben wirst. — 1559 wie es in meiner Natur liegt es zu wünschen (zu I, 32), wie ich es aus innerstem Herzen wünsche. 1562 solchen Hohn, solche Schmach. — 1563 pêden = béden, beiden. — 1564 nochmalige Umschreibung der Worte wœer' der gewaldec. — 1565 dienes, von undertân abhängig: unterthan im Dienen, dienstergeben. — 1566 seit ich ein Verständniss von seiner Gnade gewonnen: seit ich weißs, welche Gnaden er austheilen kann. — 1568 vgl. VI, 1229 fg. — 1569 nicht auf Gottes Schutz verlasse dich im Kampfe. — 1570 ein wîp, der Gedanke an ein Weib: der übernehme für dich den Streit, helfe dir streiten. Daßs der Ge- danke an ein geliebtes Weib dem Ritter im Kampfe neue Kraft und Muth verleiht, wird von den höfischen Epikern oftmals ausgesprochen. — 1571 die möge deine Hand leiten, ihr Kraft verleihen. — 1574 dem Wunsche Ga- wan’s, dafs Gott Parzival im Kampfe beschützen möge, setzt dieser, an Gott verzweifelnd, den andern gegenüber: dafs die Liebe Gawan Schutz gebe. — dâ, dort wo du kämpfen musst. — 1575 mêr, in Zukunft. — 1578 als herbe Nachbarn: der Plural steht, weil jeder von ihnen das Trauern zu seinem Nachbar hat. — 23
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 355 mit ir hant unt fuorte in dan. dô kuste in min hêr Gâwân: dô sprach der manlîche ze dem hélde ellens rîche «ích weiz wól, daz dîn vart gein strîtes reise ist ungespart. dâ gebe dir got gelücke zuo, und helfe och mir daz ich getuo dir noch den dienst als ich kan geren. des müeze mich sîn kraft geweren.» 1555 1560 332 Der Wâleis sprach "wê waz ist got? waer' der gewaldec, sölhen spot het er uns pêden niht gegeben, kunde got mit kreften leben. ich was im dienes undertân, sît ich genâden mich versan. nu wilich im dienest widersagen: hât er haz, den wil ich tragen. friwent, an dîns kampfes zît dâ neme ein wip für dich den strît (diu müeze ziehen dîne hant), an der du kiusche hâst bekant unt wiplîche güete: ir minn' dich dâ behüete. i’ne weiz wenn’ ich dich mêr gesehe : mîn wünschen sus an dir geschehe.» ir scheiden gap in trûren ze strengen nâchgebûren. 1565 1570 1575 1556 strîtes reise, Kriegszug : in Beziehung auf Streitzüge nicht verschont bleiben wird. Ich weiß, dafs du auf deiner Fahrt reichlich zu streiten haben wirst. — 1559 wie es in meiner Natur liegt es zu wünschen (zu I, 32), wie ich es aus innerstem Herzen wünsche. 1562 solchen Hohn, solche Schmach. — 1563 pêden = béden, beiden. — 1564 nochmalige Umschreibung der Worte wœer' der gewaldec. — 1565 dienes, von undertân abhängig: unterthan im Dienen, dienstergeben. — 1566 seit ich ein Verständniss von seiner Gnade gewonnen: seit ich weißs, welche Gnaden er austheilen kann. — 1568 vgl. VI, 1229 fg. — 1569 nicht auf Gottes Schutz verlasse dich im Kampfe. — 1570 ein wîp, der Gedanke an ein Weib: der übernehme für dich den Streit, helfe dir streiten. Daßs der Ge- danke an ein geliebtes Weib dem Ritter im Kampfe neue Kraft und Muth verleiht, wird von den höfischen Epikern oftmals ausgesprochen. — 1571 die möge deine Hand leiten, ihr Kraft verleihen. — 1574 dem Wunsche Ga- wan’s, dafs Gott Parzival im Kampfe beschützen möge, setzt dieser, an Gott verzweifelnd, den andern gegenüber: dafs die Liebe Gawan Schutz gebe. — dâ, dort wo du kämpfen musst. — 1575 mêr, in Zukunft. — 1578 als herbe Nachbarn: der Plural steht, weil jeder von ihnen das Trauern zu seinem Nachbar hat. — 23
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356 SECHSTES BUCH. frou Cunnewâre de Lalant in fourte dâ si ir poulûn vant, sîn harnasch hiez sie bringen dar: ir linden hende wol gevar wâpènden Gahmuretes sun. sie jach «ich sol’z von rehte tuon, sît der künec von Brandigân von iuwern schulden mich wil hân. grôz kumber iuwer werdekeit gît mir siufzebærez leit. swenne ir sît trûrens niht erwert. iwer sórge mîne froude zert.» 1580 1585 1590 Nu was sîn ors verdecket. sîn selbes nôt erwecket. ouch hete der degen wol getân lieht wîz îserharnasch an, tiwer ân’ aller slaht getroc : sîn kúrsît, sîn wâpenroc, was gehêrt mit gesteine. sînen helm al eine het er niht ûf gebunden: dô kuster an den stunden Cunnewârn die clâren maget. alsus wart mir von ir gesaget. da ergienc ein trûrec scheiden von den gelieben beiden. hin reit Gahmuretes kint. swaz âventiure gesprochen sint, dine darf hie niemen mezzen zuo: 1595 1600 1605 333 1585 Clamide ist gemeint. — 1586 von iuwern schulden, durch eure Veran- lassung, euertwegen: weil ihr ihn um die Liebe von Condwiramurs ge- bracht habt, darum will er nun mich. — 1587 iuwer werdekeit ist gen. von kumber abhängig. — 1589 wenn ihr gegen Trauern nicht geschützt seid (erwern einen eines d.), wenn die Trauer nicht von euch weicht. — 1590 zern swv., aufzehren, verzehren. 1591 Man hatte inzwischen sein Ross gewaffnet. — 1592 nun fieng für ihn selbst die Noth an. — 1594 licht wiz unflect. Adj. zu dem Neutr. har- nasch. — 1595 slaht verkürzt aus slahte, Art (zu I, 53). — getroc stn., Betrug; âne getroc, dasselbe was ane wân, dient zur Betheuerung und Versicherung: fürwahr. — 1598 er war vollständig gewaffnet, nur den Helm hatte er noch nicht auf. — 1600 an den stunden, nun. — 1602 von ir, de ea. — 1604 geliebe subst., Geliebter, Geliebte; pl. die Liebenden. — 1605 hin, hinweg. — 1606 âventiure gen. pl. von swaz abhängig, für âven- tiuren: so viele Abenteuer ich und andere auch erzählt haben. — 1607 hie — zuo, mit Bezug auf das Folgende: dámit. — mezzen, vergleichen. —
356 SECHSTES BUCH. frou Cunnewâre de Lalant in fourte dâ si ir poulûn vant, sîn harnasch hiez sie bringen dar: ir linden hende wol gevar wâpènden Gahmuretes sun. sie jach «ich sol’z von rehte tuon, sît der künec von Brandigân von iuwern schulden mich wil hân. grôz kumber iuwer werdekeit gît mir siufzebærez leit. swenne ir sît trûrens niht erwert. iwer sórge mîne froude zert.» 1580 1585 1590 Nu was sîn ors verdecket. sîn selbes nôt erwecket. ouch hete der degen wol getân lieht wîz îserharnasch an, tiwer ân’ aller slaht getroc : sîn kúrsît, sîn wâpenroc, was gehêrt mit gesteine. sînen helm al eine het er niht ûf gebunden: dô kuster an den stunden Cunnewârn die clâren maget. alsus wart mir von ir gesaget. da ergienc ein trûrec scheiden von den gelieben beiden. hin reit Gahmuretes kint. swaz âventiure gesprochen sint, dine darf hie niemen mezzen zuo: 1595 1600 1605 333 1585 Clamide ist gemeint. — 1586 von iuwern schulden, durch eure Veran- lassung, euertwegen: weil ihr ihn um die Liebe von Condwiramurs ge- bracht habt, darum will er nun mich. — 1587 iuwer werdekeit ist gen. von kumber abhängig. — 1589 wenn ihr gegen Trauern nicht geschützt seid (erwern einen eines d.), wenn die Trauer nicht von euch weicht. — 1590 zern swv., aufzehren, verzehren. 1591 Man hatte inzwischen sein Ross gewaffnet. — 1592 nun fieng für ihn selbst die Noth an. — 1594 licht wiz unflect. Adj. zu dem Neutr. har- nasch. — 1595 slaht verkürzt aus slahte, Art (zu I, 53). — getroc stn., Betrug; âne getroc, dasselbe was ane wân, dient zur Betheuerung und Versicherung: fürwahr. — 1598 er war vollständig gewaffnet, nur den Helm hatte er noch nicht auf. — 1600 an den stunden, nun. — 1602 von ir, de ea. — 1604 geliebe subst., Geliebter, Geliebte; pl. die Liebenden. — 1605 hin, hinweg. — 1606 âventiure gen. pl. von swaz abhängig, für âven- tiuren: so viele Abenteuer ich und andere auch erzählt haben. — 1607 hie — zuo, mit Bezug auf das Folgende: dámit. — mezzen, vergleichen. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 357 ir'n hoert alrêrst waz er nu tuo, war er kêre und war er var. swer den lîp gein rîterschefte spar, der endenk’ die wîle niht an in, ob ez im râte stolzer sin. Cóndwîr âmürs, dîn minneclîcher bêâ curs, an den wirt dicke nu gedâht. waz dir wirt âventiure brâht! schildes ambet umbe'n grâl wirt nu vil güebet sunder twâl von ime den Herzeloyde bar. er was ouch gánérbe dar. 1610 1615 1620 Dô fuor der massenîe vil gein dem arbeitlîchem zil, ein âventiuré ze schouwen, dâ fier hundert juncfrouwen und vier küneginne gevangen wâren inne, ze Schahtel márvéile. swaz in dâ wart ze teile, daz haben âne mînen haz: ich pin doch frouwen lônes laz. dô sprach der Krieche Clîas 1625 1630 334 1608 wenn ihr nicht erst von seinen nun folgenden Thaten hört. — 1610 wer sich ritterlichem Thun gegenüber schont, d. h. wer nicht sonderliche Neigung zu Ritterkämpfen hat. — 1611 die wîle, während dieser Zeit, wo er alles das vollbringt. — 1612 wenn sein hochgemuther Sinn ihn dazu veranlasst, ihm das zulässt, nicht an ihn zu denken. — 1614 Nom. außer der Construction, durch an den aufgenommen. — 1615 nämlich im Kampfe ; vgl. zu VI, 1570. — 1616 wie viele Abenteuer werden dir dargebracht, für dich vollbracht. — 1617 schildes ambet, Ritterschaft, ritterliche Thaten. — 1620 ganerbe swm., Miterbe, coheres; aus geanerbe : weil er durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen schon Erbansprüche auf den Gral hatte. — dar, dorthin, in Bezug auf den Gral. 1621 Viele von Artus' Rittern. — 1622 arbeitlîch adj., mühevoll; arbeit- lîchem starke Form des Adjectivs nach dem bestimmten Artikel. — 1624 vgl. VI, 1156 ff. — 1627 ze, nach: mit fuor zu verbinden. — 1629 haben adhortat. Conjunctiv, wobei das Pronomen (hier sie) weggelassen wird (zu VI, 1247): das mögen sie haben. — âne minen haz, ohne daſs ich ihnen des- wegen gehässig bin: ich gönne es ihnen gern. — 1630 laz, frei von: ich erringe nun doch einmal von Frauen keinen Lohn. Anspielung auf die Härte der geliebten Frau, über die er schon VI, 224. 365 Klage führte. — 1631 Clîas, Clies, der Held einer Erzählung von Crestien de Troies, die deutsch am Anfang des 13. Jahrhunderts von Konrad Flecke bearbeitet, von Ulrich von Türheim fortgesetzt wurde. Das Original nennt hier Gifles und Cahadins, aber nicht Clies: aus jenem Namen könnte indess Clîas entstanden sein. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 357 ir'n hoert alrêrst waz er nu tuo, war er kêre und war er var. swer den lîp gein rîterschefte spar, der endenk’ die wîle niht an in, ob ez im râte stolzer sin. Cóndwîr âmürs, dîn minneclîcher bêâ curs, an den wirt dicke nu gedâht. waz dir wirt âventiure brâht! schildes ambet umbe'n grâl wirt nu vil güebet sunder twâl von ime den Herzeloyde bar. er was ouch gánérbe dar. 1610 1615 1620 Dô fuor der massenîe vil gein dem arbeitlîchem zil, ein âventiuré ze schouwen, dâ fier hundert juncfrouwen und vier küneginne gevangen wâren inne, ze Schahtel márvéile. swaz in dâ wart ze teile, daz haben âne mînen haz: ich pin doch frouwen lônes laz. dô sprach der Krieche Clîas 1625 1630 334 1608 wenn ihr nicht erst von seinen nun folgenden Thaten hört. — 1610 wer sich ritterlichem Thun gegenüber schont, d. h. wer nicht sonderliche Neigung zu Ritterkämpfen hat. — 1611 die wîle, während dieser Zeit, wo er alles das vollbringt. — 1612 wenn sein hochgemuther Sinn ihn dazu veranlasst, ihm das zulässt, nicht an ihn zu denken. — 1614 Nom. außer der Construction, durch an den aufgenommen. — 1615 nämlich im Kampfe ; vgl. zu VI, 1570. — 1616 wie viele Abenteuer werden dir dargebracht, für dich vollbracht. — 1617 schildes ambet, Ritterschaft, ritterliche Thaten. — 1620 ganerbe swm., Miterbe, coheres; aus geanerbe : weil er durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen schon Erbansprüche auf den Gral hatte. — dar, dorthin, in Bezug auf den Gral. 1621 Viele von Artus' Rittern. — 1622 arbeitlîch adj., mühevoll; arbeit- lîchem starke Form des Adjectivs nach dem bestimmten Artikel. — 1624 vgl. VI, 1156 ff. — 1627 ze, nach: mit fuor zu verbinden. — 1629 haben adhortat. Conjunctiv, wobei das Pronomen (hier sie) weggelassen wird (zu VI, 1247): das mögen sie haben. — âne minen haz, ohne daſs ich ihnen des- wegen gehässig bin: ich gönne es ihnen gern. — 1630 laz, frei von: ich erringe nun doch einmal von Frauen keinen Lohn. Anspielung auf die Härte der geliebten Frau, über die er schon VI, 224. 365 Klage führte. — 1631 Clîas, Clies, der Held einer Erzählung von Crestien de Troies, die deutsch am Anfang des 13. Jahrhunderts von Konrad Flecke bearbeitet, von Ulrich von Türheim fortgesetzt wurde. Das Original nennt hier Gifles und Cahadins, aber nicht Clies: aus jenem Namen könnte indess Clîas entstanden sein. —
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358 SECHSTES BUCH. 335 «ich pin der dâ versûmet was.» vor in allen er des jach. «der turkoyte mich tâ stach hinder'z ors, ich muoz mich schamen. doch sageter mir fier vrouwen namen, die dâ krônebære sint. zwuo sint alt, zwuo sint noch kint. der heizet einiu Itonjê, diu ander heizet Cundrîê, diu dritte heizt Arnîve, diu fierde Sangîve.» daz wolte ieslîcher dâ besehen. ez enmohte ir reise niht volspehen: sie muosten schaden dâ bejagen. den sol ouch ich ze mâzen klagen. wan swer durch wip hât arbeit, daz git im fröude, etswenne ouch leit an dem orte fürbaz wiget: sus dicke minne ir lônes pfliget. Do beréite ouch sich hêr Gâwân als ein kampfbære man hin für den künec von Ascalûn. des trůrte manec Britůn und manec wip unde maget. herzenlîche wart geklaget von in sîn strîtes reise. der werdekeit ein weise 1635 1640 1645 1650 1655 1632 versûmet, der sich verspatet hat, der vergeblich etwas gethan hat: ich habe das Abenteuer versucht, aber ohne Erfolg. — 1634 turkoyte, von altfranz. turcois, Köcher: also wohl Bogenschütze, leicht bewaffneter Ritter; Bezeichnung einer Würde, welche Florant von Itolac, der Be- gleiter Orgelusens, führt. Vgl. XII, 333. 1233 ff. — 1637 krônebare adj., zur Krone bestimmt. — 1639. 1640 Itonjê und Cundrîê sind Töchter von König Lot und Sangive, also Gawan’s Schwestern; Cundriê ist wohl zu unterscheiden von Cundrîe la surziere. — 1641 Arnîve ist Sar givens Mutter, Gawan's Grofmutter. — 1642 Sangîve: die abweichenden Namensformen der Hss., Saive, Saivie u. s. w., weisen auf altfranz. saive, savie, Weise: also die Weise; Itonjê ist franz. idoine, idonea. — 1644 ez ist Object: das- jenige was sie besehen wollte. — volspehen swv., vollständig erforschen : ihre Reise kam nicht ans Ziel. — 1646 ze mâzen, mäsig, d. h. wenig. — 1648 etswenne ouch leit ist vielleicht zweimal zu nebmen, einmal abhängig von gît, und zu wiget. — 1649 an dem orte, am Ende. — fürbaz wiget, wiegt mehr, überwiegt. — 1650 so verfügt oftmals die Liebe über ihren Lohn. 1652 kampfbœre adj., streitbar. — 1653 hin für, zur Reise vor den König hin. — 1657 strîtes reise, vgl. VI, 1556. — 1658 der Würde beraubt: ihres Ansehens, das die fortziehenden Ritter ihr verliehen hatten, beraubt. —
358 SECHSTES BUCH. 335 «ich pin der dâ versûmet was.» vor in allen er des jach. «der turkoyte mich tâ stach hinder'z ors, ich muoz mich schamen. doch sageter mir fier vrouwen namen, die dâ krônebære sint. zwuo sint alt, zwuo sint noch kint. der heizet einiu Itonjê, diu ander heizet Cundrîê, diu dritte heizt Arnîve, diu fierde Sangîve.» daz wolte ieslîcher dâ besehen. ez enmohte ir reise niht volspehen: sie muosten schaden dâ bejagen. den sol ouch ich ze mâzen klagen. wan swer durch wip hât arbeit, daz git im fröude, etswenne ouch leit an dem orte fürbaz wiget: sus dicke minne ir lônes pfliget. Do beréite ouch sich hêr Gâwân als ein kampfbære man hin für den künec von Ascalûn. des trůrte manec Britůn und manec wip unde maget. herzenlîche wart geklaget von in sîn strîtes reise. der werdekeit ein weise 1635 1640 1645 1650 1655 1632 versûmet, der sich verspatet hat, der vergeblich etwas gethan hat: ich habe das Abenteuer versucht, aber ohne Erfolg. — 1634 turkoyte, von altfranz. turcois, Köcher: also wohl Bogenschütze, leicht bewaffneter Ritter; Bezeichnung einer Würde, welche Florant von Itolac, der Be- gleiter Orgelusens, führt. Vgl. XII, 333. 1233 ff. — 1637 krônebare adj., zur Krone bestimmt. — 1639. 1640 Itonjê und Cundrîê sind Töchter von König Lot und Sangive, also Gawan’s Schwestern; Cundriê ist wohl zu unterscheiden von Cundrîe la surziere. — 1641 Arnîve ist Sar givens Mutter, Gawan's Grofmutter. — 1642 Sangîve: die abweichenden Namensformen der Hss., Saive, Saivie u. s. w., weisen auf altfranz. saive, savie, Weise: also die Weise; Itonjê ist franz. idoine, idonea. — 1644 ez ist Object: das- jenige was sie besehen wollte. — volspehen swv., vollständig erforschen : ihre Reise kam nicht ans Ziel. — 1646 ze mâzen, mäsig, d. h. wenig. — 1648 etswenne ouch leit ist vielleicht zweimal zu nebmen, einmal abhängig von gît, und zu wiget. — 1649 an dem orte, am Ende. — fürbaz wiget, wiegt mehr, überwiegt. — 1650 so verfügt oftmals die Liebe über ihren Lohn. 1652 kampfbœre adj., streitbar. — 1653 hin für, zur Reise vor den König hin. — 1657 strîtes reise, vgl. VI, 1556. — 1658 der Würde beraubt: ihres Ansehens, das die fortziehenden Ritter ihr verliehen hatten, beraubt. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 359 wart nu diu tavelrunder. Gâwân maz besunder wâ mite er möhte wol gesigen. als herte schilde wol gedigen (er’n ruochte wie sie wârn gevar) die brâhten koufliute dar ûf ir soumen, doch niht veile: der wurden ime dri ze teile. do erwarp der wâre strîtes helt siben ors ze kampfe erwelt. ze sînen friwenden er dô nam zwelf schärpfiu sper von Angram, starc réerîne schefte drîn von Oraste Gentesîn ûz einem heidenschem muor. Gâwân nam urloup unde fuor mit unverzageter manheit. Artûs was im vil bereit, er gap im rîcher koste solt, lieht gesteine unt rôtez golt und silbers manegen stærlinc. gein sorgen wielzen sîniu dinc. 1665 1670 1675 1660 1680 336 Ekubâ diu junge fuor gein ir schiffunge : ich mein' die rîchen heidenin. dô kêrte manegen ende hin 1660 mezzen, abmessen, erwägen. — besunder, in allen Einzelheiten. 1662 alt: das erste Adj. unflectiert (zu V, 870). — gedigen partic. von dîhen stv., Körperlichkeit und Gestalt gewinnen; daher: fest. — 1663 auf ihr Aussehen kam es ihm nicht an. — 1664 brâhten, hatten gebracht. — 1665 veile, zum Verkauf. — 1669 ze, als: als seine Freunde und Begleiter. — 1670 Angram wegen seiner Stahlarbeiten berühmt (mhd. Wörterb. I, 46) ist wahrscheinlich in Indien zu suchen. Die sper bezeichnen hier nur die eiserne Spitze. — 1671 rœerîn adj., von Rohr, d. h. von spanischem Rohr, welches den Speer zugleich elastisch und leicht machte. — drîn, hinein, nämlich: gemacht, gefügt. — 1673 muor stn., Moor: der Name dieses Moors oder Sumpflandes, in welchem das Rohr wuchs, ist eben Oraste Gentesîn. — 1676 bereit absolut: wozu er ihm bereit war, ist in den fol- genden Zeilen ausgedrückt: er gab ihm bereitwillig. — 1677 koste, Zeh- rung. — 1679 stœrlinc stm., Sterling: ein Münzgewicht. Die Schreibung mit e findet sich nur hier, sonst stärlinc, sterlinc. — 1680 wielzen præet. und walzen stv. redupl., sich wälzen, rollen: der Sorge zu rollte sein Schicksal. 1681 Ekubâ ist die Heidin von Janfuse, die in Abenteuerlust aus dem fernen Orient gekommen war; vgl. VI, 1441 ff. — 1682 schiffunge stf., Einschiffung: um sich einzuschiffen. — 1684 manegen ende adv. acc., in mancher Richtung. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 359 wart nu diu tavelrunder. Gâwân maz besunder wâ mite er möhte wol gesigen. als herte schilde wol gedigen (er’n ruochte wie sie wârn gevar) die brâhten koufliute dar ûf ir soumen, doch niht veile: der wurden ime dri ze teile. do erwarp der wâre strîtes helt siben ors ze kampfe erwelt. ze sînen friwenden er dô nam zwelf schärpfiu sper von Angram, starc réerîne schefte drîn von Oraste Gentesîn ûz einem heidenschem muor. Gâwân nam urloup unde fuor mit unverzageter manheit. Artûs was im vil bereit, er gap im rîcher koste solt, lieht gesteine unt rôtez golt und silbers manegen stærlinc. gein sorgen wielzen sîniu dinc. 1665 1670 1675 1660 1680 336 Ekubâ diu junge fuor gein ir schiffunge : ich mein' die rîchen heidenin. dô kêrte manegen ende hin 1660 mezzen, abmessen, erwägen. — besunder, in allen Einzelheiten. 1662 alt: das erste Adj. unflectiert (zu V, 870). — gedigen partic. von dîhen stv., Körperlichkeit und Gestalt gewinnen; daher: fest. — 1663 auf ihr Aussehen kam es ihm nicht an. — 1664 brâhten, hatten gebracht. — 1665 veile, zum Verkauf. — 1669 ze, als: als seine Freunde und Begleiter. — 1670 Angram wegen seiner Stahlarbeiten berühmt (mhd. Wörterb. I, 46) ist wahrscheinlich in Indien zu suchen. Die sper bezeichnen hier nur die eiserne Spitze. — 1671 rœerîn adj., von Rohr, d. h. von spanischem Rohr, welches den Speer zugleich elastisch und leicht machte. — drîn, hinein, nämlich: gemacht, gefügt. — 1673 muor stn., Moor: der Name dieses Moors oder Sumpflandes, in welchem das Rohr wuchs, ist eben Oraste Gentesîn. — 1676 bereit absolut: wozu er ihm bereit war, ist in den fol- genden Zeilen ausgedrückt: er gab ihm bereitwillig. — 1677 koste, Zeh- rung. — 1679 stœrlinc stm., Sterling: ein Münzgewicht. Die Schreibung mit e findet sich nur hier, sonst stärlinc, sterlinc. — 1680 wielzen præet. und walzen stv. redupl., sich wälzen, rollen: der Sorge zu rollte sein Schicksal. 1681 Ekubâ ist die Heidin von Janfuse, die in Abenteuerlust aus dem fernen Orient gekommen war; vgl. VI, 1441 ff. — 1682 schiffunge stf., Einschiffung: um sich einzuschiffen. — 1684 manegen ende adv. acc., in mancher Richtung. —
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360 SECHSTES BUCH. daz volc von dem Plimizoel. Artûs fuor gein Karidœel. Cunnewâre und Clâmidê die nâmn ouch sînen urloup ê. Orilus der fürste erkant und frou Jeschûte von Karnant die nâmn ouch sînen urloup sân, doch beliben se ûf dem plân bî Clâmidê den dritten tac, wand' er der brûtloufte pflac, niht mit benanter hôhgezît: sie wart dâ heime groezer sît. wand’ ime sîn milte daz geriet, vil rîter, kumberhaftiu diet, beleip in Clâmidês schar, und ouch daz varende volc vil gar. die fuorte er heim ze lande: mit êren âne schande wart in geteilet dâ sîn habe, mit valsche niht gewîset abe. dô fuor frou Jeschûte mit Oriluse ir trûte durch Clâmidên ze Brandigân. daz wart z'einn êrén getân froun Cunnewârn der künegîn. dâ krônde man die swester sîn. 1690 1695 1700 1705 1685 1710 337 Nu weiz ich wol, swelch sinnec wip, ob sie hât getriuwen lîp, 1688 nâmen sînen urloup, verabschiedeten sich von ihm. — ê, vorher, ebe er selbst fortgieng. — 1695 es war nicht als das eigentliche Hochzeitsfest anzusehen; denn dieses wurde großartiger zu Hause, in Clamide's Lande, gefeiert. — 1697 seine Freigebigkeit veranlasste ihn dazu, dafs er arme Ritter und Fahrende mit sich nahm. — 1698 kumberhaftiu, vgl. zu III, 1645. — 1700 daz varende volc, die Spielleute; vgl. zu II, 1267. — vil gar, in grofser Vollständigkeit, groffer Anzahl. — 1702 âne schande zur Ver- stärkung von mit êren: sodaß er grofse Ehre davon hatte. — 1703 in ge- teilet, ihnen mitgetheilt, unter sie vertheilt. — 1704 abe wîsen, abweisen, abschlagen; mit valsche, aus Mangel an Wohlwollen (triuwe, der Gegen- satz von valsch). — 1707 um Clamide eine Ehre anzuthun, indem sie bei seinem Feste zugegen waren. — ze, nach. — 1708 z'einen êren, nhd. nur: zu Ehren; oder in andern Fällen der bestimmte Artikel: z’einem manne nemen, zum Manne nehmen. — 1710 kronen swv., zur Königin machen, indem man ihr die Krone aufsetzte. — sîn, des Orilus. 1711 sinnec adj., verständig. — 1712 wenn sie wohlmeinend ge- sinnt ist. —
360 SECHSTES BUCH. daz volc von dem Plimizoel. Artûs fuor gein Karidœel. Cunnewâre und Clâmidê die nâmn ouch sînen urloup ê. Orilus der fürste erkant und frou Jeschûte von Karnant die nâmn ouch sînen urloup sân, doch beliben se ûf dem plân bî Clâmidê den dritten tac, wand' er der brûtloufte pflac, niht mit benanter hôhgezît: sie wart dâ heime groezer sît. wand’ ime sîn milte daz geriet, vil rîter, kumberhaftiu diet, beleip in Clâmidês schar, und ouch daz varende volc vil gar. die fuorte er heim ze lande: mit êren âne schande wart in geteilet dâ sîn habe, mit valsche niht gewîset abe. dô fuor frou Jeschûte mit Oriluse ir trûte durch Clâmidên ze Brandigân. daz wart z'einn êrén getân froun Cunnewârn der künegîn. dâ krônde man die swester sîn. 1690 1695 1700 1705 1685 1710 337 Nu weiz ich wol, swelch sinnec wip, ob sie hât getriuwen lîp, 1688 nâmen sînen urloup, verabschiedeten sich von ihm. — ê, vorher, ebe er selbst fortgieng. — 1695 es war nicht als das eigentliche Hochzeitsfest anzusehen; denn dieses wurde großartiger zu Hause, in Clamide's Lande, gefeiert. — 1697 seine Freigebigkeit veranlasste ihn dazu, dafs er arme Ritter und Fahrende mit sich nahm. — 1698 kumberhaftiu, vgl. zu III, 1645. — 1700 daz varende volc, die Spielleute; vgl. zu II, 1267. — vil gar, in grofser Vollständigkeit, groffer Anzahl. — 1702 âne schande zur Ver- stärkung von mit êren: sodaß er grofse Ehre davon hatte. — 1703 in ge- teilet, ihnen mitgetheilt, unter sie vertheilt. — 1704 abe wîsen, abweisen, abschlagen; mit valsche, aus Mangel an Wohlwollen (triuwe, der Gegen- satz von valsch). — 1707 um Clamide eine Ehre anzuthun, indem sie bei seinem Feste zugegen waren. — ze, nach. — 1708 z'einen êren, nhd. nur: zu Ehren; oder in andern Fällen der bestimmte Artikel: z’einem manne nemen, zum Manne nehmen. — 1710 kronen swv., zur Königin machen, indem man ihr die Krone aufsetzte. — sîn, des Orilus. 1711 sinnec adj., verständig. — 1712 wenn sie wohlmeinend ge- sinnt ist. —
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PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 361 diu diz mære geschriben siht, daz sie mir mit wârheit giht, ich kunde wiben sprechen baz denne als ich sanc gein einer maz. de künegin Belakâne was missewenden âne und aller valscheite laz, dô sie ein tôter künec besaz. sît gap froun Herzeloyden troum siufzebæren herzeroum. welch wás froun Ginovêren klage an Ithêres endetage ! dar zuo was mir ein trûren leit, daz alsô schamelîchen reit des küneges kint von Karnant, frou Jeschůte kiusche erkant. wie wart frou Cunnewâre gâlûnet mit ir hâre! des sint sie vaste wider komen: ir bêder scham hât pris genomen. ze machen neme diz mære ein man, der âventiure prüeven kan unde rîme künne sprechen, beidiu samenen unde brechen. ich tæt'z iu gerne fürbaz kunt, 1715 1720 1725 1730 1735 1714 daß sie mir in Wahrheit einräumen mufs. — 1715 wiben, von Weibern ; vgl. zu II, 1659. — 1716 Beziehung auf den gegen ihn erhobenen Tadel wegen einer Frau, die er in Liedern getadelt hatte; vgl. II am Schlufs. Als so wie ich meinen Gesang einer gegenüber gestaltete, auf eine an- wendete. Er führt nun die Züge aus seinem Gedichte an, in welchen er Frauen von ihrer tiefsten Seite dargestellt hat. — 1720 indem ein todter König (Isenhart) ihre ganze Seele belagerte, einnahm: es quälte sie fort- während, dafs er um ihretwillen das Leben verloren. — 1722 herzeroum stm., Herzensbild, Vorstellung: ihr Traum rief dem Herzen seufzenbrin- gende Bilder hervor; vgl. II, 1352. — 1723 vgl. III, 1317. — 1724 endetac stm., Tag des Endes, Todestag. — 1725 ich bezeugte ebenso mein Mit- gefühl an Jeschutens trauriger Lage. — 1726 schamelîchen adv., schimpf- lich. — 1728 kiusche erkant, als keusch bekannt: ebenso werde erkant VII,7.— 1730 mit ir hâre, indem sie bei den Haaren gefasst wurde; vgl. III, 1069. — 1731 sie, Jeschute und Cunneware. — wider komen mit gen., êtwas wieder einbringen : dafür haben sie Entschädigung gefunden. — 1732 hat den Sieg davon getragen. — 1733 neme, unternehme. — 1736 beidiu — unde, sowohl — als auch. — samenen, sammeln : die aufeinander reimenden Verse auch durch den Sinn zusammenschließen; dagegen rîme brechen, zwischen den zusammengehörigen Reimzeilen den Sinnesabschnitt machen, sodafs der Satz nach dem ersten Reimworte endet. Letztere Kunst, von den Fran- zosen zuerst ausgebildet, hat Wolfram weniger als Hartmann und Gott- fried ; doch kennt er sie auch. —
PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. 361 diu diz mære geschriben siht, daz sie mir mit wârheit giht, ich kunde wiben sprechen baz denne als ich sanc gein einer maz. de künegin Belakâne was missewenden âne und aller valscheite laz, dô sie ein tôter künec besaz. sît gap froun Herzeloyden troum siufzebæren herzeroum. welch wás froun Ginovêren klage an Ithêres endetage ! dar zuo was mir ein trûren leit, daz alsô schamelîchen reit des küneges kint von Karnant, frou Jeschůte kiusche erkant. wie wart frou Cunnewâre gâlûnet mit ir hâre! des sint sie vaste wider komen: ir bêder scham hât pris genomen. ze machen neme diz mære ein man, der âventiure prüeven kan unde rîme künne sprechen, beidiu samenen unde brechen. ich tæt'z iu gerne fürbaz kunt, 1715 1720 1725 1730 1735 1714 daß sie mir in Wahrheit einräumen mufs. — 1715 wiben, von Weibern ; vgl. zu II, 1659. — 1716 Beziehung auf den gegen ihn erhobenen Tadel wegen einer Frau, die er in Liedern getadelt hatte; vgl. II am Schlufs. Als so wie ich meinen Gesang einer gegenüber gestaltete, auf eine an- wendete. Er führt nun die Züge aus seinem Gedichte an, in welchen er Frauen von ihrer tiefsten Seite dargestellt hat. — 1720 indem ein todter König (Isenhart) ihre ganze Seele belagerte, einnahm: es quälte sie fort- während, dafs er um ihretwillen das Leben verloren. — 1722 herzeroum stm., Herzensbild, Vorstellung: ihr Traum rief dem Herzen seufzenbrin- gende Bilder hervor; vgl. II, 1352. — 1723 vgl. III, 1317. — 1724 endetac stm., Tag des Endes, Todestag. — 1725 ich bezeugte ebenso mein Mit- gefühl an Jeschutens trauriger Lage. — 1726 schamelîchen adv., schimpf- lich. — 1728 kiusche erkant, als keusch bekannt: ebenso werde erkant VII,7.— 1730 mit ir hâre, indem sie bei den Haaren gefasst wurde; vgl. III, 1069. — 1731 sie, Jeschute und Cunneware. — wider komen mit gen., êtwas wieder einbringen : dafür haben sie Entschädigung gefunden. — 1732 hat den Sieg davon getragen. — 1733 neme, unternehme. — 1736 beidiu — unde, sowohl — als auch. — samenen, sammeln : die aufeinander reimenden Verse auch durch den Sinn zusammenschließen; dagegen rîme brechen, zwischen den zusammengehörigen Reimzeilen den Sinnesabschnitt machen, sodafs der Satz nach dem ersten Reimworte endet. Letztere Kunst, von den Fran- zosen zuerst ausgebildet, hat Wolfram weniger als Hartmann und Gott- fried ; doch kennt er sie auch. —
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362 SECHSTES BUCH. PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. wolt’ ez gebieten mir ein munt, den doch ander füeze tragent dan die mir ze stegereife wagent. 1740 1738 der Mund des geliebten Weibes. — 1739. 1740 Umschreibung für ein weibliches Wesen. Den Mund können die Füsse genau genommen nicht tragen, also: der Mund eines Wesens, welches. — 1740 wagen swv.. sich bewegen, sich wiegen: als die sind, die sich mir im Steigbügel wiegen. Die letzten sechzig Zeilen dieses Buches haben die meisten Handschriften nicht: sie sind vom Dichter nachträglich erst hinzugefügt worden, viel- leicht weil man ihn aufmerksam gemacht, dafs er über das Verbleiben der versammelt Gewesenen etwas sagen müsste, und weil es passend erschien, hier, wo die Erzählung eine Wendung nimmt. zurückzublicken. Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
362 SECHSTES BUCH. PARZIVAL AN ARTUS' HOFE. wolt’ ez gebieten mir ein munt, den doch ander füeze tragent dan die mir ze stegereife wagent. 1740 1738 der Mund des geliebten Weibes. — 1739. 1740 Umschreibung für ein weibliches Wesen. Den Mund können die Füsse genau genommen nicht tragen, also: der Mund eines Wesens, welches. — 1740 wagen swv.. sich bewegen, sich wiegen: als die sind, die sich mir im Steigbügel wiegen. Die letzten sechzig Zeilen dieses Buches haben die meisten Handschriften nicht: sie sind vom Dichter nachträglich erst hinzugefügt worden, viel- leicht weil man ihn aufmerksam gemacht, dafs er über das Verbleiben der versammelt Gewesenen etwas sagen müsste, und weil es passend erschien, hier, wo die Erzählung eine Wendung nimmt. zurückzublicken. Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
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